Urteil des OVG Saarland vom 29.09.2010

OVG Saarlouis: steuerverwaltung, mindestalter, behandlung, persönlichkeit, lebenserfahrung, beamtenrecht, ermächtigung, zugang, berufserfahrung, qualifikation

OVG Saarlouis Urteil vom 29.9.2010, 1 A 157/10
Zulässigkeit eines Mindestalters für die Zulassung zum Laufbahnaufstieg
Leitsätze
Die Festlegung eines Mindestalters von 40 Jahren für die Zulassung zur Laufbahn des
gehobenen Dienstes in der Steuerverwaltung (§ 28 b SLVO) ist mit höherrangigem Recht,
insbesondere den Bestimmungen des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes, vereinbar.
Das Mindestalter muss spätestens zu dem Zeitpunkt vollendet sein, an dem der Nachweis
der Befähigung zum gehobenen Dienst zu erbringen ist.
Tenor
Die Berufung gegen das aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 11. August 2009
ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts des Saarlandes - 2 K 1919/08 - wird
zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens fallen der Klägerin zur Last.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin wendet sich mit ihrer Klage gegen ihre Nichtzulassung zum Aufstieg für
besondere Verwendungen für die Steuerbeamten gemäß § 28 b SLVO.
Die am … 1972 geborene Klägerin steht als Steuerhauptsekretärin (Besoldungsgruppe A
8) im Dienste des Beklagten.
Mit Schreiben vom 14.8.2008 bewarb sich die Klägerin um den von dem Beklagten unter
dem 18.7.2008 ausgeschriebenen Aufstieg für besondere Verwendungen für die
Steuerbeamten gemäß § 28 b SLVO. In der Ausschreibung war darauf hingewiesen
worden, dass die Absicht bestehe, zum 1.4.2009 und zum 1.10.2009 besonders
befähigte Beamte/Beamtinnen des mittleren Dienstes nach § 28 b SLVO zum Aufstieg in
die Laufbahn des gehobenen Dienstes der saarländischen Steuerverwaltung zuzulassen.
Für die Zulassung zum Aufstieg kämen Beamte/Beamtinnen in Betracht, die sich mit Erfolg
einem Auswahlverfahren unterzogen hätten, nach ihren fachlichen Leistungen, ihren
Fähigkeiten und ihrer Persönlichkeit für den Aufstieg geeignet erschienen, das 40.
Lebensjahr vollendet hätten, mindestens das zweite Beförderungsamt inne hätten, über
eine überdurchschnittliche Beurteilung verfügten, in einer sechsmonatigen
praxisbegleitenden Aufstiegsausbildung mit abschließender Prüfung die Befähigung zum
gehobenen Dienst in der Steuerverwaltung nachgewiesen hätten und eine
Mindestdienstzeit in der Finanzverwaltung von 12 Jahren nachweisen könnten. Des
Weiteren hieß es in der Ausschreibung, die Bewerber müssten bereit sein, sowohl die
Dienststelle als auch den Dienstort zu wechseln und nach ihrer Ernennung zu Beamten des
gehobenen Dienstes mindestens drei Jahre im Bereich der geplanten neuen Großbezirke
Dienst zu tun.
Mit an die Beschwerdestelle des Beklagten gerichtetem Schreiben vom 17.9.2008
beschwerte sich die Klägerin gemäß § 13 AGG darüber, dass nach der
Stellenausschreibung des Beklagten vom 18.7.2008 für die Zulassung zum Aufstieg in die
Laufbahn des gehobenen Dienstes nur Beamte in Betracht kämen, die das 40. Lebensjahr
vollendet hätten. Aufgrund der festgelegten Mindestanforderungen an das Alter sei sie
wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes benachteiligt. Rechtfertigungsgründe für eine
zulässige unterschiedliche Behandlung wegen des Alters seien nicht erkennbar. Die
Anforderungen an das zweite Beförderungsamt sowie die Mindestdienstzeit von 12 Jahren
würden von ihr erfüllt. Rein vorsorglich machte die Klägerin gemäß § 15 Abs. 1 und 2 AGG
Schadensersatz geltend.
Unter dem 6.10.2008 teilte der Beklagte der Klägerin mit, dass ihre Bewerbung nicht habe
berücksichtigt werden können, weil sie am 1.10.2009 das 40. Lebensjahr noch nicht
vollendet habe.
Mit Schreiben vom 10.10.2008 half die Beschwerdestelle des Beklagten der Beschwerde
der Klägerin vom 17.9.2008 nicht ab: Die Stellenausschreibung des Beklagten betreffend
den Aufstieg von Beamten/Beamtinnen des mittleren Dienstes in die Laufbahn des
gehobenen Dienstes der saarländischen Steuerverwaltung vom 18.7.2008 entspreche
bezüglich ihrer Anforderungen an die Bewerber § 28 b SLVO, der den Aufstieg für
besondere Verwendungen für Steuerbeamte kodifiziere. Dass die Festlegung von
Mindestanforderungen an das Alter möglich sei, ergebe sich dabei eindeutig aus § 10 Nr. 2
AGG, der diese Einschränkung ausdrücklich als Regelbeispiel zum Inhalt habe. Die
unterschiedliche Behandlung wegen des Alters in § 28 b SLVO sei nach § 10 AGG zulässig,
da die Festlegung der Mindestanforderung an das Alter von 40 Lebensjahren objektiv,
angemessen und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt sei.
Gegen die Nichtberücksichtigung ihrer Bewerbung legte die Klägerin mit Schreiben vom
30.10.2008 Widerspruch ein, zu dessen Begründung sie im Wesentlichen geltend machte,
die Vorschrift des § 28 b SLVO sei teilweise verfassungswidrig. Nach § 10 Satz 1 AGG sei
eine unterschiedliche Behandlung wegen des Alters nur zulässig, wenn sie objektiv und
angemessen sowie durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt sei. Dies sei bei der Festlegung
der Mindestaltersgrenze von 40 Jahren in § 28 b SLVO nicht der Fall.
Mit Widerspruchsbescheid vom 3.12.2008 wies der Beklagte den Widerspruch der Klägerin
zurück. Zur Begründung wurde im Wesentlichen dargelegt, gemäß § 28 b SLVO könnten
Beamte des mittleren Dienstes zur Laufbahn des gehobenen Dienstes in der
Steuerverwaltung u.a. nur dann zugelassen werden, wenn sie das 40. Lebensjahr vollendet
hätten. Diese Voraussetzung erfülle die Klägerin nicht. Ein Verstoß gegen das AGG,
welches gemäß § 24 Nr. 1 AGG auch auf die Beamten der Länder entsprechend
anwendbar sei, sei aufgrund des in § 28 b SLVO festgelegten Mindestalters von 40
Lebensjahren nicht gegeben. Vielmehr sei das zur Zulassung zum Aufstieg in den
gehobenen Dienst in der Steuerverwaltung erforderliche Mindestalter von 40 Lebensjahren
nach § 10 AGG gerechtfertigt. Danach sei eine Ungleichbehandlung aufgrund des Alters
zulässig, wenn sie objektiv und angemessen und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt sei.
Insbesondere sei nach § 10 Nr. 2 AGG eine unterschiedliche Behandlung durch die
Festlegung von Mindestanforderungen an das Alter, die Berufserfahrung oder das
Dienstalter für den Zugang zur Beschäftigung oder für bestimmte mit der Beschäftigung
verbundene Vorteile zulässig. Bei dem Aufstieg für besondere Verwendungen für die
Steuerbeamten gemäß § 28 b SLVO handele es sich um eine besondere Form des
Aufstiegs, die einen vertikalen Laufbahnwechsel zur Folge habe. Die Koppelung an ein
Mindestalter und damit verbunden an Erfahrungen, Kenntnisse und Routine sei zwingend
erforderlich, damit ein Minus an Fachwissen ausgeglichen werden könne und die
Steuerverwaltung funktions- und leistungsfähig bleibe. Die objektive Zielrichtung der
Regelung des § 28 b SLVO spiegele sich darin wider, dass die Anknüpfung nicht lediglich an
das Lebensalter erfolgt sei, sondern weitere Kriterien wie Innehabung des zweiten
Beförderungsamtes sowie eine Mindestdienstzeit in der Finanzverwaltung von 12 Jahren
und damit ein bestimmtes Qualifikationsprofil aufgestellt worden sei, welches dazu
geeignet sei, die Qualität der Steuerverwaltung im Interesse der Allgemeinheit zu sichern.
Die Festlegung eines Mindestalters sei erforderlich gewesen, da nur so sichergestellt
werden könne, dass die mit dem Aufstieg neu zu übernehmenden Aufgaben als Leiter oder
stellvertretender Leiter eines Großbezirkes möglichst konfliktfrei ausgeübt werden könnten.
Durch den Aufstieg ergäben sich Weisungsbefugnisse gegenüber früher gleichberechtigten
Kollegen. Für die Akzeptanz sei das Lebensalter dabei ein nicht zu vernachlässigender
Faktor. Die Festlegung eines Mindestalters sei geeignet, die Funktions- und
Leistungsfähigkeit der Verwaltung sicherzustellen und sie sei angesichts dessen, dass auch
Interessen der Allgemeinheit betroffen seien, legitim.
Am 24.12.2008 hat die Klägerin Klage erhoben.
Mit Beschluss vom 26.3.2009 - 2 L 184/09 - hat das Verwaltungsgericht einen auf
Teilnahme an der am 1.4.2009 beginnenden sechsmonatigen praxisbegleitenden
Aufstiegsausbildung für den Aufstieg in die Laufbahn des gehobenen Dienstes in der
Steuerverwaltung nach § 28 b SLVO gerichteten Antrag der Klägerin nach § 123 VwGO
zurückgewiesen. Die hiergegen erhobene Beschwerde der Klägerin hat der erkennende
Senat mit Beschluss vom 2.4.2009 - 1 B 304/09 - zurückgewiesen.
In der Folge wurde die Klägerin zum Regelaufstieg nach § 28 SLVO zugelassen und hat am
1.7.2009 die entsprechende Ausbildung begonnen. Sie ist zur
Fortsetzungsfeststellungsklage übergegangen und hat unter Wiederholung ihres
Vorbringens im Verwaltungsverfahren nochmals betont, die in § 28 b SLVO festgelegte
Mindestaltersgrenze von 40 Jahren verstoße gegen die Vorschriften des AGG. Für die
Zulassung von Beamten des mittleren Dienstes zum Aufstieg in die Laufbahn des
gehobenen Dienstes in der Steuerverwaltung sei die Festlegung einer Mindestaltersgrenze
nicht erforderlich. Hierfür gebe es auch keinen sachlichen Grund, da das Lebensalter in
keinem unmittelbaren Zusammenhang mit den in der Laufbahn des mittleren Dienstes
gewonnenen Erfahrungen und einer etwaigen Qualifikation stehe. Eine Mindestaltersgrenze
sei daher kein zulässiges Kriterium für die Zulassung zum Aufstieg in den gehobenen Dienst
in der Steuerverwaltung.
Die Klägerin hat beantragt,
festzustellen, dass der Bescheid des Beklagten vom 6.10.2008 in
Ge-stalt des Widerspruchsbescheides vom 3.12.2008 rechtswidrig
war.
Der Beklagte hat an seiner Auffassung festgehalten, dass die in § 28 b SLVO festgelegte
Mindestaltersgrenze für die Zulassung zum Aufstieg in den gehobenen Dienst der
Steuerverwaltung rechtmäßig sei, und hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Mit aufgrund mündlicher Verhandlung vom 11.8.2009 ergangenem Urteil hat das
Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen heißt es im
Wesentlichen:
Das auf die Feststellung der Rechtswidrigkeit der streitgegenständlichen
Verwaltungsentscheidungen gerichtete Klagebegehren sei zulässig, da angesichts der
naheliegenden Möglichkeit, dass der Beklagte künftige Bewerbungen der Klägerin um die in
Rede stehende Zulassung zum Aufstieg aus den gleichen Gründen wie in den angegriffenen
Bescheiden ablehne, ein berechtigtes Interesse der Klägerin an dieser Feststellung zu
bejahen sei.
Indes sei dieses Feststellungsbegehren in der Sache unbegründet, weil die Klägerin nicht
die Voraussetzungen für die Zulassung zum Aufstieg in die Laufbahn des gehobenen
Dienstes in der Steuerverwaltung erfülle. Nach § 28 b Abs. 1, 3. Spiegelstrich SLVO
könnten Beamte des mittleren Dienstes zur Laufbahn des gehobenen Dienstes in der
Steuerverwaltung nur zugelassen werden, wenn sie das 40. Lebensjahr vollendet haben.
Die Klägerin habe im Jahr 2009 erst das 37. Lebensjahr vollendet und sei schon deshalb
von der Zulassung zum Aufstiegsverfahren ausgeschlossen gewesen. Durchgreifende
rechtliche Bedenken gegen die in § 28 b Abs. 1 SLVO festgelegte Mindestaltersgrenze von
40 Jahren bestünden nicht. Zur Begründung werde auf den im einstweiligen
Rechtsschutzverfahren ergangenen Beschluss der erkennenden Kammer vom 26.3.2009 -
2 L 184/09 -, bestätigt durch Beschluss des Oberverwaltungsgerichts vom 2.4.2009 - 1 B
304/09 -, Bezug genommen. Darin habe die Kammer unter eingehender
Auseinandersetzung mit dem Vorbringen der Klägerin dargelegt, dass die in § 28 b Abs. 1
SLVO festgelegte, an das Alter des Beamten anknüpfende Beschränkung für die Zulassung
zum Aufstieg in die Laufbahn des gehobenen Dienstes in der Steuerverwaltung weder
unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten zu beanstanden, insbesondere mit dem
Leistungsgrundsatz (Art. 33 Abs. 2 GG) vereinbar sei noch gegen das Allgemeine
Gleichbehandlungsgesetz - AGG - verstoße. Das Vorbringen der Klägerin im Klageverfahren
und insbesondere in der mündlichen Verhandlung rechtfertige keine andere Beurteilung.
Soweit sie unter Hinweis auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 19.2.2009 - 2
C 18/07 -, ZBR 2009, 390, in dem die in der nordrhein-westfälischen Laufbahnverordnung
geregelte Höchstaltersgrenze für die Lehrerlaufbahn für unwirksam erachtet wurde,
geltend mache, die Festsetzung des Mindestalters habe vorliegend einer gesetzlichen
Grundlage bedurft, verkenne sie, dass der vom Bundesverwaltungsgericht entschiedene
Sachverhalt auf den vorliegenden nicht übertragbar sei. Vorauszuschicken sei, dass das
Bundesverwaltungsgericht in dieser Entscheidung ausdrücklich festgestellt habe, dass
laufbahnrechtliche Altersgrenzen für Einstellung und Übernahme in das Beamtenverhältnis,
die für die Bewerber im Vergleich zur hier in Rede stehenden Mindestaltersgrenze für den
laufbahnrechtlichen Aufstieg wesentlich einschneidendere Maßnahmen darstellten, weil sie
den Zugang zum Beamtenverhältnis reglementierten, durch das Allgemeine
Gleichbehandlungsgesetz - AGG - nicht ausgeschlossen seien. Die Regelungen in der
nordrhein-westfälischen Laufbahnverordnung seien vom Bundesverwaltungsgericht
ausschließlich deshalb beanstandet worden, weil die Ausnahmen von den Altersgrenzen
voraussetzungslos in das Ermessen der Verwaltung gestellt und daher die
verordnungsrechtliche Altersgrenze weitgehend durch für die Bewerber schwer
überschaubare Ausnahmeentscheidungen der Behörden überlagert worden sei, worin ein
Verstoß gegen das Gebot der Normklarheit liege. Eine vergleichbare Situation sei hier nicht
gegeben. Die Verordnungsermächtigung in § 19 Abs. 1 SBG (a.F.) vom 11.7.1962
(Amtsbl. S. 505), wonach die Landesregierung die Vorschriften über die Laufbahn der
Beamten nach Maßgabe der im SBG geregelten Grundsätze erlässt, bilde eine
ausreichende gesetzliche Grundlage zur Regelung von laufbahnrechtlichen
Mindestaltersgrenzen. Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung seien auch für
Mindestaltersgrenzen hinreichend bestimmt, weil sich die Befugnis des Verordnungsgebers
an den im SBG geregelten Maßstäben zu orientieren habe. Der weitere Einwand der
Klägerin, die Mindestaltersgrenze verstoße gegen Art. 12 GG, überzeuge nicht. Im
vorliegenden Fall, in dem es um die Zulassung zum laufbahnrechtlichen Aufstieg für
Beamte gehe, sei Art. 33 Abs. 2 GG, der den Bewerbern ein Recht auf gleichen Zugang zu
öffentlichen Ämtern gewährleiste, gegenüber dem Grundrecht der Berufsfreiheit aus Art.
12 GG die speziellere Vorschrift. Dass eine an das Alter des Beamten anknüpfende
Beschränkung für die Zulassung zum Aufstieg mit dem grundrechtsgleichen Recht aus Art.
33 Abs. 2 GG vereinbar ist, habe die Kammer bereits in ihrem Beschluss vom 26.3.2009 -
2 L 184/09 - im Eilverfahren der Klägerin unter Hinweis auf die Rechtsprechung des
Bundesverwaltungsgerichts festgestellt (vgl. etwa Beschluss vom 20.4.1983 - 2 B 117/82
- Buchholz 237.1 Art. 42 BG BY Nr. 6). Die Mindestaltersgrenze in § 28 b SLVO verstoße
daher auch nicht gegen Art. 12 GG.
Gegen das ihr am 24.8.2009 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 23.9.2009 die
Zulassung der Berufung beantragt und diesen Antrag am 15.10.2009 begründet. Dem
Antrag hat der Senat mit Beschluss vom 17.5.2010 - 1 A 457/09 - gemäß § 124 Abs. 2
Nr. 2 VwGO entsprochen. Am 9.6.2010 hat die Klägerin die Berufung begründet.
Während des zweitinstanzlichen Verfahrens wurden diejenigen, die nach § 28 b SLVO zum
Aufstieg zugelassen worden waren und die Prüfung bestanden haben, zu Beamten des
gehobenen Dienstes ernannt. Bis auf zwei, die wie zuvor Spezialaufgaben in der Zentralen
Datenverarbeitung wahrnehmen, sind die Aufsteiger in den neu gebildeten Großbezirken
eingesetzt, die gleichrangig von einem „klassischen“ Beamten des gehobenen Dienstes
und einem Aufsteiger geleitet werden.
Die Klägerin wiederholt und vertieft ihren Standpunkt, wonach die Festlegung einer
Mindestaltersgrenze von 40 Jahren für die Zulassung zum Aufstieg in den gehobenen
Dienst der Steuerverwaltung gegen das AGG verstoße und verfassungswidrig sei.
Die Klägerin beantragt,
unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts des
Saarlandes vom 11.8.2009 festzustellen, dass der Bescheid des
Beklagten vom 6.10.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 3.12.2008 rechtswidrig war.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das erstinstanzliche Urteil und hebt hervor, für die Akzeptanz der Aufsteiger
speziell in der Leitung eines Großbezirks sei ein gewisses Alter, das der Gesetzgeber auf 40
Jahre festgelegt habe, sehr wichtig. Er halte es im Übrigen für fernliegend, dass die
Klägerin, die inzwischen die Ausbildung im Rahmen des Regelaufstiegs zu einem
erheblichen Teil absolviert habe, im Falle eines Obsiegens tatsächlich erwäge, in einen
Aufstieg nach § 28 b SLVO zu wechseln, ganz abgesehen davon, dass derzeit mangels
Bedarfs ein einschlägiger Lehrgang nicht geplant sei.
Wegen der Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf den zum Gegenstand der mündlichen
Verhandlung gemachten Inhalt der Gerichtsakten einschließlich der Akten des vorläufigen
Rechtsschutzverfahrens sowie der Verwaltungsunterlagen (1 Heft) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung ist nicht begründet.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Die Entscheidung des Beklagten, die Klägerin nicht am Auswahlverfahren für den Aufstieg
für besondere Verwendungen für die Steuerbeamten nach § 28 b der Saarländischen
Laufbahnverordnung - SLVO - in der hier maßgeblichen Fassung des Art. 3 des Gesetzes
Nr. 1646 zur Änderung beamtenrechtlicher Vorschriften vom 14.5.2008 (Amtsbl. S. 1062)
teilnehmen zu lassen, entspricht den Vorgaben der genannten Norm.
Gemäß § 28 b Abs. 1 Spiegelstrich 3 SLVO setzt die Zulassung von Beamten des mittleren
Dienstes zur Laufbahn des gehobenen Dienstes in der Steuerverwaltung voraus, dass sie
das 40. Lebensjahr vollendet haben. Diese Zu-lassungsentscheidung wird, wie sich aus §
28 b Abs. 1 Spiegelstrich 6 SLVO ergibt, nach dem Absolvieren einer sechsmonatigen
praxisbegleitenden Aufstiegsausbildung sowie nach dem Ablegen einer Prüfung und dem so
erbrachten Nachweis der Befähigung zum gehobenen Dienst in der Steuerverwaltung
getroffen. Das spricht dafür, dass das erforderliche Mindestalter unmittelbar nach
Erbringen des erwähnten Befähigungsnachweises erreicht sein muss
so schon VG des Saarlandes in seinem im einstweiligen
Rechtsschutzverfahren ergangenen Beschluss vom 26.3.2009, S. 4;
anders z.B. § 29 Abs. 1 Satz 1 BLV a. F., wonach das Mindestalter
von 50 Jahren zu Beginn der Einführung in die Aufgaben der neuen
Laufbahn vollendet sein musste; in diesem Sinne auch I. 3 der
Ausschreibung des Beklagten vom 18.7.2009.
Zumindest kommt kein späterer Zeitpunkt in Betracht. Das folgt letztlich daraus, dass die
Zulassung zum Aufstieg sich nach dem Bedarf in der angestrebten Laufbahn unter
Berücksichtigung der Einstellung unmittelbarer Laufbahnbewerber richtet. Dem liefe es
zuwider, Beamte ohne eine reale Aussicht auf kurzfristige Übernahme in die höhere
Laufbahn der Erfüllung ihrer derzeitigen Dienstaufgaben zu entziehen und gewissermaßen
für einen ungewissen künftigen Bedarf in einer höheren Laufbahn „auf Vorrat“ auszubilden
ebenso Schröder/Lemhöfer/Krafft, Das Laufbahnrecht der
Bundesbeamten - Stand: Februar 2002 -, § 22 Rdnr. 28.
Das gilt speziell für § 28 b SLVO, der ausweislich der Gesetzesmaterialien
vgl. die Begründung des Abänderungsantrags des Landtags-
ausschusses für Inneres, Datenschutz und Sport zum Entwurf eines
Gesetzes zur Änderung beamtenrechtlicher Vorschriften, LT-Drucks.
13/1890, S. 2 zu Ziffer I, wonach „das vorhandene gesetzliche
Instrumentarium für den Aufstieg von Beamten des mittleren
Dienstes der saarländischen Steuerverwaltung … den speziellen
Erfordernissen dieser Situation nicht genügt“ und „aus diesem
Grunde … mit der eigenständigen Vorschrift des § 28 b SLVO die
erforderlichen fachspezifischen Aufstiegsmöglichkeiten für den
mittleren Dienst geschaffen werden, die der Bewältigung der
notwendigen Umstrukturierungsmaßnahmen erforderlich sind“,
zur kurzfristigen Deckung eines dringenden Bedarfs an Aufsteigern in die Laufbahn des
gehobenen Dienstes für Steuerbeamte infolge der Einrichtung von Großbezirken in der
saarländischen Finanzverwaltung in die Laufbahnverordnung eingefügt wurde. Folgerichtig
sieht § 54 Abs. 1 Nr. 5 SLVO keine Ausnahme vom Mindestalter des § 28 b Abs. 1 SLVO
vor
dazu Juncker, Saarländisches Beamtenrecht - Stand: April 2009 -, §
28 b SLVO Anm. 2.
Vor diesem Hintergrund wäre es, um eine Formulierung aus dem Bescheid der
Beschwerdestelle nach AGG vom 10.10.2008 (S. 2) aufzugreifen, nicht nur
„verwaltungsunökonomisch“, sondern nach Auffassung des Senats geradezu unsinnig
gewesen, eine Bewerberin wie die Klägerin, die am 18.7.1972 geboren ist, zu der am
1.4.2009 beginnenden sechsmonatigen Aufstiegsausbildung zuzulassen, obwohl sie erst
am 18.7.2012 das Mindestalter für den Aufstieg in den gehobenen Dienst erreichen wird. §
28 b Abs. 1 Spiegelstrich 3 SLVO dennoch dahingehend auszulegen, dass die Klägerin in
das Auswahlverfahren für den Aufstieg hätte einbezogen werden müssen, obwohl sie nach
Erbringen des Befähigungs-nachweises frühestens am 18.7.2012 in die Laufbahn des
gehobenen Dienstes aufsteigen kann, verbietet sich vielmehr.
Damit hängt die Entscheidung im vorliegenden Rechtsstreit davon ab, ob die
Mindestaltersregelung des § 28 b Abs. 1 Spiegelstrich 3 SLVO mit höherrangigem Recht
vereinbar ist. Davon geht der Senat aus.
In dem angefochtenen Urteil (S. 10/11) setzt sich das Verwaltungsgericht zunächst mit der
an Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts in seinem die Zulässigkeit einer
Höchstaltersgrenze für die Einstellung von Beamten betreffenden Urteil vom 19.2.2009 - 2
C 18/07 -
BVerwGE 133, 143 Rdnrn.10 ff.,
anknüpfenden Rüge der Klägerin auseinander, § 28 b SLVO fehle es an der erforderlichen
formell gesetzlichen Ermächtigung, und vertritt hierzu die Ansicht, § 19 Abs. 1 des
Saarländischen Beamtengesetzes vom 11.7.1962 (Amtsbl. S. 505) bilde eine
ausreichende Grundlage auch für § 28 b SLVO. Dem stimmt der Senat zu, weist allerdings
ergänzend darauf hin, dass § 28 b SLVO durch Art. 3 des Gesetzes Nr. 1646 zur Änderung
beamtenrechtlicher Vorschriften vom 14.5.2008 (Amtsbl. S. 1062) in die Saarländische
Laufbahnverordnung eingefügt wurde, ohne dass in diesem Gesetz oder in die
Saarländische Laufbahnverordnung bei dieser oder anderer Gelegenheit eine Klausel des
Inhalts aufgenommen worden wäre, dass den durch förmliches Gesetz eingefügten
Regelungen der Saarländischen Laufbahnverordnung - nur - Verordnungsrang zukommt
(sog. Entsteinerungsklausel)
dazu BVerfG, Beschluss vom 13.9.2005 - 2 BvF 2/03 -, BVerfGE
114, 196, und BVerwG, Urteil vom 16.1.2003 - 4 CN 8/01 -,
BVerwGE 117, 313.
Das hat zur Folge, dass § 28 b SLVO selbst Gesetzesrang hat und daher seinerseits keiner
gesetzlichen Ermächtigung bedurfte oder bedarf.
Dass eine Aufstiegsregelung, wie sie § 28 b SLVO enthält, Gegenstand einer
landesrechtlichen Normierung sein kann, folgt aus § 6 Abs. 4 des Steuerbeamten-
Ausbildungsgesetzes - StBAG - in der Fassung des Art. 1 des Gesetzes vom 23.7.2002
(BGBl. I 2715)
ebenso Juncker, a.a.O., § 28 b SLVO Anm. 1 i. V. m. § 28 a SLVO
Anm. 5.
Im Weiteren hält der Senat § 28 b Abs. 1, insbesondere die darin enthaltene
Mindestaltersregelung, für mit den bundesrechtlichen und daher vorrangigen (Art. 31 GG)
Bestimmungen des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes - AGG - vom 14.8.2006
(BGBl. I 1897), das nach § 10 unterschiedliche Behandlungen wegen des Alters,
insbesondere Benachteiligungen beim beruflichen Aufstieg (§ 2 Abs. 1 Nr. 1) auch von
Beamten (§ 24 Nr. 1), nur unter besonderen Voraussetzungen zulässt, vereinbar.
Das Verwaltungsgericht hat in seinem im einstweiligen Rechtsschutzverfahren zwischen
den Beteiligten ergangenen Beschluss vom 26.3.2009 (S. 4 bis 8) gewichtige Argumente
für die Vereinbarkeit des § 28 b Abs. 1 SLVO mit den Vorgaben des Allgemeinen
Gleichbehandlungsgesetzes genannt. Darauf wird hier Bezug genommen, denn diesen
Ausführungen schließt sich der erkennende Senat nach erneuter Prüfung - wie schon in
seinem Beschluss vom 2.4.2009 - jedenfalls im Ergebnis an. Dabei ist er sich bewusst,
dass nach dem Inkrafttreten des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes ein Großteil der
zuvor in beamtenrechtlichen Vorschriften enthalten gewesenen Altersgrenzen vom Gesetz-
beziehungsweise Verordnungsgeber beseitigt worden ist. Allerdings wurden in diesem
Zusammenhang vielfach zugleich andere Hürden für ein nach Einschätzung der Normgeber
zu schnelles Vorwärtskommen von Beamten errichtet. Der Senat verweist im gegebenen
Zusammenhang auf § 27 der Bundeslaufbahnverordnung - BLV - in der Fassung vom
12.2.2009 (BGBl. I 284), wonach der dort vorgesehene Aufstieg unter anderem von einer
Mindestdienstzeit von 20 Jahren (Abs. 1 Nr. 1) abhängig gemacht wird, was sich indirekt
auf das Lebensalter potenzieller Aufstiegsbewerber auswirken muss. Auch ist - wie schon
in dem Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 26.3.2009 geschehen - erneut zu
betonen, dass § 10 Satz 3 Nr. 2 AGG die Festlegung von Mindestanforderungen an das
Alter für bestimmte berufliche Vorteile - dazu gehört die Zulassung zum Aufstieg - als
Regelbeispiel - „insbesondere“ - zulässiger unterschiedlicher Behandlung wegen des Alters
nennt und damit die Zulässigkeit einschlägiger Regelungen indiziert
in diesem Sinne Bauer/Göpfert/Krieger, AGG, § 10 Rdnr. 25.
Entscheidend ist allerdings stets, ob die unterschiedliche Behandlung wegen des Alters
objektiv und angemessen und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt ist (§ 10 Satz 1 AGG)
und die Mittel zur Erreichung des Ziels angemessen und erforderlich sind (§ 10 Satz 2
AGG).
Um von diesem Ausgangspunkt aus mit Blick auf die hier interessierende
Mindestaltersregelung zu einer sachgerechten Beurteilung gelangen zu können, bedarf es
eines Blicks auf die Systematik des beamtenrechtlichen Aufstiegs im Allgemeinen und des §
28 b SLVO im Besonderen. Geprägt ist das deutsche Laufbahnrecht nach wie vor von der
Trennung in den einfachen, mittleren, gehobenen und höheren Dienst. Dies kommt
insbesondere in § 3 SLVO zum Ausdruck. Die Einstellung in den gehobenen Dienst der
Steuerverwaltung setzt dabei voraus, dass der Betreffende eine zum Hochschulstudium
berechtigende Schulbildung besitzt oder einen als gleichwertig anerkannten Bildungsstand
nachgewiesen hat, einen dreijährigen Vorbereitungsdienst absolviert hat und sodann die
Laufbahnprüfung erfolgreich abgelegt hat (§ 4 StBAG). Der Steuerbeamte des mittleren
Dienstes verfügt demgegenüber über den Realschulabschluss oder einen diesem
gleichstehenden Bildungsstand, hat einen zweijährigen Vorbereitungsdienst absolviert und
sodann die Laufbahnprüfung abgelegt (§ 3 StBAG). Das berufliche Vorwärtskommen erfolgt
grundsätzlich nur innerhalb der jeweiligen Laufbahn. Ein Aufstieg in die nächst höhere
Laufbahn ist nur ausnahmsweise möglich.
Allerdings wurde schon frühzeitig der sogenannte Regel- oder Ausbildungsaufstieg
eingeführt. Nach den §§ 6 Abs. 1 und 3 StBAG, 28 Abs. 1 und 3 SLVO können
Steuerbeamte des mittleren Dienstes nach einer Dienstzeit von drei Jahren, einer positiven
Beurteilung ihrer Persönlichkeit und ihrer bisherigen Leistungen und einer erfolgreichen
Teilnahme an einem Auswahlverfahren an einer Einführungszeit von drei Jahren teilnehmen,
in der sie an einer Fachhochschule oder in einem gleichstehenden Studiengang ausgebildet
werden, um die zur Erfüllung der Aufgaben der Laufbahn des gehobenen Dienstes
erforderlichen wissenschaftlichen Erkenntnisse und Methoden sowie berufspraktischen
Fähigkeiten und Kenntnisse zu erwerben. Nach erfolgreicher Ablegung der Laufbahnprüfung
ist sodann der Aufstieg in den gehobenen Dienst möglich. Dass die Betreffenden von ihrer
berufsbezogenen Qualifikation den originären Beamten des gehobenen Dienstes
gleichstehen, liegt auf der Hand.
Daneben trat im Laufe der Zeit der sogenannte Verwendungsaufstieg, der von Bundesland
zu Bundesland unterschiedlich geregelt war und ist. § 28 a SLVO ermöglicht allen Beamten
des mittleren Dienstes, die nach ihrer Persönlichkeit und den bisherigen Leistungen für
einen Aufstieg geeignet erscheinen, mindestens vier Jahre ein Amt der Besoldungsgruppe A
9 innehaben, in der letzten dienstlichen Beurteilung die Spitzennote erhalten haben und das
50., aber noch nicht das 59. Lebensjahr vollendet haben, einen ausbildungs- und
prüfungsfreien Aufstieg, beschränkt auf Dienstposten, deren fachliche Anforderungen der
Beamte aufgrund berufsverwandter Tätigkeiten und entsprechender beruflicher
Erfahrungen erfüllen kann, bis zur Besoldungsgruppe A 10, in Ausnahmefällen bis zur
Besoldungsgruppe A 11
zur Zulässigkeit dieses Verwendungsaufstiegs BayVerfG,
Entscheidung vom 5.5.2003 - Vf. 5 - VII - 02 -, ZBR 2003, 355.
Bei diesen Bewerbern wird also auf den Erwerb gleicher theoretischer Kenntnisse, wie sie
ein originärer Beamter des gehobenen Dienstes oder ein Regelaufsteiger nachweisen
muss, von vornherein verzichtet. An deren Stelle treten Berufs- und Lebenserfahrung, und
folgerichtig bleibt der Aufstieg verwendungsbezogen und besoldungsrechtlich beschränkt.
Der Aufstieg nach § 28 b SLVO nimmt eine Mittelstellung zwischen Regel- und
Verwendungsaufstieg ein. Die Betreffenden müssen einerseits eine allerdings nur
sechsmonatige praxisbegleitende Ausbildung - „Crashkurs“ - absolvieren, durch die
zwangsläufig nicht all das vermittelt werden kann, was der originäre Beamte des
gehobenen Dienstes oder der Regelaufsteiger binnen drei Jahren gelernt hat. Der Aufstieg
nach § 28 b SLVO setzt eine Prüfung mit allerdings beschränktem Prüfungsumfang voraus.
Im Übrigen wird insbesondere durch das Erfordernis einer Mindestdienstzeit in der
Finanzverwaltung von 12 Jahren eine beträchtliche Berufserfahrung und über das
Mindestlebensalter von 40 Jahren eine große Lebenserfahrung vorausgesetzt. Außerdem ist
der Aufstieg bis zur Besoldungsgruppe A 12 beschränkt, und auch die Verwendungsbreite
ist, wie sich aus der amtlichen Überschrift der Vorschrift und die daraus abzuleitende
gebotene entsprechende Anwendung des § 28 a Abs. 1 und 3 SLVO ergibt
ebenso Juncker, a.a.O., § 28 b SLVO Anm. 3,
limitiert. So gesehen fügt sich § 28 b SLVO konsequent in das geltende Laufbahn-,
insbesondere Aufstiegsrecht ein. Einerseits werden von dem beim Regelaufsteiger noch voll
durchgesetzten Ziel einer qualitativen Gleichstellung von originärem Laufbahnbeamten und
Aufsteiger in begrenztem Umfang Abstriche gemacht; andererseits soll das - begrenzte -
Minus insbesondere an fachtheoretischem Wissen durch Berufs- und Lebenserfahrung
ausgeglichen werden und bleibt der Aufstieg besoldungs- und verwendungsbezogen
begrenzt. Speziell mit Blick auf die Mindestaltersregelung in § 28 b Abs. 1 Spiegelstrich 3
SLVO ist dann noch darauf hinzuweisen, dass der Abstand von zehn Jahren zur
Mindestaltersgrenze in § 28 a Abs. 1 Nr. 4 SLVO angesichts der weiteren Unterschiede in
den Zulassungsvoraussetzungen durchaus plausibel erscheint.
Ob allein schon diese Feststellungen genügen, um eine Vereinbarkeit des § 28 b Abs. 1
SLVO mit den Vorgaben des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes zu bejahen
in diesem Sinne wohl Baßlsperger, Altersdiskriminierung durch
Beamtenrecht, ZBR 2008, 339, 349, und Kämmerer, Deutsches
Beamtenrecht und Verbot der Altersdiskriminierung, ZBR 2008, 325,
337,
erscheint insbesondere wegen der Kombination von Mindestalter, Mindestdienstzeit und
persönlicher Eignungsprüfung in § 28 b Abs. 1 SLVO zweifelhaft, kann aber dahinstehen.
Denn auch die erwähnte Kombination von Mindestalter, Mindestdienstzeit und persönlicher
Eignungsprüfung hält der Senat für - noch - vertretbar.
Richtig ist allerdings, dass es oft genügt, durch die Fixierung eines Mindestalters oder einer
Mindestdienstzeit das vom Normgeber angestrebte Ziel zu erreichen, und dann ist eine
Koppelung beider Anforderungen unzulässig. Ebenso ist es möglich, dass durch die
individuelle Prüfung der Bewerber starre Anforderungen bezüglich des Alters oder der
Dauer der einschlägigen beruflichen Verwendung verzichtbar und damit rechtswidrig sind
dazu Bauer/Göpfert/Krieger, a.a.O., § 10 Rdnr. 31.
Fallbezogen ist allerdings zu berücksichtigen, dass die Regelung des § 28 b Abs. 1 SLVO
mit der Koppelung von Anforderungen an die Dauer der Dienstzeit und an das Lebensalter
zwei verschiedene Aspekte im Blick hat. Zum einen geht es um die fachliche Qualifikation -
fachliche Leistungen und Fähigkeiten im Sinne von § 28 b Abs. 1 Spiegelstrich 2 SLVO - des
Aufstiegsbewerbers. Um sich insoweit einen Eindruck vor der Zulassung zur
Aufstiegsausbildung zu verschaffen, werden das Innehaben mindestens des zweiten
Beförderungsamtes, das Vorliegen einer überdurchschnittlichen Beurteilung und eben eine
Mindestdienstzeit in der Finanzverwaltung von 12 Jahren, also eine große Berufserfahrung,
gefordert. Zum anderen geht es um die persönlichkeitsbezogene Aufstiegseignung - nach
ihrer Persönlichkeit für den Aufstieg geeignet im Sinne des § 28 b Abs. 1 Spiegelstrich 2
SLVO -. Hierzu wird das auf ein Mindestalter von 40 Jahren gestützte Kriterium der
Lebenserfahrung herangezogen. In diesem Zusammenhang ist zu sehen, dass die
Regelung des § 28 b SLVO nach dem Willen des Gesetzgebers - insoweit ist wiederum auf
die Landtagsdrucksache 13/1890 zu verweisen - vorrangig mit Blick auf die Verwendung
der Aufsteiger in der Leitung der neu eingerichteten Großbezirke geschaffen wurde. Diese
Absicht ist, wie die mündliche Verhandlung vor dem Senat ergeben hat, inzwischen ganz
überwiegend umgesetzt. Gerade ein erfolgreicher Einsatz in dieser Funktion setzt aber -
neben insbesondere vertieftem veranlagungsbezogenem Fachwissen - auch
Führungsqualitäten voraus, denn die Aufsteiger sollen binnen sehr kurzer Zeit
Vorgesetztenfunktionen in Bezug auf zuvor gleichrangige Kollegen ausüben.
Führungsqualitäten werden aber von Beamten des mittleren Dienstes in der
Steuerverwaltung typischerweise nicht gefordert und vorausgesetzt, und
dementsprechend sind Äußerungen zu diesem Merkmal in dem Formular für die dienstliche
Beurteilung der Steuerbeamten des mittleren Dienstes nicht vorgesehen. Zwar wird das
Lebensalter nur in eingeschränktem Umfang Aufschluss über Führungsqualitäten geben.
Aussagekräftigere anderweitige Erkenntnisse fehlen indes ganz. Für gerechtfertigt hält der
Senat auf jeden Fall die Annahme, dass Lebensältere im Sinne von „gestandenen“
Männern und Frauen mit einer verfestigten Persönlichkeit
dazu BVerwG, Beschluss vom 20.4.1983 - 2 B 117/82 -, Buchholz
237.1 Art. 4 BG BY Nr. 6 zur Mindestaltersregelung des § 6 BRRG
a.F.,
eher als Vorgesetzte akzeptiert werden als Lebensjüngere. Wenn der Gesetzgeber in
dieser Sicht für den Aufstieg nach § 28 b Abs. 1 SLVO ein Mindestalter von 40 Jahren
festlegte, bewegt sich das im Rahmen seines Gestaltungsspielraums
dazu allgemein BVerwG, Urteil vom 19.2.2009, a.a.O., Rdnr. 18,
den die Gerichte zu respektieren haben. Dies muss auch vor dem Hintergrund gesehen
werden, dass bei einem Verzicht auf die Mindestaltersregelung in § 28 b Abs. 1 SLVO, wie
der Beklagte in seinem Schriftsatz vom 19.3.2009 (S. 6) überzeugend aufgezeigt hat,
vielfach schon Beamte des mittleren Dienstes in einem Alter von 34 Jahren zum Aufstieg
anstünden.
Hinzu kommt, dass die Regelung des § 28 b SLVO ein weiteres legitimes Ziel im Sinne des
§ 10 Satz 1 AGG verfolgt. Es geht darum, jüngere, leistungsstarke und aufstiegswillige
Steuerbeamte des mittleren Dienstes bis zu einem bestimmten Alter auf die Möglichkeit
des Regelaufstiegs zu beschränken. Diese Zielsetzung ist verständlich, denn nur der
Regelaufsteiger steht ausbildungsbezogen dem originären Beamten des gehobenen
Dienstes gleich und ist dementsprechend umfassend einsetzbar. Vergleichbares gilt nicht
für die Verwendungsaufsteiger nach den §§ 28 a, 28 b SLVO. Das schützenswerte
Interesse des Dienstherrn an umfassend ausgebildeten Beamten des gehobenen Dienstes
spricht aber dafür, Erleichterungen beim Aufstieg ausschließlich wirklich Lebensälteren
vorzubehalten, um ihnen die Zwänge einer Aufstiegsausbildung - ganz oder teilweise - zu
ersparen. Dies wurde folgerichtig mit dem Mindestalter in § 28 a SLVO umgesetzt, und vor
diesem Hintergrund ist die Kritik von Juncker,
a.a.O., § 28 b SLVO Anm. 2,
das in § 28 b Abs. 1 Spiegelstrich 3 SLVO festgesetzte Mindestalter von 40 Jahren sei
tendenziell zu niedrig, jedenfalls aber nicht zu hoch oder gar ganz zu streichen,
verständlich.
Das in der mündlichen Verhandlung ergänzend vorgetragene Argument, die in § 28 b Abs.
1 Spiegelstrich 6 SLVO vorgesehene Abschlussprüfung biete hinreichend Gelegenheit, die
persönliche Aufstiegseignung, insbesondere das Vorhandensein von Führungsqualitäten
abzuklären, führt ebenfalls nicht weiter. Zum einen zielt diese Prüfung nach dem Normtext
eindeutig nur auf die fachliche Befähigung. Ohnehin ist es zumindest äußerst schwierig,
wenn nicht unmöglich, in einer zeitlich begrenzten Prüfung - 30 Minuten pro Kandidat -
Führungsqualitäten zuverlässig abzuklären. Zum anderen besteht ein anerkennenswertes
Interesse des Dienstherrn daran, nur solche Bewerber von der Erledigung der täglichen
Arbeit freizustellen und einer Aufstiegsausbildung zu unterwerfen, die beste
Voraussetzungen bieten, in jeder Hinsicht, auch mit Blick auf ihre
Persönlichkeitsentwicklung, den Anforderungen zu genügen. Deshalb bereits im Vorfeld der
Aufstiegsausbildung ein Mindestalter für Bewerber zu fixieren, hält der Senat für - noch -
vertretbar.
Insgesamt gesehen sprechen damit zumindest gute Gründe dafür, § 28 b Abs. 1 SLVO für
mit den Vorgaben des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes vereinbar anzusehen.
Jedenfalls hat der Senat nicht die Überzeugung gewonnen, dass die genannte Bestimmung
gegen vorrangiges Bundesrecht verstößt, und dies genügt, um für die hier zu treffende
Entscheidung von der Gültigkeit des § 28 b Abs. 1 SLVO auszugehen.
Dass das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz die vorrangigen europarechtlichen
Vorschriften - soweit hier von Interesse - nicht vollständig umgesetzt hätte, ist weder
vorgetragen noch ersichtlich.
Soweit erstinstanzlich geltend gemacht worden war, § 28 b Abs. 1 SLVO sei mit Art. 12
Abs. 1, 33 Abs. 2 GG unvereinbar, so hat das Verwaltungsgericht das Erforderliche gesagt.
Ergänzende Ausführungen sind nicht veranlasst
zu diesen Fragen vgl. auch BVerwG, Urteil vom 24.9.2009 - 2 C
31/08 -, NVwZ 2010, 251, und Schröder/Lemhöfer/Krafft, a.a.O., §
22 Rdnr. 19.
Nach allem hat das Verwaltungsgericht die Klage zu Recht abgewiesen, und daher muss
die Berufung zurückgewiesen werden.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit rechtfertigt sich aus den §§ 167 VwGO,
708 Nr. 10 ZPO.
Der Senat misst der Zulässigkeit von Mindestaltersregelungen wie der in § 28 b SLVO
grundsätzliche Bedeutung zu und lässt daher die Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO zu.
Beschluss
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 5.000,- Euro festgesetzt (§§ 63 Abs. 2,
52 Abs. 2, 47 Abs. 1 GKG).
Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar.