Urteil des OVG Rheinland-Pfalz vom 04.07.2006

OVG Koblenz: bebauungsplan, gewerbe, genehmigungsverfahren, gemeinde, kaserne, verzicht, vorprüfung, bestandteil, ausnahme, kommission

OVG
Koblenz
04.07.2006
8 C 11709/05.OVG
Baurecht
Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil
Im Namen des Volkes
In dem Normenkontrollverfahren
der Frau W.,
- Antragstellerin -
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Gaube & Jeromin, Bahnhofstr. 38, 56626 Andernach,
gegen
die Stadt Trier, vertreten durch den Oberbürgermeister, Augustinerhof, 54290 Trier,
- Antragsgegnerin -
wegen Normenkontrolle (Bebauungsplan)
hat der 8. Senat des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz in Koblenz aufgrund der mündlichen
Verhandlung vom 4. Juli 2006, an der teilgenommen haben
Vorsitzender Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Held
Richter am Oberverwaltungsgericht Stamm
Richter am Oberverwaltungsgericht Utsch
für Recht erkannt:
Der am 23. Juni 2005 als Satzung beschlossene Bebauungsplan BF 13 „Handwerkerpark Feyen“ der
Antragsgegnerin wird für unwirksam erklärt.
Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Antragsgegnerin kann die Vollstreckung durch
Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckungsfähigen Betrages abwenden, wenn nicht
die Antragstellerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
T a t b e s t a n d
Die Antragstellerin wendet sich mit ihrem Normenkontrollantrag gegen den Bebauungsplan BF 13
„Handwerkerpark Feyen“ der Antragsgegnerin.
Sie ist Miteigentümerin des unbebauten Grundstücks Gemarkung T. Nr. … . Dieses liegt unweit der
westlichen Grenze des Plangebiets; im Süden des Grundstücks verläuft – getrennt durch zwei weitere
Grundstücke – die Bundesstraße B 268. Die Umgebung des Grundstücks der Klägerin sowie Teile
desselben sind in einer Innenbereichssatzung der Antragsgegnerin als reines Wohngebiet ausgewiesen;
die tatsächliche Umgebungsbebauung entspricht dieser Ausweisung.
Das Plangebiet grenzt im Südwesten an die seiner Erschließung dienende Bundesstraße B 268, im Osten
an das als FFH-Gebiet gemeldete Naturschutzgebiet „Mattheiser Wald“. Es umfasst einen Teil des 1999
aufgegebenen, zur ehemaligen Castelnau-Kaserne gehörenden französischen Truppenübungsplatzes
und ist im Südosten mit einem „Kampfdorf“, im Übrigen mit breiten Panzerstraßen sowie im Verfall
befindlichen militärischen Gebäuden und Anlagen bebaut.
Nach Erstellung einer Machbarkeitsstudie im August 2001 beschloss der Rat der Antragsgegnerin im
März 2002 parallel zu einer gleichzeitig in die Wege geleiteten Änderung des Flächennutzungsplanes,
den angegriffenen Bebauungsplan aufzustellen, um Trierer Handwerksbetrieben zur Vermeidung ihrer
Abwanderung ins Umland unter Inanspruchnahme von Konversionsförderungsmitteln des Landes die
Möglichkeit einer kostengünstigen, stadtnahen Aussiedlung aus problematischen Innenstadtlagen zu
bieten. Im Lauf des Planaufstellungsverfahrens ließ die Antragsgegnerin u.a. Gutachten zu
Lärmauswirkungen des geplanten Gewerbegebietes und zu dessen Verträglichkeit mit dem
angrenzenden FFH-Gebiet sowie eine vergleichende Standortuntersuchung erstellen.
Der Plan sieht im Zentrum des Plangebiets die Festsetzung mittels immissionswirksamer
flächenbezogener Schallleistungspegel (IFSP) eingeschränkter Gewerbegebiete vor, die durch eine mit
der B 268 verbundene Ringstraße und davon abzweigende Stichstraßen ohne Wendehämmer
erschlossen werden. Am westlichen Rand des Plangebiets ist zur angrenzenden Wohnbebauung hin eine
öffentliche Grünfläche festgesetzt, auf deren nordwestlichem Teil vorhandener Baumbewuchs zu erhalten
ist. Am östlichen Rand des Plangebiets sind entlang der Grenze des FFH-Gebietes verlaufende
ehemalige Wirtschaftswege mit Abzweigungen sowie der Bereich des „Kampfdorfes“ als nicht bebaubare
Flächen für Naturschutzmaßnahmen festgesetzt. Neben im Plan festgesetzten Ausgleichsmaßnahmen
sieht der Umweltbericht die Durchführung von Biotopentwicklungs- und Pflegemaßnahmen auf
landeseigenen Forstgrundstücken im Mattheiser Wald außerhalb des Plangebietes vor.
Im Rahmen der öffentlichen Auslegung des Planentwurfs rügte die Antragstellerin den fehlenden Bedarf
für ein Gewerbegebiet, die unzureichende Lösung des hinsichtlich der Wohnbebauung auftretenden
Lärmkonflikts, die Mangelhaftigkeit der FFH-Verträglichkeitsabschätzung sowie die mangelnde
Bestimmtheit einzelner Festsetzungen. Wegen der Einzelheiten wird auf die in den Planaufstellungsakten
gehefteten Einwendungsschreiben vom 16. Juli 2004 und vom 20. April 2005 Bezug genommen.
Nachdem die Antragsgegnerin am 20. Mai 2005 mit der Forstverwaltung eine Rahmenvereinbarung über
die externen Ausgleichsmaßnahmen im Mattheiser Wald abgeschlossen hatte, beschloss der Rat der
Antragsgegnerin am 23. Juni 2005 neben der 50. Änderung des Flächennutzungsplanes den
Bebauungsplan BF 13 als Satzung und wies zugleich die Einwendungen der Antragstellerin zurück. Die
zugrunde liegenden Erwägungen ergeben sich aus S. 22ff. der Beschlussvorlage vom 17. Mai 2005.
Nach am 15. November 2005 erfolgter Bekanntmachung des Bebauungsplans hat die Antragstellerin am
20. Dezember 2005 unter Berufung auf die aus ihrer Nachbarschaft zum Plangebiet resultierende
Abwägungsbetroffenheit Normenkontrollantrag gestellt. Sie meint, der Bebauungsplan verstoße mangels
Erforderlichkeit gegen § 1 Abs. 3 BauGB, da in Trier genügend freie Gewerbeflächen verfügbar seien und
keine ausreichende Anzahl ansiedlungswilliger Handwerksbetriebe habe nachgewiesen werden können.
Die Festsetzung eingeschränkter Gewerbegebiete komme einem „Etikettenschwindel“ nahe, da
Gewerbebetriebe aller Art, lediglich hinsichtlich ihrer Lärmemissionen durch IFSP beschränkt, zulässig
seien. Soweit in den Gewerbegebieten als Ausnahme „Geschäftsbetriebe, die ausschließlich der
Versorgung der im Gebiet arbeitenden Personen dienen“ zulässig seien, fehle es an ausreichender
Bestimmtheit der Festsetzung. Die Festsetzung von Gewerbegebieten neben einem reinen Wohngebiet
verstoße mangels vorhandener Gemengelage gegen das Trennungsgebot des § 50 BImSchG sowie
gegen das Gebot der Konfliktbewältigung. Das bereits durch den Verkehrslärm der B 268 stark belastete
Wohngebiet werde nun zusätzlich aus einer nach Aufgabe des Truppenübungsplatzes unbelasteten
Richtung verlärmt. Die Trennung durch öffentliche Grünflächen sei unzureichend; notwendig seien
Maßnahmen des aktiven Lärmschutzes, wie Wälle oder Wände. Die Festsetzung der IFSP sei mangels
ausreichender Bestimmtheit zur Konfliktbewältigung ungeeignet. Die Festsetzung sei im
Baugenehmigungsverfahren nicht umsetzbar, weil sowohl der genaue Flächenbezug des IFSP wie auch
die Berechnungsmethode nicht bestimmt seien. Auch die Erschließung der Gewerbegebiete sei im
Hinblick auf die von der Ringstraße abzweigenden Stichstraßen unzureichend, da diese ohne
Wendehammer geplant seien. Die Ermittlungen zur FFH-Verträglichkeit der Planung seien unzureichend.
Die Auswirkungen auf Hirschkäfer, Kammmolch, Schlingnatter und Wildkatze seien nicht untersucht
worden, obwohl Anhaltspunkte für deren Vorkommen vorlägen. Die Beeinträchtigungen des
Fledermauslebensraums seien auf unzureichender Datengrundlage beurteilt worden. Die Untersuchung
von Standortalternativen sei erst in einem späten Stadium des Planaufstellungsverfahrens und somit nicht
ergebnisoffen erfolgt. Die Gewichtung der einzelnen Beurteilungskriterien sei nicht nachvollziehbar;
teilweise gingen diese von unzutreffenden Annahmen aus. Ökologische Kriterien seien überhaupt nicht
berücksichtigt worden. Schließlich handele es sich bei den geplanten externen
Biotopverbesserungsmaßnahmen um solche, die Baumaßnahmen am Militärflughafen Spangdahlem
zuzurechnen seien. Überdies sei eine Beschwerde bei der Europäischen Kommission wegen fehlender
FFH-Verträglichkeitsprüfung im Planaufstellungsverfahren anhängig, bis zu deren Ausgang das
Normenkontrollverfahren auszusetzen sei.
Die Antragstellerin beantragt,
den am 23. Juni 2005 als Satzung beschlossenen Bebauungsplan BF 13 „Handwerkerpark Feyen“ der
Antragsgegnerin für unwirksam zu erklären.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Normenkontrollantrag abzulehnen.
Sie macht geltend, der Planungsbedarf ergebe sich aus der statistisch nachweisbaren Abwanderung
Trierer Handwerksbetriebe ins Umland sowie aus aktuellen Umfragen der Handwerkskammer. Die
Festsetzung der eingeschränkten Gewerbegebiete sei nicht zu beanstanden. Die Einschränkung müsse
nicht über den Ausschluss einzelner Betriebsarten erfolgen, sondern könne auch über
Emissionsbeschränkungen auf einen das Wohnen nicht wesentlich störenden Lärmpegel in Gestalt eines
IFSP bewirkt werden. Die zugelassene Ausnahmebebauung mit Geschäftsbetrieben für im Gebiet
arbeitende Personen sei hinreichend bestimmbar; gemeint seien etwa Bistros, Kantinen oder Kioske mit
einem auf die Angestellten der Handwerksbetriebe ausgerichteten Sortiment und an deren Pausen
orientierten Öffnungszeiten. Das Trennungsgebot des § 50 BImSchG sei keine zwingende
Planungsschranke, sondern ein Optimierungsgebot. Dem werde durch die Festsetzung einer Pufferzone
und der IFSP abwägend Rechnung getragen. Im Übrigen sei die Wohnbebauung durch die erst 1999
aufgegebene militärische Nutzung, an die sich unmittelbar Vorüberlegungen für die strittige Planung
angeschlossen hätten, planungsrelevant vorbelastet. Die Lärmbelastung durch die B 268, die nach
Maßgabe der eingeholten Gutachten durch den Handwerkerpark nicht nennenswert erhöht werde, sei
kein durch den Bebauungsplan zu lösender Konflikt und könne keinesfalls zu dem planbedingten
Gewerbelärm addiert werden. Die IFSP-Festsetzung sei hinreichend bestimmt, da sich alle Bezugs- und
Berechnungsparameter aus dem Lärmgutachten ergäben. Stichstraßen ohne Wendemöglichkeiten hätten
abwägungsfehlerfrei festgesetzt werden können, da durch sie maximal zwei Grundstücke erschlossen
würden und zum Wenden die privaten Grundstückseinfahrten in Anspruch genommen werden könnten.
Die Naturschutzbelange seien im Planaufstellungsverfahren ausreichend ermittelt worden. Dies hätten
auch die zuständigen Naturschutzbehörden bestätigt. Die Ermittlungen hätten zur Freihaltung des
ehemaligen Kampfdorfes und eines vernässten Kolonnenweges an der Grenze zum Naturschutzgebiet
geführt. Für das Vorkommen der von der Antragstellerin genannten Tierarten im Plangebiet habe es im
Planaufstellungsverfahren keinerlei Hinweise gegeben. Das Fledermausvorkommen sei bereits 2001
durch beauftragte Gutachter kartiert und in der FFH-Verträglichkeitsabschätzung zutreffend behandelt
worden. Eine Standortalternativenuntersuchung sei im Zeitpunkt des Planaufstellungsbeschlusses
worden. Eine Standortalternativenuntersuchung sei im Zeitpunkt des Planaufstellungsbeschlusses
entbehrlich gewesen, da keine anderen geeigneten Flächen zur Verfügung gestanden hätten. Als solche
Flächen 2005 verfügbar geworden seien, sei eine Untersuchung durchgeführt worden. Zwar sei dabei das
ökologische Konfliktpotential der Standorte, das in Trier-Feyen zweifellos am höchsten sei, nicht als
Bewertungskriterium aufgenommen worden. Dies führe aber nicht zur Unverwertbarkeit der
Untersuchung, da alle anderen Standortfaktoren derart günstig seien, dass auch die Berücksichtigung des
ökologischen Konfliktpotentials nicht zur Bevorzugung eines anderen, schlechter geeigneten Standorts
habe zwingen können. Schließlich seien die externen Ausgleichsmaßnahmen im Mattheiser Wald nicht
Baumaßnahmen in Spangdahlem, mit denen die Antragsgegnerin nichts zu tun habe, zuzurechnen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die von den Beteiligten zur
Gerichtsakte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. Die Planaufstellungsakten sowie
die Planurkunde des angefochtenen Bebauungsplans lagen vor und waren Gegenstand der mündlichen
Verhandlung. Auf ihren Inhalt wird ebenfalls verwiesen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
Der Normenkontrollantrag ist zulässig. Die nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO erforderliche Antragsbefugnis
der Antragstellerin, die nicht über Grundeigentum im Plangebiet verfügt, folgt aus ihrer
Abwägungsbetroffenheit. Als Eigentümerin eines in unmittelbarer Nähe des Plangebiets gelegenen,
planungsrechtlich für eine Wohnbebauung in Betracht kommenden Grundstücks kann sie geltend
machen, durch den angegriffenen Plan in abwägungserheblichen Belangen (Schutz vor Gewerbe- und
Verkehrslärm) betroffen zu sein.
