Urteil des OVG Rheinland-Pfalz vom 16.09.2005
OVG Koblenz: pflicht zur dienstleistung, dienstliche anordnung, ärztliche untersuchung, erhöhter beweiswert, disziplinarverfahren, befund, anfang, baustelle, verwaltung, weisung
OVG
Koblenz
16.09.2005
3 A 10815/05.OVG
Disziplinarrecht
Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil
Im Namen des Volkes
In der Disziplinarsache
wegen Disziplinarklage
hat der 3. Senat - Senat für Landesdisziplinarsachen - des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz in
Koblenz aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 16. September 2005, an der teilgenommen haben
Präsident des Oberverwaltungsgerichts Prof. Dr. Meyer
Richter am Oberverwaltungsgericht Bonikowski
Richterin am Oberverwaltungsgericht Stengelhofen
ehrenamtliche Richterin Polizeihauptmeisterin Moser-Doll
ehrenamtlicher Richter Amtsinspektor Blumer
für Recht erkannt:
Die Berufung des Beklagten gegen das aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 12. Mai 2005
ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Trier wird zurückgewiesen.
Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
T a t b e s t a n d
Der Beklagte wendet sich mit seiner Berufung gegen seine disziplinarische Entfernung aus dem Dienst.
Der 1955 geborene Beklagte ist verheiratet und hat zwei Kinder, von denen eines noch minderjährig ist.
Nach dem Besuch der Hauptschule schloss er im Jahre 1973 die Ausbildung zum
Kraftfahrzeugmechaniker erfolgreich ab. Anschließend war er zunächst als Grenzjäger beim
Bundesgrenzschutz, sodann als Kraftfahrer tätig. Anfang Februar 1978 trat er in den Polizeivollzugsdienst
des Landes Rheinland-Pfalz. Seine Ernennung zum Beamten auf Lebenszeit erfolgte im April 1982. In
sein derzeitiges Laufbahnamt als Polizeihauptmeister wurde er im Dezember 1995 berufen. Zuletzt war er
der Polizeiinspektion T. zugewiesen und dort seit Mai 1998 ausschließlich im Tagesdienst eingesetzt. In
der letzten Anlassbeurteilung zum Beförderungstermin 1999 wurde er mit der Leistungsgesamtbewertung
„C“ beurteilt. Der Beklagte ist disziplinarrechtlich nicht vorbelastet.
Am 7. September 1995 erlitt der Beklagte bei der Festnahme einer tatverdächtigten Person einen
Dienstunfall, bei dem er sich unter anderem eine etwa 10 cm lange Schnittwunde am rechten Unterarm
zuzog, die zwecks Revision im April 1997 nochmals operiert wurde. Seit dem Dienstunfall hat der
Beklagte von wenigen kurzzeitigen Unterbrechungen abgesehen keinen Dienst mehr verrichtet. Er legte
stets privatärztliche Bescheinigungen vor, die ihm für die Zeiten der Abwesenheit Dienstunfähigkeit
bescheinigten. Außerdem wurde er seit dem Dienstunfall mehrfach von verschiedenen Amtsärzten bzw. -
ärztinnen untersucht. Anfang August 1996 befand ihn der Amtsarzt erstmals wieder für innendienstfähig.
Der daraufhin unternommene Arbeitsversuch scheiterte nach wenigen Tagen. Dieser Vorgang
wiederholte sich bis Anfang März 1997 zwei Mal. Danach blieb der Beklagte dem Dienst fern, bis der
Amtsarzt Ende April 1998 unter Berücksichtigung eines zwischenzeitlich eingeholten fachorthopädischen
Gutachtens dessen uneingeschränkte Innen- und Außendienstfähigkeit feststellte. Zwei Tage nach Dienst-
aufnahme meldete sich der Beklagte erneut krank, nachdem sein rechter Unterarm anlässlich der
Teilnahme an einer Schießausbildung anzuschwellen und stark zu schmerzen begonnnen hatte. Im
Rahmen der daraufhin angeordneten amtsärztlichen Untersuchung wurde eine
Sehnenscheidenentzündung diagnostiziert. Ein gleich lautender Befund ergab sich nach einem erneut
gescheiterten Arbeitsversuch im Juni 1998. Daraufhin unterzog sich der Beklagte auf Anregung des
Gesundheitsamtes am 25. Juni 1998 einer kernspintomographischen Untersuchung, welche keine
wesentlichen pathologischen Befunde erbrachte. Am 12. August 1998 folgte eine weitere amtsärztliche
Untersuchung. In der daran anknüpfenden Stellungnahme vom 19. August 1998 stellte der Amtsarzt fest,
dass unter Berücksichtigung der vielfältig durchgeführten Begutachtungen und diagnostischen
Bemühungen keine schwerwiegenden pathomorphologischen und funktionellen Veränderungen hätten
gefunden werden können. Die vom Beklagten geschilderten starken Beschwerden stünden mit den
objektiv erhobenen Befunden nicht im Einklang. Der Beklagte sei ab dem 1. September 1998 wieder
innendienstfähig unter Berücksichtigung einer eingeschränkten Belastbarkeit des rechten Armes. Der
Beklagte nahm zu dem genannten Termin seinen Dienst wieder auf, legte aber bereits am 7. September
1998 eine erneute Dienstunfähigkeitsbescheinigung eines ihn behandelnden Privatarztes vor. Nach
amtsärztlicher Untersuchung vom selben Tag attestierte der Amtsarzt dem Beklagten dagegen nach
Rücksprache und mit Einverständnis von dessen Privatarzt volle Diensttauglichkeit. Am 3. November 1998
legte der Beklagte eine neue privatärztliche Dienstunfähigkeitsbescheinigung vor. Die daraufhin
veranlasste amtsärztliche Untersuchung vom 5. November 1998 führte wiederum nach Rücksprache mit
den behandelnden Privatärzten zur Bejahung der Innendienstfähigkeit ohne besondere Belastung des
rechten Arms. An dieser Beurteilung hielt der Amtsarzt auf erneute Anfrage des Dienstherrn unter dem 26.
