Urteil des OVG Saarland vom 19.01.2011

OVG Saarlouis: satzung, eingriff, leistungsfähigkeit, anwärter, konsolidierung, mitgliederversammlung, bemessungsgrundlage, altersrente, zahl, zukunft

OVG Saarlouis Urteil vom 19.1.2011, 3 A 414/09
Zur verfassungsrechtlichen Zulässigkeit eines Eingriffs in den Zahlbetrag von
Bestandsrenten aufgrund der Satzungsänderung eines berufsständischen
Versorgungswerks
Leitsätze
1. Der eigentumsrechtliche Schutz von Ansprüchen aus dem Bereich des
berufsständischen Versorgungsrechts nach Art. 14 Abs. 1 GG setzt - wie bei den
vergleichbaren Rechtspositionen aus der gesetzlichen Rentenversicherung - voraus, dass es
sich um vermögenswerte Rechtspositionen handelt, die nach Art eines
Ausschließlichkeitsrechts dem Rechtsträger als privatnützig zugeordnet sind, auf nicht
unerheblichen Eigenleistungen beruhen und seiner Existenzsicherung dienen.
2. Auch bei der Bestimmung von Inhalt und Schranken eigentumsrechtlich geschützter
Rechtspositionen, die im Rahmen eines berufsständischen Versorgungssystems erworben
wurden, kommt dem Normgeber grundsätzlich eine weite Gestaltungsfreiheit zu. Dies gilt
insbesondere, soweit er Regelungen trifft, die dazu dienen, die Funktionsfähigkeit und
Leistungsfähigkeit des betroffenen Versorgungssystems im Interesse aller zu erhalten, zu
verbessern oder veränderten wirtschaftlichen Bedingungen anzupassen.
3. Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG umfasst grundsätzlich auch die Befugnis, Rentenansprüche
und Rentenanwartschaften zu beschränken, sofern dies einem Zweck des Gemeinwohls
dient und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entspricht.
Dies gilt auch für eigentumsrechtlich geschützte Rechtspositionen, die im Rahmen der
berufsständischen Versorgung erworben wurden. Deren Schutz ist nicht geringer
ausgeprägt als der Schutz vergleichbarer Rechtspositionen im System der gesetzlichen
Rentenversicherung.
4. Die zu Lasten der Bestandsrentner des beklagten Versorgungswerks in der
Satzungsänderung 2007 erfolgten Neuregelungen, die unter Verzicht auf jegliche
Übergangsregelung eine Kürzung des Zahlbetrages der bereits entstandenen
Versorgungsansprüche um mehr als 9% herbeigeführt haben, sind in ihrer konkreten
Ausgestaltung nicht mit den Anforderungen des Art. 14 Abs. 1 GG vereinbar.
Zwar spricht einiges dafür, dass mit der maßgeblichen Satzungsänderung ein Zweck des
Gemeinwohls verfolgt wurde, nämlich die Konsolidierung der finanziellen Grundlagen des
Versorgungssystems. Jedoch genügen sie nicht dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.
5. Die Eignung der in der Satzungsänderung 2007 getroffenen Regelungen als Beitrag zur
nachhaltigen Konsolidierung der finanziellen Grundlagen des Versorgungssystems des
Beklagten ist allenfalls eingeschränkt gegeben, da sie lediglich zu einer kurz- bzw.
mittelfristigen Entlastung des Gesamtvolumens der Deckungsrückstellungen führen, nicht
aber die maßgeblichen Einflussfaktoren der künftig zu erwartenden negativen Entwicklung
(strukturelles Problem des Leistungsprimats) beeinflussen.
6. Auch bei unterstelltem Ausreichen einer nur eingeschränkten Eignung kann die im
Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung zu stellende Frage der Erforderlichkeit des
streitigen Eingriffs in die Bestandsrenten nicht bejaht werden.
Der Beklagte hat bei der Bemessung des auf die Bestandsrentner entfallenden Eingriffs -
weder im Vorhinein noch im Nachhinein - nachvollziehbar überprüft und dargelegt, ob eine
Zurückführung der Deckungslücke gerade auf den gewählten Stand (31.12.1999)
erforderlich gewesen ist. Auch ist nicht belegt, dass die Zurückführung der Deckungslücke
auf diesen Stand im Jahre 2007 übergangslos erforderlich war.
7. Der Eingriff in die Ansprüche der Bestandsrentner erweist sich auch nicht als
verhältnismäßig im engeren Sinne. Dem massiven Soforteingriff in bereits entstandene
Versorgungsansprüche steht eine nur teilweise Geeignetheit und eine nicht belegte
Erforderlichkeit gegenüber. Er steht auch nicht in einem angemessenen Verhältnis zu dem
damit erreichbaren Ziel einer im wesentlichen nur temporär wirksamen Entlastung der
Finanzgrundlagen des beklagten Versorgungswerks.
8. Zudem widerspricht der durch die Satzungsänderung 2007 erfolgte Eingriff zu Lasten
der Bestandsrentner dem verfassungsrechtlichen Grundsatz des Vertrauensschutzes.
Bei einer Neuregelung von Anwartschaften und bereits entstandenen
Versorgungsansprüchen zum Nachteil der Versicherten ist eine unterschiedliche
Ausprägung des Vertrauensschutzes im Verhältnis zwischen den Inhabern von
Versorgungsanwartschaften und den Inhabern von Versorgungsansprüchen
(Bestandsrentnern) gegeben und vom Normgeber zu beachten, da mit dem Eintritt des
Versorgungsfalles eine für den Eigentumsschutz bedeutsame Änderung der Rechtslage
verbunden ist. Bei Missachtung der erhöhten Schutzbedürftigkeit der Bestandsrentner
überschreitet der Normgeber die Grenzen seines - grundsätzlich weiten - normgeberischen
Gestaltungsermessens.
9. Die Frage, ob der Eingriff des beklagten Versorgungswerks in die Bestandsrenten, der
auf Dauer zu einer Reduzierung des Zahlbetrags der Rente um über 9% der
satzungsrechtlich zugesagten Versorgung führt, mit dem Grundsatz des
Vertrauensschutzes vereinbar ist, kann nur bejaht werden, wenn die Erschütterung der
Finanzierungsgrundlagen des Versorgungssystems so nachhaltig ist, dass eine
dementsprechende Beteiligung der Bestandsrentner am Gesamtvolumen des
Sanierungsbedarfs sich als unausweichlich erweist. Ob dies vorliegend der Fall war, bleibt
offen. Denn unabhängig davon stellt der Verzicht auf jegliche Übergangsregelung eine
Verletzung des verfassungsrechtlich verankerten Grundsatzes des Vertrauensschutzes dar.
10. Die Ausgestaltung einer solchen Übergangsregelung im Einzelnen steht im Ermessen
des Normgebers, jedoch haben die Schutzwürdigkeit der betroffenen eigentumsrechtlichen
Position und das Gewicht der entgegenstehenden Interessen des Normgebers
wesentlichen Einfluss auf die zulässigen Grenzen des normgeberischen Ermessens.
Diese Grenzen hat der Beklagte hier überschritten. Selbst bei Absenkung nicht durch Art.
14 GG geschützter bloßer Versorgungsanwartschaften aus rechtlichen Regelungen, deren
Vertrauensschutzniveau erheblich geringer anzusetzen ist als dasjenige der hier
betroffenen Bestandsrenten, muss der Normgeber eine Regelung treffen, die es den
Betroffenen zumindest ermöglicht, sich auf die neue Rechtslage in angemessener Zeit
einzustellen. Eine Übergangszeit muss zumindest so bemessen sein, dass die Berechtigten
in der Lage sind, ihre Lebensführung darauf einzustellen, dass ihnen auf Dauer eine deutlich
niedrigere Rente zusteht. Dies ist hier nicht der Fall.
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom
05. Juni 2009 – 1 K 1877/07 - wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Beklagte.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit der zum 1.8.2007 vorgenommenen
Kürzung der dem Kläger gewährten Altersrente.
Der Kläger war Notar und vom 1.6.1971 bis 31.1.2000 Mitglied des Beklagten bzw.
dessen Rechtsvorgängers. Seit dem 1.2.2000 befindet er sich in Ruhestand und bezieht
seitdem Altersrente von dem Beklagten.
Der Beklagte ist das durch Landesgesetz Nr. 1276 über das A. vom 5.6.1991, Amtsbl. des
Saarlandes S. 866 (nachfolgend: NKVersWG) für die Versorgung der im Saarland bestellten
Notare und Notarinnen sowie der im Dienstverhältnis zum Saarland stehenden
Notarassessoren und Notarassessorinnen zum 1.1.1992 errichtete, rechtlich selbständige
Versorgungswerk.
Der Kläger leistete als Pflichtmitglied des Beklagten bzw. dessen Rechtsvorgängers
während seiner aktiven Tätigkeit als Notar vom 1.6.1971 bis 31.1.2000 Beiträge zu seiner
Altersversorgung. Die von ihm aus eigenen Mitteln geleisteten Beiträge berechneten sich in
der Zeit von 1971 bis 1991 nach der Bezugsgröße der Besoldungsgruppe A 14 BBesG,
was während dieser Zeitspanne zugleich der Bemessungsgrundlage der zu gewährenden
Leistungen entsprach. Ab 1992 leistete er Beiträge orientiert an der Bemessungsgrundlage
des § 27 der Satzung des Versorgungswerks vom 28.9.1991 (Amtsbl. des Saarlandes S.
1275, nachfolgend: Satzung 1992), d. h. an der Besoldungsgruppe A 13 BBesG.
Bemessungsgrundlage für die vom Versorgungswerk gewährten Leistungen war bis zu der
im Jahre 2007 erfolgten Satzungsänderung nach § 27 Satzung 1992 das höchste
Ruhegehalt eines Berechtigten der Besoldungsgruppe A 13 nach dem BBesG. Gemäß § 29
der Satzung 1992 betrug für Notare, die bereits vor dem 1.1.1972 zu Notaren bestellt
waren oder im Anwärterdienst für das Amt des Notars standen, die Altersrente einheitlich
100% der Bemessungsgrundlage. Für Notare und Notare a.D., die am 31.3.1990 bereits
die Altersgrenze überschritten hatten, betrug die Bemessungsgrundlage ihrer Altersrente
abweichend von § 27 der Satzung 1992 75% des Endgrundgehaltes der Besoldungsgruppe
A 14 und des Ortszuschlages der Tarifklasse 1 b Stufe 2 BBesG (§ 29 Abs. 1 Satz 2 der
Satzung 1992).
Das vom Beklagten zur Berechnung der Deckungsrückstellung zum Stichtag 31.12.2004 in
Auftrag gegebene versicherungsmathematische Gutachten vom 11.8.2005 wies zum
Stichtag einen versicherungstechnischen Ausgleichsbetrag (Deckungslücke) in Höhe von
4.620.292,68 Euro aus. In dem Gutachten ist ausgeführt, die gesamten
Deckungsrückstellungen wiesen lediglich eine Bedeckung von 67,34% auf. Zudem habe
sich der zum 31.12.2004 bestehende Fehlbetrag in Höhe von 4,62 Millionen Euro
gegenüber dem Fehlbetrag zum 31.12.1999 in Höhe von 4,48 Millionen DM verdoppelt
und weise damit eine dramatische Verschlechterung der finanziellen Lage des
Versorgungswerkes aus. Die sehr niedrigen Bedeckungsgrade erforderten, dass
Maßnahmen ergriffen würden, die die langfristige Finanzierbarkeit der
Versorgungsleistungen wieder herstellten.
Zur Berechnung der Deckungsrückstellung zum Stand 31.12.2005 wurde ein weiteres
versicherungsmathematisches Gutachten in Auftrag gegeben und unter dem 4.12.2006
erstellt. Es wies zum Stichtag einen versicherungstechnischen Ausgleichsbetrag
(Deckungslücke) in Höhe von 4.104.836,36 Euro aus. Die zugleich beauftragte
versicherungsmathematische Beurteilung der vom Versorgungswerk geplanten
Änderungen der aktuellen Satzung (Anhebung der Beitragssätze, Absenkung der
Bemessungsgrundlage, entsprechende Verringerung der Altersrenten und Verringerung der
Hinterbliebenenrenten) kam zu dem Ergebnis, dass die geplanten Satzungsänderungen die
Finanzierbarkeit des Versorgungswerkes verbessern würden, da durch die Absenkung der
Bemessungsgrundlagen für die Leistungen und die Absenkung des Prozentsatzes für die
Witwenrente sowie die Anhebung der Beitragssätze die Deckungsrückstellung entlastet
werde. Ein entscheidender Nachteil des verwendeten versicherungsmathematischen
Systems bleibe aber bestehen, nämlich die vom Versorgungswerk nicht zu beeinflussende
identische Dynamisierung der Bemessungsgrundlagen für die Leistungen und für die
Beiträge.
Im Januar 2007 informierte der Beklagte die von den geplanten Satzungsänderungen
betroffenen Rentenbezieher darüber, dass wegen der finanziellen Lage des
Versorgungswerks beabsichtigt sei, u.a. die Bemessungsgrundlage der Altersrenten und
der Hinterbliebenenrenten von Besoldungsgruppe A 14 auf A 13 bzw. von A 13 auf A 12
abzusenken. Die Hinterbliebenenrente solle darüber hinaus nach Ablauf einer
Übergangsfrist von 6 Monaten von 60% auf 55% gekürzt werden.
Dem trat der Kläger mit Schreiben vom 20.2.2007 entgegen.
Unter dem Betreff „Änderung der Satzung des Versorgungswerks der Saarländischen
Notarkammer“ wandte sich der Beklagte im April 2007 erneut an „alle Rentenbezieher des
Versorgungswerks der Saarländischen Notarkammer“ und teilte ihnen mit, der
Verwaltungsrat habe nunmehr in Abstimmung mit der eingesetzten Kommission die zur
Umsetzung der weitreichenden Satzungsänderungen erforderliche Beschlussvorlage
ausgearbeitet. Es sei beabsichtigt, die geplanten Beschlüsse der im Mai stattfindenden
Mitgliederversammlung zur Abstimmung vorzulegen. Sofern sich die Betroffenen zu den
Änderungsvorschlägen äußern wollten, solle dies umgehend erfolgen, damit eine Befassung
hiermit vor der Mitgliederversammlung noch möglich sei.
In der Mitgliederversammlung vom 29.5.2007 wurde die im vorliegenden Rechtsstreit
umstrittene Satzungsänderung mit satzungsändernder Mehrheit von dreiviertel der
Stimmen beschlossen. Dabei wurden die Regelungen des § 41 Abs. 2 und 3 Satzung 2005
durch folgende Absätze ersetzt:
„Absatz 2
Die Herabsetzung von Versorgungsleistungen gemäß Absatz 1
erfolgt durch Beschluss der Mitgliederversammlung, und zwar mit
einfacher Mehrheit.
Absatz 3
Das
Recht
der
Mitgliederversammlung,
eine
dauerhafte
Herabsetzung der Versorgungsleistungen mit satzungsändernder
Mehrheit im Sinne des § 13 Abs. 4 zu beschließen, bleibt unberührt.
Absatz 4
Den
Versorgungsberechtigten
ist
vier
Wochen
vor
der
Mitgliederversammlung Gelegenheit zur Äußerung zu geben“.
Dieser Teil der Satzungsänderung wurde im Amtsblatt des Saarlandes vom 19.7.2007, S.
1446, bekannt gemacht mit der Maßgabe, dass die Satzungsänderungen mit der
Bekanntmachung im Amtsblatt des Saarlandes in Kraft treten.
Ebenfalls in der Mitgliederversammlung am 29.5.2007 wurden die weiteren beabsichtigten
Satzungsänderungen, insbesondere diejenigen zur Absenkung der Bemessungsgrundlage
der Leistungen des Versorgungswerks (§ 27 Satzung 2007), der Absenkung der
Altersrente (§§ 27, 29 Satzung 2007), der Erhöhung der Beitragsleistungen an das
Versorgungswerk (§ 18 Satzung 2007) und der Absenkung der Hinterbliebenenrente von
Ehegatten (§ 35 Abs.1 Satzung 2007), beschlossen. Nach §§ 27, 29 Satzung 2007 ist ab
1.8.2007 Bemessungsgrundlage für Rentenleistungen grundsätzlich die Besoldungsgruppe
A 12, bzw. für Notare, die am 31.3.1990 bereits die Altersgrenze überschritten hatten
(tatsächlich handelt es sich um einen Bestandsrentner), die Besoldungsgruppe A 13. Der
vom Hundertsatz für die Beitragserhebung wurde aufgrund des gemäß § 18 Abs. 1
Satzung 2007 erhöhten Beitragsrahmens ab 1.8.2007 in der Altersgruppe bis zu 39 Jahren
von 40,24 auf 46,90 (zulässiger Höchstsatz: 55 statt 45) und in der Altersgruppe über 39
Jahre von 46,92 auf 54,68 (zulässiger Höchstsatz: 65 statt 52,5) angehoben.
Die diesbezüglichen Satzungsänderungen 2007 wurden im Amtsblatt des Saarlandes vom
26. Juli 2007, S. 1527, bekannt gemacht. Die Änderungen der Bemessungsgrundlage und
der Höhe der Altersrente (§§ 27, 29 Satzung 2007) traten nach Nr. 21 des Beschlusses
über die Satzungsänderung mit Ablauf des Monats der Bekanntmachung im Amtsblatt des
Saarlandes in Kraft, jedoch nicht vor dem 1. Juli 2007. Sämtliche von der
Mitgliederversammlung am 29.5.2007 beschlossenen Satzungsänderungen waren gemäß
§ 11 Abs. 2 NKVersWK mit Urkunde des Ministeriums für Justiz, Gesundheit und Soziales
vom 18.6.2008 genehmigt worden.
Durch den im vorliegenden Berufungsverfahren streitgegenständlichen Bescheid vom
26.7.2007 wurde die Altersrente des Klägers unter Hinweis auf die geänderte Satzung von
75% des höchsten Ruhegehalts eines Berechtigten der Besoldungsgruppe A 13 (3.920,58
Euro) auf 75% der Besoldungsgruppe A 12 (3.522,25 Euro), zuzüglich eines
Familienzuschlags (105,28 Euro), reduziert und - vermindert um die dritte Anpassung nach
§ 69 e Beamtenversorgungsgesetz (x 0,98375) - auf 2.676,44 Euro neu festgesetzt.
Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger mit Schreiben vom 1.8.2007 und gegen die
Änderung des § 41 der Satzung 2005 mit Schreiben vom 8.8.2007 Widerspruch. Der
Kläger führte im Wesentlichen aus, der erworbene Anspruch auf Altersrente werde von
dem Eigentumsschutz des Art. 14 GG erfasst. Sein Umfang sei auf der Basis der
Bezugsgröße A 13 geschützt. Der angefochtene Bescheid verstoße daher gegen Art. 14
GG. Außerdem verletze er den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 GG. Den Rentnern
bzw. deren Hinterbliebenen werde durch die Rentenkürzung ein ungewöhnlich hohes Opfer
abverlangt, während die Notare im Amt mit einer geringen Beitragserhöhung
unverhältnismäßig bevorzugt würden.
Eine Deckungslücke, so wie sie vom Versorgungswerk zur Begründung der
Satzungsänderung dargestellt werde, sei nicht erkennbar. Dass die wirtschaftliche Lage
des Versorgungswerks nach rein versicherungsmathematischen Kriterien schwach sei,
liege in der Natur der Sache. Denn das Versorgungswerk kranke seit seiner Gründung an
einer viel zu geringen Mitgliederzahl. Dass eine schrittweise Verbesserung der
strukturbedingten versicherungsmathematischen Schwäche des Versorgungswerks sinnvoll
sei, liege auf der Hand. Vor der Beschlussfassung über die Satzungsänderung sei daher zu
prüfen gewesen, ob nicht auf schonendere Weise, z.B. durch Einfrieren der Renten und
einer Abkehr vom Dynamisierungseffekt, das Ziel erreichbar gewesen wäre.
Überdies sei das Satzungsänderungsverfahren formell fehlerhaft gewesen, da sowohl der
Beschluss über die Änderung des § 41 Satzung 2005 als auch derjenige über die
Absenkung der Bemessungsgrundlage am selben Tage gefasst worden seien.
Durch Widerspruchsbescheid vom 1.10.2007 wurde der Widerspruch des Klägers
zurückgewiesen. Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt, der angegriffene
Bescheid und die Satzungsänderungen, die ihm zugrunde lägen, seien formell und materiell
rechtmäßig. Die Mitgliederversammlung habe die Beschlüsse vom 29.5.2007 auch mit der
gemäß § 13 Abs. 4 der Satzung erforderlichen satzungsändernden Dreiviertel-Mehrheit
gefasst. Die Versorgungsberechtigten seien rechtzeitig angehört worden, die
Satzungsänderung vom zuständigen Ministerium genehmigt und gemäß § 45 der Satzung
im Amtsblatt des Saarlandes verkündet worden. Die Satzungsänderungen seien auch
materiell rechtmäßig. § 41 Abs. 2 Satzung 2005 stehe der Satzungsänderung nicht
entgegen, denn die entsprechende Vorschrift sei mit satzungsändernder Mehrheit durch
die Mitgliederversammlung vom 29.5.2007 aufgehoben worden. Die Satzungsänderung sei
auch geboten gewesen. Eine Besitzstandswahrung der Bestandsrentner und ihrer
Hinterbliebenen bis zur vollständigen Verwendung des Reinertrages des
Rücklagevermögens lasse außer Betracht, dass das Rücklagevermögen nicht nur von den
Bestandsrentnern, sondern zu einem großen Teil auch von den derzeitigen Beitragszahlern
erbracht worden sei und demnach den Bestandsrentnern überhaupt nur anteilig zustehe,
was damit auch für die Erträge gelte. Diese seien bis zur Satzungsänderung
überverhältnismäßig den Bestandsrentnern und deren Hinterbliebenen über die
Versorgungsleistungen ausgeschüttet worden.
In den letzten Jahren vor der Satzungsänderung seien Versorgungsleistungen auch aus
dem Teil der Erträge geleistet worden, der für den Kapitalerhalt erforderlich gewesen sei,
so dass bis zur Kürzung der Versorgungsleistungen Zahlungen aus der Substanz und
letztlich einseitig zu Lasten der an der Substanz mitberechtigten künftigen
Versorgungsempfänger erfolgt sei, was dringend der Korrektur bedurft habe.
Vorliegend habe das versicherungsmathematische Gutachten zum Stand 31.12.2004
bestätigt, dass sich die finanzielle Lage des Versorgungswerks dramatisch verschlechtert
habe. In der Zeit von 1980 bis 2005 hätten sich die Versorgungsleistungen von rund
235.000 Euro auf rund 864.000 Euro mehr als verdreifacht. Das Verhältnis der Erträge zu
den Versorgungsleistungen sei zwischen 1997 und 2005 von rund 62% auf rund 47%
gesunken. Die Zahl der Versorgungsempfänger sei zwischen 1980 und 2007 von 18 auf
29 gestiegen; zudem sei die Dauer des Rentenbezuges gestiegen. Um die damit
verbundenen Probleme zu lösen, seien zeitlich befristete Absenkungen untauglich. Das
eigentliche Ziel bestehe darin, dass jedes Mitglied mit seinen Beiträgen möglichst so viel
zum Aufbau des Vermögens des Versorgungswerks beitrage, dass später die diesem
Mitglied gebührenden Versorgungsleistungen durch die Erträge des mithilfe seiner Beiträge
gestiegenen Vermögens gedeckt seien.
Einer Herabsetzung der Versorgungsleistungen zu Lasten derjenigen
Versorgungsempfänger, die zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Satzungsänderung
bereits versorgungsberechtigt gewesen seien, stehe auch nicht der Rechtsgedanke des
Vertrauensschutzes entgegen, denn die Versorgungsleistungen stünden immer unter dem
Vorbehalt der Leistungsfähigkeit. Art. 14 GG werde durch die Herabsetzung der
Versorgungsleistungen ebenfalls nicht verletzt.
Die Leistungskürzungen seien auch verhältnismäßig. Die prozentuale Absenkung der
Ansprüche der Bestandsrentner um 9,55 bzw. 9,89% führe nicht zum Vorliegen eines
untragbaren Missverhältnisses und, da die Leistungskürzung erforderlich sei, um die
Funktions- und Leistungsfähigkeit des Versorgungswerks zu erhalten, nicht zu einer
Verletzung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes.
Auch der Einwand des Widerspruchsführers, die Beiträge seien lediglich um 5,01% erhöht
worden, stelle die Rechtmäßigkeit der Satzungsänderung nicht in Frage. Die insoweit
beschlossene Änderung habe zur Folge, dass die derzeitigen Mitglieder des
Versorgungswerks höhere Beiträge zahlten und hierfür später eine niedrigere Rente im
Vergleich zu der bisherigen Rechtslage erhielten, was eine zusätzliche Belastung der
derzeitigen Beitragszahler bedeute. Zudem würden die künftigen Beitragszahler auch durch
die Änderung des Verlaufs der Anwartschaften und die künftig zu ernennenden Notarinnen
und Notare durch die Erhöhung des Eintrittsbeitrages belastet. Es würden somit alle
Gruppen bei der Konsolidierung des Versorgungswerks einbezogen.
Mit Bescheid vom 24.10.2007 wurden verschiedene Zahlenangaben aus dem Text der
Begründung des Widerspruchsbescheides wegen offensichtlicher Schreib- und Rechenfehler
berichtigt.
Mit Eingang vom 29.10.2007 hat der Kläger Klage vor dem Verwaltungsgericht erhoben.
Zu deren Begründung hat er im Wesentlichen geltend gemacht, der streitige Bescheid sei
schon deshalb fehlerhaft, weil er am 26.7.2007 und damit zu einem Zeitpunkt erlassen
worden sei, zu dem die Änderungen der Satzung hinsichtlich Bemessungsgrundlage und
Bemessungssatz, die am 1.8.2007 in Kraft getreten seien, noch nicht gegolten hätten.
Zudem habe in einer Mitgliederversammlung zuerst § 41 Abs. 2 und 3 der Satzung 2005
geändert werden müssen, bevor die Änderungen der §§ 27, 29 Satzung 2005 zu
Bemessungsgrundlage und Bemessungssatz hätten beschlossen werden können. Diese
Änderungen hätten nach Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde bekannt gemacht
werden müssen. Erst dann seien der Satzungsbeschluss zur weiteren Änderung, dessen
Genehmigung und die Bekanntmachung rechtlich zulässig gewesen. Die
Mitgliederversammlung habe am 29.5.2007 keinen derartigen Vorratsbeschluss fassen
können.
Es liege auch ein Verstoß gegen Art. 14 GG vor, weil satzungsmäßige Neuregelungen, die
in Positionen eingreifen, die in der Vergangenheit begründet worden sind, nur zulässig
seien, wenn sie durch Gründe des öffentlichen Interesses unter Berücksichtigung des
Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gerechtfertigt seien. Soweit der Beklagte zur
Begründung darauf hingewiesen habe, dass sich die finanzielle Lage des Versorgungswerks
in den vergangenen Jahren erheblich verschlechtert habe, könne dem nicht gefolgt werden.
Im Gegensatz zu der Behauptung des Beklagten sei die Vermögensentwicklung des
Versorgungswerks seit dessen Anfängen ununterbrochen stets positiv verlaufen.
Abgesehen davon, dass hiernach überhaupt keine Rentenkürzung habe vorgenommen
werden dürfen, habe erst recht keine ca. zehnprozentige Kürzung ohne jegliche
Übergangsregelung erfolgen dürfen.
Tatsächlich sei allerdings der wahre Grund für die Satzungsänderung, dass vom offenen
Deckungsplanverfahren auf das Anwartschaftsdeckungsverfahren übergegangen werden
solle.
Der Kläger hat beantragt,
den Bescheid des Beklagten vom 26.7.2007 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 1.10.2007, in der Fassung der
Berichtigung vom 24.10.2007, aufzuheben.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat im Wesentlichen vorgetragen, den Vorrang einer vorübergehenden Leistungskürzung
unter Anwendung des § 41 Abs. 1 Satzung 2005/2007 gebe es nicht. Es sei dem
Beklagten nicht um eine kurzfristige, sondern um die mittel- und langfristige Sicherung der
Leistungsfähigkeit des Versorgungswerks gegangen.
Die Bestimmung des § 41 Abs. 2 Satzung 2005 habe es infolge der zeitlichen Abfolge der
Bekanntmachungen und des früheren Inkrafttretens der Änderung in § 41 Abs. 2 Satzung
2007 zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Rentenherabsetzung nicht mehr gegeben. Ein
Verstoß gegen § 41 Abs. 2 Satzung 2005 scheide deshalb schon begrifflich aus.
Das vom Beklagten in der Mitgliederversammlung angewandte Verfahren eines
„Vorratsbeschlusses“ sei unbedenklich.
Die Rentenkürzung verstoße auch nicht gegen Art. 14 Abs. 1 GG. Der vorliegende Eingriff
sei von der Inhalts- und Schrankenbestimmung des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG gedeckt. Bei
deren Ausgestaltung komme dem Normgeber mit Blick auf rentenversicherungsrechtliche
Positionen grundsätzlich eine weite Gestaltungsfreiheit zu. Dies gelte im Besonderen für
Regelungen, die dazu dienten, die Funktions- und Leistungsfähigkeit des Systems im
Interesse aller zu erhalten. Vorliegend bestehe der mit der Rentenkürzung beabsichtigte
Zweck eindeutig in der Sicherung der Leistungsfähigkeit des Versorgungssystems des
Beklagten, das nach dem offenen Deckungsplanverfahren erfolge. Das Mittel sei auch zur
Förderung dieses gewünschten Erfolges geeignet, wie das versicherungsmathematische
Gutachten zum Stichtag 31.12.2004 bestätige.
Ein zur dauerhaften Sicherstellung der Leistungsfähigkeit des Beklagten ebenso wirksames,
aber milderes Mittel habe vorliegend nicht zur Verfügung gestanden. Auch die Frage der
Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne (Zumutbarkeit des Eingriffs für die Betroffenen) sei
zu bejahen. Des Weiteren habe der Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes nicht zur
Notwendigkeit einer Übergangsregelung geführt. Die Einschränkung der Höhe der Rente sei
von Beginn an ihrer Gewährung systemimmanent gewesen.
Es liege auch kein Verstoß gegen Art. 3 GG vor, da alle betroffenen Gruppen bei der
Konsolidierung des Versorgungswerks mit einbezogen worden seien.
Durch Urteil vom 5.6.2009 hat das Verwaltungsgericht der Klage stattgegeben und den
Bescheid des Beklagten vom 26.7.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom
1.10.2007, in der Fassung der Berichtigung vom 24.10.2007 aufgehoben.
Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt, der angefochtene Bescheid sei
rechtswidrig und verletze den Kläger in seinen Rechten. Zwar entspreche die dem
streitigen Bescheid zugrunde liegende Reduzierung der Altersrente als Folge der Absenkung
der Bemessungsgrundlage ab dem 1.8.2007 geltendem Satzungsrecht des Beklagten. Die
Änderung der Satzung erweise sich jedoch gegenüber dem Kläger als unverhältnismäßig,
da keine Tatsachen vorlägen, anhand derer festgestellt werden könne, inwieweit die
Versorgungsleistungen aller Rentenbezieher zur Erhaltung der Leistungsfähigkeit des
Versorgungswerkes eine sofortige, d.h. ohne Übergangsregelung zugunsten der
Bestandsrentner erfolgende, systemgerechte Reduzierung hätten erfahren müssen.
Die dem Kläger vor der Änderung der Satzung gewährte Versorgung unterliege als
vermögenswerte Rechtsposition dem eigentumsrechtlichen Schutz des Art. 14 Abs. 1 Satz
1 GG. Zwar umfasse Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG die Befugnis, Rentenansprüche und
Anwartschaften zwecks Erhalts der Funktions- und Leistungsfähigkeit des Systems der
Rentenversicherung zu beschränken. Diese Befugnis sei jedoch von der weiteren
Voraussetzung abhängig, dass dies einem Zweck des Gemeinwohls diene und dem
Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entspreche. Es sei dem Beklagten indes nicht gelungen,
die Notwendigkeit einer systemgerechten Reduzierung der Versorgungsleistungen der
Rentenbezieher - im konkreten Fall zudem ohne Übergangsregelung zugunsten der
Bestandsrentner - zur Erhaltung der Leistungsfähigkeit des Versorgungswerks
nachvollziehbar darzulegen.
Bei dem Finanzierungssystem des Beklagten handele es sich um ein offenes
Deckungsplanverfahren. Dem individuellen, dem Beklagten vorgegebenen (teil-
)kapitalgedeckten System sei es immanent, dass nicht alle Ansprüche durch vorhandenes
Kapital gedeckt werden könnten und die zukünftige Entwicklung mit in die Bewertung
eingehe. Der kontinuierliche Neuzugang von aktiven Berufsangehörigen als Ersatz für
ausscheidende Beitragszahler und die unmittelbare Verwendung deren Beitrags als Umlage
für die laufenden Renten sei Grundlage der Leistungsfähigkeit des Systems des Beklagten.
Die vom Beklagten zur Darstellung seiner Leistungsfähigkeit in Auftrag gegebenen
versicherungsmathematischen Gutachten zu den Stichtagen 31.12.2004 und 31.12.2005
seien demgegenüber nach dem kapitalgedeckten System erstellt, bei dem - in Abweichung
von der teilweisen Umlagefinanzierung des streitigen Versorgungswerks - keine neuen
Aktiven hinzukämen. In den Gutachten seien zu dem Punkt „Berechnungsergebnisse“ unter
„Anwartschaften“ lediglich die zukünftigen Beiträge der zum Stichtag vorhandenen Aktiven
in die Berechnungen miteinbezogen. Eine Berücksichtigung des künftigen Neuzugangs finde
nicht statt. Deshalb müssten die versicherungsmathematischen Gutachten zum
31.12.2004 und zum 31.12.2005 mit einem Fehlbetrag, dem versicherungstechnischen
Ausgleichsbetrag abschließen. Sie beruhten auf der Annahme eines kapitalgedeckten
Systems und seien rechnerische Folge einer Betrachtung der Leistungsfähigkeit des
beklagten Versorgungswerks, die von dessen der alten und neuen Satzung
entsprechenden jahrelangen Praxis, die zu zahlenden Renten sowohl durch laufende
Beiträge als auch durch Erträge aus den Vermögenswerten und Forderungen zu
bestreiten, abweiche. Sie sagten mithin nichts über die Leistungsfähigkeit des beklagten
Versorgungswerks aus.
Auch im Übrigen sei der Vortrag des Beklagten nicht geeignet, die Notwendigkeit einer
systemgerechten Reduzierung der Versorgungsleistungen der Rentenbezieher zur
Erhaltung der Leistungsfähigkeit des Versorgungswerks bei gleichzeitigem Absehen von
einer Übergangsregelung zugunsten der Bestandsrentner nachvollziehbar zu machen. Um
die Verhältnismäßigkeit der angegriffenen Rentenkürzung beurteilen zu können, bedürfe es
der schlüssigen Dokumentation, aufgrund welcher Tatsachen die Leistungsfähigkeit des
Versorgungswerks bei einer schrittweisen Absenkung mittels Übergangsregelung für
Bestandsrentner, etwa nach dem Vorbild des § 69 e BeamtVG nicht dauerhaft
gewährleistet sei, so dass zum 1.8.2007 die volle weitere Kürzung um 9,89% erforderlich
gewesen sei. Daran mangele es. Ein versicherungsmathematisches Gutachten, das zum
Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses ein Absehen von jedweder Übergangsregelung
zugunsten der Bestandsrentner als verhältnismäßig rechtfertigen könne, liege nicht vor.
Zudem lasse sich derzeit nicht ermessen, welche Bedeutung der beamtenähnlichen
Leistungszusage mit Dynamisierungspflicht für die dauerhafte Leistungsfähigkeit des
Versorgungswerks zukomme und ob die streitige Satzungsänderung überhaupt geeignet
sei, vor diesem Hintergrund die Leistungsfähigkeit dauerhaft zu begründen. Ob eine
ausreichende Kapitaldeckung für die Zukunft bei der in der Satzung verankerten
Dynamisierung von Beiträgen und Leistungen erreicht sei, lasse sich aus den vom
Beklagten vorgelegten Zahlen der Vergangenheit nicht ablesen. Im bestehenden
Finanzierungssystem gebe es keine individuelle Äquivalenz zwischen Beitrag und Rente.
Das Urteil, in dem die Berufung zugelassen wurde, ist dem Beklagten am 13.7.2009
zugestellt worden.
In seiner am 29.7.2009 eingelegten und nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist
am 30.9.2009 begründeten Berufung macht der Beklagte geltend, das angefochtene Urteil
verstoße gegen das Gewaltenteilungsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG), da das Gericht sein
Ermessen an die Stelle des Ermessens des Beklagten gesetzt habe. Mache der Beklagte
von der Satzungsermächtigung in §§ 1, 5 und 10 NKVersWG Gebrauch, so stehe ihm nach
der Rechtsprechung sowohl des Bundesverfassungsgerichts als auch des
Bundesverwaltungsgerichts ein weites Gestaltungsermessen zu. Auf der Grundlage der
ihm vorliegenden versicherungsmathematischen Gutachten zum 31.12.2004 und zum
31.12.2005 habe sich der Beklagte zur Beseitigung der dramatischen Verschlechterung
der finanziellen Lage an den vom Gutachter vorgeschlagenen Maßnahmen orientiert. Die
Ausübung des satzungsgemäßen Gestaltungsermessens unterliege einer nur
eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle. Der Beklagte habe den ihm durch das Gesetz
eingeräumten Beurteilungsspielraum eingehalten.
Die in dem angefochtenen Urteil getroffene Annahme, die Beklagte sei auf das offene
Deckungsplanverfahren festgelegt, entbehre der gesetzlichen Grundlage. Weder das
Gesetz noch die Satzung schrieben ein bestimmtes Verfahren vor. Das angefochtene Urteil
gehe auch zu Unrecht davon aus, dem Finanzierungssystem der Beklagten läge das offene
Deckungsplanverfahren zugrunde. Dem Wesen nach handele es sich bei dem vom
Beklagten angewandten Verfahren vielmehr um ein Kapitaldeckungsverfahren, allerdings
mit der Maßgabe, dass zum einen nicht 100% der Leistungen kapitalgedeckt seien,
sondern der nicht gedeckte Teil als Fehlbetrag in der Bilanz ausgewiesen werde, und es
sich zum anderen um ein kollektives Finanzierungsverfahren handele, bei dem Beiträge und
Leistungen nicht individuell festgelegt würden. Beim offenen Deckungsplanverfahren werde
die dauernde Leistungsfähigkeit dadurch sichergestellt, dass in der
versicherungsmathematischen Bilanz die künftigen Leistungen dem im gleichen Zeitraum
vorhandenen Vermögen und den zu erwarten Beiträgen gegenüber gestellt würden. Es sei
damit ein Wesensmerkmal des offenen Deckungsplanverfahrens, dass bei diesem
Verfahren immer auch Neuzugänge in die (versicherungsmathematische) Berechnung
eingestellt würden. Ein Finanzierungsverfahren, das diese Neuzugänge nicht berücksichtige,
sei kein offenes Deckungsplanverfahren.
Soweit der Beklagte missverständlich behauptet habe, er folge hinsichtlich der Finanzierung
seiner Leistungen nicht dem Umlage-, sondern dem offenen Deckungsplanverfahren, habe
er dies wiederholt und ausdrücklich vor Ergehen des angefochtenen Urteils widerrufen. Der
Beklagte habe vielmehr stets betont, dass er entsprechend den Berechnungsgrundsätzen
des versicherungsmathematischen Gutachtens zum 31.12.2004 keinen
rechnungsmäßigen Neuzugang für die Berechnung der Höhe der Versicherungsleistungen
und die notwendigen Feststellungen der Sicherungen ihrer Leistungsfähigkeit
berücksichtige. Seit Beginn des Versorgungswerkes hätten sich Verwaltungsrat und
Mitgliederversammlung für das Anwartschaftsdeckungsverfahren entschieden. Dies sei
insbesondere aus historischen Gründen erfolgt, da sich gleich zu Beginn des
Versorgungswerks eine erhebliche alte Last in der Form der zu finanzierenden
Versorgungsanwartschaften und der Versorgungsansprüche bereits vorhandener Rentner
ergeben hätten. Diese Entscheidung sei rechtlich nicht zu beanstanden. Ob für die Erfüllung
der Aufgaben eines berufsständischen Versorgungswerks durch Neuzugänge eintretende
künftige Gewinne in die Berechnung der Bilanzdeckungsrückstellung einbezogen werden
müssten, sei eine Frage des Satzungsermessens. Gesetzlich sei die Berücksichtigung eines
Neuzugangsgewinns nicht vorgeschrieben. Die diesbezügliche Entscheidung sei auch
ermessensfehlerfrei. Der Beklagte habe damit vor allem dem sogenannten Leistungsprimat
Rechnung getragen, da aufgrund der Bindung der Leistung an die Beamtenbezüge
(Dynamisierung) Leistungen stets in dem Umfang angehoben werden müssten, wie dies
bei den Beamten der Fall sei.
Da schon die Feststellung des angefochtenen Urteils, der Beklagte wende das offene
Deckungsplanverfahren an, unzutreffend sei, seien auch sämtliche darauf aufbauende
Schlussfolgerungen fehlerhaft.
Verfehlt sei auch die Schlussfolgerung des angefochtenen Urteils, die Satzungsänderung
könne deshalb nicht sachgemäß sein, weil sie nach den zu ihrer Plausibilisierung
angestellten Berechnungen offensichtlich ungeeignet sei, die angestrebte 100%-ige
Bedeckung zu erreichen. Es sei nie Ziel des Beklagten gewesen, eine 100%-ige Bedeckung
zu erreichen, vielmehr sei es stets darum gegangen, die in der Bilanz angewiesene
versicherungsmathematische Deckungslücke zu reduzieren.
Im weiteren Verlauf des Verfahrens hat der Beklagte zu seinem Finanzierungssystem
ausgeführt, es handele sich nicht um ein offenes Deckungsplanverfahren, sondern um ein
Anwartschaftsdeckungsverfahren mit Deckungslücke. Im Übrigen sei es für die
Rechtmäßigkeit des Satzungsbeschlusses vom 29.5.2007 auch völlig irrelevant, wie das
Finanzierungsverfahren, das Grundlage der Versorgungsansprüche des Klägers sei, in der
streitigen Mitgliederversammlung vom 29.5.2007 bezeichnet worden sei.
Dem angefochtenen Urteil sei auch insoweit nicht zu folgen, als es eine Verletzung des
Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes im Rahmen des Art. 14 GG bejahe, weil es an einer
Übergangsregelung fehle. Schon im Ansatz überzeuge nicht, warum der
Verhältnismäßigkeitsgrundsatz eine Übergangsregelung zugunsten der Bestandsrentner
erfordern solle. Es obliege dem Gestaltungsermessen des Beklagten, ob er eine
Übergangsregelung einführe. Auch der Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes führe nicht
zur Notwendigkeit einer Übergangsregelung. Die Satzung sehe ein spezifisches Verfahren
der Anhörung vor. Dieses sei eingehalten worden. Der Gewährung der Rente sei die
Einschränkung ihrer Höhe seit Beginn systemimmanent gewesen.
Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung seien im Übrigen auch die zahlreichen
weiteren Eingriffe zu sehen, die der Beklagte auch und insbesondere zu Lasten der aktiven
Mitglieder beschlossen habe. Ein Vorrangverhältnis der Bestandsrentner gegenüber den
eigentumsrechtlich geschützten Anwartschaften der Mitglieder des Beklagten gebe es
nicht. Letztlich komme noch hinzu, dass eine weitere Schwächung des Versorgungswerks
dadurch eintreten werde, dass künftig nur noch 37 Notare die Leistungen und
Anwartschaften der Versorgungsempfänger finanzierten, deren Anzahl gestiegen sei.
Der Beklagte beantragt,
unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts vom
5.6.2009 – 1 K 1877/07 - die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Kläger macht erneut die Fehlerhaftigkeit des Zustandekommens der
Satzungsänderung in den Beschlüssen der Mitgliederversammlung vom 29.5.2007 geltend
und führt ergänzend aus, selbst wenn man derartige sogenannte Vorratsbeschlüsse für
zulässig erachte, sei es erforderlich, dass die Mitglieder des Versorgungswerks in einem
solchen Fall erkennbar zur Verabschiedung zweier Beschlüsse geladen würden. Erst nach
der danach noch erforderlichen Genehmigung durch das Ministerium hätten beide
Beschlüsse wirksam werden können, wobei der zweite Beschluss abhängig sei von der
Wirksamkeit und der Veröffentlichung des ersten Beschlusses. Diese Voraussetzungen
lägen hier nicht vor.
Im Übrigen wiederholt und vertieft der Kläger seine Auffassung, dass der angefochtene
Bescheid und die ihm zugrundeliegende Satzungsänderung gegen Art.14 Abs.1 GG
verstießen.
Soweit der Beklagte sich auf seine weite Gestaltungsfreiheit bei der Satzungsänderung
berufe, und sich dabei auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts,
insbesondere das Urteil vom 21.9.2005 (BVerwG, Urteil vom 21.9.2005 – 6 C 3/05 -, NJW
2006, 711 ff.) beziehe, trage diese Parallele nicht. Im dortigen Fall sei es um den
Beschluss gegangen, Versorgungsleistungen nicht zu erhöhen, hier gehe es demgegenüber
um die Absenkung einer Bestandsrente in Höhe von etwa 10%.
Der Senat hat im Rahmen eines Erörterungstermins am 28.9.2010 den vom Beklagten
beauftragten und an der Erstellung der versicherungsmathematischen Gutachten zu den
Stichtagen 31.12.2004 und 31.12.2005 beteiligten Sachverständigen Dr. K. zu dem beim
Beklagten bestehenden Versorgungssystem und zu der Ausgangssituation dieses
Versorgungssystems bei Erlass der streitigen Satzungsänderung 2007 befragt. Wegen des
Ergebnisses der Befragung wird auf die Sitzungsniederschrift vom 28.9.2010 Bezug
genommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichts- und
der beigezogenen Verwaltungsakten verwiesen. Der Inhalt der Akten war Gegenstand der
mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe
Die Berufung des Beklagten ist gemäß § 124 a Abs.2 und 3 VwGO zulässig.
Sie hat indes in der Sache keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat durch das
angefochtene Urteil vom 5.6.2009 – 1 K 1877/07 - den angefochtenen Rentenbescheid
des Beklagten vom 26.7.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom
1.10.2007, in der Fassung der Berichtigung vom 24.10.2007 zu Recht aufgehoben. Dieser
ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs.1 S.1 VwGO).
Der angefochtene Bescheid, durch den die Altersrente des Klägers mit Wirkung ab
1.8.2007 unter Eingriff in den bisherigen Zahlbetrag von 2970,33 Euro im Umfang von
293,89 Euro auf 2.676,44 Euro neu festgesetzt wurde, ist mit der Eigentumsgarantie des
Art. 14 Abs. 1 GG nicht vereinbar.
Zwar steht der Bescheid in Einklang mit den Bestimmungen der im Jahre 2007 geänderten
Satzung des Beklagten. Jedoch erweisen sich die maßgeblichen Regelungen der 2007
vorgenommenen Satzungsänderung nicht als verfassungsrechtlich zulässige Bestimmung
von Inhalt und Schranken der dem Kläger zustehenden eigentumsrechtlichen Position. Sie
stellen daher keine wirksame Rechtsgrundlage für den vorgenommenen Eingriff dar.
Ob dabei der Auffassung des Klägers zu folgen ist, dies habe schon deshalb zu gelten, weil
die Satzungsänderung 2007 aus formalen Gründen, insbesondere unter dem Aspekt der
Vorratsbeschlussfassung
zum Problemkreis vgl. BVerfG, Entscheidung vom 26.7.1972 – 2 BvF
1/71 –, zitiert nach juris
nicht ordnungsgemäß zustande gekommen sei, bedarf hier keiner Entscheidung. Denn die
im Jahr 2007 vorgenommene Satzungsänderung steht – bezogen auf die hier
streitgegenständliche Rechtsposition des Klägers – jedenfalls aus materiellrechtlichen
Gründen im Widerspruch zu Art 14 Abs.1 GG.
Die Rentenansprüche des Klägers gegen das beklagte berufsständische Versorgungswerk
unterfallen dem eigentumsrechtlichen Schutz des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG.
In der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist anerkannt, dass
Rentenansprüche und Rentenanwartschaften aus der gesetzlichen Rentenversicherung, die
wesentlich durch eigene Beitragsleistungen erworben wurden, unter den Schutz der
Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG fallen
BVerfG, Urteil vom 28.2.1980 – 1 BvR 17/77 u.a. -, BVerfGE 53,
257 ff., Urteil vom 28.4.1999 – 1 BvR 32/95 und 1 BvR 2105/95 -,
BVerfGE 100, 1ff., Beschluss vom 11.5.2005 - 1 BvR 368/97 u.a. –
BVerfGE 112, 368 m.w.N und Beschluss vom 11.11.2008 – 1 BvL
3/05 u.a. – BVerfGE 122, 151 ff., hier zitiert nach juris.
Denn diese erfüllen eine soziale Funktion, deren Schutz gerade Aufgabe der
Eigentumsgarantie ist, und weisen auch die konstitutiven Merkmale des Eigentums im
Sinne von Art. 14 GG auf. Die Anrechte des Einzelnen auf Leistungen der
Rentenversicherung sind an die Stelle privater Vorsorge und Sicherung getreten und
verlangen daher denselben Grundrechtsschutz, der dieser zukommt. Rentenansprüche und
-anwartschaften tragen als vermögenswerte Güter auch die wesentlichen Merkmale
verfassungsrechtlich geschützten Eigentums. Sie sind dem privaten Rechtsträger
ausschließlich zugeordnet und zu seinem persönlichen Nutzen bestimmt. Auch kann er im
Rahmen der rechtlichen Ausgestaltung wie ein Eigentümer darüber verfügen. Ihr Umfang
wird durch die persönliche Leistung des Versicherten mitbestimmt, was vor allem in den
Beitragszahlungen zu Ausdruck kommt. Die Berechtigung steht also im Zusammenhang
mit einer eigenen Leistung, die als besonderer Schutzgrund für die Eigentumsposition
anerkannt ist. Sie dient schließlich auch zur Sicherung der Existenz des Renten- bzw.