Der Normenkontrollantrag ist auch begründet. Der Bebauungsplan BF 13 der Antragsgegnerin verstößt
hinsichtlich seiner Festsetzungen über die Art der baulichen Nutzung mit der Folge seiner
Gesamtunwirksamkeit gegen höherrangiges Recht (I). Im Übrigen erweisen sich die von der
Antragstellerin erhobenen Rügen jedoch als unbegründet (II).
I. Die Festsetzungen unter Ziff. 1.1.1 des Bebauungsplanes zur Art der baulichen Nutzung sind weder
ordnungsgemäß verkündet (1) noch genügen sie den rechtsstaatlichen Anforderungen an die
Bestimmtheit von Rechtsnormen (2).
1. Nach den genannten Festsetzungen sind in den Gewerbegebieten Gewerbebetriebe aller Art,
Lagerhäuser, Lagerplätze und öffentliche Betriebe zulässig, sofern der „nach DIN 18005 Teil 1 vom Mai
1987 zu ermittelnde flächenbezogene Schalleistungspegel ……..“ eingehalten wird und „die Betriebe
gemäß den Vorgaben der Geruchsimmissionsrichtlinie (GIRL) verträglich sind“. Bei der
Geruchsimmissionsrichtlinie handelt es sich um ein von der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft für
Immissionsschutz (LAI) entwickeltes (s. BT-Drs. 15/3600, S. 305), in einigen Bundesländern (soweit
ersichtlich, aber nicht in Rheinland-Pfalz) als Verwaltungsvorschrift eingeführtes Regelwerk zur Ermittlung
der Zumutbarkeit von Geruchsimmissionen.
Die demnach im Normtext des Bebauungsplanes enthaltenen, grundsätzlich zulässigen (statischen)
Verweisungen auf außerstaatliche Regelwerke begründen in ihrer konkreten Ausgestaltung einen
Verkündungsmangel des Bebauungsplans. Der Senat hat in einem Urteil vom 28. Februar 1996 – 8 A
12353/94.OVG – (veröffentlicht in ESOVGRP) hierzu wie folgt ausgeführt:
„Der Bebauungsplan bedarf als Rechtsnorm wie jede andere Rechtsvorschrift der Verkündung. Diese wird
im Regelfall dadurch bewirkt, daß der Gesetzeswortlaut in einem amtlichen Verkündungsorgan
abgedruckt wird. Dies schließt eine Verweisung auf andere Normen nicht aus, wenn für den
Rechtsunterworfenen klar erkennbar ist, welche Vorschriften im einzelnen gelten sollen (siehe BVerfGE
22, 330 - 346 -). Das ist bei der - statischen - Verweisung auf andere Rechtsvorschriften, die in den
jeweiligen Gesetzblättern verkündet worden sind, unproblematisch. An einer derartigen öffentlichen
Verlautbarung fehlt es jedoch bei Bestimmungen privater Gremien, wie beispielsweise der DIN-Normen.
Will der Gesetzgeber deren Beachtung verbindlich anordnen, unterläßt er aber aus Gründen der
Lesbarkeit und Übersichtlichkeit die wörtliche Übernahme solcher Regelungen in den Gesetzestext oder
ihre Aufnahme als Anlage zur Rechtsnorm, so muß die Rechtsnorm erkennbar zum Ausdruck bringen, daß
sie die in Bezug genommene Anordnung zu ihrem Bestandteil macht, und diese hinreichend bestimmt
bezeichnen. Weiter muß die Veröffentlichung der in Bezug genommenen Regelung für den Betroffenen
zugänglich und archivmäßig gesichert sein (s. BVerwG, Urteil vom 29. August 1961, DVBl. 62, 137; OVG
Lüneburg, Urteil vom 27. Juli 1990, NVwZ-RR 91, 106; Hömig, Zur Zulässigkeit statischer Verweisung des
Bundesrechts auf nichtnormative Regelungen, DVBl. 79, 307 jeweils m.w.N.)…………..Die genaue
Bezeichnung der Regelungen nach Inhalt, Datum sowie der Stelle, an der sie eingesehen oder von der
sie bezogen werden können, ist auch vorliegend nicht deshalb entbehrlich, weil beim Vollzug des
Bebauungsplanes durch Bebauung ohnehin sachkundige Personen, nämlich Architekten, beteiligt sind,
die aufgrund ihrer Ausbildung ohne weiteres erkennen können, was gemeint ist. Denn der
Bebauungsplan wendet sich als Rechtsnorm an jedermann. Weiter macht die besondere Art der
Verkündung nach § 12 BauGB die genannten Erfordernisse nicht entbehrlich. Nach dieser Bestimmung
erfolgt die Verkündung eines Bebauungsplanes in zwei Teilschritten. Nach Satz 1 ist lediglich die
Genehmigung oder die Durchführung des Anzeigeverfahrens orts- üblich bekanntzumachen. Der
Bebauungsplan als solcher, d.h. die zeichnerischen und textlichen Festsetzungen sowie die Begründung
werden dagegen nicht in einem Bekanntmachungsorgan veröffentlicht, sondern sind gemäß § 12 Satz 2
BauGB zu jedermanns Einsicht bereitzuhalten. Aus diesem bereitzuhaltenden Plan und seiner
Begründung muß sich jedoch der gesamte Planinhalt für jedermann erschließen, insoweit müssen die
bereitzuhaltenden Unterlagen all das enthalten, was bei anderen Rechtsnormen im Verkündungsblatt zu
stehen hat. Die in § 12 Satz 2, 2. Halbsatz BauGB vorgeschriebene Auskunft über den Inhalt des
Bebauungsplanes ist nicht mehr Teil der Verkündung (s. Bielenberg in Ernst/Zinkahn/Bielenberg, Komm.
z. BauGB, Rdnr. 29 zu § 12). Daher kann ein Mangel in der Bekanntmachung der Genehmigung bzw.
Anzeige sowie der Bereithaltung des Plans nebst Begründung durch eine zusätzliche Auskunft nicht
geheilt werden.“
Eine Ausnahme von diesen Anforderungen ist nach der Rechtsprechung des Senats (s. BauR 2004, 1116
und Urteil vom 29. September 2004 – 8 C 11256/04.OVG -, S. 8 UA) dann zulässig, wenn es sich bei den
durch Verweisung in Bezug genommenen Regelwerken – wie etwa der DIN 4109 - um auf der Grundlage
des § 3 Abs. 3 LBauO allgemein eingeführte bautechnische Bestimmung handelt (siehe die
Verwaltungsvorschrift des Ministeriums der Finanzen „Einführung von technischen Regeln als Technische
Baubestimmungen“ vom 29. November 1996, MinBl. 1997, 167, 177). Kommt diesen aufgrund des § 3
Abs. 3 Satz 1 LBauO gleichsam rechtsnormergänzende Wirkung zu und sind sie daher mit Datum und
Fundstelle in einem allgemein zugänglichen Verkündungsblatt veröffentlicht, so rechtfertigt dies nach
Auffassung des Senats, eine Verweisung auf diese nichtstaatliche Norm wie eine solche auf
Rechtsvorschriften zu behandeln (s. dazu auch VGH BW, NuR 1983, 234).
Da es sich indessen bei der DIN 18005 und der GIRL nicht um allgemein eingeführte bautechnische
Bestimmungen gemäß § 3 Abs. 3 LBauO handelt, sind bei einer diesbezüglichen Verweisung im
Bebauungsplan die oben beschriebenen Anforderungen zu erfüllen. Dies hat die Antragsgegnerin
versäumt. Hinsichtlich der DIN 18005 vom Mai 1987 fehlt es an Angaben dazu, wo sie vom Norm-
adressaten eingesehen oder bezogen werden kann. Bei der Geruchsimmissionsrichtlinie fehlt es zudem
an jeder näheren Bezeichnung, insbesondere hinsichtlich des Datums, der Urheberschaft und auch der
konkret in Bezug genommenen Regelungen.
2. Die zum Zwecke der Gliederung des Gewerbegebietes erfolgte Festsetzung von immissionswirksamen
flächenbezogenen Schallleistungspegeln (IFSP) genügt nicht den rechtsstaatlichen
Bestimmtheitsanforderungen.
Die Festsetzung von IFSP im Bebauungsplan setzt zunächst die Ermittlung des Schutzanspruchs
immissionsbetroffener Bebauung voraus. Mittels einer Schallausbreitungsberechung, die unter
Berücksichtigung des Abstandsmaßes lediglich die freie Schallausbreitung in die Vollkugel ohne
Zusatzdämpfungen zugrunde legt, wird auf der Basis des ermittelten Schutzanspruchs der festzusetzende
IFSP pro Quadratmeter bestimmt (s. etwa Tegeder/Heppekausen, BauR 1999, 1095, 1097, 1099). Hält ein
im Plangebiet anzusiedelnder Betrieb das im IFSP ausgedrückte Emissionskontingent ein, ist er zulässig;
überschreitet er es, muss im Genehmigungsverfahren unter Rückrechnung anhand des IFSP das
zulässige Immissionskontingent des Betriebes ermittelt werden. Verursacht der Betrieb nach Maßgabe
einer alle real existierenden Zusatzdämpfungen berücksichtigenden Schallausbreitungsberechnung an
den maßgebenden Punkten Immissionen, die das errechnete Immissionskontingent einhalten, ist er trotz
Überschreitung des IFSP zulässig. Findet daher bei Gliederung von Baugebieten durch IFSP die
abschließende Lösung etwaiger Immissionskonflikte häufig erst im Genehmigungsverfahren statt, so muss
der Bebauungsplan zur Steuerung dieser Konfliktlösung jedenfalls eindeutig bestimmen, auf welche
Fläche die Schallleistung des jeweiligen Betriebes zu verteilen und nach welcher Methode die tat-
sächliche Ausbreitung der betrieblichen Schallleistung im Genehmigungsverfahren zu berechnen ist (s.
VGH BW, BauR 2005, 1743 und BayVGH, BRS 63 Nr. 82). Daran fehlt es hier.
Durch die bloße Bezugnahme auf die DIN 18005 Teil 1 vom Mai 1987 wird – wie auch der Vertreter des
von der Antragsgegnerin beauftragten Planungsbüros in der mündlichen Verhandlung eingeräumt hat -
zunächst keine Methode bestimmt, nach der die tatsächliche Ausbreitung der betrieblichen Schallleistung
im Genehmigungsverfahren zu berechnen ist. Denn anders als Ziff. 7.5 der DIN 18005 vom Juli 2002, die
die Berechnung von Beurteilungspegeln im Einwirkungsbereich gewerblicher Anlagen nach der TA Lärm
in Verbindung mit DIN ISO 9613-2 anordnet, enthält die alte Fassung der DIN 18005 keine vergleichbaren
Regelungen. Zwar findet sich auf S. 12 des Lärmgutachtens vom Juni 2003 ein Anhaltspunkt dafür, dass
nach Meinung des Gutachters für den Nachweis der IFSP-Einhaltung im Genehmigungsverfahren das
Ermittlungs- und Beurteilungsverfahren der TA Lärm zugrunde zu legen ist; indessen hat diese Auffassung
weder in den Festsetzungen des Bebauungsplanes noch in der Begründung ihren Niederschlag
gefunden. Da es aber mehrere grundsätzlich zur Berechnung von Schallausbreitungen geeignete
Methoden gibt (s. BayVGH, aaO.), führt die fehlende Bestimmung des anzuwendenden
Berechnungsverfahrens zur Unbestimmtheit der Festsetzung.
Die Festsetzungen unter Ziff. 1.1.1 des angegriffenen Plans enthalten zudem keine Aussage dazu, auf
welche Fläche die Schallleistung eines zur Genehmigung anstehenden Betriebes bei der Anwendung der
IFSP-Festsetzung im Genehmigungsverfahren zu verteilen ist. Unklar bleibt daher, ob Bezugspunkt der
Beurteilung die überbaubare Fläche (das „Baufenster“) des jeweils eingeschränkten Gewerbegebietes,
das Betriebsgrundstück insgesamt, dessen überbaubare Fläche oder nur die Betriebsfläche als Teil der
überbaubaren Fläche des Betriebsgrundstücks ist. Da die möglichen, unterschiedlichen Bezugsflächen
Auswirkungen auf das Ergebnis der Berechnung haben (s. dazu VGH BW aaO.), so begründet die
fehlende Bestimmung der maßgebenden Fläche einen Bestimmtheitsmangel der Festsetzung. Dieser wird
auch nicht dadurch geheilt, dass auf S. 12 des Lärmgutachtens vom Juni 2003 von „für das
Betriebsgrundstück festgesetzten IFSP“ die Rede ist. Ungeachtet der Tatsache, dass diese Aussage schon
deshalb unklar erscheint, weil Ziff. 1.1.1 des Bebauungsplans (zutreffend) IFSP pro Quadratmeter festsetzt,
ist das Lärmgutachten weder Bestandteil der Planfestsetzungen noch der Begründung (s. S. 24 der
Begründung, wo es lediglich als Bestandteil der Verfahrensakte bezeichnet wird) und daher nicht
geeignet, Regelungslücken der Satzung zu schließen.
II. Im übrigen teilt der Senat jedoch die von der Antragstellerin gegen die Wirksamkeit des
Bebauungsplans geäußerten Bedenken nicht.
1. Soweit der Bebauungsplan in den Gewerbegebieten ausnahmsweise „Geschäftsbetriebe, die
ausschließlich der Versorgung der im Gebiet arbeitenden Personen dienen“ zulässt (s. jeweils Ziff. 4 der
Regelung über die ausnahmsweise zulässige Bebauung), liegt entgegen der Auffassung der
Antragstellerin kein Bestimmtheitsmangel vor. Die Geschäftsbetriebe, die nach dieser sich an die in §§ 3
Abs. 3, 4 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO verwendeten Begrifflichkeiten anlehnenden Formulierung zulässig sind,
lassen sich in einem Genehmigungsverfahren – wie die Antragsgegnerin in der Antragserwiderung (S. 5f.)
im einzelnen überzeugend dargestellt hat – ohne weiteres anhand von Sortiment, Betriebsfläche,
Öffnungszeiten etc. bestimmen.
2. Der Bebauungsplan verstößt auch nicht gegen § 1 Abs. 3 BauGB, der der Gemeinde die
Planungsbefugnis nur bei städtebaulicher Erforderlichkeit der Planung verleiht.
a. Der Einwand, die Planung sei insbesondere wegen zahlreich vorhandener Alternativstandorte für die
Ansiedlung von Handwerksbetrieben im Stadtgebiet und fehlenden Bedarfsnachweises nicht erforderlich,
greift nicht durch.
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (s. etwa BRS 58 Nr. 1 m.w.N.) besitzt die
Gemeinde in der Anwendung des § 1 Abs. 3 BauGB ein weites Planungsermessen. Bauleitpläne sind
dann erforderlich, wenn sie nach der planerischen Konzeption der Gemeinde als erforderlich angesehen
werden können. Diese Konzeption festzulegen und städtebauliche Schwerpunkte zu setzen, ist gerade
Aufgabe der Gemeinde. Einer Legitimation durch eine akute Bedarfslage bedarf es insoweit nicht (s.
BVerwG, BayVBl 2000, 23; OVG RP, NVwZ 1985, 766). Im vorliegenden Fall ist der Erlass des strittigen
Bebauungsplans Ausdruck eines planerischen Konzepts der Antragsgegnerin und daher erforderlich im
Rechtssinne. Die Antragsgegnerin verfolgt ausweislich S. 5f der Planbegründung das Ziel, unter
Ausnutzung einer vorhandenen Konversionsfläche für kleine und mittlere Handwerksbetriebe in
städtischen Problemlagen zu erschwinglichem Preis klein parzellierte Betriebsgrundstücke in Gestalt
eines Handwerkerparks zur Verfügung zustellen. Ein derartiges Konzept ist städtebaulich legitim. Es
verfolgt keine dem Bauplanungsrecht fremden Zwecke, sondern dient den in § 1 Abs. 6 Nr. 8a und c, 10
BauGB aufgeführten Belangen. Ob und inwieweit die von der Antragsgegnerin angestrebten Ziele auch
oder besser an anderen Trierer Standorten verwirklicht werden könnten, ist im Rahmen des § 1 Abs. 3
BauGB ohne Belang.
b. Dem Bebauungsplan fehlt auch nicht deshalb die städtebauliche Erforderlichkeit, weil seine
Verwirklichung an artenschutzrechtlichen Zugriffs- und Beeinträchtigungsverboten gemäß § 42 BNatSchG
scheitert (s. dazu Hess.VGH, NuR 2004, 366 und VGH BW, BauR 2004, 717). Es kann zunächst
dahinstehen, ob die Eingriffszulassung durch Bebauungsplan schon von der in § 43 Abs. 4 Satz 1
BNatSchG geregelten Ausnahme von den artenschutzrechtlichen Verboten des § 42 Abs. 1 und 2
BNatSchG erfasst wird (so VGH BW, UPR 2006, 160f.; s. aber EuGH, NVwZ 2006, 319). Denn es bestehen
keine Anhaltspunkte dafür, dass die Umsetzung des Bebauungsplanes mit nach § 42 Abs. 1 Nr. 1 und 3
BNatSchG verbotenen Handlungen betreffend Tiere besonders oder streng geschützter Arten (s. dazu §
10 Abs. 1 Nr. 10 und 11 BNatSchG) einhergehen könnte. Bei Durchführung durch den angegriffenen Plan
zugelassener Bauvorhaben werden die von der Antragstellerin genannten Tiere (Hirschkäfer,
Kammmolch, Wildkatze, Schlingnatter und Fledermaus; s. Bl. 44 der Gerichtsakte - GA -) weder notwendig
verletzt oder getötet noch werden ihre Nist-, Brut-, Wohn- oder Zufluchtstätten beschädigt oder zerstört
bzw. die Tiere an diesen Stätten gestört. Soweit Quartierbäume der Bechsteinfledermaus an der Grenze
des Plangebiets festgestellt worden sind (s. Abb. 5 der FFH-Erheblichkeitsabschätzung), liegen sie im
Bereich des ehemaligen Kampfdorfes, das durch die Festsetzungen des Bebauungsplanes jeglicher
Bebauung und gewerblichen Nutzung entzogen ist (s. Bl. 152 GA). Im übrigen ergibt sich aus dem
Umweltbericht zum Bebauungsplan, der Beschlussvorlage zum Satzungsbeschluss (S. 81ff.) sowie aus
den Stellungnahmen der Antragsgegnerin im Normenkontrollverfahren (Bl. 87ff., 153 GA), dass nach
gegenwärtigem Erkenntnisstand keine der von der Antragstellerin genannten Tierarten Nist-, Brut-, Wohn-
oder Zufluchtstätten im Plangebiet hat. Dies gilt auch für die von der Antragstellerin bemühten
angeblichen Wildkatzensichtungen. Aus S. 58 des Umweltberichts wird zum einen deutlich, dass die
Sichtungsorte außerhalb des Plangebietes liegen; zum anderen hat die Antragsgegnerin mit über-
zeugender Begründung dargelegt, dass und warum es sich nicht um belastbare Meldungen handelt. Auch
der nach Mitteilung des BUND vom 25. Juni 2006 angeblich am 16. Juni 2006 von einem Anwohner der
Pellinger Straße (Dr. S.) in seinem Garten gefundene Hirschkäfer liefert keinen Beweis für das
Vorkommen dieser Tierart im Plangebiet.
Da allerdings der Bebauungsplan bereits wegen der oben unter I. aufgezeigten Mängel unwirksam ist,
bedurfte es mangels Entscheidungserheblichkeit nicht der von der Antragstellerin beantragten
Beweiserhebung zum Vorkommen artenschutzrechtlich relevanter Arten im Plangebiet.
3. Die von der Antragsgegnerin im Planaufstellungsverfahren durchgeführten Untersuchungen dürften
auch mit den einschlägigen Vorschriften über die Verträglichkeitsprüfung hinsichtlich des benachbarten
FFH-Gebietes „Mattheiser Wald“ in Einklang stehen.
a. Eine Rechtspflicht der Antragsgegnerin zur Durchführung einer FFH-Verträglichkeitsprüfung kann sich
nach Auffassung des Senats im maßgebenden Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses (nur) aus § 22b Abs. 8
i.V.m. Abs. 2 Satz 1 des Landespflegegesetzes in der Fassung des Gesetzes vom 05. April 2005 (GVBl. S.
98) ergeben haben, der am 12. Oktober 2005 durch § 27 Abs. 7 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 des
Landesnaturschutzgesetzes - LNatSchG - vom 28. September 2005 (GVBl. S. 387) ersetzt worden ist.
Zwar bestand in gestalt des hier gemäß § 244 Abs. 2 BauGB anzuwendenden § 1 Abs. 2 Nr. 4 2. Halbsatz
BauGB in der Fassung der Bekanntmachung vom 27. August 1997 (BGBl. I, 2141) – BauGB a.F. – in
Verbindung mit § 34 Abs. 1 und 2 BNatSchG eine bundesrechtlich normierte Verpflichtung zur
Durchführung einer FFH-Verträglichkeitsprüfung bei Planbetroffenheit von Gebieten von gemein-
schaftlicher Bedeutung. Dies sind jedoch gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 5 BNatSchG, Art. 4 Abs. 2 UAbs. 3 der
Richtlinie 92/43EWG (vom 21. Mai 1992, ABl. Nr. L 206, 7) ‑ FFH-RL – nur Gebiete, die bereits in die von
der Kommission zu erstellende Gemeinschaftsliste aufgenommen worden sind. Daran fehlt es bei dem
FFH-Gebiet „Mattheiser Wald“. Zwar hat die Kommission durch Entscheidung vom 07. Dezember 2004
(ABl. L 382, 1ff.) eine „Erste Liste der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung der kontinentalen
biogeografischen Region“ veröffentlicht. Das FFH-Gebiet „Mattheiser Wald“ ist indessen erst nach
Erstellung dieser Liste nachgemeldet worden und daher bis heute ein sogen. „potenzielles“ FFH-Gebiet.
Bei möglicher Beeinträchtigung derartiger Gebiete ist hinsichtlich der Pflicht zur Verträglichkeitsprüfung
Art. 6 Abs. 3 und 4 FFH-RL zumindest dann unmittelbar anwendbar, wenn sich ihre Aufnahme in die
Gemeinschaftsliste aufdrängt (BVerwG, NuR 2004, 520). Existieren hingegen landesrechtliche
Regelungen, die für potenzielle (d.h. hier gemeldete, aber noch nicht gelistete) FFH-Gebiete einen den
Anforderungen des Art. 6 Abs. 3 und 4 FFH-RL entsprechenden Schutz gewährleisten, so sind diese
vorrangig anzuwenden (BVerwG, DVBl. 2006, 579). Im vorliegenden Fall entfalteten §§ 22a und 22b LPflG
(jetzt: §§ 25 - 27 LNatSchG) ein derartiges Schutzregime für gemeldete, aber noch nicht gelistete FFH-
Gebiete. § 22a LPflG erklärt die in der Anlage zum Gesetz aufgeführten, als FFH-Gebiete gemeldeten
Gebiete (darunter auch den Mattheiser Wald; s. Nr. 6205-303) unmittelbar zu besonderen Schutzgebieten.
Die Art. 6 der FFH-Richtlinie entsprechenden und zu seiner Umsetzung erlassenen Anforderungen des
§ 22b LPflG gelten daher für diese Gebiete, auch ohne dass sie bereits in der Gemeinschaftsliste
veröffentlicht sind. Es war insoweit ausdrücklich die Absicht des Gesetzgebers, mit dieser Regelung die
mit der Figur des potenziellen FFH-Gebiets zusammenhängenden Probleme zu beseitigen (s. LT-Drs.
14/2877, S. 12). Da die Regelungen des § 22b Abs. 2 bis 6 nach Abs. 8 der Vorschrift i.V.m. § 10 Abs. 1
Nr. 12 BNatSchG auch für Bebauungspläne gelten, verdrängt die Vorschrift demnach die ansonsten
erforderliche unmittelbare Anwendung des Art 6 Abs. 3 und 4 der FFH-RL.
b. Nach § 22 b Abs. 8 i.V.m. Abs. 2 Satz 1 LPflG sind demnach Bebauungspläne vor ihrem Erlass
grundsätzlich auf ihre Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen eines in der Anlage 1 zum Gesetz
aufgeführten FFH-Gebietes zu überprüfen. Voraussetzung ist jedoch nach Art. 6 Abs. 3 Satz 1 FFH-RL, der
bei der Auslegung des § 22b Abs. 2 Satz 1 LPflG zu berücksichtigen ist, dass die Möglichkeit einer
erheblichen Gebietsbeeinträchtigung besteht. Dies ist der Fall, wenn nicht bereits aufgrund einer sogen.
„FFH-Vorprüfung“ (oder „Screening“, s. dazu auch Schumacher, in: Schumacher/Fischer-Hüftle,
BNatSchG, § 34 Rn 4) offensichtlich der Eintritt derartiger Beeinträchtigungen ausgeschlossen werden
kann (s. der im Auftrag des Bundesamtes für Naturschutz im April 2004 herausgegebene Bericht
„Ermittlung von erheblichen Beeinträchtigungen im Rahmen der FFH-Verträglichkeitsuntersuchung“
– FuE-Bericht -, S. 74). Verbleibende Ungewissheiten erfordern hingegen nach dem Vorbeugungsprinzip
die Durchführung einer Verträglichkeitsprüfung (s. die Interpretationshilfe der Europäischen Kommission
„Natura 2000 - Gebietsmanagement“ – Leitfaden - (
http://www.umwelt.sachsen.de/
lfug/documents/LeitfadenGebietsmanagement
.pdf). Überschneidet sich daher der Geltungsbereich eines
Bebauungsplanes mit dem FFH-Gebiet, ist eine erhebliche Beeinträchtigung zumeist nicht ohne weiteres
auszuschließen. Bei Plänen, deren Umsetzung – wie hier - nur von außen auf das FFH-Gebiet einwirken
kann, scheidet ein Offensichtlichkeitsurteil hinsichtlich fehlender Beeinträchtigungsmöglichkeiten vor
allem dann aus, wenn eine besondere Intensität der Wirkfaktoren der Planung feststellbar ist und diese
ggf. nur durch geeignete Vermeidungs- und Verminderungsmaßnahmen soweit beschränkt werden kann,
dass erhebliche Beeinträchtigungen ausgeschlossen werden können (s. FuE-Bericht, aaO.).
Nach Maßgabe dieser Grundsätze hat sich die Antragsgegnerin vorliegend zu recht auf die Durchführung
einer FFH-Vorprüfung beschränkt und von der Durchführung einer Verträglichkeitsprüfung abgesehen (s.
S. 56 des Umweltberichts). Denn die im Planaufstellungsverfahren gewonnenen Erkenntnisse
rechtfertigen den Schluss, dass von dem geplanten Handwerkerpark offensichtlich keine erheblichen
Beeinträchtigungen der Erhaltungsziele des benachbarten FFH-Gebietes ausgehen können.
Bezugspunkt der FFH-Vorprüfung – ebenso wie einer FFH-Verträglichkeitsprüfung selbst – sind die
Erhaltungsziele des FFH-Gebietes. Diese werden nach § 22a Abs. 2 Satz 3 LPflG von der
Landesregierung durch Rechtsverordnung festgelegt. In der Landesverordnung über die Erhaltungsziele
in den Natura 2000-Gebieten vom 18. Juli 2005 (GVBl. S. 323) sind die Erhaltungsziele für das FFH-
Gebiet „Mattheiser Wald“ wie folgt geregelt: „Erhaltung oder Wiederherstellung von Laichgewässern und
Landlebensräumen für die Gelbbauchunke und eines lichten Mischwaldes, auch als Jagdhabitat für
Fledermäuse“. Nach § 22a Abs. 2 Satz 2 LPflG besteht der Zweck der Unterschutzstellung darin, die
Erhaltung oder Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustandes der in den Gebieten der Anlage 1
des Gesetzes genannten natürlichen Lebensraumtypen oder Tier- und Pflanzenarten zu gewährleisten. In
der Anlage 1 des Gesetzes sind hinsichtlich des FFH-Gebietes „Mattheiser Wald“ als Lebensraumtypen
eutrophe Stillgewässer und Labkraut-Eichen-Hainbuchenwald genannt. An Tierarten sind
Gelbbauchunke, Hirschkäfer, Kammmolch, Großes Mausohr und Bechsteinfledermaus genannt.
Selbst wenn man bei der Bestimmung der maßgeblichen Erhaltungsziele auch die gesetzlich normierten
Unterschutzstellungszwecke berücksichtigt, steht zunächst fest, dass mangels unmittelbarer
Inanspruchnahme des FFH-Gebietes durch den angegriffenen Plan und fehlender Anhaltspunkte für
diesbezügliche grenzüberschreitende Auswirkungen von dessen Verwirklichung keine Auswirkungen auf
die Lebensraumerhaltungsziele des FFH-Gebietes ausgehen können. Hinsichtlich der Arterhaltungsziele
greifen die auf das Fehlen einer Verträglichkeitsprüfung abzielenden Rügen der Antragstellerin
hinsichtlich der Arten Wildkatze und Schlingnatter schon deshalb nicht durch, weil diese nicht Bestandteil
der Arterhaltungsziele des FFH-Gebietes und daher nur unter dem Aspekt des Artenschutzrechts (s. dazu
oben) von Bedeutung sind. Soweit die Antragstellerin die FFH-Vorprüfung für unzureichend hält, weil die
von den Arterhaltungszielen erfassten Arten Kammmolch und Hirschkäfer nicht berücksichtigt wurden,
vermag ihr der Senat nicht zu folgen: Bereits im Umweltbericht (S. 55) wird darauf hingewiesen, dass im
Plangebiet diese Arten im Planaufstellungsverfahren nicht nachgewiesen werden konnten. Des Weiteren
hat die Antragsgegnerin in der Antragserwiderung vom 07. März 2006 (S. 18) überzeugend dargelegt,
dass im Plangebiet die für diese Arten typischen Lebensräume nicht vorkommen. Der Einwand der
Antragstellerin, im Naturschutzgebiet „Mattheiser Wald“ seien ausweislich einer wissenschaftlichen
Veröffentlichung in den Jahren 2003 und 2004 35 Borkenkäfer- und 3 Hirschkäferarten nachgewiesen
worden, greift demgegenüber nicht durch. Die Antragsgegnerin weist insoweit zu recht darauf hin (Bl. 174
GA), dass die wissenschaftliche Veröffentlichung keine Anhaltspunkte für das Vorkommen der im FFH-
Gebiet einzig geschützten Hirschkäferart Lucanus cervus im Plangebiet enthält. Artenvorkommen im FFH-
Gebiet, deren dortige Lebensräume vom angrenzenden Plangebiet nicht nachteilig beeinflusst werden,
stehen aber einem offensichtlichen Ausschluss erheblicher Beeinträchtigungen jedenfalls dann nicht
entgegen, wenn ‑ wie hier - keine wissenschaftlich belastbaren Anhaltspunkte dafür bestehen, dass sich
nennenswerte Teile des Lebensraums auch auf das Plangebiet erstrecken.
Schließlich durfte sich die Antragsgegnerin auch hinsichtlich der von den Arterhaltungszielen des FFH-
Gebietes umfassten Bechsteinfledermaus mit einer auf vorhandene Daten (u.a. Freilanderfassungen einer
im Jahre 2001 erstellten Diplom-Arbeit) gestützten (s. S. 7 der Abschätzung) FFH-Erheblichkeitsab-
schätzung begnügen. Denn deren Resultate rechtfertigen aus Sicht des Senates den Schluss, dass
erhebliche Beeinträchtigungen auch des Arterhaltungsziels Bechsteinfledermaus offensichtlich
ausgeschlossen sind. Zunächst sind im Rahmen der Freilanderfassung Quartierbäume nur außerhalb
bzw. auf der Grenze des Plangebiets in einem von jeglicher Bebauung ausgeschlossenen Bereich
(Kampfdorf) nachgewiesen worden (s. Abb. 5 der Erheblichkeitsabschätzung, S. 69 der Beschlussvorlage
zum Satzungsbeschluss und Bl. 152 GA). Demnach gibt es keinen Anhaltspunkt dafür, dass in dem zur
Bebauung vorgesehen Bereich des Plangebietes Quartierbäume der Bechsteinfledermaus vernichtet
werden könnten. Des Weiteren ist in der Erheblichkeitsabschätzung zwar eingeräumt worden, dass das
Jagdhabitat des einen, im Rahmen der seinerzeitigen Diplomarbeit telemetrierten Fledermausweibchens
zum großen Teil im Plangebiet liegt und durch Umwandlung der dort vorhandenen Waldstrukturen
beeinträchtigt würde (s. S. 16 der Abschätzung). Auch geht die Abschätzung (S. 17f.) davon aus, dass
hinsichtlich der Beeinträchtigung des Jagdhabitats der telemetrierten Fledermaus die Bagatellgrenze des
Konventionsvorschlages im FuE-Bericht jedenfalls insoweit überschritten ist, als mehr als 1600 qm
betroffen sind (s. S. 134 des FuE-Berichts). Hinsichtlich des zusätzlichen 1%-Kriteriums (s. S. 128 des
FuE-Berichts) sei aufgrund der Datenlage keine abschließende Beurteilung möglich. Gleichwohl erscheint
der Schluss der Antragsgegnerin auf die offensichtlich fehlende Erheblichkeit von Beeinträchtigungen aus
folgenden Gründen gerechtfertigt:
In der Erheblichkeitsabschätzung (S. 17) wird zunächst zutreffend darauf hingewiesen, dass sich die
Bagatellgrenzen nach dem Konventionsvorschlag des FuE-Berichts auf Flächenverluste in bestehenden
Schutzgebieten beziehen, die vorliegend nicht in Rede stehen. Zudem hat der Vertreter der Oberen
Naturschutzbehörde in der mündlichen Verhandlung (S. 4f. der Niederschrift) die in der Erheb-
lichkeitsabschätzung (S. 18) enthaltene Erwägung bestätigt, dass – auch soweit Jagdhabitate von
Bechsteinfledermäusen über den der Bebauung entzogenen Bereich des ehemaligen Kampfdorfes
hinausreichen – ein echter Flächenverlust nicht entstehe. Denn auch nach Verwirklichung des
Handwerkerparks stünden die bebauten und als Verkehrsflächen genutzten Bereiche der Fledermaus als
Jagdhabitat in ähnlicher Qualität wie zu Zeiten der militärischen Nutzung des Geländes zur Verfügung.
Schließlich scheidet eine erhebliche Beeinträchtigung des Jagdhabitats im FFH-Gebiet ansässiger
Bechsteinfledermäuse nach überzeugender Darlegung des Vertreters der Oberen Naturschutzbehörde
nicht zuletzt deshalb aus, weil der gesamte, zur Bebauung anstehende Teil des Plangebietes angesichts
der üblichen Größe derartiger Habitate (20 km um die Wochenstube herum) nur einen unwesentlichen
Bruchteil des potenziellen Habitats darstellt.
4. Der Bebauungsplan verstößt auch nicht gegen das in § 1 Abs. 6 BauGB a.F. normierte Gebot, die
planbetroffenen öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht
abzuwägen.
a. Zunächst weist die Heranplanung mittels IFSP eingeschränkter Gewerbegebiete an bestehende
Wohnbebauung weder im Hinblick auf das Trennungsgebot (aa) noch hinsichtlich der
Verkehrslärmbelastung (bb) oder der Entscheidung gegen Lärmschutzmaßnahmen in gestalt von
Lärmschutzwänden oder -wällen (cc) Abwägungsfehler auf.
aa. Nach § 50 Satz 1 BImSchG (sog. „Trennungsgebot“) sind Wohn- und Gewerbegebiete einander im
Rahmen der Planung so zuzuordnen, dass schädliche Umwelteinwirkungen auf die Wohngebiete so weit
wie möglich vermieden werden.
Die Festsetzung eines Gewerbegebietes neben einem Wohngebiet verstößt nicht per se gegen das
Trennungsgebot; dieses verlangt nicht unbedingt eine räumliche Trennung derartiger Gebiete, etwa durch
„Zwischenschaltung“ eines Mischgebietes. Dem Trennungsgebot kann vielmehr auch auf andere Weise
Rechnung getragen werden, durch die gewährleistet wird, dass von der gewerblichen Nutzung keine
Immissionen ausgehen, die den Bewohnern des Wohngebietes billigerweise nicht zugemutet werden
können (s. VGH BW, NVwZ 1992, 802, 803). Hierzu ist die Festsetzung entsprechender IFSP
grundsätzlich geeignet, wenn sie den Bestimmtheitsanforderungen entspricht (s. dazu oben). Auch bei
fehlender Gemengelage kann daher ein Gewerbegebiet dann ohne weiteres an ein reines Wohngebiet
herangeplant werden, wenn durch eine Gliederung des Gewerbegebietes mittels IFSP die Einhaltung der
für ein unvorbelastetes reines Wohngebiet geltenden Orientierungswerte sichergestellt wird. Dies ist hier
ausweislich der dritten Überarbeitungsfassung des Lärmgutachtens (vom 22. November 2004) der Fall.
Da der Bebauungsplan bereits wegen der oben unter I. aufgezeigten Mängel unwirksam ist, bedurfte es
mangels Entscheidungserheblichkeit nicht der von der Antragstellerin beantragten Beweiserhebung zur
mangelnden Eignung der hier festgesetzten IFSP wegen fehlender Berücksichtigung des DIN-Entwurfs
45691 von Mai 2005).
bb. Die Antragsgegnerin hat neben der Lösung des durch Gewerbelärm entstehenden Konfliktes mit der
benachbarten Wohnbebauung auch die Problematik des durch die Planung bedingten erhöhten
Verkehrsaufkommens auf der B 268 abwägungsfehlerfrei behandelt.
Die Vorbelastung wurde im Einzelnen ermittelt (S. 7ff. des Lärmgutachtens vom 22. November 2004) und
in die Abwägung einbezogen (S. 23f. der Planbegründung und 22f. der Beschlussvorlage zum
Satzungsbeschluss). Die von der Antragstellerin im Planaufstellungsverfahren erhobene Rüge, die
zugrunde gelegten Verkehrszahlen von 2004 berücksichtigten keinen LKW-Ausweichverkehr nach
Einführung der Maut, ist mit der überzeugenden Begründung zurückgewiesen worden, die B 268 stelle
keine Autobahnparallele dar und sei deshalb vom Land nicht mit einer Zählstelle versehen worden.
Zudem wird (zu Recht) darauf hingewiesen, dass etwaige diesbezügliche Konflikte außerhalb des B-Plans
durch verkehrsregelnde Maßnahmen gelöst werden könnten (S. 23 der Beschlussvorlage).
Auf verkehrszunahmebedingte Schallschutzmaßnahmen hat die Antragsgegnerin mit der Begründung
verzichtet, die durch den Handwerkerpark zu erwartende Verkehrserhöhung führe tags im Wohngebiet an
der Pellinger Straße zu einer Pegelzunahme von 1,7 dB(A), nachts zu einer solchen von 0,1 dB(A) und
insgesamt zu einem Tages-Pegel von deutlich unter 70 dB(A) (s. S. 8 und 12 des Lärmgutachtens 2004).
Diese Erwägung findet ihre Stütze in § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 16. BImSchV, wonach unter diesen
Voraussetzungen keine wesentliche Änderung eines Verkehrsweges mit der Folge der Anwendung der
16. BImSchV und etwaigen Ansprüchen auf Lärmschutz gemäß § 41 Abs. 1 BImSchG vorliegt. Zudem liegt
die Zunahme des Dauerschallpegels am Tag mit 1,7 dB(A) unterhalb von 2 dB(A) und ist daher für das
menschliche Ohr kaum wahrnehmbar (s. BVerwG, BRS 54 Nr. 41). Derart marginale Pegelerhöhungen,
die zudem die vorhandene Vorbelastung (62,4 bis 67 dB) nicht bis in den Bereich der Gesund-