November 1998 fest. Gleichwohl ist der Beklagte seit dem 3. November 1998 nicht mehr zum Dienst
erschienen.
Ende Januar und Anfang Februar 1999 erfolgte im Auftrag des Klägers eine psychiatrische Untersuchung
durch das Gesundheitsamt. In der diesbezüglichen Stellungnahme vom 24. Februar 1999 hält die
Amtsärztin fest, es sei keine psychiatrische Erkrankung im engeren Sinne feststellbar. Sie empfahl jedoch
eine intensive Beobachtung und Behandlung in einer psychosomatischen Fachklinik mit dem
Indikationsbereich Schmerzkrankheiten, um abzuklären, ob der Beklagte gegebenenfalls an einer
anhaltenden somatoformen Schmerzstörung nach physischem Trauma leide. Der Kläger forderte den
Beklagten im Hinblick darauf mit Verfügung vom 26. Februar 1999 auf, sich umgehend in einer der beiden
in Absprache mit der Amtsärztin ausgewählten Fachkliniken stationär beobachten und gegebenenfalls
behandeln zu lassen. Dieser Aufforderung kam der Beklagte nicht nach. Stattdessen konsultierte er einen
Arzt für Allgemeinmedizin, Naturheilverfahren und spezielle Schmerztherapie, der ihm von seinem
behandelnden Privatarzt empfohlen worden war. Dieser konnte nach eigenen Angaben im Rahmen
seiner Untersuchung keinen neuen Befund ermitteln.
Am 23. August 1999 wurde der Beklagte von einer Polizeistreife auf einer fremden Baustelle in T.
beobachtet wie er einen kleinen Bagger bediente. Gegenüber Polizeioberrat H., der nach entsprechender
Information durch die Polizeistreife die Baustelle aufsuchte und den Beklagten mit verschmutztem und
stark verschwitztem T-Shirt antraf, gab der Beklagte als Motiv für seine Tätigkeit an, lediglich den Bauherrn
in die Bedienung des Baggers einweisen zu wollen. Später ließ er sich unter Vorlage einer unter dem 26.
August 1999 abgefassten Bescheinigung seines behandelnden Arztes dahingehend ein, dieser habe ihm
geraten, die oberen Extremitäten zwecks Klärung der Dienstfähigkeit vor der auf denselben Tag
festgesetzten Untersuchung stark zu belasten, um festzustellen, ob dies eine Befundverschlechterung
nach sich ziehe. Das Bedienen des Baggers sei ihm dafür geeignet erschienen. Die anlässlich dieses
Vorfalls angeordnete amtsärztliche Untersuchung vom 24. August 1999 ergab keinen pathologischen
Befund am rechten Unterarm. Stattdessen stellte der Amtsarzt deutliche Anzeichen für eine sich über
einen längern Zeitraum erstreckende mittelschwere bis schwere körperliche Arbeit mit den Händen fest
und befand den Beklagten ohne Einschränkung für polizeidienstfähig.
Mit Verfügung vom 31. August 1999 leitete der Kläger gegen den Beklagten eine Disziplinarverfahren
wegen des Verdachts des unerlaubten Fernbleibens vom Dienst für einen längeren Zeitraum, der
Verletzung der Hingabepflicht, der Gehorsamspflicht, der Achtungs- und Ansehenspflicht sowie der
Ausübung einer ungenehmigten Nebentätigkeit in diesem Zeitraum ein. Unter dem 22. August 2000
wurde das Disziplinarverfahren auf einen weiteren möglicherweise nebentätigkeitsrechtswidrigen
Sachverhalt ausdehnt. Mit einer zweiten Verfügung vom 31. August 1999 verbot der Kläger dem
Beklagten die Führung seiner Dienstgeschäfte. Unter dem 26. November 1999 enthob der Kläger den
Beklagten im Hinblick auf die ihm gemachten Vorwürfe vorläufig des Dienstes und kürzte seine
monatlichen Dienstbezüge um 15 v.H.. Der hiergegen gerichtete Antrag des Beklagten auf Gewährung
vorläufigen Rechtsschutzes blieb sowohl in erster als auch in zweiter Instanz ohne Erfolg. Daneben wurde
von der Staatsanwaltschaft Trier im Hinblick auf den geschilderten Sachverhalt wegen des Verdachts des
Betruges Anfang Oktober 1999 ein Strafverfahren (8002 Js 20878/99) eingeleitet und am 20. August 2002
die öffentliche Klage erhoben. Nachdem das Amtsgericht Trier mit Beschluss vom 24. März 2004 die
Eröffnung des Hauptsacheverfahrens mangels hinreichenden Tatverdachts abgelehnt hatte, wurde dem
Disziplinarverfahren mit Schreiben vom 9. Juni 2004 Fortgang gegeben.
Die vorbezeichneten Anschuldigungsgründe hat der Kläger zum Gegenstand der am 14. Oktober 20004
erhobenen Disziplinarklage gemacht und beantragt,
den Beklagten aus dem Dienst zu entfernen.
Dem ist der Beklagte entgegen getreten und hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Verwaltungsgericht hat auf Entfernung des Beklagten aus dem Dienst erkannt. Das behördliche
Disziplinarverfahren sei fehlerfrei durchgeführt worden. Der Beklagte habe sich eines äußerst schweren
Dienstvergehens schuldig gemacht, das unter Berücksichtigung seines Persönlichkeitsbildes die
Entfernung aus dem Dienst nach sich ziehen müsse. Es müsse als erwiesen angesehen werden, dass er
abgesehen von zwei kurzzeitigen Unterbrechungen seit dem 7. September 1998 dem Dienst unerlaubt
ferngeblieben sei. Der Amtsarzt habe ihn in dieser Zeit wiederholt für innendiensttauglich befunden. Der
dadurch erbrachte Nachweis der Dienstfähigkeit werde durch die anders lautenden privatärztlichen
Atteste nicht entkräftet. Aufgrund der Vielzahl der im fraglichen Zeitraum angeordneten amtsärztlichen
Untersuchungen sei für den Beklagten unzweifelhaft erkennbar gewesen, dass der Dienstherr eine
Untersuchungen sei für den Beklagten unzweifelhaft erkennbar gewesen, dass der Dienstherr eine
privatärztlich bescheinigte Dienstunfähigkeit nicht mehr als ausreichend ansehe. Schon dieses
Fehlverhalten allein rechtfertige die Verhängung der schärfsten Disziplinarmaßnahme. Dies gelte umso
mehr mit Rücksicht darauf, dass der Beklagte während der unerlaubten Abwesenheit vom Dienst nicht nur
auf einer fremden Baustelle gearbeitet und für eine fremde Firma Anglerzubehör sortiert und verkauft
habe, sondern auch einer dienstlichen Weisung, eine amtsärztlich empfohlene Untersuchung durchführen
zu lassen, nicht nachgekommen sei.
Hiergegen hat der Beklagte Berufung eingelegt. Er beanstandet, dass das Verwaltungsgericht die
Ordnungsgemäßheit des Disziplinarverfahrens zu Unrecht bejaht und im Übrigen den Sachverhalt nicht
ausreichend ermittelt habe. Hinsichtlich des Vorwurfs, während der Krankschreibung auf einer fremden
Baustelle gearbeitet zu haben, habe das Verwaltungsgericht unberücksichtigt gelassen, dass er insoweit
auf ärztliche Empfehlung gehandelt habe. Unzutreffend sei insoweit auch die Annahme, er habe schwere
Arbeiten verrichtet. Für die Bedienung des Baggers sei nur ein geringer Kraftaufwand erforderlich
gewesen. Zudem sei nicht ermittelt worden, in welchem Umfang er Motorrad gefahren sei. Er sei auch
nicht unerlaubt dem Dienst ferngeblieben. Er habe stets privatärztliche Dienstun-
fähigkeitsbescheinigungen vorgelegt. Der Dienstherr habe von ihm zu keinem Zeitpunkt einen
qualifizierten Nachweis in Form eines amtsärztlichen Attestes verlangt. Das Sortieren und Verkaufen von
Anglerzubehör sei schon mangels Gewinnerzielungsabsicht nicht als Nebentätigkeit anzusehen. Der
dienstlichen Weisung sei er nicht nachgekommen, weil er die benannten Fachklinken nicht als geeignet
angesehen habe. Stattdessen habe er aber einen auf Schmerztherapie spezialisierten Arzt aufgesucht.
Bei Gesamtwürdigung aller Umstände sei die Dienstentfernung unverhältnismäßig.
Der Beklagte beantragt,
unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts die Klage abzuweisen; hilfsweise auf eine mildere
Disziplinarmaßnahme zu erkennen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das angefochtene Urteil, das er auch unter Berücksichtigung des Berufungsvorbringens des
Beklagten für zutreffend hält.
Die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes ergeben sich aus den von den Beteiligten
vorgelegten Schriftsätzen, den beigezogenen Disziplinar- und Personalakten (4 Ordner Disziplinarakten,
6 Bände Personalakten), den beigezogenen Strafakten (4 Bände) sowie die das Eilverfahren betreffende
Gerichtsakte 3 L 1733/99.TR. Diese Unterlagen sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung ist nicht begründet.
Das Verwaltungsgericht hat der mit dem Ziel der Entfernung aus dem Dienst erhobenen Disziplinarklage
zu Recht stattgegeben. Das Disziplinarverfahren ist in verfahrensrechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden
(1). Der Beklagte hat sich durch sein Verhalten eines schweren Dienstvergehens im Sinne des § 85 Abs. 1
Landesbeamtengesetz - LBG - schuldig gemacht (2), das nur durch die Verhängung der schärfsten
Disziplinarmaßnahme angemessen zu ahnden ist (3).
(1) Das Disziplinarverfahren leidet an keinem für die disziplinarrechtliche Beurteilung durch den Senat
beachtlichen Fehler. Der Einwand des Beklagten, der mit Schreiben vom 25. Januar 2001 begehrten
Vernehmung des ihn damals behandelnden Arztes zu dessen Aufforderung, die oberen Extremitäten vor
der Untersuchung am 23. August 1999 stark zu belasten sowie der mit Schreiben vom 31. Januar 2001
angeregten Überprüfung der Dienstfähigkeit durch einen unabhängigen medizinischen
Sachverständigen, hätten nachgegangen werden müssen, greift nicht durch. Diese Ermittlungen wurden
nicht fristgemäß beantragt. Nach § 36 Abs. 1 Landesdisziplinargesetz - LDG - ist dem Beamten nach Be-
kanntgabe des wesentlichen Ergebnisses der Ermittlungen, welche hier mit Schreiben vom 29. September
2000 erfolgte, Gelegenheit zu geben, innerhalb einer Frist von einer Woche weitere Ermittlungen zu
beantragen. Diese Frist wurde auf Antrag des Beklagten vom 6. Oktober 2000 zunächst bis zum
13. Oktober 2000 und nach erfolgter Akteneinsicht anlässlich der am 16. Oktober 2000 erfolgten
Übersendung des erbetenen Aktenauszugs auf den 31. Oktober 2000 verlängert. Die besagten Schreiben
des Beklagten gingen indessen trotz zweifacher Erinnerung erst annähernd drei Monate nach diesem
Zeitpunkt ein. Auf die nach Fortsetzung des Disziplinarverfahrens mit Schreiben vom 9. Juni 2004 erneut
eingeräumte Wochenfrist zur Beantragung weiterer Ermittlungen, welche antragsgemäß bis zum 30. Juni
2004 verlängert wurde, äußerte sich der Beklagte nicht. Insbesondere gab er nicht zu erkennen, dass er
an seinen Anträgen aus dem Jahre 2000 festhalte. Vor diesem Hintergrund ist kein Raum für einen Ver-
fahrensfehler. Entgegen der Auffassung des Beklagten lässt sich ein beachtlicher Verfahrensfehler auch
nicht daraus herleiten, dass im Verlauf des Disziplinarverfahrens mehrere Inaugenscheinnahmen
durchgeführt worden sein sollen, ohne ihn oder seinen Prozessbevollmächtigten hierüber in Kenntnis zu
setzen. Es wird nicht substantiiert dargelegt, welche Inaugenscheinnahmen im Einzelnen gemeint sind.
Soweit damit die im Zusammenhang mit dem Verdacht des Betreibens eines Getränkehandels ohne
erforderliche Nebentätigkeitsgenehmigung stehenden Inaugenscheinnahmen auf dem Campingplatz M.
angesprochen sein sollten, begründet dies schon deshalb keine beachtliche Verletzung des § 29 Abs. 4
Satz 1 LDG, weil dieser Vorwurf nicht Gegenstand der Disziplinarklage ist. Schließlich beruft sich der
Beklagte auch ohne Erfolg auf die mangelnde Objektivität des Ermittlungsführers. Die Entscheidung,
welche Disziplinarmaßnahme gegen einen Beamten im förmlichen Disziplinarverfahren zu verhängen ist,
obliegt nach objektiven und für alle Beamten einheitlich geltenden Maßstäben allein dem Diszipli-
nargericht (vgl. BVerwG, Urteil vom 8. September 1997 - BVerwG 1 D 32.96 - DokBer B 1998, 52 [54]).
Dieses ist weder an die Feststellungen des Ermittlungsführers noch an das Vorbringen der Beteiligten
gebunden, sondern hat von Amts wegen die für die Entscheidungsfindung erheblichen Tatsachen zu er-
mitteln und gemäß § 67 Abs. 1 LDG die erforderlichen Beweise zu erheben.
(2) Zu Recht hat das Verwaltungsgericht in den Vordergrund gestellt, dass der Beklagte seit dem 7.
September 1998 mit zwei kurzzeitigen Unterbrechungen nicht zum Dienst erschienen ist und dadurch das
Verbot des § 81 Abs. 1 Satz 1 LBG nachhaltig verletzt hat. Denn der Beklagte war seit dem 1. September
1998 gesundheitlich zumindest wieder fähig, Innendienst zu verrichten. Dies steht zur Überzeugung des
Senats nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung und den zu ihrem Gegenstand gemachten
Unterlagen unzweifelhaft fest.
Von ausschlaggebender Bedeutung sind insoweit die Ergebnisse der amtsärztlichen Vorstellungen vom
12. August, 7. September und 5. November 1998. Der Amtsarzt sah den Beklagten innerhalb dieser
kurzen Zeitspanne von knapp drei Monaten mehrfach für den Innendienstbereich unter Berücksichtigung
einer eingeschränkten Belastbarkeit des rechten Armes als dienstfähig an. Der Unter-suchung vom
August 1998 ging dabei eine auf Anregung des Amtsarztes durchgeführte kernspintomographische
Untersuchung voraus, die keine wesentlichen pathologischen Befunde erbrachte. Der wiederholten
Feststellung des Amtsarztes kommt ein erhöhter Beweiswert zu, der durch die vom Beklagten ab dem 7.
September 1998 vorgelegten unspezifizierten privatärztlichen Bescheinigungen in keiner Weise
erschüttert wird. Für Gutachten, in denen Fragen des Dienstrechts aus medizinischer Sicht zu beurteilen
sind, ist ein spezieller zusätzlicher Sachverstand erforderlich, der einerseits auf der Kenntnis der Belange
der öffentlichen Verwaltung, andererseits auf der Erfahrung aus einer Vielzahl von gleich oder ähnlich
liegenden Fällen beruht. Zwar mag unter Umständen ein privater Arzt, zumal ein Facharzt, besser
beurteilen können, ob und wann einer Gesundheitsstörung Krankheitswert zukommt. Allerdings kann ein
Amtsarzt aus der Kenntnis der Belange der Verwaltung, der vom Beamten zu verrichtenden Tätigkeit und
dessen bisherigen Verhaltens besser als ein Privatarzt den erhobenen Befund zu der von ihm zu
beantwortenden Frage der Dienstfähigkeit in Beziehung setzen. Hinzu kommt, dass ein Amtsarzt im
Vergleich zu einem Privatarzt, der bestrebt sein wird, sich das Vertrauen des Patienten zu erhalten, von
seiner Aufgabenstellung her unbefangen und unabhängig seine Beurteilung vornehmen kann. Der
Amtsarzt ist verpflichtet, seine Feststellungen nur unter ärztlichen Gesichtspunkten wahrheitsgemäß und
unparteiisch zu treffen. Gerade auch diese Neutralität und Unabhängigkeit verleihen der Beurteilung
durch den Amtsarzt in der Regel ein höheres Gewicht (vgl. BVerwG, Beschluss vom 20. Januar 1976 -
BVerwG 1 DB 16.75 - BVerwGE 53, 118 [120 f.] sowie Urteil vom 9. Oktober 2002 - BVerwG 1 D 3.02 -
Jurisdokument -; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 4. Oktober 1989 - 2 A 30/89.OVG - DÖD 1990, 72 [73]
und Beschluss vom 15. September 2000 - 2 A 10559/00.OVG - DÖD 2001, 101 [102]). Dementsprechend
kann die amtsärztliche Feststellung der Dienstfähigkeit nicht durch eine nachfolgende widersprechende
privatärztliche Bescheinigung in Zweifel gezogen werden, die sich hinsichtlich desselben
Krankheitsbildes auf die bloße Behauptung des Gegenteils beschränkt. Vielmehr bedarf es der Darlegung
von Gründen, warum dem anders lautenden amtsärztlichen Gutachten nicht gefolgt wird. Diese Anfor-
derungen erfüllen die vom Beklagten in dem fraglichen Zeitraum vorgelegten privatärztlichen Beschei-
nigungen nicht. Sie enthalten keinen Hinweis auf eine etwaige Verschlechterung von dessen
Gesundheitszustand gegenüber der jeweils vorangegangenen amtsärztlichen Untersuchung. Ebenso
wenig ist ihnen zu entnehmen, dass der Amtsarzt von einem unrichtigen oder unvollständig ermittelten
Sachverhalt ausgegangen ist, neuere Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft oder geeignetere
Untersuchungsmethoden nicht berücksichtigt hat, seine Schlussfolgerung in Bezug auf die
Innendienstfähigkeit nicht nachvollziehbar oder in sich widersprüchlich ist. Dabei kann insbesondere nicht
außer Acht gelassen werden, dass der Amtsarzt die aufgrund der Untersuchungen vom 7. September und
5. November 1998 bescheinigte Verwendungsfähigkeit des Beklagten im Innendienst jeweils nach
Rücksprache mit dessen behandelnden Ärzten bejaht hat. Auch das in der mündlichen Verhandlung vor
dem Senat zu den Akten gereichte Gutachten des Dr. Ensgraber vom 2. September 2005 vermag der seit
August 1998 wiederholten und gleich bleibenden amtsärztlichen Feststellung nicht (nachträglich) ihre
Aussagekraft zu nehmen. Dieses Gutachten setzt sich nicht mit den amtsärztlichen Stellungnahmen
auseinander und weist nicht nach, was nach so langer Zeit auch kaum möglich sein dürfte, dass der
Beklagte in dem vorliegend allein maßgeblichen Zeitraum ab dem 7. September 1998 tatsächlich
dienstunfähig erkrankt war. Der durch die amtsärztlichen Stellungnahmen erbrachte Nachweis der
Dienstfähigkeit ab dem 1. September 1998 wird zudem durch das Verhalten des Beklagten in diesem
Zeitraum bestätigt. Infolgedessen gab es weder für den Dienstherrn noch für die Disziplinargerichte
Veranlassung, der Frage der Dienstfähigkeit von Amts wegen weiter nachzugehen.
Ein Indiz für die (Innen-)Dienstfähigkeit des Beklagten ist zunächst darin zu sehen, dass dieser im Jahre
1998 - wie er selbst auch einräumte - an zwei bis drei Samstagvormittagen bei der Firma K. Anglermaterial
von insgesamt etwa dem Volumen eines 7,5 t schweren Lastkraftwagens sortiert und bei dessen Verkauf
geholfen hat. Das Hantieren mit kleinen Teilen beansprucht in besonderem Maße die Feinmotorik. Dass
der Beklagte zu einer solchen Tätigkeit in Anbetracht des von ihm geschilderten Beschwerdebildes in der
Lage war, muss verwundern, da nach seinen Angaben gerade feinmotorische Tätigkeiten erhebliche
Schmerzen im rechten Unterarm hervorriefen, welche die Einnahme starker Schmerzmittel erforderlich
und es ihm unmöglich machten, Bürodienst zu verrichten. Nach allgemeiner Lebenserfahrung ist vielmehr
die Schlussfolgerung angebracht, dass derjenige, der aus schmerzmedizinischer Sicht im privaten Umfeld
nicht an einer feinmotorischen Tätigkeit gehindert ist, nicht aus gleichem Grund für den polizeilichen
Innendienst ungeeignet sein kann. Für die Sommermonate des Jahres 1999 wird das hier gefundene
Ergebnis vor allem durch die amtsärztlichen Feststellungen anlässlich der Untersuchung vom 24. August
1999 untermauert. Danach habe sich auch nach einer erneuten Ultraschalluntersuchung kein patho-
logischer Befund am rechten Unterarm ergeben. Stattdessen belegten vielmehr die Hand- und
Muskelbeschaffenheit, dass der Beklagte über einen längeren Zeitraum zumindest mittelschwere
körperliche Arbeit mit den Händen verrichtet habe. Im Bereich beider Hände, und zwar rechts
ausgeprägter als links, was für eine stärke Beanspruchung der rechten Hand spreche, fänden sich
deutliche Arbeitsspuren mit ausgeprägter Hohlhandbeschwielung. Angesichts dieses Befundes, der im
krassen Widerspruch zu den behaupteten Beschwerden besteht, ist es nicht plausibel, dass der Beklagte
im gleichen Zeitraum gesundheitlich nicht in der Lage gewesen sein soll, einer Bürotätigkeit
nachzugehen, zumal der Dienstherr stets bemüht war, den Dienstposten den Bedürfnissen des Beklagten
entsprechend zuzuschneiden, um ein Überlastungsrisiko auszuschließen. Indizielle Bedeutung hat ferner
die Tatsache, dass der Beklagte - wie er selbst zugesteht - in dem hier in Rede stehenden Zeitraum
wiederholt Motorrad gefahren ist. Das sichere Führen eines Motorrades im Straßenverkehr setzt einen
nicht unerheblichen Kraftaufwand voraus und belastet vor allem den Oberkörper, einschließlich der
Unterarme und Hände. Auch insoweit ist daher der Rückschluss erlaubt, dass der Beklagte über eine
hinreichende gesundheitliche Verfassung verfügte, um seine Dienstleistungspflicht zu erfüllen.
Das unerlaubte Fernbleiben vom Dienst erweist sich zumindest auch als bedingt vorsätzlich. Dem
Beklagten waren die amtsärztlichen Stellungnahmen bekannt. Damit war er unverzüglich zum Dienstantritt
verpflichtet, ohne dass es zuvor einer besonderen dienstlichen Anordnung bedurft hätte (vgl. BVerwG,
Urteil vom 23. Februar 2005 - BVerwG 1 D 1.04 - Jurisdokument und Beschluss vom 18. September 2002 -
BVerwG 1 DB 13.02 - Buchholz 240 § 9 BBesG Nr. 23). Indem er dem Dienstherrn gleichwohl seine
Dienste nicht angeboten hat, nahm er die Möglichkeit, trotz (Innen- )Dienstfähigkeit seiner Pflicht zur
Dienste nicht angeboten hat, nahm er die Möglichkeit, trotz (Innen- )Dienstfähigkeit seiner Pflicht zur
Dienstleistung nicht nachzukommen, zumindest billigend in Kauf. Dem steht weder das Fehlen einer aus-
drücklichen Anordnung des Dienstherrn, die krankheitsbedingte Dienstunfähigkeit in qualifizierter Form,
d.h. durch amtsärztliche Bestätigung nachzuweisen noch die Tatsache entgegen, dass der Beklagte auch
in dem hier in Rede stehenden Zeitraum privatärztliche Dienstunfähigkeitsbescheinigungen vorlegt hat
und damit formal über eine Krankschreibung verfügte. Aufgrund dieser Umstände kann dem Beklagten
kein Irrtum über seine Dienstfähigkeit zugebilligt werden. Auch ohne entsprechende ausdrückliche
Anordnung des Dienstherrn musste dem Beklagten angesichts der Besonderheiten des vorliegenden
Falles unzweifelhaft bewusst sein, dass privatärztliche Bescheinigungen das Fernbleiben vom Dienst
nicht (länger) entschuldigten, sondern eine amtsärztliche Feststellung der Dienstunfähigkeit erforderlich
war. Denn der Beklagte musste sich seit dem gescheiterten Arbeitsversuch Anfang Mai 1998 nach
Vorlage einer privatärztlichen Dienstunfähigkeitsbescheinigung auf Anordnung seines Dienstherrn stets
beim Amtsarzt vorstellen. Damit war für ihn klar und zweifelsfrei erkennbar, dass der Dienstherr eine
Krankschreibung der ihn behandelnden Privatärzte zukünftig nicht (mehr) als ausreichend ansieht, um ihn
von seiner Pflicht, zum Dienst zu erscheinen, zu entbinden. Eine ausdrückliche Anordnung des
Dienstherrn hätte daher im konkreten Fall rein deklaratorische Bedeutung gehabt.
Durch das unerlaubte Fernbleiben vom Dienst hat der Beklagte zugleich auch den weiteren dienstlichen
Anforderungen zur vollen Hingabe an seinen Beruf (§ 64 Abs. 1 Satz 1 LBG) sowie zum achtungs- und
vertrauenswürdigem Verhalten (§ 64 Abs. 1 Satz 3 LBG) und zur Wahrung des Ansehens der Polizei (§
214 Satz 2 LBG) schuldhaft zuwidergehandelt.
Dieses Fehlverhalten wiegt schwer. Das Gebot, überhaupt zum Dienst zu erscheinen, ist Grundpflicht
eines jeden Beamten. Ohne die Dienstleistung ihrer Mitarbeiter wäre die Verwaltung nicht imstande, die
ihr gegenüber der Allgemeinheit obliegenden Aufgaben zu erfüllen. Das Funktionieren der Verwaltung,
das dienstliche Vertrauen in die Mitarbeiter und das Vertrauen der Allgemeinheit in die Zuverlässigkeit der
Verwaltung hängen gerade von der zuverlässigen Dienstverrichtung der Beamten ab. Wer dieser
Verpflichtung ohne triftigen Grund über einen Zeitraum von annähernd einem Jahr schuldhaft nicht
nachkommt, offenbart, dass ihm diese Dienstpflicht keineswegs selbstverständlich ist, er zu ihr vielmehr
ein distanziertes Verhältnis hat. Aus diesem Grund ist in der Rechtsprechung (vgl. BVerwG, Urteile vom
23. November 1994 - BVerwG 1 D 15.94 - Jurisdokument und vom 22. April 1991 - BVerwG 1 D 62.90 -
BVerwGE 93, 78 [80 ff.]; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 2. Mai 2001 - 3 A 10366/01.OVG - veröffentlicht
in ESOVGRP) auch anerkannt, dass eine ununterbrochene Abwesenheit von zwei Monaten, in
Ausnahmefällen auch ein kürzerer Zeitraum ausreicht, um die disziplinarrechtliche Höchstmaßnahme zu
verhängen. Dies gilt umso mehr, wenn die Verfehlung - wie hier - von weiteren Umständen begleitet wird,
die den Eindruck der fehlenden positiven inneren Einstellung des Beamten zu seinem Beruf deutlich
verstärken.
Insoweit fallen zu Lasten des Beklagten die bereits erwähnte Tätigkeit bei der Firma K. im Jahre 1998, das
wiederholte Motorradfahren sowie die von ihm ebenfalls nicht in Abrede gestellte Bedienung eines
Baggers auf einer fremden Baustelle am 23. August 1999 ins Gewicht. In rechtlicher Hinsicht kann dabei
offen bleiben, ob die erstgenannte Tätigkeit als unerlaubte Ausübung einer Nebentätigkeit zu werten ist
oder welche Motivation dem Arbeiten auf einer fremden Baustelle zugrunde lag. Jedenfalls verstoßen
diese außerdienstlichen Aktivitäten des Beklagten in der Öffentlichkeit gegen die einem Polizeibeamten
obliegende gesteigerte Achtungs- und Ansehenspflicht sowie die Pflicht zur Wahrung des Betriebs-
friedens (§§ 64 Abs. 1 Satz 3, 214 Satz 2 LBG). Ein Polizeibeamter der ‑ berechtigt oder unberechtigt -
krankheitsbedingt dem Dienst fernbleibt, hat sich in seinem äußeren Auftreten größtmögliche
Zurückhaltung aufzuerlegen und nicht einmal den Eindruck aufkommen zu lassen, er sei entweder gar
nicht dienstunfähig oder er lasse es an den notwendigen Bemühungen zur Wiederherstellung seiner
Dienstfähigkeit fehlen. Er verletzt dieses Gebot, wenn er der von ihm angezeigten Krankheit zum Trotz
nach außen sichtbar Tätigkeiten ausübt, die von einem neutralen Beobachter als Arbeitsleistung
aufgefasst werden können, da ein derartiges Gebaren in der Regel sowohl beim Dienstherrn als auch in
der Allgemeinheit auf Unverständnis stößt und Zweifel an der Integrität des Beamten weckt. Die
Öffentlichkeit bringt kein Verständnis dafür auf, wenn ein alimentierter Beamter, der sich aus
gesundheitlichen Gründen gehindert sieht, seinen Dienst zu versehen, gleichzeitig außerdienstlich
wiederholt Tätigkeiten verrichtet, die mit den von ihm geschilderten Beschwerden nicht in Einklang zu
bringen sind. Eine solche Sichtweise war und ist bei dem Beklagten jedoch offenkundig nicht im Ansatz
vorhanden.
Wie weit sich der Beklagte innerlich von seinen Pflichten als Polizeibeamter gelöst hat, wird des Weiteren
an der Nichtbefolgung der dienstlichen Weisung vom 26. Februar 1999 besonders deutlich. Gemäß § 81
Abs. 1 Satz 4 LBG ist ein Beamter, der wegen Dienstunfähigkeit infolge Krankheit dem Dienst fernbleibt,
verpflichtet, sich auf Anordnung des Dienstvorgesetzten amtsärztlich untersuchen zu lassen. Dies schließt
die Pflicht mit ein, sich zur Befunderhebung in stationäre Beobachtung zu begeben, falls dies aus
medizinischer Sicht zur Ermittlung der Ursachen einer Erkrankung und deren Behebbarkeit geboten ist.
Diese gegenüber der Gehorsamspflicht nach § 65 Satz 2 LBG speziellere Dienstpflicht (vgl. BVerwG,
Urteil vom 23. Oktober 1980 - BVerwG 2 A 4.78 - DVBl. 1981, 502 [503]) hat der Beklagte schuldhaft
verletzt, indem er der dienstlichen Anordnung, sich bei einer der vom Dienstherrn in Absprache mit der
Amtsärztin benannten psychosomatischen Fachkliniken vorzustellen, um sich stationär beobachten und
gegebenenfalls behandeln zu lassen, nicht nachgekommen ist. An der Rechtmäßigkeit dieser Anordnung
bestehen keine Bedenken. Dem Beklagten durfte die psychosomatische Untersuchung in einer Fachklinik
ohne weiteres zugemutet werden. Es ist nicht erkennbar, dass sie sich auf ihn besonders belastend hätte
auswirken können. Die Zumutbarkeit steht auch deshalb außer Frage, weil der Beklagte zum Zeitpunkt der
dienstlichen Weisung - von kurzzeitigen Unterbrechungen abgesehen - bereits fast 3 1/2 Jahre
krankheitsbedingt vom Dienst ferngeblieben war, ohne dass Fortschritte bei der Klärung der
Dienstfähigkeit gemacht worden wären. Die vielfältigen ambulanten Untersuchungen haben sich als nicht
ausreichend erwiesen. Nach der amtsärztlichen Stellungnahme vom 24. Februar 1999, an der die
dienstliche Weisung im Wesentlichen anknüpft, habe sich bei keiner Untersuchung ein objektiv zu
erhebender Befund ergeben, der mit den vom Beklagten geschilderten Beschwerden in Einklang stehe.
Es habe auch keine psychiatrische Erkrankung im engeren Sinne festgestellt werden können. Allerdings
bestehe die Möglichkeit einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung nach physischem Trauma, die
nur in einer psychosomatischen Fachklinik mit dem Indikationsgebiet Schmerzkrankheit abgeklärt werden
könne. Der Beklagte hat gegen die Eignung und Erforderlichkeit der amtsärztlich empfohlenen und vom
Dienstherrn angeordneten stationären Beobachtung oder die Eignung der genannten Fachkliniken keine
substantiierten Einwände erhoben. Die dienstliche Anordnung ist auch inhaltlich hinreichend bestimmt.
Sie lässt - ungeachtet der moderaten Ausdrucksweise - insbesondere keinen Zweifel daran, dass ihr
unbedingt Folge zu leisten ist und die stationäre Beobachtung in einer der aufgeführten
psychosomatischen Fachkliniken nicht in das Belieben des Beklagten gestellt ist.
Der Weigerung des Beklagten, der dienstlichen Anordnung Folge zu leisten, ist bereits ihrer Art nach von
erheblichem disziplinarrechtlichem Gewicht. Die Klärung des Gesundheitszustandes ist für eine
funktionsfähige Verwaltung und damit eine ordnungsgemäße Aufgabenerfüllung von zentraler Bedeutung.
Der Dienstherr, dem grundsätzlich der Nachweis der Dienstfähigkeit obliegt, ist dabei zwingend auf die
Mitwirkung des Beamten angewiesen. Indem sich der Beklagte der berechtigten und zumutbaren
stationären Beobachtung verweigerte, stattdessen vielmehr ohne Rücksprache mit dem Dienstherrn
einen ihm von seinem behandelnden Arzt empfohlenen Arzt für Allgemeinmedizin, Naturheilverfahren und
spezielle Schmerztherapie aufsuchte, ließ er jede Rücksichtnahme auf die selbstverständlichen
beamtenrechtlichen Pflichten vermissen. Er zeigt damit, dass ihm seine beruflichen Pflichten grundlegend
fremd sind. Nicht die Erfüllung dieser Pflichten steht für ihn ihm Vordergrund seiner Erwägungen und
seines Handelns, sondern seine persönlich-privaten Belange.
(3) Aufgrund der vorbezeichneten Sachverhalte muss der Beklagte aus dem Dienst entfernt werden. Eine
solche Rechtsfolge ist nach § 11 Abs. 2 Satz 1 LDG zwingend auszusprechen, wenn ein Beamter nach Art
und Umfang seines Fehlverhaltens und nach dem Gesamteindruck seiner Persönlichkeit das Vertrauen
des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren hat. Diese Voraussetzungen sind hier
gegeben. Der Beklagte hat - wie bereits erwähnt - durch das schuldhafte unerlaubte Fernbleiben vom
Dienst über einen Zeitraum von annähernd einem Jahr, das im Lichte der besonderen Pflichten eines
Polizeibeamten nach § 214 LBG zusätzlich ins Gewicht fällt, ein so hohes Maß an Pflichtvergessenheit
gezeigt, dass schon dies für sich genommen die Verhängung der disziplinaren Höchstmaßnahme
rechtfertigt. Erst recht gilt dies in der Gesamtschau mit den weiteren Disziplinarvorwürfen. Sein gesamtes
Fehlverhalten zeigt, dass ihm jedwede Beziehung zu seinem Beruf und den unabdingbaren Anfor-
derungen des Dienstbetriebes fehlt. Es ist Ausdruck eines Persönlichkeitsbildes, bei dem die persönlichen
Interessen denen des Dienstherrn bedenkenlos vorgezogen werden und in dessen Rahmen ersichtlich
kein Raum für Rücksichtnahme auf Berufskollegen ist, denen der Beklagte über Jahre die Miterledigung
der an sich ihm obliegenden Arbeit zugemutet hat. In dieses Erscheinungsbild fügt sich ein, dass der
Beklagte auch noch in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat jede Einsicht in die Pflichtwidrigkeit
seiner Vorgehensweise hat vermissen lassen. Stattdessen hat er versucht die Schuld für die in seiner
alleinigen Verantwortung begangenen schweren Dienstpflichtverletzungen Dritten, unter anderem auch
dem Dienstherrn, zuzuweisen. Er hat hierdurch den bereits durch die Schwere der Verfehlungen
vermittelten Eindruck verfestigt, dass er das Dienstvergehen im Kern nicht bereut und dass die hierin
zutage getretene mangelhafte Einstellung gegenüber elementaren dienstlichen Pflichten einen
wesentlichen Bestandteil seiner Persönlichkeit gekennzeichnet. Dieses Persönlichkeitsbild schließt es zu-
dem aus, den hilfsweise beantragten Ausspruch einer milderen Disziplinarmaßnahme - etwa die Zurück-
stufung (§ 7 LDG) - ernstlich in Erwägung zu ziehen. Vielmehr muss davon ausgegangen werden, dass
der Beklagte auch durch sie nicht zu bewegen wäre, seine fehlerhafte Einstellung grundlegend zu ändern.
Die darin liegende Härte ist für den Beklagten auch nicht unverhältnismäßig, weil sie auf zurechenbarem
Verhalten beruht und einem der anerkannten Ziele des Disziplinarrechts, nämlich der Aufrechterhaltung
Verhalten beruht und einem der anerkannten Ziele des Disziplinarrechts, nämlich der Aufrechterhaltung
der Integrität und Funktionsfähigkeit des Berufsbeamtentums im Interesse der Allgemeinheit dient (vgl.
BVerwG, Urteile vom 23. Januar 1973 - BVerwG 1 D 25.72 - BVerwGE 46, 64 [66] und vom 9. November
1994 - BVerwG 1 D 57.93 - BverwGE 103, 184 [189]; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 4. März 2005 - 3 A
12243/04.OVG - veröffentlicht in ESOVGRP).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 101 Abs. 1 LDG.
gez. Prof. Dr. Meyer gez. Bonikowski gez. Stengelhofen