Urteil des OVG Rheinland-Pfalz vom 11.08.2006
OVG Koblenz: politische verfolgung, irak, genfer flüchtlingskonvention, spiegel, regierung, geschichte, bürgerkrieg, verfassung, stadt, nationale sicherheit
OVG
Koblenz
11.08.2006
10 A 10783/05.OVG
Asylrecht
Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil
Im Namen des Volkes
In dem Verwaltungsrechtsstreit
- Kläger und Berufungskläger -
Prozessbevollmächtigter: zu 1-2: Rechtsanwalt Manfred Clemens, Ausoniusstraße 14, 54292 Trier,
gegen
die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch den Leiter des Bundesamtes für Migration und
Flüchtlinge - Außenstelle Trier -, Dasbachstraße 15b, 54292 Trier,
- Beklagte und Berufungsbeklagte -
wegen Asylrechts (Irak)
hat der 10. Senat des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz in Koblenz aufgrund der mündlichen
Verhandlung vom 11. August 2006, an der teilgenommen haben
Vizepräsident des Oberverwaltungsgerichts Steppling
Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Falkenstett
Richter am Oberverwaltungsgericht Hennig
ehrenamtlicher Richter Chemotechniker Blaschka
ehrenamtlicher Richter Sparkassenbetriebswirt Coßmann
für Recht erkannt:
Die Berufungen der Kläger gegen die aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 27. April 2005
ergangenen Urteile des Verwaltungsgerichts Koblenz werden zurückgewiesen.
Die Kläger haben die Kosten der Berufungsverfahren zu tragen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die im Jahre 1969 geborene Klägerin und der 1960 geborene Kläger, die nach religiösem Ritus getraut
sind und in einer sog. Imanehe leben, sind irakische Staatsangehörige und muslimischen (schiitischen)
Glaubens. Die Klägerin ist persischer Volkszugehörigkeit und in der Stadt Kerbala geboren, der Kläger ist
arabischer Volkszugehörigkeit und stammt aus der Stadt Nadjaf. Sie wenden sich gegen den Bescheid
des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 6. Oktober 2004, mit dem die
Feststellung, dass bei ihnen die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 des Ausländergesetzes vorliegen,
widerrufen wurde.
Ihren Angaben zufolge sind sie Anfang April 2000 zusammen mit ihren beiden Kindern in Nadjaf, wo sie
zuletzt gelebt haben, aufgebrochen. Sie haben sich mit dem Auto nach Suleimanyia begeben und von
dort aus über die irakisch-iranische Grenze in den Iran. Einige Tage später haben sie die iranisch-
türkische Grenze überquert und sind mit dem Bus nach Istanbul gefahren. Nach einem kurzen Aufenthalt
dort sind sie aus der Türkei aus- und in die Bundesrepublik Deutschland eingereist.
Ihren alsbald gestellten Asylantrag begründete die Klägerin im Wesentlichen wie folgt: Sie sei im Irak
geboren und auch irakische Staatsangehörige, sie sei aber persisch stämmig. Als sie acht Jahre alt
gewesen sei, im Jahre 1977, hätten ihre Eltern mit ihr den Irak verlassen und seien in den Iran gezogen.
Dort habe sie zehn Jahre lang die Schule besucht. Im Jahr 1988 habe sie den Kläger, der ebenfalls Iraker
sei und sich einige Zeit im Iran aufgehalten habe, nach religiösem Ritus geheiratet. Sie beide seien dann
1989 in den Irak zurückgekehrt. Dort seien auch ihre beiden 1989 und 1992 geborenen Kinder zur Welt
gekommen. Im Jahr 1993 sei sie mit der ganzen Familie in den Iran übergesiedelt. Dort seien sie wegen
ihrer irakischen Staatsangehörigkeit benachteiligt worden und hätten im Jahr 1999 den Iran verlassen
müssen. Sie seien in den Irak zurückgekehrt und hätten im Haus ihrer Schwiegermutter in Nadjaf gelebt.
Dort sei sie sehr isoliert gewesen, weil sie anfangs nur Farsi gesprochen habe. Sie habe selten das Haus
verlassen und wenn, dann sei sie als Perserin aufgefallen. Man habe sie für eine Spionin gehalten,
deswegen habe sie auch Repressalien zu befürchten gehabt. – Diese Angaben bestätigte der Kläger und
machte darüber hinaus geltend: Er habe in Nadjaf, wo seine Eltern gelebt hätten, die Schule besucht.
Wehrdienst habe er nicht leisten müssen, weil er als untauglich gemustert worden sei. Seit 1990 sei er
vom Rücken her total versteift, er könne sich kaum bewegen, Gehen sei ihm nur mit Schwierigkeiten
möglich. Im Jahr 1999 hätten die Iraner sie aufgefordert, binnen 24 Stunden den Iran zu verlassen. Er sei
dann mit seiner Familie zu seiner Mutter in das Haus in Nadjaf gezogen, sein Vater sei schon verstorben.
Wegen der Herkunft der Klägerin habe man sie für Spione und Verräter gehalten, deswegen hätten sie
auch Repressalien zu befürchten gehabt. Es sei hinzugekommen, dass sein Bruder wegen des Verkaufs
bzw. Schmuggels von Waffen von den irakischen Sicherheitskräften gesucht worden sei. Immer wieder
seien sie zu ihnen nach Hause gekommen und hätten sich nach dem verschwundenen Bruder erkundigt.
Daraufhin stellte das Bundesamt mit Bescheid vom 4. September 2000 ein Abschiebungsverbot gemäß §
51 Abs. 1 des Ausländergesetzes fest. Diese Entscheidung wurde zunächst wegen ungeklärter
Staatsangehörigkeit der Klägerin zurückgenommen. Auf ihre Klage hin hob das Verwaltungsgericht
Koblenz den Rücknahmebescheid mit Urteil vom 28. August 2002 (8 K 277/02.KO) auf.
Im Juli 2004 leitete das Bundesamt sodann das Widerrufsverfahren unter Hinweis darauf ein, dass sich
die politische Situation im Irak grundlegend geändert habe. Demgegenüber machten die Kläger geltend,
ungeachtet dessen seien die Gründe für die Beendigung des Flüchtlingsstatus nach der Genfer
Flüchtlingskonvention nicht gegeben. Danach reiche eine rein physische Sicherheit für Leib und Leben im
Herkunftsland nicht aus. Erforderlich seien darüber hinaus ein funktionsfähiger Regierungs- und
Verwaltungsapparat und eine demokratisch gewählte Regierung. Daran fehle es im Irak aber bislang.
Mit Bescheid vom 6. Oktober 2004 widerrief das Bundesamt den Bescheid vom 4. September 2000. Zur
Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt: Die Feststellung nach § 51 Abs. 1 des Ausländergesetzes sei
zwingend zu widerrufen, weil sich die innenpolitischen Verhältnisse im Irak inzwischen so grundlegend
geändert hätten, dass eine politische Verfolgung der Kläger durch das frühere Regime Saddam Husseins
auszuschließen sei. Nach den Kampfhandlungen und der ersten Phase der Besatzung hätten die USA die
Regierungsgewalt an eine irakische Übergangsregierung übergeben. Damit und durch die weitere
Entwicklung seien die Weichen für eine demokratische Neugestaltung des Irak gestellt.
Mit ihren fristgerecht hiergegen erhobenen Klagen haben die Kläger ihr bisheriges Vorbringen wiederholt
und ergänzend darauf hingewiesen, dass es seit langer Zeit Spannungen gebe zwischen den Arabern
und den Nichtarabern, den Persern. Deswegen befürchteten sie bei einer Rückkehr in den Irak für sich
und ihre Familie Drangsalierungen. Es komme hinzu, dass der Bruder des Klägers mit Waffen gehandelt
und diese geschmuggelt habe. Nach ihm werde gesucht, deswegen habe man auch das Haus der Mutter
überfallen und durchsucht sowie sie verhört.
Das Verwaltungsgericht hat die Klagen mit Urteilen aufgrund mündlicher Verhandlung vom 27. April 2005
abgewiesen und sich dabei der vom Bundesamt vertretenden Auffassung angeschlossen.
Mit der vom Senat zugelassenen Berufung verfolgen die Kläger ihr Begehren weiter. Zur Begründung
verweisen sie insbesondere darauf, dass die Widerrufsregelung über den Wortlaut des § 73 Abs. 1 Satz 1
des Asylverfahrensgesetzes hinaus auch an der „Wegfall der Umstände“-Klausel des Art. 1 C (5) Satz 1
der Genfer Flüchtlingskonvention und an Art. 11 Abs. 1 e der Richtlinie des Rates vom 29. April 2004 über
Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als
Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des
zu gewährenden Schutzes (sog. Qualifikationsrichtlinie 2004/83/EG) zu messen sei. Danach sei ein
Widerruf erst dann zulässig, wenn sich die Verhältnisse im Herkunftsland grundlegend und dauerhaft
geändert hätten und aufgrund dieser Veränderungen sicher gestellt sei, dass die Betroffenen im
Herkunftsstaat effektiven Schutz erlangen können. Diese Voraussetzungen lägen zum gegenwärtigen
Zeitpunkt im Irak aber nicht vor.
Die Kläger beantragen,
unter Abänderung der aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 27. April 2005 ergangenen Urteile den
Bescheid des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 6. Oktober 2004
aufzuheben.
Die Beklagte beantragt
die Berufungen zurückzuweisen.
Unter Hinweis auf die obergerichtliche und höchstrichterliche Rechsprechung macht sie geltend, dass die
Frage der Schutzgewährung wegen der allgemeinen instabilen Verhältnisse im Herkunftsland für die
Frage des Widerrufs der Rechtsstellung eines politischen Flüchtlings unerheblich sei. Hierfür komme es
lediglich auf das Entfallen der Gefahr politischer Verfolgung an. Der darüber hinausgehende Schutz
werde durch ausländerrechtliche Duldungen nach § 60 Abs. 7 Satz 2 bzw. § 60 a des Aufenthaltsgesetzes
gewährleistet.
Wegen des Sach- und Streitstandes in allen Einzelheiten wird auf die zu den Akten gereichten Schriftsätze
und Schriftstücke Bezug genommen sowie auf die das Verfahren betreffenden Verwaltungsvorgänge des
Bundesamtes. Diese Vorgänge sowie die in das Verfahren eingeführten Erkenntnisse lagen dem Senat
vor und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe
Die Berufungen der Kläger sind zulässig, aber unbegründet.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage der Kläger gegen den Bescheid des Bundesamtes für Migration
und Flüchtlinge vom 6. Oktober 2004, mit dem die Feststellung, dass die Kläger die Voraussetzungen des
§ 51 Abs. 1 AuslG 1990 (heute: § 60 Abs. 1 AufenthG) hinsichtlich des Irak erfüllen, widerrufen wurde, zu
Recht abgewiesen. Denn dieser Widerrufsbescheid ist rechtmäßig.
Ermächtigungsgrundlage für den Widerruf ist § 73 AsylVfG in der seit dem In-Kraft-Treten des Gesetzes
zur Steuerung und Begrenzung der Zuwanderung und zur Regelung des Aufenthalts und der Integration
von Unionsbürgern und Ausländern (Zuwanderungsgesetz) vom 30. Juli 2004 ab dem 1. Januar 2005
geltenden Fassung. Gemäß § 73 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG sind die Anerkennung als Asylberechtigter und die
Feststellung, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG 1990 bzw. des § 60 Abs. 1 AufenthG
vorliegen, unverzüglich zu widerrufen, wenn die Voraussetzungen für sie nicht mehr gegeben sind. Nach
der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 1. November 2005 – BVerwG 1 C 21.04 -
, NVwZ 2006, 707 = AuAS 2006, 92) ist das insbesondere dann der Fall, wenn sich die zum Zeitpunkt der
Anerkennung maßgeblichen Verhältnisse nachträglich erheblich und nicht nur vorübergehend so
verändert haben, dass bei einer Rückkehr des Ausländers in seinen Heimatstaat eine Wiederholung der
für die Flucht maßgeblichen Verfolgungsmaßnahmen auf absehbare Zeit mit hinreichender Sicherheit
ausgeschlossen ist und nicht aus anderen Gründen erneut Verfolgung droht. § 73 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG
wird dabei vom Bundesverwaltungsgericht als inhaltlich dem Art. 1 Abschnitt C (5) 1 des Abkommens über
die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28. Juli 1951 (Genfer Flüchtlingskonvention – GFK) entsprechend
ausgelegt. Dieser sieht vor, dass der Betroffene nach Wegfall der Umstände, aufgrund deren er als
Flüchtling anerkannt worden ist, es nicht mehr ablehnen kann, den Schutz des Landes in Anspruch zu
nehmen, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt. Ob dem Ausländer wegen allgemeiner Gefahren im
Herkunftsland (z.B. aufgrund von Kriegen, Naturkatastrophen oder einer schlechten Wirtschaftslage) eine
Rückkehr unzumutbar ist, ist beim Widerruf der Asyl- und Flüchtlingsanerkennung nach § 73 Abs. 1
AsylVfG nicht zu prüfen, sondern im Rahmen der allgemeinen ausländerrechtlichen Vorschriften des
Aufenthaltsgesetzes zu berücksichtigen.
Zugleich ist mit dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts die Frage nach der Bedeutung der Richtlinie
2004/83/EG des Rates vom 29. April 2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von
Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig
internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (sog.
Qualifikationsrichtlinie) für den Widerruf beantwortet. Denn wenn das Bundesverwaltungsgericht in seiner
Entscheidung vom 1. November 2005 auch nicht ausdrücklich auf die Qualifikationsrichtlinie zu sprechen
gekommen ist, so hat es darin doch eindeutig zu erkennen gegeben, dass daraus jedenfalls zum
gegenwärtigen Zeitpunkt das Widerrufsrecht nach § 73 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG nicht eingeschränkt ist.
Diesem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 1. November 2005 hat sich der Senat aus Gründen
der Rechtssicherheit bereits in seinen Urteilen vom 19. Mai 2006 (10 A 10795/05.OVG u.a. [rechtskräftig])
sowie weiteren Urteilen vom 11. August 2006 (10 A 11042/05.OVG u.a. [nicht rechtskräftig])
angeschlossen. An dieser Rechtsprechung hält er auch hier fest.
Auf der Grundlage dieser höchstrichterlichen Rechtsprechung liegen hier die Voraussetzungen für den
Widerruf der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 51 Abs. 1 AuslG 1990 (§ 60 Abs. 1 AufenthG) vor. Es haben
sich nämlich seit dem Erlass des Bescheides vom 22. Oktober 2001 die maßgeblichen Verhältnisse nach-
träglich erheblich verändert. Auch eine solche Änderung der Verhältnisse hat das Bundes-
verwaltungsgericht für das Herkunftsland Irak nach dem Sturz des seinerzeitigen Diktators Saddam
Hussein bereits festgestellt (Urteil vom 25. August 2004, AuAS 2005, 5 [7]). Fast zwei Jahre nach dieser in
einem Revisionsverfahren getroffenen Feststellung erweist sie sich auch zur Beurteilung der
gegenwärtigen Situation als zutreffend. Zu dem hier maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung
(vgl. § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG) geht der Senat in Fortschreibung seiner Urteile vom 19. Mai 2006 (10 A
10795/05.OVG u.a.) und vom 11. August 2006 (10 A 11042/05.OVG u.a.) im Sommer 2006 von folgender
allgemeinen Lage im Irak aus:
Auch im gegenwärtigen Zeitpunkt steht der Irak mehr als drei Jahre nach dem Beginn des Krieges der
USA gegen das Regime Saddam Husseins (immer noch) „am Scheideweg“ (vgl. dazu und zum
Folgenden: Fürtig: „Zwischen Modelldemokratie und Staatszerfall: Irak am Scheideweg“, in:
Ratsch/Mutz/Schoch/-Hauswedell/Weller [Hg.]: Friedensgutachten 2005, Münster 2005, S. 33 – 42 –
künftig: Friedensgutachten 2005). Der Entwicklungsweg des Irak ist nach Ansicht Fürtigs, die der Senat
sich zueigen macht, auch nach den Ereignissen in diesem Jahr noch offen. Die Bandbreite der
Möglichkeiten reicht vom Gelingen der politischen Rekonstruktion auf demokratischer Grundlage, über die
Restauration einer konfessionellen oder ethnischen Vorherrschaft, den Ausbruch eines Bürgerkriegs bis
hin zu einem Irak als Schauplatz des „Krieges der Kulturen“. Die beiden letztgenannten Varianten bergen
zusätzlich das Risiko eines Auseinanderbrechens des Irak in sich. Dieses breite Spektrum der möglichen
Varianten resultiert vor allem aus dem Widerspruch zwischen dem Anspruch, mit dem die US-Regierung
den 3. Golfkrieg begann, und der Realität, die sich aus dem Krieg ergeben hat.
Als Rechtfertigung des Krieges wurden zunächst die Existenz von Massenvernichtungswaffen sowie
Verbindungen zwischen Saddam Hussein und Osama bin Laden bezeichnet. Als sich beide Gründe nicht
hinreichend belegen ließen, wurden als weiterer Kriegsgrund die Befreiung des Irak und die Schaffung
von Freiheit und Demokratie für das irakische Volk und weitere Völker der arabischen Welt genannt. Am
20. März 2003 begann der 3. Golfkrieg mit Luftangriffen auf Bagdad. Während die US-Truppen relativ
schnell auch Bagdad einnahmen, die Spitzen des Regimes Saddam Husseins flohen und damit die US-
Streitkräfte einen relativ leichten Sieg errangen, fiel die Stabilisierung und die beabsichtigte
demokratische Neugestaltung des Irak sehr viel schwerer - und ob sie gelingt, ist heute noch ungewisser
als zu Beginn des Krieges.
Den ersten Versuch einer Stabilisierung unternahm eine amerikanische Zivilverwaltung unter Führung
des demissionierten Generals Jay Garner (vgl. dazu und zum folgenden: Fürtig: Kleine Geschichte des
Irak, 2. Aufl., 2004, S. 150 ff - künftig: Kleine Geschichte - sowie ders.: Irak 2003, in: Deutsches Orient-
Institut. Hanspeter Mattes [Hg.]: Nahost Jahrbuch 2003, 2004, S. 81 ff [ 84 ff.] – künftig: Jahrbuch 2003).
Vorgesehen war eine rasche Übertragung der Regierungsgeschäfte an proamerikanische einheimische
Politiker. Indessen wurde Garner schon nach wenigen Wochen abberufen und durch den neuen
Zivilverwalter Paul Bremer ersetzt. Ziel Bremers war die Direktverwaltung des Irak durch die USA. Er ging
das Kriminalitätsproblem offensiv an und löste die Ba’athpartei sowie die irakische Armee auf. Dies schuf
neue Probleme. Denn die Auflösung der Ba’athpartei trieb die Masse der Mitläufer in den Untergrund oder
zumindest in die Opposition. Die Liquidierung der Armee brachte 400.000 Bewaffnete um Lohn und Brot
und beraubte den Irak seiner Sicherheitskräfte (vgl. dazu: Der Spiegel vom 28. Juni 2004).
Die Direktverwaltung trug dazu bei, dass die Mehrheit der irakischen Bevölkerung die US-Soldaten und
die anderen Koalitionsstreitkräfte immer weniger als Befreier und immer mehr als Besatzer wahrnahm. Sie
beteiligte sich zwar nicht am Widerstand und Terror, nahm ihn aber billigend hin. Der Irak kam nicht zur
Ruhe, durchschnittlich starben nach Bremers Amtsübernahme täglich mindestens ein bis zwei
Besatzungssoldaten. Bereits am 17. Juli 2003 sprach der CENTCOM-Komman-deur John Abizaid von
einem regelrechten Guerillakrieg. Schon damals – im August 2003 - zeigte sich ein Phänomen, das in der
Folgezeit immer wieder festzustellen war: Fahndungserfolge und Schläge gegen das frühere Regime und
seine Repräsentanten führten nicht zum Abflauen des Terrors. Nachdem die Söhne Saddam Husseins,
Uday und Qusay, bei einem Feuergefecht in Mossul am 22. Juli 2003 getötet worden waren, war der
folgende Monat, der August 2003, der blutigste seit dem Ende der offiziellen Kampfhandlungen. Die
alsbald ernannte provisorische Regierung war nach einem ethnisch-konfessionellen Proporz besetzt und
brachte keine Stabilisierung. Rasch entstand die Wahrnehmung, dass die irakische Regierung von
amerikanischen Beratern betrieben werde. Der Terror hielt unvermindert an. Im Oktober 2003 hatten die
Besatzungstruppen mit 75 Toten die höchsten Verluste seit dem Kriegsende zu beklagen. Sogar der stell-
vertretende US-Verteidigungsminister Wolfowitz entkam nur knapp einem Anschlag.
Damit war wiederum ein Plan der USA zur Stabilisierung des Irak gescheitert und US-Präsident Bush
erklärte seine Absicht, „die Iraker intensiver in die Regierung ihres Landes einzubeziehen“. Daraufhin kam
es zum sog. Bagdadabkommen. Danach wurde ein verbindlicher Zeitplan für die Übernahme der
Regierungsgewalt durch einheimische Politiker aufgestellt, bis Ende Februar 2004 sollte eine Übergangs-
verfassung vorgelegt werden und bis Ende Mai 2004 sollte sich die provisorische Nationalversammlung
konstituiert haben. Ein Markstein war das Datum des 30. Juni 2004. Zu diesem Zeitpunkt wollte man die
Souveränität des Irak wiederhergestellt haben. Ein nächster Fixpunkt war der 15. März 2005. An diesem
Tag sollten direkte Wahlen zu einer Verfassung gebenden Versammlung abgehalten werden. Als letzter
Schritt war für den Dezember 2005 deren Ratifizierung durch einen Volksentscheid vorgesehen. Auf
dieser Grundlage sollten dann allgemeine Wahlen zu einer neuen Regierung möglich sein (vgl. Fürtig,
Friedensgutachten 2005, S. 35 sowie, Jahrbuch 2003, S. 87). Die Voraussetzungen für die Realisierung
dieses ambitionierten Planes schienen gut, vor allem nachdem es den USA unter entscheidender Mithilfe
der Kurden gelungen war, Saddam Hussein am 13. Dezember 2003 in der Nähe von Tikrit gefangen zu
nehmen. Aber auch dies brachte nicht die allgemein erwartete Stabilisierung der innenpolitischen Verhält-
nisse.
Die folgenden 2 ¾ Jahre bis heute sind gekennzeichnet einerseits dadurch, dass die wesentlichen
Bestimmungen des Bagdadabkommens erfüllt wurden – wenn auch nicht immer zum vorgesehenen
Bestimmungen des Bagdadabkommens erfüllt wurden – wenn auch nicht immer zum vorgesehenen
Datum -, andererseits durch eine Fülle von Terroranschlägen, Entführungen, Sabotage und Instabilität.
Der politische Prozess zum Wiederaufbau politischer Institutionen kam besser voran, als man ursprünglich
erwartet hatte. Im März 2004 wurde die Übergangsverfassung angenommen, Ende Juni 2004 kam es zur
formalen Übergabe der Souveränität und im August 2004 trat die Provisorische Nationalversammlung
zusammen (allerdings einige Monate später als geplant, zudem wurden die Mitglieder nicht gewählt,
sondern per Akklamation bestätigt). Mit den Wahlen am 30. Januar 2005 für die nationale
Übergangsversammlung gelang es, einen Markstein auf dem Weg zur demokratischen Neugestaltung
termingerecht zu setzen – und das, obwohl der ursprüngliche Termin um sechs Wochen vorverlegt
worden war. Die Wahlen waren ein großer Erfolg, weil sie nicht nur nicht verschoben und auch nicht von
Terroristen gestört wurden, sondern auch bei einer recht hohen Wahlbeteiligung von 58 % den festen
Willen der Wählermehrheit zeigten, sich nicht einschüchtern zu lassen und das Schicksal selbst in die
Hand nehmen zu wollen.
Wenn auch wieder mit Verzögerung und erst nach einem monatelangen Machtkampf wurden im April
2005 die wichtigsten Staatsämter besetzt. Ein sunnitischer Araber wurde Parlamentspräsident, der Führer
der kurdischen PUK Dschalal Talabani Staatspräsident und der schiitische Politiker Ibrahim al-Dschaafari
Ministerpräsident. Erst weitere Tage später konnte Premier Dschaafari sein Kabinett vorstellen. Aber auch
dann waren einige Ministerposten nicht besetzt und eine Regierungserklärung fehlte auch noch (vgl. NZZ
vom 4. Mai 2005).
Im August 2005 billigte das Parlament eine neue Verfassung. Diese wurde von den sunnitischen Parteien
zunächst fast einhellig abgelehnt, weil sie vor allem mit den Passagen zum föderalen Staatsaufbau, zur
Rolle des Islam und zur Verurteilung der Diktatur Saddam Husseins nicht einverstanden waren. (vgl. FAZ
vom 29. August 2005). Nach Zugeständnissen vor allem die Schiiten gegenüber den Sunniten riefen dann
doch Teile der sunnitischen Parteien ihre Anhänger zur Teilnahme am Mitte Oktober 2005 abgehaltenen
Referendum über die neue Verfassung auf. Diese Verfassung wurde auch angenommen, weil die
Sperrminorität der Sunniten (Ablehnung der Verfassung von mindestens 2/3 der Wähler in mindestens
drei Provinzen) knapp nicht zum Tragen kam. Gleichwohl blieb die neue Verfassung ein Zankapfel. Nun
wurde darum gestritten, in welchem Umfang noch Änderungen hieran vorgenommen werden und damit
die Interessen der Sunniten und überhaupt der im Zentralirak lebenden Iraker berücksichtigt werden
sollen (vgl. FR vom 9. November 2005).
Trotz dieser sehr starken Spannungen und Auseinandersetzungen im Vorfeld, die bis an den Rand eines
Bürgerkrieges führten, waren die Wahlen am 15. Dezember 2005 zum irakischen Nationalparlament ein
Erfolg. Diesmal beteiligten sich ganz überwiegend auch die sunnitischen Parteien an der Wahl und die
Wahlbeteiligung war mit 75 % hoch. Zudem ging das Bündnis schiitischer Parteien „Vereinigte Irakische
Allianz“ als der erwartete klare Sieger hervor. Mit 128 (von 275 Sitzen) wurde sie die mit Abstand stärkste
Fraktion. Allerdings fehlten ihr zehn Sitze zur absoluten Mehrheit (vgl. AA: Bericht über die asyl- und
abschiebungsrechtliche Lage vom 29. Juni 2006 [künftig: Lagebericht Juni 2006], S. 7). Dieser Umstand
und die weitere Erwägung, eine breite Basis für die künftige Politik und etwaige Verfassungsänderungen
zu schaffen, verhinderten dann die von vielen erwartete schnelle Regierungsbildung. Das Ringen um eine
„Regierung der nationalen Versöhnung“, die von allen drei großen Bevölkerungsgruppen – Schiiten,
Kurden und Sunniten – mit getragen werden sollte, machte umfangreiche Sondierungsgespräche nötig.
Diese zogen sich über Gebühr hin und der gesamte Prozeß der Regierungsbildung verlief quälend. Es
dauerte monatelang, bis sich Schiiten und Kurden auf den Schiiten Dschawad al-Mailiki Ende April 2006
als Ministerpräsidenten haben einigen können. Fast einen weiteren Monat dauerte es dann noch, bis sich
Ministerpräsident Maliki seine Minister (darunter auch einige sunnitische Politiker und eine Christin) durch
das Parlament bestätigen lassen konnte. Allerdings konnten auch dann drei „Schlüsselministerien“, das
Innen- und das Verteidigungsministerium sowie das Ministerium für nationale Sicherheit erst nach einigen
weiteren Wochen besetzt werden (vgl. AA, Lagebericht Juni 2006, S. 8).
Rückblickend kann man feststellen, dass das Bagdadabkommen und der Zeitplan weitgehend
eingehalten wurden. Problematisch ist aber nach wie vor der Machtkampf der einzelnen Volksgruppen
und Religionsgemeinschaften um die Besetzung der Staatsämter und die grundlegenden Aussagen in der
Verfassung. Dabei scheint, als nähmen die Probleme und Konflikte noch zu, je mehr der Irak an
Souveränität gewinnt und je konkreter es um die Aufsicht über die Erdölquellen und die Verteilung der
Einnahmen hieraus geht.
Noch labiler erscheint dieser Prozess, wenn man dessen Begleitumstände berücksichtigt. Der gesamte,
ohnehin sehr schwierige Prozess ist bis heute von ungeheurer Gewalt, von Terror und Instabilität
begleitet. Bemerkenswert ist, dass diese Gewalt nicht nur bis auf den heutigen Tag anhält, sondern sich im
Gegenteil noch steigert. Die Taktik hierbei, die Strategie und die Akteure sind schwer zu durchschauen.
Opfer der Anschläge waren zunächst vor allem amerikanische Soldaten. Nach der Machtübernahme des
Zivilverwalters Bremer Anfang Mai 2003 starben täglich mindestens ein bis zwei Soldaten (vgl. Fürtig,
Jahrbuch 2003, S. 85). In der Folgezeit kamen in das Visier der Terroristen Iraker, die als Dolmetscher o.ä.
bei und mit den Besatzungstruppen arbeiteten. Betroffen waren später gerade auch Christen (vgl. dazu
den Beschluss des Senats vom 24. Januar 2005 – 10 A 10001/05.OVG). Darüber hinaus wurden
zusehends Politiker und Regierungsbeamte ermordet, unter ihnen nicht zuletzt ehemalige Ba’ath-Kader,
die sich zur Zusammenarbeit mit der neuen Regierung entschlossen hatten (vgl. NZZ vom 9. Dezember
2004).
Eine neue Dimension erhielten die Anschläge durch Selbstmordattentate und dadurch, dass immer öfter
und immer mehr Schiiten Opfer des Terrors wurden. Im August 2003 wurden bei einem Anschlag mehr als
100 Schiiten und am 2. März 2004 beim Ashura-Fest fast 200 schiitische Pilger getötet (vgl. Fürtig,
Friedensgutachten 2005, S. 39). Zu einer weiteren Eskalation kam es, als am 31. August 2005 anlässlich
des Gedenkens an den Todestag des siebten Imams eine Massenpanik unter schiitischen Pilgern in
Bagdad entstand. Nachdem bereits am Morgen Raketen auf das Heiligtum des Imams gefeuert worden
waren, begann die Tragödie, als sich die Pilger auf einer Tigrisbrücke befanden. Ein Gerücht, dass unter
ihnen auch Selbstmordattentäter seien, löste eine Massenpanik aus, bei der etwa tausend Pilger starben.
Was schon als ein Fanal für einen Bürgerkrieg erschien, brachte aber das Unerwartete hervor: Sunniten,
die die Katastrophe am Ufer erlebten, kamen den ertrinkenden Schiiten zu Hilfe und retteten Hunderte von
Menschenleben. Dies und die Mahnungen schiitischer Führer wirkten besänftigend. „Diese Tragödie“ – so
der Sprecher von Großayatollah al-Sistani – „sollte alle Iraker näher zusammenbringen“ (Focus vom 5.
September 2005).
Dieser Appell blieb nicht ungehört. Er trug mit dazu bei, dass der befürchtete Bürgerkrieg unterblieb.
Insbesondere die beiden großen Religionsgruppen, die Schiiten und die Sunniten, vermieden eine
Eskalation. Die Konfrontation konnte sogar teilweise abgebaut werden Erschwert wurde dieser Prozess
aber durch eine weitere Eskalation der Gewalt. Am verheerensten war am 22. oder 24. Februar 2006 der
Anschlag auf die „Goldene Moschee“ in Samarra, bei dem die Goldene Kuppel dieses sehr bedeutenden
Heiligtums der Schiiten zerstört wurde. Dieser Frevel löste eine Welle von Gewalttaten zwischen Schiiten
und Sunniten im ganzen Land aus. Dutzende Moscheen, vor allem sunnitische, aber auch schiitische,
wurden zerstört. Mindestens 480 Menschen, meist Sunniten, denn ihnen schrieb man den Anschlag zu,
kamen uns Leben. Obwohl viele dies als Fanal für einen hemmungslosen Bürgerkrieg ansahen und die
Vergeltungsaktionen zwischen Schiiten und Sunniten sich fortsetzten, ist es zum letzten bislang nicht
gekommen (Welt am Sonntag vom 27. Februar 2006, NZZ vom 22. März 2006). Wenn auch
vorübergehend andere religiöse Minderheiten, wie etwa Christen, Opfer von Anschlägen wurden, so
galten die meisten und schwersten Anschläge immer wieder Schiiten (vgl. NZZ vom 21. Februar 2005).
Inzwischen geht die militärische Opposition im Irak nach Ansicht von Sicherheitsexperten technisch und
strategisch immer ausgeklügelter vor. Zwar gibt es nach wie vor Selbstmordattentate; weitaus häufiger
aber werden nunmehr Sprengfallen eingesetzt oder Rettungswagen und Fahrzeuge ziviler Hilfs-
organisationen gestohlen, um sie als fern gezündete Autobomben einzusetzen. Auffallend sind auch die
zunehmenden Raketenangriffe auf Flugzeuge und Hubschrauber der Alliierten (vgl. Berliner Zeitung vom
6. April 2005). Mehr als hundert Anschläge gibt es heute täglich im Irak, doppelt so viele wie vor einem
Jahr. 46 schwere Bombenanschläge mit jeweils mehreren Toten wurden im September 2005 verübt, etwa
400 Menschen kamen im November 2005 ums Leben, mehr als viermal so viele wie im Vergleichsmonat
des Vorjahres. Der Tod droht vielerorts, an manchen Orten mehr als an anderen. So muss derjenige, der
sich vor einer Polizeistation oder auch in der Nähe einer öffentlichen Einrichtung wie einem Krankenhaus
aufhält, damit rechnen, Opfer eines Selbstmordattentats zu werden (Der Spiegel vom 5. Dezember 2005).
Für den einzelnen noch gefährlicher sind inzwischen die Entführungen – von Ausländern, aber auch von
Irakern. Seit dem Ende des Krieges sind viele tausend Iraker verschleppt worden, allein aus Bagdad
werden jeden Tag 10 bis 15 Entführungsfälle gemeldet. Mitunter liegt die Zahl doppelt so hoch, und das
sind nur die gemeldeten Fälle. Typische Opfer dieser „Entführungsindustrie“, die meist von kriminellen
Banden betrieben wird, sind reiche Iraker, irakische Angestellte westlicher Firmen, Übersetzer und
Mitarbeiter des US-Militärs, Politiker, Polizisten, Sicherheitsoffiziere, Ärzte, Lehrer und sogar Kinder (FAZ
vom 30. November 2005, Der Spiegel vom 5. Dezember 2005).
All dies zeigt, dass das größte Problem im Irak die Sicherheitslage ist. Der Premierminister der früheren
Übergangsregierung Ijad Alawi nannte sie kurz vor den Wahlen im Januar 2005 „unsere Katastrophe“
(vgl. Der Spiegel vom 10. Januar 2005). Nicht anders beurteilte es der Alawi nachfolgende
Ministerpräsident Dschaafari: „Sicherheit ist in der Tat das wichtigste Problem, und es ist deswegen so
hoch kompliziert, weil wir es mit einer explosiven Mischung aus innerirakischen Faktoren und aus
Entwicklungen jenseits unserer Grenzen zu tun haben“ (vgl. Der Spiegel vom 21. März 2005). Auch der
neueste Lagebericht des Auswärtigen Amtes von Juni 2006 spricht von einer „prekären“ Sicherheitslage
und stellt fest: „Durch tausende terroristische Anschläge und fortgesetzte offene Kampfhandlungen
zwischen militanter Opposition einerseits sowie regulären Sicherheitskräften und Koalitionsstreitkräften
andererseits hat sich die Lage seit Beendigung der Hauptkampfhandlungen Anfang Mai 2003
kontinuierlich verschlechtert. (…) Die andauernden Kampfhandlungen haben zahlreiche Opfer unter
Zivilisten gefordert. Nichtregierungsorganisationen schätzen die Zahl auf über 30.00, einige gehen von
100.000 (…) aus.“ (Lagebericht Juni 2006, S. 15).
Premierminister Alawi machte für den Terror im Wesentlichen drei Gruppen verantwortlich: radikale
islamische Gruppen, Anhänger des alten Regimes und Verbrecher, die Saddam Hussein noch kurz vor
Krieg aus den Gefängnissen frei gelassen hatte. Alle diese Gruppen zusammen – so Alawi – ergäben
eine schreckliche Mischung an Gewaltpotenzial, wobei es auch noch Querverbindungen gäbe; besonders
gefährlich sei der Bin-Laden-Vertraute Abu Mussab al-Sarkawi, der ein „eigenes Terrornetz von üblen
Leuten unterhalte“ (so Alawi, Der Spiegel vom 16. August 2004). Der irakische Chef des Geheimdienstes
geht davon aus, dass die irakische Terror- und Widerstandsfront 200.000 Mann zähle. Etwa 40.000 von
ihnen seien hauptberuflich als Bombenleger und Scharfschützen aktiv, 160.000 als Teilzeitguerillas und
Sympathisanten, die der kämpfenden Truppe Unterschlupf gewährten und sie mit Logistik versorgten. Das
amerikanische Militär hat diesen Angaben nicht widersprochen, obwohl sie um das Zehnfache über die
US-Schätzungen hinausgehen. (vgl. Der Spiegel vom 10. Januar 2005). Nach einer neuen
amerikanischen Studie gibt es zurzeit mehr als hundert Widerstands- und Terrorgruppen. Sie haben
„keinen Schwerpunkt, keine Führung, keine Hierarchie“ und handeln nach dem Motto: „Je schlimmer,
desto besser.“ (Der Spiegel vom 5. Dezember 2005).
Bei diesen Unruhen und diesem Blutvergießen trat mehr denn je die gefährliche Rolle der irakischen
Milizen und Privatarmeen ins Blickfeld, vor allem die der bewaffneten schiitischen Verbände: Die von dem
radikalen Schiitenprediger Muktada al-Sadr kommandierte Mahdi-Miliz und die Badr-Milizen des
Revolutionsrates, eine mehr als 10.000 Mann starke Kampftruppe (NZZ vom 28. Februar 2006, Die Zeit
vom 2. März 2006, Der Spiegel vom 6. März 2006).
Diesen Aufständischen und Terrorgruppen haben die Koalitionsstreitkräfte und die irakischen
Sicherheitskräfte nichts Entscheidendes entgegenzusetzen. Die Besatzungstruppen haben Stützpunkte im
Land, sind aber nicht überall im Land präsent. Vor allem meiden sie „No-go-Zonen“, in denen sie keine
permanenten Stützpunkte haben und in denen sie fast sicher angegriffen werden (vgl. Die Welt vom 20.
September 2004). Immer wieder führen sie in verschiedenen Teilen des Landes Offensiven durch, der
gewünschte Erfolg bleibt aber oft aus. In der Bevölkerung genießen die Besatzungstruppen wenig
Sympathie. Spätestens seit dem Folterskandal in Bagdads Abu-Ghureib-Gefängnis Anfang Mai 2004 sind
die USA als moralische Instanz desavouiert. Weitere Aktionen wie die Kämpfe in Falludscha und Mossul
sowie die Bombardements von Ramadi haben ihrem Ansehen zusätzlich geschadet. Nach Auswertung
einer Umfrage unter Irakern stellte der wissenschaftliche Leiter der Untersuchung fest: „Mit dem
Folterskandal von Abu Ghureib haben die USA den Irak verloren.“ (Der Spiegel vom 12. Dezember 2005).
Diese Stimmung ist seitdem nicht besser geworden, wurde doch Anfang Juni 2006 bekannt, dass bei
einer Aktion der amerikanischen Marines im November 2005 in der zentralirakischen Stadt Haditha von
diesen offensichtlich grundlos 24 Iraker getötet wurden (vgl. SZ vom 5. Juni 2006).
Vor allem die irakischen Sicherheitskräfte müssten die Lage stabilisieren, das geschieht aber nicht. Nach
Auflösung der gesamten irakischen Armee war ein gänzlicher Neuaufbau erforderlich, der noch längst
nicht abgeschlossen ist. Bei der Übergabe der Macht an die Übergangsregierung Ende Juni 2004 zählte
die Armee, die auch zur Terrorbekämpfung im Innern eingesetzt werden soll, 3.000 Soldaten. Der Polizei
gehörten nominell 120.000 Polizisten an, sie waren aber schlecht ausgerüstet. Nur dreiviertel von ihnen
erschien überhaupt regelmäßig zum Dienst, erst die Hälfte von ihnen hatte irgendeine Form von
Ausbildung erhalten (vgl. Der Spiegel vom 28. Juni 2004). Die Nationalgarde, die mit 40.000 Angehörigen
die Hauptwaffe der Übergangsregierung im Kampf gegen Aufständische ist, wird eher als eine
undisziplinierte Truppe angesehen, die zudem häufig Ziel von Anschlägen der Rebellen sei (vgl. NZZ vom
30. Dezember 2004). Daran hat sich in der Zwischenzeit wenig geändert. Nach einer Einschätzung des
30. Dezember 2004). Daran hat sich in der Zwischenzeit wenig geändert. Nach einer Einschätzung des
US-Verteidigungsministeriums sind die neu gebildeten irakischen Armee- und Polizeieinheiten für den
Einsatz gegen Terroristen und Aufständische vorerst nur bedingt einsatzbereit. Lediglich drei von 107
Bataillonen seien voll einsatzfähig. Zudem erweise sich die Ausbildung von Irakern in westlichen
Polizeitechniken besonders schwierig (vgl. NZZ vom 22. Juli 2005). Ein recht neues zusätzliches und nur
sehr schwer zu lösendes Problem ist schließlich, dass die schiitische Mahdi-Miliz und die Badr-Milizen
inzwischen mit Duldung des Innenministeriums die staatlichen Sicherheitskräfte unterwandert haben und
weiter unterwandern (vgl. NZZ vom 21. Juni 2005, SZ vom 27. Juli 2005, NZZ vom 28. Februar 2006, Die
Zeit vom 2. März 2006, Der Spiegel vom 6. März 2006).
Viele politische Beobachter und Akteure befürchten den offenen Ausbruch des Bürgerkriegs. Schon im
Juni 2004 sprach der damalige irakische Außenminister diese Gefahr an (vgl. Der Spiegel vom 7. Juni
2004). Dann warnte der Ministerpräsident der Übergangsregierung Alawi vor den Wahlen im Januar
2005, Ziel der Terroristen sei es, „ethnische und religiöse Konflikte zu schaffen“. Tatsächlich nahm nach
den Wahlen, aus denen die Schiiten mit einer deutlichen Mehrheit hervorgingen, der Terror gegen sie
weiter zu. Die schiitischen Führer sahen sich veranlasst, vor der Gefahr eines Bürgerkriegs zu warnen
und sahen in den Anschlägen den Versuch, im Irak einen Religionskrieg zwischen Sunniten und Schiiten
auszulösen (vgl. NZZ vom 21. Februar 2005). Mitte Juli 2005 schließlich rechnete nach einer Serie von
Anschlägen gegen die Schiiten der Berater des schiitischen Großayatollahs Ali al-Sistani mit einem
Bürgerkrieg, wenn die Sicherheitskräfte nicht endlich in der Lage seien, die Schiiten zu schützen, denn
dann müssten deren Milizen aktiviert werden (vgl. Die Welt vom 19. Juli 2005). Wenn gleichwohl derzeit
auch die aktuelle Gefahr eines Bürgerkrieges - insbesondere in Gestalt eines Krieges zwischen Sunniten
und Schiiten – gebannt erscheint, bestehen die aufgezeigten Konflikte doch unverändert fort. Es bleiben
die Aufständischen und Terroristen, die mit ihren Anschlägen einen Bürgerkrieg anzetteln wollen, es
bleiben die interkonfessionellen Spannungen, vornehmlich zwischen Sunniten und Schiiten. Ebenso
bleibt der Einfluss des Nachbarstaates Iran im Süden des Irak.
Die Prognose vieler Irak-Kenner ist dementsprechend düster. In nicht näher bezeichneten deutschen
Sicherheitskreisen rechnet man kaum damit, dass der Irak bis zum Ende des Jahrzehnts „eine Erfolgs-
geschichte“ werde. Es wird sogar nicht ausgeschlossen, dass der Irak bald zu den „gescheiterten Staaten“
gehört, die praktisch nur noch auf dem Papier stehen und tatsächlich in Chaos und Anarchie verfallen
(Berliner Zeitung vom 6. April 2005). In einer kürzlich für die amerikanische Regierung verfassten
Denkschrift „Sieben Schritte zu einer letzten Chance im Irak“ heißt es, das Jahr 2006 werde die
Entscheidung bringen. Es bleibe nur noch „ein Zeitfenster von sechs bis zwölf Monaten“, um den
Bürgerkrieg zu vermeiden. Vorrangiges Ziel sei es dabei nicht, Terroristen zu jagen, sondern weiten
Teilen der Bevölkerung ein Gefühl der Sicherheit zu geben. Wenn ein Minimum an Sicherheit hergestellt
werden könne, sollten die Vereinten Nationen und die zivilen Organisationen in den Irak zurückkehren,
um das „zertrümmerte Land“ aufzubauen (Der Spiegel vom 6. März 2006). Äußerst besorgt sind die
Politiker und Journalisten, die wegen des Konfessionalismus (und Tribalismus) eine „Libanisierung“ des
Irak fürchten (vgl. dazu: Fürtig, Friedensgutachten 2005, S. 42). Aufgrund der eigenen Erfahrungen in
seinem Heimatland geht ein libanesischer Politologe davon aus, dass das irakische Modell des religiösen
und stammesmäßigen Proporzes nicht aufgeht. Die meisten arabischen Gesellschaften, auch der Irak,
seien ethnisch wie religiös vom Zerfall bedroht. „Jeder wird (...) sein eigenes Volk, seinen Stamm oder
seine Konfession wählen. Das zerreißt den Staat und führt zu Gewalt und Bürgerkrieg“ (Der Spiegel vom
5. Februar 2005).
In dieser äußerst gefährlichen Situation hat der neue Ministerpräsident Maliki inzwischen an Kompetenz
und Ansehen gewonnen. Wenn auch seine ersten Erklärungen („Wir Schiiten haben die Mehrheit, das
müssen die Sunniten endlich kapieren. “ – und: „Die Verfassung wird nicht mehr geändert, auch wenn in
letzter Minute uns das Zugeständnis einer nochmaligen Überarbeitung abgerungen wurde.“) wenig
versöhnlich klangen, so hat er doch eine Reihe mutiger Initiativen ergriffen. So hat er einen
Versöhnungsplan mit 24 Einzelpunkten vorgelegt. Mit diesem geht es darum, den blanken Terror vom
nationalistischen Widerstand zu isolieren, den gedemütigten Sunniten eine Brücke zu bauen und die
verschiedenen rivalisierenden Volksgruppen und Glaubensrichtungen zusammenzuführen – und damit
das geschundene Land zu befrieden. Auch scheut sich Maliki, der selbst Schiit ist, nicht, gegen die
Schiiten vorzugehen. So hat er über die südiarkische, vor allem von Schiiten bewohnte Stadt Basra einen
einmonatigen Ausnahmezustand und ganztägige Ausgangssperren verhängt. Zudem ist es seine Absicht,
auch die schiitischen Milizen aufzulösen. Schließlich machte er den Vorschlag, zur Aufarbeitung der
Vergangenheit eine Wahrheitskommission nach südafrikanischem Vorbild ins Leben zu rufen. Bei dieser
Politik hat er auch die volle Unterstützung der amerikanischen Regierung (vgl. Das Parlament vom 28.
Juni 2006, Der Spiegel vom 3. Juli 2006, FAZ vom 6. Juli 2006). Der Beginn der Amtszeit des neuen
Ministerpräsidenten und seines Kabinetts fiel überdies zusammen mit der Tötung des seit vielen Monaten
intensiv gesuchten al-Qaida-Führers al-Sarwaki durch die amerikanischen Interventionstruppen.
Trotz dieser für Maliki guten Vorzeichen hat er mit äußerst großen Problemen zu kämpfen. Seine
Schwäche liegt, wie schon die seines Vorgängers Dschaafari, vor allem im Sicherheitsbereich. Er selbst
verfügt über keine Miliz und die staatlichen Sicherheitskräfte sind weiterhin sehr schwach, die Polizei ist
durch Aufständische und Milizen stark unterwandert und ihre Einsetzbarkeit ist äußerst gering (vgl. AA:
Lagebericht Juni 2006, S. 13).
Dementsprechend ist auch dem neuen Ministerpräsidenten bislang kein Durchbruch zum Besseren
gelungen. Sein Versöhnungsplan wird von immer mehr Gruppen und Einzelpersonen abgelehnt (vgl. FAZ
vom 6. Juli 2006), der getötete al-Qaida-Chef al-Sarwaki hat sehr schnell einen Nachfolger gefunden (von
dem es heißt, er habe jüngst zwei Geiseln eigenhändig die Kehlen durchgeschnitten, vgl. Berliner Zeitung
vom 22. Juni 2006) und die Sicherheitslage im Irak hat sich seit seinem Amtsantritt noch einmal
dramatisch verschlechtert (im Monat Mai 2006 starben seit Kriegsbeginn die meisten Menschen, allein im
Bagdader Leichenschauhaus zählte man in diesem Jahr mehr als 6000 Mordopfer, vgl. Der Spiegel vom
12. Juni 2006 und vom 3. Juli 2006).
So Besorgnis erregend diese Einschätzungen auch sind, so zeigt die Analyse der gegenwärtigen
Situation und die Vorschau auf die nähere Zukunft doch zweierlei: Zum einen, dass das bisherige Regime
Saddam Husseins vollständig beseitigt ist. Seine Herrschaft war eine persönliche Diktatur. Saddam
Hussein war Präsident und Ministerpräsident der Republik, Vorsitzender des Revolutionären Kommando-
rats als höchstem legislativen und exekutiven Organ des Irak, Oberbefehlshaber aller Streitkräfte,
Generalsekretär der Ba’ath-Partei und ihres Militärbüros. Er war eine „Spinne im Zentrum des
Machtnetzes des Irak“ (so: Fürtig: Kleine Geschichte, S. 139). Zum anderen zeigt das Vorstehende, dass
der Prozess der demokratischen Neugestaltung von ungeheurer Gewalt, Terror und Instabilität begleitet
wird.
Vor diesem Hintergrund hat der Senat keinen Zweifel, dass sich die maßgeblichen Verhältnisse i.S.d.
Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 1. November 2005, DVBl. 2006, 511)
nachträglich und nicht nur vorübergehend so verändert haben, dass bei einer Rückkehr des Klägers in
den Irak eine Wiederholung der für seine Flucht maßgeblichen Verfolgungsmaßnahmen auf absehbare
Zeit mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen ist. Denn Saddam Hussein und die sein Regime mit
tragenden Personen sind inzwischen nicht nur alle auf der Flucht und durch das irakische Volk abgewählt,
sondern zum Teil getötet oder außer Landes. Ihm selbst und seinen führenden Helfern, denen man
habhaft werden konnte, wird zudem zurzeit der Prozess gemacht, ihnen droht die Todesstrafe, auf jeden
Fall aber lebenslange Haft. Deshalb ist zum heutigen Zeitpunkt eine Verfolgung des Klägers wegen
tatsächlicher oder vermeintlicher früherer Gegnerschaft zu Saddam Hussein und seinem damaligen
Regime, die Anlass für die seinerzeitige Flucht aus dem Irak war, auszuschließen.
Angesichts der aufgezeigten innenpolitischen Situation droht den Klägern bei einer hier allein wegen des
Asylrechts und seines Widerrufs in Betracht zu ziehende Rückkehr in den Irak auch keine politische
Verfolgung aus anderen Gründen, d.h. aus solchen, die keinerlei Verknüpfung mehr mit den früheren auf-
weisen, die zur Anerkennung geführt haben.
Dabei ist zu sehen, dass die gegenwärtigen Verhältnisse im Irak außer durch die demokratische
Neugestaltung von einer bürgerkriegsähnlichen Krisensituation mit geprägt ist. Wie beim Guerilla-
Bürgerkrieg bleiben die nichtstaatlichen Akteure, die Terroristen und Gewalttäter, um keine Angriffsfläche
zu bieten und um effektiv zu sein, im Verborgenen und höhlen das staatliche Gewaltmonopol
fortschreitend aus. In dieser Situation erscheinen weniger die staatlichen Sicherheitskräfte als Verfolger,
sondern eher schon die nichtstaatlichen Akteure, die durch das Aufeinanderhetzen vor allem der
verschiedenen Religionsgemeinschaften den Staat weiter destabilisieren und den Bürgerkrieg
provozieren wollen.
Von daher haben Schiiten wie die Kläger von den staatlichen Sicherheitskräften keine politische
Verfolgung zu befürchten. Das gilt umso mehr, als sie mit über 60% nicht nur die Bevölkerungsmehrheit im
Irak stellen, sondern nach den inzwischen abgehaltenen Wahlen über fast die absolute Mehrheit der
Parlamentssitze verfügen und mit dem Ministerpräsidenten Maliki und der Mehrheit der Minister seines
Kabinetts die gegenwärtige Regierung klar dominieren.
Aber auch von nichtstaatlichen Akteuren droht den Klägern als Schiiten keine politische Verfolgung. Dabei
verkennt der Senat allerdings nicht, dass die Schiiten als Gruppe in einer Vielzahl von Fällen schweren
Repressalien ausgesetzt sind. Dies hat historische und religiöse Gründe, die bis in die Gegenwart
hineinreichen und in der augenblicklichen Phase sogar noch gravierender werden.
Die Schiiten sind die Angehörigen der Schia, der „Partei Alis“ (Schi’at Ali). Das ist die Bezeichnung für all
diejenigen Muslime, die Ali, den Vetter und Schwiegersohn Mohammeds, als dessen ersten rechtmäßigen
Nachfolger anerkennen. Damit unterscheiden sie sich von den anderen Muslimen, vor allem von den
Sunniten, die getreu der historischen Realität in Abu Bakr (gest. 634), Umar (gest. 644), Utman (gest. 656)
und dann erst in Ali (gest. 661) die vier ersten rechtgeleiteten Kalifen sehen (vgl. dazu und zum
Folgenden: Halm: Sunniten und Schiiten am Persischen Golf, in: Geographische Rundschau 2005, Heft
11, S. 42 ff.; FAZ vom 30. September 2005). Leitsatz der Schiiten ist: Wer Nachfolger Mohammeds ist,
entscheidet Gott und wurde durch Mohammed verkündet. In diesem Sinne ist Ali der erste rechtmäßige
Nachfolger Mohammeds und nach ihm derjenige seiner Nachkommen, der die Voraussetzungen für das
Amt erfüllt. Die eigentliche Entzweiung zwischen Schiiten und Sunniten vollzog sich nach Alis Tod. Die
Schiiten hielten nämlich zu seinen Söhnen Hasan (gest. 669) und Husain (getötet 680). Das Martyrium
des 3. Imams Husain, des Enkels Mohammeds, ist bis heute der Dreh- und Angelpunkt des schiitischen
Glaubens. Husain war mit seiner Familie und einer kleinen Schar Getreuer von Mekka nach Kufa (heute:
Südirak) gekommen, um sein Recht auf die Nachfolge seines Großvaters und seines Vaters Ali geltend zu
machen. Der Gouverneur von Kufa, der Staathalter des Kalifen von Damaskus, ließ sie aber nicht in die
Stadt hinein. Vielmehr wurden sie von Soldaten verfolgt und bei Kerbala (im heutigen Südirak) kam es zu
einem Massaker, bei dem Husain und seine männlichen Begleiter von den Soldaten getötet wurden. Aus
diesem Martyrium ist das wohl höchste Fest der Schiiten hervorgegangen, das Aschura-(“Zehner“-)Fest
am 10. des Monats Muharram. Dabei gedenken die Schitten mit Klageliedern, Prozessionen, blutigen
Selbstgeißelungen und Passionsspielen der Ermordung Husains.
Husains Tod brachte die Spaltung des Islam in Sunniten und Schiiten, die von beiden Seiten mit starken
Emotionen belastet ist. Seit Jahrhunderten verfluchen die Schiiten all jene, denen sie die Schuld an
Husains Tod und an der Verdrängung der Prophetenfamilie von der politischen Macht geben, vor allem
auch die ersten Nachfolger Mohammeds, die Kalifen Abu Bakr, Umar und Utman. Diese sind für die
Sunniten verehrenswürdige Prophetengefährten und Garanten der islamischen Überlieferung, der Sunna.
Den Schiiten gelten sie hingegen verbrecherische Usurpatoren. Das Aschura-Fest der Schiiten ist
seitdem immer wieder Anlass für handgreifliche, gelegentlich auch blutige Auseinandersetzungen der
Sunniten mit den Schiiten.
Die Schiiten waren Jahrhunderte lang eine Minderheit in ihrer jeweiligen Umgebung im Nahen Osten und
standen meist in Opposition zur jeweiligen politischen Herrschaft. Lediglich im Iran war es das
Königshaus der Safawiden (1501 – 1722), das die Schia zum offiziellen staatlichen Bekenntnis machte.
Diese Religionspolitik wirkt bis heute fort. Der Iran ist seit 1979, seit dem Sieg der islamischen Revolution,
das einzige Land der Welt, in dem nicht nur die Schia Staatsreligion ist, sondern schiitische
Religionsgelehrte zugleich die Macht im Staat ausüben.
Die Geschichte der Schiiten im Irak verlief hingegen in der Neuzeit anders. Im Irak, der Jahrhunderte lang
zum Osmanischen Reich gehörte, waren die Schiiten gegenüber den Sunniten zurückgesetzt und dies
war im gesellschaftlichen Bewusstsein tief verankert (vgl. Fürtig: Kleine Geschichte, S. 96). Allerdings gab
es in jener Zeit nur relativ wenige Schiiten im Irak. Bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts waren die für
Schiiten heiligen Städte Kerbala (mit dem Grab Husains in der Nähe) und Nadjaf (mit dem Grab Alis)
sowie die Stadt Samarra und der Stadtteil al-Kadhimiyya im Norden von Bagdad schiitische Inseln. Sie
waren bewohnt von Religionsgelehrten mit ihren Familien und Schülern; fast alle waren Iraner oder
iranischer Abkunft. Als die Türken begannen, die im Süden des heutigen Irak lebenden arabischen
Beduinen mit Gewalt sesshaft zu machen, fanden diese schiitischen Gelehrten von Nadjaf und Kerbala
ein fruchtbares Feld für ihre schiitische Mission. So wurde im 19. Jahrhundert der ganze Süden des Irak
schiitisch, wobei die ganz überwiegende Zahl der Schiiten arabischer Herkunft waren und sind (vgl. Halm,
in: Geographische Rundschau 2005, Heft 11, S. 43 f.).
Dieser sehr starken Bevölkerungsgruppe gestanden die Osmanischen Herrscher erst im Jahr 1908 das
Recht auf freie Religionsausübung zu. Das bedeutete aber keinesfalls die soziale und politische
Gleichberechtigung der Schiiten mit den Sunniten. Diese Benachteiligung setzte sich in dem neu
entstandenen Staatsgebilde Irak fort. Mitte der 1970er Jahre beispielsweise waren nur 5,7 % der höheren
Führungsränge mit Schiiten besetzt. Das korrespondierte mit der Tatsache, dass die
Hauptsiedlungsgebiete der Schiiten südlich von Bagdad zur selben Zeit zu den Regionen mit dem
geringsten staatlichen Investitionsvolumen gehörten (vgl. Fürtig, Kleine Geschichte, S. 96).
Unter dem Regime Saddam Husseins verschlechterte sich noch deren Situation dramatisch. Die
schiitische Bevölkerungsmehrheit zählt zu den Hauptopfern des Diktators. Die größten Verfolgungen erlitt
sie im Vorfeld und im Zuge des 1. Golfkrieges, des Kriegs Saddam Husseins gegen den Iran (1980 –
1988). Nachdem es im Jahr 1980 Schiitenunruhen im Südirak gegeben hatte und der Groß-Ayatollah
Muhammad Baqir al-Sadr zusammen mit seiner Schwester auf Geheiß Saddam Husseins exekutiert
wurde, verfolgte das Regime Saddam Husseins die Schiiten und deportierte Zehntausende von ihnen in
den Iran. Diese „ethnischen Säuberungen“ waren dann das Vorspiel zum irakisch-iranischen Krieg (vgl.
Fürtig: Kleine Geschichte, S. 167; Die Welt vom 19. Oktober 2005).
Zur nächsten massenhaften Verfolgung der Schiiten kam es unmittelbar nach der Beendigung des 2.
Golfkrieges, des Kriegs Saddam Husseins gegen Kuweit (1990 – 1991). Kurz nach Kriegsende hatten sich
die Schiiten im Südirak – ermuntert durch die Amerikaner – gegen Saddam Hussein erhoben. Da die
damalige von den USA geführte Kriegskoalition ihren Marsch auf Bagdad stoppte und nichts unternahm,
um das Regime zu stürzen, konnte Saddam Hussein gegen die Aufständischen vorgehen. Mit äußerster
Brutalität wurden die heiligen Städte Nadjaf und Kerbala bombardiert und geplündert. Zudem trieben
Artillerie, Kampfpanzer und Flugzeuge die Schiiten im Süden in unwirtliche Sümpfe. Es gab tausende von
Toten. Als schiitische Stämme in der Sumpflandschaft des Schatt al-Arab mehrere irakische Einheiten
aufgerieben hatten, die versucht hatten, in die Sümpfe vorzudringen, begann das Regime umgehend mit
der Trockenlegung dieser Sumpflandschaft. Damit zerstörte Saddam Hussein nicht nur eine der ältesten
Agrarlandschaften der Geschichte, sondern raubte Zehntausenden Menschen ihre Lebensgrundlagen.
Das letzte Massaker an den Schiiten ereignete sich im Jahr 1999. Nachdem Saddam Hussein den
führenden schiitischen Geistlichen Ayat Allah al-Sayyid Mohammed Sadiq al-Sadr mit zweien seiner
Söhne in Nadjaf hatte ermorden lassen und sich die Schiiten ein weiteres Mal gegen das Regime
erhoben hatten, wurden auch diese Unruhen blutig niedergeschlagen (vgl. Halm, in: Geographische
Rundschau, 2005, S. 45 f.; Die Welt vom 19. Oktober 2005).
Angesichts dieser Geschichte und des skizzierten religiösen Hintergrundes waren die Schiiten im Irak bis
vor kurzem eine benachteiligte, unterdrückte und auch verfolgte Mehrheit, die anders als die
(sunnitischen) Kurden im Norden des Irak nicht so autonom gelebt haben und auch gegenwärtig nicht so
autonom leben. Die Schiiten sind immer wieder in Anschläge und Entführungen involviert. Diese gehen –
soweit sie nicht ohnehin einen rein kriminellen Hintergrund haben – vornehmlich von sunnitischen
Arabern aus. Sie provozieren Vergeltungsschläge der Schiiten, vor allem von deren Milizen (vgl. dazu jetzt
auch die Äußerung des amerikanischen Botschafters im Irak, Zalmay Khalilzad: „Es gibt einen
Teufelskreis: Die Terroristen wollen Bürgerkrieg. Die Qaida greift die Schiiten an. Die schiitischen Milizen
rächen sich an den Sunniten. Und die Sunniten werden extremistischer, manche schließen sich der Qaida
an“, zit. nach: Der Spiegel vom 3. Juni 2006).
An diesen Auseinandersetzungen und Gewaltakten sind die Schiiten auch als Angreifer und Täter
beteiligt. Des Öfteren sind es die schiitischen Milizen, die zuerst gegen die Sunniten und ihre religiösen
Orte vorgehen. Es kommt hinzu, dass das Verhältnis der Schiiten untereinander nicht spannungsfrei ist.
„Die Schiiten“ gibt es bei genauerer Betrachtung nicht, sie bilden keinen monolithischen Block. Auch unter
ihnen gibt es unterschiedliche Tendenzen und zum Teil und vorübergehend massive Rivalitäten. Grund
dafür sind etwa die verschiedenen religiösen Strömungen, Schulen, denen die Repräsentanten, die Groß-
Ayatollah, angehören und die dann ihre Anhänger beeinflussen. Weitere Unterschiede ergeben sich aus
der ethnischen oder biografischen Herkunft, stammen doch nicht wenige geistliche Führer aus dem Iran
und haben sich auch viele Schiiten (teilweise auch gezwungenermaßen aufgrund der Deportationen) in
den 1980er und 1990er Jahren im Iran aufgehalten. Schließlich kommen noch unterschiedliche politische
Einstellungen zum Tragen, insbesondere auch hinsichtlich des Verhältnisses zur Gewalt (vgl. FAZ vom 23.
April 2003; FAZ vom 16. April 2004 „Bruderzwist im Hause Ali“; FAZ vom 18. August 2004; FR vom 23.
August 2004).
Außerdem ist das Verhältnis der Schiiten zu den Interventionstruppen eher zwiespältig. Anders als bei den
Kurden ist bei ihnen nicht vergessen, dass sie bei ihrem Aufstand im Jahre 1991 von den Amerikanern im
Stich gelassen wurden; sie fühlten sich damals verraten und das prägt noch heute ihr kollektives
Bewusstsein (vgl. Halm, in: Geographische Rundschau, 2005,S. 46). Zudem haben auch die Briten, deren
Interventionstruppen im Süden stationiert sind, in den Augen der Iraker schwerwiegende Fehler begangen
und dadurch erheblich an Sympathie verloren (vgl. NZZ vom 28. Oktober 2005). Nach einer Umfrage im
November 2005 befürworteten in den vor allem von Schiiten bewohnten Südregion nur 58 % für den
Einmarsch der Interventionsstreitkräfte, während 38 % sich dagegen aussprachen, 59 % waren gegen
eine Präsenz der alliierten Truppen im Irak (37 % dafür) und 51 % (gegenüber 43 %) empfanden die Art
und Weise, wie die USA und die übrigen alliierten Truppen seit dem Krieg ihren Verpflichtungen
nachkommen als schlecht (vgl. Der Spiegel vom 12. Dezember 2005; s. auch: FAZ vom 8. Mai 2006).
Nimmt man all dies in den Blick, so ist für den Senat eine politische Verfolgung der Schiiten „wegen“ ihres
Glaubens nicht erkennbar. Die sehr große Zahl ihrer Opfer erklärt sich vornehmlich daraus, dass sie die
eindeutige Bevölkerungsmehrheit darstellen. Bei „wahllosen und willkürlichen“ Attentaten auf belebten
Plätzen, Märkten u.a. droht ihnen schon rein statistisch gesehen die größte Gefahr aller
Bevölkerungsgruppen – ohne dass dies allerdings eine politische Verfolgung darstellt. Da die Schiiten
selbst bewaffnete Milizen unterhalten, die im Widerstand gegen die Interventionsstreitkräfte, in
Auseinandersetzungen mit sunnitischen Militanten und Terroristen stehen und sich teilweise auch selbst
bekämpfen, vermag der Senat auch in diesen Gewaltakten, sofern Schiiten Opfer sind, keine politische
Verfolgung zu erkennen. Anders ist es hingegen bei Anschlägen auf schiitische Moscheen und Gläubige,
insbesondere auf Wallfahrten und an religiösen Festen und vor Moscheen. Wenn diese auch immer
wieder vorkommen und dann viele schiitische Opfer zu beklagen sind - wie im August 2003 bei einem
Anschlag mit mehr als 100 schiitischen Toten, am 2. März 2004 beim Ashura-Fest mit fast 200 getöteten
schiitischen Pilgern, am 31. August 2005 bei einer Massenpanik auf der Tigrisbrücke in Bagdad mit etwa
1.000 getöteten Pilgern und dem Anschlag am 22. Februar 2006 auf die „Goldene Moschee“ in Samarra –
so stellen diese doch auch in ihrer Gesamtheit und in ihrer Wirkung auf die schiitische Bevölkerung
insgesamt keine politische Verfolgung dar, von der sich gleichsam jeder Schiit betroffen fühlen müsste.
Dies relativiert sich, wenn man bedenkt, dass es im Irak gegenwärtig schätzungsweise 15 Millionen
Schiiten gibt und dass die Anschläge und Morde auf Pilger und Moscheen einen konkreten räumlichen
und zeitlichen Anknüpfungspunkt haben und man als „einfacher Schiit“ es durchaus vermeiden kann, sich
in solche Gefahrensituationen unmittelbar zu begeben.
Es kommt noch die besondere Situation von Nadjaf hinzu, der Stadt, in der der Kläger geboren ist, die
Kläger zuletzt im Irak gelebt haben und in der Angehörige des Klägers auch gegenwärtig noch leben.
Denn die fast eine Million Einwohner zählende Großstadt Nadjaf ist auch heute eine der wichtigsten
Städte der Schiiten, befindet sich dort doch das Grab des Imam Ali mit seiner weithin sichtbaren goldenen
Kuppel. Es ist das Zentrum der schiitischen Gelehrsamkeit, in dem auch viele iranische Schiiten studieren.
Einem Bericht zufolge ist Nadjaf fest im Griff der schiitischen Geistlichkeit (FAZ vom 2. August 2003).
Längst ist dort eine für Außenstehende unsichtbare Ordnung entstanden, die ohne Soldaten und irakische
Polizei lautlos und gut funktioniert. Dort herrscht kein Chaos wie in anderen Gebieten des Landes.
Plünderungen und Rachakte hat es kaum gegeben, obwohl Saddam Hussein Zehntausende Menschen
aus Nadjaf hinrichten und mehr als 40.000 verschleppen ließ. Abschließend wird in dem Bericht ein Mann
mit den Worten zitiert: „Wir wollen die Amerikaner hier nicht haben; unsere eigenen Leute sorgen gut für
uns“ (FAZ vom 2. August 2004).
Von daher können die Kläger als Schiiten nach Nadjaf zurückkehren, ohne dass sie politische Verfolgung
zu befürchten haben.
Keine der Klägerin günstigere Betrachtungsweise ergibt sich aus dem Umstand, dass sie persischer
Herkunft ist. Das gilt gerade auch im Hinblick auf eine Rückkehr nach Nadjaf. Denn wie zuvor ausgeführt,
war schon früher Nadjaf eines der Zentren persischer schiitischer Religionsgelehrter und ihrer Anhänger.
Noch bis vor einigen Jahren war etwa die Hälfte der Bevölkerung von Nadjaf iranischen Ursprungs. Viele
flüchteten allerdings vor der Unterdrückung durch Saddam Hussein in den Iran bzw. wurden dorthin
verschleppt, jedoch kehren sie inzwischen wieder nach Nadjaf zurück (vgl. FAZ vom 23. April 2003). Auch
studieren viele schiitische Iraner in Nadjaf. Dort unterrichtet u.a. der Groß-Ayatollah al-Sistani, der selbst
iranischer Herkunft (vgl. FAZ vom 2. August 2003). Von daher hält es der erkennende Senat für praktisch
ausgeschlossen, dass die Klägerin wegen ihrer persischen Herkunft politische Verfolgung zu befürchten
hat.
Letztlich ist auch nicht nachvollziehbar, dass dem Kläger politische Verfolgung durch die irakischen
Sicherheitskräfte wegen seines Bruders droht. Die angeblich von seinem Bruder begangenen
Verfehlungen haben keinen erkennbaren politischen Hintergrund. Es ist auch nichts dafür ersichtlich, dass
nach dem Kläger deswegen nach nunmehr mehreren Jahren gesucht wird, geschweige denn, dass dies
im Sinne des Flüchtlingsrechts eine politische Verfolgung sein könnte. Dies hat er auch selbst nicht näher
dargetan. Im Übrigen ist nach der aufgezeigten Situation in Nadjaf nicht erkennbar, dass irakische
Sicherheitskräfte überhaupt einer Strafverfolgung nachgehen können.
Angesichts der sich daraus ergebenden Unwahrscheinlichkeit einer politischen Verfolgung kommt es zur
Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits auch nicht darauf an, welcher Maßstab für die zu treffende
Prognoseentscheidung hierfür maßgeblich ist (offen gelassen auch von BVerwG, Urteil vom 1. November
2005, NVwZ 2006, 707 = AuAS 2006, 92).
Liegen damit die Voraussetzungen für den zwingend vorgeschriebenen Widerruf vor, so hat nach alledem
das Verwaltungsgericht die Klagen dagegen zu Recht abgewiesen.
Danach konnten die Berufungen keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 2, 159 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten folgt aus § 167
VwGO.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Gründe der in § 132 Abs. 2 VwGO bezeichneten Art nicht vorliegen.
Rechtsmittelbelehrung
VizePräsOVG Steppling ist
wegen Urlaubs gehindert, seine
Unterschrift beizufügen
gez. Dr. Falkenstett gez. Dr. Falkenstett gez. Hennig