Urteil des OVG Saarland vom 23.02.2007

OVG Saarlouis: besoldung, unterkunftskosten, pflicht des beamten, nettoeinkommen, beamter, betrug, familie, sozialhilfe, daten, kirchensteuer

OVG Saarlouis Urteil vom 23.2.2007, 1 R 27/06
Amtsangemessene Alimentation von Beamten mit drei oder mehr Kindern; Jahre 2004 -
2006
Leitsätze
1. Die Alimentation von Beamten der Besoldungsgruppe A 8 mit drei Kindern in den Jahren
2004 bis 2006 entspricht nicht den konkreten und weiterhin bindenden Vorgaben des
Bundesverfassungsgerichts in dessen Beschluss vom 24. November 1998 - 2 BvL 26/91 -,
BVerfGE 99, 300 (321 ff. zu C III 3).
2. Die Vollstreckungsanordnung ist - bis einschließlich des Jahres 2006 - nicht wegen
Änderungen bei den Berechnungsgrundlagen gegenstandslos geworden. Insbesondere
stehen die unterschiedlichen Regelungen der jährlichen Sonderzuwendungen in Bund und
Ländern seit dem 1.1.2004 sowie das Außer-Kraft-Treten des Bundessozialhilfegesetzes
mit Ablauf des 31.12.2004 der Anwendbarkeit der Vollstreckungsanordnung nicht
entgegen.
3. Zahlungsansprüche auf zusätzliche kindbezogene Leistungen für dritte und weitere
Kinder unter Berufung auf die Vollstreckungsanordnung des Bundesverfassungsgerichts im
Beschluss vom 24. November 1998 in der Interpretation des Bundesverwaltungsgerichts
im Urteil vom 17. Juni 2004 - 2 C 34.02 - müssen zeitnah, d.h. im jeweils laufenden
Haushaltsjahr, geltend gemacht werden.
Tenor
Unter Zurückweisung der weitergehenden Berufungen des Klägers und des Beklagten wird
das aufgrund mündlicher Verhandlung vom 16. Mai 2006 ergangene Urteil des
Verwaltungsgerichts des Saarlandes -3 K 13/05- teilweise abgeändert und insgesamt wie
folgt neu gefasst:
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für das Jahr 2004 199,76
EUR, für das Jahr 2005 100,34 EUR und für das Jahr 2006 203,56
EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen
Basiszinssatz aus 300,10 EUR seit dem 16. Februar 2005 und aus
203,56 EUR seit dem 23. Februar 2007 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens tragen der Kläger zu 3/5 und der Beklagte zu 2/5.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird zugelassen, soweit Ansprüche des Klägers auf zusätzliche kindbezogene
Leistungen für die Jahre 2000 bis 2003 abgelehnt wurden; im Übrigen wird die Revision
nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger, seit dem 01.10.1999 Steueroberinspektor (Besoldungsgruppe A 10) in der
saarländischen Finanzverwaltung, verheiratet und Vater von drei am 10.01.1989 und
12.02.1990 (zwei) geborenen Kindern, beantragte mit Schreiben vom 26.11.2004 unter
Hinweis auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 24.11.1998 und des
Bundesverwaltungsgerichts vom 17.6.2004 die nachträgliche Erhöhung des
Familienzuschlages für das dritte Kind ab dem 01.01.2000.
Durch Bescheid vom 01.12.2004 lehnte der Beklagte den Antrag auf Anpassung des
Familienzuschlages ab. Die genannte Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts
betreffe einen Einzelfall ohne Bindungswirkung für ähnliche oder vergleichbare Fälle. Der
Gesetzgeber habe mit besoldungsrechtlichen Regelungen sowie weiteren allgemeinen
steuerrechtlichen und sozialpolitischen Verbesserungen der vergangenen Jahre die
verfassungsrechtlichen Vorgaben zu den kindbezogenen Leistungen für dritte und weitere
Kinder von Beamten berücksichtigt.
Den hiergegen am 22.12.2004 eingelegten Widerspruch wies der Beklagte durch Bescheid
vom 18.01.2005 zurück. Nach der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts stehe
einem Beamten der Besoldungsgruppe A 14 mit drei Kindern ein höherer Familienzuschlag
zu, soweit die gesetzlich bestimmte Besoldung nicht den Vorgaben der Entscheidung des
Bundesverfassungsgerichts vom 24.11.1998 entspreche. Dabei gehe das
Bundesverwaltungsgericht offensichtlich davon aus, dass die Regelungen zum
Familienausgleich dem Grunde nach nicht zu beanstanden seien. Aufgrund des
Gesetzesvorbehalts in § 2 Abs. 1 BBesG, der für die gesamte Beamtenbesoldung gelte, sei
ein höherer Familienzuschlag für dritte und weitere Kinder nicht möglich.
Mit am 16.02.2005 eingegangener Klage hat der Kläger vorgetragen, der Beklagte gehe
zu Unrecht davon aus, nur nach den Besoldungsgesetzen abrechnen zu dürfen. Der
vollstreckbaren Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts komme indes dieselbe
materielle Gesetzeskraft zu. Er sei daher durch Urteil zur Abrechnung und Zahlung
anzuhalten. Der Beklagte übersehe bereits, dass der Regelsatz der Sozialhilfe zwischen
2000 (182,53 EUR) und 2004 (192,- EUR) moderat gestiegen sei. Es dürfe daher nicht
einseitig auf marginale Verbesserungen, etwa beim Kindergeld, abgestellt werden. Unter
Berücksichtigung des Regelsatzes Sozialhilfe (192,- EUR), eines Lernmittelzuschusses bei
Sozialhilfe (5,27 EUR), der anteiligen Unterkunftskosten (180,- EUR gemäß anliegender
Anlage), der Fahrkosten für die Schule (37,- EUR) sowie der Bekleidungsbeihilfe (23,86
EUR) ergebe sich abzüglich des Kindergeldes von 154,- EUR ein Betrag in Höhe von 284,13
EUR. Bei einer Erhöhung um 15 % ergebe sich ein Gesamtbedarf von 327,- EUR, der durch
den Familienzuschlag für das dritte Kind von 228,30 EUR in Höhe von monatlich 99,- EUR
nicht gedeckt werde. Entgegen der Auffassung des Beklagten sei nur die Berechnung
einzelfallbezogen; der Grundsatz, dass die Alimentation eines Beamten einen
ausreichenden Abstand zum Sozialhilfeniveau haben müsse, sei nicht auf den Einzelfall
bezogen, sondern tragendes Element einer amtsangemessenen Alimentation.
Der Kläger hat beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheides vom 01.12.2004
in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.01.2005 zu
verpflichten, den Familienzuschlag für das dritte und weitere Kinder
unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu
berechnen und auszuzahlen, und zwar rückwirkend seit dem 1.
Januar 2000,
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat geltend gemacht, das Bundesverfassungsgericht habe es dem Gesetzgeber
ausdrücklich freigestellt, die verfassungsrechtlichen Vorgaben zu den kindbezogenen
Leistungen für dritte und weitere Kinder von Beamten durch eine entsprechende
Bemessung der Bruttobezüge, durch Teilhabe am allgemein gewährten Kindergeld oder
durch steuerliche Lösungen zu erreichen oder alle diese Maßnahmen miteinander zu
verbinden. Gegenwärtig seien kindbezogene Besoldungsbestandteile, Kindergeld sowie
steuerliche Entlastungen so bemessen, dass bei einer Gesamtbetrachtung der
Nettoabstand von Kind zu Kind ab dem dritten und weiteren unterhaltsberechtigten
Kindern im Durchschnitt den Richtwert von 115 % des sozialhilferechtlichen Gesamtbedarfs
eines Kind erreiche. Der Gesetzgeber habe seit 1998 mehrfach das allgemeine Kindergeld
sowie die kindbezogenen Besoldungsbestandteile erhöht und eine steuerliche Entlastung
von Familien mit Kindern vorgenommen. So sei die finanzielle Situation von Familien
insbesondere durch eine dreimalige deutliche Erhöhung des Kindergeldes jeweils für erste
und zweite Kinder verbessert worden, und zwar am 01.01.1999 von 112,48 EUR auf
127,82 EUR, zum 01.01.2000 auf 138,05 EUR und zum 01.01.2002 auf jetzt 154.- EUR.
Zudem seien durch steuerrechtliche Entlastungsmaßnahmen, zuletzt mit dem Vorziehen
der dritten Stufe der Steuerreform zum 01.01.2004, Beamtenfamilien mit Kindern,
besonders Familien mit geringem und mittlerem Einkommen entlastet worden. Die
steuerlichen Kinderfreibeträge seien erhöht worden. Zusätzlich könnten ein neuer
Freibetrag für die Betreuung, Erziehung und Ausbildung jedes Kindes gewährt und ab 2002
erwerbsbedingte Kinderbetreuungskosten als außergewöhnliche Belastungen geltend
gemacht werden. Weiterhin habe der Gesetzgeber seit der Entscheidung des
Bundesverfassungsgerichts die kindbezogenen Familienzuschläge für dritte und weitere
Kinder mehrmals entsprechend der Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen und
finanziellen Verhältnisse erhöht. Durch Art. 9 § 2 BBVAnpG 1999 (BGBl. I, 2198) sei der
Familienzuschlag nach Anlage V des BBesG bereits für die Zeit ab 01.01.1999 für die Jahre
1999 und 2000 pauschal und einheitlich für das dritte und jedes weitere zu
berücksichtigende Kind um je 102,26 EUR monatlich erhöht worden. In den Folgejahren
seien die Beträge des Familienzuschlages für dritte und weitere Kinder mehrfach erhöht
worden, so durch das Gesetz zur Neuordnung der Versorgungsabschläge vom 19.12.2000
(BGBl. I, 1786) für das Jahr 2001, durch das 6. Gesetz zur Änderung besoldungsrechtlicher
Vorschriften vom 14.12.2001 (BGBl. I, 3702) ab 2002 sowie durch das BBVAnpG
2003/2004 (BGBl. I, 1798). Der Besoldungsgesetzgeber habe die einzelnen
Erhöhungsregelungen zusammengeführt und für drei und weitere Kinder nunmehr einen
einheitlichen Betrag ausgewiesen, der zuletzt zum 01.08.2004 erneut – jetzt auf 230,58
EUR - angehoben worden sei. Für die Erreichung des von der Verfassung gesetzten Ziels
sei entscheidend, dass der Beamte wegen der größeren Kinderzahl finanziell nicht so
eingeschränkt sei, dass er auf die Befriedigung seiner Grundbedürfnisse ganz oder teilweise
verzichten müsse. Bei einer Nettoabweichung von weniger als 1 % sei das nicht der Fall.
Dass es bei der kindbezogenen Nettobezahlung in Bezug auf den Richtwert von 115 % des
durchschnittlichen sozialhilferechtlichen Gesamtbedarfs zu geringfügigen Schwankungen
kommen könne, habe der Gesetzgeber bei seiner Entscheidung berücksichtigt,
pauschalierte und von Besoldungsgruppen sowie individuellen Steuersätzen der Beamten
unabhängige Kinderzuschläge zu zahlen. Auch hätten sich die vom
Bundesverfassungsgericht in den Vergleichsberechnungen zugrunde gelegten
Grundannahmen, etwa bezüglich der Durchschnittsmieten ab 2003 oder des pauschalen
Kirchensteuerabzugs ab 2005 bei der Berechnung der Nettobezüge, zwischenzeitlich so
verändert, so dass die Berechnungen nicht unverändert fortgeführt werden könnten.
Im Weiteren hat der Beklagte auf Anforderung des Verwaltungsgerichts Berechnungen von
notwendigen Mehrbeträgen im Familienzuschlag für das dritte und weitere Kinder für die
Jahre 2004 und 2005 vorgelegt und hierzu ergänzend ausgeführt, dass die Vorgaben des
Bundesverfassungsgerichts hinsichtlich der Sonderzahlungen und der Unterkunftskosten
nicht hätten erfüllt werden können.
Mit aufgrund mündlicher Verhandlung vom 16.05.2006 ergangenem Urteil hat das
Verwaltungsgericht unter Klageabweisung im Übrigen den Beklagten unter Abänderung der
entgegenstehenden Bescheide verpflichtet, dem Kläger für das dritte Kind
familienbezogene Leistungen in Höhe von 165,85 EUR für das Jahr 2004 und in Höhe von
188,21 EUR für das Jahr 2005 zu gewähren. In den Gründen der Entscheidung heißt es,
der Kläger habe für die Zeit von Januar 2004 bis Dezember 2005 im Hinblick auf sein
drittes Kind einen Anspruch auf Zahlung von höheren familienbezogenen Leistungen.
Grundlage sei die Vollstreckungsanordnung des Bundesverfassungsgerichts im Beschluss
vom 24.11.1998. Danach hätten Besoldungsempfänger für das dritte und jedes weitere
unterhaltsberechtigte Kind Anspruch auf familienbezogene Gehaltsbestandsteile in Höhe
von 115 % des durchschnittlichen sozialhilferechtlichen Gesamtbedarfs eines Kindes, der
sich nach Maßgabe der Gründe des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom
24.11.1998 zu C III 3 errechne, wenn der Gesetzgeber die als verfassungswidrig
bezeichnete Rechtslage nicht bis zum 31.12.1999 mit der Verfassung in Einklang gebracht
habe. Dies sei nicht erfolgt. Diese Vollstreckungsanordnung habe sich nicht erledigt. Der
Gesetzgeber habe bislang keine verfassungsgemäße Rechtslage geschaffen, die die
Alimentation von Beamten der Besoldungsgruppe A 10 mit drei gemäß § 40 Abs. 2 BBesG
zu berücksichtigenden Kindern regele. Nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts
vom 17.06.2004 sei bis 31.12.2001 für kinderreiche Beamte der Besoldungsgruppe A 14
vom 17.06.2004 sei bis 31.12.2001 für kinderreiche Beamte der Besoldungsgruppe A 14
keine verfassungskonforme Rechtslage geschaffen worden, auch nicht durch die Erhöhung
des Familienzuschlags um je 200 DM für das dritte und jedes weitere zu berücksichtigende
Kind gemäß Art. 9 § 2 BBVAnpG 1999 vom 19.11.1999. Die seit 01.01.2002 in Kraft
getretenen Anhebungen des Familienzuschlages reichten auch bei Berücksichtigung
weiterer kinderbezogener Leistungen nicht zur Deckung des Mehrbedarfs für ein drittes
Kind einer Beamtenfamilie der Besoldungsgruppe A 14 aus. Für die Besoldungsgruppe A 10
gelte gemäß den Berechnungen des Beklagten nichts anderes. Diese Unterschreitung
werde auch nicht durch andere gesetzliche Vergünstigungen kompensiert. Während das
monatliche Kindergeld für das zweite Kind seit der Entscheidung des
Bundesverfassungsgerichts von 220.- DM mehrfach, zuletzt auf 154.- EUR, erhöht worden
sei, sei das Kindergeld für das dritte Kind von damals 300.- DM mit 154.- EUR seit
01.01.2002 nahezu gleich geblieben, so dass der Einkommensabstand zwischen Familien
mit zwei und mit drei Kindern jedenfalls beim Kindergeld seit 1998 sogar verringert worden
sei. Auch hätten steuerrechtliche Änderungen keinen Ausgleich für Beamtenfamilien mit
drei Kindern geschaffen. Die zum 01.01.2002 erfolgte Erhöhung von Kinder- und
Betreuungsfreibetrag lasse wegen der gleichzeitig erfolgten Absenkung bzw. des Wegfalls
des Ausbildungsfreibetrages keine ins Gewicht fallende Verbesserung der
Einkommenssituation erkennen und diene zudem nicht dem Ausgleich des Mehrbedarfs für
drei und mehr Kindern, weil die Freibetragsregelungen auf alle berücksichtigungsfähigen
Kindern Anwendung fänden. Die Vollstreckungsanordnung des Bundesverfassungsgerichts
sei auch nicht durch Änderung der Berechnungsgrundlagen obsolet geworden. Zwar gebe
es seit 2003 wegen der in Bund und Ländern unterschiedlichen jährlichen
Sonderzuwendungen (Weihnachts- und Urlaubsgeld) keine bundeseinheitliche Besoldung
mehr. Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts sei aber von dem jährlichen
Nettoeinkommen der Beamten auszugehen, welches nach den für den jeweiligen Beamten
maßgeblichen Vorschriften ermittelt werden könne. Soweit der Wohngeld- und
Mietenbericht der Bundesregierung seit 2004 nur noch in einem vierjährigen Turnus
erscheine, könne zur Berechnung des sozialhilferechtlichen Gesamtbedarfs eines Kindes
hinsichtlich der Unterkunftskosten auf den Mietindex des Statistischen Bundesamtes
zurückgegriffen werden. Unschädlich sei auch, dass der Mietindex seit 1999 nicht mehr
zwischen alten und neuen Ländern unterscheide, da sich zwar die Ausgangsmieten, nicht
aber die durchschnittlichen Mietsteigerungssätze in den alten und neuen Bundesländern
wesentlich unterschieden. Es sei müßig, sich in einem lediglich der Umsetzung der
Vollstreckungsanordnung dienenden Verfahren mit der Sinnhaftigkeit aller
Berechnungsschritte des Bundesverfassungsgerichts zu befassen. Das Verwaltungsgericht
sei wie der Beklagte an die Vollstreckungsanordnung einschließlich der
Berechnungsvorgaben des Bundesverfassungsgerichts gebunden. Bei der unter strikter
Bindung an die Gründe der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vorgenommenen
Differenzberechnung für die Zeit vom 01.01.2004 bis 31.12.2005 habe der Beklagte eine
Nettoeinkommensdifferenz zwischen einer Beamtenfamilie mit zwei und einer mit drei
Kindern für 2004 in Höhe von 4.133,82 EUR und für 2005 in Höhe von 4.111,46 EUR
ermittelt. Demgegenüber ergebe sich ein alimentationsrechtlicher Bedarf des dritten Kindes
für die Jahre 2004 und 2005 von jeweils 4.294,80 EUR. Daraus errechne sich ein vom
Beklagten auszugleichendes Besoldungsdefizit für 2004 von 165,85 EUR und für 2005 von
188,21 EUR.
Unbegründet sei die Klage, soweit der Kläger zusätzliche familienbezogene Leistungen für
die Jahre 2000 bis 2003 begehre. Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts
sei eine rückwirkende Behebung des Verfassungsverstoßes wegen unzureichender
Alimentation nur erforderlich, soweit der Anspruch auf amtsangemessene Alimentation
zeitnah gerichtlich geltend gemacht worden sei. Daher könnten kinderbezogene Leistungen
nur ab Anfang des Jahres in Anspruch genommen werden, in dem die Ansprüche erstmals
verfolgt worden seien. Es komme nicht darauf an, dass der Kläger erst durch das Urteil des
Bundesverwaltungsgerichts vom 17.06.2004 nähere Kenntnisse über die Höhe des ihm für
sein drittes Kind zustehenden kinderbezogenen Familienzuschlags erhalten habe. Da der
Kläger erstmals mit Schreiben vom 26.11.2004 eine Erhöhung verlangt habe, könnten ihm
erst ab Januar 2004 höhere Leistungen zugesprochen werden. Eine anteilige höhere
Besoldung für die Monate Januar bis Mai 2006 könne der Kläger ebenfalls nicht erhalten, da
der Anspruch auf Mehrbesoldung nur jahresweise, also jeweils erst zum 01. Januar des
Folgejahres, geltend gemacht werden könne.
Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist dem Kläger am 31.05.2006 und dem Beklagten am
02.06.2006 zugestellt worden. Am 12.06.2006 haben der Beklagte und am 20.06.2006
der Kläger die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt.
Der Beklagte trägt vor, dass auf der Grundlage der Argumentation des
Verwaltungsgerichts nach einer Neuberechnung ein Mehrbedarf von 167,43 EUR im Jahr
2004 und von 184,69 EUR im Jahr 2005 bestehe. Indes könne der Kläger über die ihm
nach dem Bundesbesoldungsgesetz und dem Saarländischen Sonderzahlungsgesetz
zustehenden Besoldungsbestandteile keine weitergehende Alimentation verlangen. Die
Vollstreckungsanordnung könne nicht als Anspruchsgrundlage herangezogen werden, da
sich seit Ergehen des Beschlusses die Verhältnisse in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht
erheblich verändert hätten. Während das Bundesverfassungsgericht im Beschluss vom
24.11.1998 die Rechtslage bezüglich der Alimentation kinderreicher Besoldungsempfänger
ab dem dritten Kind für den Zeitraum von 1988 bis 1996 als verfassungswidrig
beanstandet und die entsprechenden besoldungsrechtlichen Regelungen partiell und
bezogen auf bestimmte Besoldungsgruppen als verfassungswidrig verworfen habe, sei
Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens die Verfassungsmäßigkeit der Besoldung in
der Besoldungsgruppe A 11 – gemeint ist A 10 - für die Jahre 2004 und 2005, die auf den
Anlagen IV und V des Bundesbesoldungsgesetzes in den Fassungen vom 10.09.2003 und
15.12.2004 beruhe. Diese nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts
ergangenen Gesetze seien weder formell noch inhaltlich mit den früheren identisch und
bislang nicht vom Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig erklärt worden. Das
Verwaltungsgericht, das materiell der Auffassung sei, dass auch die Folgeregelungen keine
angemessene Alimentation von Beamten mit mehr als zwei Kindern in der
Besoldungsgruppe A 11 – gemeint ist A 10 – gewährleisteten und daher verfassungswidrig
seien, hätte daher das Verfahren aussetzen und dem Bundesverfassungsgericht gemäß
Art. 100 GG vorlegen müssen. Durch sein Urteil habe das Verfassungsgericht inzident die
entsprechenden Vorschriften des Bundesbesoldungsgesetzes in den oben genannten
Fassungen als verfassungswidrig verworfen. Denn gemäß § 2 Abs. 1 BBesG regelten die in
den Anlagen zum Bundesbesoldungsgesetz vorgesehenen Bezüge die einem Beamten
zustehende Besoldung abschließend, so dass das Zusprechen von weiteren
Besoldungsbestandteilen zwingend die Verfassungswidrigkeit dieser Bestimmungen,
zumindest aber des § 2 BBesG, voraussetze. Die Bestimmungen des
Bundesbesoldungsgesetzes als Parlamentsgesetz seien jedoch einer eigenmächtigen
Derogation durch die Instanzgerichte entzogen. Dementsprechend habe bereits das Urteil
des Bundesverwaltungsgerichts vom 17.06.2004, das dem dortigen Kläger für die Jahre
2000 und 2001 weitere Besoldungsbestandteile zugesprochen habe, das
Verwerfungsmonopol des Bundesverfassungsgerichts verletzt. Dessen Entscheidung
beziehe sich nur auf die beanstandete Rechtslage bis 1996 und berechtige die
Fachgerichte nicht, anhand des vorgegebenen Maßstabes eigenmächtig zu prüfen, ob
spätere Besoldungsgesetze diesem Maßstab gerecht würden und verfassungsgemäß
seien. Denn die Verwerfungskompetenz könne weder delegiert werden noch könne das
Bundesverfassungsgericht quasi auf Vorrat noch nicht erlassene Gesetze verwerfen. Auch
sei die Gesetzeskraft des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts nach § 31 Abs. 2
BVerfGG nicht geeignet, einen verfassungsrechtlichen Gesetzesvorbehalt (Art. 33 Abs. 5
GG, § 2 BBesG) legislativ auszufüllen. Zumindest würde das den Rang der für
verfassungswidrig erklärten Norm einnehmende Urteil des Bundesverfassungsgerichts
durch die späteren besoldungsrechtlichen Bestimmungen des Gesetzgebers verdrängt. Die
Vollstreckungsanordnung könne ebenso wenig taugliche Grundlage für die zugesprochenen
Besoldungsbestandteile sein, da sie sich nicht auf spätere Akte der Gesetzgebung beziehe
und die Regelung in § 35 BVerfGG die verfassungsrechtliche Funktions- und
Kompetenzordnung nicht durchbrechen könne. Da sich demnach der Beschluss des
Bundesverfassungsgerichts nur auf die verfassungswidrigen früheren Regelungen beziehen
könne, sei die Vollstreckungsanordnung verbraucht, seit der Gesetzgeber eine inhaltlich
andere Regelung getroffen habe. Ungeachtet dessen sei die Entscheidung des
Bundesverfassungsgerichts vom 24.11.1998 gesetzgeberisch überholt, weil die inzwischen
ergangenen Regelungen im Besoldungs-, Steuer- und Kindergeldrecht zu einer
verfassungsgemäßen Alimentierung auch der Beamten mit drei und mehr Kindern geführt
hätten. So seien gegenüber 1998 die kindbezogenen Familienzuschläge für das dritte Kind
von 79,33 EUR auf nunmehr 230,58 EUR und das Kindergeld für das erste und zweite Kind
von 112,48 EUR auf 154.- EUR sowie für das vierte und jedes weitere Kind auf 179.- EUR
angehoben worden. Auch wenn das Kindergeld für das dritte Kind nicht merklich erhöht
worden sei, sei durch die Kindergelderhöhung die Situation der Familien deutlich verbessert
worden. Die sozialpolitische Entscheidung, für die ersten drei Kinder ein gleich hohes
Kindergeld zu gewähren, stehe im politischen Ermessen des Gesetzgebers. Zudem seien in
den letzten Jahren durch Steuerentlastungsgesetze besonders Familien mit geringem und
mittlerem Einkommen entlastet worden. So seien die Kinderfreibeträge gemäß § 32 Abs. 6
EStG deutlich erhöht worden. Dieser Freibetrag komme erst bei der Günstigkeitsregelung
des § 31 Satz 4 EStG zum Tragen und habe in der erstinstanzlich angestellten Berechnung
nicht berücksichtigt werden können. Dass mit diesen nach der Entscheidung des
Bundesverfassungsgerichts ergangenen Regelungen die Alimentierung für Beamtenfamilien
mit drei und mehr Kindern verfassungskonform angepasst worden sei, ergebe sich auch
daraus, dass die ausgeurteilten Beträge nur 0,38 % bzw. 0,43 % des
Jahresnettoeinkommens einschließlich Kindergeld der Jahre 2004 und 2005 ausmachten.
Es sei nicht nachvollziehbar, dass das Fehlen eines solchen Betrages einen
verfassungsrechtlichen Anspruch aus Art. 33 Abs. 5 GG auslösen solle, zumal den
gesetzlichen Regelungen aufgrund ihres abstrakten Charakters eine gewisse Unschärfe
immanent sei. Im Weiteren sei die Vollstreckungsanordnung wegen der zwischenzeitlich
geänderten rechtlichen und tatsächlichen Rahmenbedingungen nicht mehr umsetzbar.
Durch die in Bund und Ländern seit 2003 unterschiedlich ausfallenden Sonderzahlungen
könne die Vorgabe des Bundesverfassungsgerichts nicht mehr eingehalten werden, das
Nettoeinkommen der Beamten mit zwei und mehr als zwei Kindern pauschalierend und
typisierend festzustellen. Neben der vom Verwaltungsgericht angewandten
Berechnungsmethode komme in Betracht, bei den Sonderzahlungen einen
bundeseinheitlichen Durchschnittssatz anzusetzen und damit an der bundeseinheitlichen
Berechnungsweise festzuhalten. Es sei inkonsequent, die Sonderzahlung landesspezifisch
und den sozialhilferechtlichen Gesamtbedarf ohne Berücksichtigung der besonderen
Verhältnisse in den einzelnen Ländern bundeseinheitlich zu berechnen. Weiterhin lägen für
2004 keine Vergleichsberechnungen bezüglich der Unterkunftskosten auf der Grundlage
der verfassungsgerichtlichen Vorgaben vor, da sich der Turnus des Wohngeld- und
Mietenberichts auf vier Jahre erhöht habe und der Mietindex die Durchschnittsergebnisse
für das gesamte Bundesgebiet liefere, während der vom Bundesverfassungsgericht
herangezogene Mietindex nur die alten Bundesländer berücksichtigt habe. Zudem habe
das Verwaltungsgericht die geänderten tatsächlichen Verhältnisse bei Unterhaltspflichten
gegenüber dritten und weiteren Kindern außer Betracht gelassen. Auch der Beamte mit
drei oder mehr Kindern sei statistisch in der Regel nicht mehr der Alleinverdiener. Die
Erwerbstätigkeitsquote bei Frauen mit drei Kindern sei von 48,8 % in 1998 auf 54,5 % in
2003 gestiegen. Da sowohl in der Doppelverdienerehe als auch in der Zuverdienerehe
beide Ehegatten grundsätzlich im Verhältnis ihrer Einkommen zum Barunterhalt beitragen
müssten, sei zu fragen, ob die Kinderzuschläge heute noch in der Höhe so festzusetzen
seien, dass der Beamte damit den gesamten Unterhalt seiner Familie abdecken könne. Im
Übrigen sei das Urteil des Verwaltungsgerichts deshalb fehlerhaft, weil nicht klargestellt sei,
ob sich die Tenorierung auf Netto- oder Bruttobeträge beziehe.
Der Beklagte beantragt,
unter Aufhebung des angefochtenen Urteils die Klage insgesamt
abzuweisen,
hilfsweise,
die Sache nach Art. 100 Abs. 1 GG dem Bundesverfassungsgericht
vorzulegen.
Der Kläger beantragt,
1. die Berufung des Beklagten zurückzuweisen,
2. den Beklagten unter teilweiser Abänderung des angefochtenen
Urteils und unter Abänderung seines Bescheides vom 01.12.2004 in
der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.01.2005 zu
verpflichten, den Familienzuschlag für das dritte Kind unter
Beachtung der höchstrichterlichen Rechtsprechung weitergehend zu
erhöhen und die Zusatzbeträge auszuzahlen und zwar rückwirkend
seit dem 01.01.2000 bis 31.12.2006 zuzüglich 5 % Zinsen über
dem Basiszinssatz ab jeweiligem Fälligkeitstermin.
Der Berufung des Beklagten entgegnet der Kläger, dass die zur mündlichen Verhandlung
vor dem Verwaltungsgericht vom Beklagten vorgelegten Berechnungen nicht im Nachhinein
zu seinen – des Klägers – Lasten abgeändert werden dürften. Die Vollstreckungsanordnung
sei zeitlich nicht limitiert. Der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts sei zu
entnehmen, dass es nicht verfassungsgemäß sei, wenn eine Parallelrechnung ergebe, dass
im Hinblick auf das dritte und etwa folgende Kinder ein Beamter nicht mindestens mit 115
% des Sozialhilfesatzes alimentiert werde. Das sei eine sich aus den Grundsätzen der
Beamtenalimentation unmittelbar für jeden Beamten ergebende Rechtsposition. Solange
der Gesetzgeber nicht mindestens diese Höhe festlege, sei keine verfassungsgemäße
Alimentierung gegeben und bestehe die Vollstreckungsanordnung fort. Bei der Begründung
des Bundesverfassungsgerichts handele es sich nicht um ein schematisch vorgegebenes
Rechenexempel, das auf der Basis der seinerzeit sich anbietenden Rechenschritte
unabänderlich vollzogen werden müsse. Maßgeblich sei der vom Bundesverfassungsgericht
definierte Maßstab, an dem sich die Rechtsanwendung auszurichten habe, eben: 115 %
des Sozialhilfesatzes, nicht aber das Berechnungsverfahren. Für die Jahre 2004, 2005 und
2006 sei dieses Niveau nicht erreicht worden. Schließlich sei es richtig und auch
umsetzbar, dass Nettovergütungen ausgeurteilt würden.
Zur Begründung seiner eigenen Berufung trägt der Kläger vor, das Verwaltungsgericht
habe sich nicht allein auf die Vollstreckungsanordnung zurückziehen dürfen; vielmehr
komme, insbesondere bei Änderung der konkreten Umstände, als Anspruchsgrundlage
auch der Grundsatz zur Anwendung, einen Beamten so zu alimentieren, dass auch die
Mitglieder seiner Familie am amtsgemessenen Status teilhaben könnten und nicht unter
Sozialhilfeniveau leben müssten. Dem Verwaltungsgericht sei zu folgen, dass die seit der
Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts eingetretenen gesetzlichen Änderungen nicht
zu einer verfassungskonformen Alimentation für kinderreiche Beamte geführt hätten. In
Konflikt mit der Vollstreckungsanordnung gerate das Verwaltungsgericht aber bei der
konkreten Berechnung, etwa beim Mietindex und bei den Sonderzahlungen. Beim
Mietindex sei der Sachverhalt nicht vollständig aufgeklärt, sondern teilweise unreflektiert
eine Entscheidung des VG Karlsruhe übernommen worden. Beim Mietindex werde,
empirisch nicht belegt, der Wert des Jahres 2000 auf das Jahr 2005 „fortgeschrieben“,
was geographisch unrichtig sei und auch die enormen Steigerungen bei den Nebenkosten
ausblende. Der angesetzte Wert sei zu niedrig. Zu beanstanden sei auch die
Bedarfsermittlung. Die angegriffene Entscheidung stelle die rechtliche Anforderung auf, eine
Gewichtung vorzunehmen - ohne zu nennen, nach welchen Kriterien gewichtet werde - und
halte sich nicht an diese eigene Vorgabe. Bei den Bedarfssätzen seien die Altersgruppen
mit einem Durchschnittswert zusammengezogen worden. Dies sei eine im Kern völlig
unzutreffende Bedarfsermittlung. Die entsprechenden Daten seien vom Beklagten zur
Verfügung zu stellen, gegebenenfalls vom Gericht zusammenzutragen. Zu Unrecht seien
Ansprüche für zurückliegende Zeiten als nicht zeitnah beantragt abgewiesen worden seien.
Er sei nach Veröffentlichung der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts unmittelbar
gegenüber seinem Dienstherrn aktiv geworden. Dies sei zeitnah. Im Übrigen würden die
allgemeinen Verjährungsregeln eingreifen. Ein aus Anlass der Entscheidung des
Verwaltungsgerichts für 2006 gestellter Antrag sei vom Dienstherrn dahin beantwortet
worden, zur Wahrung des Anspruchs sei ein Antrag „zum Ende des Kalenderjahres 2006
oder zu Beginn des Kalenderjahres 2007 für 2006“ erforderlich. Ein derart enges
Zeitfenster um den Jahreswechsel sei mit dem Grundsatz der angemessenen Alimentation
nicht vereinbar. Notwendig sei eine Verpflichtung des Dienstherrn, die in die Zukunft wirke,
jährlich die entsprechende Vergleichsrechnung im individuellen Falle des Beamten
anzustellen und den entsprechenden Mehrbedarf von sich aus auszukehren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers zurückzuweisen,
und führt insoweit aus, aus den zwischenzeitlich eingetretenen Änderungen der Sach- und
Rechtslage könne der Kläger nicht die Konsequenz ziehen, dass Ansprüche aufgrund selbst
festgelegter Berechnungsmodi (z.B. das Abstellen auf das tatsächliche Alter im Rahmen
der Durchschnittsregelsätze) bestünden. Der Hinweis auf das allgemeine Verjährungsrecht
bezüglich der für 2000 bis 2003 verfolgten Ansprüche übersehe, dass die Alimentation des
Beamten durch seinen Dienstherrn der Sache nach die Befriedigung des gegenwärtigen
Bedarfs sei und aus gegenwärtig zur Verfügung stehenden, der jährlichen
parlamentarischen Bewilligung unterliegenden Haushaltsmitteln erfolge. Ein Beamter habe
daher die Obliegenheit, seine Ansprüche auf amtsangemessene Alimentierung zeitnah
geltend zu machen. Der vom Kläger geforderten zukunftsgerichteten Verpflichtung des
Dienstherrn sei entgegenzuhalten, dass er damit offensichtlich bereits heute die zukünftig
geltenden Besoldungsvorschriften als verfassungswidrig betrachte. Solange das
Bundesverfassungsgericht diese Vorschriften nicht als verfassungswidrig verwerfe, habe
der Beamte gemäß § 2 BBesG keine weiteren Ansprüche.
Auf Anforderung des Senats hat der Beklagte Neuberechnungen der Nettobezüge aus der
Besoldungsgruppe A 10 für die Jahre 2000 bis 2006 vorgelegt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die verfahrensbezogene
Gerichtsakte sowie die beigezogenen Verwaltungsunterlagen des Beklagten verwiesen,
deren Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung war.
Entscheidungsgründe
Die Berufungen sind zulässig, insbesondere jeweils innerhalb der Frist des § 124 a Abs. 2
VwGO eingelegt und innerhalb der Frist des § 124 a Abs. 3 Satz 1 VwGO in einer den
inhaltlichen Vorgaben des § 124 a Abs. 3 Satz 4 VwGO begründet worden.
Die Berufungen des Beklagten und des Klägers sind jeweils nur teilweise begründet.
Der Kläger kann für das Jahr 2004 weitere kindbezogene Leistungen in Höhe von 199,76
EUR, und nicht nur, wie vom Verwaltungsgericht zuerkannt, in Höhe von 165,85 EUR,
verlangen. Hinsichtlich des Jahres 2005 hat der Kläger dagegen lediglich Anspruch auf
Zahlung von zusätzlichen kindbezogenen Leistungen in Höhe von 100,34 EUR, und nicht,
wie vom Verwaltungsgericht zugesprochen, in Höhe von 188,21 EUR. Für das Jahr 2006
stehen dem Kläger weitere kindbezogene Besoldungsbestandteile in Höhe von 203,56 EUR
zu. Die Zusatzbeträge sind jeweils - erst - ab Rechtshängigkeit zu verzinsen. Bezüglich der
Jahre 2000 bis 2003 hat das Verwaltungsgericht dem Kläger zu Recht zusätzliche
kindbezogene Besoldungsbestandteile verweigert.
Die Klage auf Zahlung zusätzlicher kindbezogener Leistungen ist mit dem im
Berufungsverfahren neu gefassten Antrag zulässig.
Streitgegenstand sind Ansprüche des Klägers für die Jahre 2000 bis 2006. Zwar war ein
auf das Jahr 2006 bezogener Anspruch nicht Gegenstand eines speziellen Verwaltungs-
bzw. Widerspruchsverfahrens. Der Beklagte hat jedoch mit den angefochtenen Bescheiden
weitere kindbezogene Leistungen grundsätzlich und auf Dauer abgelehnt. Dies rechtfertigt
die Erweiterung der Klage auf das Jahr 2006.
Der Klageart nach liegt eine allgemeine Leistungsklage gemäß § 42 Abs. 2 VwGO analog
vor
ebenso OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 06.10.2006 -1 A
1927/05-; VG Arnsberg, Urteil vom 07.12.2006 -5 K 1516/05-,
jeweils zitiert nach Juris.
Entgegen der Ansicht des Beklagten steht die fehlende Bezifferung der Zulässigkeit des
Antrags nicht entgegen. In dem gemäß § 86 Abs. 1 VwGO vom Amtsermittlungsgrundsatz
beherrschten Verwaltungsprozess hat das Gericht den Sachverhalt von Amts wegen zu
erforschen. Dies gilt auch und insbesondere für die Nachzeichnung und Konkretisierung der
komplexen Anforderungen rechtlicher und tatsächlicher Art an die Alimentierung der
Beamten mit mehr als zwei Kindern
ebenso BVerwG, Urteil vom 17.06.2004 -2 C 34/02-, BVerwGE 121,
91 ff..
Von daher kann nicht zweifelhaft sein, dass auch die Berechnung eines etwaigen
Anspruchs auf höhere Alimentation von dem angerufenen Gericht selbst vorzunehmen ist,
das sich dabei der Hilfe des Beklagten bedienen kann.
Dem Kläger stehen mit Blick auf sein drittes Kind bezogen auf die Jahre 2004 bis 2006
Ansprüche auf zusätzliche kindbezogene Besoldungsbestandteile in der nachfolgend
berechneten Höhe zu.
Anspruchsgrundlage ist Art. 33 Abs. 5 GG in Verbindung mit der Vollstreckungsanordnung
im Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 24.11.1998.
Das Bundesverfassungsgericht hat in dem genannten Beschluss
BVerfG, Beschluss vom 24.11.1998 –2 BvL 26/91 u.a.-, BVerfGE 99,
300 ff. = NJW 1999, 1013 ff.,
in Fortführung seiner bisherigen Rechtsprechung
vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 22.03.1990 -2 BvL 1/86-, BVerfGE 81,
363 ff. = NVwZ 1990, 1061 ff., und vom 30.03.1977 -2 BvR 1039,
1045/75-, BVerfGE 44, 249 ff. = NJW 1977, 1869 ff.,
entschieden, dass der Dienstherr aufgrund des Alimentationsprinzips, das seine Grundlage
in Art. 33 Abs. 5 GG findet, verpflichtet ist, dem Beamten einen angemessenen Unterhalt
zu leisten, der unter anderem die Unterhaltspflichten berücksichtigen muss, die dem
Beamten durch seine Familie entstehen. Deshalb muss auch der bei größerer Kinderzahl
entstehende Mehrbedarf gedeckt sein. Zwar steht dem Gesetzgeber im Hinblick auf die
genaue Ausformung dieser Pflicht ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Dieser ist jedoch
überschritten, wenn dem Beamten zugemutet wird, für den Unterhalt seines dritten Kindes
und weiterer Kinder auf die familienneutralen Bestandteile seines Gehaltes zurückzugreifen,
um den Bedarf seiner Kinder zu decken. Die damit verbundene, mit wachsender Kinderzahl
fortschreitende Auszehrung der familienneutralen Gehaltsbestandteile ist nicht hinnehmbar,
weil so der Beamte mit mehreren Kindern den ihm zustehenden Lebenszuschnitt nicht
oder nur zu Lasten seiner Familie erreichen kann. Ob die vom Gesetzgeber erlassenen
Besoldungsvorschriften eine ausreichende Alimentation im Sinne des Art. 33 Abs. 5 GG für
Beamte mit mehr als zwei Kindern sicherstellen, beurteilt sich nach dem
sozialhilferechtlichen Gesamtbedarf eines Kindes. Hinzukommen muss aber ein Aufschlag
von 15 %, um den verfassungsgebotenen Unterschied zwischen der der Sozialhilfe
obliegenden Befriedigung eines äußersten Mindestbedarfs und dem dem Beamten
geschuldeten (amtsangemessenen) Unterhalt hinreichend deutlich zu machen
so schon BVerfG, Beschluss vom 22.03.1990, a.a.O..
Sind die dem Beamten für sein drittes und jedes weitere Kind gewährten Zuschläge
(jeweils) geringer als 115 % des sozialhilferechtlichen Gesamtbedarfs eines Kindes, so hat
der Gesetzgeber den ihm zustehenden Gestaltungsspielraum bei der Bemessung der
amtsangemessenen Alimentation überschritten
so BVerfG, Beschluss vom 24.11.1998, a.a.O..
Für die hierzu anzustellenden Berechnungen hat das Bundesverfassungsgericht in den
Gründen vorgenannter Entscheidung unter C III 3 folgenden Rechengang festgelegt:
Zu ermittelnde Vergleichsgrößen bezogen auf ein Kalenderjahr sind die Nettoeinkommen,
die Beamte derselben Besoldungsgruppe mit zwei und mit mehr als zwei Kindern erzielen.
Diese Nettoeinkommen sind pauschalierend und typisierend festzustellen. Auszugehen ist
von den jährlichen Bezügen, wozu das Grundgehalt (in der Endstufe), der Ortszuschlag
(jetzt: Familienzuschlag), die Stellenzulage nach Nr. 27 der Vorbemerkungen zu den
Besoldungsordnungen A und B, die jährliche Sonderzuwendung (jetzt: Sonderzahlung), das
Urlaubsgeld sowie etwaige Einmalzahlungen gehören. Die Nettobezüge ergeben sich nach
Abzug der Lohnsteuer (nach Maßgabe der besonderen Lohnsteuertabellen), der
Kirchensteuer (Kirchensteuersatz: 8 %) sowie des Solidaritätszuschlages (soweit dieser im
maßgeblichen Jahr erhoben wurde) und unter Hinzurechnung des Kindergeldes. Der sich
daraus ergebenden Einkommensdifferenz ist der alimentationsrechtlich relevante Bedarf für
das dritte und jedes weitere zu berücksichtigende Kind gegenüberzustellen, der um 15 %
über dem sozialhilferechtlichen Gesamtbedarf liegt, welcher sich seinerseits aus dem
Durchschnitts-Regelsatz nach § 22 BSHG für das bisherige Bundesgebiet zuzüglich eines
Zuschlags von 20% zur Abgeltung einmaliger Leistungen zum Lebensunterhalt, den Kosten
der Unterkunft, ausgehend von einem Wohnbedarf von 11 qm pro Kind, sowie den
Energiekosten für ein Kind in Höhe von 20% der Kaltmiete errechnet
so BVerfG, Beschluss vom 24.11.1998, a.a.O..
Auf dieser Grundlage hat das Bundesverfassungsgericht in der vorgenannten Entscheidung
festgestellt, dass die Besoldung verheirateter Beamter mit mehr als zwei
unterhaltsberechtigten Kindern in den Jahren 1988 bis 1996 diesen verfassungsrechtlichen
Anforderungen nicht entsprochen hat, und in der Entscheidungsformel zu 2. wie folgt
erkannt:
„Der Gesetzgeber hat die als verfassungswidrig beanstandete
Rechtslage bis zum 31. Dezember 1999 mit der Verfassung in
Einklang zu bringen.
Kommt der Gesetzgeber dem nicht nach, so gilt mit Wirkung vom 1.
Januar 2000:
Besoldungsempfänger haben für das dritte und jedes weitere
unterhaltsberechtigte Kind Anspruch auf familienbezogene
Gehaltsbestandteile in Höhe von 115 v.H. des durchschnittlichen
sozialhilferechtlichen Gesamtbedarfs eines Kindes, der sich nach
Maßgabe der Gründe zu C III 3 errechnet.“
Rechtsgrundlage dieser Vollstreckungsanordnung ist § 35 BVerfGG, wonach das
Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung selbst bestimmen kann, wer sie
vollstreckt, und im Einzelfall auch die Art und Weise der Vollstreckung regeln kann.
Danach enthält der Ausspruch nicht nur einen Normsetzungsauftrag an den Gesetzgeber,
die als verfassungswidrig beanstandete Rechtslage neu zu ordnen. Für den Fall, dass
dieser dem Auftrag nicht nachkommt, haben Besoldungsempfänger mit mehr als zwei
Kindern ab dem 01.01.2000 über die formelle Rechtslage hinaus einen Leistungsanspruch
auf familienbezogene Gehaltsbestandteile in Höhe von 115 % des durchschnittlichen
sozialhilferechtlichen Gesamtbedarfs eines Kindes, der sich nach Maßgabe der Gründe zu C
III 3 des Beschlusses vom 24.11.1998 richtet. Mit dieser normersetzenden
Interimsregelung wurde die Verwaltungsgerichtsbarkeit zu einer
“gesetzesreformatorischen Judikatur“ ermächtigt, d.h. den Fachgerichten ist ausdrücklich
die Befugnis zuerkannt, familienbezogene Gehaltsbestandteile nach diesem Maßstab
zuzusprechen
so BVerwG, Urteil vom 17.06.2004, a.a.O..
Dabei beschränkt sich die Vollstreckungsanordnung nicht darauf, ein Tätigwerden der
Fachgerichte zu ermöglichen, um die Konsequenzen aus der Verfassungswidrigkeit der
vom Bundesverfassungsgericht im Beschluss vom 24.11.1998 konkret überprüften und in
der Entscheidungsformel bezeichneten Vorschriften zu ziehen. Vielmehr ist die
Vollstreckungsanordnung zukunftsgerichtet. Sie verpflichtet den Gesetzgeber für die
Zukunft, die Besoldung kinderreicher Beamter gemäß den Vorgaben des
Bundesverfassungsgerichts zu ordnen. Demgemäß sind auch die Verwaltungsgerichte pro
futuro verpflichtet, im Falle weiterhin unzureichender Gesetzgebung Besoldungsansprüche
unmittelbar zuzuerkennen. Denn der Kreis der von der Vollstreckungsanordnung
begünstigten Beamten ist deutlich weiter gefasst als nach dem Ausspruch über die
Unvereinbarkeit der die Beschwerdeführer des verfassungsgerichtlichen Verfahrens
betreffenden Besoldungsregelungen mit dem Grundgesetz. Zudem ist den
Verwaltungsgerichten die Vollstreckungsbefugnis mit Wirkung vom 01. Januar 2000, also
erst ab einem zukünftigen Zeitpunkt eingeräumt und dem Gesetzgeber nochmals eine
Frist belassen worden, um den verfassungsmäßigen Zustand herzustellen
ebenso BVerwG, Urteil vom 17.06.2004, a.a.O.; a.A. Gärditz,
Verwaltungsgerichtliche Kompensation von Alimentationsdefiziten,
ZBR 2005, 288 ff..
Daher vermag die Ansicht des Beklagten, die Vollstreckungsanordnung beziehe sich nur auf
die beanstandete Rechtslage bis 1996 und berechtige die Fachgerichte nicht, anhand des
vorgegebenen Maßstabes zu prüfen, ob auch spätere Besoldungsgesetze diesem Maßstab
gerecht werden und verfassungsgemäß sind, nicht zu überzeugen.
Entgegen der Ansicht des Beklagten steht der Anwendung der Vollstreckungsanordnung in
dem vorliegend interessierenden Zeitraum nicht die Vorlagepflicht aus Art. 100 Abs. 1 GG
oder der Gesetzesvorbehalt des § 2 Abs. 1 BBesG entgegen.
Die Vollstreckung durch die Fachgerichte ist nicht deshalb ausgeschlossen, weil die
Verurteilung des Dienstherrn zu einer höheren als der gesetzlich vorgesehenen Besoldung
voraussetzt, dass der Gesetzgeber seiner Pflicht zur verfassungsgemäßen Anpassung der
Besoldung nicht nachgekommen ist. Ob der Gesetzgeber seine Verpflichtung zur
angemessenen Besoldung eines Beamten mit mehr als zwei Kindern erfüllt hat, bedarf
nicht erneuter verfassungsgerichtlicher Würdigung. Die spezifischen verfassungsrechtlichen
Fragen der Besoldung von Beamten mit mehr als zwei Kindern sind längst geklärt
vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 24.11.1998, vom 22.03.1990 und
vom 30.03.1977, a.a.O..
Die Untergrenze einer der Alimentationspflicht entsprechenden Besoldung ist in der
Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sowohl im Hinblick auf den Mehrbedarf
des dritten Kindes und weiterer Kinder als auch im Hinblick auf die Berechnung der zur
Deckung dieses Mehrbedarfs einzusetzenden Einkünfte hinreichend konkretisiert. Den
Fachgerichten wird nicht die Kompetenz eingeräumt, als ungenügend erkannte
Besoldungsgesetze zu verwerfen. Vielmehr ist ihnen nur die Möglichkeit eingeräumt,
ergänzende Leistungen über die gesetzlich vorgesehenen Beträge hinaus zuzusprechen
ebenso BVerwG, Urteil vom 17.06.2004, a.a.O.; a.A. Gärditz, a.a.O..
Daran sind die Fachgerichte auch nicht durch den Gesetzesvorbehalt des § 2 Abs. 1 BBesG
gehindert. Die vorliegende Vollstreckungsanordnung ist nämlich gemäß § 31 Abs. 2 Satz 2
BVerfGG mit Gesetzeskraft ausgestattet und bringt gleichsam anstelle eines förmlichen
Gesetzes die Rechtslage in Übereinstimmung mit den Anforderungen des Grundgesetzes
ebenso BVerwG, Urteil vom 17.06.2004, a.a.O..
Liegt demnach mit der Vollstreckungsanordnung eine mit Gesetzeskraft ausge-stattete
Grundlage vor, folgt hieraus zugleich, dass der Ansicht des Beklagten, das Zusprechen von
weiteren Besoldungsbestandteilen setze zumindest die Verfassungswidrigkeit des § 2 Abs.
1 BBesG voraus, nicht gefolgt werden kann.
Die Vollstreckungsanordnung des Bundesverfassungsgerichts hat sich bislang weder durch
Erfüllung noch durch Änderung der Berechnungsgrundlagen erledigt.
Die Vollstreckungsanordnung gilt so lange, wie der Gesetzgeber es unterlässt, aus eigener
Kompetenz Maßstäbe zu bilden und Parameter festzulegen, nach denen die Besoldung der
kinderreichen Beamten bemessen und der Bedarf eines dritten und jeden weiteren Kindes
ermittelt wird. Im Falle einer solchen Gesetzgebung entfällt die Vollstreckungsbefugnis der
Verwaltungsgerichte auf der Grundlage des Beschlusses vom 24.11.1998
ebenso BVerwG, Urteil vom 17.06.2004, a.a.O..
Eine solche Gesetzgebung ist bislang nicht erfolgt. Vielmehr halten sich die inzwischen
erfolgten Maßnahmen im Bereich des Besoldungs-, Kindergeld- und Steuerrechts innerhalb
jenes Alimentationssystems, das der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts
zugrunde gelegen hat
so auch OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 06.10.2006, a.a.O..
In diesem Fall steht aber der unmittelbar anspruchsbegründende Teil der
Entscheidungsformel des Bundesverfassungsgerichts nicht unter dem Vorbehalt, dass
„irgendwelche“ besoldungs-, sozial- und steuerpolitischen Maßnahmen getroffen werden,
die (auch) der Förderung von Beamten mit mehr als zwei Kinder dienen. Das
Bundesverfassungsgericht hat einen pauschalierenden und typisierenden Rechengang
verbindlich vorgegeben, der die Untergrenze einer der Alimentationspflicht entsprechenden
Besoldung bestimmt und von dem die Fachgerichte nicht abweichen dürfen. Entspricht die
auf der Grundlage der Besoldungsgesetze geleistete Alimentation nicht diesen Vorgaben,
ist sie nicht verfassungskonform. Solange sich daher entgegen allen Bemühungen um eine
Verbesserung der finanziellen Situation kinderreicher Beamtenfamilien rechnerisch ein
verfassungswidriges Besoldungsdefizit ergibt, haben die benachteiligten Beamten ab dem
01. Januar 2000 einen durch die Vollstreckungsanordnung des Bundesverfassungsgerichts
formell legitimierten Anspruch auf erhöhte familienbezogene Besoldung
ebenso BVerwG, Urteil vom 17.06.2004, a.a.O.; a.A. Gärditz, a.a.O..
Soweit sich der Beklagte darauf beruft, dass die kindbezogenen Besoldungsbestandteile,
Kindergeld sowie steuerliche Entlastungen gegenwärtig so bemessen seien, dass bei einer
Gesamtbetrachtung der Nettoabstand von Kind zu Kind ab dem dritten und weiteren
unterhaltsberechtigten Kindern im Durchschnitt den Richtwert von 115 % des
sozialhilferechtlichen Gesamtbedarfs eines Kindes erreiche, so findet diese Behauptung
weder in den eigenen Berechnungen des Beklagten sowohl im vorliegenden Verfahren als
auch in anderen vom Senat entschiedenen Fällen, aus denen sich jedenfalls für die Jahre
2004 bis 2006 ein Besoldungsdefizit ergibt, noch in den dem Senat vorliegenden
Entscheidungen anderer Gerichte für die Zeiträume bis 2005 eine Stütze
vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 17.06.2004, a.a.O., für 2000 und
2001; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteile vom 15.01.2007 -1 A
3433/05-, für 1999 und 2002 bis 2004, und vom 06.10.2006,
a.a.O., für 2003; Hessischer VGH, Beschluss vom 28.08.2006 -1 UZ
1270/06-, BDVR-Rundschreiben 2006, 159 ff., für 2004; OVG
Rheinland-Pfalz, Urteil vom 02.02.2005 –2 A 10039/05-, für 2000
bis 2003, zitiert nach Juris; VG Arnsberg, Urteil vom 07.12.2006,
a.a.O., für 2005; VG Hannover, Urteil vom 16.11.2006 -2 A
2840/05-, für 2000 bis 2005; VG Magdeburg, Urteil vom
16.05.2006 -5 A 279/05-, für 2005, jeweils zitiert nach Juris; VG
Darmstadt, Urteil vom 13.01.2006 -5 E 1225/04-, DÖD 2006, 281
ff., für 2000 bis 2002; VG Münster, Urteil vom 15.11.2005 -4 K
946/00-, für 2000 bis 2004, zitiert nach Juris; VG Greifswald, Urteil
vom 20.10.2005 -6 A 646/05-, für 2002 bis 2004; VG Bremen,
Urteil vom 29.09.2005 -2 K 2745/04-, BDVR-Rundschreiben 2005,
173 ff., für Januar 2004 bis September 2005; VG München, Urteil
vom 27.09.2005 –M 5 K 04.5689-, für 2000 bis 2004; VG Köln,
Urteil vom 22.08.2005 -3 K 6958/02-, für 1999 bis 2004; VG
Karlsruhe, Urteil vom 26.01.2005 -11 K 4994/03-, für 2000 bis
2004, jeweils zitiert nach Juris.
Was die vom Beklagten im Einzelnen dargestellten Erhöhungen der kinderbezogenen
Besoldungsbestandteile betrifft, die für das dritte und jedes weitere zu berücksichtigende
Kind
für die Jahre 1999 und 2000 um je 200 DM (= 102,25 EUR)
vgl. Art. 9 § 2, Art. 12 Abs. 2 des Gesetzes über die Anpassung von
Dienst- und Versorgungsbezügen in Bund und Ländern 1999 vom
19.11.1999 (BGBl. I, 2198 ff.),
für das Jahr 2001 um je 203,60 DM (= 104,10 EUR)
vgl. Art. 5, 6 des Gesetzes zur Neuordnung der
Versorgungsabschläge vom 19.12.2000 (BGBl. I, 1786 ff.),
ab dem 01. Januar 2002 um je 106, 39 EUR
vgl. Art. 12 § 4 des Sechsten Gesetzes zur Änderung
besoldungsrechtlicher Vorschriften vom 14.12.2001 (BGBl. I, 3702
ff.)
und zum 01.04.2003, zum 01.04.2004 sowie zum 01.08.2004 um zusammengefasst
230,58 EUR
vgl. Art. 1 Nrn. 2, 6, Art. 2 Nrn. 1, 3, Art. 3 Nrn. 1, 2 und Art. 21
Abs. 2, 5 und 6 des Gesetzes über die Anpassung von Dienst- und
Versorgungsbezügen in Bund und Ländern 2003/2004 sowie zur
Änderung dienstrechtlicher Vorschriften vom 10.09.2003 (BGBl. I,
1798 ff.)
vorgenommen wurden, muss gesehen werden, dass der Familienzuschlag nach dem vom
Bundesverfassungsgericht vorgegebenen Berechnungsmodell für die jeweiligen
Kalenderjahre bereits in voller Höhe bei der Berechnung der zu vergleichenden
Nettoeinkommen von Beamten derselben Besoldungsgruppe mit zwei Kindern einerseits
und drei oder mehr Kindern andererseits berücksichtigt wird. Daher ergibt sich aus der
eigenen Berechnung des Beklagten, dass die Erhöhungen der kinderbezogenen
Besoldungsbestandteile zu keiner Übereinstimmung der Besoldung mit der Verfassung
nach Maßgabe der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts geführt haben.
Gleiches gilt für das von dem Beklagten angeführte Kindergeld. Dieses betrug im Zeitpunkt
der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 24.11.1998 für das erste und
zweite Kind jeweils 220.- DM (=112,48 EUR), für das dritte Kind 300.- DM (=153,39 EUR)
und für das vierte und jedes weitere Kind jeweils 350.- DM (= 178,95 EUR) monatlich
vgl. § 66 Abs. 1 EStG in der Fassung vom 16.04.1997 (BGBl. I, 821
ff.)
und ist zum 01.01.1999 lediglich für das erste und zweite Kind auf 250.- DM (=127,82
EUR) monatlich
vgl. Art. 1 Nr. 5, Art. 6 Abs. 1 des Steuerentlastungsgesetzes 1999
vom 19.12.1998 (BGBl. I, 3779 ff.),
zum 01.01.2000 allein für das erste und zweite Kind auf jeweils 270.- DM (= 138,05
EUR)
vgl. Art. 1 Nr. 26, Art. 9 des Gesetzes zur Familienförderung vom
22.12.1999 (BGBl. I, 2552 ff.)
und zum 01.01.2002 für das erste, zweite und dritte Kind auf jeweils 154.- EUR und für
das vierte und jedes weitere Kind auf jeweils 179.- EUR monatlich angehoben worden
vgl. Art. 2 Nr. 4, Art. 8 Abs. 1 des Zweiten Gesetzes zur
Familienförderung vom 16.08.2001 (BGBl. I, 2074 ff.).
Das Kindergeld ist nach dem vom Bundesverfassungsgericht vorgegebenen
Berechnungsmodell ebenfalls in voller Höhe zu berücksichtigen und wurde von dem
Beklagten bei seinen Berechnungen in Rechnung gestellt. Abgesehen davon zeigt die
Entwicklung des Kindergeldes seit 1998, dass der Mehrbedarf einer Beamtenfamilie mit
mehr als zwei Kindern gegenüber einer solchen mit zwei Kindern nicht kompensiert wurde,
sondern dass sich der Einkommensabstand zwischen beiden Vergleichsgruppen in Bezug
auf das Kindergeld sogar verringert hat
so auch Hessischer VGH, Beschluss vom 28.08.2006, a.a.O..
Was die vom Beklagten im Weiteren angesprochenen Änderungen im Steuerrecht betrifft,
muss zunächst gesehen werden, dass der vom Bundesverfassungsgericht vorgegebene
Rechengang nur eine pauschale Berücksichtigung der steuerlichen Belastungen auf der
Grundlage der besonderen Lohnsteuertabelle für Beamte vorsieht und keinen Raum für
individuelle steuerrechtliche Betrachtungen lässt. Daraus folgt, dass zum Beispiel die je
nach den individuellen Umständen bestehende Möglichkeit, erwerbsbedingte
Kinderbetreuungskosten nunmehr nach § 33 c EStG steuerlich abzusetzen, im Rahmen der
vom Bundesverfassungsgericht vorgegebenen pauschalierenden Betrachtungsweise nicht
berücksichtigungsfähig ist
so auch Hessischer VGH, Beschluss vom 28.08.2006, a.a.O..
Was die vom Beklagten angeführten kindbezogenen Freibeträge betrifft, so betrug im
Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts der monatliche
Kinderfreibetrag für jedes berücksichtigungsfähige Kind des Steuerpflichtigen 288.- DM, im
Jahr also 3456.- DM (= 1767,02 EUR), bzw. bei zusammen veranlagten Ehegatten 576.-
DM, im Jahr also 6912.- DM (= 3534,04 EUR)
vgl. § 32 Abs. 6 Satz 1 und 2 EStG in der Fassung vom 16.04.1997.
Daneben gab es einen jährlichen Ausbildungsfreibetrag je Kind, der bei auswärtiger
Unterbringung eines Kindes über 18 Jahre 4200.- DM (= 2147,43 EUR) betrug
vgl. § 33 a Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG in der Fassung vom
16.04.1997.
Zum 01.01.2000 wurde ein zusätzlicher Betreuungsfreibetrag eingeführt, der bei Vorliegen
der gesetzlichen Voraussetzungen (unter 16 Jahren oder behindert) für jedes Kind 1512.-
DM (= 773,07 EUR) bzw. bei gemeinsam veranlagten Ehegatten 3024.- DM (= 1546,14
EUR) betrug
vgl. § 32 Abs. 6 Satz 1 und 3 EStG in der Fassung vom 22.12.1999
(BGBl. I, 2552 ff.).
Seit dem 01.01.2002 beträgt der Kinderfreibetrag für jedes berücksichtigungsfähige Kind
1824.- EUR bzw. bei zusammen veranlagten Ehegatten 3648.- EUR. Seit diesem Zeitpunkt
kann daneben ein Betreuungs-, Erziehungs- und Ausbildungsfreibetrag je
berücksichtigungsfähigem Kind von 1080.- EUR bzw. bei gemeinsam veranlagten
Ehegatten von 2160.- EUR geltend gemacht werden
vgl. § 32 Abs. 6 Satz 1 und 2 EStG in der Fassung vom 16.08.2001
(BGBl. I, 2074 ff.).
Dieser Erhöhung des Kinder- und Betreuungsfreibetrags steht jedoch eine Reduzierung
bzw. ein Wegfall des früheren Ausbildungsfreibetrages gegenüber. Ebenfalls zum
01.01.2002 wurde nämlich der Ausbildungsfreibetrag bei auswärtiger Unterbringung eines
volljährigen Kindes auf 924.- EUR reduziert und ist im Übrigen entfallen
vgl. § 33 a Abs. 2 EStG in der Fassung vom 16.08.2001.
Deshalb wurde bei der gebotenen Gesamtschau durch Steuerentlastungen jedenfalls keine
derart signifikante Verbesserung der Einkommenssituation kinderreicher Familien
geschaffen, die es rechtfertigen könnte, die Vollstreckungsanordnung des
geschaffen, die es rechtfertigen könnte, die Vollstreckungsanordnung des
Bundesverfassungsgerichts als erledigt anzusehen
so auch Hessischer VGH, Beschluss vom 28.08.2006, a.a.O., und
VG Bremen, Urteil vom 29.09.2005, a.a.O..
Ohnehin haben die Änderungen bei den kindbezogenen Freibeträgen deshalb keine
verfassungskonforme Alimentation kinderreicher Beamter geschaffen, weil die jeweiligen
Regelungen für alle berücksichtigungsfähigen Kinder gelten und daher der bisherige
Einkommensabstand kinderreicher Beamtenfamilien zu den kinderlosen bzw. kinderarmen
Beamtenfamilien strukturell gleich geblieben ist
ebenso OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 06.10.2006, a.a.O.;
Hahn, Die Besoldung kinderreicher Beamter und Richter, DRiZ 2005,
7 ff..
Im Weiteren ist die Vollstreckungsanordnung nicht wegen Änderungen bei den
Berechnungsgrundlagen gegenstandslos geworden.
Das Bundesverwaltungsgericht hat hervorgehoben, dass die Fachgerichte an den in der
Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 24.11.1998 unter C III 3 vorgegebenen
Rechengang strikt gebunden sind und ihnen auch in Einzelheiten eine Abweichung von
Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts verwehrt ist. Selbst wenn sich danach im
Rechengang in der einen oder anderen Hinsicht Zweifel an der Systemgerechtigkeit
ergeben mögen, ist dafür im Vollstreckungsverfahren kein Raum
so BVerwG, Urteil vom 17.06.2004, a.a.O., wonach
dementsprechend hinsichtlich der Heizkosten gemäß der Vorgabe
des Bundesverfassungsgerichts für 2000 und 2001 ein Betrag in
Höhe von 20 % der Kaltmiete angesetzt wurde, obwohl dieser Anteil
nach den aktuellen Erkenntnissen des Gerichts in dem fraglichen
Zeitraum inzwischen auf 22 % gestiegen war.
Diese Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts ist aber nicht dahin zu verstehen, dass
der Rechengang des Bundesverfassungsgerichts in jedem Punkt „sklavisch“ anzuwenden
ist. In diesem Fall wären gerade im Hinblick auf die Zukunftsgerichtetheit der
Vollstreckungsanordnung eine sachgerechte Umsetzung und damit ein effektiver
Rechtsschutz kaum möglich. Vielmehr hat die Vollstreckungsanordnung Bestand, solange
sie in tatsächlicher und rechtlicher Art geänderten Verhältnissen sinn- und
maßstabserhaltend angepasst werden kann. Es ist davon auszugehen, dass das
Bundesverfassungsgericht die Dienstherren und Fachgerichte verpflichtet hat, die
Vollstreckungsanordnung entsprechend den aktuellen Daten und gesetzlichen Bedingungen
anzuwenden. Einer Anwendung kann nicht entgegenstehen, dass etwa bestimmte Daten
nunmehr aus anderen Quellen stammen oder einzelne Indizes nicht mehr im gleichen
Turnus fortgeführt werden, solange es weiterhin möglich ist, den Kindesbedarf nach der
Vollstreckungsanordnung zu bestimmen
ebenso Hessischer VGH, Beschluss vom 28.08.2006, a.a.O..
Vielmehr erweist sich die Vollstreckungsanordnung (erst) dann als gegenstandslos, wenn
aufgrund von systemverändernden Neuregelungen der Rechengang des
Bundesverfassungsgerichts nicht oder nicht mehr sinnvoll angewendet werden kann
so auch OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 06.10.2006, a.a.O..
Ausgehend hiervon kann der Beklagte nicht mit Erfolg einwenden, dass es wegen der seit
dem 01.01.2004 in Bund und Länder unterschiedlich geregelten jährlichen
Sonderzuwendungen (Urlaubs- und Weihnachtsgeld) keine bundeseinheitliche Besoldung
mehr gebe. Das Bundesverfassungsgericht hat in der Entscheidung vom 24.11.1998
hinsichtlich der erforderlichen Einkommensberechnung vorgegeben, dass von dem
jährlichen Nettoeinkommen der Beamten auszugehen ist. Aus der Entscheidung ergibt sich
nicht, dass diese Berechnung nur möglich wäre, wenn die Besoldung bundeseinheitlich
erfolgt. Nachdem insoweit mittlerweile unterschiedliche Regelungen in Bund und Ländern
vorliegen, kann das anzusetzende Nettoeinkommen nur aufgrund der für den jeweiligen
Beamten maßgeblichen Vorschriften ermittelt werden. Diese Vorgehensweise ermöglicht
eine realitätsnahe, wenn auch typisierende Nettoeinkommensberechnung für den
jeweiligen Beamten und entspricht daher der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts
ebenso Hessischer VGH, Beschluss vom 28.08.2006, a.a.O., und
OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 15.01.2007, a.a.O..
Dagegen wird die Erwägung des Beklagten, es könne zur Beibehaltung der
bundeseinheitlichen Berechnungsweise auch ein bundeseinheitlicher Durchschnittssatz
gebildet werden, der Realität nicht gerecht, da in diesem Fall bei einem Beamten aus
einem Bundesland, in dem – wie im Saarland - unterdurchschnittliche Sonderzahlungen
gezahlt werden, der höhere bundesweite Durchschnittssatz und damit ein fiktives
Bruttoeinkommen in Ansatz gebracht würde. Außerdem erscheint die Bildung eines
bundeseinheitlichen Durchschnittssatzes aus praktischen Gründen nicht sinnvoll, weil die
Sonderzahlungen in den einzelnen Bundesländern für die jeweiligen Besoldungsgruppen in
erheblichem Maße unterschiedlich ausgestaltet sind. Demgegenüber ist kein rechtlich
relevanter Widerspruch darin zu sehen, wenn einerseits bei der Berechnung des
Nettoeinkommens landesrechtliche Regelungen zur Anwendung kommen, während
andererseits der sozialhilferechtliche Bedarf ohne Berücksichtigung der Verhältnisse in den
einzelnen Ländern bundeseinheitlich berechnet wird.
Sollte der Beklagte mit seinem Einwand in der Klageerwiderung vom 24.03.2005, dass der
vorgegebene Abzug der Kirchensteuer ab 2005 nicht mehr unverändert fortgeführt werden
könne, der Vollstreckungsanordnung entgegenhalten wollen, dass nach § 133 SGB III
in der Fassung vom 19.11.2004 (BGBl. I, 2902 ff.)
ab dem 01.01.2005 auf der Einkommensseite ein pauschaler Kirchensteuerabzug nicht
stattfindet, kann ihm nicht gefolgt werden. Diese Norm betrifft die Berechnung des
Leistungsentgelts im Rahmen der Arbeitsförderung (§ 1 SGB III) und hat keine
Auswirkungen auf die Berechnung der Besoldung von Beamten und Richtern
so auch VG Magdeburg, Urteil vom 16.05.2006, a.a.O..
Weiterhin steht der Anwendung der Vollstreckungsanordnung ab dem Januar 2005 nicht
entgegen, dass mit Ablauf des 31.12.2004 das Bundessozialhilfegesetz außer Kraft
getreten ist. Zwar ist nach dem Rechengang des Bundesverfassungsgerichts der
monatliche Bedarf auf der Grundlage des § 22 BSHG zu errechnen. Dennoch kann der
Ansicht, dass mit dem Außerkrafttreten des Bundessozialhilfegesetzes eine Alimentierung
kinderreicher Beamter nach Maßgabe der Vollstreckungsanordnung nicht mehr in Betracht
komme
so VG Mainz, Urteil vom 21.11.2005 -6 K 185/05.MZ-, zitiert nach
Juris, das die Klage u.a. aus diesem Grund abgewiesen hat,
nicht gefolgt werden. Allerdings folgt der Senat auch nicht der Ansicht, zur Umsetzung der
Vollstreckungsanordnung des Bundesverfassungsgerichts vom 24.11. 1998 müsse das vor
dem 01.01.2005 geltende sozialhilferechtliche Regelsatzsystem fortgeschrieben werden
so VG Arnsberg, Urteil vom 07.12.2006, a.a.O..
Vielmehr ist nach dem Außer-Kraft-Treten des Bundessozialhilfegesetzes der auf der
Bedarfsseite festzustellende durchschnittliche gewichtete Sozialhilfesatz unter
Zugrundelegung des nunmehr gültigen Leistungsgesetzes für Sozialhilfe, des SGB XII, zu
berechnen
so auch VG Magdeburg, Urteil vom 16.05.2006, a.a.O..
Nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 24.11.1998 konnten die
Regelsätze des Sozialhilferechts für den Kindesunterhalt als Ausgangspunkt für die
Bemessung des Mehrbedarfs von mehr als zwei Kinder des Beamten herangezogen
werden, weil die Rechtsordnung insoweit Bestimmungen zur Verfügung stellte, die am
äußersten Mindestbedarf eines Kindes ausgerichtet waren und dementsprechend
staatliche Hilfen zur Erhaltung eines Mindestmaßes sozialer Sicherung darstellten. Solche
Regelungen stehen seit 01.01.2005 mit den Bestimmungen des SGB XII zur Verfügung.
Gemäß § 28 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 SGB XII wird der gesamte Bedarf des notwendigen
Lebensunterhalts außerhalb von Einrichtungen mit Ausnahme von Leistungen für
Unterkunft und Heizung und der Sonderbedarfe nach den §§ 30 bis 34 nach Regelsätzen
erbracht, die von den Ländern – auch für Personen unter achtzehn Jahren - unter
Berücksichtigung der §§ 28 Abs. 3 und 4 SGB XII sowie der Regelsatzverordnung vom
03.06.2004 (BGBl. I, 1067 ff.) festgesetzt werden. Auch wenn der Gesetzgeber die
früheren „einmaligen Leistungen“ nach § 21 Abs. 1 a BSHG a.F., die neben den
Regelsätzen gewährt wurden, nunmehr fast vollständig in die - deutlich angehobenen -
Regelsätze eingearbeitet hat – bei Kindern kommen gemäß § 31 Abs. 1 Nr. 3 SGB XII im
Regelfall nur noch Leistungen für mehrtägige Klassenfahrten in Betracht, die aber
summenmäßig kaum ins Gewicht fallen und daher vernachlässigt werden können -, mithin
der vom Bundesverfassungsgericht berücksichtigte Zuschlag von 20% zur Abgeltung
einmaliger Leistungen nunmehr nicht mehr gerechtfertigt ist, so ist mit den Neuregelungen
des SGB XII doch kein grundlegender Systemwechsel verbunden, aufgrund dessen die
Vollstreckungsanordnung des Bundesverfassungsgerichts nicht mehr sinnvoll angewendet
werden könnte. Vielmehr wird die Zugrundelegung des seit 01.01.2005 gültigen
Leistungsgesetzes für Sozialhilfe dem Gedankengang und den Maßstäben des
Bundesverfassungsgerichts in dem im Beschluss vom 24.11.1998 festgelegten
Rechengang gerecht
so auch VG Magdeburg, Urteil vom 16.05.2006, a.a.O..
Der weitere Einwand des Beklagten, dass zur Berechnung des sozialhilferechtlichen
Gesamtbedarfs eines Kindes hinsichtlich der Unterkunftskosten nicht mehr auf den
Wohngeld- und Mietenbericht der Bundesregierung mit dem dort abgedruckten Mietindex
des Statistischen Bundesamtes abgestellt werden könne, weil dieser Bericht seit dem Jahr
2004 infolge der Änderung des § 39 WoGG nicht mehr in einem zweijährigen, sondern
nunmehr in einem vierjährigen Turnus abgegeben werde, rechtfertigt ebenfalls kein
Abrücken vom Vollzug der Vollstreckungsanordnung. Hinsichtlich des Mietindexes folgt aus
der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 24.11.1998 nicht, dass der
Wohngeld- und Mietenbericht der Bundesregierung jährlich oder alle zwei Jahre vorgelegt
werden muss, um die Unterkunftskosten errechnen zu können. Es ist nach dieser
Entscheidung von dem Mietindex des Statistischen Bundesamts auszugehen, der im
Wohngeld- und Mietenbericht der Bundesregierung abgedruckt ist. Das
Bundesverfassungsgericht hat dann die anzusetzende Durchschnittsmiete anhand des im
Wohngeld- und Mietenbericht 1997 abgedruckten Mietindexes des Statistischen
Bundesamtes zurückgerechnet und fortgeschrieben. Genauso ist das
Bundesverwaltungsgericht im Urteil vom 17.06.2004 vorgegangen, indem es den
Wohngeld- und Mietenbericht 2002 zugrunde gelegt und hierauf basierend die
durchschnittliche Bruttokaltmiete für 2001 und 2002 zurückgerechnet hat. In gleicher
Weise lässt sich eine Fortschreibung aufgrund vorhandener statistischer Daten weiterhin
vornehmen
ebenso Hessischer VGH, Beschluss vom 28.08.2006, a.a.O..
Ebenso wenig steht der Anwendbarkeit der Vollstreckungsanordnung entgegen, dass der
Mietindex des Statistischen Bundesamtes nicht mehr zwischen alten und neuen
Bundesländern unterscheidet. Zwar hat das Bundesverfassungsgericht im Beschluss vom
24.11.1998 die Durchschnittsmiete in den alten Bundesländern zugrunde gelegt. Der
Beklagte hat aber weder dargelegt noch ist sonst ersichtlich, dass, ausgehend von der im
Wohngeld- und Mietenbericht 2002 für die alten Bundesländer angegebenen
durchschnittlichen Bruttokaltmiete im Jahr 2002, sich die durchschnittlichen
Steigerungssätze der Folgejahre in den alten und neuen Bundesländern erheblich
voneinander unterscheiden. Auch das Bundesverwaltungsgericht hat im Urteil vom
17.06.2004 Steigerungssätze der Mieten in 2001 und 2002 zugrunde gelegt, ohne
insoweit nach alten und neuen Bundesländern zu differenzieren. Im Übrigen muss
Beachtung finden, dass dem Gericht bei Fehlen belastbarer Daten auch die Befugnis
zusteht, die Verhältnisse unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung
wertend gemäß § 173 VwGO in Verbindung mit § 287 Abs. 2 ZPO zu schätzen
so OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 06.10.2006, a.a.O..
Schließlich kann die Vollstreckungsanordnung nicht mit der Erwägung in Frage gestellt
werden, dass die Erwerbstätigkeit von Frauen seit dem Jahr 1998 (55,6%) bis 2003
(58,9%) gestiegen und diese Entwicklung auch bei Frauen mit drei Kindern (1998: 48,8%;
2003: 54,5%) bzw. bei Frauen mit vier Kindern (1998: 38%; 2003: 42,5%) zu
verzeichnen sei, mithin auch der kinderreiche Beamte in der Regel nicht mehr der
Alleinverdiener und Alleinunterhaltsverpflichtete seiner Familie sei und daher auch die
Kinderzuschläge nicht mehr so festgesetzt werden müssten, dass der Beamte damit den
gesamten Unterhalt seiner Kinder allein abdecken könne. Dieser Argumentation steht
bereits entgegen, dass es der vom Bundesverfassungsgericht ausdrücklich vorgegebenen
pauschalierenden Einkommensermittlung widerspräche, wenn individuelle Umstände wie
das Erwerbseinkommen des Ehegatten berücksichtigt würden. Abgesehen davon hat das
Bundesverfassungsgericht im Beschluss vom 24.11.1998 die Untergrenze einer der
Alimentationspflicht noch entsprechenden Besoldung im Hinblick auf den Mehrbedarf des
dritten Kindes und weiterer Kinder im Rahmen einer pauschalierenden und typisierenden
Berechnung verbindlich definiert. In der sich hiernach ergebenden Höhe hat der Beamte mit
mehr als zwei Kindern einen unmittelbaren Anspruch auf einen entsprechend bemessenen
familienbezogenen Besoldungsbestandteil. Wird dieser nicht erreicht, verletzt der
Dienstherr seine Alimentationspflicht. Dieser kann sich der Dienstherr nicht dadurch
entziehen, dass er den Beamten auf zivilrechtliche Unterhaltsansprüche verweist
ebenso Hessischer VGH, Beschluss vom 28.08.2006, a.a.O..
Ausgehend hiervon ergibt sich auf der Grundlage der vom Beklagten im
Berufungsverfahren auf Anforderung des Senats vorgelegten Neuberechnungen, die aus
Sicht des Senats keinen Fehler erkennen lassen und denen auch der Kläger in der
mündlichen Verhandlung nicht entgegengetreten ist, für die Jahre 2004 bis 2006 folgende
Berechnung:
Im Jahre 2004 hat ein Beamter der Besoldungsgruppe A 10 mit zwei Kindern bzw. mit drei
Kindern
ein Grundgehalt in der Endstufe von
33.950,24 EUR 33.950,24 EUR
eine Einmalzahlung von
50,00 EUR
50,00 EUR
eine allgemeine Stellenzulage von
847,57 EUR
847,57 EUR
ein Urlaubsgeld von
--
--
eine Sonderzuwendung von
2.266,25 EUR 2.522,39 EUR
einen Familienzuschlag von
3.396,42 EUR 6.140,64 EUR
mithin ein
Bruttoeinkommen von
40.510,48 EUR 43.510,84 EUR
bezogen, aus dem sich abzüglich
Einkommensteuer (Besondere Lohnsteuertabelle) von
5.046,00 EUR 5.874,00 EUR
Solidaritätszuschlag von
24,80 EUR
--
Kirchensteuer (8%) von
165,44 EUR
113,76 EUR
und zuzüglich des
Kindergeldes von
3.696,00 EUR 5.544,00 EUR
ein
Nettoeinkommen von
38.970,24 EUR 43.067,08 EUR
errechnet.
Der sich daraus ergebenden Nettoeinkommensdifferenz von 4.096,84 EUR im Jahr ist der
Bedarf des dritten Kindes gegenüberzustellen. Diese Bedarfsberechnung geht von 115 %
des durchschnittlichen sozialhilferechtlichen Gesamtbedarfs eines Kindes aus. Nach der
vom Bundesverwaltungsgericht im Urteil vom 17.06.2004 vorgenommenen
Konkretisierung der Berechnung ist zunächst - bezogen auf die alten Bundesländer - der
bundes- und jahresdurchschnittliche Regelsatz für Minderjährige, die mit beiden Elternteilen
zusammenleben, im Alter ab der Geburt bis zur Vollendung des achtzehnten Lebensjahres
zu berechnen. Da die sozialhilferechtlichen Regelsätze in den einzelnen (alten)
Bundesländern unterschiedlich festgesetzt, zur Jahresmitte erhöht und Altersklassen
gebildet worden sind, müssen für das jeweilige Kalenderjahr gewichtete
Durchschnittsregelsätze berechnet werden. Danach ist mit einem Gewichtungsfaktor für
jede der Altersgruppen entsprechend der Anzahl der erfassten Jahrgänge ein
Landesdurchschnitt und anschließend ein Durchschnitt über alle (alten) Bundesländer zu
bilden
vgl. BVerwG, Urteil vom 17.06.2004, a.a.O..
Für das Jahr 2004 kann insoweit auf die überzeugenden Berechnungen des VG Karlsruhe
im Urteil vom 26.01.2005 zurückgegriffen werden. Dass darin der vom
Bundesverwaltungsgericht im Detail vorgegebene Rechenweg beachtet wurde, ergibt sich
daraus, dass die in diesem Urteil für die Jahre 2000 und 2001 errechneten gewichteten
Durchschnittsregelsätze den vom Bundesverwaltungsgericht für diese Zeiträume zugrunde
gelegten Beträgen entsprechen. Demnach ist für das Jahr 2004 ein gewichteter
Durchschnittsregelsatz von 191,04 EUR anzunehmen.
Zur Abgeltung einmaliger Leistungen ist ein Zuschlag in Höhe von 20 % des gewichteten
Durchschnittsregelsatzes zu erheben, mithin ein Betrag von (191,04 EUR x 20% =) 38,21
EUR.
Weiterhin sind die Unterkunftskosten eines dritten Kindes mit einem Wohnraumbedarf von
11 qm sowie die auf das dritte Kind entfallenden Heizkosten in Höhe eines Zuschlags von
20 % der Kaltmiete anzusetzen. Nach den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts sind
die durchschnittlichen Mieten – in den alten Bundesländern – zugrunde zu legen. Nach dem
Wohngeld- und Mietenbericht 2002
vgl. Deutscher Bundestag, Drucksache 15/2200, Unterrichtung durch
die Bundesregierung, Wohngeld- und Mietenbericht 2002,
betrug im Jahr 2002 die durchschnittliche Bruttokaltmiete in den alten Bundesländern 6,09
EUR/qm/Monat. Im Jahr 2003 stieg die Kaltmiete netto um 1,1 % und im Jahr 2004 um
weitere 0,9 %
vgl. Statistisches Bundesamt, Preise, Verbraucherpreisindizes für
Deutschland, -Monatsbericht-, Dezember 2006, vom 17.01.2007,
Seite 61,
so dass sich im Jahr 2004 ein Betrag von 6,22 EUR ergibt. Hieraus errechnen sich
durchschnittliche Unterkunftskosten für das dritte Kind im Jahr 2004 von (6,22 EUR x 11
qm =) 68,42 EUR und daraus ein Zuschlag für Heizkosten von (68,42 EUR x 20 % =)
13,68 EUR.
Demnach ergibt sich für das dritte Kind ein sozialhilferechtlicher Bedarf im Jahr 2004 von
(191,04 EUR + 38,21 EUR + 68,42 EUR + 13,68 EUR =) 311,35 EUR. Unter
Berücksichtigung eines Zuschlags um 15 % des sozialhilferechtlichen Bedarfs beläuft sich
im Jahr 2004 der alimentationsrechtlich relevante Bedarf des dritten Kindes auf 358,05
EUR im Monat bzw. 4296,60 EUR im Jahr. Es verbleiben somit im Jahre 2004 ungedeckte
Kosten von 199,76 EUR.
Im Jahr 2005 hat ein Beamter der Besoldungsgruppe A 10 mit zwei Kindern bzw. mit drei
Kindern
ein Grundgehalt in der Endstufe von
34.231,80 EUR 34.231,80 EUR
eine Einmalzahlung von
--
--
eine allgemeine Stellenzulage von
854,64 EUR
854,64 EUR
ein Urlaubsgeld von
--
--
eine Sonderzuwendung von
2.266,25 EUR 2.522,39 EUR
einen Familienzuschlag von
3.424,56 EUR 6.191,52 EUR
mithin ein
Bruttoeinkommen von
40.777,25 EUR 43.800,35 EUR
bezogen, aus dem sich abzüglich
Einkommensteuer (Besondere Lohnsteuertabelle) von 4.834,00 EUR 5.646,00 EUR
Solidaritätszuschlag von
--
--
Kirchensteuer von
152,16 EUR
102,24 EUR
und zuzüglich des
Kindergeldes von
3.696,00 EUR 5.544,00 EUR
ein
Nettoeinkommen von
39.487,09 EUR 43.596,11 EUR
errechnet. Daraus ergibt sich eine Nettoeinkommensdifferenz von 4.109,02 EUR.
Bei der Bestimmung des der Einkommensdifferenz gegenüber zu stellenden Bedarfs des
dritten Kindes ist zunächst der gewichtete Durchschnittsregelsatz für das Jahr 2005
festzustellen. Im Jahr 2005 betrugen die – gemäß § 3 Abs. 1 Satz 2 Regelsatzverordnung
entsprechend dem Eckregelsatz festzusetzenden - Regelsätze für Haushaltsvorstände und
Alleinstehende nach § 28 Abs. 2 SBG XII in Bayern 341.- EUR und in den übrigen alten
Bundesländern 345.- EUR
vgl. Bayerisches Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung,
Familie und Frauen, Sozialhilfesätze, vom 08.01.2007, unter
http://www.stmas.bayern.de/sozial/sozialhilfe/saetze.htm.
Nach 3 Abs. 2 der Regelsatzverordnung betragen die Regelsätze für sonstige
Haushaltsangehörige bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres 60 % und ab Vollendung des
14. Lebensjahres 80 % des Eckregelsatzes. Damit betrugen im Jahr 2005 die Regelsätze
für Haushaltsangehörige bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres bzw. ab Vollendung des
14. Lebensjahres in Bayern 205.- EUR bzw. 273.- EUR und in den übrigen alten
Bundesländern 207.- EUR bzw. 276.- EUR. Unter Beachtung des vom
Bundesverwaltungsgericht konkretisierten Rechenweges
bis 14 Jahre ab 14 Jahre Gewichteter
Landesschnitt
Baden-Württemberg
207,00
276,00
222,33
Bayern
205,00
273,00
220,11
Berlin
207,00
276,00
222,33
Bremen
207,00
276,00
222,33
Hamburg
207,00
276,00
222,33
Hessen
207,00
276,00
222,33
Niedersachsen
207,00
276,00
222,33
Nordrhein-Westfalen
207,00
276,00
222,33
Rheinland-Pfalz
207,00
276,00
222,33
Saarland
207,00
276,00
222,33
Schleswig-Holstein
207,00
276,00
222,33
Bundesschnitt
206,82
275,73
222,12
Gewichtungsfaktor
14,00
4,00
Gewichteter Wert
2.895,48
1.102,92
Summe
3.998,40
Gewichteter Regelsatz
222,13
ergibt sich ein gewichteter Durchschnittsregelsatz für das Jahr 2005 von 222,13 EUR
vgl. VG Magdeburg, Urteil vom 16.05.2006, a.a.O., das unter
Zugrundelegung einheitlicher Werte für alle alten Bundesländer zu
einem gewichteten Regelsatz von 222,33 gekommen ist.
Da die früheren „einmaligen Leistungen“, wie dargelegt, in die erhöhten Regelsätze nach §
28 Abs. 2 SBG XII eingearbeitet sind, kommt ein separater Zuschlag zur Abgeltung
einmaliger Leistungen nicht mehr in Betracht.
Was die Unterkunftskosten betrifft, so betrug, wie dargelegt, die durchschnittliche
Kaltmiete im Jahr 2004 – hochgerechnet - 6,22 EUR/qm. Sie stieg im Jahr 2005 netto um
weitere 0,9 % an
vgl. Statistisches Bundesamt, Preise, Verbraucherpreisindizes für
Deutschland, -Monatsbericht-, Dezember 2006, vom 17.01.2007,
a.a.O.,
und betrug daher 6,28 EUR/qm. Die anteiligen Unterkunftskosten des dritten Kindes
schlagen daher mit (6,28 EUR x 11qm =) 69,08 EUR und der danach zu errechnende
Zuschlag für Heizkosten mit (69,08 EUR x 20% =) 13,82 EUR zu Buche.
Der sich dann ergebende sozialhilferechtliche Bedarf von (222,13 EUR + 69,08 EUR +
13,82 EUR =) 305,03 EUR ist um einen Zuschlag von 15% zu erhöhen, so dass sich im
Jahr 2005 ein alimentationsrechtlich relevanter Bedarf des dritten Kindes von 350,78 EUR
im Monat bzw. 4.209,36 EUR im Jahr ergibt. Damit verbleiben im Jahr 2005 ungedeckte
Kosten in Höhe von 100,34 EUR.
Im Jahr 2006 hat ein Beamter der Besoldungsgruppe A 10 mit zwei Kindern bzw. mit drei
Kindern
ein Grundgehalt in der Endstufe von
34.231,80 EUR 34.231,80 EUR
eine Einmalzahlung von
--
--
eine allgemeine Stellenzulage von
854,64 EUR
854,64 EUR
ein Urlaubsgeld von
--
--
eine Sonderzuwendung von
1.400,00 EUR 1.600,00 EUR
einen Familienzuschlag von
3.424,56 EUR 6.191,52 EUR
mithin ein
Bruttoeinkommen von
39.911,00 EUR 42.877,96 EUR
bezogen, aus dem sich abzüglich
Einkommensteuer (Besondere Lohnsteuertabelle) von 4.552,00 EUR 5.396,00 EUR
Solidaritätszuschlag von
--
--
Kirchensteuer von
132,48 EUR
86,72 EUR
und zuzüglich des
Kindergeldes von
3.696,00 EUR 5.544,00 EUR
ein
Nettoeinkommen von
38.922,52 EUR 42.939,24 EUR
errechnet. Daraus ergibt sich eine Nettoeinkommensdifferenz von 4.016,72 EUR.
Was den Bedarf des dritten Kindes im Jahr 2006 betrifft, so haben sich die Regelsätze in
diesem Jahr in den Bundesländern gegenüber 2005 nicht erhöht
vgl. Bayerisches Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung,
Familie und Frauen, Sozialhilfesätze, vom 08.01.2007, a.a.0..
Es gilt daher auch im Jahr 2006 der gewichtete Durchschnittsregelsatz von 222,13 EUR.
Ein Zuschlag für „einmalige Leistungen“ ist auch in diesem Jahr nicht zu erheben. Die für
das Jahr 2005 hochgerechnete durchschnittliche Kaltmiete von 6,28 EUR/qm hat sich im
Jahr 2006 netto um ein weiteres 1 % erhöht
vgl. Statistisches Bundesamt, Preise, Verbraucherpreisindizes für
Deutschland, -Monatsbericht-, Dezember 2006, vom 17.01.2007,
a.a.O.,
und betrug daher 6,34 EUR/qm. Daraus ergeben sich anteilige Unterkunftskosten von
(6,34 EUR x 11 qm =) 69,74 EUR. Der Zuschlag für Heizkosten beläuft sich auf (69,74
EUR x 20% =) 13,95 EUR.
Damit errechnet sich ein sozialhilferechtlicher Bedarf von (222,13 EUR + 69,74 EUR +
13,95 EUR =) 305,82 EUR und demnach ein alimentationsrechtlicher Bedarf von (305,82
EUR x 15% =) 351,69 EUR im Monat bzw. 4.220,28 EUR im Jahr. Somit verbleiben im Jahr
2006 ungedeckte Kosten in Höhe von 203,56 EUR.
Die dem Kläger für die Jahre 2004 bis 2006 zustehenden Beträge stellen Nettobeträge dar,
weil es sich hierbei um die Beträge handelt, um die sein Nettoeinkommen hinter seinem
verfassungsrechtlich begründeten Anspruch zurückbleibt.
Soweit der Kläger bei der Berechnung des jährlichen Bedarfs individuelle Unterkunftskosten
sowie Leistungen für Lernmittel, Fahrtkosten zur Schule und Bekleidungsbeihilfe
berücksichtigt wissen will, entspricht dies nicht den dargelegten bindenden Vorgaben des
Bundesverfassungsgerichts. Aus dem gleichen Grund kann seinem Einwand nicht gefolgt
werden, dass in dem vorstehenden Rechenwerk die enormen Preissteigerungen der letzten
Jahre bei den Nebenkosten nicht hinreichend berücksichtigt würden. Nach den Vorgaben
des Bundesverfassungsgerichts ist, wie vorliegend geschehen, für Energiekosten ein
Pauschalsatz von 20 % der jeweiligen Kaltmiete anzusetzen. Im Weiteren steht dem
Ansinnen des Klägers, bei der Bildung des gewichteten Durchschnittsregelsatzes die
einzelnen Altersklassen jedes Kindes entsprechend dem tatsächlichen Alter zugrunde zu
legen, die vom Bundesverwaltungsgericht vorgenommene Konkretisierung der Berechnung
entgegen.
Hinsichtlich der Jahre 2000 bis 2003 kann der Kläger keine zusätzlichen kindbezogenen
Leistungen verlangen. Der Kläger hat nämlich etwaige Ansprüche nicht rechtzeitig geltend
gemacht hat.
Das Bundesverfassungsgericht hat bereits im Beschluss vom 22.03.1990 festgestellt,
dass das Beamtenverhältnis ein wechselseitiges, bindendes Treueverhältnis ist, aus dem
nicht nur die Verpflichtung des Dienstherrn folgt, den Beamten amtsangemessen zu
alimentieren, sondern umgekehrt auch die Pflicht des Beamten, auf die Belastbarkeit des
Dienstherrn und dessen Gemeinwohlverantwortung Rücksicht zu nehmen. Diese Pflicht zu
gegenseitiger Rücksichtnahme spricht gegen die Annahme, der Dienstherr sei generell, also
ohne jede Einschränkung in Bezug auf den Kreis der betroffenen Beamten, gehalten, eine
aus verfassungsrechtlichen Gründen gebotene gesetzliche Erhöhung der Beamtenbezüge
auf den gesamten, in der Vergangenheit liegenden Zeitraum zu erstrecken, für den die
verfassungsrechtliche Notwendigkeit einer entsprechenden Korrektur festgestellt worden
ist. Die Alimentation des Beamten durch seinen Dienstherrn ist der Sache nach die
Befriedigung eines gegenwärtigen Bedarfs. Der Beamte kann nicht erwarten, dass er aus
Anlass einer verfassungsrechtlich gebotenen Besoldungskorrektur gewissermaßen ohne
eigenes Zutun nachträglich in den Genuss der Befriedigung eines womöglich jahrelang
eigenes Zutun nachträglich in den Genuss der Befriedigung eines womöglich jahrelang
zurückliegenden Unterhaltsbedarfs kommt, den er selbst gegenüber seinem Dienstherrn
zeitnah nicht geltend gemacht hat. Die Alimentation des Beamten erfolgt aus gegenwärtig
zur Verfügung stehenden Haushaltsmitteln. Der Haushaltsplan unterliegt – regelmäßig –
der jährlichen parlamentarischen Bewilligung. Er wird, nach Jahren getrennt, durch das
Haushaltsgesetz festgestellt (Art. 110 Abs. 2 Satz 1 GG). Auch dies spricht gegen die
Annahme einer verfassungsrechtlichen Pflicht zu einem alle Beamten erfassenden
Ausgleich für in der Vergangenheit erfolgte Verletzungen der Alimentationspflicht durch
Inanspruchnahme gegenwärtig verfügbarer Haushaltsmittel. Nach alledem ist eine sich auf
alle betroffenen Beamten erstreckende Korrektur der für verfassungswidrig erklärten
Regelung – unabhängig von den Verjährungsfristen - nur für den Zeitraum gefordert, der
mit dem Haushaltsjahr beginnt, in dem durch die verfassungsgerichtliche Entscheidung die
Verfassungswidrigkeit festgestellt worden ist. Für davor liegende Zeiträume kann sich die
Korrektur dagegen auf diejenigen Beamten beschränken, welche den ihnen von
Verfassungs wegen zustehenden Anspruch auf amtsangemessene Alimentation zeitnah,
also während des laufenden Haushaltsjahres, gerichtlich geltend gemacht haben, ohne
dass über ihren Anspruch schon abschließend entschieden worden ist. Eine später
eintretende Rechtshängigkeit ist unschädlich, wenn die Klage wegen der für ein
erforderliches Vorverfahren benötigten Zeit nicht rechtzeitig erhoben werden konnte
so BVerfG, Beschluss vom 22.03.1990, a.a.O..
An dieser Auffassung hat das Bundesverfassungsgericht im Beschluss vom 24.11.1998
ausdrücklich festgehalten
vgl. BVerfG, Beschluss vom 24.11.1998, a.a.O..
Zwar befassen sich diese Ausführungen mit der Frage, inwieweit der Gesetzgeber
gehalten ist, eine als verfassungswidrig beanstandete Rechtslage auch mit Wirkung für die
Vergangenheit - bezogen auf die Entscheidung des Verfassungsgerichts bzw. das
Haushaltsjahr, in dem diese Entscheidung erging - zu beheben. Die vorliegend in Rede
stehenden Zeiträume 2001 bis 2003 liegen aber nach der Entscheidung des
Bundesverfassungsgerichts. Abzustellen ist indes auf die Entscheidung des Fachgerichts,
das im Rahmen der Vollstreckung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu
prüfen hat, ob nachfolgende gesetzliche Bestimmungen den Verfassungsverstoß beseitigt
haben. Bezogen auf diesen Zeitpunkt handelt es sich um in der Vergangenheit liegende
Zeiträume. Das Bundesverfassungsgericht hat die Verwaltungsgerichte durch die
Vollstreckungsanordnung mit Wirkung vom 01.01.2000 ermächtigt, erhöhte
familienbezogene Gehaltsbestandteile unmittelbar zuzusprechen, sofern nicht der
Gesetzgeber bis 31.12.1999 dem Korrekturauftrag nachkommen sollte. Diese Anordnung
hat das Bundesverfassungsgericht mit denselben Maßgaben verknüpft, die es dem
Gesetzgeber auferlegt hat. Wenn aber der Gesetzgeber grundsätzlich nicht verpflichtet ist,
hinsichtlich eines festgestellten Verfassungsverstoßes Regelungen für die Vergangenheit zu
treffen, soweit der Anspruch auf amtsangemessene Besoldung nicht zeitnah geltend
gemacht worden ist, verbietet sich die Annahme, dass die Verwaltungsgerichte im Rahmen
der Durchführung der Vollstreckungsanordnung befugt seien, hinsichtlich eines in der
Vergangenheit liegenden verfassungswidrigen Besoldungsdefizits zusätzliche kindbezogene
Leistungen auch ohne zeitnahe Geltendmachung der Ansprüche rückwirkend
zuzuerkennen. Die an die Verwaltungsgerichte (und die Dienstherrn) gerichtete
Vollstreckungsanordnung kann nicht weiterreichen als die an den Gesetzgeber gerichtete
Primärverpflichtung. Da im weiteren nach den dargelegten Feststellungen des
Bundesverfassungsgerichts die Alimentation des Beamten durch seinen Dienstherrn
ausdrücklich nur der Befriedigung des gegenwärtigen Bedarfs dient und der Beamte nicht
erwarten kann, dass er aus Anlass einer verfassungsrechtlich gebotenen
Besoldungskorrektur gewissermaßen ohne eigenes Zutun nachträglich in den Genuss der
Befriedigung eines womöglich jahrelang zurückliegenden Unterhaltsbedarfs kommt, können
Begehren auf höhere familienbezogene Leistungen nur zum Erfolg führen, soweit sie von
dem Beamten zeitnah geltend gemacht worden sind
wie hier Hessischer VGH, Beschluss vom 28.08.2006, a.a.O.; siehe
auch OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 15.01.2007, a.a.O.,
dessen Begründung den Schluss nahe legt, dass die zeitnahe
Geltendmachung des Anspruchs für erforderlich angesehen wird;
ebenso VG Bayreuth, Urteil vom 28.04.2006 –B 5 K 04.1257-, zitiert
nach Juris; VG Bremen, Urteil vom 29.09.2005, a.a.O.; VG Stuttgart,
Urteil vom 13.07.2005 –17 K 448/05-; VG Hamburg, Urteil vom
22.06.2005 -10 K 6262/04-, jeweils zitiert nach Juris; a.A. VG
Hannover, Urteil vom 16.11.2006, a.a.O.; VG Darmstadt, Urteile
vom 24.11.2006 - 5 E 2168/05(3) - IÖD 2007, 44 ff., und vom
13.01.2006, a.a.O.; VG Greifswald, Urteil vom 20.10.2005, a.a.O.;
VG Karlsruhe, Urteil vom 26.01.2005, a.a.O..
Ausreichend, aber auch erforderlich für die sonach gebotene zeitnahe Geltendmachung des
Anspruchs ist, dass die Ansprüche innerhalb eines Haushalts- bzw. Kalenderjahres erstmals
verfolgt werden, um ab Beginn des betreffenden Jahres höhere kinderbezogene Leistungen
in Anspruch nehmen zu können. Da der Kläger vorliegend seine Ansprüche auf zusätzliche
familienbezogene Leistungen erst mit Schreiben vom 26.11.2004 verfolgt hat, hat er
hinsichtlich der Jahre 2000 bis 2003 etwaige Ansprüche nicht zeitnah geltend gemacht.
Der Anspruch auf Prozesszinsen ist erst ab Rechtshängigkeit gemäß den §§ 291, 288 BGB
– ein früherer Verzug ist weder dargelegt noch ersichtlich - gegeben. Auch wenn der
Klageantrag zu diesem Zeitpunkt nicht beziffert war, war er nicht zu unbestimmt, um als
Grundlage für Prozesszinsen dienen zu können. Der Anspruch ließ sich nämlich jederzeit
rechnerisch unzweifelhaft ermitteln. Die erforderlichen Berechnungen vorzunehmen ist
aber, wie dargelegt, Aufgabe des Gerichts bzw. des Beklagten
sinngemäß wie hier BVerwG, Urteil vom 17.06.2004, a.a.O., und
OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 15.01.2007, a.a.O..
Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 167 VwGO, 708 Nr.
10 ZPO.
Die Revision ist zuzulassen, soweit Ansprüche des Klägers auf zusätzliche kindbezogene
Leistungen für die Jahre 2000 bis 2003 abgelehnt wurden; insoweit kommt der Sache
grundsätzliche Bedeutung (§132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zu. Im Übrigen sind mit Blick auf die
Rechtsprechung des Bundesverfassungs- und des Bundesverwaltungsgerichts die
Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§§ 132 Abs. 2 VwGO, 127 BRRG) nicht
erfüllt.