Urteil des OVG Saarland vom 23.02.2010

OVG Saarlouis: lebensversicherung, wertpapier, sparvertrag, unfallversicherung, pflegekind, versicherungsleistung, vermögensbildung, jugendhilfe, auszahlung, rentenalter

OVG Saarlouis Urteil vom 23.2.2010, 3 A 345/09
Angemessene Alterssicherung i.S.v. § 39 Abs. 4 Satz 2 SGB 8
Leitsätze
1. Eine der Versorgung im Alter dienende private Anlageform stellt sich nur dann als
angemessene Alterssicherung im Sinne von § 39 Abs. 4 Satz 2 SGB VIII dar, wenn die
gewählte Anlageform subjektiv zur Altersversorgung bestimmt ist und es dieser auch nicht
von vornherein an der objektiven Eignung zur Aufrechterhaltung einer angemessenen
Alterssicherung fehlt.
2. Eine private Anlageform ist zu einer Absicherung der Versorgung im Alter objektiv nur
geeignet, wenn das im Alter zur Verfügung stehende Vorsorgekapital der Höhe nach
zumindest den aufgewendeten und öffentlich geförderten Altersvorsorgebeiträgen
entspricht sowie sichergestellt ist, dass das Vorsorgekapital nicht schon vor Eintritt in den
Ruhestand anderweitig verwertet werden kann.
3. Eine Fondsgebundene Lebensversicherung und ein Wertpapier-Sparvertrag sind zu einer
angemessenen Alterssicherung im Sinne von § 39 Abs. 4 Satz 2 SGB VIII schon deshalb
objektiv ungeeignet, weil diese keine garantierte Versicherungsleistung bzw. keinen
garantierten Kapitalertrag beinhalten, sondern die Versicherungsleistung bzw. der
Kapitalertrag der Wertentwicklung der jeweiligen Fonds- bzw. Wertpapieranteile
unterliegen, und damit das Risiko des (teilweisen) Verlustes des Vorsorgekapitals besteht.
Tenor
Unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts vom 20.3.2009 - 11 K 825/07 -
wird die Klage insgesamt abgewiesen.
Die Klägerin trägt die außergerichtlichen Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die am … 1960 geborene Klägerin begehrt von dem Beklagten die hälftige Erstattung
nachgewiesener Aufwendungen zu einer angemessenen Alterssicherung im Sinne von § 39
Abs. 4 Satz 2 SGB VIII rückwirkend zum 1.10.2005.
Die Klägerin und ihr Ehemann sind personensorgeberechtigt für die ... 1997 und ...1999
geborenen Pflegekinder V. und N. M.. Für beide Pflegekinder gewährt der Beklagte laufende
Hilfe zur Erziehung in Form der Vollzeitpflege gemäß § 33 SGB VIII. Aufgrund eines
besonderen Erziehungsbedarfs wird für das Pflegekind V. M. ein erhöhtes Pflegegeld in
Form einer doppelten Pauschale für die Kosten der Erziehung gewährt.
Nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Weiterentwicklung der Kinder- und Jugendhilfe zum
1.10.2005 teilte der Beklagte der Klägerin mit Schreiben vom 19.4.2006 mit, dass nach
entsprechender Gesetzesänderung die laufenden Geldleistungen nach § 39 Abs. 4 SGB VIII
nunmehr auch die Erstattung nachgewiesener Aufwendungen für Beiträge zu einer
Unfallversicherung sowie die hälftige Erstattung nachgewiesener Aufwendungen zu einer
angemessenen Alterssicherung der Pflegeperson umfassten. Zugleich wies der Beklagte
darauf hin, dass diese Aufwendungen nur für eine Pflegeperson unabhängig von der Anzahl
der Pflegekinder erstattet würden und der Landesjugendhilfeausschuss des Saarlandes als
zuständige Behörde mit Beschluss vom 31.1.2006 als erstattungsfähige Aufwendungen zu
einer Unfallversicherung einen Betrag in Höhe von 6,60 EUR monatlich sowie zur
Alterssicherung einen Betrag in Höhe von 39,00 EUR monatlich als angemessen
festgesetzt habe.
Mit Schreiben vom 18.5.2006 beantragte die Klägerin daraufhin, ihre laufenden
Aufwendungen zur Unfallversicherung und Altersversorgung gemäß § 39 Abs. 4 SGB VIII
rückwirkend zum 1.10.2005 zu erstatten. Ihrem Antrag beigefügt war neben dem
Versicherungsschein einer von der Klägerin bei der Vi. Versicherung AG mit einem
Jahresbeitrag von 119,15 EUR abgeschlossenen Unfallversicherung ein Versicherungsschein
über eine Fondsgebundene Lebensversicherung bei der A. Lebensversicherung AG. Danach
beginnt die Versicherung am 1.12.2004 und beträgt der monatliche Beitrag bis zum Ablauf
der Beitragszahlung am 1.12.2024 100,-- EUR monatlich. Als Bezugsberechtigte für die
Beitragssumme in Höhe von 24.000,-- EUR ist im Erlebensfall die Klägerin und im Fall ihres
vorherigen Todes ihr Ehemann genannt. Außerdem besteht für die Klägerin die Möglichkeit,
ab dem Beginn der flexiblen Leistungsphase, der auf den 1.12.2025 festgesetzt ist, ihr
Fondsguthaben in eine lebenslange Rente umzuwandeln. Des Weiteren war dem
Antragsschreiben der Klägerin ein Zertifikat über einen am 12.1.2005 bei der Bank M.
abgeschlossenen Wertpapier-Sparvertrag mit einem Monatsbeitrag von ebenfalls 100,--
EUR beigefügt. Der Vertragsbeginn ist darin mit dem 2.12.2004 angegeben; die Laufzeit
beträgt 20 Jahre. Die Sparbeiträge werden ausweislich des Zertifikats jeweils hälftig in
Anteilen des Nordea 1 North American Value Fund - … - und des BG Global Challenge - … -
angelegt. In ihrem Antragsschreiben wies die Klägerin zudem darauf hin, dass in ihrem
Haushalt zwei Pflegekinder untergebracht seien und sie deshalb die Erstattung der von ihr
nachgewiesenen Aufwendungen für beide Anlageformen zur Alterssicherung beantrage.
Mit Bescheid vom 24.10.2006 teilte der Beklagte der Klägerin mit, dass die Beiträge für die
bei der A. Lebensversicherung AG abgeschlossene Fondsgebundene Lebensversicherung
nicht im Rahmen des § 39 Abs. 4 SGB VIII übernommen werden könnten. Entsprechend
den Hinweisen des Landesjugendamtes dürfe die Versicherung nicht beleihbar, nicht
veräußerbar, nicht übertragbar und nicht kapitalisierbar sein; die Ansprüche sollten nach
Renteneintritt als laufende Geldleistung wirksam werden. Diesen für die Übernahme von
Altersvorsorgebeiträgen erforderlichen Voraussetzungen entspreche die
Lebensversicherung der Klägerin nicht, da diese bei Vertragsablauf in einer Summe fällig
werde und lediglich die Möglichkeit einer Umwandlung in eine Rentenzahlung biete.
Bezüglich der Übernahme der Unfallversicherungsbeiträge gebe es zur Zeit noch
Klärungsbedarf auf Länderebene. Über den entsprechenden Antrag werde entschieden,
sobald eine einheitliche Regelung gefunden sei.
Hiergegen legte die Klägerin mit Schreiben vom 23.11.2006 Widerspruch ein, zu dessen
Begründung sie geltend machte, die Vorschrift des § 39 Abs. 4 SGB VIII erfordere lediglich
den Nachweis einer angemessenen Alterssicherung. Die gesetzliche Regelung verweise
weder auf eine Versicherung noch werde verlangt, dass diese nicht beleihbar, veräußerbar,
übertragbar oder nicht kapitalisierbar sei. Ihre Renten- und Pensionsversicherung werde
zudem erst im Rentenalter fällig.
Mit Bescheid vom 2.2.2007 übernahm der Beklagte die Beiträge der Klägerin zu ihrer
Unfallversicherung bei der Vi. Versicherung AG entsprechend dem Beschluss des
Landesjugendhilfeausschusses in Höhe von monatlich 6,60 EUR rückwirkend ab dem
1.10.2005.
Mit aufgrund mündlicher Verhandlung vom 24.5.2007 ergangenem Widerspruchsbescheid
wies der Kreisrechtsausschuss des Beklagten den Widerspruch der Klägerin zurück. Zur
Begründung heißt es, der Klägerin stehe kein Anspruch auf hälftige Erstattung ihrer
Aufwendungen für die A. Fondsgebundene Lebensversicherung sowie für den Wertpapier-
Sparvertrag zu. Der Vorschrift des § 39 Abs. 4 Satz 2 SGB VIII lasse sich zwar selbst nicht
entnehmen, welche private Altersvorsorge eine angemessene Alterssicherung darstelle. Da
die Aufwendungen zu einer angemessenen Alterssicherung zumindest hälftig aus
öffentlichen Mitteln finanziert würden, sei jedoch sicherzustellen, dass der gesetzliche
Zweck, der Pflegeperson eine rentengleiche Leistung zur Absicherung im Alter zu
verschaffen, erreicht werde. Damit würden von vornherein Verträge ausscheiden, die der
Vermögensbildung dienten. Dass die Art der Alterssicherung nicht in das Belieben der
Pflegeperson gestellt sei, lasse sich den Empfehlungen des Landesjugendamtes
entnehmen. Dieses empfehle die analoge Anwendung der für die Vollzeitpflege
festgesetzten Regelungen, die vorsähen, dass die Ansprüche aus der Alterssicherung nicht
beleihbar, nicht veräußerbar, nicht übertragbar und nicht kapitalisierbar sein dürften; sie
sollten nach Renteneintritt als laufende Geldleistung wirksam werden. Im Hinblick auf die
staatliche Förderung solle die Alterssicherung den Kriterien des § 82 EStG entsprechen.
Danach seien geförderte Altersvorsorgebeiträge im Rahmen der in § 10 a EStG genannten
Grenzen Beiträge, die der Zulageberechtigte auf einen Vertrag leiste, der nach § 5
Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetz zertifiziert sei. In diesem Sinne liege ein
Altersvorsorgevertrag nur dann vor, wenn u.a. Leistungen zur Altersversorgung nicht vor
Vollendung des 60. Lebensjahres erbracht würden, der Anbieter garantiere, dass zu Beginn
der Auszahlungsphase zumindest die eingezahlten Beiträge für die Auszahlungsphase zur
Verfügung stünden und die Auszahlung ab Beginn der Auszahlungsphase in Form einer
lebenslangen gleichbleibenden oder steigenden monatlichen Leibrente erfolge. Dadurch
werde gewährleistet, dass die Pflegeperson mit Beginn des gesetzlichen Rentenalters
tatsächlich eine lebenslange Rente erhalte. Beide von der Klägerin vorgelegten Verträge
erfüllten diese Voraussetzungen nicht. Bei der Fondsgebundenen Lebensversicherung
bestehe lediglich die Möglichkeit der Umwandlung in eine lebenslange Rente. Der
Wertpapier-Sparvertrag laufe zwar bis zum Erreichen des Rentenalters, lasse jedoch eine
Auszahlung in monatlich gleichbleibenden Rentenleistungen nicht erkennen. Unabhängig
davon, dass danach keiner der beiden Verträge der Klägerin anerkannt werden könne,
würden Aufwendungen zu einer angemessenen Alterssicherung auch bei der Betreuung
von mehreren Pflegekindern nur einmal erstattet.
Gegen den per Einschreiben am 31.5.2007 zur Post aufgegebenen Widerspruchsbescheid
hat die Klägerin am 29.6.2007 Klage erhoben. Zur Begründung hat sich die Klägerin darauf
berufen, dass mit der hälftigen Erstattung angemessener Vorsorgebeiträge für Pflegeeltern
nach § 39 Abs. 4 Satz 2 SGB VIII das gesetzgeberische Ziel verfolgt werde, die Leistungen
der Betreuungskräfte adäquat zu honorieren und zu verhindern, dass diese nach
jahrzehntelanger Pflegetätigkeit im Alter über keine angemessene Altersversorgung
verfügten. Entscheidend sei, dass die gewählte Anlageform gewährleiste, den
Lebensunterhalt der Pflegeperson im Alter abzusichern. Als angemessene Alterssicherung
im Sinne von § 39 Abs. 4 Satz 2 SGB VIII seien alle Anlageformen anzuerkennen, deren
zeitlicher Anlagehorizont eine Verwendung zur Absicherung des Risikos „Alter“ bei
wirtschaftlich vernünftiger Betrachtungsweise nahelege. Neben einer freiwilligen
Versicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung sowie dem Abschluss von sog.
zertifizierten Altersvorsorgeverträgen kämen hierfür auch Kapitallebensversicherungen,
private Rentenversicherungen, Banksparpläne und entsprechende Fondsprodukte in
Betracht. Eine Beschränkung allein auf förderfähige, also nach dem Altersvorsorgeverträge-
Zertifizierungsgesetz zertifizierte Anlageformen sei nicht sachgerecht, zumal beispielsweise
die Riester-Rente nicht allen Personen offenstehe. Selbst private
Altersvorsorgeaufwendungen, die der reinen Vermögensbildung dienten, seien als
angemessene Altersvorsorge anzuerkennen. So habe etwa der BGH in seiner Entscheidung
vom 11.5.2005 (XII ZR 211/02) bei der Unterhaltsberechnung gemäß § 1578 Abs. 3 BGB
private Altersvorsorgeaufwendungen, die der reinen Vermögensbildung dienten, als
Abzugsposten anerkannt. Sowohl ihre Fondsgebundene Lebensversicherung als auch ihr
Wertpapier-Sparvertrag seien zur Altersvorsorge geeignet, da beide Verträge ihren
Lebensunterhalt im Alter sicherten. Die Fondsgebundene Lebensversicherung biete ihr
Versicherungsschutz unter unmittelbarer Beteiligung an der Wertentwicklung mehrerer
Investmentfonds oder Anlagestöcke. Sie habe die Chance, bei einer Kurssteigerung der
Wertpapiere einen Wertzuwachs zu erzielen. Wenngleich die Versicherungssumme in Höhe
von 24.000,-- EUR außer im Todesfall nicht garantiert sei, sei diese doch keineswegs
spekulativ. Die Leistungsphase der Versicherung beginne ab dem 1.12.2025, wenn sie ein
Alter von 65 Jahren erreicht habe. Da sie ab der Leistungsphase ein Wahlrecht besitze, ob
die Auszahlung als Einmalzahlung oder als lebenslange Rentenzahlung erfolgen solle, sei die
Versicherung einer Kapitallebensversicherung mit Rentenwahlrecht vergleichbar. Im Fall
einer anderen Pflegeperson habe der Beklagte eine Kapitallebensversicherung als
angemessene Altersvorsorge anerkannt, obwohl die Versicherungsleistung in fünf
Teilbeträgen noch vor dem Rentenalter ausgezahlt werde. Ihr Wertpapier-Sparvertrag, bei
dem die Sparbeiträge in Aktienfonds angelegt würden, stelle angesichts einer
Vertragslaufzeit von 20 Jahren ebenfalls eine langfristige Anlageform dar. Ohne den
Börsencrash im Jahre 2008 wäre bei diesem ein deutliches Wachstum zu verzeichnen
gewesen. Die von ihr geleisteten Beitragszahlungen zur Alterssicherung seien auch der
Höhe nach angemessen. Da § 39 Abs. 4 SGB VIII die Leistungen pro Pflegekind beschreibe,
habe die hälftige Erstattung der nachgewiesenen Aufwendungen zu einer angemessenen
Alterssicherung in Abhängigkeit zu der Zahl der betreuten Kinder zu erfolgen. Weil sie zwei
Kinder in Vollzeitpflege betreue, stehe ihr die Hälfte ihrer Aufwendungen sowohl für die
Fondsgebundene Lebensversicherung als auch für den Wertpapier-Sparvertrag in Höhe von
insgesamt 100,-- EUR zu.
Die Klägerin hat beantragt,
den Ablehnungsbescheid des Beklagten vom 24.10.2006 in der
Gestalt des aufgrund mündlicher Verhandlung vom 24.5.2007
ergangenen Widerspruchsbescheides des Kreisrechtsausschusses
des Beklagten aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, ihr ab
dem 1.10.2005 ihre Aufwendungen für ihre A. Fondsgebundene
Lebensversicherung, Versicherungsschein-Nr. …, und ihren
Wertpapier-Sparvertrag bei der Bank M., Vertrags-Nr. …, jeweils zur
Hälfte zu erstatten.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat darauf hingewiesen, dass nach den Empfehlungen des Deutschen Vereins für
öffentliche Fürsorge e.V. vom 26.9.2007, denen sich der Landesjugendhilfeausschuss des
Saarlandes in seiner Sitzung vom 1.4.2008 zwischenzeitlich angeschlossen habe, die
hälftige Übernahme der Beiträge einer zur Alterssicherung geeigneten Anlageform erfolge,
und die Leistung auf mindestens den hälftigen Betrag der gesetzlichen Rentenversicherung
von zur Zeit 39,-- EUR je Pflegekind festgelegt worden sei. Allerdings hat der Beklagte die
Auffassung vertreten, die von der Klägerin gewählten Anlageformen stellten keine
angemessene Alterssicherung dar. Bei der von der Klägerin abgeschlossenen
Lebensversicherung sei lediglich die Todesfallsumme garantiert. Die Kapitalbildung erfolge
ausschließlich über den Ankauf von Anteilen an verschiedenen Investmentfonds, deren
Zusammensetzung stark renditeorientiert sei. Die Fondsgebundene Lebensversicherung sei
ebenso wie der Wertpapier-Sparvertrag der Klägerin, bei dem die Sparbeiträge in zwei
Investmentfonds angelegt würden, nicht zur Altersvorsorge geeignet. Beide Anlagen seien
höchst spekulativ. Sie dienten dem steueroptimierten Vermögensaufbau, nicht aber dem
Aufbau einer der gesetzlichen Rente vergleichbaren Altersversorgung. Auch entsprächen
sie nicht den Kriterien der Zertifizierung von Altersvorsorgeverträgen. Die Beiträge zur
Alterssicherung dienten als Ersatz für den fehlenden Erwerb von Rentenansprüchen, weil
die Pflegemutter aufgrund der Kinderbetreuung keine oder nur eine geringe
Erwerbstätigkeit ausüben könne. Deshalb sollte die Zahlung bei Renteneintritt als laufende
Rentenleistung erfolgen. Bei der Anerkennung von Sparverträgen, Lebensversicherungen
und Ähnlichem bestehe aber die Möglichkeit, dass die Pflegeperson mit Hilfe staatlicher
Förderung durch das Jugendamt Vermögen anspare, das bei Renteneintritt zu beliebigen
Zwecken verwendet werden könne. Da weder die Fondsgebundene Lebensversicherung
der Klägerin noch ihr Wertpapier-Sparvertrag zu einer rentengleichen Leistung führten bzw.
lediglich eine Wahlmöglichkeit hierzu einräumten, seien die jeweiligen Sparbeiträge nicht zu
übernehmen. Die Rechtsprechung des BGH zu der Frage, welche Arten von Alterssicherung
von geschiedenen Ehegatten untereinander anzuerkennen seien, könne auf den
vorliegenden Fall, bei dem es um die Frage gehe, für welche Art der Alterssicherung
öffentliche Mittel im Rahmen der Leistungen der Jugendhilfe für Kinder in Pflegefamilien
einzusetzen seien, nicht übertragen werden.
Das Verwaltungsgericht hat durch aufgrund mündlicher Verhandlung vom 20.3.2009
ergangenes Urteil unter Abweisung der Klage im Übrigen den Bescheid des Beklagten vom
24.10.2006 in der Gestalt des aufgrund mündlicher Verhandlung vom 24.5.2007
ergangenen Widerspruchsbescheides teilweise aufgehoben und den Beklagten verpflichtet,
die Aufwendungen der Klägerin hinsichtlich der Beiträge für ihre bei der A.
Lebensversicherung AG abgeschlossene Fondsgebundene Lebensversicherung und für
ihren bei der Bank M. abgeschlossenen Wertpapier-Sparvertrag für den Zeitraum vom
1.10.2005 bis zum 31.12.2006 in Höhe von monatlich 97,50 EUR und für den Zeitraum
ab dem 1.1.2007 bis zum 31.5.2007 in Höhe von monatlich 99,50 EUR zu erstatten. In
den Entscheidungsgründen heißt es, der Erstattungsanspruch der Klägerin ergebe sich dem
Grunde nach aus § 39 Abs. 4 Satz 2 SGB VIII und beziehe sich auf beide von der Klägerin
abgeschlossenen Alterssicherungsverträge. Sowohl die Fondsgebundene
Lebensversicherung als auch der Wertpapier-Sparvertrag stellten sich als „angemessene“
Alterssicherung im Sinne des § 39 Abs. 4 Satz 2 SGB VIII dar. Unter Berücksichtigung von
Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung des § 39 Abs. 4 Satz 2 SGB VIII, die Beiträge zu
einer angemessenen Alterssicherung hälftig zu erstatten, sei ein Vermögen zu einer
Alterssicherung im Ruhestand nur dann geeignet, wenn es jedenfalls beim Eintritt in den
Ruhestand (noch) vorhanden sei. Eine angemessene Alterssicherung stellten damit generell
solche Vertrags- und Anlageformen dar, die den strengen Kriterien des
Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetzes entsprächen, und bei denen ab Beginn der
Leistungsphase eine Garantiesumme für die Gewährung der Alterssicherung zur Verfügung
stehe. Eine Beschränkung auf solche Verträge, die eine Auszahlung auf Rentenbasis
vorsähen statt etwa eine Einmalzahlung, sei durch § 39 Abs. 4 Satz 2 SGB VIII dagegen
nicht gedeckt. Hinsichtlich der „fondsgebundenen“ Altersvorsorgeverträge der Klägerin, bei
denen die Besonderheit bestehe, dass im Unterschied etwa zu kapitalbildenden
Lebensversicherungen am Ende der Laufzeit keine „Garantiesumme“ vorhanden sei, sei zu
fordern, dass in der Leistungsphase voraussichtlich ein relevanter Beitrag zu den
Alterseinkünften der Pflegeperson zur Verfügung stehe. Danach seien Beiträge zu solchen
Anlageformen erstattungsfähig, die sich nach dem Standpunkt eines objektiven,
verständigen Dritten mit durchschnittlichen Kenntnissen über Anlageformen als
voraussichtlich zur Alterssicherung geeignet darstellten. Dass die von der Klägerin
gewählten Vertragsformen nach ihrer Struktur nicht zum Aufbau einer Alterssicherung
bestimmt seien, sei nicht erkennbar. Die entsprechenden Verträge investierten in Fonds, in
die auch im Rahmen von Riester-Verträgen Vermögen investiert werde. Es handele sich um
sichere Finanzprodukte, die keine unseriösen und hochriskanten Renditen versprächen und
selbst in der aktuellen Börsenkrise relativ stabil seien. Ungeachtet bestehender Bedenken
im Hinblick auf die spekulativen und risikobehafteten Elemente von Fonds-Anlagen im
Allgemeinen könne jedenfalls bei im Rahmen von sog. Riester-Verträgen gebräuchlichen
und anerkannten Fonds bei normalem Geschehensablauf auch ohne Garantiesumme
davon ausgegangen werden, dass aus diesen bei Beginn der Leistungsphase ein relevanter
Beitrag zur Alterssicherung erbracht werden könne. Überdies seien die von der Klägerin
gewählten Fonds auch VL-fähig, d.h. hierfür werde gegebenenfalls eine staatliche
Sparzulage gewährt. Die Erstattungsfähigkeit der in Rede stehenden Fondsverträge stelle
eine Gleichbehandlung mit der bei Arbeitnehmern geförderten Riesterrente her, was Sinn
und Zweck der Regelung des § 39 SGB VIII entspreche. Dies gelte erst recht für sog.
Altverträge, die bereits vor Inkrafttreten der gesetzlichen Regelung abgeschlossen worden
seien. Es erscheine nicht sachgerecht, faktisch den Abschluss eines zusätzlichen
Altersvorsorgevertrages mit einem zusätzlichen hälftigen Eigenanteil an den
Beitragsleistungen zur Fördervoraussetzung zu machen. Da die Alterssicherung der
Klägerin frühestens ab der Vollendung des 60. Lebensjahres und damit erst zum Eintritt in
den Ruhestand wirksam werde, seien die entsprechenden Alterssicherungsverträge
grundsätzlich sowie nach ihrer Struktur und ihrem Charakter zur Altersvorsorge geeignet.
Der Erstattungsanspruch der Klägerin sei auch nicht auf eines ihrer beiden Pflegekinder
beschränkt. Da die laufenden Leistungen zum notwendigen Unterhalt nach § 39 SGB VIII
grundsätzlich kindbezogen gewährt würden, entstehe der Erstattungsanspruch je
Pflegekind jeweils in vollem Umfang. Der Höhe nach sei der Erstattungsanspruch im Hinblick
auf das Kriterium der „Angemessenheit“ grundsätzlich auf den hälftigen Anteil des
Mindestbeitrags zur gesetzlichen Rentenversicherung zu begrenzen. Da dieser in den
Jahren 2005 und 2006 78,-- EUR und im Jahr 2007 79,60 EUR betragen habe, ergebe sich
daraus im Regelfall ein monatlicher Erstattungsbetrag von 39,-- EUR bzw. 39,80 EUR. Für
das Pflegekind V. werde wegen eines anerkannten besonderen Erziehungsbedarfs
allerdings ein erhöhtes Pflegegeld gewährt. Dies lasse es ausnahmsweise als gerechtfertigt
und angemessen erscheinen, den für dieses Pflegekind anfallenden monatlichen
Erstattungsbetrag mit dem Faktor 1,5 zu multiplizieren, woraus sich ein Betrag von 58,50
EUR bzw. 59,70 EUR ergebe. Zusammen mit dem monatlichen Erstattungsbetrag für das
Pflegekind N. errechne sich daraus für die Klägerin ein monatlicher Erstattungsbetrag von
97,50 EUR bzw. 99,50 EUR.
Das Urteil, in dem die Berufung zugelassen wurde, ist dem Beklagten am 6.4.2009
zugestellt worden. In seiner am 27.4.2009 eingelegten und am 29.5.2009 begründeten
Berufung bekräftigt der Beklagte seine Auffassung, die Klägerin habe keinen Anspruch auf
Übernahme von Aufwendungen für ihre Fondsgebundene Lebensversicherung sowie ihren
Wertpapier-Sparvertrag im Rahmen des § 39 Abs. 4 Satz 2 SGB VIII. Das
Verwaltungsgericht habe den Begriff der angemessenen Alterssicherung verkannt. Eine
angemessene Alterssicherung stellten nur solche Anlageformen dar, bei denen die
angelegten Gelder zum Zeitpunkt des Renteneintritts der Pflegeperson tatsächlich noch zur
Verfügung stünden. Nur in diesem Fall könne eine gewisse Sicherung des
Lebensunterhaltes im Alter erreicht werden. Als Orientierung dienten die Kriterien zur
Zertifizierung von Altersvorsorgeverträgen. Allen Anlagen, die diese Kriterien erfüllten, sei
gemeinsam, dass der Anleger zumindest seine Einlagen bei Vertragsende garantiert
zurückerhalte. Keine der von der Klägerin gewählten Anlagen beinhalte eine solche
Garantie. Die Fondsgebundene Lebensversicherung enthalte in ihren Vertragsbedingungen
den ausdrücklichen Hinweis darauf, dass eine garantierte Versicherungsleistung am Ende
der Vertragslaufzeit nicht gegeben sei. Eine Garantie bestehe nur für die vereinbarte
Todesfallsumme. Entscheidend für die Auszahlung beim Ablauf der Versicherung sei der
Wert der jeweiligen Fondsanteile zum Einlösungsstichtag. Dieser könne gegen Null
tendieren. Entsprechend verhalte es sich hinsichtlich des Wertpapier-Sparvertrages der
Klägerin, bei dem mit den Sparbeiträgen Fondsanteile ohne Garantie der Einlagen
erworben würden. Derartige Anlagen würden von Personen gewählt, die bereit seien, für
eine überdurchschnittliche Rendite ein erhöhtes Risiko einzugehen. Es gehe der Klägerin
nicht um Alterssicherung, sondern um Vermögensbildung mit spekulativen Anlagen. Bei
seinem Hinweis, dass in die von der Klägerin gewählten Fonds auch Riester-
Fondsgesellschaften investierten, verkenne das Verwaltungsgericht, dass diese
Fondsgesellschaften während der Laufzeit der Verträge das Kapital umschichteten sowie
gegenüber ihren Kunden eine Kapitalgarantie abgegeben hätten. Die vom
Verwaltungsgericht vorgenommene Gleichstellung mit bei Arbeitnehmern geförderten
Riester-Verträgen liege daher neben der Sache. Für die Sicherheit der Anlage spiele die
Frage, ob eine Anlageform VL-fähig sei, keine Rolle. Ein Fondssparvertrag könne durchaus
VL-fähig sein, bei einem Börseneinbruch aber zum Totalverlust führen. Ziel der VL-
Förderung sei nicht die private Altersvorsorge, sondern die Vermögensbildung. Die
Pflegeperson bei ihrer Vermögensbildung zu unterstützen, sei aber nicht Sinn und Zweck
des § 39 Abs. 4 Satz 2 SGB VIII. Überdies stünde der Klägerin gemäß § 39 Abs. 4 Satz 2
SGB VIII allenfalls die Übernahme der hälftigen Beiträge zur Alterssicherung zu. Eine
Erhöhung des Anteils aufgrund der Gewährung eines erhöhten Pflegegeldes sei entgegen
der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht gerechtfertigt. Zwischen einem erhöhten
Erziehungsaufwand, der durch die Erhöhung der Kosten der Erziehung honoriert werde,
und einer angemessenen Alterssicherung bestehe kein Zusammenhang.
Der Beklagte beantragt,
unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts vom
20.3.2009 - 11 K 825/07 - die Klage insgesamt abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil unter Berufung auf ihre bisherigen Ausführungen.
Ergänzend macht sie geltend, sie habe sowohl die Fondsgebundene Lebensversicherung
als auch den Wertpapier-Sparvertrag bewusst zu ihrer Altersvorsorge abgeschlossen, da
sie nicht sozialversicherungspflichtig beschäftigt sei. Beide Anlageformen stellten eine
angemessene Alterssicherung im Sinne von § 39 Abs. 4 Satz 2 SGB VIII dar. Bei den Fonds,
in die die von ihr gewählten Anlageformen investierten, handele es sich um äußerst sichere
Finanzprodukte, die auch im Rahmen von Riester-Verträgen gebräuchlich seien. Dass die
Fondsgebundene Lebensversicherung ebenso wie der Wertpapier-Sparvertrag dem
Vermögensaufbau dienten, stehe ihrer Geeignetheit für eine angemessene Alterssicherung
nicht entgegen. Dies gelte ebenso für der gesetzlichen Rentenversicherung entsprechende
Formen der Alterssicherung, bei denen es durch Altersvorsorgebeiträge zur Erfüllung eines
Altersvorsorgevertrages im Sinne von § 1 Abs. 1 Altersvorsorgeverträge-
Zertifizierungsgesetz zu Kapitalanhäufungen komme, um daraus lebenslänglich eine
monatliche Leibrente oder eine Ratenzahlung aufgrund eines Auszahlungsplans zu erhalten.
Den von ihr gewählten Anlageformen könne nicht entgegengehalten werden, sie würden
keine Garantie dafür bieten, dass die angelegten Gelder im Rentenalter tatsächlich noch
zur Verfügung stünden. Da man sich heutzutage selbst der gesetzlichen Rente nicht mehr
sicher sein könne, sei ein Garantieversprechen für eine Alterssicherung utopisch. Eine
angemessene Alterssicherung setze auch nicht voraus, dass die entsprechenden
Ansprüche nicht beleihbar, nicht abtretbar und nicht kapitalisierbar seien. Nach § 2 Abs. 3
VersAusglG seien nunmehr auch die Anrechte der betrieblichen Altersversorgung oder nach
dem Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetz unabhängig von ihrer Leistungsform
auszugleichen, also auch soweit sie sich nicht auf eine Rente, sondern lediglich auf einen
Kapitalbetrag richteten. Davon abgesehen habe der Beklagte bei einer anderen
Pflegeperson eine Kapitallebensversicherung als angemessene Altersvorsorge anerkannt,
obwohl deren Versicherungssumme lange vor dem Rentenalter der betreffenden Person
ausgezahlt werde. Die Verfahrensweise des Beklagten bedeute eine willkürliche
Ungleichbehandlung und sei daher ermessensfehlerhaft. Sie stelle einen eklatanten Eingriff
in ihre allgemeine Handlungsfreiheit sowie eine rechtswidrige Einschränkung ihrer
Vertragsfreiheit dar.
Hinsichtlich der Höhe des Erstattungsanspruchs weist die Klägerin darauf hin, dass im
Normalfall zwar eine Erstattung in Höhe der Hälfte des Mindestbeitrages zur gesetzlichen
Alterssicherung von 39,-- EUR in den Jahren 2005 und 2006 bzw. von 39,80 EUR im Jahr
2007 als angemessen erscheine. Hinsichtlich ihres Pflegekindes V. sei jedoch zu
berücksichtigen, dass dessen Pflege eine langfristige heilpädagogische und
überdurchschnittliche erzieherische Einwirkung erfordere. Dies rechtfertige es, den
Regelerstattungsbetrag zumindest mit dem Faktor 1,5 zu multiplizieren.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird Bezug genommen auf den Inhalt
der Gerichtsakten sowie der beigezogenen Verwaltungsunterlagen des Beklagten (3
Bände), der Gegenstand der mündlichen Verhandlung war.
Entscheidungsgründe
Die Berufung des Beklagten ist zulässig, insbesondere ist sie innerhalb der Frist des § 124 a
Abs. 2 Satz 1 VwGO in einer den Anforderungen des § 124 a Abs. 3 Satz 4 VwGO
genügenden Weise begründet worden. Sie ist auf den stattgebenden Teil der Entscheidung
des Verwaltungsgerichts beschränkt. Soweit das Verwaltungsgericht die Klage hinsichtlich
des erstinstanzlich gestellten Klageantrages abgewiesen hat, ist das Urteil rechtskräftig
geworden.
Die Berufung ist auch begründet. Die Klage der Klägerin ist unter Abänderung des
erstinstanzlichen Urteils in vollem Umfang abzuweisen. Der Beklagte hat es zu Recht mit
Bescheid vom 24.10.2006 in Gestalt des aufgrund mündlicher Verhandlung vom
24.5.2007 ergangenen Widerspruchsbescheides abgelehnt, der Klägerin als
Personensorgeberechtigter für die beiden Pflegekinder V. und N. M. die von ihr
nachgewiesenen Aufwendungen für eine Fondsgebundene Lebensversicherung sowie einen
Wertpapier-Sparvertrag hälftig zu erstatten.
Die Klägerin hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf diese Leistung (§ 113 Abs. 5
Satz 1 VwGO). Nach der Vorschrift des § 39 Abs. 4 Satz 2 des Sozialgesetzbuches (SGB) -
Achtes Buch (VIII) - Kinder- und Jugendhilfe - (SGB VIII) in der seit 1.10.2005 geltenden
Fassung
vgl. Art. 1 Nr. 16 und Art. 4 Abs. 1 des Gesetzes zur
Weiterentwicklung der Kinder- und Jugendhilfe - KICK - vom 8.9.2005
(BGBl. I, 2729),
umfassen zwar die laufenden Leistungen, durch die gemäß § 39 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. Abs.
1 und 2 SGB VIII der gesamte regelmäßig wiederkehrende Bedarf für den Unterhalt des
Kindes oder Jugendlichen außerhalb des Elternhauses und die Kosten für den Sachaufwand
sowie ihre Pflege und Erziehung gedeckt werden sollen, neben der Erstattung
nachgewiesener Aufwendungen für Beiträge zu einer Unfallversicherung auch die hälftige
Erstattung nachgewiesener Aufwendungen zu einer angemessenen Alterssicherung der
Pflegeperson. Weder die von der Klägerin bei der A. Lebensversicherung AG unter dem
30.11.2004 abgeschlossene Fondsgebundene Lebensversicherung noch der von ihr am
12.1.2005 bei der Bank M. abgeschlossene Wertpapier-Sparvertrag stellt jedoch eine
„angemessene Alterssicherung“ im Sinne von § 39 Abs. 4 Satz 2 SBG VIII dar.
Bei dem Begriff der „angemessenen Alterssicherung“ handelt es sich um einen
unbestimmten Rechtsbegriff, dessen Auslegung und Anwendung durch den Träger
öffentlicher Jugendhilfe in vollem Umfang der verwaltungsgerichtlichen Nachprüfung
unterliegt
ebenso OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 7.8.2008 - 7 A 10142/08 -,
LKRZ 2008, 471; ferner Stähr in Hauck/Noftz, Kommentar zum SGB
VIII, Stand: Juni 2009, § 39 Rdnr. 20 d.
Die Angemessenheit der Alterssicherung bezieht sich dabei nicht nur auf die Höhe des
derzeit zu zahlenden Beitrages zur Alterssicherung bzw. auf den später zur Alterssicherung
zur Verfügung stehenden Betrag, sondern auch auf die Art der nachzuweisenden
Alterssicherung im Hinblick auf die die Alterssicherung garantierende Institution
vgl. dazu Fischer in Schellhorn/Fischer/Mann, Kommentar zum SGB
VIII, 3. Aufl. 2007, § 39 Rdnr. 22, sowie Wiesner, Kommentar zum
SGB VIII, 3. Aufl. 2006, § 39 Rdnr. 32 e.
Für die Bestimmung einer angemessenen Alterssicherung im Sinne von § 39 Abs. 4 Satz 2
SGB VIII und die Konkretisierung auf bestimmte, die Absicherung des Lebensunterhalts im
Alter bezweckende Anlageformen ist maßgeblich auf den Regelungszweck dieser Vorschrift
unter Beachtung der dem Kinder- und Jugendhilferecht insgesamt innewohnenden
Zielsetzungen abzustellen. Durch die hälftige Erstattung der Aufwendungen für eine
angemessene Absicherung der Pflegeperson im Alter soll ein Ausgleich dafür geschaffen
werden, dass die Pflegeperson auf eine (vollzeitige) Erwerbstätigkeit verzichtet, um das
Pflegekind bzw. die Pflegekinder zu betreuen, und deshalb keine oder wegen Teilzeit-
Erwerbstätigkeit reduzierte Rentenanwartschaften erwirbt. Die Erstattung dient damit
zwar auch als Anreiz im Sinne eines Nachteilsausgleichs für die Aufnahme eines
Pflegekindes bzw. der Erhaltung der Pflegebereitschaft der Pflegeperson
vgl. dazu das Gutachten des Deutschen Instituts für Jugendhilfe und
Familienrecht (DIJuF) im Auftrag des Deutschen Vereins für öffentliche
und private Fürsorge e.V. zur Erstattung nachgewiesener
Aufwendungen für Beiträge zu einer Unfallversicherung und zu einer
angemessenen Alterssicherung bei allgemeiner Familienpflege (§ 39
Abs. 4 Satz 2 SGB VIII) vom 18.1.2007, S. 28.
Vorrangig ist jedoch Sinn und Zweck der Regelung des § 39 Abs. 4 Satz 2 SGB VIII, zu
vermeiden, dass die Pflegeperson wegen der wahrgenommenen Betreuung und Erziehung
eines oder mehrerer Pflegekinder und der möglicherweise dadurch von ihr versäumten
Altersvorsorge im Alter Hilfe zum Lebensunterhalt in Anspruch nehmen muss. Davon ist
das Bundesverwaltungsgericht
vgl. u.a. Urteile vom 22.3.1990 - 5 C 40/86 -, BVerwGE 85, 102,
und vom 10.9.1992 - 5 C 25/88 -, FEVS 43, 313,
etwa bei der Bestimmung des Begriffs der „angemessenen Alterssicherung“, wie er in § 69
Abs. 3 Satz 2 BSHG a.F. verwendet worden ist, ausgegangen. Danach waren dem
Pflegebedürftigen zusätzlich zum Pflegegeld die Aufwendungen für die Beiträge einer
Pflegeperson oder einer besonderen Pflegekraft für eine angemessene Alterssicherung zu
erstatten, wenn diese nicht anderweitig sichergestellt war. Im Hinblick auf Sinn und Zweck
dieser Regelung, die sicherstellen sollte, dass die Pflegeperson, die wegen der von ihr
ausgeübten Pflegetätigkeit auf eine eigene Erwerbstätigkeit verzichtet, nicht einem Alter in
Abhängigkeit von der Sozialhilfe entgegensehen muss, hat das Bundesverwaltungsgericht
deshalb eine Altersversorgung als grundsätzlich angemessen angesehen, wenn zu
erwarten steht, dass die Pflegeperson Hilfe zum Lebensunterhalt nicht in Anspruch zu
nehmen braucht. Die zu § 69 Abs. 3 Satz 2 BSHG a.F. entwickelten Grundsätze sind auf
die Vorschrift des § 39 Abs. 4 Satz 2 SGB VIII insoweit übertragbar, als von einer
angemessenen Alterssicherung jedenfalls nur für den Fall ausgegangen werden kann, dass
die der Altersvorsorge dienende Anlageform dem Grunde nach geeignet ist, den
Lebensunterhalt der Pflegeperson im Alter abzusichern. Beide Bestimmungen haben
nämlich eine vergleichbare Zielrichtung, namentlich die Bereitschaft der Pflegeperson in
einem Fall zu erlangen bzw. zu erhalten, in dem diese vor der Frage steht, die Pflege und
Betreuung deshalb nicht (mehr) leisten zu können, weil sie sonst ihre eigene
Altersversorgung gefährden oder vernachlässigen würde. Durch die Erstattung von
Aufwendungen zur Alterssicherung soll der Pflegeperson diese Sorge genommen und damit
ihre Bereitschaft, Pflege und Betreuung (weiterhin) zu leisten, erhalten werden
so ausdrücklich zu § 69 Abs. 3 Satz 2 BSHG a.F. BVerwG, u.a.
Urteile vom 22.3.1990 - 5 C 40/86 -, a.a.O., und vom 10.9.1992 - 5
C 25/88 -, a.a.O.
Dies zugrundelegend kommen im Hinblick auf die gesetzlichen Wertungen in § 39 Abs. 4
Satz 2 SGB VIII als mögliche Vorsorgeformen einer angemessenen Alterssicherung neben
einer freiwilligen Versicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung insbesondere sog.
zertifizierte Altersvorsorgeverträge, d.h. vom Gesetzgeber als förderungswürdig
anerkannte Vorsorgearten wie etwa Banksparpläne, Aktienfondssparpläne, gefördertes
Wohneigentum sowie „Riester-Rente“ in Betracht
ebenso Stähr in Hauck/Noftz, Kommentar zum SGB VIII, a.a.O., § 39
Rdnr. 20 d; ferner Wiesner, Kommentar zum SGB VIII, a.a.O., § 39
Rdnr. 32 e, sowie Fischer in Schellhorn/Fischer/Mann, Kommentar
zum SGB VIII, a.a.O., § 39 Rdnr. 22.
Eine Beschränkung auf derartige Anlageformen ist allerdings von Sinn und Zweck der
Vorschrift des § 39 Abs. 4 Satz 2 SGB VIII nicht gefordert. Vielmehr steht der Pflegeperson
hinsichtlich der Form der Alterssicherung ein freies Wahlrecht zu, und können auch andere
Anlageformen, wie etwa der Abschluss eines privaten Rentenversicherungs- oder
Lebensversicherungsvertrages als angemessene Alterssicherung anzuerkennen sein.
Erforderlich für die Berücksichtigungsfähigkeit solcher privaten Formen der Alterssicherung
im Rahmen des § 39 Abs. 4 Satz 2 SGB VIII ist jedoch, dass die gewählte Anlageform
subjektiv zur Altersversorgung bestimmt ist und es dieser auch nicht von vornherein an der
objektiven Eignung zur Alterssicherung fehlt. Letzteres entspricht auch der Auffassung des
Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge e.V.
vgl. Ziff. 3.2 der „Weiterentwickelten Empfehlungen des Deutschen
Vereins für die Bemessung der monatlichen Pauschalbeträge in der
Vollzeitpflege (§§ 33, 39 SGB VIII)“ vom 26.9.2007, NDV 2007, S.
442,
der für die Erstattung von Aufwendungen zu einer angemessenen Alterssicherung die
Eignung der Anlageform für die Alterssicherung als erforderlich ansieht und als eine erste
Orientierung für die Anerkennung der Anlageform die Kriterien zur Zertifizierung von
Altersvorsorgeverträgen (§ 1 Abs. 1 und 2 Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetz -
AltZertG) empfiehlt
in diesem Sinne auch Ziff. 3 der Empfehlungen des Hessischen
Landkreistages zu den laufenden Geldleistungen in der
Kindertagespflege gemäß § 23 Abs. 2 SGB VIII sowie den Leistungen
zum Unterhalt des Kindes oder des Jugendlichen in der Vollzeitpflege
gemäß § 39 Abs. 4 SGB VIII (Aufwendungen für Beiträge zu einer
Unfallversicherung sowie einer Alterssicherung) vom
16.5.2006/22.6.2006, wonach entscheidend sei, dass die gewählte
Anlageform gewährleiste, den Lebensunterhalt der Pflegeperson im
Alter abzusichern.
Davon ausgehend kann unter Berücksichtigung des Alters der Klägerin zwar weder der von
ihr abgeschlossenen Fondsgebundenen Lebensversicherung noch dem Wertpapier-
Sparvertrag die subjektive Zweckbestimmung zur Alterssicherung abgesprochen werden.
Ausweislich § 1 Abs. 4 der Bedingungen der A. Lebensversicherung AG für die
Fondsgebundene Lebensversicherung kann die versicherte Person im Erlebensfall erst ab
Beginn der beitragsfreien flexiblen Leistungsphase, die nach Ablauf der
Beitragszahlungsdauer, frühestens jedoch nach 12 Versicherungsjahren (Aufbauphase)
beginnt, über das angesammelte Fondsvermögen verfügen. Danach ist die
Versicherungsleistung der von der am 20.5.1960 geborenen Klägerin unter dem
30.11.2004 abgeschlossenen Fondsgebundenen Lebensversicherung erst am 1.12.2025
fällig, mithin zu einem Zeitpunkt, nachdem diese ihr 65. Lebensjahr vollendet hat. Dies
macht deutlich, dass die Fondsgebundene Lebensversicherung tatsächlich der
Altersvorsorge der Klägerin dienen soll. Entsprechendes gilt für den von ihr am 12.1.2005
mit einer Laufzeit von 20 Jahren abgeschlossenen Wertpapier-Sparvertrag, dessen
Bestimmung zur Alterssicherung angesichts einer Fälligkeit der Spareinlagen von weniger
als fünf Monaten vor Vollendung des 65. Lebensjahres der Klägerin ebenfalls nicht in
Zweifel steht
vgl. dazu auch BSG, Urteil vom 25.5.2005 - B 11a/11 AL 51/04 R -,
NZS 2006, 381 zur Arbeitslosenhilfeverordnung 2002, wonach die
Zweckbestimmung vorhandener Verträge zur Altersvorsorge in der
Regel anzunehmen ist, wenn die Fälligkeit der Versicherungen nach
Vollendung des 60. Lebensjahres gegeben ist.
Ungeachtet ihrer subjektiven Zweckbestimmung fehlt es indes sowohl der
Fondsgebundenen Lebensversicherung als auch dem Wertpapier-Sparvertrag der Klägerin
an der objektiven Eignung zum Aufbau einer angemessenen Alterssicherung.
Dabei kann vorliegend dahingestellt bleiben, ob entsprechend der Auffassung des Beklagten
die Fondsgebundene Lebensversicherung der Klägerin und ihr Wertpapier-Sparvertrag
schon deshalb nicht als angemessene Alterssicherung im Sinne von § 39 Abs. 4 Satz 2
SGB VIII anzusehen sind, weil durch beide Verträge kein Anspruch auf Erbringung einer
rentengleichen Dauerleistung zur Absicherung im Alter begründet wird, sondern sowohl bei
der Fondsgebundenen Lebensversicherung über das angesammelte Fondsvermögen nach
Ablauf der Beitragszahlungsdauer und Beginn der beitragsfreien flexiblen Leistungsphase
als auch über die angesparten Fondsanteile bei dem Wertpapier-Sparvertrag nach
Vertragsende ohne jede Zweckbindung von der Klägerin frei verfügt werden kann
vgl. dazu etwa OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 7.8.2008 - 7 A
10142/08 -, a.a.O., wonach eine Kapitallebensversicherung als
„angemessene Alterssicherung“ im Sinne von § 39 Abs. 4 Satz 2
SGB VIII nicht von vornherein und ausnahmslos deshalb ausscheidet,
weil die Versicherungssumme nach ihrer Fälligkeit verwertet werden
kann; zur Frage der objektiven Geeignetheit von Sparformen zur
Alterssicherung im Rahmen des § 88 Abs. 3 Satz 1 BSHG a.F., die
dem Berechtigten ein frei verfügbares, rechtlich keinen inhaltlichen
Bindungen unterworfenes Kapital gewährleisten, siehe ferner
BVerwG, Urteil vom 13.2.2004 - 5 C 3/03 -, BVerwGE 121, 34.
Denn auch ohne Rücksicht hierauf ist ein solches zur Altersvorsorge bestimmtes Kapital zu
einer Absicherung der Versorgung im Alter objektiv nur geeignet, wenn es jedenfalls bei
Eintritt in den Ruhestand noch vorhanden ist. Dies setzt zum einen voraus, dass das im
Alter zur Verfügung stehende Vorsorgekapital der Höhe nach zumindest den
aufgewendeten und öffentlich geförderten Altersvorsorgebeiträgen entspricht. Zum
anderen muss gewährleistet sein, dass das Vorsorgekapital nicht schon vor Eintritt in den
Ruhestand anderweitig verwertet werden kann. Nur durch einen solchen
Verwertungsausschluss wird sichergestellt, dass das angesparte bzw. noch anzusparende
Vermögen der Pflegeperson im Alter tatsächlich zur Verfügung steht und nicht jederzeit zu
anderen Zwecken, etwa zur Deckung eines auftretenden Bedarfs der Pflegeperson,
herangezogen werden kann
vgl. dazu auch die Regelung in § 12 Abs. 2 Nr. 3 SGB II, wonach von
dem vor einer Inanspruchnahme von Leistungen der Grundsicherung
für Arbeitssuchende zu verwertenden Vermögen „geldwerte
Ansprüche“, mithin auch Ansprüche aus Fondsgebundenen
Lebensversicherungen und Wertpapier-Sparverträgen, abzusetzen
sind, „die der Altersvorsorge dienen, soweit der Inhaber sie vor dem
Eintritt in den Ruhestand aufgrund einer vertraglichen Vereinbarung
nicht verwerten kann“ und soweit deren Wert eine bestimmte
einzelfallabhängige Höhe nicht übersteigt.
Gemessen daran ist nicht zu beanstanden, dass der Beklagte unter Zugrundelegung der
„Weiterentwickelten Empfehlungen des Deutschen Vereins für öffentliche und private
Fürsorge e.V. für die Bemessung der monatlichen Pauschalbeträge in der Vollzeitpflege (§§
33, 39 SGB VIII)“ vom 26.9.2007 für die Beurteilung der Eignung der von einer
Pflegeperson privat abgeschlossenen Anlageform zur Alterssicherung die Kriterien für die
Zertifizierung von Altersvorsorgeverträgen gemäß § 1 Abs. 1 und Abs. 2 AltZertG
heranzieht. Sogenannten zertifizierten Altersvorsorgeverträgen ist nämlich der für eine im
Sinne von § 39 Abs. 4 Satz 2 SGB VIII angemessene Absicherung im Alter zu fordernde
Verwertungsausschluss immanent. § 1 Abs. 1 Nr. 2, 1. Halbsatz AltZertG verlangt
insoweit, dass die im Rahmen eines Altersvorsorgevertrages vereinbarte Altersversorgung
nicht vor Vollendung des 60. Lebensjahres oder einer vor Vollendung des 60. Lebensjahres
beginnenden Leistung aus einem gesetzlichen Alterssicherungssystem des
Vertragspartners (Beginn der Auszahlungsphase) gezahlt werden darf. Zudem beinhaltet
ein zertifizierter Altersvorsorgevertrag gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 3, 1. Halbsatz AltZertG die
Zusage, dass zu Beginn der Auszahlungsphase zumindest die eingezahlten
Altersvorsorgebeiträge für die Auszahlungsphase zur Verfügung stehen. Beiden
Erfordernissen werden die von der Klägerin gewählten Anlageformen indes nicht gerecht.
Bei der Fondsgebundenen Lebensversicherung der Klägerin handelt es sich um eine
Kapitalversicherung, die mit der A. Lebensversicherung AG auf den Todes- oder Erlebensfall
der versicherten Person abgeschlossen worden ist. Von einer herkömmlichen
Kapitallebensversicherung unterscheidet sie sich dadurch, dass überwiegend in
Wertpapiere, beispielsweise in Aktien- oder Investmentfonds angelegt wird. Da die
Entwicklung dieser Werte, worauf in Ziff. 1 der Besonderen Bedingungen der A.
Lebensversicherung AG für Fondsgebundene Lebensversicherungen ausdrücklich
hingewiesen wird, nicht vorauszusehen ist, kann eine bestimmte Versicherungsleistung -
außer im Todesfall - nicht garantiert werden. Bei der Fondsgebundenen
Lebensversicherung besteht daher im Falle eines Kursrückgangs oder -einbruchs das Risiko
der Wertminderung bzw. des gänzlichen Verlusts des „angesparten“ Vorsorgekapitals.
Daran ändert auch der bloße Hinweis der Klägerin darauf nichts, dass ihr durch § 20 Abs. 1
der Bedingungen der A. Lebensversicherung AG für die Fondsgebundene
Lebensversicherung die Möglichkeit eingeräumt wird, ihre Fondsgebundene
Lebensversicherung unter bestimmten Voraussetzungen in eine kapitalbildende
Lebensversicherung umzuwandeln. Solange die Klägerin von einem etwaigen
Umwandlungsrecht keinen Gebrauch gemacht hat, hängt die Versicherungsleistung
ausschließlich vom Wert der angesparten Fondsanteile zum Zeitpunkt des Ablaufs der
vereinbarten Versicherungsdauer ab.
Ebenso verhält es sich bei dem von der Klägerin bei der Bank M. abgeschlossenen
Wertpapier-Sparvertrag. Da die entsprechenden Sparbeiträge der Klägerin in Fondsanteile
angelegt werden, unterliegt auch hier der Kapitalertrag der Wertentwicklung der
angesparten Fondsanteile, so dass am Ende der Vertragslaufzeit keine garantierte
Versicherungsleistung und damit im Ergebnis keine hinreichend sichere Altersversorgung
besteht.
Darüber hinaus beinhalten ersichtlich weder die Fondsgebundene Lebensversicherung der
Klägerin noch der von ihr abgeschlossene Wertpapier-Sparvertrag eine
Verfügungsbeschränkung, die es ausschließen würde, dass die Klägerin vor Eintritt in den
Ruhestand über das angesparte Vorsorgekapital frei verfügen kann. Geeignet hierfür wäre
hinsichtlich der Fondsgebundenen Lebensversicherung etwa ein Verwertungsausschluss im
Sinne des § 168 Abs. 3 Satz 1 1. Halbsatz des Versicherungsvertragesgesetzes - VVG - ,
der auch bei einer Kündigung der Versicherung zu einem Verwertungsverbot dergestalt
führt, dass das angesparte Altersvorsorgevermögen vor dem Erreichen des Ruhestandes
weder ausgezahlt, beliehen, verpfändet oder sonst wie genutzt werden kann. Einen
solchen Verwertungsausschluss enthält die vorgelegte Versicherungsbescheinigung indes
nicht und die Klägerin hat bislang auch nicht von der gemäß § 167 Satz 1 VVG
grundsätzlich bestehenden Möglichkeit Gebrauch gemacht, von der A. Lebensversicherung
AG als ihrem Versicherer die Umwandlung der Fondsgebundenen Lebensversicherung in
eine für die Altersversorgung zweckgebundene Versicherung zu verlangen. Ohne
Vereinbarung eines Verwertungsausschlusses bzw. Umwandlung in eine für die
Altersversorgung zweckgebundene Versicherung ist die Fondsgebundene
Lebensversicherung der Klägerin aber nach § 18 Abs. 1 der Bedingungen der A.
Lebensversicherung AG für die Fondsgebundene Lebensversicherung grundsätzlich
jederzeit kündbar. Vorbehaltlich der formalen Voraussetzungen für die Kündigung der
Fondsgebundenen Lebensversicherung ist deren Rückkaufswert für die Klägerin daher frei
verfügbar und könnte von ihr jederzeit zur Deckung eines anderweitig auftretenden Bedarfs
verwendet werden. Gleiches gilt in Bezug auf den von der Klägerin bei der Bank M.
abgeschlossenen Wertpapier-Sparvertrag, der ihren Angaben zufolge ungeachtet der
vereinbarten Laufzeit von 20 Jahren ebenfalls vorzeitig gekündigt werden kann. All dies
schließt es aus, die von der Klägerin auf ihre Fondsgebundene Lebensversicherung bzw.
ihren Wertpapier-Sparvertrag geleisteten und auch weiterhin zu leistenden Beiträge als
Aufwendungen zu einer „angemessenen Alterssicherung“ im Sinne von § 39 Abs. 4 Satz 2
SGB VIII anzusehen.
Der Einwand der Klägerin, dass es sich bei den der Fondsgebundenen Lebensversicherung
sowie dem Wertpapier-Sparvertrag zugrunde liegenden Fonds um äußerst sichere
Finanzprodukte handele, in die auch im Rahmen von „Riester-Verträgen“ investiert würde,
vermag an der Beurteilung der fehlenden Eignung ihrer beiden Altersvorsorgeverträge zur
Alterssicherung nichts zu ändern. Die sog. „Riester-Rentenverträge“ sind grundsätzlich
nach dem Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetz zertifiziert und ihre
Zweckbestimmung zur Altersvorsorge wird öffentlich-rechtlich überwacht. Damit sind die
von der Klägerin gewählten Anlageformen schon deshalb nicht vergleichbar, weil sie im
Gegensatz zu zertifizierten Altersvorsorgeverträgen weder gewährleisten, dass bei Eintritt
in den Ruhestand zumindest die eingezahlten Altersvorsorgebeiträge zur Verfügung stehen,
noch einen vorzeitigen Zugriff auf das Altersvorsorgevermögen ausschließen.
Ebenso wenig greift der Hinweis der Klägerin darauf durch, dass die entsprechenden Fonds
VL-fähig seien. Vermögenswirksame Leistungen sind gemäß § 2 Abs. 1 des Fünften
Gesetzes zur Förderung der Vermögensbildung der Arbeitnehmer - 5. VermBG -
Geldleistungen, die der Arbeitgeber für den Arbeitnehmer in bestimmte Anlageformen
anlegt; nach Absatz 7 dieser Vorschrift sind sie arbeitsrechtlich Bestandteil des Lohns oder
Gehalts. Anders als die Erstattung von Aufwendungen zu einer angemessenen
Alterssicherung der Pflegeperson nach § 39 Abs. 4 Satz 2 SGB VIII, die die Sicherstellung
des Lebensunterhalts der Pflegeperson im Alter bezweckt, dienen vermögenswirksame
Leistungen ausschließlich der Schaffung von Vermögen des Arbeitnehmers, und zwar
unmittelbar aus Mitteln des Arbeitgebers. Bereits von daher ist es, wenngleich auch dieser
Zweck staatlich durch die Gewährung einer Arbeitnehmer-Sparzulage gemäß § 13 5.
VermBG gefördert wird, ohne rechtliche Relevanz, ob die Spar- bzw. Versicherungsbeiträge
der Klägerin zu ihren beiden Altersvorsorgeverträgen auch im Sinne des Fünften
Vermögensbildungsgesetzes vermögenswirksam angelegt werden könnten.
Ohne Relevanz ist ferner das von der Klägerin zitierte Urteil des Bundesgerichtshofs vom
11.5.2005
- XII ZR 211/02 -, FamRZ 2005, 1817.
Zwar hat der Bundesgerichtshof in dieser Entscheidung mit Rücksicht darauf, dass zum
Lebensbedarf gemäß § 1578 Abs. 3 BGB auch die Kosten einer angemessenen
Versicherung für den Fall des Alters gehören, die Auffassung vertreten, dass keine
rechtlichen Bedenken bestünden, Aufwendungen der zusätzlichen Altersvorsorge
unterhaltsrechtlich anzuerkennen und durch einen Abzug vom unterhaltsrelevanten
Einkommen zu berücksichtigen, und in diesem Zusammenhang hervorgehoben, dass es
grundsätzlich der eigenen Überlegung eines Ehegatten vorbehalten bleiben müsse, ob er
sich zum Zwecke der ergänzenden Altersvorsorge für die „Riester-Rente“ entscheide oder
ein nicht zertifiziertes Produkt wähle, das ihm besser geeignet scheine, obwohl es
steuerlich nicht privilegiert werde. Soweit der Bundesgerichtshof für die unterhaltsrechtliche
Berücksichtigungsfähigkeit von Leistungen für eine zusätzliche Altersversorgung danach
Aufwendungen für nicht nach dem Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetz zertifizierte
Altersvorsorgeverträge genügen lässt, liegt dies ausschließlich in dem besonderen
Verhältnis zwischen geschiedenen Ehegatten begründet. Im vorliegenden Zusammenhang
geht es jedoch nicht um die unterhaltsrechtliche Anerkennung von Aufwendungen der
zusätzlichen Altersvorsorge eines geschiedenen Ehegatten, sondern um die öffentliche
Förderung von Aufwendungen einer Pflegeperson zu deren Alterssicherung im Rahmen des
§ 39 Abs. 4 Satz 2 SGB VIII. Darauf kann die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur
Bemessung des Lebensbedarfs des geschiedenen Ehegatten nach § 1578 Abs. 3 BGB
mangels Vergleichbarkeit beider Vorschriften nicht übertragen werden.
Der Hinweis der Klägerin auf die Vorschrift des § 2 Abs. 2 Nr. 3 des
Versorgungsausgleichsgesetzes – VersAusglG – verfängt ebenfalls nicht. Welche Relevanz
dem Umstand, dass nach dieser Bestimmung ein Anrecht im Sinne des
Betriebsrentengesetzes oder des Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetzes
unabhängig von der Leistungsform auszugleichen ist, fallbezogen zukommen soll, erschließt
sich dem Senat nicht.
Ohne Erfolg beruft sich die Klägerin im Weiteren auf eine willkürliche Ungleichbehandlung
mit einer Pflegeperson, in deren Fall der Beklagte Aufwendungen zu einer
Kapitallebensversicherung als angemessene Alterssicherung im Sinne von § 39 Abs. 4 Satz
2 SGB VIII anerkannt hat, obwohl die Versicherungssumme in fünf Teilbeträgen noch vor
Erreichen des Rentenalters der betreffenden Pflegeperson fällig wird. Daraus kann nämlich
nicht abgeleitet werden, dass die Aufwendungen der Klägerin zu der von ihr
abgeschlossenen Fondsgebundenen Lebensversicherung sowie ihrem Wertpapier-
Sparvertrag unter Gleichbehandlungsgesichtspunkten den anerkannten Aufwendungen der
betreffenden Pflegeperson zu ihrer Kapitallebensversicherung gleichgesetzt werden
müssten. Aus dem Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 Abs. 1 GG kann grundsätzlich kein
subjektiver Anspruch auf Erstattung von Aufwendungen für eine nicht im Sinne von § 39
Abs. 4 Satz 2 SGB VIII angemessene Alterssicherung hergeleitet werden. Davon abgesehen
hat der Beklagte unwidersprochen vorgetragen, dass es sich bei dem von der Klägerin
aufgezeigten Fall um einen der ersten Anträge einer Pflegeperson hinsichtlich der
Erstattung von Altersvorsorgebeiträgen gehandelt habe, bei dessen Stattgabe noch keine
Empfehlungen des Landesjugendamtes zur Frage der Angemessenheit der Altersvorsorge
vorgelegen hätten; nach dem Vorliegen entsprechender Hinweise zur Geeignetheit von
Altersvorsorgeverträgen sei ab September 2006 in Absprache mit den anderen
saarländischen Jugendämtern in allen Fällen entsprechend diesen Vorgaben verfahren
worden. Der Gleichbehandlungsgrundsatz vermag aber unter rechtsstaatlichen Aspekten
grundsätzlich keine Verpflichtung einer Behörde zu rechtswidrigem Handeln, insbesondere
nicht eine solche zur Wiederholung früherer Fehler in der Behandlung vergleichbarer Fälle
zu begründen.
Gleichermaßen scheidet eine Verletzung des durch Art. 2 Abs. 1 GG gewährleisteten
Grundrechts der allgemeinen Handlungsfreiheit wie auch der Vertragsfreiheit der Klägerin
aus. Die Klägerin ist nicht gezwungen, einen den Anforderungen an eine angemessene
Alterssicherung im Sinne von § 39 Abs. 4 Satz 2 SGB VIII genügenden
Altersvorsorgevertrag abzuschließen. Sie kann die ihr am besten geeignet erscheinende
Anlageform vielmehr frei wählen; eine öffentliche Förderung durch Erstattung ihrer
Aufwendungen zu entsprechenden Altersvorsorgeverträgen nach § 39 Abs. 4 Satz 2 SGB
VIII erhält die Klägerin gleichwohl nur für den Fall, dass durch die von ihr abgeschlossenen
Altersvorsorgeverträge eine hinreichende Absicherung im Alter erreicht wird.
Stellen nach alledem die Beiträge der Klägerin zu der von ihr abgeschlossenen
Fondsgebundenen Lebensversicherung sowie ihrem Wertpapier-Sparvertrag keine
Aufwendungen zu einer angemessenen Alterssicherung im Sinne von § 39 Abs. 4 Satz 2
SGB VIII dar, erweisen sich die eine hälftige Erstattung dieser Aufwendungen ablehnenden
Bescheide des Beklagten als rechtmäßig. Auf die Berufung des Beklagten ist die Klage
daher unter entsprechender Abänderung des angefochtenen Urteils des
Verwaltungsgerichts in vollem Umfang abzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO; Gerichtskosten werden gemäß §
188 Satz 2 VwGO nicht erhoben.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 167 VwGO, 708
Nr. 10 ZPO.
Die Revision ist gemäß § 132 Abs. 2 VwGO zuzulassen, da der Rechtssache grundsätzliche
Bedeutung hinsichtlich der Frage zukommt, ob eine Fondsgebundene Lebensversicherung
oder ein Wertpapier-Sparvertrag eine angemessene Alterssicherung im Sinne von § 39
Abs. 4 Satz 2 SGB VIII darstellen, sofern diese weder eine garantierte Leistung nach
Vertragsablauf noch einen Verwertungsausschluss vor Beginn des Ruhestandes enthalten.