Urteil des OVG Rheinland-Pfalz vom 06.11.2008

OVG Koblenz: kinderarbeit, vorbehalt des gesetzes, ermächtigung, berufsfreiheit, eingriff, satzung, ilo, konvention, gemeinde, indien

OVG
Koblenz
06.11.2008
7 C 10771/08.OVG
Friedhofsrecht
Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil
Im Namen des Volkes
In dem Normenkontrollverfahren
des Herrn H.,
- Antragsteller -
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Redeker Sellner Dahs & Widmaier, Mozartstraße 4-10,
53115 Bonn,
gegen
die Stadt Andernach, vertreten durch den Oberbürgermeister, Läufstraße 11, 56626 Andernach,
- Antragsgegnerin -
wegen Friedhofssatzung (Normenkontrolle)
hat der 7. Senat des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz in Koblenz aufgrund der mündlichen
Verhandlung vom 6. November 2008, an der teilgenommen haben
Vorsitzende Richterin am Oberverwaltungsgericht Wünsch
Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Holl
Richter am Oberverwaltungsgericht Wolff
für Recht erkannt:
§ 21 Abs. 3 und § 24 Abs. 5 der Friedhofssatzung der Antragsgegnerin vom 27. Juli 1992 in der Fassung
der 2. Änderungssatzung vom 5. Juli 2007 werden für unwirksam erklärt.
Die Kosten des Verfahrens hat die Antragsgegnerin zu tragen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Antragsteller wendet sich im Wege der Normenkontrolle gegen Bestimmungen in der
Friedhofssatzung der Antragsgegnerin. Er ist Inhaber eines Steinmetzbetriebs in N. und seit 1993 auf den
Friedhöfen der Antragsgegnerin für die Errichtung von Grabmalen gemäß § 7 der Friedhofssatzung zuge-
lassen. Nach seinen Angaben besteht seine Tätigkeit als Steinmetz zu 90 % in der Anfertigung und
Errichtung von Grabmalen. Seinen Kundenkreis hat er im Wesentlichen in einem Umkreis von 10 bis 15
km um seinen Standort herum. Er sieht sich durch die Neuregelungen in der Friedhofssatzung der
Antragsgegnerin in seinen beruflichen Bestrebungen gehindert. Durch Beschluss vom 5. Juli 2007
änderte der Stadtrat der Antragsgegnerin die Friedhofssatzung vom 27. Juli 1992 durch ergänzende
Bestimmungen. Die Regelung trat am 16. Juli 2007 in Kraft. Nach der Ergänzung zu § 21 Abs. 3 dürfen nur
Grabmale aufgestellt werden, die nachweislich in der gesamten Wertschöpfungskette ohne aus-
beuterische Kinderarbeit im Sinne der ILO-Konvention 182 hergestellt sind. Nach dem neu eingefügten §
24 Abs. 5 sind jedem Antrag auf Genehmigung nach den Absätzen 1 bis 4 Nachweise über die
Produktionsbedingungen beizufügen. Sie sind danach Voraussetzung für die Genehmigungsfähigkeit.
In der Begründung der Beschlussvorlage für die Änderung in der Sitzung vom 5. Juli 2007 heißt es
insoweit, dem Münchener Beispiel folgend sollten nunmehr durch diese Satzungsänderung nur noch
Grabmale erlaubt sein, die ohne ausbeuterische Kinderarbeit hergestellt sind. Rund 2/3 aller Natursteine
in Deutschland kämen aus Indien. Es werde geschätzt, dass 150.000 Kinder in indischen Steinbrüchen
arbeiteten, obwohl die Arbeit von Kindern unter 16 Jahren nach indischem Gesetz verboten sei. Deshalb
seien die meisten Kinder illegal beschäftigt, oft lebe sogar die ganze Familie in Schuldknechtschaft. Für
weitere außereuropäische Länder (wie China oder Brasilien) gebe es bisher keine gesicherten
Erkenntnisse, jedoch könne auch in den dortigen Steinbrüchen Kinderarbeit nicht ausgeschlossen
werden. Mittlerweile gebe es auch für Grabsteine ein unabhängiges, qualifiziertes Zertifikat, das die
Einhaltung sozialer Mindeststandards, insbesondere den Nichtgebrauch von Kinderarbeit für die gesamte
Wertschöpfungskette testiere. Es könne also von den Steinmetzen im Rahmen des
Genehmigungsverfahrens ein entsprechender Nachweis verlangt werden. Neben dem derzeit einzigen
auf dem Markt befindlichen Gütezeichen "Xertifix" für Natursteine ohne Kinderarbeit würden dabei andere
unabhängige und gleichwertige Gütesiegel bzw. Nachweise im Genehmigungsverfahren akzeptiert.
Der Vorlage waren Formulare als Anlage 2 beigefügt, die die Nachweisalternativen enthalten. Danach ist
es bis zum 31. Dezember 2008 möglich, nachgewiesene Altbestände zu verwenden, wenn die Firma
verbindlich erklärt und nachweist, dass sie aktive und zielführende Maßnahmen zum Ausstieg aus der
ausbeuterischen Kinderarbeit eingeleitet hat.
Mit bei Gericht am 15. Juli 2008 eingegangenem Schriftsatz hat der Antragsteller insoweit die
Normenkontrolle beantragt. Er macht geltend, er sei gemäß § 47 Abs. 2 VwGO antragsbefugt, da er
unmittelbar durch die Normen in seinen Rechten betroffen sei; die Friedhofssatzung umfasse nicht nur das
Verhältnis zwischen Nutzern und der Friedhofsverwaltung, sondern beinhalte ausdrücklich auch
Regelungen bezüglich der auf dem Friedhof tätigen Gewerbetreibenden wie den Steinmetzen. Das
Antragserfordernis in § 24 Abs. 5 entsprechend dem vorgesehenen Antragsformular mit den geforderten
Nachweisen treffe vorwiegend den jeweiligen Steinmetz, der das Grabmal errichten solle, und nicht nur
den Grabnutzungsberechtigten. Er sei jedenfalls im Sinne der Rechtsprechung des Bundesver-
fassungsgerichts zu Grundrechtseingriffen mittelbar-faktisch in rechtserheblicher Weise berührt. Die
Friedhofssatzung habe insoweit unmittelbar berufsregelnden Charakter. Darin liege zugleich ein Eingriff in
die allgemeine Handlungsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1 GG. Das Eigentumsrecht sei durch die Übergangs-
regelung betroffen, soweit diese eine Verwendung der Altbestände ab dem 1. Januar 2009 ausschließe.
Die Satzungsregelung verstoße gegen höherrangiges Recht und sei deshalb unwirksam. Die allgemeine
Satzungsbefugnis der Gemeinden nach § 24 Abs. 1 GemO reiche für den Eingriff in die Berufsfreiheit nach
Art. 12 Abs. 1 GG nicht aus. Es fehle schon an einer Angelegenheit der örtlichen Gemeinschaft, da es
ersichtlich um die Abwehr von Gefahren von Kinderarbeit in anderen Staaten gehe. So sei in der
Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts die Kompetenz der Gemeinden zur Befassung mit der
Forderung nach atomwaffenfreien Zonen sowie die Kompetenz zu Regelungen von Fernwärmesatzungen
mit Klimaschutz als einzigem Regelungszweck verneint worden. Es lägen vorliegend auch keine Bezüge
zu örtlichen Besonderheiten in einem überschaubaren lokalen Bereich vor. Auf nationaler Ebene sei
nämlich die Umsetzung der ILO-Konvention 182 gegen Kinderarbeit durch das Ratifizierungsgesetz
geregelt. Der Bundesgesetzgeber habe keine Veranlassung gesehen, den Kommunen insoweit beson-
dere Kompetenzen und Ermächtigungen zu übertragen. Allein der Grundsatz der Bundestreue gebe für
eine Kompetenzerweiterung in dieser Hinsicht für die Kommunen nichts her. Auf die Satzungsautonomie
in der Form der Generalermächtigung nach § 24 Abs. 1 GemO Rheinland-Pfalz könne nach ganz
herrschender Meinung nicht zurückgegriffen werden, wenn eine Satzungsregelung einen Eingriff in
Freiheit und Eigentum des Normadressaten verursache. An einer somit erforderlichen ausdrücklichen
gesetzlichen Ermächtigung etwa im Bestattungsgesetz des Landes Rheinland-Pfalz fehle es hier aber.
Die Ermächtigung dort beziehe sich nur auf die Regelung der Bereitstellung von Grabstätten, die
Ruhezeiten und die Benutzungsordnung des Friedhofs (§§ 2 Abs. 3, 5 Abs. 2, 6 Abs. 1 Bestattungsgesetz).
Eine Regelungsbefugnis hinsichtlich der Herkunft und Produktionsweise der Grabsteine könne so nicht
hergeleitet werden. Auch unabhängig von Erwägungen zur Kompetenz des Satzungsgebers sei die
Regelung wegen Verstoßes gegen höherrangiges Recht unwirksam. Die Satzungsregelung sei
angesichts des Eingriffs in die Freiheit der Berufsausübung der Steinmetze nicht gerechtfertigt, schon weil
sie nicht geeignet sei, das angestrebte Ziel zu erreichen oder auch nur zu fördern. Die geänderte Satzung
verlange eine Zertifizierung für Grabmale, die aus Asien, Südamerika und Afrika stammten. In der
Produktion von Grabsteinen und Rohmaterial zur Grabsteinherstellung sei Kinderarbeit nicht einmal für
Indien wirklich belegt. Weltweite unabhängige Zertifizierungsstellen existierten nicht. Das von der
Antragsgegnerin akzeptierte Xertifix-Siegel stamme nicht von einer unabhängigen überwachten Stelle, die
Tätigkeit sei im Wesentlichen auf Indien beschränkt. Die bestehenden Unsicherheiten bei der
Nachweisführung könnten nicht den Steinmetzbetrieben aufgebürdet werden. Es fehle wegen der
aufgezeigten Schwierigkeiten auch an der erforderlichen Bestimmtheit der Regelung. Damit liege eine
nicht zu rechtfertigende Einschränkung der Warenverkehrs- und Dienstleistungsfreiheit nach Art. 28 und
49 EG-Vertrag vor. Entsprechendes gelte im Hinblick auf die Verletzung von völkerrechtlichen Normen
des WTO-Übereinkommens wegen technischer Handelshemmnisse.
Der Antragsteller beantragt,
§ 21 Abs. 3 und § 24 Abs. 5 der Friedhofssatzung der Antragsgegnerin vom 27. Juli 1992 in der Fassung
der Änderungssatzung vom 5. Juli 2007 für unwirksam zu erklären.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Sie stellt zunächst die Antragsbefugnis und Rechtsbetroffenheit des Antragstellers in Abrede. Er sei seit
1993 im Bereich ihrer Friedhöfe zugelassen und habe ausweislich der Akten seither keinen einzigen
weiteren Genehmigungsantrag für die Errichtung von Grabmalen gestellt; damit erweise sich, dass er
schon wegen des Rheins als natürlicher Grenze zwischen seinem Standort und den Friedhöfen der Stadt
dort keinen geschäftlichen Einzugsbereich habe. Die Satzungsänderung finde ihre
Ermächtigungsgrundlage in der gemeindlichen Satzungsautonomie nach § 24 Abs. 1 GemO und in § 6
Abs. 1 des Bestattungsgesetzes Rheinland-Pfalz. Adressat der Regelung sei im Übrigen nicht der
Steinmetz, sondern der Grabnutzer, für den die Genehmigungspflicht im Hinblick auf die Gestaltungs-
vorschriften für Grabmale gelte. Zudem komme die Gemeinde nur einem Gebot zur Bundestreue nach,
wenn sie im Sinne der ILO-Konvention 182 Maßnahmen zur Verhinderung von Kinderarbeit vorsehe. Die
Konvention verpflichte die Vertragsstaaten unter anderem zu unverzüglichen Maßnahmen zur Beseitigung
der schlimmsten Formen der Kinderarbeit. Auch Art. 25 Abs. 2 der Landesverfassung gebiete es, die
Jugend gegen Ausbeutung sowie sittliche, geistige und körperliche Verwahrlosung zu schützen. Die
Regelung habe im Übrigen bei den ortsansässigen Steinmetzbetrieben eine positive Resonanz erfahren;
die Zertifizierungskosten seien insgesamt gering und könnten abgewälzt werden, sodass ein Eingriff in die
Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG nicht erkennbar sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die von den Beteiligten
gewechselten Schriftsätze sowie die beigezogenen Normsetzungs-vorgänge Bezug genommen, die
sämtlich Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
Entscheidungsgründe
Der Normenkontrollantrag des Antragstellers hat Erfolg.
Die beanstandeten Normen der §§ 21 Abs. 3 und 24 Abs. 5 der Friedhofssatzung ‑ FS ‑ der
Antragsgegnerin in der derzeit geltenden Fassung sind für unwirksam zu erklären. Sie verstoßen gegen
höherrangiges Recht.
Gegenstand des Verfahrens ist zum einen § 21 Abs. 3 der novellierten Satzung, der unter Kapitel V
Bestandteil der Regelung des § 21 "Gestaltungsvorschriften" ist. Nach § 22 Abs. 1 der Satzung unterliegen
- abgesehen von Grabfeldern mit besonderen Gestaltungsvorschriften (§ 22a) - Grabmale keinen
besonderen Anforderungen, mit Ausnahme der im Folgenden aufgeführten Regelungen aus Gründen der
Sicherheit bzw. Standfestigkeit der Grabmale und eines ordnungsgemäßen Ablaufs der Durchführung von
Bestattungen. Darüber hinaus ist nach § 21 Abs. 2 FS jede Grabstätte so zu gestalten und an die
Umgebung anzupassen, dass die Würde des Friedhofs in seinen einzelnen Teilen und in seiner
Gesamtanlage gewahrt wird. Dieser Regelung ist nunmehr Abs. 3 des § 21 angefügt, der wie folgt lautet:
"Es dürfen nur Grabmale aufgestellt werden, die nachweislich in der gesamten Wertschöpfungskette ohne
ausbeuterische Kinderarbeit im Sinne der ILO-Konvention 182 hergestellt sind." Unter Kapitel VI "Grab-
male" sieht § 24 unter der Überschrift "Zustimmungserfordernisse zum Errichten und Ändern von
Grabmalen" unter Abs. 1 die vorherige schriftliche Zustimmung der Friedhofsverwaltung vor. In Abs. 2 und
3 der Bestimmung sind insoweit die notwendigen Genehmigungsunterlagen angeführt, wie z.B.
Grundrisse und Seitenansicht des Grabmalentwurfs (Abs. 2) sowie weitere Details des Grabmals (z. B. Art
des Grabmals, Masse, Art des Werkstoffs usw. [Abs. 3]). Die Genehmigung zur Aufstellung von Grabmalen
und Grabeinfassungen wird danach versagt, wenn sie den Vorschriften der Friedhofssatzung widerspricht.
Die hier des Weiteren beanstandete Bestimmung des eingefügten Absatz 5 sieht in diesem Zusam-
menhang vor: "Jedem Antrag auf Genehmigung nach den Absätzen 1 bis 4 sind Nachweise über die
Produktionsbedingungen beizufügen. Sie sind Voraussetzung für die Genehmigungsfähigkeit".
1. Der Antrag ist zulässig, weil er fristgerecht innerhalb eines Jahres seit dem Inkrafttreten der
Änderungssatzung gestellt worden ist (§ 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO i.d.F. des Gesetzes vom 21. Dezember
2006, BGBl. I S. 3316). Darüber hinaus fehlt es auch nicht an der nach dieser Bestimmung erforderlichen
Antragsbefugnis. Der Antragsteller kann nämlich geltend machen, durch die beanstandeten Vorschriften
oder deren Anwendung in seinen Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Die
städtischen Friedhöfe gehören zum geschäftlichen Einzugsbereich des Betriebs des Antragsstellers. Auf
die Zahl der Aufträge dort in der Vergangenheit kann nicht entscheidend abgestellt werden, da es nach
der Bestimmung über die Antragsbefugnis auch auf die möglichen künftigen Rechtsverletzungen
ankommt. Betroffen ist insoweit seine Berufsfreiheit gemäß Art. 12 Abs. 1 GG. Dabei kann offen bleiben, ob
es sich um einen gezielten Eingriff in die berufliche Betätigungsfreiheit des Antragstellers als Steinmetz
handelt, der sich zu wesentlichen Teilen (ca. 90 %) mit der Herstellung und Errichtung von Grabmalen
befasst. Eingriffe in diesem Sinne sind Regelungen, die sich gerade auf die berufliche Betätigung
beziehen und sie unmittelbar zum Gegenstand haben (BVerfGE 13, 181, 185). Dies betrifft etwa
verbindliche Vorgaben für das Ob und Wie einer bestimmten beruflichen Tätigkeit. Vorliegend wird der
Bezug von Steinen für die Weiterverarbeitung durch den Antragsteller geregelt. Selbst wenn der Begriff
eines zielgerichteten Eingriffs nicht erfüllt wäre, handelte es sich doch um eine ebenfalls an der
Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG zu messende Regelung, weil sie aufgrund ihrer mittelbaren oder
tatsächlichen Auswirkungen deren Schutzbereich beeinträchtigt und ihre Auswirkungen auf die
betroffenen Personen von einigem Gewicht sind (vgl. BVerfGE 61, 291, 308). Eine solch objektiv
berufsregelnde Tendenz lässt die Bestimmung des § 21 Abs. 3 FS deutlich erkennen, weil sie die
Betätigung des Antragstellers als Steinmetz erheblich trifft, wenn er - wie dies vorliegend der Fall ist -
einen Großteil seines Ausgangsmaterials aus Indien oder sonstigen "verdächtigen" Staaten bezieht und
nicht nachweisen kann, dass in der gesamten Wertschöpfungskette keine ausbeuterische Kinderarbeit
vorlag. An einer möglichen Rechtsbeeinträchtigung des Antragstellers fehlt es nicht schon deshalb - wie
die Antragsgegnerin meint - weil "Adressat" der beanstandeten Regelung nur der Nutzer des Friedhofs,
der Inhaber der Grabstätte, nicht aber der als dessen Auftragnehmer in Erscheinung tretende Steinmetz
sei. Zwar ist es im Ausgangspunkt zutreffend, dass mit dem Zustimmungsvorbehalt für die Errichtung oder
Änderung eines Grabmals nach § 24 Abs. 1 FS eine Regelung innerhalb des Benutzungsverhältnisses
zwischen Grabnutzungsberechtigtem und Träger der Einrichtung getroffen wird. Die Gewerbetreibenden
und Ausführenden gewerblicher Arbeiten auf den Friedhöfen wie Bildhauer, Steinmetze, Bestatter, Gärtner
usw. sind indessen nach § 7 Abs. 1 FS in die Abwicklung dieser Nutzungsverhältnisse einbezogen und
bedürfen einer eigenen Zulassung auf dem Friedhof nach § 7 Abs. 1 FS. Die Steinmetze werden
jedenfalls durch die Regelung in § 24 Abs. 5 FS - wie auch die Antragsgegnerin letztlich nicht verkennt - in
erheblicher Weise wenigstens mittelbar-faktisch den genannten Beschränkungen unterworfen, weil sich
ihre berufliche und gewerbliche Dienstleistung, die gegenüber dem Nutzungsberechtigten als Kunden
erbracht wird, an der Bestimmung ausrichten muss. Dementsprechend sehen auch die der Begründung
zum beschlossenen Novellierungsentwurf beigefügten Nachweisformulare für die Genehmigung der
Errichtung von Grabmalen (Anlage 2 zu der Beschlussvorlage vom 5. Juli 2007) eine Erklärung der
Steinmetzfirma vor, und zwar im Hinblick auf die Herkunft des Materials, die Zertifizierung gemäß dem
Verbot der Herstellung mit Hilfe ausbeuterischer Kinderarbeit im Sinne der ILO-Konvention und im Hin-
blick auf die Lieferung aus Altbeständen mit der Erklärung, dass das Unternehmen und die Lieferanten
und Importeure aktive und zielführende Maßnahmen zum Ausstieg aus der ausbeuterischen Kinder- und
Sklavenarbeit eingeleitet hätten. Die Begründung führt insoweit im Einzelnen aus: "Mittlerweile gibt es
auch für Grabsteine ein unabhängiges, qualifiziertes Zertifikat, das die Einhaltung sozialer
Mindeststandards, insbesondere den Nichtgebrauch von Kinderarbeit für die gesamte
Wertschöpfungskette testiert. Es kann also von den Steinmetzen im Rahmen des
Genehmigungsverfahrens ein entsprechender Nachweis verlangt werden …" Eine Verletzung der Rechte
des Antragstellers ist daher möglich.
2. Der Antrag ist auch begründet. Die beanstandeten Vorschriften sind für unwirksam zu erklären, weil es
der Antragsgegnerin an der erforderlichen gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage für die getroffene
Regelung mangelt. Anders als diese annehmen will, reicht die in § 24 Abs. 1 GemO normierte allgemeine
Satzungsbefugnis der Gemeinde für den hier in Rede stehenden Eingriff in die Grundrechtsposition nach
Art. 12 Abs. 1 GG nicht aus. Nach § 24 Abs. 1 GemO können die Gemeinden im Rahmen ihrer Aufgaben
und der Gesetze Satzungen erlassen. Satzungen über Auftragsangelegenheiten bedürfen danach einer
besonderen gesetzlichen Ermächtigung. Aus letzterer Regelung kann für die Auslegung des
Landesrechts indessen nicht darauf geschlossen werden, dass eine solche besondere Ermächtigung im
Bereich der Selbstverwaltungsaufgaben nicht erforderlich wäre, wenn es um einen Eingriff in Freiheit und
Eigentum geht (vgl. BayVGH, BayVBl. 1992, 337; OVG NRW, NVwZ 1988, 272, 273). Dabei ist zu
unterscheiden: Im Bereich der gemeindlichen Einrichtungen sieht die Rechtsprechung die allgemeine
Ermächtigung als ausreichende Grundlage an, soweit es um Regelungen zur Benutzung der Einrichtung
geht, das heißt um Regelungen, die mit dem Einrichtungszweck notwendigerweise verbunden sind. Mit
der Inanspruchnahme der Einrichtung unterwirft sich der Benutzer gleichsam Regelungen, die zur
Erlangung des Nutzungsvorteils für ihn mit entsprechenden Belastungen verbunden sind. In diesem
Funktionszusammenhang sieht die Rechtsprechung die allgemeine Regelung der Satzungsautonomie als
hinreichend bestimmt an, die damit verbundenen Eingriffe zu tragen (vgl. BayVGH, a.a.O. und NVwZ-RR
1995, 347; Gern, Deutsches Kommunalrecht, 2. Auflage, Rn. 250 f. m.w.N.; Waechter, Kommunalrecht, 3.
Auflage, S. 313). Über diesen Rahmen von Benutzungsregelungen bei der Inanspruchnahme der
Einrichtung geht die hier den Gegenstand des Verfahrens bildende Regelung ersichtlich hinaus. Rege-
lungen im Rahmen der Benutzungsordnung eines Friedhofs sind insoweit noch Bestimmungen über die
Art und Größe der Grabmale, weil dies die äußere Gestalt des Friedhofs mitbestimmt, ebenso die
sonstigen Gestaltungsbestimmungen, mit denen die Würde des Ortes gewahrt werden soll. Zu diesem
Funktionszusammenhang gehören dabei auch Bestimmungen wie in § 25 FS, mit denen die
Standsicherheit der Grabmale gesichert werden soll. Die Ermächtigungsgrundlage der allgemeinen
Satzungsbefugnis ist in diesem Zusammenhang begrenzt auf den beschriebenen Einrichtungszweck und
die Notwendigkeit entsprechender Regelungen, bei denen es um die Einschränkung der Nutzung geht
(vgl. auch Gaedke, Bestattungsrecht, 9. Auflage, S. 64 f., 177).
Dieser Auslegung des Landesrechts entspricht die zum Gesetzesvorbehalt des Art. 12 Abs. 1 GG für
Eingriffe in die Berufsfreiheit ergangene Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, wonach die
gegebenenfalls mit der Selbstverwaltungsgarantie der Gemeinden nach Art. 28 Abs. 1 GG einhergehende
Satzungsautonomie ohne spezifische weitergehende gesetzliche Ermächtigung eine Einschränkung der
Berufsfreiheit nicht trägt (BVerwGE 90, 359 = NJW 1993, 411). Verfassungsrechtlich ist insoweit für
Bestimmungen, die über die im engeren Sinne zur Nutzung einer kommunalen Einrichtung erforderlichen
Regelungen hinausgehen, unverzichtbar, dass eine hinreichende, vom parlamentarischen Gesetzgeber
geschaffene Ermächtigungsgrundlage vorhanden ist, die dem kommunalen Satzungsgeber die
entsprechende Befugnis eröffnet. Dabei sind nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts
(a.a.O.) die Anforderungen an die Bestimmtheit der Ermächtigung um so höher, je empfindlicher die freie
berufliche Betätigung beeinträchtigt wird und je stärker die Interessen der Allgemeinheit von der Art und
Weise der Tätigkeit berührt werden. Denn die grundlegende Entscheidung, ob und welche
Gemeinschaftsinteressen so gewichtig sind, dass das Freiheitsrecht des Einzelnen zurücktreten muss, fällt
danach allein in den Verantwortungsbereich des staatlichen Gesetzgebers (vgl. auch BVerfGE 76, 171,
184).
Eine diesen Maßstäben gerecht werdende gesetzliche Ermächtigungsgrundlage für die
Benutzungsordnung der Friedhöfe hat im Übrigen der Landesgesetzgeber den Gemeinden in § 6 Abs. 1
des Bestattungsgesetzes Rheinland-Pfalz vom 4. März 1993 - BestG ‑ (GVBl. S. 69) bereitgestellt. Danach
regeln die Gemeinden die Benutzung von Gemeindefriedhöfen, Leichenhallen und
Einäscherungsanlagen sowie die Gestaltung der Grabstätten durch Satzung (§ 6 Abs. 1 Satz 1 BestG).
Über diesen Gegenstand einer Regelung der Benutzung des Friedhofs und der Gestaltung von
Grabstätten geht die hier zu prüfende Bestimmung weit hinaus. Sie ist keine Gestaltungsvorschrift; der
Produktionsprozess und die Herkunft der Steine sind keine äußerlichen Gestaltungsmerkmale des
Friedhofs und seiner Anlagen. Vielmehr betrifft die Vorschrift das Vorfeld der Benutzungsverhältnisse und
hat den Charakter einer Regelung von Produktionsabläufen und - weil andere Staaten betroffen sind -
einer Außenhandelsregelung. Dies überschreitet nicht nur die spezifische Ermächtigung in § 6 Abs. 1 Satz
1 BestG, sondern auch die nach gefestigter Auffassung begrenzte allgemeine Satzungsautonomie der
Gemeinde (vgl. BayVGH, BayVBl. 1992, 337 m.w.N.; zustimmend Knemeyer/ Deubert, BayVBl. 1992, 340;
Weber, BayVBl. 1998, 327).
Wie in der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (a.a.O.) zutreffend hervorgehoben
wird, führt die hier vertretene Auslegung der allgemeinen Satzungsbefugnis der Gemeinden in der Praxis
kaum zu spürbaren Eingrenzungen, wenn zugleich wie aufgezeigt die Ermächtigungsgrundlage für
Eingriffe im Rahmen der Nutzungsordnung für gemeindliche Einrichtungen großzügig ausgelegt wird.
Insoweit ist nämlich dem Vorbehalt des Gesetzes für Eingriffe in Freiheit und Eigentum noch Rechnung
getragen, der dem Bürger die Vorhersehbarkeit der von ihm zu erwartenden Belastungen anhand eines
staatlichen Gesetzes gewährleisten soll. Würde hingegen auch über diesen begrenzten
Regelungsgegenstand hinaus die allgemeine Satzungsbefugnis als ausreichend angesehen, hätte der
Bürger in kleinräumigen Gebieten mit den unterschiedlichsten und inhaltlich nicht eingrenzbaren
Vorschriften zu rechnen, ohne dass ein spezifisch örtliches Bedürfnis dafür bestünde. Dies würde
insbesondere den überregional tätigen Wirtschaftsbereich treffen. Es ist nicht hinzunehmen, dass
Regelungen wie die hier in Rede stehende Vorschrift über den Herkunftsnachweis von Steinmaterial und
den Nachweis für den Ausschluss verwerflicher Produktionsverhältnisse, die wegen des
Außenhandelsbezugs den Gesamtstaat betreffen, der örtlichen Selbstverwaltungsautonomie zugerechnet
werden. Es handelt sich nicht um Vorgänge mit einem spezifisch örtlichen Bezug, der gerade nur den
Bereich dieser einen Körperschaft erfasst. Letztlich würde hier ohne spezifische Ermächtigung mit einer
örtlichen Regelung in den Vorbehaltsbereich des staatlichen Gesetzgebers eingegriffen (vgl. zu dieser
Sperrwirkung auch Gallwas, BayVBl. 1992, 644, 646). Dieser Kompetenzordnung kommt besondere
Sperrwirkung auch Gallwas, BayVBl. 1992, 644, 646). Dieser Kompetenzordnung kommt besondere
Bedeutung im Bereich der wirtschaftlichen Betätigung und der Wahrnehmung der Berufsfreiheit zu, wenn
nicht der Eingriff durch die spezifischen örtlichen Benutzungsbedingungen einer gemeindlichen
Einrichtung gerechtfertigt ist. Die aus ethischer Sicht und mit Blick auf das Verbraucherverhalten
verständlichen und anerkennenswerten Bemühungen der Antragsgegnerin zur Verhinderung aus-
beuterischer Kinderarbeit finden in den fehlenden gemeindlichen Regelungskompetenzen insoweit ihre
Schranken. Auch auf den Grundsatz der Bundestreue (Art. 20 Abs. 1 GG) mit Blick auf die Erfüllung des
von der Bundesrepublik Deutschland ratifizierten ILO-Abkommens 182 zur Verhinderung ausbeuterischer
Kinderarbeit vermag die Gemeinde sich zur Überwindung dieser Kompetenzschranken nicht zu berufen,
sodass dahingestellt bleiben kann, ob aus dem genannten Abkommen überhaupt eine Berechtigung
folgen könnte, durch mittelbare Einwirkung in Form von Handelshemmnissen den Zweck des Abkommens
zu fördern.
Die Antragsgegnerin ist gemäß § 47 Abs. 5 Satz 2 2. Halbsatz VwGO verpflichtet, die Entscheidungsformel
in der Form zu veröffentlichen, in der die für unwirksam erklärten Vorschriften bekannt zu machen waren.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die zur vorläufigen Vollstreckbarkeit wegen der
Kosten auf §§ 167 VwGO, 708 Nr. 10 ZPO.
Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Art nicht vorliegen.
Rechtsmittelbelehrung
gez. Wünsch gez. Dr. Holl gez. Wolff
Beschluss
Der Wert des Streitgegenstands wird auf 5.000,00 € festgesetzt (§ 52 Abs. 2 GKG).
gez. Wünsch gez. Dr. Holl gez. Wolff