Anwartschaftsberechtigten
BVerfG, Urteil vom 28.2.1980 – 1 BvR 17/77 u.a. -, BVerfGE 53,
257 ff., Urteil vom 28.4.1999 – 1 BvR 32/95 und 1 BvR 2105/95 -,
BVerfGE 100, 1ff., und Beschluss vom 11.5.2005 - 1 BvR 368/97
u.a. – BVerfGE 112, 368 m.w.N, hier zitiert nach juris.
Gleiches gilt auch für den hier streitgegenständlichen eigentumsrechtlichen Schutz von
Ansprüchen aus dem Bereich des berufsständischen Versorgungsrechts. Wie bei den
vergleichbaren Rechtspositionen aus der gesetzlichen Rentenversicherung setzt der
eigentumsrechtliche Schutz insoweit voraus, dass es sich um vermögenswerte
Rechtspositionen handelt, die nach Art eines Ausschließlichkeitsrechts dem Rechtsträger
als privatnützig zugeordnet sind, auf nicht unerheblichen Eigenleistungen beruhen und
seiner Existenzsicherung dienen
BVerwG, Urteil vom 21.9.2005 – 6 C 3/05 -, NJW 2006, 711 ff., hier
zitiert nach juris.
Dies trifft auf den Versorgungsanspruch des Klägers gegen den Beklagten zu. Dieser hat
den Umfang einer Vollrente und ihm liegen nicht unerhebliche eigene Beitragsleistungen
zugrunde.
Die konkrete Reichweite der Rechtsstellungsgarantie, die Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG
eigentumsrechtlich geschützten Rechtspositionen grundrechtlich vermittelt, ergibt sich
allerdings erst aus der Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums, die nach Art.
14 Abs. 1 Satz 2 GG Sache des Gesetzgebers oder, wie vorliegend, des Satzungsgebers
ist.
Bei der Bestimmung von Inhalt und Schranken rentenversicherungsrechtlicher
Eigentumspositionen kommt dem Gesetzgeber grundsätzlich eine weite Gestaltungsfreiheit
zu. Dies gilt insbesondere, soweit er Regelungen trifft, die dazu dienen, die
Funktionsfähigkeit und Leistungsfähigkeit des Systems der gesetzlichen
Rentenversicherungen im Interesse aller zu erhalten, zu verbessern oder veränderten
wirtschaftlichen Bedingungen anzupassen. Insoweit umfasst Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG
grundsätzlich auch die Befugnis, Rentenansprüche und Rentenanwartschaften zu
beschränken. Sofern dies einem Zweck des Gemeinwohls dient und dem Grundsatz der
Verhältnismäßigkeit entspricht, ist es dem Gesetzgeber grundsätzlich nicht verwehrt,
Leistungen zu kürzen, den Umfang von Ansprüchen oder Anwartschaften zu vermindern
oder diese umzugestalten
BVerfG, Urteil vom 28.2.1980 – 1 BvR 17/77 u.a. -, BVerfGE 53,
257 ff., Urteil vom 28.4.1999 – 1 BvR 32/95 und 1 BvR 2105/95 -,
BVerfGE 100, 1ff., Beschluss vom 11.5.2005 - 1 BvR 368/97 u.a. –
BVerfGE 112, 368 m.w.N, und Beschluss vom 11.11.2008 – 1 BvL
3/05 u.a. – BVerfGE 122, 151 ff.; BVerwG, Urteil vom 21.9.2005 – 6
C 3/05 -, NJW 2006, 711 ff., hier jeweils zitiert nach juris.
Die vorstehend dargelegten Grundsätze gelten ebenso für die Bestimmung von Inhalt und
Schranken eigentumsrechtlich geschützter Rechtspositionen, die im Rahmen anderer
Versorgungssysteme – wie hier des berufsständischen Versorgungssystems des Beklagten
– erworben wurden. Deren Schutz ist nicht geringer ausgeprägt als der Schutz
vergleichbarer Rechtspositionen im System der gesetzlichen Rentenversicherung
BVerwG, Urteil vom 21.9.2005 – 6 C 3/05 -, NJW 2006, 711 ff., hier
zitiert nach juris.
Die Befugnis des Beklagten, im Rahmen der Satzungsänderung 2007
Rentenanwartschaften und Rentenansprüche aus seinem Versorgungssystem zu
beschränken, war danach grundsätzlich gegeben, jedoch gemäß Art 14 Abs. 1 GG
begrenzt durch das Erfordernis, dass die getroffenen Maßnahmen einem Zweck des
Gemeinwohls dienen und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechen
BVerfG, Urteil vom 28.4.1999 – 1 BvR 32/95 und 1 BvR 2105/95 -,
BVerfGE 100, 1ff., und Beschluss vom 11.5.2005 - 1 BvR 368/97
u.a. – BVerfGE 112, 368 m.w.N; BVerwG, Urteil vom 21.9.2005 – 6
C 3/05 -, NJW 2006, 711 ff., hier jeweils zitiert nach juris.
Diese Voraussetzungen hat der Beklagte bei dem - hier allein streitgegenständlichen -
Eingriff in Versorgungsansprüche, die zum Zeitpunkt der Satzungsänderung 2007 bereits
entstanden waren (Bestandsrenten), nicht in dem gebotenen Maße beachtet. Ob und
inwieweit Gleiches auch auf die im Rahmen der Satzungsänderung 2007 getroffenen
Neuregelungen für die zu diesem Zeitpunkt bestehenden Versorgungsanwartschaften
zutrifft, ist im vorliegenden Berufungsverfahren nicht Streitgegenstand und bedarf daher
keiner Entscheidung. Die hier streitgegenständlichen, zu Lasten der Bestandsrentner in und
aufgrund der Satzungsänderung 2007 getroffenen Neuregelungen, die unter Verzicht auf
jegliche Übergangsregelung eine Kürzung des Zahlbetrages der bereits entstandenen
Versorgungsansprüche um mehr als 9% herbeigeführt haben, sind in ihrer konkreten
Ausgestaltung jedenfalls nicht mit den Anforderungen des Art. 14 Abs. 1 GG vereinbar.
Allerdings spricht einiges dafür, dass mit den maßgeblichen Satzungsänderungen ein
Zweck des Gemeinwohls verfolgt wurde.
Der Beklagte hat insoweit geltend gemacht, bei Vornahme der Satzungsänderung 2007
habe eine dramatische Verschlechterung der finanziellen Lage des Versorgungswerkes
vorgelegen. Deshalb sei es erforderlich gewesen, Maßnahmen zu ergreifen, die die
langfristige Finanzierbarkeit der Versorgungsleistungen wieder herstellten. Dies zugrunde
legend hat er das Ziel verfolgt, die finanziellen Grundlagen seines Versorgungssystems zu
konsolidieren.
Die grundsätzliche Legitimität dieses Ziels im Sinne der Verfolgung eines
Gemeinwohlzwecks ist – wie dargelegt - nach der Rechtsprechung sowohl des
Bundesverfassungsgerichts als auch des Bundesverwaltungsgerichts zu bejahen
BVerfG, Urteil vom 28.2.1980 – 1 BvR 17/77 u.a. -, BVerfGE 53,
257 ff.; Urteil vom 28.4.1999 – 1 BvR 32/95 und 1 BvR 2105/95 -,
BVerfGE 100, 1ff., Beschluss vom 11.5.2005 - 1 BvR 368/97 u.a. –
BVerfGE 112, 368 m.w.N und Beschluss vom 11.11.2008 – 1 BvL
3/05 u.a. – BVerfGE 122, 151 ff.; BVerwG, Urteil vom 21.9.2005 – 6
C 3/05 -, NJW 2006, 711 ff., hier jeweils zitiert nach juris,
und zwar nicht nur zur Rechtfertigung eines Eingriffs in Versorgungsanwartschaften,
sondern auch zur Rechtfertigung eines Eingriffs in bereits entstandene
Versorgungsansprüche.
Ob die hier konkret durch die Satzungsänderung 2007 getroffenen Maßnahmen durch den
genannten Gemeinwohlzweck tatsächlich legitimiert waren, hängt davon ab, ob die
Voraussetzungen der geltend gemachten Notwendigkeit einer Konsolidierung der
finanziellen Lage des Versorgungswerks bei Erlass der Satzungsänderung 2007 gegeben
waren. Insoweit sprechen nach dem bisherigen Sach- und Streitstand überwiegende
Gründe dafür, dass die Finanzierungsgrundlagen des Versorgungssystems des Beklagten
zum Zeitpunkt der streitigen Satzungsänderung tatsächlich gefährdet waren.
Der Beklagte hat hierzu dargelegt, eine dramatische Verschlechterung der finanziellen Lage
des Versorgungswerks ergebe sich aus dem versicherungsmathematischen Gutachten
vom 11.8.2005 zum Stichtag 31.12.2004. Dies folge insbesondere aus der darin
ermittelten versicherungsmathematischen Deckungslücke und der daraus errechneten
mangelhaften (Kapital-)Bedeckung der Rentenansprüche und Versorgungsanwartschaften
sowie aus der Verdoppelung der versicherungsmathematischen Deckungslücke in der Zeit
vom Stichtag 31.12.1999 bis zum Stichtag 31.12.2004. Die Situation des
Versorgungswerks sei dadurch geprägt, dass sich in der Zeit von 1980 bis 2005 die
Versorgungsleistungen von rund 235.000 Euro auf rund 864.000 Euro mehr als
verdreifacht hätten, während das Verhältnis der Erträge zu den Versorgungsleistungen
zwischen 1997 und 2005 von rund 62% auf rund 47% gesunken und sowohl die Zahl der
Versorgungsempfänger zwischen 1980 und 2007 von 18 auf 29 als auch die Dauer des
Rentenbezuges gestiegen sei. Gleiches ergebe sich aus dem
versicherungsmathematischen Gutachten vom 4.12.2006 zum Stand 31.12.2005 und
aus den versicherungsmathematischen Stellungnahmen des von ihm beauftragten
Sachverständigen Dr. K..
Das vom Beklagten in Auftrag gegebene versicherungsmathematische Gutachten vom
11.8.2005 zur Berechnung der Deckungsrückstellung zum 31.12.2004 führte im Einzelnen
zu folgenden Ergebnissen: Die Bilanzdeckungsrückstellung für die Anwartschaften belief sich
zum 31.12.2004 auf einen Betrag von 4.990.606 Euro. Die Bilanzdeckungsrückstellung für
die laufenden Renten belief sich bis zum 31.12.2004 auf einen Betrag von 9.134.233
Euro. Hieraus errechnete sich eine Gesamtbilanzdeckungsrückstellung (für Bestandsrenten
und Versorgungsanwartschaften) zum 31.12.2004 von 14.124.839 Euro. Dem standen
Vermögenswerte und Forderungen (Aktiva) in Höhe von 9.511.785,70 Euro gegenüber, so
dass sich (unter Berücksichtigung weiterer Passivposten) ein versicherungstechnischer
Ausgleichsbetrag (Deckungslücke) von 4.620.292,68 Euro ergab. Des Weiteren ist
ausgeführt, der zum 31.12.2004 in Höhe von 4,62 Millionen Euro bestehende Fehlbetrag
habe sich gegenüber dem Fehlbetrag zum 31.12.1999 in Höhe von 4,48 Millionen DM
verdoppelt und weise damit eine dramatische Verschlechterung der finanziellen Lage des
Versorgungswerkes aus. Die sehr niedrigen Bedeckungsgrade erforderten, dass
Maßnahmen ergriffen würden, die die langfristige Finanzierbarkeit der
Versorgungsleistungen wieder herstellten. Sicherheiten bezüglich unvorhergesehener
Risiken, der Biometrie oder des Zinsrisikos existierten nicht.
Zu den Berechnungsgrundlagen ist in dem Gutachten u.a. ausgeführt, die Berechnung der
Deckungsrückstellungen sei nach den üblichen Grundsätzen für berufsständische
Versorgungswerke durchgeführt worden. Sie seien nach dem Grundsatz des kollektiven
versicherungsmathematischen Äquivalenzprinzips ermittelt worden, wonach für den in die
Berechnung eingehenden Bestand insgesamt Gleichheit bestehen müsse zwischen dem
Barwert der künftigen Versorgungsleistung und dem Barwert der künftigen
Beitragsleistungen zuzüglich der zum Berechnungszeitpunkt vorhandenen
Deckungsrückstellung. Dabei werde kein rechnungsmäßiger Neuzugang mit einbezogen.
Grundlage für die biometrischen Maßzahlen bildeten die Werte der von Prof. Dr. Heubeck in
Zusammenarbeit mit der Arbeitsgemeinschaft berufsständischer Versorgungswerke (ABV)
1997 entwickelten biometrischen Richttafeln (im Folgenden: Sterbetafeln nach Heubeck
1997). Der Rechnungszins sei mit 4% p.a. angesetzt worden.
Das versicherungsmathematische Gutachten vom 4.12.2006 zur Berechnung der
Deckungsrückstellung zum Stichtag 31.12.2005 gelangte unter Anwendung der gleichen
Berechnungsmaßstäbe und -Grundsätze zu folgenden Berechnungsergebnissen: Zum
31.12.2005 betrug die Bilanzdeckungsrückstellung für die Anwartschaften 4.403.591
Euro, die Bilanzdeckungsrückstellung für die laufenden Renten betrug 9.307.441 Euro. Dies
führte zu einer Gesamtbilanzdeckungsrückstellung zum 31.12.2005 von 13.711,032 Euro.
Gegenüber Vermögenswerten und Forderungen (Aktiva) in Höhe von 9.616.255,89 Euro
errechnete sich daraus (unter Berücksichtigung weiterer Passivposten) ein
versicherungstechnischer Ausgleichsbetrag (Deckungslücke) zum 31.12.2005 in Höhe von
4.104.836,36 Euro. Des Weiteren ist ausgeführt, damit habe sich zwar der Fehlbetrag
zum 31.12.2005 in Höhe von 4,1 Millionen Euro - gegenüber dem Fehlbetrag zum
31.12.2004 in Höhe von 4,62 Millionen Euro - verringert. Diese Verbesserung sei jedoch
darauf zurückzuführen, dass der Anpassungsfaktor (nach dem Bundesbesoldungsgesetz)
Stufe 3 in Höhe von 0,98375 die bestehenden Anwartschaften und die laufenden Renten
verringert habe sowie auf den Wegfall des Sterbegeldes. Ohne Wegfall des Sterbegeldes
habe der Fehlbetrag zum 31.12.2005 ca. 4,28 Millionen Euro betragen.
Auch der vom Beklagten beauftragte versicherungsmathematische Sachverständige Dr. K.
hat in einem Erörterungstermin vor dem Senat am 28.9.2010 ausgeführt, eine Zuspitzung
der finanziellen Lage des Versorgungswerkes der Saarländischen Notarkammer leite er im
konkreten Fall daraus ab, dass sich die Deckungslücke von 4,48 Millionen DM am Stichtag
31.12.1999 auf 4,62 Millionen Euro zum Stichtag 31.12.2004 verdoppelt habe. Bei dieser
Sachlage habe das Versorgungswerk sofort handeln müssen.
Zwar sei die im Versorgungssystem des Beklagten von Beginn an enthaltene
Deckungslücke bei (berufsständischen) Versorgungssystemen mit Altzusagen durchaus
gängig und nicht als „Geburtsfehler“ des Systems zu bezeichnen. In solchen Fällen müsse
nur gewährleistet sein, dass die Deckungslücke gleich bleibe und nicht größer werde. Dies
sei hier aber nicht der Fall gewesen. Der Grund dafür habe nach seiner Einschätzung darin
gelegen, dass in den Jahren vor 2004 stets mit einer Renditeerwartung von 6% gerechnet
worden sei. Diese Renditeerwartung sei zu hoch und die daran ausgerichteten Beiträge
demzufolge zu niedrig bemessen gewesen. Nach seiner Erfahrung mit
Finanzierungssystemen von Versorgungswerken habe im vergleichbaren Zeitraum kein
anderes Versorgungswerk mit einer Renditeerwartung von 6% gearbeitet. Bundesweit
hätten lediglich einige Versorgungswerke die ihren Berechnungen zugrunde liegenden
Renditeerwartungen etwa Mitte der 80-iger Jahre von 3,5% auf 4% erhöht.
Zudem habe in der im Jahre 2007 gegebenen Situation mit einem weiteren erheblichen
Anwachsen der Deckungslücke in der Zukunft gerechnet werden müssen. Dafür seien
schon eine weiter verminderte Renditeerwartung und eine – versicherungsmathematisch –
ungünstigere Lebenserwartung der Versorgungs- und Anwartschaftsberechtigten
maßgeblich gewesen. Es sei bereits damals absehbar gewesen, dass der im Gutachten
zum Stichtag 31.12.2004 angesetzte, im Gegensatz zu den Vorjahren bereits auf 4%
herabgesetzte Rechnungszins in Zukunft nur schwer würde erreicht werden können. Auch
sei damals bereits absehbar gewesen, dass künftig nicht mehr die Sterbetafel nach
Heubeck, Stand 1997 zur Anwendung kommen könne, sondern die neue Sterbetafel nach
Heubeck, Stand 2006, die zwischenzeitlich in Zusammenarbeit mit der
Arbeitsgemeinschaft berufsständischer Versorgungswerke weiter entwickelt worden sei.
Darüber hinaus hat der Sachverständige Dr. K. ausgeführt, die besondere Problematik bei
der Finanzierung des beklagten Versorgungswerks bestehe nach seiner Einschätzung darin,
dass an die beamtenrechtlichen Besoldungserhöhungen jeweils eine gleichzeitige
entsprechende Erhöhung der Leistungen und der Beiträge gekoppelt sei. Aufgrund dieser
Konstruktion führe jede Anhebung bei der Beamtenbesoldung zu einem Verlust beim
Versorgungswerk. Dies folge daraus, dass bei einer Erhöhung der Beamtenbesoldung um
1% die Beiträge um 1% stiegen, aber auch die Renten und Anwartschaften und damit auch
der Leistungsbarwert sowohl der Beitrag zahlenden Anwärter als auch der Rentner um
jeweils 1% steige. Aus versicherungsmathematischer Sicht könne man aber sagen, dass
1% Beitragserhöhung nur etwa 0,5% der Anwartschaftsberechtigung finanziere. Dies folge
aus der durchschnittlich zu erwartenden Zahlungsdauer der erhöhten Beiträge. Hinzu
komme, dass bei dieser Betrachtung von der – ebenfalls um 1% erhöhten -
Rentenberechtigung noch gar nichts finanziert sei. Die sich daraus ergebende Differenz
zwischen den Beiträgen und den Leistungsbarwerten sowohl der Rentner als auch der
Anwärter schlage bei jeder Erhöhung negativ zu Buche. Ein entsprechender Verlust könne
nur ausgeglichen werden, wenn überrechnungsmäßige Anlagegewinne erzielt würden oder
überrechnungsmäßige Sterblichkeitsgewinne eintreten würden. Dies sei hier aber nicht der
Fall gewesen, im Gegenteil sei ja mit zu hohen Renditeerwartungen und mit den alten
Sterbetafeln gerechnet worden. Wenn man die Finanzierung eines solchen
Leistungsprimats habe gewährleisten wollen, so habe man eine Dynamisierung in
Verbindung mit einem realistischen Rechnungszins mit einrechnen müssen.
Die dargelegte Problematik des Leistungsprimats war auch bereits in beiden im Auftrag des
Beklagten erstellten versicherungsmathematischen Gutachten, sowohl in demjenigen zum
Stichtag 31.12.2004 als auch in demjenigen zum Stichtag 31.12.2005 angesprochen.
Im Rahmen des Gutachtens zum Stichtag 31.12.2004 stellte die Lösung gerade dieser
Problematik einen zentralen Punkt im dort vorgeschlagenen Maßnahmekatalog zur
Konsolidierung der Finanzierungsgrundlagen des Versorgungssystems des Beklagten dar.
Neben einem Einfrieren von Renten und Anwartschaften, einer Orientierung der
Versorgungsleistungen an der Höhe der Beitragsleistung und einem (vermeintlich
möglichen) Anwerben junger Notare war als „Maßnahme 2“ vorgeschlagen worden:
„Die Koppelung der Leistungshöhen von Anwartschaften und Renten
an A 13 müsste aufgehoben werden. Eine parallele Anhebung von
Leistungen und Beiträgen ist nicht finanzierbar. Eine
Beitragserhöhung ermöglicht im Schnitt eine Anhebung der
Leistungshöhe der Anwärter um höchstens 50%. Die gleichzeitige
Finanzierbarkeit einer Anhebung der laufenden Renten an die jeweils
neue Höhe der Bundesbesoldungsgruppe A 13 ist mithin durch die
Anhebung der Beiträge in Folge Anhebung der Bemessungsgrenze
aber in keiner Weise finanziert.“
Im Gutachten zum Stichtag 31.12.2005 war im Rahmen der Bewertung der vom
Beklagten beabsichtigten Maßnahmen ausgeführt, durch die Absenkung der
Bemessungsgrundlagen für die Leistungen und die Absenkung des Prozentsatzes für die
Witwenrente sowie die Anhebung der Beitragssätze werde die Deckungsrückstellung
entlastet. Ein entscheidender Nachteil des verwendeten versicherungsmathematischen
Systems bleibe aber bestehen, nämlich die vom Versorgungswerk nicht zu beeinflussende
identische Dynamisierung der Bemessungsgrundlagen für die Leistungen und für die
Beiträge.
Ausgehend davon spricht einiges dafür, dass das Finanzierungssystems des Beklagten im
Jahr 2007 tatsächlich einer Konsolidierung bedurfte. Den vorgelegten Gutachten, erläutert
durch die Darlegungen des versicherungsmathematischen Sachverständigen Dr. K., ist eine
negative Entwicklung desselben sowohl in der Vergangenheit als auch – prognostisch – für
die Zukunft zu entnehmen.
Die Hauptursachen dieser negativen Entwicklung liegen und lagen in einer zu hohen
Renditeerwartung und dem damit verbundenen Ansatz eines zu hohen Rechnungszinses,
im Ansatz zu günstiger biometrischer Maßzahlen und in der Geltung des Leistungsprimats.
Ob dabei das Finanzierungssystem des Beklagten, wie im Rahmen des Klage- und
Berufungsverfahren umstrittenen war, begrifflich treffender als ein – besonderes - offenes
Deckungsplanverfahren oder als ein – besonderes - Kapitaldeckungsverfahren zu
bezeichnen ist, kann für diese Beurteilung im Ergebnis offen bleiben.
Zur Einordnung der verschiedenen Finanzierungssysteme ist von Folgendem auszugehen:
Bei einem Kapitaldeckungsverfahren sind alle Versorgungszusagen durch das vorhandene
Kapital und dessen Erträge gedeckt. Das Anwartschaftsdeckungsverfahren ist ein spezielles
Kapitaldeckungsverfahren, bei dem die erdiente Anwartschaft stets in dem Sinne
versicherungsmathematisch ausfinanziert ist, dass die Höhe des Beitrags individuell und
direkt die Höhe der Versorgungsleistungen bestimmt, d.h. diese hängt allein von der Höhe
der gezahlten Beiträge und dem Lebensalter bei Zahlung ab. Anders als beim
Umlageverfahren erfolgt keine Umverteilung und es gibt keinen „Generationenvertrag“.
Beides trifft für das Versorgungssystem des Beklagten ersichtlich nicht zu. Die
Versorgungsanwartschaften waren im Versorgungssystem des Beklagten zu keinem
Zeitpunkt in dem genannten Sinne versicherungsmathematisch ausfinanziert. Die Höhe der
– mit unterschiedlicher Zahlungsdauer und in Abhängigkeit von der jeweils geltenden
Bemessungsgrundlage - geleisteten Beiträge korrespondiert nicht der Höhe des
Versorgungsanspruchs. Zudem war von Anfang an unstreitig eine Deckungslücke
vorhanden. Diese zeigt in einem Finanzierungssystem den Umlageanteil an. Hierdurch
unterscheidet sich das System des Beklagten von reinen Kapitaldeckungsverfahren.
Das offene Deckungsplanverfahren besitzt demgegenüber sowohl einen Umlageanteil als
auch eine (teilweise) Kapitaldeckung. Die dauernde Leistungsfähigkeit im offenen
Deckungsplanverfahren wird dadurch sichergestellt, dass in der versicherungstechnischen
Bilanz die künftigen Leistungen dem im gleichen Zeitraum vorhandenen Vermögen und den
zu erwartenden Beiträgen gegenübergestellt werden.
Tatsächlich ist das Finanzierungssystem des Beklagten nach Maßgabe der
satzungsmäßigen Regelungen und der tatsächlichen Ausgangssituation bei Errichtung des
Beklagten zwischen dem eines (reinen) Kapitaldeckungsverfahrens und dem eines (reinen)
Umlageverfahrens anzusiedeln. Es vereint Elemente beider Verfahren. Nach der - durch die
Satzungsänderung 2007 insofern unverändert gebliebenen - Regelung des § 14 Abs.1 der
Satzung werden die dem Versorgungswerk obliegenden Leistungen (Altersrente,
Berufsunfähigkeitsrente und Hinterbliebenenrente) durch Beiträge seiner Mitglieder und den
aus seinem Vermögen erzielten Erträgen sowie den Zuweisungen der Notarkammer
erbracht. Da bei Errichtung des Beklagten nicht alle Versorgungszusagen durch das
vorhandene Kapital und die daraus zu erwartende Rendite abgedeckt waren, bestand von
Anfang an eine „historische“ Deckungslücke.
Sowohl von typischen Kapitaldeckungs- als auch von typischen offenen
Deckungsplanverfahren – wie etwa dem in der Entscheidung des
Bundesverwaltungsgerichts vom 21.9.2005 (– 6 C 3/05 -, NJW 2006, 711 ff)
beschriebenen Finanzierungssystem - unterscheidet sich das Versorgungssystem des
Beklagten zudem - vor wie nach der streitigen Satzungsänderung 2007 - wesentlich
dadurch, dass weder die Höhe der Beiträge die Höhe der Versorgungsleistungen noch
umgekehrt die Höhe der Versorgungsleistungen die Höhe der Beiträge bestimmt. Vielmehr
ist im Versorgungssystem des Beklagten die Höhe der Leistungen an den nicht individuell
oder durch das Versorgungswerk beeinflussbaren externen Bezugsgrößen der
Beamtenbesoldung ausgerichtet (sogenanntes Leistungsprimat). Dies waren bis zur
Satzungsänderung 2007 die Besoldungsgruppe A 13 (§ 27 Satz 1 Satzung Stand 1992 -
2005) und in Ausnahmefällen die Besoldungsgruppe A 14 (§ 29 Abs.1 Satz 2 Satzung
Stand 1992 - 2005), danach die Besoldungsgruppen A 12 und A 13 (§ 27 Satz 1 und § 29
Abs. 1 Satz 2 Satzungsänderung 2007). Die Höhe der Beiträge ist hieran nur insofern
orientiert, als die Bezugsgröße für die Beiträge ebenfalls der Beamtenbesoldung
entnommen ist. Bis zur Satzungsänderung 2007 handelte es sich um die
Besoldungsgruppe A 13, danach um die Besoldungsgruppe A 12 (§ 18 Abs. 1 Satz 1
Satzung Stand 2005 / Satzung Stand 2007).
Ein weiterer wesentlicher Unterschied in der Ausgestaltung des Finanzierungssystems des
Beklagten liegt darin, dass der Beklagte, anders als andere berufsständische
Versorgungswerke, die Zahl der neu eintretenden Versorgungsanwärter nicht nach
Belieben durch das Anwerben neuer Mitglieder erhöhen kann. Vielmehr gehören ihm
gemäß § 2 Abs.1 NKVersWG nur die im Saarland bestellten Notare und Notarinnen, deren
Zahl gemäß § 4 BNotO auf einen bestimmten, derzeit 37 Stellen betragenden Bestand
festgeschrieben ist, und die im Dienstverhältnis zum Saarland stehenden Notarassessoren
und Notarassessorinnen an.
Vor diesem Hintergrund erscheinen die Berechnung der Deckungslücke in dem Gutachten
zum Stichtag 31.12.2004 und die aus deren Verdoppelung gegenüber dem Stichtag
31.12.1999 abgeleitete negative Entwicklung des Finanzierungssystems des Beklagten in
der Vergangenheit plausibel.
Demgegenüber greift nach dem derzeitigen Erkenntnisstand auch nicht der Einwand durch,
dass bei der Ermittlung der Deckungslücke eine Berücksichtigung von Neuzugängen nicht
erfolgt sei.
Das genannte Gutachten betrachtet auf der Passivseite die Versorgungslast für die zum
Stichtag vorhandenen Rentner und Versorgungsanwärter. Diese wird nach den
Erläuterungen des Versicherungsmathematischen Sachverständigen Dr. K. ermittelt unter
Berücksichtigung der Anzahl der Versorgungsberechtigten und deren durchschnittlicher
Lebenserwartung, die durch Anwendung der - nach allgemeinen
versicherungsmathematischen Wahrscheinlichkeiten für berufsständische
Versorgungswerke entwickelten - Sterbetafeln nach Heubeck abgebildet wird. Die für deren
Kapitalbedeckung erforderliche Deckungsrückstellung auf der Passivseite ist danach in der
Weise berechnet, dass bezüglich der zum Stichtag vorhandenen Rentner die
Deckungsrückstellung gleich der errechneten Versorgungslast (Leistungsbarwert) ist.
Dieser Wert lag zum Stichtag 31.12.2004 bei 9.134.233 Euro. Bei den
Versorgungsanwärtern wurde demgegenüber von deren errechneten künftigen
Versorgungsleistungen (Leistungsbarwert) der Wert der künftig von diesen Anwärtern zu
erwartenden Beiträge - zum Stichtag abgezinst und mit der Wahrscheinlichkeit ihres
Eintretens gewichtet – als interner Rechnungsposten (Beitragsbarwert) in Abzug gebracht.
Dies führte für die zum Stichtag vorhandenen männlichen Anwärter bei einem
Leistungsbarwert in Höhe von 9.843.841 + 1.909.664 Euro und einem Beitragsbarwert in
Höhe von 6.638.824 Euro zu einer Deckungsrückstellung von 5.114.681 Euro, für die zum
Stichtag vorhandenen weiblichen Anwärter bei einem Leistungsbarwert in Höhe von
345.244 + 200.526 Euro und einem Beitragsbarwert in Höhe von 669.845 Euro zu einer
Deckungsrückstellung von minus 124.075 Euro. Daraus ergibt sich eine
Gesamtdeckungsrückstellung für die Anwärter in Höhe von (5.114.681 - 124.075 Euro =)
4.990.606 Euro.
Die künftigen Beitragsleistungen der zum Stichtag vorhandenen Anwärter sind danach in
die Ermittlung der Deckungslücke als Abzugsposten auf der Passivseite eingeflossen.
Auf der Aktivseite wird demgegenüber das vorhandene Kapital (Vermögen des
Versorgungswerks) betrachtet, und zwar einschließlich der künftig zu erwartenden
Ertragsentwicklung, deren Umfang rechnerisch insbesondere durch den in Ansatz
gebrachten Rechnungszins beeinflusst wird. Dieser war im Gutachten zum Stichtag
31.12.2004 mit 4% angesetzt. Die in Ansatz gebrachten Vermögenswerte beliefen sich
danach auf 9.511.785,70 Euro.
Zur Herbeiführung des in der Bilanz erforderlichen Gleichstandes zwischen der Aktiv- und
der Passivseite war danach (unter Berücksichtigung weiterer Passivposten) auf der
Aktivseite ein versicherungsmathematischer Ausgleichsbetrag erforderlich. Dieser
Rechnungsbetrag ist die Deckungslücke, die mithin 4.620.292,68 Euro betrug.
Dass bei dieser Art der Berechnung nicht die Beitragsleistung künftiger, d.h. nach dem
Rechnungsstichtag erfolgender Neuzugänge berücksichtigt ist, stellt deren Aussagekraft
nicht durchgreifend in Frage. Dies folgt zum einen daraus, dass das Gutachten eine
Stichtagsbetrachtung vornimmt und zum anderen daraus, dass bei dem beklagten
Versorgungswerk die Zahl der (Versorgungs-)Anwärter nicht beliebig vermehrt werden
kann. Letzteres beruht auf der an § 4 BNotO orientierten Festschreibung der Zahl der zu
bestellenden Notare und auf der Vorschrift des § 2 Abs.1 NKVersWG, wonach dem
Beklagten nur die im Saarland bestellten Notare und Notarinnen und die im Dienstverhältnis
zum Saarland stehenden Notarassessoren und Notarassessorinnen angehören. Tatsächlich
ist die Entwicklung der Notarstellen im Saarland in der jüngeren Vergangenheit dadurch
gekennzeichnet gewesen, dass wegen zurückgehender Urkundenzahlen die Zahl der
Notarstellen von 2004 bis 2011 von 40 auf 37 vermindert wurde. Die Zahl der Anwärter
(Notare und Notarinnen sowie Notarassessoren und Notarassessorinnen) ist in dem
Gutachten zum Stichtag 31.12.2004 für den Zeitraum von 2000 bis 2004 mit zwischen
44 und 45 angegeben. Es ist und war danach nicht zu erwarten, dass die Zahl der
vorhandenen Anwärter und damit zugleich die Zahl der Beitragszahler im Laufe der Zeit
zunimmt, sondern es ist maximal ein potenzieller Gleichstand zu erwarten. Deshalb
reduziert sich ein Zugangsgewinn, der nach dem Gutachtensstichtag durch neu
eintretende Anwärter (Neuzugänge) erwartet werden kann und der über die – wie oben
dargelegt – in den Beitragsbarwerten berücksichtigten laufenden Beitragsleistungen
hinausgeht, von vornherein auf deren einmalige Eintrittszahlung, die nach § 16 Abs.1 der
Satzung des Beklagten bis 2005 einen Betrag in Höhe des dreifachen der monatlichen
Altersrente umfasste (durch die Satzungsänderung 2007 wurde dieser Betrag auf das
fünffache der monatlichen Altersrente erhöht). Es handelt sich nämlich insoweit nur
personenbezogen (bezogen auf die konkrete Person), nicht zahlenbezogen (bezogen auf
die Anzahl der Personen) um Neuzugänge. Denn der Zahl der zwischen zwei Stichtagen als
Beitragszahler und Versorgungsanwärter neu eingetretenen Mitgliedern des
Versorgungswerks steht die gleiche Zahl an in den Ruhestand getretenen Notaren
gegenüber, die zu Versorgungsberechtigten geworden und als Beitragszahler weggefallen
sind.
Neben der Verdoppelung der Deckungslücke in der Vergangenheit ist zudem auch ein
künftiges weiteres Anwachsen derselben plausibel dargelegt und zu erwarten. Denn die
Ursachen für die Verdoppelung der Deckungslücke in der Vergangenheit wirken auch in der
Zukunft fort.
Die Haupteinflussfaktoren für die Verdoppelung der Deckungslücke lagen nach den
plausiblen Darlegungen des versicherungsmathematischen Sachverständigen Dr. K. in der
Vergangenheit darin, dass aufgrund einer zu hohen Gewinnerwartung der Ansatz eines zu
hohen Rechnungszinses erfolgt war, sowie in der Geltung des Leistungsprimats im
Versorgungssystem des Beklagten, der – wie dargestellt – zu automatisch eintretenden
Deckungsverlusten führen musste. Keiner dieser Einflussfaktoren ist für die Zukunft
entfallen. Im Gegenteil muss für die Zukunft aufgrund der Veränderung der biometrischen
Rahmenbedingungen zusätzlich noch die Anwendung der neuen Sterbetafeln nach Heubeck
2006 als weitere Ursache berücksichtigt werden. Der Wirkungsgrad dieser Ursachen ist
dabei unterschiedlich zu bewerten.
Nach den Schätzungen des versicherungsmathematischen Sachverständigen Dr. K. führt
voraussichtlich sowohl eine zu erwartende weitere Absenkung des Rechnungszinses von
4% auf 3,5% als auch die Anwendung der neuen Sterbetafel nach Heubeck, Stand 2006,
jeweils für sich betrachtet versicherungsmathematisch zu einer (weiteren) Erhöhung der
Deckungsrückstellung für die Rentner um etwa 10%. Bezogen auf diese Einflussfaktoren ist
ein weiteres Anwachsen der versicherungsmathematischen Deckungslücke in der Zukunft
jedoch nicht mit derselben Dynamik wie bei der Erhöhung um 100% (Verdoppelung) in der
Zeit von 1999 bis 2004 zu erwarten. Zwar machte nach der Schätzungen des
Sachverständigen Dr. K. in diesem Zeitraum allein der Verursachungsanteil des zu hoch
angesetzten Rechnungszinses etwa zwei Drittel aus. Jedoch ist der Sachverständige nicht
davon ausgegangen, dass eine weitere Absenkung des Rechnungszinses in Zukunft in
vergleichbarer Höhe wie in der Vergangenheit (2%) unmittelbar bevorsteht. Zudem stellt
die Absenkung des Rechnungszinses einen endlichen Prozess und damit einen endlichen
Einflussfaktor dar.
Anderes gilt für die Dynamik der zu erwartenden negativen Entwicklung aufgrund der
Geltung des Leistungsprimats im Versorgungssystem des Beklagten.
Wie bereits im Maßnahmevorschlag 2 des versicherungsmathematischen Gutachten zum
Stichtag 31.12.2004 ausgeführt ist und der Sachverständige Dr. K. nochmals verdeutlicht
hat, löst jede beamtenrechtliche Besoldungserhöhung eine Anwartschafts- und eine
Rentenerhöhung um jeweils 1% aus, dem aber lediglich eine Beitragserhöhung um 1%
korrespondiert, die ihrerseits nur zur Finanzierung einer Anwartschaftserhöhung um 0,5%
ausreicht, ohne dabei überhaupt etwas zur Finanzierung der Rentenerhöhung beitragen zu
können. Es liegt deshalb auf der Hand, dass jede Anhebung bei der Beamtenbesoldung
automatisch zu einem (Deckungs-)Verlust beim Versorgungswerk führen muss.
Die Größenordnung dieses (Deckungs-)Verlustes lässt sich ebenfalls aufgrund der
Darlegungen des versicherungsmathematischen Sachverständigen Dr. K. ermessen. Dieser
hat zum einen erklärt, zur Finanzierung einer Anwartschafts- und Rentenerhöhung, die den
gleichen Umfang hat wie eine beamtenrechtliche Besoldungserhöhung, gebe es aus
versicherungsmathematischer Sicht auch die Möglichkeit, dies über eine Beitragserhöhung
zu steuern. Als grobe Abschätzung könne gesagt werden, dass zur Finanzierung einer
Erhöhung nur der Rentenbezüge um 1% eine Beitragserhöhung von ca. 1,4% erforderlich
wäre. Zur Finanzierung einer Erhöhung sowohl der Anwartschaften als auch der Renten
um jeweils 1% wäre eine Beitragserhöhung um ca. 3% erforderlich. Dies bedeutet, dass
bei dem - vor wie nach der Satzungsänderung 2007 - geltenden Leistungsprimat jede
beamtenrechtliche Besoldungserhöhung um 1% zu einem (Deckungs-)Verlust im
Finanzierungssystem des Beklagten in Höhe dieser Differenz (unterlassene
Beitragserhöhung um 2%) führt.
Zum anderen hat er auf die Frage, wie die zwei Hauptursachen für die Verdoppelung der
Deckungslücke zwischen 1999 und 2004 quantitativ einzuordnen seien, erklärt, die
Dynamisierung im Zusammenhang mit dem Leistungsprimat habe gegenüber dem Ansatz
des (zu hohen) Rechnungszinses von 6% eine geringere Bedeutung gehabt. In Zahlen
ausgedrückt habe die Dynamisierung aufgrund des Leistungsprimats schätzungsweise
einen Anteil von einem Drittel bei den Hauptursachen für die Verdoppelung der
Deckungslücke zwischen 1999 und 2004 ausgemacht.
Für die prognostische Betrachtung der Entwicklung des Finanzierungssystems des
Beklagten ist jedoch vor allem zu beachten, dass die aufgezeigte Dynamisierung der
Deckungslücke aufgrund des Leistungsprimats und die damit verbundenen (Deckungs-
)Verluste bei Festhalten an dieser Art der Leistungsbemessung auf Dauer einkalkuliert
werden müssen, wohingegen die zu erwartenden (Deckungs-)Verluste aufgrund auch
künftig wahrscheinlich notwendiger Korrekturen des Rechnungszinses nach unten (auf
unter 4%) eine endliche Einflussgröße darstellen.
In der Gesamtbetrachtung ergeben sich danach aus den in der Vergangenheit sichtbar
gewordenen und für die Zukunft zu erwartenden (Deckungs-)Verlusten im
Finanzierungssystem des Beklagten gewichtige Anhaltspunkte für die Bejahung einer
deutlich negativen Entwicklung der finanziellen Lage des Versorgungswerks vor und bei
Erlass der Satzungsänderung 2007.
Es gibt allerdings keine prognostisch ausgerichteten versicherungsmathematischen
Verlaufsberechnungen zur weiteren Entwicklung der Leistungs- und Funktionsfähigkeit des
Finanzierungssystems des Beklagten. Danach verbleibende letzte Zweifel an der
Notwendigkeit einer Konsolidierung der finanziellen Lage des Versorgungswerks bei Erlass
der Satzungsänderung 2007 hätten insoweit nur durch Einholung eines
versicherungsmathematischen Gutachtens ausgeräumt werden können. Einer derartigen
abschließenden Aufklärung bedurfte es im vorliegenden Berufungsverfahren jedoch nicht.
Die Ausräumung der verbleibenden Zweifel kann für die weitere Prüfung zugunsten des
Beklagten unterstellt werden. Denn die hier streitgegenständlichen, zu Lasten der
Bestandsrentner getroffenen Neuregelungen, die unter Verzicht auf jegliche
Übergangsregelung eine Kürzung des Zahlbetrages der Bestandsrenten um mehr als 9%
herbeiführten, entsprechen – auch bei Annahme der Notwendigkeit einer Konsolidierung
der finanziellen Lage des Versorgungswerks bei Erlass der Satzungsänderung 2007
aufgrund der oben dargelegten Anhaltspunkte - in ihrer konkreten Ausgestaltung nicht dem
Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.
Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit erfordert bei der Überprüfung von Inhalts- und
Schrankenbestimmungen des grundgesetzlich garantierten Eigentums, dass der Eingriff
geeignet, erforderlich und verhältnismäßig im engeren Sinne ist.
Vorliegend bestehen im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung bereits nachhaltige
Zweifel daran, ob der vorgenommene Eingriff als geeignetes Mittel zur Konsolidierung der
finanziellen Lage des Versorgungswerks angesehen werden kann.
Der Beklagte hat zur Begründung der Eignung geltend gemacht, die vorgenommene
Kürzung sowohl der Anwartschaften als auch der Bestandsrenten durch Absenkung der
Bezugsgröße von A 13 auf A 12 (bzw. in Einzelfällen von A 14 auf A 13) habe eine
sofortige Entlastung der Deckungsrückstellungen herbeigeführt, und zwar in einem
Umfang, der zur Halbierung des Betrages der zum Stichtag 31.12.2004 bestehenden
versicherungsmathematischen Deckungslücke und damit deren Rückführung auf den Stand
von 1999 geführt habe und dies innerhalb eines Jahres. Dies trifft zu, denn durch die
Kürzung der Ansprüche und Anwartschaften waren in der Bilanz des Versorgungswerks
auch die hierfür versicherungsmathematisch in Ansatz zu bringenden
Deckungsrückstellungen entsprechend zu vermindern, was bei einer Gegenüberstellung der
Aktiva (Vermögen und Renditeerwartung) und der Passiva (Deckungsrückstellungen) zu
einem entsprechend verminderten versicherungsmathematischen Ausgleichsbetrag führen
musste.
Es ist jedoch äußerst zweifelhaft, ob die Anwendung dieses Mittels tatsächlich geeignet
war, eine nachhaltige Konsolidierung der finanziellen Lage des Versorgungswerks
herbeizuführen. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass die bestehende
Konstruktion des Leistungsprimats beibehalten blieb, die – wie dargelegt – mit stetigen
weiteren Deckungsverlusten einhergeht, ohne dass dafür eine Gegenfinanzierung
vorgesehen oder ersichtlich ist.
Wie bereits ausgeführt, gab es in der Vergangenheit – auch nach der Einschätzung des
versicherungsmathematischen Sachverständigen Dr. K. - zwei Hauptursachen für die
angespannte finanzielle Situation des beklagten Versorgungswerks. Eine dieser
Hauptursachen lag darin, dass in der Vergangenheit mit weit überhöhten
Renditeerwartungen gearbeitet und deshalb ein überhöhter Rechnungszins in Höhe von 6%
angesetzt worden war, der erstmals in dem versicherungsmathematischen Gutachten
zum Stichtag 31.12.2004 auf 4% reduziert wurde. Die zweite Hauptursache lag darin,
dass aufgrund des bestehenden Leistungsprimats mit jeder beamtenrechtlichen
Besoldungserhöhung automatisch Deckungsverluste verbunden waren.
Die getroffenen Maßnahmen zur Halbierung der Deckungslücke haben indes keinen Einfluss
auf das Fortwirken dieser Ursachen. Sie wirken im Wesentlichen nur statisch auf das
Finanzierungsproblem des Beklagten ein.
Durch die Halbierung der zum Stichtag 31.12.2004 bestehenden Deckungslücke wurde der
Umlageanteil im Finanzierungssystem des Beklagten auf den zum 31.12.1999
errechneten Stand zurückgefahren. Dies mag geeignet gewesen sein, dem
Versorgungssystem des Beklagten eine – mehr oder weniger lange – Atempause zu
verschaffen. Auf mittlere bzw. lange Sicht konnten die Finanzierungsprobleme des
Versorgungssystems des Beklagten dadurch jedoch nicht gelöst werden. Denn nach wie
vor führt der Leistungsprimat zu stetig fortschreitenden, mit jeder beamtenrechtlichen
Besoldungserhöhung verbundenen Deckungsverlusten, und zwar unabhängig davon, ob die
der beamtenrechtlichen Besoldung entnommene Bezugsgröße bei A 13 oder bei A 12 liegt.
Dieses strukturelle Problem hat, wie auch bereits in der Bewertung der vom Beklagten
geplanten Maßnahmen in dem versicherungsmathematischen Gutachten zum Stand
31.12.2005 ausgeführt ist, als solches durch die Satzungsänderung von 2007 keine
Lösung erfahren. Da ein Ausgleich dieser stetigen Deckungsverluste auf andere Art und
Weise, etwa durch das Anwerben zusätzlicher Anwärter, zusätzliche Renditegewinne oder
zusätzliche versicherungsmathematische Sterblichkeitsgewinne, nicht möglich bzw. nicht
zu erwarten ist, ist davon auszugehen, dass sich die finanzielle Lage des
Versorgungssystems des Beklagten auch unter der Geltung der Satzungsänderung 2007
über kurz oder lang erneut zuspitzen und erneut Konsolidierungsmaßnahmen erforderlich
sein werden.
Dementsprechend hat auch der versicherungsmathematische Sachverständige Dr. K.
ausgeführt, dass durch die Absenkung der Bemessungsgröße für die Anwartschaften und
für die Renten zwar die Deckungslücke positiv beeinflusst, die finanzielle
Gesamtproblematik jedoch lediglich abgemildert werden konnte. Da das strukturelle
Problem unverändert fortbestehe, werde das Versorgungswerk nochmals rechnen und
nochmals überlegen müssen. Ob das A. sein bisheriges Finanzierungssystem beibehalten
wolle, sei Sache des Versorgungswerks. Wenn man es beibehalten wolle, müsse man
überlegen, wie man es dauerhaft finanziell absichere.
Dies bedeutet aber, dass die Eignung der in und aufgrund der Satzungsänderung von 2007
getroffenen Regelungen erheblich beschränkt ist. Sie führt lediglich zu einer kurz- bzw.
mittelfristigen Entlastung des Gesamtvolumens der Deckungsrückstellungen, beeinflusst
aber nicht wesentliche, für die künftig zu erwartende negative Entwicklung maßgebliche
Einflussfaktoren. Die Eignung als Beitrag zur nachhaltigen Konsolidierung der finanziellen
Grundlagen des Versorgungssystems des Beklagten ist damit allenfalls sehr eingeschränkt
gegeben, da eine Lösung des strukturellen und stetig weiter in die Zukunft wirkenden
Problems nicht erfolgt ist.
Auch in Ansehung des dem Normgeber zustehenden weiten Gestaltungsermessens
BVerfG, Urteil vom 28.2.1980 – 1 BvR 17/77 u.a. -, BVerfGE 53,
257 ff., Urteil vom 28.4.1999 – 1 BvR 32/95 und 1 BvR 2105/95 -,
BVerfGE 100, 1ff., Beschluss vom 11.5.2005 - 1 BvR 368/97 u.a. -
BVerfGE 112, 368 m.w.N und Beschluss vom 13.6.2006, - 1 BvL
9/00 u.a – BVerfGE 116, 96 ff.; BVerwG, Urteil vom 21.9.2005 – 6 C
3/05 -, NJW 2006, 711 ff.; BSG, Urteil vom 25.2.2010 - B 10 LW
3/09 R -, hier jeweils zitiert nach juris.
spricht danach alles dafür, dass die im Rahmen der Satzungsänderung 2007 getroffenen
Regelungen und der darauf beruhende Eingriff in die eigentumsrechtlich geschützte
Bestandsrente des Klägers, die unter Beibehaltung wesentlicher struktureller Probleme nur
temporär zu einer Verbesserung der finanziellen Grundlagen des Versorgungssystems des
Beklagten führt, nicht als geeignet zu deren nachhaltiger Konsolidierung beurteilt werden
kann.
Ob die Annahme einer in diesem Sinne zumindest stark eingeschränkten Eignung für sich
genommen bereits zu einer Verneinung der Verhältnismäßigkeit führen muss, bedarf hier
keiner abschließenden Entscheidung. Denn selbst wenn die beschriebene, nur partielle
Eignung als ausreichend zur Bejahung der Geeignetheit der Maßnahme im Rahmen der
Verhältnismäßigkeitsprüfung angesehen würde, würde dies hier gleichwohl nicht zu dem
Ergebnis führen, dass sie in ihrer konkreten Ausgestaltung dem Grundsatz der
Verhältnismäßigkeit entspricht.
Denn auch bei unterstelltem Ausreichen einer nur eingeschränkten Eignung kann jedenfalls
die im Rahmen der Verhältnismäßigkeit weiter zu prüfende Frage der Erforderlichkeit des
streitigen Eingriffs in die Bestandsrenten durch Kürzung des Zahlbetrages um mehr als 9%
unter Verzicht auf jegliche Übergangsregelung nicht bejaht werden.
Es gibt nämlich keine Anhaltspunkte oder gar Belege dafür, dass der Eingriff zu Lasten der
Bestandsrentner in dieser Höhe (und erst recht mit Blick auf den völligen Verzicht auf eine
Übergangsregelung für die Bestandsrentner) zum Zwecke der Konsolidierung der
Finanzgrundlagen des Finanzierungssystems des Beklagten erforderlich gewesen ist. Dies
gilt sowohl mit Blick auf die Frage, ob und warum der Eingriff von seinem Umfang her so
bemessen wurde, dass eine Zurückführung der Deckungslücke gerade auf den
(errechneten) Stand zum 31.12.1999 erreicht wurde, als auch mit Blick auf die Frage, ob
es erforderlich war, die Bestandsrentner durch die dauerhafte und übergangslose
Absenkung ihrer Versorgungsbezüge in diesem Ausmaß anteilig heranzuziehen. Im
Gegenteil haftet nach den eigenen Darlegungen der Beklagtenseite der Festlegung des
Sanierungsziels auf die sofortige Zurückführung der Deckungslücke auf den (errechneten)
Stand zum 31.12.1999 eine gewisse Zufälligkeit an und hat der Beklagte zu der Frage,
wodurch der Anteil der Heranziehung der Bestandsrentner zur Erreichung dieses
Sanierungsziels bestimmt wurde, selbst zu erkennen gegeben, dass dies wesentlich (auch)
von dem Gedanken bestimmt war, eine höhere Beitragsgerechtigkeit im Verhältnis der
Anwärter zu den Bestandsrentnern herbeizuführen.
Zwar hat auf Seiten des Beklagten der versicherungsmathematische Sachverständige Dr.
K. ausgeführt, aus seiner Sicht sei die Satzungsänderung alternativlos gewesen. Mit
alternativlos sei gemeint, dass man zum Zeitpunkt der Erstellung der Gutachten zum
Stichtag 31.12.2004 und zum Stichtag 31.12.2005 bzw. im Jahre 2007 entschlossen
habe handeln müssen, da sich die Deckungslücke von 4,48 Millionen DM am Stichtag
31.12.1999 auf 4,62 Millionen Euro am Stichtag 31.12.2004 verdoppelt gehabt habe.
Zudem seien ausweislich des Gutachtens Stand 31.12.2004 zwei Drittel der
Deckungsrückstellungen auf die Bestandsrentner entfallen. Daraus ergebe sich, dass ohne
Heranziehung der Bestandsrentner nur durch sehr große Leistungskürzungen und
Beitragsanhebungen bei den Anwärtern die Deckungslücke auf den Stand von 1999 habe
zurückgeführt werden können. Mit alternativlos meine er deshalb auch, alternativlos im
Hinblick auf eine Beteiligung der Rentner an der Rückführung der Deckungslücke. Man habe
die Deckungslücke in dieser Größenordnung, nämlich einer Verringerung um ca. 2 Millionen
Euro auf ca. 2 Millionen Euro, d.h. auf den Stand von 1999 zurückführen müssen. Man
habe sie aber nicht weiter als auf diesen Stand zurückführen müssen und dürfen, weil eine
solche Deckungslücke dem Versorgungssystem von Anfang an immanent gewesen sei und
eine weitere Zurückführung einen Eingriff in die Austarierung zwischen den Beitragszahlern
und den Rentnern bedeutet hätte.
Das Erfordernis, die Deckungslücke gerade auf den Stand von 1999 zurückzuführen, hat
der versicherungsmathematische Sachverständige Dr. K. damit begründet, dass er bei der
Erstellung des Gutachtens zum Stichtag 31.12.2004 versucht habe, die Schwankungen
des Deckungsgrades des Versorgungswerks in den letzten 20 Jahren herauszufinden. Das
sei sehr schwierig gewesen und letztlich nicht gelungen. Deswegen sei es am sichersten
erschienen, auf das letzte vorhandene Gutachten von 1999 abzustellen und auf die damals
bestehende Deckungslücke wieder hinzusteuern. Man habe auch auf einen Wert zwischen
1999 und 2004 schauen können, wenn ein Gutachten vorhanden gewesen wäre.
Jedenfalls habe man die bestehende Deckungslücke dringend abbauen müssen und der
Stand von 1999 sei zudem derjenige vor der Verdoppelung der Deckungslücke gewesen.
Es sei klar gewesen, dass die zum 31.12.2004 bestehende Deckungslücke durch die
Neuzugänge nicht würde gegenfinanziert werden können. Zudem sei in diese Betrachtung
eingeflossen, dass man das Verhältnis zwischen Beiträgen und Leistungen in den Blick
genommen habe und wohl davon ausgegangen sei, dass dieses vor der Verdoppelung der
Deckungslücke gerechter gewesen sei als zum Stichtag 31.12.2004.
Diese Ausführungen belegen - ausgehend von der Annahme des oben bereits erörterten
Konsolidierungsbedarfs des Versorgungssystems des Beklagten und unter Annahme der
partiellen Geeignetheit einer einmaligen Zurückführung der zum 31.12.2004 bestehenden
Deckungslücke auf den Stand der zum 31.12.1999 errechneten Deckungslücke - zweierlei.
Zum einen hat der Beklagte bei der Bemessung und Ausgestaltung des auch und gerade
auf die Bestandsrentner entfallenden Eingriffs – weder im Vorhinein noch im Nachhinein –
nachvollziehbar überprüft und dargelegt, ob eine Zurückführung der Deckungslücke gerade
auf den zum 31.12.1999 errechneten Stand erforderlich gewesen ist. Die Zurückführung
auf gerade diesen Stand ist lediglich damit begründet worden, dass es am sichersten
erschienen sei, auf das letzte vorhandene Gutachten von 1999 abzustellen und auf die
damals bestehende Deckungslücke wieder hinzusteuern, zumal dies auch der Stand vor
der Verdoppelung der Deckungslücke gewesen sei. Dies vermag indes die Erforderlichkeit
der Maßnahme weder im Hinblick auf deren Gesamtvolumen noch mit Blick auf die interne
Lastenverteilung zwischen Versorgungsanwärtern und Bestandsrentnern zu belegen. Dies
gilt umso mehr, als die Zurückführung der Deckungslücke – wie dargelegt – zur Erreichung
des Konsolidierungszwecks ohnehin nur eingeschränkt geeignet war.
Zum anderen vermag die Argumentation des Beklagten auch nicht zu belegen, dass die
Zurückführung der Deckungslücke auf den Stand von 1999 im Jahre 2007 unmittelbar und
übergangslos erforderlich war. Zwar hat der versicherungsmathematische
Sachverständige Dr. K. auch ausgeführt, dass es ohne die Satzungsänderung bereits im
Jahr 2008 zu einem Vermögensverzehr gekommen wäre. Hieraus ergibt sich aber nicht,
dass eine Satzungsänderung mit geringeren Eingriffen in die Bestandsrenten, sei es
bezogen auf den Umfang oder sei es bezogen auf die zeitliche Komponente der
Reduzierung, ebenfalls bereits im Jahr 2008 zu einem Vermögensverzehr geführt hätte.
Zudem ist davon auszugehen, dass das Jahr 2008 als das Jahr der Finanzkrise mit
entsprechenden Gewinneinbrüchen hier ohnehin eine Sonderstellung einnimmt und deshalb
nicht ohne weiteres für derartige Vergleiche herangezogen werden kann.
Schließlich bestätigen die vorstehenden Darlegungen des versicherungsmathematischen
Sachverständigen Dr. K., dass das Maß der Heranziehung der Bestandsrentner im Rahmen
der streitigen Satzungsänderung 2007 tatsächlich nicht nur an dem Ziel einer
Konsolidierung des Versorgungssystems des Beklagten ausgerichtet war, sondern auch an
dem Ziel einer Verbesserung der Beitragsgerechtigkeit im Verhältnis zwischen den
Versorgungsanwärtern und den Bestandsrentnern.
Soweit der Beklagte dem, wie zuletzt in der mündlichen Verhandlung vom 19.1.2011,
entgegengehalten hat, er habe angesichts der Verschlechterung der finanziellen Lage des
Versorgungswerks allein das Ziel verfolgt, dessen Finanzgrundlagen zu konsolidieren, kann
dem nicht gefolgt werden.
Bereits in dem angefochtenen Widerspruchsbescheid ist u.a. ausgeführt, eine
Besitzstandswahrung der Bestandsrentner und ihrer Hinterbliebenen bis zur vollständigen
Verwendung des Reinertrages des Rücklagevermögens lasse außer Betracht, dass das
Rücklagevermögen nicht nur von den Bestandsrentnern, sondern zu einem großen Teil
auch von den derzeitigen Beitragszahlern, d.h. den derzeitigen Anwartschaftsberechtigten
und künftigen Versorgungsempfängern erbracht worden sei und demnach den
Bestandsrentnern überhaupt nur anteilig zustehe, was damit auch für die Erträge gelte. Die
Erträge wiederum seien bis zur Satzungsänderung überverhältnismäßig den
Bestandsrentnern und deren Hinterbliebenen über die Versorgungsleistungen
ausgeschüttet worden. Zudem seien in den letzten Jahren vor der Satzungsänderung
Versorgungsleistungen auch aus dem Teil der Erträge geleistet worden, der für den
Kapitalerhalt erforderlich gewesen sei, so dass bis zur Kürzung der Versorgungsleistungen
Zahlungen aus der Substanz und letztlich einseitig zu Lasten der an der Substanz
mitberechtigten künftigen Versorgungsempfänger erfolgt sei, was dringend der Korrektur
bedurft habe. Des Weiteren heißt es, das eigentliche Ziel bestehe darin, dass jedes Mitglied
mit seinen Beiträgen möglichst so viel zum Aufbau des Vermögens des Versorgungswerks
beitrage, dass später die diesem Mitglied gebührenden Versorgungsleistungen durch die
Erträge des mit Hilfe seiner Beiträge gestiegenen Vermögens gedeckt seien.
Im Einklang damit hat der versicherungsmathematische Sachverständige Dr. K. zur Frage
der Erforderlichkeit des Verzichts auf eine Übergangsregelung zugunsten der
Bestandsrentner ausgeführt, den Differenzbetrag zwischen der Rückführung der
Deckungslücke nach Maßgabe der Satzungsänderung 2007 einerseits und der Rückführung
der Deckungslücke unter Anwendung einer Übergangsregelung andererseits habe er nicht
berechnet und soweit er wisse, sei er auch nicht berechnet worden. Das Problem bei der
Betrachtung von Übergangsregelungen liege darin, dass damals wie heute das Verhältnis
der Belastung der Anwärter einerseits und der Rentner andererseits bei der Finanzierung
der Deckungslücke grob ungerecht zu Lasten der Anwärter sei. Durch eine
Übergangsregelung wäre diese Ungerechtigkeit noch vergrößert worden und es wäre zu
einer ungerechtfertigten Besserstellung der Rentner gekommen.
Mit dieser Argumentation kann die Erforderlichkeit der Heranziehung der Bestandsrentner
in dem erfolgten Maße (Eingriff in den Zahlbetrag in Höhe von über 9% unter Verzicht auf
jegliche Übergangsregelung) indes nicht begründet werden. Denn darauf, dass die
Maßnahme geeignet und erforderlich gewesen sein mag, eine höhere Beitragsgerechtigkeit
im Verhältnis zwischen den Versorgungsanwärtern und den Bestandsrentnern
herbeizuführen, kann der Beklagte sich zur Begründung eines Eingriffs in die besonders
geschützte Rechtsposition der Inhaber bereits entstandener Versorgungsansprüche nicht
berufen. Die Herstellung einer höheren Beitragsgerechtigkeit stellt in diesem Kontext kein
legitimes Gemeinwohlziel dar und kann daher weder zum Beleg der Geeignetheit der
Maßnahme noch zum Beleg ihrer Erforderlichkeit herangezogen werden.
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts
BVerwG, Urteil vom 21.9.2005 – 6 C 3/05 -, NJW 2006, 711 ff., hier
zitiert nach juris
ist der Satzungsgeber grundsätzlich gehindert, das Versorgungsniveau nach dem Eintritt
des Versorgungsfalles allein deswegen abzusenken, weil er die Angemessenheit der
gewährten Versorgung nunmehr anders als früher einschätzt. Nach der Entstehung des
entsprechenden Versorgungsanspruchs muss der Gesichtspunkt eingeschränkter
Beitragsgerechtigkeit, insbesondere weil der Versorgungsberechtigte geringere
Beitragszahlungen als andere Versorgungsempfänger oder Anwärter erbracht hat,
grundsätzlich zurücktreten. Auch wenn Kürzungen zu Lasten der Anwärter durch eine
solche Zielsetzung gerechtfertigt sein können, gilt Gleiches nicht für Eingriffe in die
Rechtsposition von Bestandsrentnern
BVerwG, Urteil vom 21.9.2005 – 6 C 3/05 -, NJW 2006, 711 ff., hier
zitiert nach juris.
Ähnlich dürfte die Argumentation des Bundesverfassungsgerichts in der Entscheidung zur
Verfassungsmäßigkeit der Überführung von Ansprüchen aus Zusatz- und
Sonderversorgungssystemen der DDR in die gesetzliche Rentenversicherung des
wiedervereinigten Deutschland
BVerfG, Beschluss vom 28.4.1999, - 1 BvL 32/95 und 1 BvR
2105/95 – BVerfGE 100,1 ff, hier zitiert nach juris
zu verstehen sein. Zur Frage der Zulässigkeit der späteren Begrenzung des im
Einigungsvertrag zugesagten Gesamtzahlbetrages für Personen, die zum Beitrittszeitpunkt
bereits leistungsberechtigt waren, ist dort ausgeführt, ohne Hinzutreten neuer Umstände
oder Erkenntnisse, die eine andere Sicht des Gesetzgebers sachlich rechtfertigen könnten,
dürfe der im Einigungsvertrag zugesagte Gesamtzahlbetrag nicht unterschritten werden.
Insbesondere könne ein solcher Eingriff nicht allein damit gerechtfertigt werden, dass eine
Beibehaltung des zugesagten Gesamtzahlbetrages politisch nicht hinnehmbar sei.
Nach alledem kann die Erforderlichkeit des vorgenommenen und hier allein
streitgegenständlichen Eingriffs in die Ansprüche der Bestandsrentner (Kürzung des
Zahlbetrages um über 9% unter Verzicht auf jegliche Übergangsregelung) im Rahmen der
Prüfung der Verhältnismäßigkeit nicht bejaht werden.
Der vorgenommene Eingriff in die Ansprüche der Bestandsrentner erweist sich auch nicht
als verhältnismäßig im engeren Sinne. Denn dem – wie dargelegt - massiven Soforteingriff
in zum Zeitpunkt der Satzungsänderung bereits entstandene Versorgungsansprüche auf
der einen Seite steht auf der anderen Seite eine nur teilweise Geeignetheit und eine nicht
belegte Erforderlichkeit gegenüber. Der durch die massiven und übergangslosen Einschnitte
in die Rechte der Bestandsrentner gegebene Eingriff in deren eigentumsrechtlich
geschützte Position steht damit nicht in einem angemessenen Verhältnis zu dem damit
erreichbaren Ziel einer im wesentlichen nur temporär wirksamen Entlastung der
Finanzgrundlagen des beklagten Versorgungswerks.
Zudem widerspricht der durch die Satzungsänderung 2007 erfolgte Eingriff zu Lasten der
Bestandsrentner dem verfassungsrechtlichen Grundsatz des Vertrauensschutzes.
Verändert der Normgeber in einem bestehenden Versicherungsverhältnis begründete
Anwartschaften zum Nachteil des Versicherten, so ist ein solcher Eingriff am
rechtsstaatlichen Grundsatz des Vertrauensschutzes zu messen
BVerfG, Urteil vom 28.2.1980 – 1 BvR 17/77 u.a. -, BVerfGE 53,
257 ff., Urteil vom 18.2.1998 - 1 BvR 1318/86 und 1 BvR 1484/86
– BVerfGE 97, 271 ff., Urteil vom 28.4.1999 – 1 BvR 32/95 und 1
BvR 2105/95 -, BVerfGE 100, 1ff., Beschluss vom 11.5.2005 - 1
BvR 368/97 u.a. – BVerfGE 112, 368 m.w.N, Beschluss vom
13.6.2006, - 1 BvL 9/00 u.a – BVerfGE 116, 96 ff. und Beschluss
vom 11.11.2008 – 1 BvL 3/05 u.a. – BVerfGE 122, 151 ff.; BVerwG,
Urteil vom 21.9.2005 – 6 C 3/05 -, NJW 2006, 711 ff.; BSG, Urteil
vom 25.2.2010 - B 10 LW 3/09 R -, hier jeweils zitiert nach juris.
Dies gilt erst Recht bei Eingriffen in bereits entstandene Versorgungsansprüche. Insoweit ist
bei einer Neuregelung eigentumsgeschützter Versorgungsansprüche und Anwartschaften
eine unterschiedliche Ausprägung des Vertrauensschutzes im Verhältnis zwischen den
Inhabern von Versorgungsanwartschaften und den Inhabern von Versorgungsansprüchen
(Bestandsrentnern) gegeben und vom Normgeber zu beachten
BVerfG, Beschluss vom 11.5.2005 - 1 BvR 368/97 u.a. - BVerfGE
112, 368 m.w.N; BVerwG, Urteil vom 21.9.2005 – 6 C 3/05 -, NJW
2006, 711 ff., hier zitiert nach juris.
Denn mit dem Eintritt des Versorgungsfalles ist eine für den Eigentumsschutz bedeutsame
Änderung der Rechtslage verbunden
BVerwG, Urteil vom 21.9.2005 – 6 C 3/05 -, NJW 2006, 711 ff., hier
zitiert nach juris.
Zu diesem Zeitpunkt wandelt sich die Versorgungsanwartschaft in einen
Versorgungsanspruch um. Die Höhe dieses Anspruchs bestimmt sich nach den dann
geltenden (verfassungsgemäßen) Satzungsbestimmungen des Versorgungswerks. Mit
diesem Inhalt und in diesem Umfang unterfällt der – wie hier durch eigene
Beitragsleistungen erworbene - Versorgungsanspruch der Eigentumsgarantie nach Art. 14
Abs. 1 GG und der Versorgungsempfänger darf grundsätzlich auf den Fortbestand der ihm
satzungsrechtlich zustehenden Versorgung in diesem Umfang vertrauen
BVerwG, Urteil vom 21.9.2005 – 6 C 3/05 -, NJW 2006, 711 ff., hier
zitiert nach juris.
Der Grund für diese bedeutsame Veränderung liegt in der geringeren Belastbarkeit der
Empfänger von Versorgungsleistungen, die daran zu messen ist, dass Zweck der
Versorgungsleistungen ist, den Lebensunterhalt der Versorgungsempfänger zu
gewährleisten und ihren bisherigen Lebensstandard in angemessenem Umfang
aufrechtzuerhalten. Ist der Versorgungsfall eingetreten und erfüllt die Rente die
Zweckbestimmung, den Lebensstandard des Versorgungsempfängers entsprechend dem
Versorgungssystem zu sichern, so darf der Empfänger grundsätzlich gemäß Art. 14 Abs. 1
Satz 1 GG auf den Fortbestand der ihm satzungsrechtlich zustehenden Versorgung
vertrauen.
Bei Missachtung dieser erhöhten Schutzbedürftigkeit überschreitet der Normgeber die
Grenzen seines – grundsätzlich weiten - normgeberischen Gestaltungsermessens
BVerfG, Urteil vom 28.2.1980 – 1 BvR 17/77 u.a. -, BVerfGE 53,
257 ff., Urteil vom 28.4.1999 – 1 BvR 32/95 und 1 BvR 2105/95 -,
BVerfGE 100, 1ff., Beschluss vom 11.5.2005 - 1 BvR 368/97 u.a. -
BVerfGE 112,368 m.w.N. und Beschluss vom 13.6.2006, - 1 BvL
9/00 u.a – BVerfGE 116, 96 ff.; BVerwG, Urteil vom 21.9.2005 – 6 C
3/05 -, NJW 2006, 711 ff.; BSG, Urteil vom 25.2.2010 - B 10 LW
3/09 R -, hier jeweils zitiert nach juris.
Vorliegend ist den im Versorgungssystem des beklagten Versorgungswerks erworbenen
Versorgungsansprüchen des Klägers die Zweckbestimmung, den Unterhalt des
Versorgungsempfängers sicherzustellen und den bisherigen Lebensstandard in
angemessenem Umfang aufrechtzuerhalten, immanent, denn der Versorgungsanspruch
wurde aufgrund eigener Beitragsleistungen erworben und weist die Charakteristik einer
Vollrente auf.
Die vorliegend getroffene Maßnahme einer Absenkung der Bezugsgröße für die
Rentenberechnung von A 13 auf A 12 führt zu einer Reduzierung des Zahlbetrags der
Bestandsrente um über 9%, was beim Kläger konkret eine Einbuße von rund 300 Euro bei
einem bisherigen Zahlbetrag von rund 2900 Euro bedeutet. Dies stellt einen massiven
Eingriff in den dem Kläger bei Eintritt des Versorgungsfalls satzungsrechtlich zustehenden
Versorgungsanspruch dar und die Wahrung seines bisherigen Lebensstandards in Frage.
Dieser Eingriff ist mit dem verfassungsrechtlich geschützten Grundsatz des
Vertrauensschutzes, der bezogen auf die vorliegend in Rede stehenden Bestandsrentner in
Art 14 Abs.1 GG verankert ist
BVerfG, Beschluss vom 11.11.2008 – 1 BvL 3/05 u.a. –, BVerfGE
122,151 ff.; BVerwG, Urteil vom 21.9.2005 – 6 C 3/05 -, NJW 2006,
711 ff., hier zitiert nach juris,
nicht in Einklang zu bringen.
Dabei sind zwei Gesichtspunkte zu unterscheiden. Zum einen ist die Frage zu stellen, ob
der vorgenommene Eingriff des Satzungsgebers in die Bestandsrenten an sich, der hier in
der Absenkung der Bezugsgröße für die Rentenberechnung von A 13 auf A 12 besteht und
für die Zukunft auf Dauer zu einer Reduzierung des Zahlbetrags der Rente um über 9%
gegenüber der bei Eintritt des Versorgungsfalls satzungsrechtlich zugesagten Versorgung
führt, einen Verstoß gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes darstellt. Zum anderen
ist die Frage zu stellen, ob bei Vornahme dieser Absenkung der Verzicht auf jegliche
Übergangsregelung zu einer Verletzung dieses verfassungsrechtlich geschützten
Grundsatzes führt.
Die erste Frage kann nach den vorliegenden Erkenntnissen über den Zustand und die
künftige Entwicklung des Finanzierungssystems des beklagten Versorgungswerks nicht
abschließend beantwortet werden. Zwar ist die auftretende Notwendigkeit einer
finanziellen Konsolidierung des Versorgungssystems grundsätzlich geeignet, auch Eingriffe
in bestehende Versorgungssysteme bis hin zu dauerhaften Rentenkürzungen zu begründen
BVerwG, Urteil vom 21.9.2005 – 6 C 3/05 -, NJW 2006, 711 ff., hier
zitiert nach juris.
Jedoch ist hier nach dem gegebenen Sach- und Streitstand offen, ob die Erschütterung der
Finanzierungsgrundlagen des beklagten Versorgungssystems so nachhaltig war, dass eine
entsprechende Beteiligung der Bestandsrentner am Gesamtvolumen des
Sanierungsbedarfs (Absenkung des Rentenniveaus durch Reduzierung der Bezugsgröße
von A 13 auf A 12 auf Dauer) unausweichlich gewesen ist. Der Beklagte selbst hat die
Notwendigkeit einer Heranziehung - auch - der aus Vertrauensgründen besonders
geschützten Bestandsrentner in diesem Umfang weder substantiiert dargetan noch durch
die vorgelegten versicherungsmathematischen Gutachten und Stellungnahmen belegt.
Soweit er darauf verwiesen hat, eine Beteiligung der Bestandsrentner am Gesamtvolumen
des Sanierungsbedarfs sei zur Herstellung einer höheren Beitragsgerechtigkeit zwischen
Anwärtern und Rentnern erforderlich gewesen, ist ihm diese Argumentation - wie bereits
dargelegt - verwehrt, da die Verfolgung dieses Zwecks den Eingriff in Bestandsrenten von
vornherein nicht rechtfertigt
BVerwG, Urteil vom 21.9.2005 – 6 C 3/05 -, NJW 2006, 711 ff., hier
zitiert nach juris.
Tatsächlich spricht vieles dafür, dass der Beklagte den erhöhten Vertrauensschutz der
Bestandsrentner verkannt und deshalb gar nicht in den Blick genommen hat. Insoweit hat
er sogar die Auffassung vertreten, dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes sei dadurch
Genüge getan, dass die Bestandsrentner über die beabsichtigten Maßnahmen im Vorfeld
informiert worden seien und dazu hätten Stellung nehmen können.
Vor diesem Hintergrund kann nicht festgestellt werden, dass die vorgenommene
Absenkung des Rentenniveaus der Bestandsrenten entsprechend der Absenkung der
Bezugsgröße von A 13 auf A 12 (bzw. in Ausnahmefällen von A 14 auf A 13) hier
ausnahmsweise mit dem Grundsatz des Vertrauensschutzes vereinbar ist. Hierzu hätte es
einer weitergehenden Darstellung der finanziellen Erschütterung des Finanzierungssystems
des Beklagten und der Feststellung bedurft, dass die getroffenen Maßnahmen zu dessen
Konsolidierung auch geeignet und erforderlich gewesen sind. Einer weiteren Aufklärung
insoweit bedurfte es jedoch nicht, da im Ergebnis auch diese Frage letztlich offen bleiben
konnte.
Denn jedenfalls der Verzicht auf jegliche Übergangsregelung bei Vornahme des erfolgten
massiven Eingriffs in die Bestandsrenten stellt eine Verletzung des verfassungsrechtlich
verankerten Grundsatzes des Vertrauensschutzes dar.
Bei Beachtung des - für die Bestandsrentner in dem dargelegten Maße - erhöhten
Vertrauensschutzes wäre der Satzungsgeber gehalten gewesen, auf die legitimen
Interessen der zum Zeitpunkt der Satzungsänderung vorhandenen Bestandsrentner
zumindest durch Erlass einer Übergangsregelung Rücksicht zu nehmen, die eine sofort
wirksame Anwendung der §§ 27, 29 der Satzung Stand 2007 zu deren Lasten verhindert
hätte. Die Ausgestaltung einer solchen übergangsrechtlichen Regelung im Einzelnen steht
im Ermessen des Normgebers, jedoch haben die Schutzwürdigkeit der betroffenen
eigentumsrechtlichen Position und das Gewicht der entgegenstehenden Interessen des
Normgebers wesentlichen Einfluss auf die zulässigen Grenzen des normgeberischen
Ermessens. Diese Grenzen hat der Beklagte hier überschritten.
Selbst mit Blick auf die Absenkung nicht durch Art. 14 GG geschützter bloßer
Versorgungsanwartschaften aus dem Fremdrentengesetz, deren Vertrauensschutzniveau
erheblich geringer anzusetzen ist als dasjenige der hier dem Schutz des Art. 14 Abs.1 GG
unterfallenden Bestandsrenten aus dem Versorgungssystem des Beklagten, hat das
Bundesverfassungsgericht ausgeführt, der Gesetzgeber habe eine Regelung treffen
müssen, die es den Betroffenen zumindest ermöglicht hätte, sich auf die neue Rechtslage
in angemessener Zeit einzustellen. Die Übergangszeit habe so bemessen sein müssen,
dass die Berechtigten in der Lage gewesen wären, ihre Lebensführung darauf einzustellen,
dass ihnen auf Dauer deutlich niedrigere Renten zustehen würden. Bei einer schrittweisen
Anwendung der dortigen Abschlagsregelung wäre es beispielsweise möglich gewesen, von
mittel- oder langfristig wirkenden Dispositionen abzusehen oder diese der verringerten
Rente anzupassen
BVerfG, Beschluss vom 13.6.2006, - 1 BvL 9/00 u.a – BVerfGE 116,
96 ff, hier zitiert nach juris, zum Vertrauensschutz rentennaher
Jahrgänge bei Anwartschaften aus dem Fremdrentengesetz.
Zur Frage des Vertrauensschutzes bei Einführung der Anrechnung eigenen
Erwerbseinkommens auf Hinterbliebenenrenten aus der gesetzlichen Rentenversicherung,
die ihrerseits ebenfalls nicht dem Schutz des Art. 14 Abs. 1 GG unterfallen, hat das
Bundesverfassungsgericht ausgeführt, der Gesetzgeber habe dem – im dortigen Fall
wegen Absehbarkeit entsprechender Eingriffe bereits verminderten - Vertrauensschutz der
Versicherten durch langfristig angelegte Übergangsregelungen genügt. Die Bestandsrenten
seien von Eingriffen verschont geblieben und die nach dem Inkrafttreten der
Eingriffsregelung entstehenden Renten würden durch die Übergangsregelung schonend in
das neue Recht überführt
BVerfG, Beschluss vom 18.2.1998, - 1 BvR 1318/86 u.a – BVerfGE
97, 271 ff, hier zitiert nach juris.
Zur Frage der Verfassungsmäßigkeit der Überführung von Ansprüchen aus Zusatz- und
Sonderversorgungssystemen der DDR in die gesetzliche Rentenversicherung des
wiedervereinigten Deutschland hat das Bundesverfassungsgericht ausgeführt, die damit
verbundene Absenkung von Bestandsrenten sei im Regelfall verhältnismäßig, weil der
Gesetzgeber durch die im Einigungsvertrag enthaltene Zahlbetragsgarantie das
Überführungskonzept zugunsten der von der Absenkung Betroffenen um eine
Schutzmaßnahme ergänzt habe. Diese Zahlbetragsgarantie besagte u.a., dass bei der
Anpassung der Versorgungsansprüche der maßgebliche Zahlbetrag für Personen, die zum
Beitrittszeitpunkt bereits leistungsberechtigt waren, nicht unterschritten werden durfte
BVerfG, Beschluss vom 28.4.1999, - 1 BvL 32/95 und 1 BvR
2105/95 – BVerfGE 100, 1 ff, hier zitiert nach juris.
Zur Frage der verfassungsrechtlichen Anforderungen an die gesetzliche Überleitung von
Bestandsrenten aus dem Beitrittsgebiet in die gesamtdeutsche Rentenversicherung hat
das Bundesverfassungsgericht ausgeführt, die dort konkret zu beurteilenden Eingriffe in
Bestandsrenten lägen innerhalb des Regelungsspielraums, den Art.14 Abs.1 Satz 2 GG
dem Gesetzgeber bei der Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums und
insbesondere auch bei der Ausgestaltung eigentumsrechtlich geschützter sozialrechtlicher
Rechtspositionen eröffnet. Dort hatte der Gesetzgeber eine Regelung getroffen, die die
Bestandsrenten in behutsamer Weise an das neue Recht heranführten. Dies geschah im
Rahmen eines Abschmelzungsprozesses, bei dem die Abschmelzung schrittweise in fünf
mit der Rentenanpassung gekoppelten Stufen erfolgte
BVerfG, Beschluss vom 11.5.2005 - 1 BvR 368/97 u.a. – BVerfGE
112, 368 m.w.N..
Vorliegend fehlt es demgegenüber gänzlich an einer unter Wahrung des Zahlbetrages
schrittweise und behutsam erfolgenden Heranführung der Bestandsrenten an den durch
die Satzungsänderung 2007 herbeigeführten Rechtszustand, der für die betroffenen
Inhaber bereits entstandener Versorgungsansprüche eine sofortige und erhebliche Einbuße
im Hinblick auf die Wahrung ihres bisherigen Lebensstandards darstellt.
Dies verstößt gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes in seiner für Bestandsrenten
geltenden erhöhten Ausprägung. Auch deshalb kann die dem angefochtenen Bescheid
zugrunde gelegte Satzungsänderung 2007 nicht als verfassungsrechtlich zulässige
Bestimmung von Inhalt und Schranken der dem Kläger in Gestalt des bereits zuvor
erworbenen Versorgungsanspruchs zustehenden Eigentumsposition angesehen werden.
Der auf die im Jahr 2007 geänderten Satzungsbestimmungen gestützte Bescheid des
Beklagten ist nach alledem rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten aus
Art.14 Abs. 1 GG. Er ist durch das angefochtene Urteil zu Recht aufgehoben worden.
Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 167 Abs. 2 VwGO, 708
Nr. 10 ZPO.
Die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO für die Zulassung der Revision sind nicht
gegeben.