Urteil des OVG Saarland vom 23.04.2008

OVG Saarlouis: häusliche gemeinschaft, uvg, stadt, ablauf der frist, australien, eheliche gemeinschaft, trennung, heirat, getrenntleben, lebensgemeinschaft

OVG Saarlouis Urteil vom 23.4.2008, 3 A 307/07
Unterhaltsvorschuss; Manifestation des Trennungswillens; Rückforderung überzahlter
Leistungen
Leitsätze
Der zur Feststellung eines dauernden Getrenntlebens i.S.d. § 1 Abs. 2 UVG zu ermittelnde
Trennungswille ist keine rechtsgeschäftliche Erklärung gegenüber dem Ehepartner, er kann
auch konkludent geäußert werden. In Fällen, in denen noch Kontakt zum Ehegatten -
eventuell auch nur in Form eines Briefkontakts - besteht, reichen Signale, die nur ein Dritter
wahrnehmen kann, zur Manifestation eines Trennungswillens in aller Regel nicht aus,
sondern es kommt zumindest ganz wesentlich auf das Verhalten gegenüber dem
Ehepartner an.
Die Ersatzpflicht nach § 5 UVG ist materiellrechtlich zu beurteilen und auf den Zeitraum zu
begrenzen, in dem die Voraussetzungen für Unterhaltsvorschussleistungen objektiv nicht
vorgelegen haben. Kann ab einem bestimmten Zeitpunkt ein dauerndes Getrenntleben der
Eheleute i.S.d. § 1 Abs.2 UVG festgestellt werden und werden somit die
Leistungsvoraussetzungen nach § 1 Abs.1 UVG erneut erfüllt, ist eine fehlende
Antragstellung ab diesem Zeitpunkt ohne Belang.
Die Erteilung einer konkreten wahrheitswidrigen oder unrichtigen Auskunft stellt keine
anspruchs-ausschließende Verweigerung der Erteilung einer Auskunft i.S.d. § 1 Abs.3 UVG
dar.
Tenor
Unter Teilabänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 27. Januar
2006 – 6 K 134/05 – wird der Bescheid des Beklagten vom 21.5.2003 in Gestalt des
aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 27.2.2004 ergangenen
Widerspruchsbescheides insoweit aufgehoben, als darin Unterhaltsvorschussleistungen für
den Zeitraum 1.1.2003 bis 30.4.2003 in Höhe von 444,-- Euro zurückgefordert werden.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Das Verfahren ist gerichtskostenfrei; die außergerichtlichen Kosten fallen der Klägerin zu ¾
und dem Beklagten zu ¼ zur Last.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin wendet sich gegen die Rückforderung von Leistungen nach dem
Unterhaltsvorschussgesetz (UVG).
Mit Bescheid vom 6.5.1999 gewährte der Funktionsvorgänger des Beklagten der Klägerin
für ihre am 9.3.1999 geborene Tochter D. für die Zeit ab 9.3.1999, höchstens für
insgesamt 72 Monate, Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz in Höhe von
monatlich 224,-- DM (114,53 EUR). In dem Bescheid ist u.a. ein Hinweis auf die
Verpflichtung enthalten, alle Änderungen, die für den Anspruch auf Unterhaltsleistungen
von Bedeutung sind, unverzüglich mitzuteilen, insbesondere Heirat oder Umzug oder wenn
sich das Kind nicht mehr in ihrem Haushalt befindet, und dass zu Unrecht gezahlte
Unterhaltsleistungen zurückgezahlt werden müssen, besonders dann, wenn vorsätzlich
oder fahrlässig falsche oder unvollständige Angaben gemacht oder Änderungen nicht
angezeigt würden. Mit Änderungsbescheiden vom 20.12.1999, vom 21.6.2001 und vom
Dezember 2001 wurden der Klägerin die jeweils geänderte Höhe der monatlichen
Auszahlungsbeträge mitgeteilt.
Im Rahmen der jährlichen Überprüfung der Anspruchsvoraussetzungen forderte der
Funktionsvorgänger des Beklagten die Klägerin mit Schreiben vom 21.6.2001 und vom
8.5.2002 zur Beantwortung jeweils eines Fragebogens auf, dem die Belehrung über die
Pflicht zu Änderungsmitteilungen beigefügt war. In dem am 16.5.2002 bei dem
Funktionsvorgänger des Beklagten eingegangenen, von der Klägerin unterzeichneten
Fragebogen kreuzte diese die Frage unter Ziff. 4, ob sie nach der Antragstellung auf
Unterhaltsvorschuss geheiratet habe, mit „nein“ an. Die Frage unter Ziff. 8, ob sie mit
ihrem Ehemann oder dem anderen Elternteil zusammenlebe, beantwortete sie ebenfalls
mit „nein“.
Mit am 10.4.2003 bei dem Funktionsvorgänger des Beklagten eingegangenen Schreiben
teilte der in Australien lebende Kindesvater (ein neuseeländischer Staatsangehöriger) mit,
dass die Klägerin und er am 3.12.2001 geheiratet hätten. Acht Tage später sei die
Klägerin zusammen mit der gemeinsamen Tochter nach Deutschland zurückgekehrt, um
eine Aufenthaltsgenehmigung zu beantragen. Die Klägerin habe dies verschoben, aber ihm
im Oktober 2002 mitgeteilt, dass sie Ende Januar (2003) zurückkommen werde. Sie habe
im selben Monat auch einen entsprechenden Bestätigungsbrief an seinen Arbeitgeber in
Australien geschickt, damit das dortige subventionierte Familienhaus erhalten werden
könne. Am 29.12.2002 sei er nach Deutschland gereist, um seine Frau und seine Tochter
zu besuchen und deren Rückkehr zu beschleunigen. Hierbei habe die Klägerin ihm eröffnet,
dass sie seit einiger Zeit mit einem anderen Mann ein Verhältnis unterhalte, was für ihn ein
Schock gewesen sei. In einem Telefongespräch vom 7.5.2003 mit dem Beklagten
bestätigte er, dass seine Frau erklärt habe, bei ihrem Freund bleiben zu wollen. Die
Klägerin lebe in A-Stadt bei ihrem neuen Freund. Sie arbeite dort seit Oktober 2002 bei
einem Pharmaunternehmen; das gemeinsame Kind besuche in A-Stadt den Kindergarten.
Ferner gab er an, für sein Kind bis November 2002 regelmäßig Unterhalt bezahlt, hierfür
aber keine Belege zu haben. Trotz einer entsprechenden Ankündigung wurden solche
Belege nie nachgereicht.
Mit Schreiben vom 28.4.2003 forderte der Funktionsvorgänger des Beklagten die Klägerin
mit Blick auf die bekannt gewordene Eheschließung auf, bis zum 12.5.2003 bei ihm
vorzusprechen. Am 16.5.2003 nahm der Prozessbevollmächtigte (und neue
Lebenspartner) der Klägerin Akteneinsicht.
Auf Anfrage teilte die Arbeitgeberin der Klägerin mit, dass diese bei ihr in A-Stadt seit dem
1.9.2002 als Sekretärin beschäftigt sei. Laut Auskunft des Einwohnermeldeamtes vom
7.5.2003 war die Klägerin noch in B-Stadt, B.-Straße, angemeldet, als Zweitwohnsitz war
die Wohnung ihrer Mutter in C.-Stadt angegeben.
Mit an die Klägerin gerichtetem Bescheid vom 21.5.2003 stellte der Funktionsvorgänger
des Beklagten die Unterhaltsvorschussleistungen zum 30.4.2003 ein und forderte die
Klägerin auf, die aufgrund ihrer am 3.12.2001 erfolgten Eheschließung für die Zeit vom
4.12.2001 bis 30.4.2003 erfolgte Überzahlung des Unterhaltsvorschusses in Höhe von
1.886,44 EUR zurückzuzahlen.
Mit Schreiben vom 27.5.2003 teilte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin mit, dass die
Klägerin nach ihrer Anfang Dezember 2001 auf Drängen des Ehemannes in Australien
erfolgten Eheschließung bereits am 11.12.2001 wieder in die Bundesrepublik
zurückgekehrt sei. Bereits im Zeitpunkt ihrer Rückkehr sei sie von dem Gefühl ergriffen
worden, mit der Eheschließung einen schweren Fehler begangen zu haben. Der in dieser
Zeit entstandene Gefühlszwiespalt habe bei ihr depressive Gefühle ausgelöst. Im Februar
2002 habe sie sich in therapeutische Behandlung begeben, in deren Rahmen sie in ihrem
zunächst noch unsicheren Entschluss, nicht nach Australien zu ziehen, bestätigt worden
sei. Allerdings habe sie es in der Folgezeit vermieden, die innerlich bereits weitgehend
vollzogene Trennung dem Kindesvater gegenüber auch in ausreichend deutlicher Form zum
Ausdruck zu bringen. Als sie am 14.5.2002 den übersandten Fragebogen fehlerhaft
ausgefüllt habe, sei sie davon überzeugt gewesen, die eheliche Lebensgemeinschaft, die
etwa 8 Tage bestanden habe, nicht wieder aufzunehmen. Auch sei es ihr unangenehm
gewesen, sich gegenüber der Behörde zu dem prekären Verhältnis gegenüber dem
Kindesvater bzw. über die geschlossene Ehe äußern zu müssen. Im Übrigen sei sie der
Ansicht gewesen, dass sie bzw. ihre Tochter auch im Fall der dauernden Trennung von
dem Ehepartner automatisch weitere Unterhaltsvorschussleistungen beanspruchen
könnten. Ob der Kindesvater vom australischen Sozialamt Kindergeld erhalten habe, sei ihr
nicht bekannt, zumal der Kindesvater entsprechende Beträge nicht an sie weitergeleitet
habe.
In einem diesem Schriftsatz beigefügten eigenen Schreiben der Klägerin vom 25.5.2003
trug diese vor, es sei nicht richtig, dass sie den Kindesvater erst anlässlich seines Besuchs
in Deutschland Ende 2002 über ihre neue Partnerschaft informiert habe. Dem Kindesvater
sei seit Spätsommer 2002 bekannt gewesen, dass sie unter Beibehaltung ihrer Wohnung
in B.-Stadt eine Tätigkeit in A-Stadt aufgenommen und sich ersichtlich unter der Woche in
der Wohnung ihres neuen Partners aufgehalten habe. Dieser habe mehrfach (auch
nächtliche) Anrufe des Kindesvaters entgegengenommen, dem es daher nicht hätte
entgehen können, dass ihre Beziehung nicht derjenigen von Mitgliedern einer
Wohngemeinschaft entsprochen habe. Aus innerer Unsicherheit habe sie es jedoch
versäumt, den Kindesvater rechtzeitig in der gebotenen Eindeutigkeit über dieses
Verhältnis aufzuklären. Dies habe auch daran gelegen, dass die Beziehung zu ihrem neuen
Partner nicht derart gefestigt gewesen sei, dass sie beide bereits entschlossen gewesen
seien, auf Dauer zusammenzuleben. Aus diesem Grunde habe sie auch lange gezögert,
den vertrauten Wohnort B.-Stadt aufzugeben und in die anonyme Großstadt A-Stadt zu
ziehen. Tatsächlich sei sie erst Anfang Mai 2003 nach A-Stadt gezogen. Zudem habe sie
sich davor gefürchtet, dass der Kindesvater bei einer endgültigen Ablehnung der
Übersiedlung nach Australien, wie telefonisch angedroht, den Kontakt zu ihr und der
Tochter ganz abbrechen könnte. Das habe sie so sehr gefürchtet, dass sie geglaubt habe,
dem Kindesvater die veränderte Situation erst behutsam von Angesicht zu Angesicht
mitteilen zu können. Sie habe dem Kindesvater auch im Oktober nicht versprochen, Ende
Januar nach Australien zurückzukehren. Sie habe eine solche Möglichkeit aber auch nicht
deutlich genug ausgeschlossen. Den Bestätigungsbrief an den Arbeitgeber des
Kindesvaters habe sie auf dessen Drängen geschrieben, um dem Kindesvater in seiner
angeschlagenen Verfassung den Verlust des Hauses zu ersparen. Außer gelegentlichen
Geldgeschenken zum Geburtstag, zu Weihnachten oder Ostern habe sie keine finanzielle
Unterstützung von dem Kindesvater erfahren.
Mit am 2.7.2003 eingegangenen Schriftsatz vom 26.6.2003, legte die Klägerin gegen den
ihr laut eigenen Angaben am 28.5.2003 zugegangenen Bescheid vom 21.5.2003
Widerspruch ein. Neben der Rüge fehlender ausreichender Gelegenheit zur Stellungnahme
trotz Ankündigung einer solchen anlässlich der Akteneinsichtnahme machte sie geltend,
dass unabhängig von der erfolgten Eheschließung aufgrund dauernden Getrenntlebens der
Eltern ein Anspruch auf Zahlung von Unterhaltsvorschuss vorgelegen habe bzw. vorliege.
Nach ihrer Rückkehr aus Australien habe sie die eheliche Lebensgemeinschaft nicht wieder
aufgenommen und habe dem Kindesvater anlässlich seines Besuchs in der B.-Stadter
Wohnung um die Jahreswende 2002/2003 mitgeteilt, sie wolle dies auch in Zukunft nicht
tun. Bereits kurz nach ihrer Rückkehr aus Australien habe sich ihr das Gefühl aufgedrängt,
mit der Eheschließung einen Fehler begangen zu haben. Sie sei zwar auch in der Folgezeit
schon mit Rücksicht auf das gemeinsame Kind in telefonischem Kontakt mit dem
Kindesvater geblieben, sie habe aber zu keinem Zeitpunkt konkrete Anstalten
unternommen, wieder zurück nach Australien zu gehen. Im Gegenteil habe sie durch die im
Spätsommer 2002 in A-Stadt erfolgte Arbeitsaufnahme sowie durch den Anfang Mai 2003
vorgenommenen Umzug von B.-Stadt nach A-Stadt auch nach außen hin kenntlich
gemacht, dass eine Rückkehr nach Australien und damit die Aufnahme der ehelichen
Lebensgemeinschaft mit dem Kindesvater von ihr nicht beabsichtigt gewesen sei. Es treffe
nicht zu, dass sie seit 2002 ihren Lebensmittelpunkt in A-Stadt gehabt habe. Tatsache sei,
dass sie ihre Wohnung in B.-Stadt samt vollständiger Einrichtung bis zu ihrem Umzug
Anfang Mai 2003 aufrechterhalten und dort auch regelmäßig die Wochenenden, Feiertage
und Ferien verbracht habe. Sie sei im Frühjahr 2003 unschlüssig gewesen, ob sie in die von
ihr als anonym und eher als abweisend empfundene Großstadt A-Stadt umziehen sollte.
Die Aufnahme der Arbeit als Sekretärin sei zunächst nicht in der Absicht erfolgt, diese vor
dem Hintergrund ihrer Ausbildung als Soziologin nicht gerade anspruchsvolle Tätigkeit über
einen längeren Zeitraum auszuüben. Auch der Aufenthalt in der Wohnung ihres
Bevollmächtigten sei von vorneherein als Provisorium gedacht gewesen.
Mit aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 27.2.2004 ergangenem
Widerspruchsbescheid wurde der Widerspruch der Klägerin, die seit dem 1.5.2003
Unterhaltsvorschussleistungen von der Stadt A-Stadt erhält, zurückgewiesen. Zur
Begründung ist ausgeführt, entgegen der von der Klägerin auf dem Antrag
unterschriebenen Verpflichtung „alle Änderungen unverzüglich mitzuteilen, die für die
Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz von Bedeutung sind“, habe diese ihre
Mitwirkungspflicht verletzt, indem sie weder ihre Heirat noch den Umstand, dass sie seit
September 2002 in A-Stadt ihren Lebensmittelpunkt besitze, mitgeteilt habe. Es komme
auch nicht darauf an, dass die Klägerin nach ihrem Vortrag von ihrem Ehemann nach einer
gewissen Zeit dauerhaft getrennt gelebt habe und somit möglicherweise dennoch einen
Anspruch auf Unterhaltsvorschuss geltend machen könnte. Denn sie habe durch ihr
Untätigbleiben und die Nichtmitteilung der Veränderung ihres Lebensmittelpunkts nach A-
Stadt zumindest fahrlässig gegen die von ihr akzeptierte Mitteilungspflicht verstoßen.
Selbst wenn es zutreffend sein sollte, dass die Klägerin und der Kindesvater nicht lange
zusammengelebt hätten, stehe fest, dass die Klägerin ihren eigentlichen Lebensmittelpunkt
von B.-Stadt nach A-Stadt verlegt habe. Daher sei der Beklagte zur Einstellung (der
bisherigen Unterhaltsvorschussleistungen) und Rückforderung der vom 4.12.2001 bis
30.4.2003 geleisteten Unterhaltsvorschussbeträge berechtigt gewesen. Aufgrund des
Verhaltens der Klägerin habe keine Möglichkeit der erneuten Überprüfung bestanden, ob
die Klägerin nach ihren persönlichen Veränderungen in Bezug auf die Heirat und die
Wohnsitzänderung weiterhin Unterhaltsvorschuss habe beanspruchen können.
Der Widerspruchsbescheid ist am 26.3.2004 zugestellt worden. Am 26.4.2004 hat die
Klägerin Klage erhoben. Zur Begründung hat die Klägerin ihr Vorbringen im
Verwaltungsverfahren teils wiederholend, teils ergänzend vorgetragen, sie habe, nachdem
sie unmittelbar nach ihrer Eheschließung Australien verlassen habe, die eheliche
Lebensgemeinschaft mit ihrem Ehemann nicht mehr aufgenommen. Aus ihrem Schreiben
vom 9.10.2002 an das in Australien für die Verteilung von Lehrerwohnungen zuständige
Komitee könne nicht gefolgert werden, dass sie die häusliche Gemeinschaft mit dem
Kindesvater habe wiederherstellen wollen. Die Ehe mit dem Kindesvater sei
zwischenzeitlich durch Urteil des Amtsgerichts A-Stadt vom 14.12.2004 geschieden
worden, in dem als Trennungszeitpunkt Mitte Dezember 2001 angegeben sei. Die Frage,
ob sie bereits im September 2002 einen dauerhaften Lebensmittelpunkt in A-Stadt
begründet habe, sei nicht ex post, sondern nach den Intentionen und Umständen im
Zeitpunkt der Arbeitsaufnahme zu bestimmen. Zwar habe sie ab September 2002 in A-
Stadt eine Arbeit aufgenommen und für ihre Tochter einen Kindergartenplatz besorgt, dies
sei aber – wie bereits dargelegt – nicht bereits in der Absicht geschehen, nunmehr ihren
Lebensmittelpunkt auf Dauer nach A-Stadt zu verlegen. Die Tätigkeit als Sekretärin sei von
vorneherein als Gelegenheitsjob gedacht gewesen, bis sie sich Klarheit über ihre spätere
Lebensplanung verschafft habe. Der Kindergartenbesuch der Tochter in A-Stadt sei eine
Konsequenz der Arbeitsaufnahme gewesen. Bis zur Anmietung ihrer jetzigen Wohnung
zum Mai 2003 sei ihr noch nicht klar gewesen, ob sie in A-Stadt für einen längeren
Zeitraum habe wohnen wollen. Auch habe das Stadtschulamt der Stadt A-Stadt einen von
ihr gestellten Antrag auf Ermäßigung des Elternentgeltes für den Zeitraum vom 10.9.2002
bis zum 30.4.2003 mit dem Hinweis darauf zurückgewiesen, dass der Wohnsitz erst im
Mai 2003 nach A-Stadt verlegt worden sei.
Die Vorschriften des § 5 und § 6 UVG seien unter Heranziehung der §§ 45 und 48 SGB X
auszulegen. Danach müssten die unrichtigen Angaben kausal für die Fehlerhaftigkeit des
Verwaltungsaktes gewesen sein, damit dieser aufgehoben werden könne.
Die Klägerin hat schriftsätzlich beantragt,
1. den Bescheid des Beklagten vom 21.5.2003 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 27.2.2004 aufzuheben,
2. die Hinzuziehung des Prozessbevollmächtigten der Klägerin im
Vorverfahren für notwendig zu erklären.
Der Funktionsvorgänger des Beklagten hat schriftsätzlich beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er trägt vor, mit der Heirat der Klägerin sei der Anspruch auf Zahlung von Leistungen nach
dem Unterhaltsvorschussgesetz entfallen. Um weiterhin Leistungen beziehen zu können,
hätte die Klägerin einen neuen, den geänderten Verhältnissen Rechnung tragenden Antrag
stellen müssen. Ein Anspruch auf Unterhaltsvorschussleistungen habe auch nicht aufgrund
des Merkmals „getrennt lebend“ bestanden, da davon auszugehen sei, dass die häusliche
Gemeinschaft hätte wiederhergestellt werden sollen. Selbst wenn ein Getrenntleben
anzunehmen sei, so läge der Ausschlussgrund nach § 1 Abs. 3 UVG vor, nach dem der
Anspruch bei einer Auskunftsverweigerung ausgeschlossen sei. Die unzutreffenden
Angaben auf dem Fragebogen stellten der Sache nach eine Auskunftsverweigerung dar.
Daher sei zumindest ab dem Zeitpunkt der Rücksendung des Fragebogens (15.5.2002)
kein Anspruch mehr gegeben. Auch für den Zeitraum vom 3.12.2001 bis 14.5.2002 liege
eine Auskunftsverweigerung und damit ein den Anspruch ausschließender Tatbestand nach
§ 1 Abs. 3 UVG vor, da die Klägerin trotz der ihr bekannten Mitteilungspflicht die
veränderten Verhältnisse nicht mitgeteilt habe.
Mit Urteil vom 27.1.2006 – 6 K 134/05 – hat das Verwaltungsgericht die Klage
abgewiesen.
Rechtliche Grundlage für die Rückforderung der der Klägerin für ihre Tochter gewährten
Unterhaltsvorschussleistungen sei § 5 Abs. 1 UVG. Nach dieser Vorschrift habe der
Elternteil, bei dem der Berechtigte lebe, oder der gesetzliche Vertreter des Berechtigten
den geleisteten Betrag zu ersetzen, wenn die Voraussetzungen für die Zahlung der
Unterhaltsleistung in dem Kalendermonat, für den sie gezahlt worden sei, nicht vorgelegen
hätten, soweit er die Zahlung der Unterhaltsleistung dadurch herbeigeführt habe, dass er
vorsätzlich oder fahrlässig falsche oder unvollständige Angaben gemacht oder eine Anzeige
nach § 6 unterlassen habe (Nr. 1) oder gewusst oder infolge Fahrlässigkeit nicht gewusst
habe, dass die Voraussetzungen für die Zahlung der Unterhaltsleistung nicht erfüllt
gewesen seien (Nr. 2).
Die genannten Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 UVG lägen hier vor.
Zunächst seien die Voraussetzungen für die Zahlung von Unterhaltsleistungen für den
gesamten streitgegenständlichen Zeitraum nicht gegeben.
Mit der Eheschließung der Klägerin am 3.12.2001 habe dem Anspruch der Tochter der
Klägerin auf Gewährung von Unterhaltsvorschussleistungen die Regelung des § 1 Abs. 1
Nr. 2 UVG entgegengestanden. Hiernach sei die Gewährung der Leistung u.a. davon
abhängig, dass der Berechtigte bei einem seiner Elternteile lebe, der ledig, verwitwet oder
geschieden sei oder von seinem Ehegatten dauernd getrennt lebe. Unstreitig habe die
Klägerin mit ihrem damaligen Ehegatten nach ihrer Eheschließung noch bis zum
11.12.2001 in häuslicher Gemeinschaft gelebt, so dass hinsichtlich dieses Zeitraums die
Voraussetzungen für die Gewährung von Unterhaltsvorschussleistungen unzweifelhaft nicht
mehr erfüllt gewesen seien.
Entgegen der Ansicht der Klägerin sei auch für den Zeitraum nach ihrer am 11.12.2001
erfolgten Abreise aus Australien ohne ihren Ehegatten nicht davon auszugehen, dass sie
von ihrem Ehegatten „dauernd getrennt“ gelebt habe. Nach § 1 Abs. 2 UVG gelte ein
Elternteil, bei dem das Kind lebe, als dauernd getrennt lebend im Sinne des Absatzes 1 Nr.
1, wenn im Verhältnis zum Ehegatten oder Lebenspartner ein Getrenntleben im Sinne des
§ 1567 BGB vorliege. Nach § 1567 Abs. 1 Satz 1 BGB lebten die Ehegatten getrennt,
wenn zwischen ihnen keine häusliche Gemeinschaft bestehe und ein Ehegatte sie
erkennbar nicht herstellen wolle, weil er die eheliche Lebensgemeinschaft ablehne.
Unzweifelhaft habe seit dem 12.12.2001 zwischen der Klägerin und ihrem Ehemann keine
eheliche Lebensgemeinschaft mehr bestanden. Es könne jedoch nicht davon ausgegangen
werden, dass seit diesem Zeitpunkt auch ein Trennungswille bei einem der Partner
erkennbar vorgelegen habe. Dem insoweit von der Klägerin nicht in Abrede gestellten
Vorbringen ihres geschiedenen Ehegatten sei zu entnehmen, dass die Klägerin die eheliche
Lebensgemeinschaft zunächst deshalb aufgegeben habe, um von Deutschland aus die
Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung für Australien zu beantragen. Da die Eheleute die
eheliche Gemeinschaft zunächst hätten noch herstellen wollen, jedoch erst die
ausländerrechtlichen Voraussetzungen hierfür hätten veranlasst werden müssen, könne
von einem dauernden Getrenntleben ab dem Zeitpunkt der Abreise der Klägerin nicht
gesprochen werden.
Auch für den Zeitraum ab Februar 2002 sei keine andere Betrachtungsweise geboten.
Zwar habe die Klägerin vorgetragen, sie sei zu diesem Zeitpunkt im Rahmen einer
therapeutischen Behandlung in ihrem zunächst noch unsicheren Entschluss bekräftigt
worden, nicht mehr zu ihrem Ehegatten zurückzukehren. Allein hierin könne aber noch kein
erkennbarer Trennungswille gesehen werden, da die Klägerin selbst eingeräumt habe, sie
habe es vermieden, diese innerlich weitgehend vollzogene Trennung ihrem Ehegatten
gegenüber in ausreichend deutlicher Form zum Ausdruck zu bringen. Ein nach außen
dokumentierter Trennungswille sei aber in den Fällen, in denen der Trennungswille zu einer
bereits bestehenden, von den Ehepartnern hingenommenen Trennung zu einem späteren
Zeitpunkt hinzutrete, erforderlich. Da der Ehegatte der Klägerin von dem bei ihr
vorhandenen Trennungswillen zunächst weder durch entsprechende Erklärungen noch
durch irgendwelche Handlungen Kenntnis erlangt habe, könne von einem dauernden
Getrenntleben ab Februar 2002 noch nicht ausgegangen werden, so dass auch nach
diesem Zeitpunkt die Voraussetzungen für die Gewährung von
Unterhaltsvorschussleistungen nicht vorlägen.
Die Frage, ob im Falle der Eheleute ein dauerndes Getrenntleben bereits ab Spätsommer
2002 angenommen werden könne, weil nach Darstellung der Klägerin ihrem Ehemann ihr
Trennungswille spätestens ab diesem Zeitpunkt hätte bekannt sein müssen, da er gewusst
habe, dass sie in A-Stadt eine Arbeit aufgenommen und unter der Woche bei ihrem neuen
Partner gelebt habe, oder ob der Trennungswille ihrem Ehemann erst anlässlich seines
Besuches im Dezember 2002 hinreichend deutlich erkennbar geworden sei, infolge der
Mitteilung, eine Aufnahme der ehelichen Lebensgemeinschaft nicht mehr zu beabsichtigen,
könne letztlich dahingestellt bleiben. Denn jedenfalls sei der Anspruch auf
Unterhaltsleistungen schon seit dem 16.5.2002 gemäß § 1 Abs. 3 UVG ausgeschlossen.
Nach dieser Vorschrift bestehe u.a. dann kein Anspruch auf Unterhalt nach dem
Unterhaltsvorschussgesetz, wenn der in Abs. 1 Nr. 2 bezeichnete Elternteil sich weigere,
die Auskünfte, die zur Durchführung dieses Gesetzes erforderlich seien, zu erteilen. Eine
Weigerung zur Auskunftserteilung im Sinne der Vorschrift liege vor, wenn der betreuende
Elternteil es ablehne, bei ihm vorhandenes, zur Durchführung des Gesetzes als
Entscheidungsgrundlage erforderliches Wissen der zuständigen Stelle auf deren
Anforderung hin mitzuteilen. Zur Durchführung des Unterhaltsvorschussgesetzes
erforderlich seien alle Auskünfte über die im Antragsvordruck oder im
Überprüfungsfragebogen gestellten Fragen, die zur Feststellung des Anspruchs auf
Unterhaltsleistung benötigt würden.
Indem die Klägerin die im Überprüfungsfragebogen gestellte Frage, ob sie nach
Antragstellung auf Unterhaltsleistungen geheiratet habe, objektiv wahrheitswidrig verneint
habe, habe sie sich ungeachtet der hierfür vorgetragenen persönlichen Motive im
dargelegten Sinne geweigert, der zuständigen Stelle die zur Durchführung des Gesetzes
erforderlichen Auskünfte zu erteilen.
Aufgrund dieser wahrheitswidrigen Erklärung der Klägerin sei der Anspruch auf Leistungen
nach dem Unterhaltsvorschussgesetz jedenfalls seit Eingang der Erklärung bei dem
Beklagten am 16.5.2002 nach § 1 Abs. 3 UVG ausgeschlossen gewesen.
Mithin hätten im Sinne des § 5 Abs. 1, 1. Halbsatz UVG während des gesamten
streitgegenständlichen Zeitraums die Voraussetzungen für die Zahlung von
Unterhaltsvorschuss nicht vorgelegen und habe die Klägerin die in diesem Zeitraum
geleisteten Beträge zu ersetzen, weil sie die Weiterzahlung der
Unterhaltsvorschussleistungen jedenfalls dadurch herbeigeführt habe, dass sie zumindest
fahrlässig falsche Angaben gemacht bzw. eine nach § 6 Abs. 4 UVG erforderliche Anzeige
unterlassen habe (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 UVG). Gemäß § 6 Abs. 4 UVG sei die Klägerin
verpflichtet gewesen, Änderungen in den Verhältnissen, die für die Leistung erheblich oder
über die im Zusammenhang mit der Leistung Erklärungen abgegeben worden seien,
unverzüglich mitzuteilen. Ihre Heirat sei, wie sich aus § 1 Abs. 1 Nr. 2 UVG ergebe, eine
solche für die Leistungsgewährung erhebliche Tatsache.
Durch das Unterlassen einer Anzeige sowie durch ihre später erfolgten falschen Angaben in
dem Überprüfungsfragebogen hinsichtlich ihrer Eheschließung habe die Klägerin mindestens
fahrlässig im Sinne des § 276 Abs. 1 Satz 2 BGB gehandelt, denn ihr hätte die
Rechtserheblichkeit der Tatsache der Eheschließung für die Gewährung von
Unterhaltsvorschussleistungen bekannt sein müssen. Die Klägerin sei in dem
Bewilligungsbescheid vom 6.5.1999 nämlich ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass
sie verpflichtet sei, alle Änderungen, die für den Anspruch auf Unterhaltsleistungen von
Bedeutung seien, unverzüglich mitzuteilen, wobei eine Heirat als insbesondere
mitteilungspflichtig bezeichnet worden sei. Soweit die Klägerin der irrigen Auffassung
gewesen sei, ihrer Tochter stehe der Anspruch auf Unterhaltsvorschussleistungen trotz der
Eheschließung zu, vermöge dieser Irrtum angesichts der eindeutig formulierten
Verpflichtung zur Mitteilung dieser rechtserheblichen Tatsache die Verletzung ihrer
Sorgfaltspflichten nicht auszuräumen. Vielmehr hätte für die Klägerin zumindest ein Anlass
bestanden, bei dem Beklagten nachzufragen, ob der Umstand der Eheschließung
Auswirkungen auf den Unterhaltsvorschussanspruch habe. Dadurch, dass die Klägerin ihre
Eheschließung zunächst nicht bei dem Beklagten angezeigt und später in dem
Überprüfungsfragebogen falsche Angaben zu ihrem Familienstand gemacht habe, habe die
Klägerin die weitere Zahlung von Unterhaltsvorschussleistungen durch den Beklagten
bewirkt, obwohl die Voraussetzungen für die Gewährung nicht mehr vorgelegen hätten.
Gegen das ihr am 6.2.2006 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 6.3.2006 einen Antrag
auf Zulassung der Berufung gestellt, der mit am 6.4.2006 eingegangenen Schriftsatz
begründet wurde.
Mit der Klägerin am 14.6.2007 zugestellten Beschluss des Senats vom 8.6.2007 wurde
die Berufung wegen ernstlicher Richtigkeitszweifel im Hinblick auf die Frage, ob die Abgabe
falscher Angaben durch die Klägerin eine Verweigerung der Auskunftserteilung i.S.d. § 1
Abs. 3 UVG darstelle, zugelassen.
Nachdem eine Berufungsbegründung bis zum Ablauf der Begründungsfrist nicht
eingegangen war, erfolgte unter dem 19.7.2007 ein entsprechender gerichtlicher Hinweis.
Mit am 23.7.2007 per Fax eingegangenen Schreiben stellte die Klägerin einen Antrag auf
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hinsichtlich der versäumten
Berufungsbegründungsfrist.
Zur Begründung dieses Antrags gab sie an, ihr Prozessbevollmächtigter habe die bei ihm
seit 1.5.2002 als Rechtsanwaltsfachangestellte beschäftigte Frau X., die ausweislich
regelmäßiger Kontrollen nach kurzer Einarbeitungszeit den Kalender bislang fehlerfrei
geführt und die Fristen sorgfältig überwacht habe, bereits bei Eingang des Beschlusses am
14.6.2007 angewiesen, die Frist im Kalender zu notieren. Die Überwachung von Notfristen
sei so organisiert, dass der sachbearbeitende Rechtsanwalt den Ablauf der Notfrist
eigenständig überprüfe und den Vorgang der zuständigen Büroangestellten mit dem
Hinweis weiterleite, die Frist in einem Fristenkalender zu notieren. Die Angestellte notiere
sodann den Fristablauf, trage zusätzlich eine Woche vor Fristablauf eine Vorfrist ein, beides
jeweils mit einem auffälligen Hinweis versehen. Außerdem werde die Eintragung im
Fristenkalender in den Handakten vermerkt. Bei Ablauf der Vorfrist werde die Sache dem
sachbearbeitenden Rechtsanwalt mit einem sogenannten „Fristenzettel“ mit dem
auffälligen Vermerk auf die in einer Woche ablaufende Frist gesondert vorgelegt. Am Tag
vor Ablauf der Frist werde die Sache erneut dem sachbearbeitenden Rechtsanwalt mit
einem „Fristenzettel“ vorgelegt, in dem der Fristablauf deutlich sichtbar vermerkt sei. Am
Morgen des Fristablaufs werde die Erledigung von der Büroangestellten überprüft und die
Sache, wenn sie noch nicht erledigt sei, noch einmal mit einem augenfälligen
handschriftlichen Hinweis auf den Fristlablauf gesondert vorgelegt. Vor Büroschluss werde
kontrolliert, ob alle Fristsachen erledigt seien, erst dann werde die Frist im Fristenkalender
als erledigt notiert. Die Eintragung und die Kontrolle der Fristen sowie die Vorlage der mit
einem Fristenzettel versehenen Akte an den sachbearbeitenden Rechtsanwalt obliege der
o.g. Angestellten X..
Im vorliegenden Fall habe Frau X. entsprechend der Anweisung des Unterzeichners sowohl
die Vorfrist als auch den Fristablauf sowohl in der Handakte als auch im Fristenkalender
vermerkt.
Entgegen der Anweisung des Unterzeichners habe Frau X. dem Unterzeichner die Akte mit
dem „Fristenzettel“ weder eine Woche vor Fristablauf noch am Tag vor Ablauf der Frist
bzw. am Tag des Fristablaufs vorgelegt. Erst am 17.7.2007 sei Frau X. aufgefallen, dass
sie für die Akte A./Stadtverband Saarbrücken keinen Fristenzettel ausgedruckt und die Akte
dem Unterzeichner weder zum Zeitpunkt der Vorfrist noch danach vorgelegt habe. Auch
habe sie offensichtlich die von ihr eingetragenen Fristen (Vorfrist und Fristablauf)
versehentlich übersehen bzw. keine Endkontrolle anhand des Fristenkalenders
vorgenommen.
Zur Glaubhaftmachung legt der Prozessbevollmächtigte der Klägerin eine eidesstattliche
Versicherung der Angestellten X. sowie – auf gerichtliche Anfrage – eine Kopie des in der
Handakte enthaltenen Zulassungsbeschlusses mit der handschriftlichen Fristennotierung
durch Frau X. sowie zwei Ausdrucke des elektronischen Fristenkalenders, einmal für den
6.7.2007 (Vorfrist) und einmal für den 13.7.2007 vor, auf welchen das Fristende
16.7.2007 notiert ist. Er erklärt weiter, das Versäumnis sei bereits am 17.7.2007 und
nicht erst aufgrund des am 23.7.2007 eingegangenen richterlichen Hinweises festgestellt
worden, was durch eine auf eine Anfrage vom 20.7.2007 an die Haftpflichtversicherung
ergangene Bestätigung der Haftpflichtversicherung belegt werden könne. Ein
Organisationsverschulden liege nicht vor.
In der Sache begründete die Klägerin die zugelassene Berufung im Wesentlichen unter
Wiederholung ihres Vorbringens im Berufungszulassungsverfahren und in erster Instanz und
hebt hervor, das Verwaltungsgericht habe mit Blick auf die Erkennbarkeit eines
Trennungswillens nicht hinreichend berücksichtigt, dass sie keinen
Aufenthaltsgenehmigungsantrag für Australien gestellt noch sonstige Tätigkeiten für eine
Übersiedlung dorthin entfaltet habe. Einer ausdrücklichen Erklärung gegenüber ihrem
Ehemann habe es nicht bedurft. Der Anspruch auf Unterhaltsvorschuss sei auch nicht
aufgrund der fehlerhaften Beantwortung des Fragebogens im Mai 2002 entfallen. Eine
Auskunftsverweigerung sei nur dann anzunehmen, wenn sie sich geweigert hätte, den
Fragebogen ganz oder teilweise auszufüllen. Die Abgabe falscher Angaben oder die
unterlassene Mitteilung von Änderungen erfülle nicht den Tatbestand der
Auskunftsverweigerung nach § 1 Abs. 3 UVG, der unter Heranziehung der §§ 45, 48 SGB X
zu interpretieren sei. Danach müssten die unrichtigen Angaben kausal für die
Fehlerhaftigkeit des Verwaltungsaktes gewesen sein. Daran fehle es, wenn die
Vollständigkeit und Richtigkeit der Angaben unterstellt, dieselbe begünstigende
Entscheidung getroffen worden wäre. Schließlich sei erstinstanzlich nicht gewürdigt
worden, dass dem Beklagten bereits vor Bescheiderlass – besonders infolge der E-Mail des
Ehemannes vom 8.4.2003 – hinreichende Informationen darüber gehabt habe, dass die
Eheleute nach der Rückkehr der Klägerin kurz nach der Heirat im Dezember 2001 bis zu
dem Besuch des Ehemannes im Dezember 2002 keine eheliche Gemeinschaft mehr
geführt hätten. Bereits aus dem Umstand der einjährigen Trennung hätte der Beklagte
ableiten müssen, dass ein dauerhaftes Getrenntleben vorliege.
Die Klägerin beantragt,
1. ihr hinsichtlich der versäumten Berufungsbegründungsfrist
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren,
2. unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils den Bescheid vom
21.5.2003, in der Gestalt des aufgrund der mündlichen Verhandlung
vom 27.2.2004 ergangenen Widerspruchsbescheides, aufzuheben,
3. die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten im
Widerspruchsverfahren für notwendig zu erklären.
Der Beklagte beantragt,
1. den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand
zurückzuweisen.
2. die Berufung zurückzuweisen.
Er wendet hinsichtlich der Wiedereinsetzung ein, es handele sich um ein
Organisationsverschulden des Prozessbevollmächtigten der Klägerin. Auch sei kaum
vorstellbar, dass einer erfahrenen, sorgfältig ausgewählten Bürokraft ein derartiger Fehler
passiere, dass ein sogenannter Fristenzettel weder eine Woche vor Fristablauf, noch am
Tag vor Ablauf der Frist, noch am Tag des Fristablaufs selbst vorgelegt werde und
außerdem noch die Endkontrolle unterlassen wurde.
In der Sache wiederholt er im Wesentlichen seine bisherigen Ausführungen und betont,
entscheidend sei, dass durch die Heirat und die häusliche Gemeinschaft bis zum
11.12.2001 – anspruchsvernichtend – die Voraussetzungen auf
Unterhaltsvorschussleistungen nicht mehr erfüllt gewesen seien; die Klägerin hätte daher
ab dem Zeitpunkt, ab dem die Anspruchsvoraussetzungen wieder vorgelegen hätten, einen
erneuten schriftlichen Antrag gemäß § 9 Abs. 1 UVG stellen müssen. Ein erkennbarer
Trennungswille habe zumindest bis Spätsommer 2002 nicht vorgelegen. Zwar sei eine
ausdrückliche Mitteilung an den anderen Ehegatten nicht erforderlich; der andere müsse
aber Kenntnis von den Fakten erhalten, möge er auch trotz Unmissverständlichkeit falsche
Schlüsse ziehen. Bis zum Spätsommer 2002 habe der geschiedene Ehemann aber
keinerlei derartige Kenntnis von Fakten gehabt. Die Klägerin habe insoweit selbst bekundet,
sie habe es vermieden, die innerlich bereits weitgehend vollzogene Trennung auch in
hinreichend deutlicher Form zum Ausdruck zu bringen. Sie habe geglaubt, ihrem
(damaligen) Ehemann die veränderte Beziehungssituation richtig erst bei seinem Besuch im
Dezember 2002 behutsam mitteilen zu können. Tatsächlich sei ihr Trennungswille auch
erst bei diesem Besuch zum Ausdruck gekommen.
Aber auch von diesem Zeitpunkt an bis zur Einstellung der Unterhaltsvorschussleistungen
sei ein Anspruch gemäß § 1 Abs. 3 UVG ausgeschlossen.
Eine Weigerung der Auskunftserteilung im Sinne dieser Vorschrift liege vor, wenn der
betreuende Elternteil es ablehne, bei ihm vorhandenes, zur Durchführung des Gesetzes als
Entscheidungsgrundlage erforderliches Wissen der zuständigen Stelle auf deren
Anforderung mitzuteilen. Auch der Elternteil, der falsche Angaben mache, lehne derartiges
ab. § 1 Abs. 3 UVG normiere auch die Mitwirkungspflicht. Die Vornahme der
Mitwirkungshandlung sei Entstehungsvoraussetzung für den Anspruch auf
Unterhaltsvorschuss. Es könne nicht sein, dass der Anspruchsausschluss nach § 1 Abs. 3
UVG dadurch umgangen werden könne, dass statt einer Auskunftsverweigerung
unzutreffende Angaben gemacht würden. Auf die Frage einer Kausalität komme es nicht
an, da es sich bei § 1 Abs. 3 UVG um eine abschließende Sonderregelung handele.
Wegen des Sachverhalts im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der
beigezogenen Verwaltungsakten Bezug genommen, der zum Gegenstand der mündlichen
Verhandlung gemacht wurde.
Entscheidungsgründe
Die vom Senat zugelassene Berufung ist zulässig.
Der Klägerin ist gemäß § 60 Abs. 1 VwGO Wiedereinsetzung in den vorigen Stand
hinsichtlich der von ihr versäumten Frist zur Begründung der Berufung nach § 124 a Abs. 6
VwGO zu gewähren.
Gemäß § 60 Abs. 1 VwGO ist – wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine
gesetzliche Frist einzuhalten – auf entsprechenden Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen
Stand zu gewähren.
Eigenes Verschulden der Klägerin scheidet aus und ein gemäß § 173 S. 1 VwGO i.V.m § 85
Abs. 2 ZPO ihr zurechenbares Verschulden ihres Prozessbevollmächtigten liegt nicht vor.
Die zur Begründung des – den formellen Anforderungen des § 60 Abs. 2 VwGO
entsprechenden - Wiedereinsetzungsantrags vorgetragenen und durch eine eidesstattliche
Versicherung sowie Belege aus der Handakte und dem Fristenkalender glaubhaft
gemachten Tatsachen ergeben, dass das Fristversäumnis auf einem Versehen im Büro
ihres Prozessbevollmächtigten beruht, das der Klägerin nicht als Verschulden zuzurechnen
ist.
Das Verschulden von Hilfspersonen eines Bevollmächtigten, insbesondere von
Büropersonal, ist diesem (und damit dem von ihm Vertretenen) nicht zuzurechnen, es sei
denn, es liegt ein Organisationsmangel vor. Ein solcher kann darin bestehen, dass der
Bevollmächtigte die Hilfsperson nicht mit der erforderlichen Sorgfalt ausgewählt und
angeleitet hat und/oder dass er nicht durch eine zweckmäßige Büroorganisation
insbesondere hinsichtlich der Fristen- und Terminüberwachung sowie der Ausgangskontrolle
das Erforderliche zur Verhinderung von Fristversäumnissen getan hat
hierzu etwa Kopp/Schenke, VwGO, 15. Aufl. § 60 Rdnr. 21 m.w.N..
Bei nicht einfach zu handhabenden Fristen wie der Berufungsbegründungsfrist, die
abhängig von der Zulassung durch die Instanzgerichte unterschiedlich zu bemessen ist – so
bei Zulassung durch das Verwaltungsgericht gemäß § 124 a Abs. 3 S. 1 VwGO zwei
Monate ab Zustellung des erstinstanzlichen Urteils und im Falle der Zulassung durch das
Oberverwaltungsgericht gemäß § 124 a Abs. 6 VwGO ein Monat ab Zustellung des
Zulassungsbeschlusses – gelten besondere Sorgfaltsanforderungen an die (eigenständige)
Fristüberwachung durch den Anwalt selbst,
hierzu etwa VGH Mannheim Beschluss vom 2.8.2006 – 4 S 2288/05
-; OVG Berlin, Beschluss vom 14.1.2005 – 5 N 78.04 – jeweils zitiert
nach juris; OVG Saarlouis Beschluss vom 26.4.2004 – 1 R 29/03 –
m.w.N.
So ist u.a. dafür Sorge zu tragen, dass neben der Fristeneintragung in den EDV-gestützten
Fristenkalender die Frist auch in der gesondert geführten Verfahrensakte eingetragen wird
hierzu etwa BVerwG, Beschluss vom 29.12.2003 – 5 B 218/02 –
zitiert nach Juris.
Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat insoweit angegeben und anwaltlich versichert,
dass er entsprechend der Büroorganisation den Zeitpunkt des Fristablaufs von Notfristen
eigenständig ermittele und der Bürokraft jeweils eine entsprechende Anweisung erteile, die
(einwöchige) Vorfrist und den Fristablauf sowohl in der Handakte als auch im
Fristenkalender jeweils mit einem auffälligen Hinweis zu notieren. Am Tag vor Fristablauf
werde die Sache erneut dem sachbearbeitenden Anwalt vorgelegt und dies am Morgen
des Fristablaufs nochmals überprüft. Demgemäß habe er noch bei Eingang des
Zulassungsbeschlusses am 14.6.2007 der von ihm mit Sorgfalt angeleiteten Angestellten
X.Y., die – wie regelmäßige Kontrollen ergeben hätten - bislang fehlerlos den
Fristenkalender geführt und die Fristen sorgfältig überwacht habe, in der vorliegenden
Sache eine solche Anweisung erteilt.
Durch eidesstattliche Erklärung der langjährigen Rechtanwaltsfachangestellten des
Prozessbevollmächtigten der Klägerin, Frau X.Y., vom 20.7.2007, die nach ihrem
Bekunden seit 1.5.2002 beanstandungsfrei in der Kanzlei des Prozessbevollmächtigten
tätig und verantwortlich für die Notierung von Fristen ist, ist ferner glaubhaft gemacht,
dass diese die Begründungsfrist, die einwöchige Vorfrist sowie die nochmalige
Erinnerungsfrist am Tag des Fristablaufs in der Handakte und im elektronischen
Fristenkalender des Kanzleiprogramms RA MICRO zwar zutreffend notiert hat, gleichwohl
aber an beiden Tagen (des Beginns der einwöchigen Vorfrist sowie des Tags des
Fristablaufs) die Fristenzettel nicht ausgedruckt und die Akten dem
Prozessbevollmächtigten der Klägerin aus ihr selbst nicht erklärlichen Gründen nicht
vorgelegt hat.
Damit ist angesichts der dargelegten eigenständigen Prüfung der Notfrist durch den
Prozessbevollmächtigten der Klägerin selbst, entsprechender erfolgter Anweisung der
sorgfältig angeleiteten und überwachten Büroangestellten sowie dicht ineinandergreifender
organisatorischer Vorkehrungen in dessen Büroorganisation zur hinlänglichen Überwachung
und Einhaltung von Fristen glaubhaft gemacht,
zu entsprechenden Vorkehrungen siehe etwa BVerwG, Beschluss
vom 3.12.2002 – 1 B 429/02 –; BayVGH, Beschluss vom 27.6.2006
– 4 B 05.1910 -; OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom
21.10.2005 – 1 L 51/05 -, VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom
2.8.2006 – 4 S 2288/05 – zitiert nach Juris
dass das Versäumnis auf ein dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin und auch ihr selbst
nicht zurechenbaren Versehen einer im Büro beschäftigten Hilfskraft zurückgeht und dass
daher die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung i.S.d. § 60 VwGO – auch unter
Berücksichtigung des Umstandes, dass nach der Rechtsprechung des
Bundesverfassungsgerichts
hierzu etwa Beschluss vom 2.9.2002 – 1 BvR 476/01 -, NJW 2002,
3692
die Anforderungen an das Vorliegen der Voraussetzungen für die Gewährung von
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht überspannt werden dürfen - vorliegen.
Nachdem die Klägerin die versäumte Rechtshandlung auch im Verständnis des § 60 Abs. 2
Satz 2 VwGO mit am 23.7.2007 eingegangenem Schriftsatz fristgerecht und in einer den
Anforderungen des § 124 a Abs. 6 i.V.m Abs. 3 Satz 4 VwGO entsprechenden Weise
nachgeholt hat, ist ihr Wiedereinsetzung zu gewähren.
Die nach dem Vorstehenden zulässige Berufung hat – teilweise - insoweit Erfolg, als unter
entsprechender Teilabänderung des erstinstanzlichen Urteils der Bescheid des
Funktionsvorgängers des Beklagten vom 21.5.2003 in Gestalt des aufgrund der
mündlichen Verhandlung vom 27.2.2004 ergangenen Widerspruchsbescheids aufgehoben
wird, soweit darin Unterhaltsvorschussleistungen für den Zeitraum 1.1.2003 bis
30.4.2003 in Höhe von 444,-- Euro zurückgefordert werden.
Das Rückforderungsverlangen des Funktionsvorgängers des Beklagten, das sich auf den
Zeitraum vom 3.12.2001 (Heirat der Klägerin) bis zum 30.4.2003 (Einstellung der
Leistungen nach Kenntniserlangung von der Heirat) erstreckt, ist im Ursprungsbescheid
vom 21.5.2003 (nur sinngemäß) und im Widerspruchsbescheid vom 27.2.2004
(erkennbar) auf § 5 UVG gestützt. Dessen Voraussetzungen sind nur für den Zeitraum
3.12.2001 bis 31.12.2002 gegeben; das darüber hinaus gehende Rückzahlungsverlangen
in den angefochtenen Bescheiden des Funktionsvorgängers des Beklagten ist rechtswidrig
und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 VwGO).
Unerheblich ist zunächst in diesem Zusammenhang, dass in den o.g. Bescheiden keine
Aufhebung der bisherigen Bewilligungsbescheide ausgesprochen wurde. Der
Ersatzanspruch nach § 5 Abs. 1 UVG normiert einen von den §§ 45 ff SGB X abweichenden
und somit vorrangigen (§ 37 S. 1 SGB I) Rückgriffsanspruch in bestimmten Fällen
zurechenbar objektiv rechtswidriger Leistungsgewährung; dieser Ersatzanspruch setzt die
Aufhebung des bewilligenden, an das Kind als Berechtigten zu richtenden Verwaltungsaktes
gerade deswegen nicht voraus, weil für die Rückabwicklung nicht das Kind, sondern der
Elternteil/gesetzliche Vertreter in Anspruch genommen werden soll, dem die objektiv
rechtswidrige Zahlung der Unterhaltsleistung zuzurechnen ist,
hierzu BVerwG, Beschluss vom 22.6.2006 – 5 B 42/06 – zitiert nach
Juris.
Nach § 5 Abs. 1 UVG hat der Elternteil, bei dem der Berechtigte lebt oder der gesetzliche
Vertreter des Berechtigten den geleisteten Betrag zu ersetzen, wenn die Voraussetzungen
für die Zahlung der Unterhaltsleistung in dem Kalendermonat, für den sie gezahlt worden
ist, nicht oder nicht durchgehend vorgelegen haben, soweit er die Zahlung der
Unterhaltsleistung dadurch herbeigeführt hat, dass er vorsätzlich oder fahrlässig falsche
oder unvollständige Angaben gemacht oder eine Anzeige nach § 6 unterlassen hat (Nr. 1)
oder gewusst oder infolge Fahrlässigkeit nicht gewusst hat, dass die Voraussetzungen für
die Zahlung der Unterhaltsleistung nicht erfüllt gewesen waren (Nr. 2).
Vorrangig unterliegt - ungeachtet der von dem Funktionsvorgänger des Beklagten
problematisierten Fragen eines verfahrensrechtlichen Antragserfordernisses bei
Unterbrechung der Leistungsvoraussetzungen und eines Anspruchsausschlusses nach § 1
Abs. 3 UVG, auf die lediglich für einen bestimmten Teilzeitraum einzugehen sein wird -
mithin der Überprüfung, ob die in § 1 UVG (hier in der Fassung ab 16.8.2001, BGBl. I
2074, neu bekannt gemacht am 2.1.2002, BGBl. I 2002, 2) geregelten Voraussetzungen
für einen Anspruch auf Unterhaltsvorschuss im Rückforderungszeitraum beziehungsweise
in (allen) Teilabschnitten vorgelegen haben beziehungsweise (ganz oder teilweise) entfallen
waren.
Der Anspruch auf Unterhaltsvorschussleistungen nach § 1 Abs. 1 UVG setzt – neben
weiteren Erfordernissen gemäß Nr. 2 dieser Vorschrift – voraus, dass das bedürftige Kind
im Geltungsbereich dieses Gesetzes bei einem seiner Elternteile lebt, der ledig, verwitwet
oder geschieden ist oder von seinen Ehegatten dauernd getrennt lebt und dass kein
Ausschlusstatbestand etwa nach § 1 Abs. 3 UVG vorliegt.
Somit war der Anspruch mit der Heirat der Klägerin am 3.12.2001 – mangels Ledigsein
und (anzunehmenden) Bestehens einer häuslichen Gemeinschaft mit ihrem Ehemann in
dem offenbar zu diesem Zweck angemieteten subventionierten Familienheim (jedenfalls bis
zur Ausreise am 11.12.2001) zunächst entfallen und ist auch nicht für den gesamten
nachfolgenden Zeitraum durch eine andere Tatbestandsvoraussetzung des § 1 Abs 1 UVG
– dauerndes Getrenntleben – ersetzt worden.
Dem Einwand der Klägerin, dass sie seit ihrer Ausreise aus Australien am 11.12.2001
dauernd getrennt lebe, so dass der Anspruch zumindest ab diesem Zeitpunkt weiterhin
gegeben gewesen sei, kann zur Überzeugung des Senats für den Teilzeitraum 3.12.2001
bis 31.12.2002 nicht gefolgt werden.
§ 1 Abs. 2 UVG verweist hinsichtlich des Tatbestandes des dauernden Getrenntlebens auf
§ 1567 BGB. Danach leben die Ehegatten getrennt, wenn zwischen ihnen keine häusliche
Gemeinschaft besteht und ein Ehegatte sie erkennbar nicht herstellen will, weil er die
eheliche Lebensgemeinschaft ablehnt.
Die Legaldefinition enthält mithin 3 Elemente:
a) eine häusliche Gemeinschaft darf nicht bestehen,
b) ein Ehegatte (oder beide) will die häusliche Gemeinschaft
erkennbar nicht mehr herstellen (Trennungswille)
c) dieser Ehegatte will die häusliche Gemeinschaft deshalb nicht
mehr herstellen, weil er die eheliche Lebensgemeinschaft ablehnt
(Motiv der Ablehnung einer Weiterführung der Ehe).
Für den Tatbestand des Nichtbestehens der häuslichen Gemeinschaft kommt es allein
darauf an, dass die Ehegatten nicht (mehr) gemeinsam wohnen. Jedoch führt nicht
prinzipiell jede Entfernung aus der ehelichen Wohnung dazu, dass keine häusliche
Gemeinschaft mehr besteht, so etwa nicht eine (längere) Abwesenheit aus
gesundheitlichen, beruflichen oder ähnlichen (etwa aufenthaltsrechtlichen) Gründen, aus
denen die Eheleute eine räumliche Trennung hinnehmen müssen. Maßgeblich ist, dass
jeder Ehegatte sein Leben aus einem anderen örtlichen Mittelpunkt heraus gestaltet
hierzu Münchner Kommentar, 4. Aufl. 2000, § 1567 Rdnrn. 39 ff.;
Juris PK-BGB 2005, § 1567, Rdnr. 4; Palandt, BGB, 66. Aufl.-, § 1567
Rdnr. 5.
Ausgehend hiervon liegt ein Nichtbestehen der häuslichen Gemeinschaft (spätestens) seit
Ausreise der Klägerin aus Australien vor, da sie ihren Lebensmittelpunkt – ohne erkennbare
konkrete Anhaltspunkte für eine erneute Aufenthaltsnahme bei ihrem Ehemann in
Australien – ersichtlich in der Bundesrepublik Deutschland genommen und gestaltet hatte.
Ob und wie lange eine häusliche Gemeinschaft in Australien vor ihrer Ausreise bestanden
hat, ist demgegenüber unerheblich.
Der zur Annahme eines dauernden Getrenntlebens weiter erforderliche Trennungswille im
o.g. Sinne bereits ab Ausreise – wie von der Klägerin geltend gemacht - kann vorliegend
nicht festgestellt werden. Auszugehen ist insoweit von folgenden Grundsätzen: Der
Trennungswille i.S.d. § 1567 BGB ist keine rechtsgeschäftliche empfangsbedürftige
Willenserklärung (gegenüber dem Ehegatten), er kann auch konkludent geäußert werden.
Es genügt aber nicht (lediglich) die Absicht im Sinne eines inneren Vorbehalts, ohne dass
sie erkannt werden konnte. Verlangt wird indes nicht, dass der entsprechende Wille vom
anderen Ehegatten oder von Dritten tatsächlich – trotz objektiver Unmissverständlichkeit –
erkannt worden ist. Vorzunehmen ist eine Einzelfallwürdigung. In Fällen, in denen anders
etwa als bei Verschollenheit eines Ehepartners noch Kontakt zum Ehegatten – eventuell
auch nur in Form eines Briefkontakts - besteht, reichen Signale, die nur ein Dritter
wahrnehmen kann, zur Manifestation eines Trennungswillens in aller Regel nicht aus,
sondern es kommt zumindest ganz wesentlich auf das Verhalten gegenüber dem
Ehepartner an
hierzu Münchner Kommentar, a.a.O., Rdnr. 43; 44; 47; Juris PK-BGB,
a.a.O. Rdnr. 4; Palandt, a.a.O., Rdnr. 5; BGH, Urteil vom 23.11.1962
– IV ZR 134/62 -, NJW 1963, 581.
Ist es daher möglich, einen Trennungswillen gegenüber dem Ehegatten zu äußern, tut es
jedoch der Ehegatte nicht, werden in aller Regel Zweifel berechtigt sein, ob eine Erklärung
oder ein Verhalten gegenüber Dritten mit seiner wahren Absicht übereinstimmt. Wesentlich
für die Annahme eines Trennungswillens ist stets eine nach außen erkennbare Absicht, die
auch eindeutig und unmissverständlich ist. Erforderlich ist eine Kenntniserlangung der
Fakten, auf die sich der Trennungswille aufgrund Ablehnung der Weiterführung der
ehelichen Lebensgemeinschaft gründet.
Neben „klaren“ Fällen wie bei Stellen eines Scheidungsantrags oder (anwaltlicher) Beratung
zum Zwecke der Scheidung kann Erkennbarkeit in den Fällen vorliegen, in denen ein
Ehegatte den anderen vergeblich auffordert, mit ihm wieder zusammenzuleben. Im
Übrigen spricht in den Fällen, in denen sich die Ehegatten ohne von außen an sie
herantretenden Grund, also freiwillig trennen, eine tatsächliche Vermutung dafür, dass sie
die Fortführung (oder Aufnahme) der ehelichen Lebensgemeinschaft ablehnen
Münchner Kommentar, a.a.O., Rdnr. 46.
Hingegen können allein aus dem Umstand einer länger dauernden räumlichen Trennung
keine zwingenden Schlüsse auf ein dauerndes Getrenntleben gezogen werden. Eine
Analogie zu § 1 Abs. 2 2. HS UVG, der in bestimmten Fällen (Anstaltsunterbringung
aufgrund Krankheit, Behinderung oder gerichtlicher Anordnung) ein dauerndes
Getrenntleben nach Ablauf von sechs Monaten fingiert, kann nach der aktuellen
Gesetzeslage nicht gezogen werden. Zwar wurde in der Vergangenheit von einem Teil der
Rechtsprechung mit Blick insbesondere auf Sinn und Zweck der
Unterhaltsvorschussleistungen
hierzu etwa OVG Münster, Urteil vom 5.2.2002 – 16 A 376/01 -;
VGH Kassel, Beschluss vom 14.10.2003 – 10 UZ 1167/01 -, OVG
Lüneburg, Urteil vom 10.3.1999 – 4 L 5154/98 - jeweils zitiert nach
Juris
die Auffassung vertreten, dass auf die im § 1567 Abs. 1 S. 1 BGB enthaltene
Legaldefinition nicht undifferenziert zurückgegriffen werden dürfe. Falls durch eine Trennung
äußere Gegebenheiten einträten, die denen entsprächen, wie sie regelmäßig bei Kindern
unverheirateter alleinerziehender Elternteile anzutreffen seien, bestehe kein überzeugender
Grund dafür, bei bloß formalem (Fort-)Bestehen des ehelichen Bandes nach den
subjektiven Vorstellungen der Eheleute zu differenzieren und im Ergebnis auf die
(beginnende) Zerrüttung der Ehe abzustellen, wie dies bei einer undifferenzierten
Anwendung der Begriffsbestimmung des § 1567 Abs. 1 Satz 1 GBG der Fall wäre.
Mit Blick auf die Einführung der Legaldefinition des § 1567 BGB in § 1 UVG durch die
Änderung zum 16.8.2001, a.a.O., und der hierzu abgegebenen unmissverständlichen
Begründung
hierzu Gesetzentwurf der Bundesregierung, Entwurf eines Zweiten
Gesetzes zur Familienförderung, BR-Drucksache 393/01, S. 26: „In
der Rechtsprechung wurde verschiedentlich die Auffassung vertreten,
dass im Unterhaltsvorschussgesetz ein anderer Begriff des dauernd
Getrenntlebens als im Bürgerlichen Gesetzbuch gelte. Die Vorschrift
stellt daher klar, dass die Definition des Bürgerlichen Gesetzbuches
maßgebend ist und lediglich durch die in Absatz 2 ausdrücklich
genannten Fallgestaltungen erweitert wird.“
kann dem nicht gefolgt werden.
Für eine analoge Heranziehung des § 1 Abs. 2 UVG fehlt es demnach an einer planwidrigen
Gesetzeslücke
siehe hierzu auch BayVGH, Urteil vom 26.5.2003 – 12 B 03.43 -,
zitiert nach Juris; gegen eine analoge Anwendung des § 1 Abs. 2 UVG
siehe auch VGH Mannheim, Urteil vom 2.1.2006 – 7 S 468/03 – und
(nunmehr) OVG Münster, Beschluss vom 23.1.2008 – 16 E 271/07
– jeweils zitiert nach Juris
und sind die Voraussetzungen eines dauernden Getrenntlebens (allein) entsprechend der
Regelung des § 1567 BGB zu ermitteln. Der Umstand einer objektiv länger dauernden
räumlichen Trennung der Klägerin von ihrem Ehemann gibt daher keine Veranlassung,
vorliegend unter dem Gesichtspunkt des bloßen Zeitablaufs von einem dauernden
Getrenntleben auszugehen.
Ebenso wenig kann aufgrund der Feststellungen im Tatbestand des Scheidungsurteils vom
14.4.2004, wonach die Ehegatten seit Mitte Dezember 2001 getrennt leben, von einem
dauernden Getrenntleben ab diesem Zeitpunkt ausgegangen werden, da diese
Feststellungen, denen im vorliegenden Verfahren keine Bindungswirkung zukommt, auf
entsprechende Angaben der Eheleute zurückgehen und nicht auf der Grundlage einer
gerichtlichen Nachprüfung getroffen worden sind.
Bei der danach vorzunehmenden Einzelfallwürdigung ist zunächst festzustellen, dass die
Klägerin selbst keinen eindeutigen Zeitpunkt dargelegt hat, ab dem sie von einer
dauernden Trennung ausgegangen ist und dies unmissverständlich bekundet hat.
Eine solche Bekundung des Trennungswillens kann zunächst nicht schon in ihrer Ausreise
aus Australien Mitte Dezember 2001 gesehen werden, denn wie ihr
Prozessbevollmächtigter in der mündlichen Verhandlung nochmals erklärt hat, war
seinerzeit zwischen den Eheleuten abgesprochen, dass die Klägerin von Deutschland aus
eine Aufenthaltsgenehmigung für Australien beantragen und nach deren Erhalt die
Übersiedlung in die Wege leiten würde. Selbst wenn die Klägerin zu diesem Zeitpunkt
schon, wie sie bekundet hat, das Gefühl beschlichen haben sollte, mit der Eheschließung
einen schweren Fehler begangen zu haben, hat sie dies jedenfalls anlässlich ihrer Ausreise
nicht mit hinreichender Deutlichkeit zum Ausdruck gebracht. Denn ihr damaliger Ehemann
ist offenkundig davon ausgegangen, dass sie absprachegemäß handeln würde. Dass sie in
der Folgezeit keinerlei Anstrengungen unternommen hat, die Voraussetzungen für einen
dauerhaften Aufenthalt in Australien und die Rückkehr zu ihrem Ehemann herbeizuführen,
kann bei den Gegebenheiten des vorliegenden Sachverhalts nicht als hinreichend deutliche
Äußerung des Willens zu einer dauerhaften Trennung gewertet werden. Nach ihrer
Rückkehr nach Deutschland mag in der Klägerin zwar mit der Zeit der Entschluss
herangereift sein, nicht mehr nach Australien zu ihrem Ehemann zurückzukehren. Diese
Entscheidung stand jedoch nach eigenem Bekunden der Klägerin weder im Zeitraum ihrer
Ausreise aus Australien noch zumindest über einen längeren Zeitraum danach fest. So hat
die Klägerin angegeben, nach ihrer Rückkehr sei sie aufgrund des gefühlsmäßigen
Zwiespalts zwischen dem Wunsch nach familiärer Harmonie einerseits und dem real
gestörten Verhältnis zu ihrem Ehemann andererseits in depressive Zustände verfallen und
habe sich hierauf einer therapeutischen Behandlung unterzogen, die sie in dem zunächst
unsicheren Entschluss bestätigt habe, nicht nach Australien zu ziehen (Schriftsatz vom
27.5.2003, Bl. 66 der Verwaltungsakten). Gleichwohl spricht sie selbst in Bezug auf die
Zeit nach der Therapie von einer „innerlich bereits weitgehend vollzogenen Trennung“ und
nicht von einer endgültigen Trennungsentscheidung. Zudem hat sie erklärt, in der Folgezeit
einer eindeutigen Entscheidung bzw. der Kundgabe einer solchen Entscheidung
ausgewichen zu sein, weil sie die endgültige Trennung von ihrem Ehemann und das
endgültige Scheitern des von ihr für sich und die gemeinsame Tochter angestrebten Ziels
eines harmonischen Familienlebens gefürchtet habe und die neu aufgenommene
Beziehung zu ihrem jetzigen Partner noch nicht genügend gefestigt gewesen sei. Die
Klägerin spricht im Hinblick auf diese Zeitspanne selbst von einem „allzu vorsichtigen
Zögern und Lavieren“ (Schreiben vom 25.5.2003, Bl. 68 der Verwaltungsakten). Dieses
Verhalten mag menschlich verständlich sein, hat jedoch zur Folge, dass dem Vorbringen
der Klägerin selbst nicht mit der gebotenen Eindeutigkeit der Zeitpunkt entnommen
werden kann, in dem sie für sich die Entscheidung getroffen hatte, die häusliche
Gemeinschaft mit ihrem Ehemann nicht wieder aufzunehmen. Die Klägerin hat hierzu zwar
angegeben, im Zeitpunkt des Ausfüllens des Fragebogens am 14.5.2002 sei sie davon
überzeugt gewesen, dass sie die nur kurzzeitige eheliche Lebensgemeinschaft nicht
weiterführen werde. Auch diese Angabe lässt jedoch den Zeitpunkt des Abschlusses der
inneren Willensbildung offen, zumal die Klägerin ihr „Zögern und Lavieren“ gegenüber ihrem
Ehemann fortgesetzt hat. Lässt sich danach dem eigenen Vorbringen der Klägerin nicht mit
der gebotenen Deutlichkeit entnehmen, dass sie für sich die endgültige Entscheidung über
eine Trennung von ihrem Ehemann getroffen hatte, so kann ferner auch aus ihrem
Verhalten gegenüber ihrem Ehemann in der Zeit von Dezember 2001 bis Ende Dezember
2002 nicht mit der erforderlichen Eindeutigkeit die Bekundung eines Trennungswillens
hergeleitet werden.
So hat die Klägerin bei ihrem Ehemann, mit dem sie auch nach eigenen Angaben seit ihrer
Ausreise stets Kontakt gehalten hat, nachhaltig den Eindruck erweckt, ihre Übersiedlung
mit dem gemeinsamen Kind nach Australien in die Wege zu leiten und ihm gegenüber
(jedenfalls bis zu dessen Besuch in Deutschland Ende Dezember 2002) nichts
Gegenteiliges geäußert. Hierfür spricht mit Gewicht, dass der Ehemann in seinem
Schreiben vom 10.4.2003 erklärt hat, er sei am 29.12.2002 nach Deutschland gereist,
um die Rückkehr seiner Frau und Tochter zu beschleunigen (Bl. 42 der Verwaltungsakten).
Dies zeigt, dass das Untätigbleiben der Klägerin in Bezug zu einer baldigen Umsiedlung
nach Australien nach außen hin keinen eindeutigen Erklärungswert aufwies. Nach außen
konnte es vielmehr auch dahin gewertet werden, dass die Klägerin - wie sie im Schreiben
vom 27.5.2003 (Bl. 66 der Verwaltungsakte) erklärte - zunächst noch in einem inneren
Zwiespalt lebte. Wie sie dort weiter ausdrücklich bekundete, hat sie es denn auch in der
Folgezeit vermieden, die innerlich bereits weitgehend vollzogene Trennung von ihrem
Ehemann diesem gegenüber auch in ausreichend deutlicher Form zum Ausdruck zu
bringen.
Allein der Beginn der Therapie im Februar 2002 (auch) zur Überprüfung ihrer wahren
inneren Einstellung zu der erfolgten Eheschließung kann daher entgegen der Auffassung der
Klägerin nicht als die erforderliche Dokumentierung eines Trennungswillens herangezogen
werden. Notwendig ist im Falle einer (ursprünglich) lediglich hingenommenen Trennung -
wie dargelegt -, dass bei weiterhin bestehendem Kontakt der Eheleute insbesondere der
andere Ehegatte Kenntnis der Fakten erlangt, aus denen sich bei objektiver Betrachtung
der Trennungswille eindeutig und unmissverständlich folgern lässt. Der Therapiebesuch hat
die Klägerin - laut eigenem Bekunden - nur in ihrem zunächst noch unsicheren Entschluss,
nicht nach Australien zu ziehen, bestärkt. Eine entsprechende Mitteilung von
aussagekräftigen Fakten hat die Klägerin, wie sich aus ihrem Schreiben vom 25.5.2003
(Bl. 67 ff. der Verwaltungsakten), auf das noch näher eingegangen wird, ergibt, bis zum
Besuch ihres Ehemannes jedoch vermieden. Rein mentale Vorbehalte reichen nach dem
Gesagten nicht aus, so dass in ihrem Therapiebeginn kein hinreichendes äußeres Anzeichen
für einen Trennungswillen gesehen werden kann, zumal sie auch für die an die Therapie
anschließende Zeit von einer „innerlich bereits weitgehend vollzogenen Trennung“ und nicht
von einer feststehenden Entscheidung gesprochen hat.
Eine hinreichende Dokumentierung des Trennungswillens kann – aus gleichen Gründen –
auch nicht in der Abgabe unrichtiger Angaben bei Ausfüllen des behördlichen Fragebogens
im Mai 2002 (allein) gegenüber dem Funktionsvorgänger des Beklagten gesehen werden,
zumal das Verschweigen der Eheschließung durch den Wunsch nach Erhaltung der
Unterhaltsvorschussleistungen motiviert sein kann und ihm daher nicht eindeutig ein
Erklärungswert in Bezug auf das Verhältnis der Klägerin zu ihrem Ehemann beigemessen
werden kann.
Die Klägerin hat ferner nicht bereits seit ihrem Aufenthalt in A-Stadt ab September 2002
zum Zwecke der Ausübung einer Tätigkeit als Sekretärin Fakten dokumentiert hat, die
eindeutig und unmissverständlich ihren Trennungswillen und Ablehnung der
(Wieder)aufnahme der ehelichen Lebensgemeinschaft i.S.d. 1567 BGB offenbaren. Die
Klägerin argumentiert insoweit, dem Ehegatten sei die die Arbeitsaufnahme in A-Stadt, der
dortige Kindergartenbesuch der gemeinsamen Tochter und die neue Adresse, unter der sie
die Woche über gelebt habe, bekannt gewesen, aufgrund zahlreicher (auch nächtlicher)
Telefonate, die ihr neuer Lebenspartner entgegengenommen habe, hätte er wissen
müssen, dass dies keine Wohngemeinschaft, sondern eine Trennung bedeute.
Eine den o.g. Kriterien entsprechende Erkennbarkeit des Trennungswillens war damit nicht
gegeben. Die Klägerin war nach wie vor mit ihrem ersten Wohnsitz in B.-Stadt und mit
zweitem Wohnsitz bei ihrer in H. lebenden Mutter gemeldet. In der Frage des damals (für
Leistungen nach UVG) zuständigen Jugendamts (B. Stadt) beruft sie sich insbesondere im
Widerspruchsschreiben vom 26.6.2003 (Bl. 73 der Verwaltungsakten) auf die Beibehaltung
ihres Lebensmittelpunktes beziehungsweise gewöhnlichen Aufenthalts in B. Stadt, wo sie
ihre Wohnung samt vollständiger Einrichtung bis zum Umzug nach A-Stadt im Mai 2003
aufrechterhalten und dort regelmäßig nach der Arbeitswoche in A-Stadt die Wochenenden,
Feiertage und Ferien verbrachte habe. Ferner gibt sie in zeitnahen Äußerungen zu dem
angefochtenen Bescheid insbesondere in den Schreiben vom 25.5. und 27.5.2003 (Bl. 66
und 68 der Verwaltungsakten) an, dass die Beziehung mit ihrem neuen Partner noch nicht
derart gefestigt war, dass sie sich zu einem dauernden Zusammenleben und Umzug in die
von ihr als unvertraut und anonym empfundene Großstadt A-Stadt habe entschließen
können. So habe sie sich erst zum 1.5.2003 selbst eine Wohnung in A-Stadt angemietet,
in die sie ihren Hausstand verbracht habe. Bis zu deren Anmietung sei ihr noch nicht klar
gewesen, ob sie in A-Stadt für einen längeren Zeitraum habe wohnen wollen. Der
Aufenthalt in der Wohnung in A-Stadt sei von vorneherein ein Provisorium gewesen. Die
Arbeitsaufnahme als Sekretärin bei einer Pharmafirma hat sie laut eigenen Angaben im
Widerspruchs- und im erstinstanzlichen Verfahren insbesondere mit Blick auf ihre
Ausbildung als Soziologin – lediglich als wenig anspruchsvollen Gelegenheitsjob bis zur
Klärung ihrer weiteren Lebensplanung verstanden (Bl. 74 der Verwaltungsakte; Blatt 4 der
Gerichtsakte). Der Kindergartenbesuch der gemeinsamen Tochter sei Konsequenz dieser
Arbeitsaufnahme gewesen. Nimmt man ihren eigenen Vortrag in den genannten Schreiben
vom 27.5.2003 und vom 25.5.2003 a.a.O., hinzu, sie habe es – aus innerer Unsicherheit –
in der Folgezeit vermieden, die innerlich bereits weitgehend vollzogene Trennung ihrem
Ehegatten gegenüber auch in ausreichend deutlicher Form zum Ausdruck zu bringen und
letztlich habe ihr der Mut beziehungsweise die Charakterstärke gefehlt, ihrem Ehegatten
„reinen Wein einzuschenken“ und die von diesem für den Fall ihres Verbleibs in Deutschland
angekündigte Trennung in Kauf zu nehmen, kann noch nicht von der eindeutigen und
unmissverständlichen Manifestation eines Trennungswillens ausgegangen werden. Sie
selbst bezeichnet ihr Verhalten als allzu vorsichtiges Zögern und Lavieren, das ihrem
Ehegatten das Begreifen der veränderten Situation möglicherweise erschwert habe. Auch
ihre weitere Äußerung, „trotz ihrer Beziehung zu Herrn A. habe sie den endgültigen
Abbruch des über Jahre bestehenden Kontakts zu Herrn B. so sehr gefürchtet, dass sie
geglaubt habe, ihm die veränderte Beziehungssituation richtig erst bei seinem Besuch in
Deutschland behutsam von Angesicht zu Angesicht mitteilen zu können“, belegt, dass allein
das zeitweise Zusammenleben in einer Wohnung mit Herrn A. noch nicht einen
unzweideutig nach außen erkennbaren dauerhaften Trennungswillen bedeutete.
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die Klägerin, indem sie über die Woche mit
ihrem neuen Lebenspartner zusammenlebte und in A-Stadt eine Arbeit aufgenommen hat,
zwar ein Verhalten gezeigt hat, das als Bekunden eines endgültigen Trennungswillens
verstanden werden könnte. Dass diese Interpretation jedoch keineswegs zwingend und
eindeutig ist, zeigt sich zum einen daran, dass sie die Bedeutung dieser Fakten selbst
relativiert hat, indem sie die Beziehung zu ihrem neuen Lebenspartner als noch nicht
hinreichend gefestigt und sowohl das zeitweilige gemeinsame Wohnen als auch die
Arbeitsaufnahme als Provisorien bezeichnet hat. Letzteres könnte aus der Sicht eines
Arbeitsaufnahme als Provisorien bezeichnet hat. Letzteres könnte aus der Sicht eines
objektiven Betrachters als Weg verstanden werden, den Lebensunterhalt in der noch
verbleibenden Zeit in Deutschland sicherzustellen oder sich die finanziellen Mittel für eine
Übersiedlung nach Australien zu verschaffen. Zum anderen hat es die Klägerin nach ihrem
eigenen Vorbringen, obwohl sie die genannten Fakten geschaffen hat, vermieden, sich
gegenüber ihrem Ehemann klar und unmissverständlich zu äußern, sondern hat diesen
letztlich weiter hingehalten.
Auch der Widerspruch zwischen den genannten Fakten und dem Verhalten gegenüber
ihrem Ehemann schließt es aus, erstere im Nachhinein als eindeutige Manifestation des
Willens zu einer dauerhaften Trennung zu interpretieren.
Hinzu kommt der am 9.10.2002 abgesandte Bestätigungsbrief an die australische
Wohnbehörde über eine geplante Rückkehr nach Australien. Zwar hat die Klägerin –
insoweit nachvollziehbar - erklärt, sie habe diesen nur geschickt, um ihrem angeschlagenen
und zu der Zeit depressiven Ehegatten den Verlust ihres Hauses zu ersparen. Sie hat
damit jedoch einen der Annahme eines dauernden Trennungswillens und Ablehnung der
ehelichen Gemeinschaft entgegenstehenden objektiven Anschein gesetzt und zudem
bekundet, sie habe ihrem Ehemann gegenüber im Oktober (2002) zwar nicht versprochen,
Ende Januar (2003) nach Australien zurückzukehren, eine solche Möglichkeit aber auch
nicht deutlich genug ausgeschlossen. Wenn hier – wofür keine Anhaltspunkte vorliegen –
kein kollusives Zusammenwirken mit dem (damaligen) Ehemann vorliegt, brauchte auch
dieser keine ernstlichen Zweifel haben, dass sie zurückkehren werde.
Das Schreiben vom 9.10.2002 stellt mithin bei objektiver Betrachtung ein Faktum dar, das
die Bedeutung der Zuwendung zu einem anderen Partner relativiert und einer
Interpretation dieses Verhaltens als eindeutige Bekundung eines Willens zu einer
endgültigen Trennung entgegensteht, mag die Klägerin auch diesem Schreiben im
Nachhinein eine andere Bedeutung beimessen.
Eine zur Annahme dauernden Getrenntlebens erforderliche hinreichende Manifestation des
Trennungswillens der Klägerin (bereits) ab September 2002 mit Blick auf Arbeitsaufnahme
und Aufenthalt in A-Stadt, das zeitweise dortige Zusammenwohnen mit Herrn A. und den
Kindergartenbesuch der Tochter kann daher nicht festgestellt werden.
Eine hinreichende Erkennbarkeit des Trennungswillens ist erst nach den eingangs
genannten Kriterien von dem Deutschlandbesuch ihres Ehemannes ab 29.12.2002 an, als
sie auch nach dessen unzweideutigem und übereinstimmendem Bekunden ihm ihren
Willen, nicht mehr zu ihm nach Australien zurückzukehren und mit ihm die eheliche
Gemeinschaft aufnehmen zu wollen, geäußert hat, gegeben. Damit einher geht
unmissverständlich die Ablehnung einer Weiterführung der Ehe.
Aufgrund der genannten eindeutigen Äußerungen des Ehemannes insbesondere in dem
Schreiben an den Funktionsvorgänger des Beklagten vom 8.4.2003 (Bl. 42 der
Verwaltungsakten 1) und dem Telefonat vom 7.5.2003 (Bl. 55 der Verwaltungsakten 1)
lag die Erkennbarkeit der Fakten für die Annahme eines dauernden Getrenntlebens i.S.d. §
1 Abs. 1 UVG i.V.m. § 1567 BGB vor Bescheiderlass auch für diesen vor.
Die materiellen Leistungsvoraussetzungen des § 1 Abs. 1 UVG waren infolge dauernden
Getrenntlebens der Eheleute damit ab Januar 2003 (erneut) erfüllt und damit die
Voraussetzungen einer Rückzahlung von Unterhaltsvorschussleistungen nach § 5 UVG ab
diesem Zeitpunkt entfallen.
Eine Rückforderung nach § 5 UVG setzt – wie dargelegt - zunächst voraus, dass die
Voraussetzungen für die Zahlung der Unterhaltsleistung in dem Kalendermonat, für die sie
gezahlt worden ist, nicht oder nicht durchgehend vorgelegen haben. Ab Januar 2003 ist
aber von einem hinreichend erkennbaren und unzweideutigen dauerhaften Getrenntleben
der Eheleute auszugehen, so dass prinzipiell ein (Leistungs)Anspruch nach § 1 Abs. 1 UVG
gegeben ist und es somit bereits an der für die Rückzahlungspflicht vorrangig – vor den
weiteren (subjektiven) Voraussetzungen der Nr. 1 und 2 – zu prüfenden (objektiven)
Tatbestandsvoraussetzung des Fehlens der Voraussetzungen eines Leistungsanspruchs
ermangelt.
Die insoweit geltend gemachten Einwände des Beklagten überzeugen nicht.
Der Beklagte beruft sich - unter verfahrensrechtlichem Blickwinkel - darauf, § 1 Abs. 3 UVG
normiere eine Mitwirkungspflicht, die Voraussetzung der Anspruchsentstehung sei. Ein
Anspruch habe, nachdem mit Heirat der Klägerin und mangels dauernden Getrenntlebens
in der Folgezeit (jedenfalls bis Januar 2003) – anspruchsvernichtend – die Voraussetzungen
für eine Gewährung von Unterhaltsvorschussleistungen entfallen gewesen seien, somit erst
nach einer erneuten Antragstellung entstehen können, die ihm die Möglichkeit einer
erneuten Überprüfung der Anspruchsvoraussetzungen eingeräumt hätte.
Leistungen nach dem UVG sind zwar keine rentengleichen Leistungen i.S eines
Dauerverwaltungsakts, sondern ähnlich den (ständig überprüfungsbedürftigen) Leistungen
nach BSHG beziehungsweise SGB XII zu bewerten. Der Beklagte übersieht aber, dass es
vorliegend allein um die Rechtmäßigkeit der auf Grundlage des § 5 UVG geforderten
Rückzahlung und nicht um die Frage des Entstehens eines Leistungsanspruchs gemäß § 1
Abs. 1 UVG geht,
hierzu VG Ansbach, Beschluss vom 16.1.2004 – AN 14 K 03.00850,
zitiert nach Juris,
dessen verfahrensmäßige Voraussetzung eine schriftliche Antragstellung nach § 9 UVG ist.
Der Antrag auf Unterhaltsvorschuss ist im UVG nicht unter den Anspruchsvoraussetzungen
(des § 1 UVG) aufgeführt, ihm kommt daher keine materiellrechtliche, sondern nur eine
verfahrensrechtliche Bedeutung etwa auch für die Fälle der Bestimmung des Zeitpunkts
rückwirkender Leistungsgewährung nach § 4 UVG zu. Mit Eingang des Antrags wird die
Behörde zur Durchführung eines Verwaltungsverfahrens verpflichtet
hierzu etwa Helmbrecht, UVG, 5. Aufl. § 9 Rdnr. 2.
Für die Frage einer Ersatzpflicht nach § 5 Abs. 1 UVG im Rahmen eines durchgeführten
Verfahrens ist eine fehlende (erneute) Antragstellung ab dem Zeitpunkt des dauernden
Getrenntlebens ohne Belang. Eine solche Betrachtung legt auch der Wortlaut der Vorschrift
nahe. § 5 Abs. 1 UVG stellt darauf ab, dass die Leistungsvoraussetzungen innerhalb des
Kalendermonats, für den die Leistungen gewährt werden, nicht oder nicht durchgehend
vorgelegen haben und begründet die Ersatzpflicht insoweit, als die Tatbestände der Nrn. 1
und 2 eingreifen. Daraus lässt sich der Schluss ziehen, dass ein vorübergehendes
Nichtvorliegen der Leistungsvoraussetzungen nicht zur umfassenden Ersatzpflicht ab
Unterbrechung führt, weil es nach der Unterbrechung eines neuen Antrags bedurft hätte.
Gleichermaßen statuiert § 5 Abs. 2 UVG eine Rückzahlungspflicht in den Fällen, in denen
wegen Einkommenserzielung nach Antragstellung eine - zeitweise - Überzahlung
eingetreten ist. Die Rückzahlungspflicht begrenzt sich auf diesen Zeitraum und es ist nichts
dafür ersichtlich, dass beide Rückforderungstatbestände des § 5 Abs. 1 und 2 UVG nicht
gleichrangig behandelt werden sollten.
Entscheidend für eine Ersatzpflicht nach dem hier materiell zu beurteilenden § 5 UVG ist -
unabhängig von den von der Klägerin angeführten Bestimmungen des §§ 45, 46 SGB –
eine kausale Verknüpfung. Die objektiv rechtswidrige Zahlung der
Unterhaltsvorschussleistung
hierzu BVerwG, Beschluss vom 22.6.2006 – 5 B 42/05 –
muss auf dem subjektiv zurechenbaren Verhalten des betreuenden Elternteils beruhen. Mit
dem ab Januar 2003 gegebenen dauernden Getrenntleben der Klägerin und ihres
Ehemannes waren die Zahlungen aber objektiv nicht rechtswidrig. Der Beklagte hatte dies
auch durch die (insoweit mit den Angaben der Klägerin übereinstimmenden) Angaben des
Ehemannes vor der am 21.5.2003 erfolgten Rückforderung erkennen können.
Der Beklagte beruft sich weiter im Wesentlichen darauf, dass die Nichtangabe der Heirat
im Fragebogen vom 14.5.2002 eine Verweigerung der Auskunftserteilung i.S.d. § 1 Abs. 3
UVG darstelle und damit einen Anspruchsausschluss ab diesem Zeitpunkt und somit auch
ab dem Zeitpunkt des dauernden Getrenntlebens vom 1.1.2003 an bewirke.
Ungeachtet der Frage des Fortwirkens eines derartigen Anspruchsausschlusses ist eine
Weigerung zur Auskunftserteilung i.S.d. § 1 Abs. 3 UVG vorliegend nicht anzunehmen. Eine
Weigerung zur Auskunftserteilung ist nach dem üblichen Sprachgebrauch, der auch vom
Gesetzgeber zugrunde gelegt worden ist, anzunehmen, wenn der Auskunftspflichtige es
ablehnt, bei ihm vorhandenes Wissen auf Aufforderung hin mitzuteilen
hierzu auch OVG Münster, Urteil vom 29.10.1993 – 8 A 3347/91 –
unter Hinweis auf Duden, Das große Wörterbuch der Deutschen
Sprache, Band 6, 1981, S. 2856 (Stichworte „sicher weigern“,
„Weigerung“) zitiert nach Juris.
Die Form der Weigerung kann dabei unterschiedliche Ausprägungen haben, wie z.B. eine
ausdrücklich formulierte Ablehnung der Auskunftserteilung oder die Verweigerung jeglicher
Reaktion (Untätigbleiben trotz nachweislichem Erhalt von Aufforderungen,
Nichtzurücksendung oder Nichtausfüllung übersandter Fragebögen). oder auch die Abgabe
völlig unverwertbarer oder offensichtlich unsinniger Antworten.
Anders zu betrachten sind die Fälle, in denen der Auskunftspflichtige – wie hier die Klägerin
durch die wahrheitswidrige Angabe im Fragebogen vom 14.5.2002, sie habe nach
Antragstellung nicht geheiratet – eine falsche Auskunft erteilt.
Die tatsächliche Erteilung einer konkreten Auskunft zur Sache, sei sie auch falsch, ist aus
Sicht des Senats begrifflich nicht als Weigerung zur Auskunftserteilung zu verstehen.
Andernfalls ließe sich aus jeder unrichtigen Angabe eine Verweigerung der
Auskunftserteilung begründen.
Allerdings können die Übergänge, wie die o.g. Entscheidung des OVG Münster zur
Weigerung der Auskunftserteilung zeigt, in der namentlich die Angaben über Umstände
benannt werden, die die öffentliche Hand in den Stand versetzen, von dem
zahlungspflichtigen Elternteil (hier Kindesvater) die vorgeleisteten Gelder gemäß § 7 UVG
zurückzufordern, fließend sein
hierzu etwa auch Helmbrecht, Kommentar zum UVG, 5. Auflage, § 1
UVG Rdnr. 34.
Zu gewichten ist, dass der Anspruchsauschluss nach § 1 Abs. 3 UVG wegen Verweigerung
der Auskunftserteilung neben § 5 UVG ein eigenständiger Tatbestand ist, der einen
Anspruch gar nicht erst entstehen lässt oder einen derartigen Anspruch ohne weitere
Voraussetzungen vernichtet. Davon zu unterscheiden ist die als eigenständiger öffentlich-
rechtlicher Schadensersatzanspruch ausgestaltete Rückzahlungspflicht nach § 5 UVG, die
in Abs. 1 an die vorsätzliche oder fahrlässige Abgabe falscher oder unvollständiger
Angaben, das Unterlassen einer Anzeige nach § 6 oder an die Kenntnis beziehungsweise
fahrlässige Nichtkenntnis der mangelnden Voraussetzungen für
Unterhaltsvorschussleistungen anknüpft und dieses „sanktioniert“. Hierin wird deutlich,
dass Auskunftsverweigerung und Erteilung falscher oder unvollständiger Angaben begrifflich
zwei verschieden auszulegende Tatbestände sind, die auch nach der Regelungssystematik
des UVG in zwei verschiedenen Vorschriften (§ 1 und § 5 UVG) normiert werden. Da in § 5
UVG über die Verweisung auf § 6 Abs. 4 UVG das von dem Beklagten gleichfalls als
Auskunftsverweigerung verstandene Unterlassen von Änderungsmitteilungen seitens der
Klägerin erfasst wird, hat sich eine divergierende Betrachtung auch hierauf zu beziehen.
Folgte man hingegen der Ansicht des Beklagten, wäre letztlich jede Verweigerung richtiger
Angaben und jede Verletzung der Mitwirkungspflicht als anspruchsausschließende
Verweigerung der Auskunftserteilung zu werten. Der eigenständigen Regelung des § 5 UVG
käme entgegen seinem klaren Wortlaut nur in Fahrlässigkeitsfällen Bedeutung zu.
Eine anspruchsausschließende Verweigerung der Auskunftserteilung gemäß § 1 Abs. 3 UVG
durch Erteilung einer unrichtigen Auskunft und Unterlassen einer Änderungsmitteilung – wie
hier geschehen – ist damit nach der eindeutigen Regelungssystematik des UVG entgegen
der Ansicht des Beklagten nicht anzunehmen.
Zusammenfassend ist festzustellen, dass die Voraussetzungen einer Ersatzpflicht nach § 5
UVG ab Januar 2003 entfallen waren, da von diesem Zeitpunkt ein dauerndes
Getrenntleben der Eheleute i.S.d. § 1 Abs. 1 und 2 UVG hinreichend erkennbar war und
kein Anspruchsausschluss nach § 1 Abs. 3 UVG vorliegt.
Für den übrigen Zeitraum Dezember 2001 bis Dezember 2002 hingegen waren mangels
dauernden Getrenntlebens der Eheleute die Anspruchsvoraussetzungen nach § 1 Abs. 1
Nr. 1 UVG objektiv nicht gegeben. Die Klägerin hat die dennoch für diesen Zeitraum
erfolgte Zahlung seitens der Beklagten auch zurechenbar i.S.d. § 5 Abs. 1 UVG
herbeigeführt, wobei unerheblich ist, ob man dies auf den Tatbestand zumindest
fahrlässiger falscher oder unvollständiger Angaben oder das Unterlassen einer Anzeige
nach § 6 UVG stützt, deren Voraussetzungen beide hier vorliegen.
So ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass bei ausdrücklichem Hinweis auf die
Mitteilungspflicht über Änderungen wie Heirat oder Umzug in ausgehändigten Merkblättern
von zurechenbarer Fahrlässigkeit auszugehen ist.
Die Klägerin war durch den Bewilligungsbescheid des Funktionsvorgängers des Beklagten
auf ihre Mitteilungspflichten u.a. für den Fall einer Heirat hingewiesen worden. Bereits die
Nichtbeachtung dieser Hinweise beziehungsweise von einschlägigen Merkblättern
rechtfertigt regelmäßig einen Fahrlässigkeitsvorwurf,
vgl. etwa zur fahrlässigen Verletzung der Mitteilungspflicht: OVG
Bautzen, Urteil vom 17. 11. 2005 – 5 B 553/04 -, OVG Lüneburg,
Beschluss vom 11. 11. 2003 – 12 LA 400/03 -; OVG Münster, Urteil
vom 21.9. 1993 – 8 A 1490/89 -, jeweils zitiert nach juris, und zur
fahrlässigen Unkenntnis des Nichtbestehens des Anspruches nach
einer Heirat: Beschluss vom 22.4.1987 – 8 B 556/87 -, NJW 1988,
508; Helmbrecht, Unterhaltsvorschussgesetz, 5. Aufl., § 5 Rdnr. 7.
Ferner war für die Klägerin auf Grund der in den folgenden Jahren von ihr ausgefüllten
Überprüfungsbögen, in denen auch auf die Frage nach einer erfolgten Heirat gestellt
worden ist, deutlich erkennbar, dass eine Heirat des Elternteils, bei dem das Kind lebt, ein
für die Gewährung der Leistung entscheidender Umstand ist, der der
Unterhaltsvorschusskasse/dem Jugendamt mitzuteilen ist. Diese Hinweise konnte die
Klägerin nur so verstehen, dass eine Heirat die Voraussetzungen für die Gewährung der
Unterhaltsvorschussleistungen entfallen lässt. Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin, die
nach eigenem Bekunden in anderem Zusammenhang ein Soziologiestudium absolviert hat,
auf Grund ihrer persönlichen Voraussetzungen nicht in der Lage gewesen wäre, die
gegenüber dem Beklagten bestehenden Mitteilungspflichten zu erfassen, bestehen nicht.
Auch sofern die Klägerin möglicherweise angesichts des Verbleibs des Ehemannes im
Ausland bezüglich der rechtlichen Einschätzung der in Australien geschlossenen Ehe, ihrem
alleinigen Aufenthalt in Deutschland und deren Auswirkungen auf die
Unterhaltsvorschussleistungen unsicher gewesen sein sollte, hat sie die ihr obliegende
Sorgfalt jedenfalls dadurch verletzt, dass sie nicht unmittelbar nach der Eheschließung
beziehungsweise Rückkehr aus Australien sich bei dem Funktionsvorgänger des Beklagten
nach den entsprechenden Folgen für den Leistungsanspruch erkundigt hat.
Die objektiven und subjektiven Tatbestandsvoraussetzungen für eine Ersatzpflicht der
Klägerin für den Zeitraum 3.12.2001 bis 31.12.2002 sind mithin gegeben. Insoweit haben
die angefochtenen Bescheide Bestand; für den darüber hinausgehenden Zeitraum sind sie
aufzuheben.
Geht man nach dem Gesagten davon aus, dass die Klägerin jedenfalls seit dem 1.1.2003
von ihrem (damaligen) Ehemann dauernd getrennt lebte und somit die
Anspruchsvoraussetzungen des § 1 Abs. 1 UVG „wiederaufgelebt“ waren, steht einer
entsprechenden Aufhebung des Rückforderungsbescheides für den Zeitraum 1.1.2003 bis
30.4.2003 auch nicht mit Blick auf eine eventuelle mangelnde Zuständigkeit des Beklagten
entgegen, dass die Klägerin in dieser Zeit in A-Stadt gearbeitet und während der Woche
auch dort gelebt hat. Wie bereits dargelegt, hatte die Klägerin ihren Lebensmittelpunkt in
B.-Stadt beibehalten, wo sie die Wochenenden verbrachte, weiterhin mit erstem Wohnsitz
gemeldet war und bis Mai 2003 ihren Hausstand in der angemieteten Wohnung inne hatte,
so dass auch für diesen Zeitraum die Zuständigkeit für Unterhaltsvorschussleistungen dem
Beklagten oblag. Im Falle einer örtlichen Unzuständigkeit dürfte zudem von einem
entsprechenden Erstattungsanspruch gegenüber dem zuständig gewordenen
Leistungsträger und nicht von einem Ersatzanspruch gegen die Klägerin auszugehen sein.
Nach allem wird der Berufung in dem im Tenor genannten Umfang stattgegeben; im
Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 155 Abs. 1 und 3, 188 VwGO
zur Gerichtskostenfreiheit im Verfahren nach UVG siehe BVerwG,
Urteil vom 14.10.1993 – 5 C 10/91 -, zitiert nach Juris.
Die vorläufige Vollstreckbarkeit wegen der Kosten beruht auf den §§ 167 VwGO, 708 Nr.
10 ZPO.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen
nicht vor.