Urteil des OVG Saarland vom 27.09.2005

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OVG Saarlouis Urteil vom 27.9.2005, 1 R 1/05
Beitragsrecht; Umlagefähigkeit von Kosten, die durch Angleichungsmaßnahmen zugunsten
einzelner Anlieger entstanden sind; Verbindung von Straßenausbau und Kanalerneuerung;
Gutschrift der Ersparnisse; Schätzungsbefugnis der Kommune im Vorausleistungsverfahren
Leitsätze
Kosten, die dadurch entstanden sind, dass Anliegergrundstücke durch Maßnahmen au-
ßerhalb der Straßenfläche an das durch einen Ausbau geänderte Niveau der neuen Straße
ange-passt werden mussten, sind ausbaubeitragsfähig.
Tenor
Unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung wird das aufgrund der mündlichen
Verhandlung vom 8. Oktober 2004 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts des
Saarlandes - 11 K 127/03 - teilweise geändert und wie folgt neu gefasst:
Der Vorausleistungsbescheid des Beklagten vom 19. April 2002 und der aufgrund
mündlicher Verhandlung vom 20. August 2003 ergangene Widerspruchsbescheid werden
aufgehoben, soweit darin ein 4.180,54 EUR übersteigender Betrag festgesetzt und
angefordert worden ist.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens fallen dem Kläger zu 88,6 % und dem
Beklagten zu 11,4 % zur Last.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Beklagte.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten in der Berufungsinstanz allein noch darüber, ob der Beklagte den
Kläger bei der Heranziehung zu einer Vorauszahlung auf die künftige Beitragsschuld infolge
des Ausbaus des B-Weges in B-Stadt in Höhe von 4.719,87 Euro um 558,69 Euro zu hoch
veranlagt hat.
Ab dem Jahre 2000 baute der Beklagte den rund 850 m langen, als
Haupterschließungsstraße eingestuften B-Weg aus. Dabei wurden insbesondere der in der
Straße verlegte Mischwasserkanal sowie die Hausanschlüsse ersetzt, eine neue
Fahrbahndecke aufgebracht und die Gehwege unter Ergänzung bisher fehlender Teilstücke
teils erstmals angelegt, teils erneuert. Die Maßnahme ist inzwischen abgeschlossen und
soll in Kürze endgültig abgerechnet werden.
Mit Bescheid vom 19.4.2002 zog der Beklagte den Kläger als Miteigentümer des mit
einem Wohnhaus bebauten Grundstücks B-Straße zu einer Vorauszahlung auf den
Ausbaubeitrag in Höhe von 4.719,87 Euro heran. Dabei wurden die zu erwartenden
beitragsfähigen Kosten für den Ausbau der Fahrbahn einschließlich Entwässerung auf
737.389,58 Euro und diejenigen für den Ausbau der Nebenanlagen (Gehwege, Parkstreifen
und Begrünung) auf 222.978,44 Euro, zusammen also auf 960.368,02 Euro, und die nach
Abzug des Gemeindeanteils (70 v. H. für Fahrbahn einschließlich Entwässerung und 50 v.
H. für Nebenanlagen) umlagefähigen Kosten auf 332.706,09 Euro veranschlagt.
Der dagegen gerichtete Widerspruch blieb ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom
20.8.2003).
Auf die sodann erhobene Klage mit dem Antrag,
den Vorausleistungsbescheid des Beklagten vom 19.4.2002 und den aufgrund mündlicher
Verhandlung vom 20.8.2003 ergangenen Widerspruchsbescheid des
Kreisrechtsausschusses beim Landkreis A-Stadt aufzuheben,
hat das Verwaltungsgericht durch das aufgrund mündlicher Verhandlung vom 8.10.2004
ergangene Urteil die genannten Bescheide aufgehoben, soweit darin ein 4.161,18 Euro
übersteigender Betrag festgesetzt und angefordert worden ist, und die weitergehende
Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen heißt es:
Die angegriffene Heranziehung entspreche in verwaltungsverfahrensrechtlicher Hinsicht den
gesetzlichen Anforderungen. Außer Frage stehe im Weiteren, dass das Verlangen einer
Vorauszahlung dem Grunde nach rechtmäßig sei. Die einschlägige Satzung über die
Erhebung von Beiträgen nach § 8 KAG für straßenbauliche Maßnahmen der Stadt B-Stadt
vom 19.12.1987 in der Fassung des zweiten Nachtrags vom 25.8.1999 stelle gültiges
Ortsrecht dar, und die im B-Weg durchgeführten Maßnahmen seien unter dem
Gesichtspunkt der Erneuerung zweifelsohne nach § 8 KAG ausbaubeitragsfähig. Jedoch
erweise sich die vom Beklagten vorgenommene Veranschlagung der beitragsfähigen
Kosten in zwei Punkten als überhöht. Nichts spreche allerdings dafür, dass der Beklagte
große Kostenanteile der Kanalbaumaßnahme als Straßenausbaukosten auf die Anlieger
abgewälzt habe. Vielmehr habe der Beklagte beide Kostenblöcke getrennt veranschlagt
und insbesondere die Erdarbeiten für die Verlegung des neuen Kanals aus den
Straßenausbaukosten herausgerechnet. Nicht beanstandet werden könne die Einbeziehung
der Kosten für die Errichtung von Stützmauern und für die Entsorgung des Teers der alten
Fahrbahn in den ausbaubeitragsfähigen Aufwand. Rechtswidrig sei demgegenüber, dass
der Beklagte die Kosten von Angleichungsmaßnahmen auf privaten Grundstücken in Höhe
von 2.728,43 Euro ebenfalls als beitragsfähig eingestuft habe. Das
Bundesverwaltungsgericht habe in seinem Urteil vom 13.5.1977 - IV C 82.74 - (Buchholz
406.11 § 128 BBauG Nr. 18 = BRS 37 Nr. 54) entschieden, dass Kosten, die nicht zu den
eigentlichen Ausbaukosten gehörten, sondern durch Veränderungen baulicher Anlagen
außerhalb der Straßenfläche entstanden seien, keine beitragsfähigen Kosten der
erstmaligen Herstellung im Sinne des § 128 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BBauG darstellten. Schon
der Wortlaut der genannten Bestimmung spreche - so das Bundesverwaltungsgericht -
dafür, dass zu den Kosten der erstmaligen Herstellung nur die eigentlichen Baukosten -
unter Einschluss der Kosten für Stützmauern und ähnliche der Straße zurechenbare
Anlagen - gehörten, nicht aber auch so genannte Folgekosten, die durch bauliche
Maßnahmen auf Grundstücken außerhalb der Grundfläche der Erschließungsanlage
entstanden seien. Dies entspreche zudem Sinn und Zweck der Regelung, da das, was an
Baumaßnahmen auf privaten Grundstücken geschehe, sich jeder Kontrolle durch die
Anlieger entziehe, während die Anlieger das, was an der Straße selbst an Baumaßnahmen
vorgenommen werde, im Wesentlichen verfolgen könnten. Dementsprechend gehörten
Kosten für das Tieferlegen oder Versetzen von baulichen Anlagen auf Anliegergrundstücken
nicht zu den erschließungsbeitragsfähigen Kosten. Es gebe keinen Grund, diese Grundsätze
nicht auf das Ausbaubeitragsrecht zu übertragen. Daher sei der entsprechende
Kostenansatz des Beklagten aus dem beitragsfähigen Ausbauaufwand herauszurechnen.
Nicht gebilligt werden könne im Weiteren die Behandlung der so genannten Sowieso -
Kosten durch den Beklagten. Darunter sei der Aufwand zu verstehen, der zusätzlich
angefallen wäre, wenn das Aufbringen der neuen Fahrbahndecke und die Verlegung der
neuen Kanalisation als jeweils zeitlich und technisch getrennte Maßnahmen durchgeführt
worden wären, und der durch die tatsächlich zeitgleich erfolgte Durchführung beider
Maßnahmen entfallen sei. Diese Ersparnis müsse beiden Maßnahmen angemessen zugute
kommen. Hierzu müsse zunächst die Kostenersparnis auf der Grundlage gesicherter
Erfahrungswerte möglichst exakt abgeschätzt werden. Hieran anschließend sei die
Ersparnis beiden Maßnahmen je hälftig gutzuschreiben. So sei der Beklagte aber nicht
vorgegangen. Zwar erschließe sich dessen Rechenwerk auch unter Berücksichtigung der
im Prozess nachgereichten Alternativberechnung nicht ohne weiteres. Offenbar
veranschlage der Beklagte die Höhe der Ersparnis auf insgesamt 246.613,96 Euro, wovon
236.336,86 Euro auf den Fahrbahnbereich und 10.277,10 Euro auf den Gehwegbereich
entfielen. Davon sei jeweils die Hälfte von dem bei der Errechnung der Vorauszahlung als
beitragsfähig angesehenen Fahrbahn- beziehungsweise Gehwegausbauaufwand
abzuziehen. Damit reduziere sich bei richtiger Vorgehensweise der umlagefähige Aufwand
unter diesem Gesichtspunkt um 38.019,81 Euro auf 294.686,28 Euro. Werde weiterhin
der Ansatz der Kosten für die Angleichungsmaßnahmen herausgerechnet, belaufe sich bei
insgesamt rechtmäßiger Vorgehensweise der umlagefähige Aufwand auf 293.322,06 Euro
und die Vorauszahlungspflicht des Klägers auf 4.161,18 Euro.
Gegen dieses ihm am 2.11.2004 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 15.11.2004
Antrag auf Zulassung der Berufung gestellt, dem der Senat mit Beschluss vom 28.2.2005,
zugestellt am 4.3.2005, entsprochen hat.
In der am 31.3.2005 eingegangenen Berufungsbegründung macht der Beklagte geltend,
dem Verwaltungsgericht könne bei der rechtlichen Beurteilung der Beitragsfähigkeit der
Kosten von Angleichungsmaßnahmen nicht gefolgt werden und in Bezug auf die
Berücksichtigung der so genannten Sowieso - Kosten beruhe das angefochtene Urteil auf
einem fehlerhaften Verständnis des behördlichen Vorgehens.
Die Frage, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen die Kosten von
Angleichungsmaßnahmen außerhalb der eigentlichen Straßenfläche ausbaubeitragsfähig
seien, bedürfe der obergerichtlichen Klärung. Er - der Beklagte - meine, dass das zum
Erschließungsbeitragsrecht ergangene Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom
13.5.1977, auf dem die erstinstanzliche Entscheidung beruhe, nicht auf das
Ausbaubeitragsrecht übertragen werden könne. Vielmehr sei in Übereinstimmung mit der
Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Münster und den Ausführungen von
Driehaus von der Beitragsfähigkeit entsprechender Kosten auszugehen, sofern die Kosten
verursachenden Maßnahmen ausbaubedingt seien. In diese Richtung deute auch das Urteil
des Oberverwaltungsgerichts des Saarlandes vom 10.5.2004 - 1 R 20/02 -.
Was die Sowieso - Kosten anlange, habe er - der Beklagte - die Beitragspflichtigen im
Ergebnis nicht ungünstiger, sondern günstiger gestellt, als es das Verwaltungsgericht für
geboten erachte. Wie er erstinstanzlich immer wieder betont und in der
Alternativberechnung ausdrücklich erwähnt habe, seien bereits in der ursprünglichen
Zusammenstellung des als beitragsfähig erachteten Ausbauaufwands die Kosten der
Erdarbeiten im Bereich der Kanaltrasse vollständig der Kanalbaumaßnahme zugeordnet
und insgesamt als nicht ausbaubeitragsfähig angesehen worden. Damit sei die von dem
Verwaltungsgericht angesprochene Kostenersparnis infolge der zeitgleichen Durchführung
beider Maßnahmen im Ergebnis in voller Höhe der Straßenbaumaßnahme gutgeschrieben
worden. Die auf Wunsch des Verwaltungsgerichts aufgestellte Alternativberechnung
bestätige das eindeutig. Das Verwaltungsgericht habe das letztgenannte Rechenwerk völlig
missverstanden und im Ergebnis die bereits von vornherein um die gesamte
Kostenersparnis gekürzte Kostenzusammenstellung nochmals um 50 v. H. der
Kostenersparnis, also insgesamt um 150 v. H., gekürzt. Dass dies völlig verfehlt sei, liege
auf der Hand.
Der Beklagte beantragt,
unter entsprechender Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage insgesamt
abzuweisen.
Der Kläger, der nicht nach Maßgabe des § 67 Abs. 1 VwGO vertreten ist, tritt der Berufung
entgegen und hebt hervor, nach dem einschlägigen Ortsrecht sei der beitragsfähige
Aufwand nach den tatsächlichen Kosten zu ermitteln. Dieser Vorgabe entspreche das
behördliche Vorgehen in keiner Weise. Stattdessen werde mit Fiktionen und Schätzungen
gearbeitet, die nicht nachvollzogen werden könnten.
Auf Aufforderung des Senats hat der Beklagte seine Vorgehensweise weiter erläutert;
insoweit wird insbesondere auf den Aktenvermerk vom 27.4.2005, die am 26.9.2005
zusätzlich eingereichten Unterlagen und das Protokoll über die mündliche Verhandlung vom
27.9.2005 verwiesen.
Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den in der mündlichen Verhandlung
erörterten Inhalt der Gerichtsakten 1 R 1 - 11/05, der weiteren Gerichtsakte 11 F 24/02 -
1 W 36/02 und der einschlägigen Behördenunterlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist zulässig (§§ 124 Abs. 1, 124 a Abs. 6 VwGO), aber nur zu einem geringen
Teil begründet. Zutreffend hat das Verwaltungsgericht erkannt, dass die Heranziehung des
Klägers zu einer Vorauszahlung auf seine künftige Beitragsschuld infolge des Ausbaus des
B-Weges in B-Stadt mit 4.719,87 Euro überhöht ist. Die Zuvielforderung beläuft sich
allerdings nicht, wie in dem angegriffenen Urteil angenommen wird, auf 558,69 Euro,
sondern ist auf 539,33 Euro zu reduzieren, so dass für den Kläger eine
Vorauszahlungspflicht von 4.180,54 Euro verbleibt. Dementsprechend unterliegt das
erstinstanzliche Urteil der Abänderung, während die weitergehende Berufung
zurückgewiesen werden muss.
In dem angegriffenen Urteil wird überzeugend dargelegt, dass die Klage zulässig,
insbesondere fristgerecht erhoben ist (§ 74 Abs. 1 VwGO), dass der Bescheid vom
19.4.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.8.2003 in
verwaltungsverfahrensrechtlicher Hinsicht den gesetzlichen Anforderungen (§§ 12 Abs. 1
Nr. 4 lit.b KAG, 157 Abs. 1 AO) genügt, dass das Verlangen einer Vorauszahlung dem
Grunde nach rechtmäßig ist (§ 8 Abs. 9 Satz 1 KAG) und dass die Angriffe gegen die
Ermittlung des beitrags- und umlagefähigen Ausbauaufwands (§ 8 Abs. 2, 4 und 6 KAG) -
von zwei in der Folge gesondert abzuhandelnden Positionen, nämlich den Kosten infolge
von Angleichungsmaßnahmen auf Anliegergrundstücken und den so genannten Sowieso-
Kosten, abgesehen - nicht durchgreifen. Einwände hiergegen sind im zweitinstanzlichen
Verfahren weder vorgetragen worden noch ist ein Rechtsfehler insoweit ersichtlich. Daher
erübrigen sich diesbezüglich weitere Ausführungen.
In Bezug auf die damit verbliebenen Streitpunkte ist der erkennende Senat der Auffassung,
dass das Verwaltungsgericht die Kosten infolge von Angleichungsmaßnahmen auf
Anliegergrundstücken zu Unrecht als nicht ausbaubeitragsfähig angesehen hat. Dagegen
verdient das Urteil vom 8.10.2004 Zustimmung, soweit darin die Berücksichtigung der
durch die gleichzeitige Durchführung des Ausbaus des B-Weges und der Erneuerung der in
dieser Straße verlegten Kanalisation bei der behördlichen Ermittlung der künftigen
Ausbaubeitragsschuld als rechtswidrig beanstandet wird. Im Ergebnis reduziert sich damit
die Vorauszahlungspflicht des Klägers um 539,33 Euro auf 4.180,54 Euro.
1. Die Kosten, die dadurch entstanden sind, dass mehrere Anliegergrundstücke,
insbesondere dort befindliche Garagen- und sonstige Einfahrten, durch Maßnahmen
außerhalb der Straßenfläche höhenmäßig an das durch den Ausbau geänderte Niveau des
B-Weges angepasst werden mussten, sind beitragsfähig. Der demgegenüber vom
Verwaltungsgericht unter Berufung auf das zum Erschließungsbeitragsrecht ergangene
Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 13.5.1977
- IV C 82.74 -, Buchholz 406.11 § 128 BBauG Nr. 18 (S. 4) = BRS 37 Nr. 54 (S. 114);
zustimmend Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 7. Auflage, § 13 Rdnr. 58;
vertretenen Ansicht, dass Kosten, die durch die Veränderung baulicher Anlagen außerhalb
der Straßenfläche entstanden sind, nicht beitragsfähig seien, kann für das saarländische
Ausbaubeitragsrecht nicht gefolgt werden.
Ausbaubeiträge dienen nach § 8 Abs. 2 Satz 1 KAG „zum Ersatz des Aufwands für die
Herstellung, Anschaffung, Erweiterung, Verbesserung oder Erneuerung der öffentlichen
Einrichtungen“. Diese Umschreibung des ausbaubeitragsfähigen Aufwandes spricht bei der
Anwendung auf eine Straßenausbaumaßnahme nicht für, sondern gegen die Annahme,
ungeschriebene Voraussetzung der Beitragsfähigkeit sei, dass die Kosten verursachende
Maßnahme im Straßenraum durchgeführt wurde. § 8 Abs. 2 Satz 1 KAG spricht nämlich
nicht von dem Aufwand „der“ Herstellung, Anschaffung, Erweiterung, Verbesserung oder
Erneuerung, sondern von dem Aufwand „für die“ Herstellung, Anschaffung, Erweiterung,
Verbesserung oder Erneuerung. Damit stellt das Gesetz für die Beitragsfähigkeit von
Kosten gerade nicht darauf ab, in welchem Bereich - konkret: im öffentlichen Verkehrsraum
oder auf Anliegergrundstücken - die Kosten verursachende Maßnahme durchgeführt wurde.
Entscheidend ist vielmehr allein, ob der Aufwand durch Arbeitsvorgänge entstanden ist,
„die für die programmgemäße Durchführung der Maßnahme erforderlich waren“
so Driehaus, a.a.O., § 33 Rdnr. 11,
oder - anders formuliert - die in einem „unmittelbaren straßenbautechnischen
Zusammenhang ... mit der Maßnahme stehen, die zur Entstehung der Beitragspflicht
führt“
so OVG Münster, Urteil vom 22.11.1990 - 2 A 2222/86 -, GemHH 1992, 16; in der Sache
übereinstimmend OVG Münster, Entscheidungen vom 26.3.1991 - 2 A 2125/88 -, NWVBl.
1991, 346 (348), vom 2.9.1998 - 15 A 7653/95 -, OVGE 47, 79 (88), sowie vom
22.3.1999 - 15 A 1047/99 -, OVGE 47, 151 (153), und Dietzel/Hinsen/Kallerhoff, Das
Straßenausbaubeitragsrecht nach § 8 des Kommunalabgabengesetzes NRW, 5. Auflage,
Rdnr. 257.
Das stimmt übrigens mit der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts
zum Erschließungsbeitragsrecht überein. Nach dessen Urteil vom 23.2.1990
- 8 C 75.88 -, BVerwGE 85, 1 (3 f.) = KStZ 1990, 227 (228); zustimmend Driehaus,
a.a.O., § 13 Rdnr. 58,
gehören zu den „Kosten für ... ihre erstmalige Herstellung“ (§ 128 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2
BauGB) bereits nach dem Wortlaut der Norm „nicht nur die Kosten, die für Maßnahmen im
Bereich der Fläche der betreffenden Anlage selbst angefallen sind, sondern darüber hinaus
auch sonstige von der erstmaligen Herstellung der betroffenen Anlage erforderte und in
diesem Sinne notwendige Kosten der erstmaligen Herstellung“. Entsprechendes hat für § 8
Abs. 2 Satz 1 KAG zu gelten.
Dieses Normverständnis entspricht zugleich Sinn und Zweck der Regelung und deren
Systematik. Dem Ausbaubeitragsrecht liegt allgemein der Gedanke zugrunde, dass die
Herstellung, Anschaffung, Erweiterung, Verbesserung und Erneuerung öffentlicher
Einrichtungen von den Grundstückseigentümern beziehungsweise Erbbauberechtigten,
denen die öffentliche Einrichtung wirtschaftliche Vorteile bietet, mitfinanziert werden soll,
indem die Genannten der Gemeinde über Beiträge, die nach den Vorteilen zu bemessen
sind, den durch die Ausbaumaßnahme entstandenen Aufwand ersetzen. Dabei legt das
Gesetz abschließend fest, welche Kosten die Gemeinde nicht abwälzen darf. Am
wichtigsten ist dabei § 8 Abs. 6 Satz 2 KAG, wonach die Gemeinde einen dem durch die
öffentliche Einrichtung vermittelten besonderen Vorteil der Allgemeinheit entsprechenden
Anteil des Ausbauaufwands endgültig selbst zu tragen hat. Dagegen ist dem Gesetz eine
Unterscheidung der Beitragsfähigkeit von Kosten danach fremd, ob die Kosten
verursachende Maßnahme innerhalb oder außerhalb der öffentlichen Einrichtung - hier: der
öffentlichen Verkehrsfläche - erfolgt ist. Vielmehr genügt die kausale Verknüpfung zwischen
Ausbaumaßnahme und Aufwand.
Allein das ist auch interessengerecht. Der Senat sieht nämlich keinen überzeugenden
Grund, warum die Allgemeinheit die Kosten ausbaubedingt notwendig gewordener
Angleichungsmaßnahmen auf Anliegergrundstücken - über den Gemeindeanteil des § 8
Abs. 6 Satz 2 KAG hinaus - in voller Höhe tragen soll, obwohl der Ausbau den
Straßenanliegern wirtschaftliche Vorteile bietet. Ebenso wie es geboten ist, dass die
Gemeinde im Verhältnis zu dem einzelnen Anlieger die Kosten der auf dessen Grundstück
notwendig werdenden Angleichungsmaßnahmen übernimmt, entspricht es der § 8 KAG
zugrunde liegenden Interessenbewertung, dass die Gemeinde den durch solche
Angleichungsmaßnahmen insgesamt anfallenden Aufwand - nach Abzug des
Gemeindeanteils - auf die Gesamtheit der Anlieger abwälzt.
Der Einwand, gegen diese Auslegung des § 8 Abs. 2 Satz 1 KAG spreche, dass der
Beitragspflichtige nur das kontrollieren könne, was an der Straße selbst an
Ausbaumaßnahmen vorgenommen wird
so BVerwG, Urteil vom 13.5.1977, a.a.O., S. 11 f. beziehungsweise S. 120, zum
Erschließungsbeitragsrecht,
überzeugt nicht. Dieses Argument hat bereits gegen sich, dass es nicht konsequent
durchgeführt wird. So ist allgemein anerkannt
u.a. BVerwG, Urteil vom 7.7.1989 - 8 C 86.87 -, BVerwGE 82, 215 (219) = Buchholz
406.11 § 128 BBauG Nr. 41 (S. 10)
dass die Kosten infolge der Errichtung einer Stützmauer, die zur Herstellung und/oder
Aufrechterhaltung der für die Benutzbarkeit einer Straße gebotenen Sicherheit entweder
eine höher gelegene Straße gegen angrenzende Grundstücke oder anliegende Grundstücke
gegen eine tiefer liegende Straße abstützt, unabhängig davon beitragsfähig sind, ob die
Mauer auf der Straße oder auf einem Anliegergrundstück steht. Insoweit wird der
Kontrollmöglichkeit des Beitragspflichtigen also keine Bedeutung beigelegt. Das spricht aber
klar dagegen, die Kosten von im Vergleich zur Herstellung einer Stützmauer
unbedeutenden höhenmäßigen Angleichungsmaßnahmen wie hier der Niveauanpassung
von Garagen- und sonstigen Grundstückszufahrten durch Neuverlegung einzelner Reihen
von Steinen beziehungsweise Platten von vornherein als nicht beitragsfähig zu erachten.
Von dem aufgezeigten Normverständnis ausgehend sind die im Streit befindlichen Kosten
von Angleichungsmaßnahmen auf einzelnen Anliegergrundstücken am B-Weg
ausbaubeitragsfähig. Die entsprechenden Arbeiten waren dadurch veranlasst, dass sich
infolge des Ausbaus des B-Weges das Straßenniveau an der Hinterkante des bergseitigen
Gehwegs änderte. Dadurch hätte sich eine Geländestufe in den dort befindlichen Garagen-
und sonstigen Grundstückseinfahrten ergeben. Hier musste von der Gemeinde als Trägerin
der Straßenbaulast und des Ausbauvorhabens Abhilfe geschaffen werden, und dazu
wurden die Einfahrten an die neue Höhe des Gehweges angepasst. Das belegen die vom
Beklagten vorgelegten Lichtbilder
Anlage 2 zum Schriftsatz vom 23.9.2005.
Der durch die entsprechenden Arbeiten verursachte Aufwand ist daher unter dem Aspekt
der ausbaubedingten Folgekosten beitragsfähig.
Der Höhe nach ist dieser Aufwand durch den Auszug aus der Rechnung der Firma T-GmbH
vom 15.1.2002, durch die zugehörigen Aufmaßblätter und durch die vom Beklagten
eingereichte „Zusammenstellung der Angleichungen“
Anlage 1 zum Schriftsatz vom 23.9.2005
hinreichend belegt. Folglich ist unter diesem Gesichtspunkt eine Kürzung der vom
Beklagten veranschlagten voraussichtlichen künftigen Ausbaubeitragsschuld des Klägers
nicht gerechtfertigt.
2. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht beanstandet, wie der Beklagte bei der Ermittlung
der Höhe der künftigen Ausbaubeitragsschuld des Klägers die Kostenersparnis
berücksichtigt hat, die darauf beruht, dass zeitgleich mit dem Straßenausbau die
Kanalisation im B-Weg erneuert wurde, also nicht nach Durchführung der
Kanalbaumaßnahme die Straße zunächst wieder in ihren ursprünglichen Zustand versetzt
wurde und erst später der Straßenausbau erfolgte. Insbesondere pflichtet der Senat der in
dem angefochtenen Urteil näher begründeten Auffassung bei, dass die erwähnte Ersparnis
angemessen - und das heißt in aller Regel: hälftig - den Ausbaubeitragspflichtigen zugute zu
bringen ist
so insbesondere OVG Münster, Entscheidungen vom 5.9.1986 - 2 A 963/84 -, GemHH
1987, 115, vom 27.9.1988 - 2 A 1012/86 -, vom 14.6.1989 - 2 A 1152/87 -, vom
28.6.1991 - 2 A 1273/89 -, vom 11.7.1996 - 15 A 4756/96 - sowie vom 27.3.2002 - 15
B 745/02 -; ebenso Driehaus, a.a.O., § 33 Rdnrn. 24 f., und Dietzel/Hinsen/Kallerhoff,
a.a.O., Rdnrn. 280 bis 282.
So ist der Beklagte, wie er von Anfang an eingeräumt hat, indes nicht vorgegangen. Er
macht allerdings, wie er erstmals in der Berufungsinstanz mit dem Aktenvermerk vom
27.4.2005 nachvollziehbar aufgezeigt hat, geltend, die erwähnte Ersparnis wesentlich
weitergehend an die Ausbaubeitragspflichtigen weitergegeben zu haben. Er habe nämlich
im Kern „die Schnittmenge des Kanal- und Straßenbaus“
vgl. die idealisierte Zeichnung, S. 2 des genannten Aktenvermerks,
„zu 100 % der Kanalbaumaßnahme angerechnet“. Es ist offensichtlich, dass bei einer
solchen Vorgehensweise die künftigen Beitragsschulden niedriger ausfallen als bei der an
sich gebotenen nur hälftigen Gutschrift der Ersparnis zugunsten der
Ausbaubeitragspflichtigen. Bei einer konsequenten Umsetzung des vom Beklagten ins Feld
geführten Rechenmodells könnte daher die Anfechtungsklage des Klägers keinen (Teil-
)Erfolg haben, denn Voraussetzung hierfür wäre neben der Rechtswidrigkeit des
Verwaltungsaktes, dass der Kläger in seinen Rechten verletzt ist (§ 113 Abs. 1 Satz 1
VwGO). Letzteres setzt aber im gegebenen Zusammenhang grundsätzlich eine zu hohe
Inanspruchnahme voraus.
Dennoch hat das Verwaltungsgericht zu Recht der Klage teilweise entsprochen. Das folgt
aber nicht daraus, dass die Ermittlung des beitragsfähigen und - daraus abgeleitet - des
umlagefähigen Ausbauaufwands in diesem Punkt auf einer Schätzung beruht. Darin liegt
insbesondere kein Verstoß gegen § 3 Abs. 3 der einschlägigen Ortssatzung, wonach „der
beitragsfähige Aufwand ... nach den tatsächlichen Kosten ermittelt (wird)“. Diese
Bestimmung bezieht sich ausschließlich auf die endgültige Veranlagung und beinhaltet mit
Blick auf § 8 Abs. 4 Satz 1 KAG, wonach „der Aufwand ... nach den tatsächlichen Kosten
oder nach Einheitssätzen ermittelt werden (kann)“, lediglich eine Absage gegen eine
Abrechnung mittels Einheitssätzen. Vorauszahlungsbescheiden ist im Gegensatz zu den
endgültigen Beitragsbescheiden eigen, dass sie auf Schätzungen beruhen. Eingefordert
werden dürfen Vorauszahlungen nämlich bereits, „sobald mit der Durchführung einer
beitragspflichtigen Maßnahme begonnen worden ist“, und sie zielen „auf die künftige
Beitragsschuld“ (§ 8 Abs. 9 Satz 1 KAG). Zu Beginn einer Ausbaumaßnahme können aber
der künftige beitragsfähige Ausbauaufwand und damit die genaue Höhe der endgültigen
Beitragsschuld zwangsläufig noch nicht genau feststehen. Daher ist die Gemeinde
gezwungen, der Anforderung von Vorauszahlungen eine Prognose des Umfangs des
beitragsfähigen Aufwandes zugrunde zu legen, und die Vorauszahlung wird der Höhe nach
ausschließlich durch die voraussichtliche endgültige Beitragspflicht begrenzt
so zutreffend Driehaus in Driehaus, Kommunalabgabenrecht - Stand: Januar 2005 -, § 8
Rdnrn. 135 und 137, und Dietzel/Hinsen/Kallerhoff, a.a.O., Rdnr. 234; ebenso zum
Erschließungsbeitragsrecht BVerwG, Urteile vom 22.8.1975 - IV C 7.73 -, KStZ 1975, 229
(231) = BRS 37 Nr. 26 (S. 59/60), vom 22.2.1985 - 8 C 114.83 -, Buchholz 406.11 §
133 BBauG Nr. 90 (S. 50) = BRS 43 Nr. 126 (S. 309), sowie vom 29.1.1993 - 8 C 3.92 -,
Buchholz 406.11 § 128 BauGB Nr. 47 (S. 31 f.) = KStZ 1993, 118 (119), und VGH
Mannheim, Urteil vom 23.9.1993 - 2 S 462/92 -, juris.
Die Zubilligung einer Schätzungsbefugnis ist aber notwendigerweise mit einem gewissen
Freiraum verbunden, der sowohl den Weg der Schätzung als auch deren Ergebnis betrifft.
Es gibt bei Schätzungen nicht nur eine einzige rechtmäßige Lösung. Vielmehr werden
voneinander abweichende Vorgehensweisen und Ergebnisse von der Rechtsordnung
hingenommen
so BVerwG, Urteil vom 16.8.1985 – 8 C 120-122.83 -, Buchholz 406.11 § 125 BBauG Nr.
19 (S. 21 f.) = BRS 43 Nr. 51 (S. 114 f.), sowie vom 15.11.1985 – 8 C 41.84 -, Buchholz
406.11 § 130 BBauG Nr. 35 (S. 49 f.) = BRS 43 Nr. 96 (S. 246).
Das ist gerade bei Vorauszahlungsbescheiden unbedenklich, denn eine „centgenaue“
Abrechnung hat im Rahmen der endgültigen Veranlagung nachzufolgen.
Dennoch unterliegen auch auf Schätzungen beruhende Abgabenbescheide der gerichtlichen
Kontrolle. Diese Überprüfung bezieht sich auf die Sachgerechtigkeit der Methode, die der
Schätzung zugrunde liegt, und auf die Folgerichtigkeit sowie Nachvollziehbarkeit des daran
anschließenden Rechenwerkes
dazu Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 7. Auflage, § 21 Rdnrn. 33 und 34.
Dabei obliegt es der Gemeinde, in beiderlei Hinsicht ihre Vorgehensweise offen zu legen,
um den Herangezogenen und dem Gericht eine Überprüfung insbesondere hinsichtlich der
Höhe des Vorauszahlungsbetrages zu ermöglichen
so schon BVerwG, Urteil vom 22.8.1975, a.a.O., S. 231 beziehungsweise S. 60.
Fehlt es hieran, ist es nicht Aufgabe des mit der Sache befassten Gerichts, die
gemeindliche Schätzung durch eine eigene zu ersetzen, denn das materielle Recht weist
die Schätzungsbefugnis ausschließlich der Gemeinde zu. § 287 Abs. 2 ZPO, der dem
Gericht eine eigenständige Schätzungskompetenz zuordnet, ist im gegebenen
Zusammenhang nicht entsprechend anwendbar
so BVerwG, Urteile vom 16.8. sowie 15.11.1985, jeweils a.a.O..
Spätestens dann, wenn eine vom Gericht an die Gemeinde gerichtete Aufforderung, eine
vorliegende Schätzung nachzubessern oder ergänzend zu erläutern, ohne Erfolg geblieben
ist, ist der angefochtene Abgabenbescheid, soweit er auf der Schätzung beruht,
aufzuheben. So liegt es hier.
In dem angefochtenen Heranziehungsbescheid findet sich nichts über die Art und Weise,
wie der Beklagte die Höhe der künftigen Beitragsschuld ermittelt hat. Auf die diesbezügliche
Rüge unter anderem des Klägers hin hat der Beklagte im Widerspruchsverfahren
Stellungnahme vom 6.1.2003, S. 2, ausgeführt, „mit den Kosten für den Kanalbau in der
Breite des Kanalgrabens, für die Hausanschlüsse und die Schachtbauwerke (sei) das
Abwasserwerk der Stadt B-Stadt belastet (worden).“ Diese Behauptung wurde indes nicht
belegt. Daran änderte sich im Klageverfahren nichts, außer dass zwei Ordner mit 652
durchnummerierten und zahlreichen weiteren Seiten vorgelegt wurden. Anhand dieses
Wusts von Papier die behördliche Schätzung der Straßenausbau- und der Kanalbaukosten,
der Höhe der Kostenersparnis infolge der Verbindung beider Maßnahmen und die
Zuordnung beziehungsweise Verteilung dieses Kostenblockes nachzuvollziehen, ist
unmöglich. Dasselbe gilt für die auf Veranlassung des Verwaltungsgerichts nachgereichte
„fiktive Kostentrennung Kanalbau/Straßenbau“ vom 26.9.2004. Die Formulierung in dem
erstinstanzlichen Urteil, wonach „sich die nachgereichte Kostentrennung nicht ohne
weiteres erschließt“, bringt dies nur unzureichend zum Ausdruck. Dass sich der Beklagte
durch die Interpretation der „fiktiven Kostentrennung“ durch das Verwaltungsgericht völlig
missverstanden fühlt, bestätigt dies. In der Berufungsbegründung beanstandet der
Beklagte zwar ausführlich die Argumentation des Verwaltungsgerichts, ohne allerdings
näher aufzuzeigen, dass die behördliche Veranschlagung der voraussichtlichen künftigen
Beitragsschuld des Klägers sachgerecht ist. Deshalb wurde er vom Berichterstatter mit
Verfügung vom 5.4.2005 aufgefordert, „seine einschlägige Kostenzusammenstellung,
Kostentrennung und Alternativberechnung – sei es anhand von Rechnungen, sei es durch
Schätzungen – zu belegen und in diesem Zusammenhang zu erläutern, wieso die fiktive
Berechnung vom 26.9.2004 mittels eines Flächenmaßstabs, bezogen auf alle Kosten, zu
sachgerechten Ergebnissen führen soll“. Daraufhin wurde der bereits mehrfach erwähnte
Aktenvermerk vom 27.4.2005 vorgelegt und mitgeteilt, dass zum Zeitpunkt der
Veranschlagung etwa zwei Drittel der Ausbau- und Kanalmaßnahme abgeschlossen
gewesen seien; auf der Grundlage der bis dahin hierfür in Rechnung gestellten Kosten der
Bauunternehmungen habe man die voraussichtlichen endgültigen Kosten hochgerechnet.
Anhand bereits abgeschlossener und abgerechneter Teilbaumaßnahmen auf den
voraussichtlichen beitragsfähigen Gesamtaufwand des Vorhabens zu schließen, ist
sachgerecht. Im Weiteren hat der Beklagte ausgeführt, die „Schnittmenge von Kanalbau
und Straßenbau“ sei vollständig der Kanalbaumaßnahme zugeordnet worden. Hierzu
wurde auf Bl. 75–80 – gemeint waren, wie die mündliche Verhandlung ergeben hat, Bl. 75-
79, 82 des Behördenordners I – verwiesen. Dort finden sich unter Hinweis auf dort nicht
abgeheftete Rechnungen Kostenaufstellungen, Hochrechnungen und
Flächenzusammenstellungen. Davon, dass sich so eine die Pflichtigen nur unzureichend
entlastende Verteilung der Kostenersparnis infolge der gleichzeitigen Durchführung von
Straßenausbau und Kanalerneuerung ausschließen ließe und eine Angemessenheit der
Höhe der verlangten Vorauszahlung ergäbe, kann indes keine Rede sein. Das hat der
Berichterstatter dem Beklagten am 13.9.2005 telefonisch mitgeteilt. Darauf wurde
erwidert, die erwähnten Schwierigkeiten seien verständlich; die Leistungsverzeichnisse
seien als Ausgangspunkt der Schätzung ungeeignet, da dort nicht genau zwischen Straßen-
und Kanalmaßnahmen differenziert sei; die Berechnungen, die sich in den Behördenakten
befinden, müssten im Zusammenhang mit mehreren 100 Seiten Aufmaßblättern gesehen
werden, die zu erläutern mehrere Tage in Anspruch nähme. Mit Schriftsatz vom
23.9.2005 behauptete der Beklagte dann unter Vorlage weiterer Unterlagen, damit den
als umlagefähig angesehenen Ausbauaufwand centgenau zu belegen. Das trifft indes nicht
zu.
Unter Berücksichtigung der zusätzlichen Erläuterungen, die der Beklagte in der mündlichen
Verhandlung gegeben hat, versteht der Senat das behördliche Vorgehen inzwischen wie
folgt:
Zunächst veranschlagte der Beklagte aufgrund der bis Ende Februar 2002 vorliegenden
Bauunternehmerrechnungen die voraussichtlich entstehenden Gesamtkosten des
Straßenausbaus und der Kanalerneuerung. Von diesem Gesamtbetrag zog er dann die
ausschließlich der Kanalerneuerung zuzuordnenden Kosten, unter anderem also die Kosten
der Aushebung und Wiederverfüllung der Kanal- und Hausanschlussgräben unterhalb der
jeweiligen Straßenausbautiefe - 70 cm im Bereich der Fahrbahn und 40 cm im Bereich der
Gehwege -, ab. Anschließend ermittelte er – getrennt nach Fahrbahn und Gehwegen – die
ausgebauten Flächen des B-Weges und errechnete so einen Durchschnittspreis pro qm
ausgebauten Flächen des B-Weges und errechnete so einen Durchschnittspreis pro qm
Fahrbahn- und pro qm Gehwegausbau. In einem weiteren Schritt erfasste er – wiederum
getrennt nach Fahrbahn und Gehwegen – die Flächen, die nach den DIN-Normen für den
Straßenkanal und die Hausanschlüsse aufzugraben und wieder zu verfüllen waren. Als
ausbaubeitragsfähig sah er schließlich das Produkt aus den erwähnten
Durchschnittspreisen und den um die Flächen der Kanal- und Hausanschlussgräben
geminderten Fahrbahn- und Gehwegflächen an.
Es sprechen gute Gründe dafür, dass eine auf diesem Weg veranschlagte künftige
Beitragsschuld nicht zu hoch ausfallen kann. Das bedarf indes keiner Vertiefung. Dass der
Beklagte nämlich tatsächlich so wie dargestellt vorgegangen wäre, vermag der Senat auch
unter Berücksichtigung der mit Schriftsatz vom 23.9.2005 nachgereichten Unterlagen und
der weiteren Erläuterungen in der mündlichen Verhandlung nicht festzustellen. Die
angegebenen Zahlen sind mit Blick sowohl auf die Kostenbeträge als auch auf die in Ansatz
gebrachten Flächen nicht belegt. Es fehlt vor allem die gebotene Verknüpfung der
Kostenbeträge mit den Bauunternehmerrechnungen beziehungsweise den auf diesen
aufbauenden Hochrechnungen und der Flächensummen mit Aufmaßblättern. Das gesamte
Rechenwerk ist in sich nicht nachvollziehbar. Insbesondere sieht sich der Senat außer
Stande, die Feststellung zu treffen, dass der Beklagte die Kostenersparnis infolge der
gleichzeitigen Durchführung von Straßenausbau und Kanalerneuerung zumindest in dem
Umfang, in dem dies geboten wäre, oder sogar weitergehend, nämlich entsprechend dem
im Aktenvermerk vom 27.4.2005 dargestellten Rechenmodell, den Beitragspflichtigen gut
gebracht hätte. Das bestätigt im Grunde die Schlussbemerkung des Beklagten in der
mündlichen Verhandlung vor dem Senat, dass „unter der Voraussetzung, dass die
Flächenermittlungen Kanal bzw. Straße richtig seien, … das Zahlenwerk insgesamt richtig
(sei)“. Bereits die vom Beklagten selbst gemachte Prämisse ist nicht belegt, und dasselbe
gilt für praktisch alle anderen Punkte des Rechenwerks.
Ob der Senat dem Beklagten glaubt, dieser sei im Zweifelsfall immer bürgerfreundlich – im
Sinne der Herabsetzung der Vorauszahlungspflicht – vorgegangen – darauf läuft im Kern
ein Großteil der behördlichen Argumentation hinaus -, ist unerheblich, denn das allein kann
keine Grundlage für das zu erlassende Urteil bilden, denn es ist ein Rechenwerk zu
kontrollieren.
Ist damit aber die Schätzung der künftigen Beitragspflicht des Klägers mit Blick auf die
angemessene Berücksichtigung der Kostenersparnis infolge der gleichzeitigen Durchführung
von Straßenausbau und Kanalerneuerung nicht hinreichend nachvollziehbar, folgt hieraus,
dass der angegriffene Vorauszahlungsbescheid in diesem Punkt rechtswidrig ist. Dabei
obliegt es – wie bereits ausgeführt – nicht dem Senat, seinerseits die künftige
Beitragspflicht des Klägers zu schätzen. Ebenso wenig kommt es darauf an, ob die
insoweit vom Verwaltungsgericht vorgenommene Veranschlagung der zu Gunsten der
Gesamtheit der Beitragspflichtigen zu berücksichtigenden Gutschrift angemessen ist, was
gerade der Beklagte, und zwar durchaus nachvollziehbar, in Abrede stellt. Vielmehr ist die
in dem erstinstanzlichen Urteil unter dem Gesichtspunkt der Sowieso-Kosten
vorgenommene Kürzung des umlagefähigen Aufwandes um 38.019,81 Euro im Ergebnis
schon deswegen zu bestätigen, weil – einerseits – der höhere Ansatz des Beklagten – wie
aufgezeigt – rechtswidrig ist und weil sich – andererseits – eine weitergehende Kürzung zu
Gunsten des Klägers verbietet, nachdem dieser seinerseits kein Rechtsmittel eingelegt hat.
3. Unter Berücksichtigung des in Rechtskraft erwachsenen Teils des erstinstanzlichen
Urteils und der nach Abschnitt 1 gebotenen Anerkennung der Kosten der
Angleichungsmaßnahmen als ausbaubeitragsfähig belaufen sich die umlagefähigen
Ausbaukosten auf (332.706,09 Euro - 38.019,81 Euro =) 294.686,28 Euro. Diese sind
auf 56.788,91 qm beitragspflichtige Fläche zu verteilen. Das ergibt einen Beitragssatz von
5,189152 Euro/qm. Multipliziert mit der beitragspflichtigen Fläche des Grundstücks des
Klägers von 805,63 qm führt dies zu einem Betrag von 4.180,54 Euro. In dieser Höhe ist
daher der angefochtene Vorauszahlungsbescheid zu bestätigen. Dem ist das
erstinstanzliche Urteil unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung anzupassen.
Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens sind nach Maßgabe des
Obsiegens/Unterliegens der Beteiligten zu verteilen (§ 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die
Kosten des Berufungsverfahrens erlegt der Senat dem Beklagten insgesamt auf, da das
Unterliegen des Klägers geringfügig ist (§ 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO).
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 167 VwGO, 708 Nr.
10 ZPO.
Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Entscheidung ausschließlich auf der Anwendung
und Auslegung des saarländischen Landesrechts beruht (§§ 132 Abs. 2, 137 Abs. 1
VwGO).
Sonstiger Langtext
Rechtsmittelbelehrung
Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde zum Bundesverwaltungsgericht
angefochten werden.
Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Urteils bei dem
Oberverwaltungsgericht des Saarlandes (Hausadresse: Kaiser-Wilhelm-Straße 15, 66740
Saarlouis/Postanschrift: 66724 Saarlouis) einzulegen. Sie muss das angefochtene Urteil
bezeichnen.
Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils zu begründen.
Die Begründung ist ebenfalls bei dem Oberverwaltungsgericht des Saarlandes
(Hausadresse: Kaiser-Wilhelm-Straße 15, 66740 Saarlouis/Postanschrift: 66724 Saarlouis)
einzureichen. In der Begründung muss die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache
dargelegt oder die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen
Senates der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts, von
der das Urteil abweicht, oder ein Verfahrensmangel, auf dem das Urteil beruhen kann,
bezeichnet werden.
Die Einlegung und die Begründung der Beschwerde müssen durch einen Rechtsanwalt oder
einen Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule im Sinne des Hochschulrahmengesetzes
mit Befähigung zum Richteramt als Prozessbevollmächtigten erfolgen. Juristische Personen
des öffentlichen Rechts und Behörden können sich auch durch Beamte oder Angestellte mit
Befähigung zum Richteramt sowie Diplomjuristen im höheren Dienst,
Gebietskörperschaften auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum
Richteramt der zuständigen Aufsichtsbehörde oder des jeweiligen kommunalen
Spitzenverbandes des Landes, dem sie als Mitglied zugehören, vertreten lassen.
Beschluss
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 558,69 Euro festgesetzt (§§ 63 Abs. 2,
52 Abs. 3, 47 Abs. 1 GKG).
Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar.