Urteil des OVG Saarland vom 27.12.2007

OVG Saarlouis: ausschlagung der erbschaft, geschäftsführung ohne auftrag, bestattungskosten, stadt, ersatzvornahme, öffentlich, allgemeiner rechtsgrundsatz, rechtsgrundlage, alter, beerdigungskosten

OVG Saarlouis Urteil vom 27.12.2007, 1 A 40/07
Erstattung von Bestattungskosten durch Angehörige des Verstorbenen bei gestörten
Familienverhältnissen
Leitsätze
1. § 26 Abs. 1 Satz 2 BestattG Saarland, wonach die Bestattungspflicht bei einer Mehrheit
von bestattungspflichtigen Personen der jeweils älteren Person auferlegt wird, verstößt
nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz.
2. § 26 Abs. 2 BestattG Saarland trifft für den Fall der Ersatzvornahme der
Ortspolizeibehörde eine abschließende Regelung, wenn der Bestattungspflichtige seiner
Pflicht nicht nachkommt; für einen Rückgriff auf die allgemeinen Vorschriften des Polizei-
oder Verwaltungsvollstreckungsrechts ist daher kein Raum.
3. Bei der Anforderung von Bestattungskosten nach § 26 Abs. 2 BestattG Saarland ist der
Behörde kein Ermessen eingeräumt; die Bestattungspflichtigen haften ohne Rücksicht auf
ihr persönliches Verhältnis zum Verstorbenen und ungeachtet besonderer Umstände des
Einzelfalles.
4. Nach § 74 SGB XII werden die Kosten einer Bestattung von dem Sozialhilfeträger
übernommen, soweit den hierzu Verpflichteten nicht zugemutet werden kann, die Kosten
zu tragen. Das Leitbild dieser Regelung schließt nicht aus, dass sich die Unzumutbarkeit im
Sinne dieser Vorschrift auch aus dem Fehlen eines persönlichen Näheverhältnisses
zwischen Bestattungspflichtigen und Verstorbenen ergeben kann.
Tenor
Unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 9. Februar
2007 - 11 K 50/06 - wird die Klage abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen seine Heranziehung zur Zahlung der Bestattungskosten für
seine verstorbene Schwester.
Er ist der ältere der beiden Brüder der am … in einem H. in A-Stadt verstorbenen Frau B..
Außer ihren beiden Brüdern hatte die Verstorbene keine Angehörigen. Die Erbschaft hat der
Kläger ausgeschlagen.
Nach Bekanntwerden des Todesfalls wies der Beklagte den Kläger auf seine Pflichten nach
dem Saarländischen Bestattungsgesetz hin. Dieser erklärte, er sei nicht bereit, die
Bestattung zu veranlassen, und auch nicht verpflichtet, die Bestattungskosten zu
übernehmen, da er die Erbschaft ausgeschlagen habe. Außerdem verfüge er über kein
ausreichendes Vermögen, um die Beerdigungskosten zu zahlen. Zu seiner Schwester habe
er im Übrigen seit Jahren keinen Kontakt mehr gehabt. Der Kläger beantragte vorsorglich
bei dem Sozialamt des Landkreises A-Stadt die Übernahme der Bestattungskosten nach §
74 SGB XII.
Der Beklagte ordnete daraufhin die Feuerbestattung der Verstorbenen in Form einer
anonymen Urnenbestattung auf dem Friedhof in A-Stadt an.
Nach Anhörung und Stellungnahme des Klägers forderte der Beklagte diesen mit Verfügung
vom 2.3.2006, die dem Kläger am 9.3.2006 zugestellt wurde, auf, die entstandenen
Kosten für die Bestattung seiner Schwester in Höhe von insgesamt 1.982,03 Euro (Kosten
des Bestatters in Höhe von 1.543,03 Euro und Gebühren des Friedhofs der Kreisstadt A-
Stadt in Höhe von 439,00 Euro) zu erstatten. Gleichzeitig erging ein
Kostenfestsetzungsbescheid, in dem die Verwaltungsgebühren auf 100, 00 Euro
festgesetzt wurden.
Am 30.3.2006 erhob der Kläger Widerspruch. Zur Begründung machte er geltend, es fehle
eine Ermächtigungsgrundlage für seine Heranziehung zur Kostenerstattung. § 26 Abs. 1
BestattG sei verfassungswidrig. Die Regelung verstoße gegen den Gleichheitsgrundsatz,
weil die Kostenlast das älteste Geschwisterteil treffe und diese Differenzierung keinen
sachlichen Grund darstelle. Es gebe auch kein Gewohnheitsrecht, wonach immer das
älteste Geschwisterteil vor dem jüngeren in Haftung zu nehmen sei. Die maßgebliche
Vorschrift des Bestattungsgesetzes verstoße auch gegen den Grundsatz der
Verhältnismäßigkeit, weil sie keine Billigkeitsregelung enthalte. Selbst unter Heranziehung
des Rechtsgedankens des § 227 AO sei der angegriffene Bescheid rechtswidrig. Zwischen
ihm und seiner verstorbenen Schwester habe seit ihrer Kindheit kein familiäres Verhältnis
bestanden. Er habe seit 1953 keine persönlichen Kontakte mehr zu seiner Schwester
gepflegt. Sie habe ihn stets „drangsaliert“ und ein Leben geführt, das mit seinen Wert- und
Moralvorstellungen nicht in Einklang zu bringen sei. Daher sei es für ihn unerträglich, für sie
finanziell einstehen zu sollen.
Der Kreisrechtsausschuss des Landkreises A-Stadt wies den Widerspruch mit
Widerspruchsbescheid vom 8.6.2006 zurück. In der Begründung heißt es im Wesentlichen,
ausschlaggebend für die Bestattungspflicht sei allein die Angehörigeneigenschaft. Zwar
seien die vom Kläger geäußerten Bedenken an der Verfassungsmäßigkeit des § 26
BestattG durchaus beachtlich. Mangels Verwerfungskompetenz des
Kreisrechtsausschusses sei diese Norm jedoch uneingeschränkt anzuwenden und auf ihrer
Grundlage ein Leistungsanspruch des Beklagten gegeben. Da es sich um eine gebundene
Norm handele, bestehe auch kein Spielraum, die persönlichen Beziehungen zwischen dem
Kläger und der Verstorbenen zu berücksichtigen.
Der Widerspruchsbescheid wurde am 15.6.2006 zugestellt.
Am 3.7.2006 hat der Kläger Klage erhoben und zur Begründung auf seine Ausführungen
im Widerspruchsverfahren Bezug genommen.
Der Kläger hat beantragt,
den Leistungsbescheid des Beklagten vom 2.3.2006 und den in
seiner Sitzung vom 8.6.2006 ergangenen Widerspruchsbescheid des
Kreisrechtsausschusses des Landkreises A-Stadt aufzuheben.
Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat auf die Begründung des
angefochtenen Bescheides Bezug genommen. Auf einen entsprechenden Hinweis des
Verwaltungsgerichts, wonach sich die Kostenerhebung auch nach Inkrafttreten des
Saarländischen Bestattungsgesetzes mangels einer eigenständigen bestattungsrechtlichen
Regelung wohl weiterhin nach den allgemeinen polizeirechtlichen Vorschriften über die
Ersatzvornahme (§§ 90 Abs. 1, 46 Abs. 1 Satz 2 SPolG) bestimme, hat er die Auffassung
vertreten, § 26 Abs. 2 BestattG sei ein Spezialgesetz. Daher seien die allgemeinen
polizeirechtlichen Vorschriften nicht einschlägig. Weiterhin hat er auf ein Urteil des VGH
Baden-Württemberg vom 19.10.2004 (1 S 681/04) verwiesen. Darin werde festgestellt,
dass die Bestattungspflicht in erster Linie der Gefahrenabwehr diene und Ausfluss des
familienrechtlichen Verhältnisses sei, das über den Tod hinaus fortwirke. Anders als die
familiäre Unterhaltspflicht kenne die Bestattungspflicht keine Ausnahmen. Dies sei durch
den Umstand gerechtfertigt, dass innerhalb der kurzen zur Verfügung stehenden Zeit keine
längeren Untersuchungen über die persönlichen Beziehungen der nächsten Angehörigen
mit dem Verstorbenen angestellt werden könnten. Eine Verpflichtung des Gesetzgebers,
im Bestattungsgesetz eine Ausnahme von der Bestattungspflicht, z.B. bei gestörten
Familienverhältnissen, vorzusehen, bestehe unter Berücksichtigung der
Kostenübernahmeregelung des § 74 SGB XII nicht. Außerdem hat er auf zwei
Entscheidungen des OVG C-Stadt (in NJW 2000, 3513 f.) und des VG Gießen (in NVwZ-RR
2000, 437 f.) verwiesen. Soweit ein mit der Situation der §§ 1361 Abs. 3 (Herabsetzung
des ehelichen Unterhaltsanspruches aus Billigkeitsgründen), 1579 (Beschränkung oder
Wegfall der Unterhaltsverpflichtung aus Billigkeitsgründen bei Scheidung der Ehe), 1611
(Beschränkung oder Wegfall der Unterhaltsverpflichtung aus Billigkeitsgründen bei
Verwandten) BGB vergleichbarer Fall vorliege, sei mit den zitierten Entscheidungen von
einem Anspruch auf Übernahme der erforderlichen Beerdigungskosten nach § 74 SGB XII
durch den Sozialhilfeträger auszugehen. Damit sei in allen Fällen persönlicher Unbilligkeit
sichergestellt, dass die Bestattungskosten im Ergebnis nicht vom Bestattungspflichtigen
getragen werden müssten. Unter diesen Umständen erscheine die Auferlegung der
Bestattungspflicht als solche nicht als unverhältnismäßig. Daher habe eine Härtefallprüfung
nicht von Seiten des Ordnungsamtes, sondern durch den Träger der Sozialhilfe zu erfolgen.
Auch die Gebührenfestsetzung sei auf der Grundlage der Saarländischen Gebührenordnung
rechtmäßig erfolgt.
Der Kläger hat hierauf erwidert, es sei zwischen Primär- und Sekundärebene zu
unterscheiden. Die Bestattungspflicht betreffe ausschließlich die Primärebene. Auf der
Sekundärebene müsse nach Billigkeitsmaßstäben von einer Kostenerstattungspflicht
abgesehen werden. Wenn die Billigkeitsentscheidung vom Träger der Sozialhilfe zu treffen
wäre, hätte dies zur Folge, dass zwei unterschiedliche Behörden in derselben
Angelegenheit zu entscheiden hätten. Dies sei mit einem einheitlichen Ermessensvorgang
nicht in Einklang zu bringen.
Das Sozialamt des Landkreises A-Stadt hat dem Kläger mit Schreiben vom 27.10.2006
mitgeteilt, über seinen Antrag auf Übernahme der Bestattungskosten könne erst endgültig
entschieden werden, wenn das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht abgeschlossen sei.
Falls das Verwaltungsgericht die Bestattungspflicht des Klägers verneinen würde, stünde
ihm nach § 74 SGB XII auch kein Anspruch auf Übernahme der Bestattungskosten zu, da
einen solchen nur die nach § 26 Abs. 1 BestattG Verpflichteten haben könnten.
Mit aufgrund der Beratung vom 9.2.2007 ergangenem Urteil hat das Verwaltungsgericht
den Leistungsbescheid des Beklagten vom 2.3.2006 und den in der Sitzung vom 8.6.2006
ergangenen Widerspruchsbescheid des Kreisrechtsausschusses des Landkreises A-Stadt
aufgehoben. Zur Begründung ist maßgeblich ausgeführt, die Voraussetzungen für eine
Inanspruchnahme des Klägers seien jedenfalls derzeit nicht erfüllt. Ein Anspruch ergebe sich
nicht aus der Friedhofsgebührensatzung der Kreisstadt A-Stadt , denn zur
Gebührenzahlung sei nur derjenige verpflichtet, der die Bestattung selbst oder über einen
Beauftragten wissentlich und willentlich veranlasst habe, was bei dem Kläger gerade nicht
der Fall sei. Auch § 26 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 und Satz 2 BestattG begründe
nicht die Gebührenpflicht, da diese Vorschrift keine eigenständige Anspruchsgrundlage für
einen Kostenerstattungsanspruch der Ortspolizeibehörde gegenüber einem
Bestattungspflichtigen darstelle. Sie sei nur Ermächtigungsgrundlage für die Anordnung
bzw. Veranlassung einer Bestattung durch die Ortspolizeibehörde. Von dieser primären
Gefahrenabwehrkompetenz sei jedoch die Frage der Kostenerstattungspflicht auf der
Sekundärebene zu trennen. Die Kostenerhebung bestimme sich auch nach Inkrafttreten
des Saarländischen Bestattungsgesetzes mangels einer eigenständigen
bestattungsrechtlichen Regelung weiterhin nach den allgemeinen polizeirechtlichen
Vorschriften über die Ersatzvornahme. Etwas anderes ergebe sich nicht aus den Worten
„auf Kosten“ in § 26 Abs. 2 BestattG. Diese beinhalteten lediglich einen Verweis auf das
polizeirechtliche Zwangsmittel der Ersatzvornahme nach § 46 SPolG. Hätte der
Gesetzgeber, dem die einschlägige Rechtsprechung der saarländischen
Verwaltungsgerichte bekannt gewesen sei, eine eigenständige Anspruchsgrundlage im
Bestattungsgesetz schaffen wollen, so hätte es bereits aus Gründen der Rechtsklarheit
einer präzisen und unmissverständlichen Formulierung als Anspruchsgrundlage bedurft, die
dann im Übrigen auch dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Rechnung zu tragen gehabt
hätte und diesen aufgrund seines Verfassungsrangs nicht einfach hätte negieren dürfen.
Auf die Frage der Wirksamkeit von § 26 Abs. 1 Satz 2 BestattG komme es daher nicht
mehr an. Der angefochtene Leistungsbescheid genüge aber auch nicht den allgemeinen
polizeirechtlichen Vorschriften über die Ersatzvornahme (§ 90 Abs. 1 i.V.m. § 46 Abs. 1
Satz 2 SPolG). Es liege jedenfalls ein Ermessensfehler nach § 114 VwGO vor. Nach der
Rechtsprechung der saarländischen Verwaltungsgerichte sei grundsätzlich anerkannt, dass
die Heranziehung zum Ersatz der Bestattungskosten für den Pflichtigen im Einzelfall eine
besondere bzw. grob unbillige Härte bedeuten könne, welche in Analogie zu den §§ 1579,
1611 BGB eine Inanspruchnahme auszuschließen vermöge. Lege man den unstreitigen
Vortrag des Klägers zugrunde, erscheine jedoch zumindest nicht von vornherein
ausgeschlossen, dass vorliegend nach der Rechtsprechung von einer derartigen
besonderen bzw. grob unbilligen Härte jedenfalls im Sinne von § 20 Satz 1 SGebG i.V.m. §
59 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 LHO beziehungsweise § 227 AO auszugehen sein könnte. Dem
brauche vorliegend jedoch nicht weiter nachgegangen zu werden, da weder der Ausgangs-
noch der Widerspruchsbescheid erkennen lasse, dass die vom Kläger vorgetragenen
Härtegründe sachlich gewürdigt worden und die erforderliche Ermessensentscheidung im
Rahmen von § 20 SGebG getroffen worden sei. Aus § 74 SGB XII ergebe sich nichts
anderes. Nach dieser Vorschrift würden zwar die erforderlichen Kosten einer Bestattung
vom Sozialhilfeträger übernommen, soweit den hierzu Verpflichteten nicht zugemutet
werden könne, diese zu tragen. Insoweit habe aber bereits das Oberverwaltungsgericht
des Saarlandes mit Urteil vom 25.8.2003 - 2 R 18/03- unter Bezugnahme auf die
Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 5.6.1997 - 5 C 13/96-) zu der
im Wesentlichen wortgleichen Vorgängervorschrift des § 15 BSHG entschieden, dass der
Sozialhilfeanspruch ersichtlich an das Bestehen der entsprechenden Kostenpflicht
anknüpfe.
Gegen das am 21.2.2007 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 12.3.2007 die vom
Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt, die er am 16.4.2007 begründet hat.
Er ist -entgegen der in dem Urteil des Verwaltungsgerichts vertretenen Auffassung- der
Ansicht, § 26 Abs. 2 BestattG stelle eine taugliche Rechtsgrundlage für den
Kostenerstattungsbescheid dar. Billigkeits- und Härtefallgesichtspunkte seien im Rahmen
der Kostenübernahme vom Träger der Sozialhilfe zu prüfen. Es sei Wille des Gesetzgebers
gewesen, mit § 26 Abs. 2 BestattG eine eigene Anspruchsgrundlage zu schaffen. Auch der
Umstand, dass diese Vorschrift hätte präziser und unmissverständlicher formuliert werden
können, lasse nicht den Schluss zu, dass sie keine Rechtsgrundlage darstelle. Aus dem
Wortlaut der Norm ergebe sich, dass es sich um eine Anspruchsgrundlage handele. Auch
die Systematik dieser Vorschrift spreche für den Charakter als Rechtsgrundlage. Die
Regelung sei vergleichbar mit der zivilrechtlichen Geschäftsführung ohne Auftrag. Auch aus
dem Zusammenhang mit § 26 Abs. 3 BestattG ergebe sich, dass es sich bei Absatz 2 der
Vorschrift um eine eigenständige Rechtsgrundlage handele. Dort sei nämlich ausdrücklich
von einer rechtsgeschäftlichen oder gesetzlichen Verpflichtung zur Kostenübernahme die
Rede.
Der Beklagte beantragt,
unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts des
Saarlandes (Az.: 11 K 50/06) vom 9.2.2007 die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das erstinstanzliche Urteil und macht geltend, § 26 Abs. 2 BestattG stelle eine
Ermächtigungsgrundlage lediglich für die Anordnung bzw. Veranlassung einer Bestattung
durch die Ortspolizeibehörde dar. Eine Rechtsgrundlage für die Kostenerstattung beinhalte
diese Regelung jedoch nicht. Außerdem sei die Bestimmung verfassungswidrig, weil der
Gesetzgeber von einer Billigkeitsregelung abgesehen habe. Im Übrigen nimmt er Bezug auf
seine bisherigen Ausführungen und macht sich die Urteilsbegründung zu Eigen.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis zu einer Entscheidung über die Berufung ohne
mündliche Verhandlung erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte
sowie der beigezogenen Verwaltungsunterlagen des Beklagten (1 Band), des
Kreisrechtsausschusses (1 Band) und des Sozialamtes des Landkreises A-Stadt (1 Band)
Bezug genommen, der Gegenstand der Beratung war.
Entscheidungsgründe
Nach entsprechendem einverständlichen Verzicht der Beteiligten ergeht die Entscheidung
ohne mündliche Verhandlung (§§ 125 Abs. 1, 101 Abs. 2 VwGO).
Die zulässige Berufung ist begründet. Das Verwaltungsgericht hätte die Klage abweisen
müssen, denn der Bescheid des Beklagten vom 2.3.2006 und der Widerspruchsbescheid
des Kreisrechtsausschusses beim Landkreis A-Stadt vom 8.6.2006 sind rechtmäßig und
verletzen den Kläger deshalb nicht in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der
Kläger wurde von dem Beklagten zu Recht zur Erstattung der für die Bestattung seiner
Schwester angefallenen Kosten in Höhe von 1.982,03 Euro zuzüglich einer
Verwaltungsgebühr von 100,00 Euro herangezogen.
Rechtsgrundlage des angefochtenen Bescheides ist in Bezug auf das Verlangen nach
Erstattung der Bestattungskosten § 26 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Nr. 6, Satz 2 des Gesetzes
Nr. 1535 über das Friedhofs-, Bestattungs- und Leichenwesen (Bestattungsgesetz -
BestattG) vom 5.11.2003 (Amtsbl. S. 2920). Nach § 26 Abs. 2 BestattG hat die für den
Sterbeort zuständige Ortspolizeibehörde - im vorliegenden Fall ist das nach den §§ 76 Abs.
3, 81 Abs.1 SPolG der Beklagte - die Bestattung auf Kosten des Bestattungspflichtigen
selbst zu veranlassen, wenn dieser seiner Pflicht nicht nachkommt und kein anderer die
Bestattung veranlasst.
Der Kläger war bestattungspflichtiger Angehöriger seiner verstorbenen Schwester, kam
seiner Pflicht aber nicht nach, weshalb der Beklagte die Bestattung veranlasst hat. Dies
rechtfertigt die Geltendmachung eines Anspruchs auf Erstattung der ihm durch die
Bestattung entstandenen Kosten durch den Kläger.
Nach § 25 Abs. 1 BestattG muss jede Leiche bestattet werden. Vor dem Inkrafttreten des
Bestattungsgesetzes am 1.1.2004 (§ 55 BestattG) fehlte es im Saarland an einer
geschriebenen Regelung über die bestattungspflichtigen Personen, da die bisherige
Polizeiverordnung über das Bestattungs- und Leichenwesen vom 18.12.1991
Amtsbl. S. 1414, geändert durch Art. 9 Abs. 17 des Gesetzes vom
7.11.2001, Amtsbl. S. 2158,
eine Aussage hierzu nicht getroffen hatte
vgl. Urteil des VG des Saarlandes vom 6.3.2001 -10 K 112/00- und
Urteil des OVG des Saarlandes vom 25.8.2003 -2 R 18/03-, AS 30,
439, wonach nach der bisherigen Regelung im Saarland die
Bestattungspflicht gewohnheitsrechtlich den zur Totenfürsorge
verpflichteten nächsten Angehörigen des Verstorbenen oblag.
Welche Personen bestattungspflichtig sind, regelt nunmehr § 26 Abs.1 BestattG
abschließend. Für die Bestattung müssen die volljährigen Angehörigen in folgender
Reihenfolge sorgen: 1. die Ehefrau/der Ehemann, 2. die Partnerin/der Partner einer
eingetragenen Lebenspartnerschaft, 3. die Partnerin/der Partner einer auf Dauer
angelegten nichtehelichen Lebensgemeinschaft, 4. die Kinder, 5. die Eltern, 6. die
Geschwister, 7. die Enkelkinder und 8. die Großeltern (§ 26 Abs. 1 Nr. 1 bis 8 BestattG). §
26 Abs. 1 Satz 2 BestattG bestimmt, dass die jeweils ältere Person der jüngeren
hinsichtlich der Bestattungspflicht vorgeht, wenn für die Bestattungspflicht ein Paar oder
eine Mehrheit von Personen in Betracht kommt. Hierzu heißt es in der amtlichen
Begründung des Gesetzentwurfes der Landesregierung vom 4.4.2003 (Landtags-
Drucksache 12/853, S. 43):
„In Bezug auf die Bestattungspflicht kommt es immer wieder zu
gerichtlichen Verfahren. Die bisherige Polizeiverordnung über das
Bestattungs- und Leichenwesen hat eine Regelung nicht getroffen.
Absatz 1 bestimmt daher die Rangfolge der öffentlich-rechtlich zur
Bestattung verpflichteten Hinterbliebenen. Die Bestattungspflicht
eines Vorrangigen schließt die öffentlich-rechtliche Bestattungspflicht
der nachfolgenden Rangstufen aus. Diese Regelung orientiert sich an
zivilrechtlichen Erbfolgeregelungen. Sie bewirkt auch, dass im
Normalfall eine Gemeinde, die in Erfüllung der Pflicht der
Ersatzvornahme die Bestattung veranlasst hat, in der überwiegenden
Zahl der Fälle die/den Bestattungspflichtige/n zur Kostenerstattung
heranziehen kann. Die zivilrechtlichen Ausgleichsansprüche
Bestattungspflichtiger gegen Erben bleiben unberührt.“
Auch in allen anderen Bundesländern geht man davon aus, dass bestimmte natürliche
Personen bestattungspflichtig sind. Dies sind in den meisten Bundesländern - anders nur in
Rheinland-Pfalz -
vgl. insofern § 9 Bestattungsgesetz Rheinland-Pfalz
nicht die Erben, sondern die nächsten Angehörigen des Verstorbenen, die so genannten
Totenfürsorgeberechtigten, und zwar regelmäßig -in teilweise unterschiedlicher Rangfolge-
der Ehegatte, Verwandte (teilweise auch Verschwägerte) in auf- und absteigender Linie,
Geschwister (und teilweise auch deren Kinder). Teilweise tritt auch der nichteheliche
Lebensgefährte und der Lebenspartner i.S.d. Lebenspartnerschaftsgesetzes hinzu, sofern
dies ausdrücklich – wie auch in § 26 Abs. 1 Nr. 2 BestattG geschehen- bestimmt ist.
Während die ersten drei Kategorien der Bestattungspflichtigen (Ehegatte, Kinder, Eltern) in
fast allen Bundesländern gleich sind, weist die weitere Reihenfolge vielfache Unterschiede
auf
vgl. im Einzelnen Gaedke, Handbuch des Friedhofs- und
Bestattungsrechts, 9. Aufl., 2004, S. 103 f. sowie S. 304 ff. mit
einer Übersicht über die landesgesetzlichen Bestimmungen; des
Weiteren: Stelkens/Cohrs, Bestattungspflicht und
Bestattungskostenpflicht, NVwZ 2002, 917 (918).
Im Hinblick auf die Frage, nach welchen Kriterien der Pflichtige bei Personenmehrheiten
(z.B. Kinder, Geschwister) zu bestimmen ist, regelt § 26 Abs. 1 Satz 2 BestattG, dass sich
die Heranziehung bei Personenmehrheiten (vgl. Nr. 4, 6, 7) bzw. Paaren (Nr. 5, 8) nach
dem Alter der Person richtet
ebenso die Bestattungsgesetze Brandenburg (§ 20 Abs. 1 Satz 2)
und Sachsen (§ 10 Abs. 1 Satz 3); anders § 8 Abs. 4 Satz 2
BestattG Niedersachsen, der eine gesamtschuldnerische Haftung der
Bestattungspflichtigen vorsieht.
Als ältestes der Geschwister der verstorbenen Frau B. war der Kläger gemäß § 26 Abs. 1
Nr. 6 i.V.m. Satz 2 BestattG bestattungspflichtig. Nach den Ermittlungen des Beklagten
existierte nämlich unmittelbar vor dem Tode der Frau B. weder ein Ehegatte noch ein
Partner einer eingetragenen Lebenspartnerschaft noch ein Partner einer auf Dauer
angelegten nichtehelichen Lebensgemeinschaft. Beide Elternteile von Frau B. waren
verstorben und Frau B. selbst war kinderlos geblieben. Da vorrangige Bestattungspflichtige
nicht vorhanden waren und der Kläger als ältester Bruder der Verstorbenen ermittelt
werden konnte, hat der Beklagte entsprechend den gesetzlichen Vorgaben gehandelt, als
er den Kläger als Bestattungspflichtigen herangezogen hat.
Die in § 26 Abs. 1 Satz 2 BestattG getroffene Regelung verstößt nicht gegen den
allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG (nur dessen Schutzbereich ist hier
berührt, denn Art. 3 Abs. 3 GG führt das Alter nicht als Diskriminierungsmerkmal auf),
soweit die Bestattungspflicht bei einer Personenmehrheit der jeweils älteren Person – wie
im vorliegenden Fall dem Kläger als dem älteren Bruder- auferlegt wird
vgl. die fast wortgleichen Regelungen in § 10 Abs.1 Satz 3 BestattG
Sachsen und § 20 Abs. 1 Satz 2 BestattG Brandenburg.
Der allgemeine Gleichheitssatz ist nicht schon dann verletzt, wenn der Gesetzgeber
Differenzierungen vornimmt, denn es bleibt grundsätzlich ihm überlassen, diejenigen
Sachverhalte auszuwählen, an die er dieselbe Rechtsfolge knüpft. Art. 3 Abs. 1 GG fordert
für eine Ungleichbehandlung von Personengruppen lediglich, dass sie sich auf einen
vernünftigen oder sonst wie einleuchtenden Grund von hinreichendem Gewicht
zurückführen lässt (Willkürverbot)
BVerfG, Beschluss vom 23.3.1994 -8 BvL 8/85-, BVerfGE 90, 226
(229).
Dies ist hier der Fall, denn in dem vom saarländischen Gesetzgeber geregelten Sachbereich
der Bestattungspflicht ist bei einer Mehrheit von bestattungspflichtigen Personen das Alter
einer Person ein sachliches Auswahlkriterium zur Bestimmung der Reihenfolge ihrer
Heranziehung. Der Landesgesetzgeber hat die Bestattungspflicht nicht etwa generell dem
ältesten Angehörigen der verstorbenen Person übertragen, sondern vielmehr innerhalb
einer an der Erbfolge orientierten Reihenfolge lediglich bei Personenmehrheiten und Paaren
derselben Stufe die Reihenfolge der Heranziehung vom Alter der betreffenden Person
abhängig gemacht. Diese Differenzierung erweist sich unter dem Gesichtspunkt der
effektiven Gefahrenabwehr als tragfähig und gerechtfertigt, denn sie ermöglicht es der
Behörde, ohne aufwendige und zeitraubende Ermittlungen, die wegen der kurzen (i.d.R.
siebentägigen) Bestattungsfrist (vgl. § 32 BestattG) ohnehin nicht möglich sind, die
bestattungspflichtige Person zu bestimmen. Darüber hinaus entspricht die Orientierung am
Alter des Familienangehörigen dem traditionellen Verständnis, dass das älteste lebende
Familienmitglied als Familienoberhaupt für die Regelung der familiären Angelegenheiten
zuständig ist. Man wird im Übrigen vielfach, insbesondere wenn die Angehörigen noch zur
jüngeren Generation gehören, bei dem ältesten von ihnen am ehesten die finanzielle
Leistungsfähigkeit annehmen können. Unerheblich ist, dass auch andere sachliche Kriterien
(z.B. gesamtschuldnerische Haftung) denkbar sind, denn das Gericht hat wegen der
gesetzgeberischen Einschätzungsprärogative nicht darüber zu befinden, ob andere
Differenzierungsmerkmale besser geeignet wären.
Der von dem Kläger erhobene Einwand, er habe die Erbschaft ausgeschlagen (vgl. §§ 1942
ff. BGB), ist im Rahmen der öffentlich-rechtlichen Bestattungspflicht unerheblich. Durch die
Ausschlagung der Erbschaft kann sich ein Erbe nur von solchen Verbindlichkeiten befreien,
die ihren Rechtsgrund gerade in der Erbenstellung haben. Verpflichtungen aus anderem
Rechtsgrund bleiben hingegen auch nach der Ausschlagung der Erbschaft bestehen. Dies
gilt u.a. für die sich aus § 26 Abs. 1 Satz 1 BestattG ergebende öffentlich-rechtliche
Bestattungspflicht und die hieran anknüpfende Kostenerstattungspflicht. Die
bundesrechtlichen Regelungen über die Erbenstellung und die damit verbundene Pflicht, die
Bestattungskosten zu tragen (§ 1968 BGB), sind auch nicht in dem Sinn vorrangig, dass
sie öffentlich-rechtliche, auf Landesgesetz beruhende Ansprüche aus einem – wie hier in
Rede stehenden- ordnungsbehördlichen Einschreiten ausschlössen. Derartige öffentlich-
rechtliche Ansprüche beruhen auf einem vom Zivilrecht unabhängigen, der Kompetenz des
Landesgesetzgebers, die sich für den Erlass des Bestattungsgesetzes aus Art. 70 Abs. 1
GG ergibt, unterliegenden Rechtsgrund. Dies entspricht der übereinstimmenden höchst-
und obergerichtlichen Rechtsprechung
vgl. BVerwG, Beschluss vom 19.8.1994 -1 B 149/94-, NVwZ-RR
1995, 283; OVG des Saarlandes, Urteil vom 25.8.2003 -2 R 18/03-,
AS 30, 439 (443); VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19.10.2004
-1 S 681/04-, VBlBW 2005,141; jeweils dokumentiert bei juris.
§ 26 Abs. 1 Satz 1 BestattG verstößt auch nicht gegen das rechtsstaatliche
Verhältnismäßigkeitsprinzip, weil die Vorschrift von der Bestattungspflicht auch dann keine
Ausnahme macht, wenn – was der Kläger behauptet- die Durchführung der Bestattung für
den Bestattungspflichtigen wegen des persönlichen Verhaltens des Verstorbenen als grob
unbillig erscheint. Die Verfassung gebietet es nicht, eine Ausnahme von der
Bestattungspflicht bei gestörten Familienverhältnissen vorzusehen. Die Bestattungspflicht
dient – wie zuvor bereits erwähnt- der Gefahrenabwehr. Daher muss sich die Bestimmung
des Pflichtigen an objektiven Maßstäben orientieren, weil die Behörde nicht innerhalb der
Bestattungsfrist (vgl. § 32 BestattG) Ermittlungen und Untersuchungen über die
persönlichen Beziehungen der nächsten Angehörigen zu dem Verstorbenen durchführen
und ggfs. verifizieren kann. Die Wertungen des Zivilrechts in den §§ 1361 Abs. 3, 1579 Nr.
2-7, 1611 Abs. 1 BGB, die den Wegfall, die Beschränkung oder die Herabsetzung der
familienrechtlichen Unterhaltsverpflichtung aus Billigkeitsgründen regeln, sind nicht auf die
hier in Rede stehende öffentlich-rechtliche Verpflichtung übertragbar, denn die
Bestattungspflicht begründet kein „Dauerschuldverhältnis“ zwischen dem Verstorbenen
und dem Bestattungspflichtigen
vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19.10.2004, a.a.O.;
Stelkens/Cohrs, a.a.O., S. 920.
Da vorrangige Bestattungspflichtige nicht vorhanden sind, war der Kläger als ältester
Bruder der Verstorbenen demnach nach § 26 Abs. 1 Nr. 6 i.V.m. S. 2 BestattG
bestattungspflichtig. Nachdem er gegenüber dem Beklagten erklärt hatte, er sei nicht
bereit, die Bestattung zu veranlassen, hat dieser zu Recht die Bestattung der Verstorbenen
veranlasst und den Kläger zur Erstattung der Kosten herangezogen.
Rechtsgrundlage für den Kostenbescheid des Beklagten ist § 26 Abs. 2 BestattG. Danach
hat der Beklagte als die für den Sterbeort zuständige Ortspolizeibehörde (vgl. §§ 76 Abs. 3,
81 Abs. 1 SPolG) die Bestattung auf Kosten des Bestattungspflichtigen selbst zu
veranlassen, wenn dieser seiner Pflicht nicht nachkommt und kein anderer die Bestattung
veranlasst
vgl. im Übrigen die inhaltsgleichen Regelungen in § 31 Abs. 2
BestattG Baden-Württemberg, Art. 14 Abs. 2 BestattG Bayern, § 20
Abs. 2 BestattG Brandenburg und § 9 Abs. 2 BestattG Mecklenburg-
Vorpommern.
Diese Bestimmung ermächtigt die zuständige Behörde, die erstattungsfähigen Kosten
durch Leistungsbescheid geltend zu machen. Sie stellt nicht nur die
Ermächtigungsgrundlage für die Anordnung der Bestattung durch die Ortspolizeibehörde
dar. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts bedarf es eines Rückgriffs auf das
allgemeine Polizeirecht, hier auf die Vorschriften der §§ 46, 90 SPolG, nicht, da der Fall der
Bestattung durch Ersatzvornahme auf Kosten des Pflichtigen spezialgesetzlich in dem
Bestattungsgesetz geregelt ist, denn § 26 Abs. 2 BestattG enthält keinen Verweis auf das
Saarländische Polizeigesetz, sondern spricht davon, dass die Verwaltungsbehörde die
Handlung auf Kosten der bestattungspflichtigen Person selbst zu veranlassen hat.
Nicht in allen Bundesländern ist die Bestattung durch Ersatzvornahme der Behörde auf
Kosten des Pflichtigen spezialgesetzlich im jeweiligen Bestattungsgesetz geregelt. Die
Polizei- und Ordnungsbehörden können, sofern eine ausdrückliche Regelung fehlt,
entsprechend den jeweiligen landesgesetzlichen Regelungen entweder gestützt auf die
polizeiliche bzw. ordnungsbehördliche Generalklausel den Bestattungspflichtigen als
Verhaltensstörer wegen Nichterfüllung der ihm obliegenden Bestattungspflicht und der sich
aus der Nichtbestattung des Verstorbenen ergebenden Gefahren heranziehen
vgl. bspw. § 10 BestattG Sachsen
oder Kostenersatz aufgrund öffentlich-rechtlicher Geschäftsführung ohne Auftrag, des
allgemeinen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs oder nach dem
Landesvollstreckungsrecht verlangen
vgl. § 14 BestattG Sachsen-Anhalt und § 9 BestattG Rheinland-Pfalz.
Dass § 26 Abs. 2 BestattG für den Fall der Ersatzvornahme der Ortspolizeibehörde eine
abschließende Regelung trifft, wenn der Bestattungspflichtige seiner Pflicht nicht
nachkommt, und demzufolge für einen Rückgriff auf die allgemeinen Vorschriften des
Polizei- oder des Verwaltungsvollstreckungsrechtes kein Raum ist, ergibt sich bereits aus
dem Wortlaut, insbesondere aus der Formulierung „auf Kosten des/der
Bestattungspflichtigen“ dieser Bestimmung
in diesem Sinne auch Stelkens/Cohrs, a.a.O., S. 921, und –zu § 2
Abs. 3 TierSchG 1972- BVerwG, Urteil vom 12.2.1987 -3 C 22/86-,
BVerwGE 77, 19.
Die Worte „auf Kosten“ stellen dabei nicht - wie das Verwaltungsgericht in seiner
Entscheidung angenommen hat - lediglich einen Verweis auf das polizeirechtliche
Zwangsmittel der Ersatzvornahme (§ 46 SPolG) dar. Hätte der Landesgesetzgeber zur
Durchsetzung der Bestattungspflicht auf das allgemeine Polizei- und Ordnungsrecht
verweisen wollen, hätte er dies ausdrücklich in der Vorschrift normiert
so erfolgt bspw. in § 10 Abs. 3 BestattG Sachsen.
Für dieses Verständnis spricht außer dem Wortlaut der Vorschrift auch der im
Gesetzgebungsverfahren zum Ausdruck gekommene Wille des Gesetzgebers. Aus den
Materialien zum Gesetzentwurf der Landesregierung vom 4.4.2003 (Landtags-Drucksache
12/853) geht hervor, dass das Bestattungsgesetz alle bisherigen Rechtsgrundlagen
zusammenfasst (vgl. S. 1, B der Landtags-Drucksache). Dies verdeutlicht, dass ein
Rückgriff auf andere Gesetze nicht mehr vorgesehen ist. Aus der Begründung zu der vom
Gesetzgeber beschlossenen Entwurfsfassung des § 26 BestattG ergeben sich im Übrigen
auch keine Anhaltspunkte dafür, dass auf die allgemeinen polizeirechtlichen Vorschriften
zurückgegriffen werden soll, wenn die für die Bestattung verantwortliche Person ihrer
Pflicht nicht nachkommt. Im Einzelnen heißt es in diesem Zusammenhang nämlich nur (vgl.
Landtags-Drucksache 12/853, S. 43):
„Absatz 2 geht auf die Situation ein, dass Bestattungspflichtige nicht
vorhanden sind oder nicht ermittelbar sind. Auch in diesen Fällen
muss die Bestattung des Leichnams geregelt werden. Daher wird
unter Bezug auf die polizeirechtlichen Bestimmungen die
Ortspolizeibehörde als zuständige Stelle ausgewiesen.“
Soweit in dem zitierten Absatz am Ende die Rede davon ist, dass die Behörde nach den
polizeirechtlichen Bestimmungen tätig wird, bezieht sich dies ersichtlich ausschließlich auf
den in § 26 Abs. 2 1. Alt BestattG geregelten Fall, dass ein Pflichtiger nicht vorhanden ist.
Der Kläger kann seiner Heranziehung zur Kostenerstattung nicht mit Erfolg
entgegenhalten, er habe zu seiner verstorbenen Schwester seit 1953 keinen persönlichen
Kontakt gehabt; außerdem sei ihr Lebenswandel mit seinen Wert- und Moralvorstellungen
nicht in Einklang zu bringen, so dass es für ihn unerträglich sei, für sie finanziell einstehen
zu müssen. Denn Art und Umfang der persönlichen Beziehungen zwischen dem
Verstorbenen und dem Bestattungspflichtigen sind bei der Heranziehung wegen der
Bestattungskosten grundsätzlich unerheblich
VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19.10.2004 -1 S 681/04-,
a.a.O..
Dies haben der Beklagte und der Kreisrechtsausschuss in den angefochtenen Bescheiden
zutreffend ausgeführt.
§ 26 BestattG enthält keine Regelung, die die Erstattung von Bestattungskosten in Fällen
unbilliger Härte in das Ermessen der Behörde stellt. Vielmehr sind die Kosten vom
Pflichtigen zu erstatten. Bei der Anforderung der Bestattungskosten ist somit hinsichtlich
der Frage, ob von dem Pflichtigen überhaupt Kosten zu erheben sind, der zuständigen
Behörde kein Ermessen eingeräumt; die Bestattungspflichtigen haften ohne Rücksicht auf
ihr persönliches Verhältnis zum Verstorbenen und ungeachtet besonderer Umstände des
Einzelfalles. Dies entspricht erkennbar dem Art. 6 Abs. 1 GG zugrunde liegenden Leitbild
der Familie als Solidargemeinschaft und wird im Regelfall dem Willen des
bestattungspflichtigen Angehörigen auch nicht zuwider laufen.
Die -ausnahmslose- Bestattungspflicht bedeutet indessen nicht in jedem Fall, dass der
Pflichtige endgültig mit den Kosten belastet bleibt. Jedenfalls für den -hier allerdings nicht
gegebenen- Fall des nicht völlig mittellos Verstorbenen spricht § 1968 BGB dem
Bestattungspflichtigen einen Ausgleichsanspruch gegenüber dem Erben zu. Daneben treten
in zahlreichen weiteren Fällen andere zivilrechtliche Ausgleichsansprüche auf Übernahme
der Bestattungskosten (vgl. §§ 844 Abs. 1, 1360 a Abs. 3 i.V.m. 1615 Abs. 2, 1615 m
BGB; § 10 Abs. 1 Satz 2 StVG, § 7 Abs. 1 Satz 2 ProdhaftG, § 5 Abs. 1 Satz 2
HaftpflichtG).
Der VGH Baden-Württemberg
Urteil vom 19.10.2004 -1 S 681/04-, a.a.O., m.w.Nw.,
hat in Bezug auf die maßgebliche Vorschrift im dortigen Landesbestattungsgesetz, die der
saarländischen Regelung des § 26 Abs. 2 BestattG inhaltlich entspricht, festgestellt, es sei
verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass der Landesgesetzgeber eine Pflicht zur
Kostenerstattung in den Fällen, in denen die zuständige Behörde die Bestattung in rechtlich
zulässiger Weise selbst veranlasst hat, ohne Einschränkung normiert hat. Eine Pflicht, im
Bestattungsgesetz eine Ausnahme hiervon, etwa bei gestörten Familienverhältnissen,
vorzusehen, bestehe unter Berücksichtigung der Kostenübernahmeregelung des (damals
geltenden) § 15 BSHG (heute: § 74 SGB XII) von Verfassungs wegen nicht.
Nach § 74 SGB XII werden die erforderlichen Kosten einer Bestattung von dem
Sozialhilfeträger – nach § 98 Abs. 3 SGB XII im vorliegenden Fall von dem Landkreis A-Stadt
(Kreissozialamt)- übernommen, soweit den hierzu Verpflichteten nicht zugemutet werden
kann, die Kosten zu tragen (vgl. die fast wortgleiche Vorgängervorschrift des § 15 BSHG).
Aus dem Wortlaut dieser Bestimmung ergibt sich bereits, dass für das Bestehen dieses
Anspruchs nicht entscheidend ist, dass der Bestattungspflichtige die Kosten nicht tragen
kann, also selbst bedürftig im Sinne des Sozialhilferechts ist
vgl. zu § 15 BSHG: Schellhorn, BSHG, Kommentar, 16. Auf., § 15
Rdnrn. 6 f..
Die Zumutbarkeit ist in der Regel analog den §§ 85 ff. SGB XII (früher: §§ 79 – 85 BSHG)
unter Anwendung der allgemeinen Einkommensgrenzen des § 85 SGB XII (früher: § 79
BSHG) zu beurteilen, wobei der etwaige Einkommensüberschuss je nach der Enge der
Beziehung des Verpflichteten zum Verstorbenen ganz oder teilweise einzusetzen ist
Schellhorn, a.a.O. zu § 15 BSHG Rdnr. 6; OVG Rheinland-Pfalz,
Beschluss vom 10.1.2005 -12 A 11605/04-, FEVS 56, 476 m.w.Nw.
zur Rspr., dokumentiert bei juris.
Das Bundesverwaltungsgericht
Urteile vom 5.6.1997 -5 C 13/96-, BVerwGE 105,51, und vom
29.1.2004 -5 C 2/03-, BVerwGE 110, 111, jeweils dokumentiert bei
juris,
hat zu § 15 BSHG festgestellt, dass es sich um einen von dem sozialhilferechtlichen
Kriterium des Bedürfnisses losgelösten Kostenerstattungsanspruch eigener Art handele,
der eine würdige Bestattung des Toten gewährleisten solle und daher grundsätzlich auch
dem Leiter eines Pflegeheims oder Krankenhauses zustehen könne. Der Gesetzgeber habe
an die fürsorgerechtliche Verantwortung für eine würdige Bestattung Hilfebedürftiger
anknüpfen wollen und dabei den rechtlichen Ansatz von dem einer Fürsorgeleistung an den
Verstorbenen zu dem einer sozialhilferechtlichen Unterstützung des „Verpflichteten“ durch
Kostenentlastung verwandelt
vgl. auch OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 14.6.2007 -7 A 11566/06-
, AS 34, 401 (405/406).
Das Leitbild der gesetzlichen Regelung des § 74 SGB XII schließt nicht aus, dass sich die
Unzumutbarkeit im Sinne dieser Vorschrift auch aus dem Fehlen eines persönlichen
Näheverhältnisses zwischen Bestattungspflichtigen und Verstorbenen ergeben kann
vgl. BVerwG, Urteil vom 29.1.2004 -5 C 2/03-, a.a.O.; VGH Baden-
Württemberg, Urteil vom 19.10.2004 -1 S 681/04-, a.a.O.; OVG
Niedersachsen, Beschluss vom 26.9.2007 -8 LA 81/07-,
dokumentiert bei juris.
Im Ergebnis ermöglicht § 74 SGB XII folglich eine Bestattungskostenerstattung. Dass die
Prüfung eines entsprechenden Anspruchs einem selbständigen Verwaltungsverfahren
außerhalb des unmittelbaren Bestattungsrechts vorbehalten bleibt, ist dabei rechtlich
unbedenklich. Denn diese Aufspaltung in zwei Verfahren hat zum einen den Vorteil, dass
die Ordnungsbehörde von der Prüfung der ressortfremden Zumutbarkeitsfrage entlastet
und diese Aufgabe den hiermit vertrauten Sozialhilfeträgern zugewiesen wird. Zum
anderen gewährleistet diese Lösung eine Gleichbehandlung des Bestattungspflichtigen, der
sich weigert, seiner Bestattungspflicht nachzukommen, mit dem Bestattungspflichtigen,
der sich seiner Bestattungspflicht - trotz Unbilligkeit der hiermit verbundenen
Kostentragungslast - beugt und die Bestattung (zunächst) auf seine Kosten ausrichtet
vgl. Stelkens/Cohrs, a.a.O., S. 923 f..
Demzufolge hat der Beklagte den Kläger zu Recht zur Erstattung der Beerdigungskosten
herangezogen, ohne dabei die Qualität des persönlichen Verhältnisses des Klägers zu
seiner verstorbenen Schwester zu berücksichtigen. Der Kläger ist daher darauf zu
verweisen, nach § 74 SGB XII beim Sozialamt des Landkreises A-Stadt die Übernahme der
Bestattungskosten geltend zu machen, was ausweislich der beigezogenen
Verwaltungsunterlagen des Kreissozialamtes bereits geschehen ist, wobei dieser Antrag
wegen der Vorgreiflichkeit dieses Rechtsstreites im Hinblick auf die Frage der
Bestattungspflicht des Klägers bislang allerdings noch nicht beschieden worden ist.
Ob dennoch ausnahmsweise im Rahmen der Kostenheranziehung des
Bestattungspflichtigen eine Billigkeitskorrektur geboten ist, bedarf keiner Entscheidung, da
ein solcher Sachverhalt hier nicht vorliegt.
Regelungen zu der Frage, in welchen Fällen eine aus einem familiären Verhältnis
herrührende Zahlungspflicht nach der Rechtsordnung eingeschränkt ist oder vollständig
entfällt, finden sich im Bürgerlichen Gesetzbuch. Gemäß § 1611 Abs. 1 Satz 2 BGB entfällt
die aus § 1601 BGB herrührende, zwischen Verwandten in gerader Linie bestehende
Verpflichtung zur Unterhaltsgewährung ganz, wenn die Inanspruchnahme des Pflichtigen
grob unbillig wäre. Beispiele für die grobe Unbilligkeit der Inanspruchnahme eines
Unterhaltsverpflichteten sind in § 1579 BGB normiert. Demnach liegt grobe Unbilligkeit
unter anderem vor, wenn der Berechtigte sich eines schweren vorsätzlichen Vergehens
gegen den Verpflichteten schuldig gemacht (Nr. 2) oder längere Zeit hindurch seine Pflicht,
zum Familienunterhalt beizutragen, gröblich verletzt hat (Nr. 5) oder dem Berechtigten ein
offensichtlich schwerwiegendes, eindeutig bei ihm liegendes Fehlverhalten gegen den
Verpflichteten zur Last fällt (Nr. 6). Schon diese Beispiele verdeutlichen, dass derartige
Ausnahmefälle, die aus Billigkeitsgründen ein Absehen von der Kostenheranziehung
rechtfertigen, allenfalls dann in Betracht kommen, wenn ein strafrechtlich relevantes oder
dem vergleichbares Fehlverhalten des Verstorbenen (bspw. Missbrauchsfälle und
Unterhaltspflichtverletzungen) gegenüber dem bestattungspflichtigen Angehörigen vorliegt.
Entsprechendes hat zu gelten, wenn eine Billigkeitskorrektur durch die ergänzende
Heranziehung der Regelung über den Billigkeitserlass von Forderungen in der LHO bzw. des
Gemeindehaushaltsrechts und des Abgabenrechts (vgl. § 227 AO) oder eine dem
rechtsstaatlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechenden Auslegung der
jeweiligen Vorschrift im Bestattungsrecht erwogen wird
vgl. Gaedke, a.a.O., S. 118 a.E.; Stelkens/Cohrs, a.a.O., S. 923 Fn.
70.
Dementsprechend hat das Verwaltungsgericht Karlsruhe
Urteil vom 16.1.2007 -11 K 1326/06-, BWGZ 2007, 471,
dokumentiert bei juris,
die Kostentragungspflicht der Tochter für Beerdigungskosten ihres Vaters, der sich sexuell
an ihr vergangen hatte, als unverhältnismäßig erachtet
u.a. mit dem Hinweis auf das Urteil des OVG des Saarlandes vom
25.8.2003 -2 R 18/03-, a.a.O.; a.A. aber VG Ansbach, Urteil vom
6.9.2007 –AN 4 K 06.03544-, dokumentiert bei juris.
Das OVG Münster
Beschluss vom 2.2.1996 -19 A 3802/95-, NVwZ-RR 1997, 99,
dokumentiert bei juris,
hat in dem Fall einer Unterhaltspflichtverletzung des Verstorbenen gegenüber der zur
Erstattung herangezogenen Tochter ebenfalls ein Bedürfnis für eine Billigkeitskorrektur
gesehen und festgestellt, es bestehe ein allgemeiner Rechtsgrundsatz, dass die
Anwendung gesetzlicher Vorschriften nicht zu nach Lage des Falles unbilligen Härten führen
solle. Die Anwendung dieses allgemeinen Rechtsgrundsatzes auf das im dort
entschiedenen Fall anwendbare Landesvollstreckungsrecht bedinge, dass die Festsetzung
und Beitreibung einer Geldforderung, deren Einziehung im Einzelfall unbillig wäre,
unterbleiben müsse.
Einen mit den zitierten Entscheidungen vergleichbaren Sachverhalt hat der Kläger indes
nicht vorgetragen. Im Einzelnen hat er geltend gemacht, er habe das gemeinsame
Elternhaus bereits 1953 verlassen und seitdem keinerlei persönliche Kontakte mehr zu
seiner Schwester gepflegt. Anlässlich von Einladungen seiner Eltern sei es zu Begegnungen
mit ihr gekommen, bei denen sie ihn stets „drangsaliert“ und bevormundet habe. Als er
geschieden worden sei, habe sie ihn als „schwarzes Schaf“ und als untragbar für die
Familie bezeichnet. Seit 1998 habe er überhaupt keinen Kontakt mehr zu ihr gehabt. Die
Verstorbene habe eine sexuelle Beziehung mit einem verheirateten Mann unterhalten, der
auch ihren Lebensunterhalt finanziert habe; dies sei mit seinen Wert- und
Moralvorstellungen nicht vereinbar. Dieses Vorbringen musste den Beklagten nicht
veranlassen, die Kostentragungspflicht des Klägers unter Billigkeitserwägungen gesondert
zu prüfen. Der vorliegende Fall unterscheidet sich nicht wesentlich von vielen anderen
Familienschicksalen. Hielte man das Vorbringen des Klägers, das im übrigen hinsichtlich der
Kritik am Lebenswandel seiner Schwester auf subjektiven Werturteilen des Klägers beruht
und eines Wahrheitsbeweises weitgehend unzugänglich ist, für ausreichend, seine
Kostentragungspflicht auszuschließen, so wäre es in vielen Fällen gestörter
Familienverhältnisse nicht möglich, die Bestattungskosten den nächsten Angehörigen eines
Verstorbenen aufzuerlegen, was zur Folge hätte, dass die Kosten auf die Allgemeinheit
verlagert wären. Dies widerspräche aber Sinn und Zweck des § 26 BestattG, der darin zu
sehen ist, dass die in Absatz 1 der Vorschrift aufgezählten Angehörigen eines Verstorbenen
im Sinne einer Solidargemeinschaft diesem –ungeachtet ihrer persönlichen Beziehungen
zueinander allein schon aufgrund der familiären Verbundenheit- regelmäßig näher stehen
als die Allgemeinheit und dass es deshalb vorrangig ihnen obliegt, für eine Bestattung zu
sorgen und die damit verbundenen Kosten zu tragen. Auch ansonsten haben die
Besonderheiten der Familienverhältnisse beim Übergang von Rechten und Pflichten aus
Anlass des Todes grundsätzlich keine Bedeutung. Etwas anderes lässt sich auch nicht aus
den §§ 1611 Abs. 1, 1579 BGB herleiten, denn die dort getroffenen Wertungen lassen sich
auf den hier in Rede stehenden Zusammenhang nicht übertragen. Während es bei § 1611
Abs. 1 BGB darum geht, die Unterhaltspflicht im Verhältnis zweier Privatpersonen aufgrund
ihres familiären oder persönlichen Verhältnisses zueinander zu regeln, geht es bei der
Bestattungspflicht und der hieraus resultierenden Kostentragungspflicht darum, die private
Verantwortungssphäre von derjenigen der Allgemeinheit abzugrenzen. Außerdem handelt
es sich beim Ersatz der Beerdigungskosten um eine nur einmalige, der Höhe nach von
vorneherein begrenzte Zahlungspflicht. Diese zu tragen, ist den Angehörigen daher viel
eher zumutbar als die Unterhaltspflicht. Es ist daher nicht möglich, diese Wertungen des
Zivilrechts auf die öffentlich-rechtliche Verpflichtung zu übertragen
vgl. VG Koblenz, Urteil vom 14.6.2005 -6 K 93/05.KO-, KKZ 2006,
35, dokumentiert bei juris.
Hinzu kommt, dass dem Bestattungspflichtigen – wie bereits aufgezeigt- unter bestimmten
Voraussetzungen ein Erstattungsanspruch nach § 74 SGB XII zusteht.
Die von dem Verwaltungsgericht angeführte Entscheidung des 2. Senats des
Oberverwaltungsgerichts des Saarlandes
Urteil vom 25.8.2003 -2 R 18/03-, a.a.O.,
in welcher zur Rechtslage vor Inkrafttreten des Bestattungsgesetzes zum Verhältnis von §
15 BSHG zur Inanspruchnahme des Bestattungspflichtigen für die Kosten der
Ersatzvornahme aufgrund von §§ 90 Abs. 1, 46 Abs. 1 Satz 2 SPolG, wonach die
Kostenerhebung bei der Ersatzvornahme in das Ermessen der Behörde gestellt ist,
festgestellt wurde, dass § 15 BSHG nicht zwingend eine Entlastung des Bedürftigen von
den gesamten Bestattungskosten gewähre, sondern von vornherein nur die Möglichkeit
eines bloßen Kostenzuschusses vorsehe, weswegen der Bestattungspflichtige nicht auf den
Sozialhilfeanspruch verwiesen werden könne, ist wegen der aufgrund des Inkrafttretens
des Bestattungsgesetzes zum 1.1.2004 geänderten Gesetzes- und Rechtslage nicht
(mehr) einschlägig.
Die Höhe der von dem Beklagten in dem angefochtenen Bescheid erhobenen
Bestattungskosten von insgesamt 1982,03 Euro begegnet keinen Bedenken. Sie ist belegt
(vgl. Rechnung des Bestattungsinstituts D. samt Anlagen, Bl. 37 f. d. BA, und
Gebührenbescheid des Friedhofes der Kreisstadt A-Stadt , vgl. Bl. 35 d. BA). Einwände
gegen den Ansatz der Kosten oder deren Höhe hat der Kläger auch nicht erhoben. Zu
berücksichtigen ist, dass dem Ersatzpflichtigen nur die Kosten für einen „notwendigen
Mindestaufwand“, die unter den „erforderlichen Kosten“ i.S.d. § 74 SGB XII und auch unter
dem Aufwand für eine Beerdigung, die der Erbe nach § 1968 BGB zu tragen hat, liegen, in
Rechnung gestellt werden dürfen
Gaedke, a.a.O., S. 117.
Der Beklagten hat diesen Vorgaben Rechnung getragen, indem er eine anonyme
Urnenbestattung auf dem Friedhof in A-Stadt hat vornehmen lassen. Der
Gebührenbescheid des Friedhofs in Höhe von insgesamt 439,00 Euro (275,00 Euro für den
Erwerb eines anonymen Urnengrabes und 164,00 Euro für die Errichtung einer
Urnengrabstätte) beruht auf den §§ 2 Abs. 1, 5 Nr. 1 e) und Nr. 3 c) der Satzung über die
Erhebung von Gebühren für die Benutzung der städtischen Friedhöfe der Kreisstadt A-Stadt
vom 14.12.1989 (i. d. F. vom 13.10.2005).
Der mit dem Bescheid vom 2.3.2006 zugleich ergangene
Kostenfestsetzungsbescheidbescheid, in dem die Verwaltungsgebühren auf 100,00 Euro
festgesetzt wurden, beruht auf Nr. 163.14 der Anlage zur Verordnung über den Erlass
eines Allgemeinen Gebührenverzeichnisses (Amtsbl. 2005, 921) und ist ebenfalls rechtlich
nicht zu beanstanden.
Nach alledem ist unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit wegen der Kosten beruht auf den §§
167 VwGO, 708 Nr. 11 ZPO.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe
vorliegt. Das Urteil beruht nämlich auf der Auslegung und Anwendung von Landesrecht.
Beschluss
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren gemäß den §§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 3, 47
Abs. 1, 39 Abs. 1 GKG auf 1.982,03 Euro (Bestattungskosten) zuzüglich 100,00 Euro
(Verwaltungsgebühr), mithin auf insgesamt 2.082,03 Euro festgesetzt.
Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar.