Urteil des OVG Rheinland-Pfalz vom 06.03.2002
OVG Koblenz: stand der technik, bebauungsplan, recht auf leben, windkraft, windenergie, schattenwurf, landwirtschaft, körperliche unversehrtheit, lärm, landschaft
Baurecht
OVG
Koblenz
06.03.2002
8 C 11470/01.OVG
Oberverwaltungsgericht
Rheinland-Pfalz
Urteil
Im Namen des Volkes
In dem Normenkontrollverfahren
wegen Normenkontrolle (Bebauungsplan)
hat der 8. Senat des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz in Koblenz aufgrund der mündlichen
Verhandlung vom 6. März 2002, an der teilgenommen haben
Vorsitzender Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Bier
Richterin am Oberverwaltungsgericht Spelberg
Richter am Oberverwaltungsgericht Utsch
für Recht erkannt:
Der am 22. Mai 2001 als Satzung beschlossene Bebauungsplan „Windkraftanlagen-Sondergebiet Biedelt
und Läusberg“ wird für unwirksam erklärt. Im übrigen wird der Antrag abgelehnt.
Die Kosten des Verfahrens hat die Antragsgegnerin zu tragen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Antragsgegnerin kann die Vollstreckung durch
Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckungsfähigen Betrages abwenden, wenn nicht die Antragstellerin
vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
T a t b e s t a n d
Die Antragstellerin wendet sich als Miteigentümerin eines am westlichen Ortsrand der Nachbargemeinde
Thomm gelegenen Wohngrundstücks gegen den Bebauungsplan „Windkraftanlagen-Sondergebiet
Biedelt und Läusberg“ der Antragsgegnerin.
Dieser setzt für den größten Teil des Plangebietes Flächen für die Landwirtschaft fest; innerhalb dieser
Flächen liegen sechs Sondergebiete für die Errichtung von Windenergieanlagen, auf denen als
untergeordnete Nutzung Landwirtschaft zugelassen ist. Die maximale Gesamthöhe der
Windenergieanlagen ist auf 100 m beschränkt.
Das Plangebiet liegt am Rande eines ins Ruwertal abfallenden Höhenzuges südwestlich der
Bundesstraße 52 – B 52 – und nordwestlich der Ortslage von Thomm. Die innerhalb des Plangebietes
ausgewiesenen sechs Sondergebiete für Windkraft halten zur B 52 einen Abstand von ca. 70 m bis zu 480
m ein. Der westliche Ortsrand von Thomm ist von dem am nächsten gelegenen Sondergebiet ca. 1200 m,
von dem entferntesten Sondergebiet ca. 2600 m entfernt. Die Sondergebiete liegen ca. 25 m tiefer als der
Ortsrand. Nach einer für die Errichtung von 14 Windenergieanlagen erstellten Sichtbelastungsanalyse
liegt die gesamte Ortslage von Thomm im Bereich der höchsten Sichtbelastungsklasse. Der
Antragsgegnerin lagen im Planverfahren zudem eine auch das Plangebiet umfassende, aber für einen
größeren Windpark erarbeitete Umweltverträglichkeitsstudie aus dem Jahre 1994, ein avifaunistisch-
ökologisches Gutachten vom August 1999 sowie Berechnungen über von den Anlagen ausgehende
Schattenwurfeffekte und Schallimmissionen vor.
Der am 18. Dezember 1985 genehmigte regionale Raumordnungsplan für die Region Trier – RROP 1985
– weist das Plangebiet insgesamt als Vorrangfläche für Erholung sowie teilweise auch für Landwirtschaft
aus. Was die Windkraft angeht, bestimmt der regionale Raumordnungsplan – Teilfortschreibung für den
Bereich Windkraft – (RROP Wind), genehmigt mit Bescheid des Innenministers vom 18. Dezember 1997,
für das Plangebiet weder einen Entwicklungs- noch einen Ausschlussbereich für Windkraft. Der
Flächennutzungsplan der Verbandsgemeinde Ruwer setzt für das Plangebiet Sonderbauflächen für
Windkraft fest.
Zum Ausgleich zu erwartender Eingriffe in Natur und Landschaft sieht der Bebauungsplan auf einem im
Plangebiet gelegenen Grundstück die Anpflanzung von 22 Hochstammobstbäumen sowie die extensive
Pflege des Grünlandes vor. In den Textfestsetzungen des Bebauungsplans wird auf innerhalb der
Gemarkung Waldrach gelegenen Flächen Erhalt/Entwicklung von Extensiv-Ackerflächen oder jungen
(Acker-)Brachen (ca. 8 ha) sowie Erhalt/Entwicklung eines Halb-Offenland-Komplexes (ca. 12 ha)
angeordnet. Des weiteren werden auf Grundstücken in den Gemarkungen Waldrach, Fell, Thomm,
Osburg, Riveris und Morscheid die Anpflanzung von hochstämmigen Obstbäumen zur Kompensation von
Sichtbeeinträchtigungen sowie im Baugenehmigungsverfahren festzusetzende Ausgleichszahlungen
gemäß § 5a LPflG vorgesehen.
Am 07. Dezember 1999 beschloss der Rat der Antragsgegnerin unter gleichzeitiger Aufhebung eines
früheren, ein erheblich größeres Plangebiet betreffenden Aufstellungsbeschlusses die Aufstellung des
angegriffenen Bebauungsplans.
Im Rahmen der öffentlichen Auslegung erhob die Antragstellerin Einwendungen gegen die Planung. Sie
machte geltend, die ornithologische Eignung des Standorts Läusberg sei nicht untersucht worden, obwohl
eine im Jahre 1994 erstellte Umweltverträglichkeitsstudie für einen Windpark diesen Standort aus
ornithologischer Sicht als ungeeignet eingestuft habe. Insbesondere seien die Auswirkungen der
geplanten Anlagen auf das Zugverhalten von Zugvögeln nicht berücksichtigt worden. Die Studie habe
zudem den Bereich „Biedelt“ als bedeutsames Rast- und Brutgebiet bezeichnet, wovon jetzt ohne
sachgerechten Grund abgerückt werde. Der Regionale Raumordnungsplan enthalte für das Plangebiet
keine Vorrangausweisung für Windkraft. Die Auswirkungen der Planung auf naheliegende potentielle
FFH-Gebiete seien nicht ermittelt worden. Von den geplanten Anlagen gehe eine hohe Sichtbelastung für
die Ortslage von Thomm aus. Es entstünden Schattenwurf- und Discoeffekte, die insbesondere für die
Bewohner der westlichen und nördlichen Ortsrandlage von Thomm unzumutbare Beeinträchtigungen mit
sich brächten. Zudem komme es zu Schallimmissionen im hörbaren und unhörbaren Bereich. Schließlich
beinhalte der Bebauungsplan wegen der starken Minderung des Verkehrswertes ihres Grundstücks einen
verfassungswidrigen, enteignungsgleichen Eingriff.
Am 22. Mai 2001 beschloss der Rat der Antragsgegnerin den Bebauungsplan als Satzung und wies
zugleich die Einwendungen der Antragstellerin zurück:
Die Umweltverträglichkeitsstudie aus dem Jahre 1994 komme hinsichtlich des Plangebiets prinzipiell zu
dem Ergebnis einer guten Eignung für Windenergieanlagen an höher gelegenen Stellen. Lediglich in
einer ergänzenden Karte sei ein geplantes Sondergebiet im Bereich „Läusberg“ als ornithologisch
ungeeignet dargestellt, obwohl im näheren Umfeld kein wertvoller Lebensraum für Vögel und als
Biotoptyp nur Acker abgegrenzt worden sei. Die beiden anderen Sondergebiete im Bereich „Läusberg“
befänden sich ohnehin in einem gut geeigneten Bereich. Bei der Fortschreibung des
Flächennutzungsplanes für den Teilbereich “Windkraft“ seien auch naturschutzfachliche
Ausschlussfaktoren, wie z.B. ornithologische Vorbehaltsgebiete und sonstige Biotopschutzbereiche
berücksichtigt worden, ohne dass dies zu einer Ablehnung der Windkraftnutzung im Bereich „Läusberg“
geführt habe. Weitergehende Untersuchungen im Rahmen der Bebauungsplanung seien daher nicht
erforderlich gewesen. Die Bewertung des Bereichs „Biedelt“ in der Umweltverträglichkeitsstudie laute
nach Auswertung seinerzeit vorhandener Unterlagen auf „bedingt geeignet“. Deshalb sei im Rahmen der
Bebauungsplanung für das avifaunistisch-ökologische Gutachten eine konkrete Bestandserfassung
durchgeführt worden. Den Belangen des Vogelzuges sei durch den Verzicht auf früher vorgesehene
Standortbereiche sowie die Schaffung von Ausweichhabitaten im Rahmen des landespflegerischen
Ausgleichs Rechnung getragen worden. Die mangelnde Ausweisung der Sondergebiete als
Entwicklungsflächen für Windkraft im Regionalen Raumordnungsplan sei unschädlich, da sie im
Flächennutzungsplan, aus dem der Bebauungsplan entwickelt sei, als Sonderbauflächen für Windkraft
dargestellt seien. Die offizielle Liste der gemeldeten FFH-Gebiete weise im Bereich des Plangebiets keine
Flächen aus. Die in umliegenden Gebieten vorhandenen Tierarten und Biotoptypen würden durch die
Windenergieanlagen nicht beeinträchtigt. Die sich für den Nord- und Westrand der Ortslage von Thomm
ergebende Sichtbelastung sei wegen der von Hochspannungsmasten und Verkehrswegen ausgehenden
Vorbelastung zumutbar. Die Schattenwurfprognose ergebe für Thomm minimale Jahreswerte. Der hörbare
Lärm liege laut Gutachten unter 30 dB(A). Der unhörbare Lärm sei laut Bundesgesundheitsamt jedenfalls
im Rahmen der für Windenergieanlagen typischen Schalldruckpegel für Menschen völlig unschädlich. Die
Verkehrswertminderung von nicht im Plangebiet gelegenen Grundstücken stelle keinen
abwägungserheblichen Belang dar.
Unter dem 26. Juni 2001 erteilte die Kreisverwaltung Trier-Saarburg der Firma Invest-Wind GmbH & Co.
KG eine – nicht bestandskräftig gewordene – Baugenehmigung zur Errichtung von sechs
Windenergieanlagen im Plangebiet.
Nach ortsüblicher Bekanntmachung des Satzungsbeschlusses am 29. Juni 2001 hat die Antragstellerin
am 01. Oktober 2001 Normenkontrollantrag gestellt.
Sie leitet ihre Antragsbefugnis aus den auf ihrem Grundstück wahrnehmbaren Lichtreflexen und dem
Schattenwurf der geplanten Windenergieanlagen sowie von einer Eiswurfgefährdung bei Benutzung der
B 52 ab. Im übrigen hält sie den Bebauungsplan für abwägungsfehlerhaft, da Sichtbelastung, Discoeffekt
sowie Schatten- und Eiswurf nicht mit dem gebotenen Gewicht in die Abwägung eingestellt worden seien.
Der Gemeinderat der Antragsgegnerin habe den Bebauungsplan um jeden Preis durchsetzen wollen, weil
eine Reihe von Ratsmitgliedern Grundeigentum im Plangebiet hätten. Diese hätten lediglich ihren Stuhl
ein Stück vom Beratungstisch abgerückt und nicht bei der Abstimmung mitgewirkt. Schließlich könnten die
von den geplanten Anlagen ausgehenden Beeinträchtigungen auch nicht mit deren Umweltfreundlichkeit
begründet werden, da die ökologische Bilanz derartiger Anlagen letztlich negativ sei.
Die Antragstellerin beantragt,
den am 22. Mai 2001 als Satzung beschlossenen Bebauungsplan der Antragsgegnerin
„Windkraftanlagen-Sondergebiet Biedelt und Läusberg“ für nichtig zu erklären.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Normenkontrollantrag abzulehnen.
Sie trägt vor, die Antragstellerin sei nicht antragsbefugt, da der Abstand der festgesetzten Sondergebiete
zur Wohnbebauung mindestens 1000 m betrage. Eine Eigentumsbeeinträchtigung scheide daher
offensichtlich aus. Das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit sei ebenfalls nicht tangiert, da der
behauptete Eiswurf durch Genehmigungsauflagen ausgeschlossen werden könne. Überdies seien
sämtliche von der Antragstellerin aufgeführten Belange fehlerfrei in die Abwägung eingestellt worden.
Eine Unzumutbarkeit der Sichtbelastung für die Antragstellerin liege schon wegen des großen Abstandes
zum Plangebiet sowie wegen der in den Sommermonaten entlang der B 52 vorhandenen Vegetation nicht
vor. Die Zuordnung von Thomm zur höchsten Sichtbelastungsklasse betreffe das ursprüngliche, weit
umfangreichere Planungskonzept, das auch Windenergieanlagen mit bis zu 130m Höhe vorgesehen
habe. Die Zuordnung sei daher für den angegriffenen Bebauungsplan nur bedingt aussagekräftig.
Lärmimmissionen und Schattenwurf lägen nach Maßgabe der eingeholten Gutachten im Bereich des
Zumutbaren. Eine Verkehrswertminderung sei nicht abwägungserheblich. Die Betriebssicherheit der
Anlagen werde durch Genehmigungsauflagen gewährleistet.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die von den Beteiligten zur
Gerichtsakte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. Der angegriffene Bebauungsplan
sowie drei Ordner Planaufstellungsakten lagen vor und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Auf ihren Inhalt wird ebenfalls verwiesen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
Der Normenkontrollantrag ist zulässig.
Die zur Planverwirklichung erteilte Baugenehmigung steht dem Rechtsschutzinteresse der Antragstellerin
nicht entgegen, weil sie nach Auskunft der Kreisverwaltung Trier-Saarburg (vgl. Bl. 86 RS der Gerichtsakte
8 C 11131/01.OVG) weder bestandskräftig geworden noch verwirklicht ist (s. dazu BVerwGE 78, 85).
Die Antragstellerin ist auch antragsbefugt im Sinne des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO, weil sie
abwägungserhebliche private Belange aufgezeigt hat, im Hinblick auf die möglicherweise das Gebot
gerechter Abwägung gemäß § 1 Abs. 6 BauGB verletzt sein könnte (BVerwGE 107, 215, 219).
Zu diesen abwägungserheblichen Privatbelangen gehört zwar nicht die behauptete
Verkehrswertminderung des Grundstücks der Antragstellerin (s. BVerwG, NVwZ 1995, 895), wohl aber
etwaiger Schattenwurf, Lichtreflexe sowie die von den Anlagen ausgehende optische Einwirkung. Diese
Einwirkung unterscheidet sich von einer – grundsätzlich nicht abwägungserheblichen (BVerwG aaO.) –
reinen Veränderung der Aussichtslage. Denn von der Drehbewegung der Rotoren können optische
Auswirkungen ausgehen, die sich von dem Anblick von Gebäuden oder sonstigen baulichen Anlagen
qualitativ unterscheiden. Dies führt jedenfalls dann zu einer Abwägungserheblichkeit der Sichtbelastung,
wenn die Anlagen – wie dies hinsichtlich der Antragstellerin in der mündlichen Verhandlung unstreitig
gestellt worden ist – vom Grundstück des Betroffenen aus sichtbar sind und aufgrund der konkreten
Entfernung sowie der topographischen Verhältnisse nicht nur als untergeordneter Bestandteil des
Blickfeldes auftreten.
Der Antrag ist auch - in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang - begründet.
Der angegriffene Bebauungsplan verstößt gegen höherrangiges Recht, weil die erforderliche
Sicherstellung des Ausgleichs zu erwartender Eingriffe in Natur und Landschaft bei der Abwägung dieser
Belange nicht hinreichend berücksichtigt worden ist (I). Im übrigen liegen weder die von der
Antragstellerin gerügten noch sonstige, ohne weiteres erkennbare Rechtsmängel des Bebauungsplanes
vor (II). Der festgestellte Fehler führt nicht zur Nichtigkeit, sondern lediglich zur Unwirksamkeit des
Bebauungsplans (III).
I. Nach § 1a Abs. 2 Nr. 2 BauGB ist unter anderem der Ausgleich (§ 200a Satz 1 BauGB) zu erwartender
Eingriffe in Natur und Landschaft notwendiger Bestandteil der Abwägung. Für eine ordnungsgemäße
Abwägung reicht es indessen nicht aus, wenn die Gemeinde lediglich den erforderlichen Ausgleich
ordnungsgemäß feststellt; vielmehr hat sie gemäß § 1a Abs. 3 BauGB auch abzuwägen, ob der Ausgleich
durch Festsetzungen im Bebauungsplan, städtebauliche Verträge oder sonstige geeignete Maßnahmen
auf von der Gemeinde bereit gestellten Flächen erfolgen soll. Ausgleichsfestsetzungen, die nicht das
Eingriffsgrundstück selbst betreffen (s. § 135a Abs. 2 BauGB), sind abwägungsfehlerhaft, wenn nicht
schon bei der Beschlussfassung über die Satzung seitens der Gemeinde sichergestellt ist, dass
spätestens im Zeitpunkt der Planverwirklichung die festgesetzten Maßnahmen tatsächlich und rechtlich
durchgeführt werden können (st. Rspr. s. zuletzt Senatsurteile vom 09. Mai 2001 - 8 C 10709/00.OVG -, S.
13 UA und vom 06. Februar 2002 – 8 C 10990/01.OVG -, S. 8 UA; ferner BVerwG, ZfBR 1998, 158). Beim
Ausgleich durch Maßnahmen auf von der Gemeinde bereitgestellten Flächen müssen die betreffenden
Flächen beim Satzungsbeschluss im Eigentum der Gemeinde stehen oder es muss in sonstiger Weise
zumindest ein zeitlich unbefristetes Verfügungsrecht der Gemeinde über diese Flächen gesichert sein
(VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 14. September 2001, UPR 2002, 79f.; Niedersächsisches OVG ,
BauR 2001,1546, 1550 sowie BRS 60 Nr. 5).
Diesen Anforderungen genügen die im strittigen Bebauungsplan vorgesehenen Ausgleichsmaßnahmen
nicht.
Als Ausgleichsmaßnahme innerhalb seines räumlichen Geltungsbereichs setzt der Plan lediglich die
Entwicklung einer Streuobstwiese durch Anpflanzung von 22 Hochstammobstbäumen nebst extensiver
Pflege des Grünlandes auf der in Privateigentum stehenden Parzelle Flur 3 Flurstück 127 fest. Die
rechtliche und tatsächliche Durchführung der Pflegemaßnahmen war indessen – anders als die nach §
178 BauGB durchsetzbare Bepflanzungsfestsetzung - im Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses seitens der
Antragsgegnerin nicht hinreichend sichergestellt. Der die fragliche Fläche betreffende, vom 01. Februar
2002 datierende „Pacht- und Gestattungsvertrag“ zwischen dem Grundstückseigentümer und dem
voraussichtlichen Investor reicht hierzu nicht aus; er ist nach dem Satzungsbeschluss abgeschlossen
worden und räumt der Antragsgegnerin keine Rechtsposition ein.
Der größte Teil der für notwendig erachteten Ausgleichsmaßnahmen (vgl. Ziff. 7f bis h der
Textfestsetzungen) ist hingegen weder im räumlichen Geltungsbereich des Eingriffsbebauungsplans noch
in einem gesonderten Ausgleichsbebauungsplan (s. § 9 Abs. 1a Satz 1 BauGB) festgesetzt worden. Ein
städtebaulicher Vertrag der Antragsgegnerin mit dem voraussichtlichen Investor über die Sicherstellung
der Ausgleichsmaßnahmen (§ 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BauGB) existiert unstreitig nicht. Die Antragsgegnerin
hat sich insoweit offenbar auf den unverbindlichen Hinweis in der Planbegründung (S. 28) beschränkt,
„die Umsetzung der Kompensationsmaßnahmen werde vom Betreiber durch entsprechende
Eigentumsnachweise bzw. langfristige Pachtverträge nachgewiesen“. Auch ein Ausgleich durch sonstige
geeignete Maßnahmen auf von der Gemeinde bereitgestellten Flächen ist nicht erfolgt. Denn die Antrags-
gegnerin hat kein Verfügungsrecht an den für die Ausgleichsmaßnahmen vorgesehenen Grundstücken;
dass der voraussichtliche Investor mit den Grundstückseigentümern diesbezügliche Pacht- und
Gestattungsverträge abgeschlossen hat, genügt den Anforderungen des § 1a Abs. 3 Satz 3 2. Alt. BauGB
nicht.
Demnach fehlt es dem angegriffenen Bebauungsplan an einem den gesetzlichen Anforderungen
entsprechenden Ausgleich der zu erwartenden Eingriffe in Natur und Landschaft.
II. Weitere Rechtsmängel ergeben sich weder aus dem Vorbringen der Antragstellerin noch drängen sie
sich anderweitig auf.
1. Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen Verfahrensvorschriften bestehen nicht. Insbesondere ist bei der
Beratung und Beschlussfassung über die Anregungen und Bedenken sowie den Bebauungsplan am 22.
Mai 2001 ausweislich des Sitzungsprotokolls § 22 Abs. 1 und Abs. 3 GemO beachtet worden. Die von der
Antragstellerin erhobene Rüge, mehrere wegen Sonderinteressen ausgeschlossene Ratsmitglieder
hätten sich nicht ausreichend weit vom Beratungstisch entfernt (Bl. 7 GA), ist, wie sich in der mündlichen
Verhandlung herausgestellt hat, gegenstandslos, da sie nicht die maßgebliche Ratssitzung am 22. Mai
2001 betrifft.
2. Auch in materieller Hinsicht lässt der angegriffene Plan keine weiteren Mängel erkennen. Er verstößt
weder gegen naturschutzrechtliche Vorschriften (a) noch gegen das Gebot der Anpassung an die Ziele
der Raumordnung (b) und der gerechten Abwägung öffentlicher und privater Belange (c).
a. Nach §§ 1a Abs. 2 Nr. 4, 2. Halbsatz BauGB i.V.m. 19d Satz 2 und 19c Abs. 2 und 3 BNatSchG dürfen
Projekte, die zu erheblichen Beeinträchtigungen eines Gebietes von gemeinschaftlicher Bedeutung (vgl. §
19a Abs. 2 Nr. 2 BNatSchG) - im folgenden: FFH-Gebiet - führen können, durch einen Bebauungsplan nur
dann zugelassen werden, wenn sie aus zwingenden Gründen des öffentlichen Interesses notwendig und
ohne zumutbare Alternativen sind. Vorliegend ist aber schon der Tatbestand dieser Regelung nicht erfüllt.
Das Plangebiet selbst ist weder ganz noch teilweise als FFH-Gebiet gemeldet. Eine erhebliche
Beeinträchtigung der in der Umgebung des Plangebietes gelegenen, gemeldeten FFH-Gebiete
„Fellerbachtal“ sowie „Ruwer und Seitentäler“ kommt nach der überzeugenden und auch von der
Antragstellerin nicht bestrittenen Darstellung der Antragsgegnerin im Rahmen von Abwägungsvorlage
(Ziff. 4e und 11j) und Planbegründung (S. 10) nicht in Betracht. Für eine Behandlung des Plangebietes als
potentielles FFH-Gebiet (s. dazu BVerwGE 110, 302) besteht keine Veranlassung. Denn eine Meldung
des Plangebietes oder einzelner Teile davon zur Aufnahme in die Liste nach Art. 4 Abs. 2 Satz 3 der
Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 (Abl. EG Nr. L 206, S. 7) – FFH-Richtlinie - drängt sich
schon deshalb nicht auf, weil die ökologische Bestandsaufnahme im Planverfahren keine ausreichenden
Hinweise auf hierfür relevante Biotope oder Tierarten ergeben hat.
b. Der angegriffene Bebauungsplan ist auch den Zielen der Raumordnung angepasst (§ 1 Abs. 4 BauGB).
Die Festsetzung von Sondergebieten für Windenergie in einem Bereich, der im RROP Wind als „weiße
Fläche“ dargestellt, d.h. weder als Entwicklungs- noch als Ausschlussbereich für die Windkraft
ausgewiesen ist, stellt keine Zielabweichung dar. Für diese Flächen gilt keine der Festsetzung
entgegenstehende Zielaussage (vgl. Senatsurteil vom 20. Februar 2002 – 8 A 11089/01.OVG -, S. 11 UA,
veröffentlicht in ESOVGRP).
Die allenfalls eines der festgesetzten Sondergebiete betreffende Ausweisung einer Vorrangfläche für die
Landwirtschaft im RROP 1985 löst schon mangels Zielqualität (vgl. das Senatsurteil vom 17. Januar 2001
– 8 C 10001/98.OVG – veröffentlicht in ESOVGRP) keine Anpassungspflicht im Sinne von § 1 Abs. 4
BauGB aus.
Auch die für das gesamte Plangebiet geltende raumplanerische Ausweisung als Vorranggebiet für die
Erholung (s. Ziff. 5.2.1 des RROP 1985) genügt nicht den Anforderungen an ein Ziel der Raumordnung. Es
fehlt an einer abschließend abgewogenen Festlegung im Sinne einer „landesplanerischen
Letztentscheidung“ (s. BVerwG, BauR 2002, 41, 42 und die nun auch in § 3 Nr. 2 des Raum-
ordnungsgesetzes – ROG -, vom 18. August 1997, BGBl. I S. 2081 enthaltene Legaldefinition). Ziff. 5.2.1
RROP 1985 trifft keine abschließende, allenfalls noch konkretisierungsbedürftige Aussage zur
Zulässigkeit von Nutzungen in einem Vorranggebiet für Erholung; es ist – im Sinne einer
Abwägungsdirektive – bei allen raumbedeutsamen Maßnahmen lediglich „darauf zu achten“, dass
Naturhaushalt und Landschaftsbild als natürliche Eignungsgrundlagen dieser Gebiete erhalten bleiben
bzw. nach Möglichkeit verbessert werden (s. auch Niedersächsisches OVG, NVwZ 1996, 271 für „Gebiete
mit besonderer Bedeutung für Erholung“ ) .
c. Über die fehlerhafte Abwägung der Belange von Natur und Landschaft (s. oben unter I) hinausgehende
Verstöße gegen das Abwägungsgebot (§ 1 Abs. 6 BauGB) sind nicht ersichtlich.
aa. Zunächst unterliegt die Behandlung der Eiswurfproblematik im Rahmen der Planung keinen
Bedenken. Sie ist ausweislich Ziff. 6 der im Bebauungsplan enthaltenen Hinweise bei der Abwägung
berücksichtigt, ihre Lösung indessen dem Baugenehmigungsverfahren überlassen worden. Dies verstößt
nicht gegen das in § 1 Abs. 6 BauGB wurzelnde Gebot der Konfliktbewältigung. Eine Verlagerung von
Problemlösungen aus dem Bauleitplanverfahren auf nachfolgendes Verwaltungshandeln wird durch
dieses Gebot nicht zwingend ausgeschlossen. Vielmehr darf die Gemeinde von einer abschließenden
Konfliktbewältigung im Bebauungsplan Abstand nehmen, wenn die Durchführung der als notwendig
erkannten Konfliktlösungsmaßnahmen außerhalb des Planungsverfahrens auf der Stufe der
Planverwirklichung sichergestellt ist (BVerwG, BRS 56 Nr. 6). Dies ist hier der Fall. Es bestehen
ausreichende Möglichkeiten, der Gefahr des Eisabwurfs durch technische Auflagen in der
Baugenehmigung zu begegnen (vgl. dazu im einzelnen die Antwort des rheinland-pfälzischen
Wirtschaftministeriums auf Frage 42 einer großen Anfrage der CDU-Fraktion, LT-Drs. 14/167, S. 23). Die
Antragsgegnerin hat die Abarbeitung der Problematik im Baugenehmigungsverfahren zudem durch die
Aufnahme des Hinweises in den Bebauungsplan ausreichend sichergestellt.
bb. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin sind ihre durch Sichtbelastung sowie Schallimmissionen,
Schattenwurf und den sogen. Discoeffekt betroffenen privaten Belange fehlerfrei abgewogen worden.
Gegen die Eignung der Sichtbelastungsanalyse, der Fotomontagen sowie der Schall- und Schattenwurf-
prognosen zur Beurteilung der betroffenen Belange sind Bedenken weder vorgetragen worden noch
sonst ersichtlich. Die Antragsgegnerin hat auch die Bedeutung der betroffenen privaten Belange nicht
verkannt. Hinsichtlich der als grundsätzlich sehr hoch bewerteten (vgl. S. 13 der Planbegründung) Sicht-
beeinträchtigung sind sowohl die Vorbelastung des Landschaftsbildes (Ziff. 4f der Abwägungsvorlage) als
auch der Wegfall von zwei Anlagen, die bei der Sichtbelastungsanalyse wegen besonderer Effekte als
belastend eingestuft wurden (S. 13 der Planbegründung), relativierend berücksichtigt worden. Die
Beeinträchtigung durch Lärm, Schattenwurf und Discoeffekt hat die Antragsgegnerin hingegen als
geringfügig angesehen (Ziff. 4f. der Abwägungsvorlage und S. 19 der Planbegründung). Gegen diese
Gewichtung ist nichts zu erinnern.
Gewichtung ist nichts zu erinnern.
Dass bei der Bewertung einer Sichtbeeinträchtigung, die insbesondere auf einer Missproportion der
Anlagen gegenüber den anderen naturräumlichen Elementen (S. 13 der Planbegründung) beruht, auch
der Charakter der betroffenen Landschaft und seine Vorbelastung durch wahrnehmbare
Infrastruktureinrichtungen (vgl. Ziff. 4f der Abwägungsvorlage) berücksichtigt wird, erscheint sachgerecht.
Der von Windenergieanlagen ausgehende Schattenwurf auf vorhandene Bebauung wird in
Rechtsprechung und Verwaltungspraxis mangels förmlich normierter Grenzwerte im Sinne eines
Anhaltswertes erst bei Überschreitung von 30 Minuten pro Tag und 30 Stunden im Jahr für unzumutbar
gehalten (vgl. VG Gießen, Beschluss vom 20. März 2001 – 1 G 262/01 -; OVG Mecklenburg-Vorpommern,
NVwZ 1999, 1238, 1239; OVG Münster, NVwZ 1998, 980, 982; zur Verwaltungspraxis verschiedener
Bundesländer s. auch Osten/Pahlke: „Schattenwurf von Windenergieanlagen“, DEWI-Magazin Nr. 13, -
August 1998 -, S. 10f.). Ob diese Anhaltswerte als Zumutbarkeitsschwelle wissenschaftlich hinreichend
verifiziert sind und ob sie absolut gelten können oder im Hinblick auf die mit wachsender Entfernung
abnehmende Intensität des Schattens eine Verminderung bei Überschreitung bestimmter Abstände
erlauben (vgl. dazu OVG Mecklenburg-Vorpommern, aaO, S. 1240 m.w.N. und Osten/Pahlke, aaO., S. 8),
bedarf vorliegend keiner Entscheidung. Denn die für das Gebiet von Thomm errechneten Werte liegen mit
maximal 24 Minuten im Jahr und maximal 4 Minuten pro Tag (vgl. Band III Abteilung 26 der
Planaufstellungsakten) bei einem so geringen Bruchteil der Orientierungswerte, dass eine nennenswerte
Beeinträchtigung auszuschließen ist. Dies gilt um so mehr, als sich die Schattenwurfberechnung auf die
maximal zulässige Anlagenhöhe (100m) bezieht und bei kleineren Anlagen mit noch geringeren Werten
zu rechnen ist.
Die Antragsgegnerin ist auch vertretbar von der Geringfügigkeit möglicher Lärmeinwirkungen
ausgegangen. Im Planaufstellungsverfahren ist eine für 100 m hohe Anlagen des Typs ENERCON E-
40/6.44 erstellte, detaillierte Prognose nach TA Lärm/DIN ISO 9613-2 zugrundegelegt worden. Bei diesen
Anlagen, die auch Gegenstand der erteilten Baugenehmigung sind, brauchte nach Auskunft des von der
Antragsgegnerin beauftragten Planers in der mündlichen Verhandlung kein Ton-/Impulshaltigkeits-
zuschlag angerechnet zu werden. Dies entspricht auch den allgemein zugänglichen Erkenntnissen über
die Immissionscharakteristik moderner Windenergieanlagen (s. Tigges/Berghaus/Niedersberg:
„Windenergie und Windiges“, NVwZ 1999, 1316, 1317; auch in den vom Arbeitskreis „Geräusche von
Windenergieanlagen“ der Immissionsschutzbehörden und Messinstitute herausgegebenen
Empfehlungen „Schallimmissionsschutz in Genehmigungsverfahren von Windenergieanlagen“ – Stand
Juni 1998 – wird darauf hingewiesen, dass Windenergieanlagen nach dem Stand der Technik keine
Tonhaltigkeit aufweisen sollten). Für die Ortslage von Thomm ergab sich nach dieser Berechnung ein
Beurteilungspegel von 29,2 dB(A). Dieser Wert liegt um 5,8 dB(A) unter dem für reine Wohngebiete bzw.
Kur-/Feriengebiete geltenden Grenzwert für die Nachtzeit (35 dB(A); vgl. Ziff. 6.1. der TA Lärm vom 26.
August 1998, GMBl. S. 503). Auch bei Berücksichtigung eines maximalen Ton-
/Impulshaltigkeitszuschlages von 6 dB(A) (vgl. Anhang A.2.5.2 und A.2.5.3 zur TA Lärm) ergäbe sich im
übrigen ein Wert, der lediglich um 0,2 dB(A) über dem für die lärmempfindlichsten Baugebiete geltenden
Nachtwert liegt.
Hinsichtlich des Discoeffektes hat die Antragsgegnerin zu Recht berücksichtigt, dass er bei einer nach
dem Stand der Technik üblichen Mattlackierung der Rotorblätter keine Belästigungen hervorrufen kann (S.
19 der Planbegründung und Ziff. 9l der Abwägungsvorlage; vgl. auch Ziff. 1.5 des gemeinsamen
Rundschreibens der zuständigen rheinland-pfälzischen Ministerien „Hinweise zur Beurteilung der
Zulässigkeit von Windenergieanlagen“ vom 18. Februar 1999, MinBl. S. 148).
Schließlich hat die Antragsgegnerin den Ausgleich zwischen den zutreffend gewichteten Privatbelangen
und den zur Planrechtfertigung angeführten öffentlichen Belangen auch nicht in einer Weise
vorgenommen, die zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht. Insbesondere
hat sie dem erkennbar abwägungsleitenden (vgl. etwa Ziff. 9f, 10f, 11f, 29c der Abwägungsvorlage)
öffentlichen Interesse am Klimaschutz (Reduzierung von CO
2
-Emmissionen durch Förderung der
Windenergie) kein objektiv unvertretbares Gewicht im Verhältnis zu widerstreitenden Belangen beigelegt.
Dass Umweltschutz durch Nutzung erneuerbarer Energien allgemein legitimer Bestandteil der
planerischen Abwägung ist, ergibt sich schon aus § 1 Abs. 5 Satz 2 Nr. 7 BauGB. Dass speziell der
Windenergie Bedeutung für die CO
2
-Reduzierung und damit für die Erfüllung der deutschen
Verpflichtungen aus dem Kyoto-Protokoll beigemessen werden kann, entspricht einer Wertung des
Bundesgesetzgebers, die in § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB und den Vorschriften des Gesetzes zur Förderung
der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien – EEG – zum Ausdruck kommt. Die dort geregelte
Privilegierung (auch) der Windenergie dient nach den Gesetzesmaterialien (s. Begründung zum
Fraktionsentwurfs des EEG, BT-Drs. 14/2341, S. 7 sowie Beschlussempfehlung und Bericht des
Ausschusses für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des
Baugesetzbuchs, BT-Drs. 13/4978, S. 6) ausdrücklich der Förderung des Klimaschutzes durch
Rückführung der CO
2
-Emmissionen. Die grundsätzliche Eignung von Windenergieanlagen für diesen
Zweck wird überdies von den Regierungen des Bundes (vgl. etwa die Antwort auf eine diesbezügliche
Anfrage des MdB Fischer, BT-Drs. 14/6999, S. 41) und des Landes Rheinland-Pfalz (Antwort auf Frage 20
bis 23 einer großen Anfrage der CDU-Fraktion; LT-Drs. 14/167, S. 18) sowie auch von der EU-Kommission
(„Energie für die Zukunft: Erneuerbare Energieträger – Weißbuch für eine Gemeinschaftsstrategie und
Aktionsplan“, S. 36f. – KOM [97] 599 -) übereinstimmend bejaht. Hält sich die planerische Gewichtung des
öffentlichen Belangs „Klimaschutz“ bei der Ausweisung von Sondergebieten für Windenergie daher – wie
vorliegend – im Rahmen eines nationalen und europäischen energiepolitischen Konsenses, so ist sie
jedenfalls solange unbedenklich, als die Tatsachengrundlage dieses Konsenses nicht substantiiert in
Zweifel gezogen wird. Dies ist vorliegend nicht der Fall. Die Ausführungen der Antragstellerin im
Schriftsatz vom 16. Januar 2002 bieten keinen Anlass, die grundsätzliche Eignung von Windenergie zur
CO
2
-Reduzierung ernsthaft in Frage zustellen; der genaue Umfang der Reduzierung ist hingegen nicht
Grundlage der Abwägung durch die Antragsgegnerin gewesen.
cc. Der angegriffene Bebauungsplan leidet auch nicht wegen Verstoßes gegen Rechtsvorschriften über
die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) an einem Fehler im Abwägungsvorgang (s. BVerwG, NVwZ
1999, 989).
Nach § 1a Abs. 2 Nr. 3 BauGB i.V.m. der Anlage zu § 3 UVPG (jeweils in der bis zum 03. August 2001
geltenden Fassung) bestand im Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses keine UVP-Pflicht für
Windenergieanlagen betreffende Bebauungspläne. Eine solche ergab sich auch nicht aus unmittelbar
geltendem europäischem Recht. Nach Anhang II Nr. 3i der am 03. April 1997 in Kraft getretenen und bis
zum 14. März 1999 umzusetzenden Richtlinie 97/11/EG des Rates vom 03. März 1997 (Abl.EG Nr. L 73, S.
5) in Verbindung mit Art. 4 Abs. 2 der durch sie geänderten Richtlinie 85/337/EWG des Rates vom 27. Juni
1985 (Abl.EG Nr. L 175, S. 40) mussten die Mitgliedstaaten bei Windfarmen lediglich anhand einer
Einzelfalluntersuchung und/oder der Anwendung festgelegter Schwellenwerte bestimmen, ob das Projekt
einer UVP nach Art. 5 bis 10 der Richtlinie 85/337/EWG unterzogen werden musste. Selbst wenn diese
Regelungen im Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses unmittelbar gegolten hätten und der angegriffene
Plan als UVP-relevante Projektgenehmigung im Sinne des Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 337/85/EWG
anzusehen wäre, hätte es daher (zunächst) keiner UVP, sondern lediglich einer Vorprüfung bedurft. Diese
ist vorliegend erfolgt. Ausweislich Ziff. 9n der Abwägungsvorlage hat die Antragsgegnerin wegen
Unterschreitung des von einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe festgelegten Schwellenwertes (100 ha
Plangebiet; vgl. LT-Drs. 14/167, S. 25) und mangelnder Anhaltspunkte für eine ausnahmsweise UVP-
Pflichtigkeit von der Durchführung einer UVP abgesehen. Diese Entscheidung genügte den
Anforderungen des geänderten Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 337/85/EWG, da sie sich nicht allein an einem
flächenbezogenen Schwellenwert (vgl. dazu kritisch EuGH, Urteil vom 21. September 1999 - C-392/96 -,
Slg. 1999, S. I-5901), sondern auch an den durch eine umfassende ökologische Bestandsaufnahme
ermittelten Umständen des Einzelfalls orientierte.
Wegen des möglichen ergänzenden Verfahrens zur Behebung des unter I festgestellten Fehlers weist der
Senat allerdings darauf hin, dass sich die vorstehenden Rechtsausführungen ausschließlich auf den
Satzungsbeschluss vom 22. Mai 2001 beziehen. Im Falle eines erneuten Satzungsbeschlusses könnte
hingegen die mit Gesetz vom 27. Juli 2001 (BGBl. I, S. 1950) eingefügte Übergangsvorschrift des § 245c
Abs. 1 BauGB von Bedeutung sein.
dd. Das Abwägungsergebnis erweist sich schließlich auch nicht im Hinblick auf Abwägungsdirektiven als
fehlerhaft, die sich aus der Ausweisung von – nicht als Ziele der Raumordnung ausgestalteten (s. oben II 2
b) - Vorranggebieten für Erholung und Landwirtschaft im RROP 1985 ergeben. Aus solchen raum-
planerischen Abwägungsdirektiven folgt die Pflicht der Gemeinde, den durch sie geschützten Belangen
ein besonderes Gewicht bei der Abwägung einzuräumen (s. Bayerischer VGH, BayVBl. 1998, 436). Dem
wird der vorliegende Bebauungsplan gerecht.
Mit der Festsetzung des weit überwiegenden Teiles des Plangebiets als Fläche für die Landwirtschaft (§ 9
Abs. 1 Nr. 18a BauGB) und der Festlegung der landwirtschaftlichen Nutzung als untergeordnete
Nutzungsart auf den sechs Sondergebieten hat die Antragsgegnerin dem besonderen Gewicht der
landwirtschaftlichen Belange im Vorranggebiet für die Landwirtschaft Rechnung getragen (vgl. S. 19 der
Planbegründung). Dieses erstreckt sich ohnehin nur auf einen kleinen Teil des Plangebietes.
Auch hinsichtlich des Vorranggebietes für die Erholung hat die Antragsgegnerin bei der Abwägung das
besondere Gewicht der Erhaltung von Naturhaushalt und Landschaftsbild berücksichtigt (vgl. S. 9 und 11
der Planbegründung). Dies hat nicht nur zu einer erheblichen Reduzierung des ursprünglichen Planungs-
konzeptes unter Beschränkung auf die Standorte Biedelt und Läusberg beigetragen (S. 17 unten der
Planbegründung), sondern ist auch Grundlage für die vorgesehenen Maßnahmen zum Teilausgleich der
Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes. Allerdings hat sich die Antragsgegnerin trotz der
verbleibenden, vorwiegend das Landschaftsbild betreffenden Beeinträchtigungen gleichwohl nach
Prüfung weiterer Alternativen (s. S. 17f. der Planbegründung) und unter Berücksichtigung von
Vorbelastungen (s. S. 6 der Planbegründung) entschieden, dem öffentlichen Belang des Klimaschutzes
den Vorzug vor einer Landschaftskonservierung zu geben (vgl. etwa Ziff. 9f der Abwägungsvorlage). Dies
erscheint auch unter Berücksichtigung der Abwägungsdirektive vertretbar, zumal es sich um eine
weiträumige Vorranggebietsausweisung handelt und in der von erholungsstörenden Lärmimmissionen
betroffenen unmittelbaren Umgebung der geplanten Anlagen nach Aktenlage keine erholungsrelevanten
Einrichtungen vorhanden sind.
III. Der einzig festgestellte Rechtsverstoß in Gestalt fehlender Sicherung des Ausgleichs zu erwartender
Eingriffe in Natur und Landschaft kann in einem ergänzenden Verfahren – etwa durch Abschluss eines
städtebaulichen Vertrages mit dem Investor, Eigentumserwerb der Antragsgegnerin etc. vor Wiederholung
des Satzungsbeschlusses – behoben werden und führt deshalb gemäß § 215a Abs. 1 Satz 1 BauGB nicht
zur Nichtigkeit des Planes (vgl. das Senatsurteil vom 06. Februar 2002, S. 6 UA). Bis zur Behebung des
Mangels entfaltet der Bebauungsplan allerdings keine Rechtswirkungen (§ 215 a Abs. 1 Satz 2 BauGB),
was gemäß § 47 Abs. 5 Satz 4 VwGO auszusprechen ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO; die Unwirksamerklärung des Bebauungsplanes
stellt trotz des Antrages auf Nichtigerklärung kein kostenrelevantes Teilunterliegen dar (s. Senatsurteil
vom 09. Januar 2002 – 8 C 11200/01.OVG -, S. 20 UA, veröffentlicht in ESOVGRP).
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils hinsichtlich der Kosten beruht auf § 167
VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.
Rechtsmittelbelehrung
gez. Dr. Bier gez. Spelberg gez. Utsch
B e s c h l u s s
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 5.000,00 € festgesetzt (§ 13 Abs. 1 Satz 1 GKG).
gez. Dr. Bier gez. Spelberg gez. Utsch