Urteil des OVG Rheinland-Pfalz vom 13.12.2007

OVG Koblenz: finanzkraft, kostenbeteiligung, jugendhilfe, zahl, ausnahmefall, kreis, erfüllung, beitrag, sport, ermächtigung

OVG
Koblenz
13.12.2007
7 A 10850/07.OVG
Kindergartenrecht
Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil
Im Namen des Volkes
In dem Verwaltungsrechtsstreit
der Ortsgemeinde Freudenburg, vertreten durch den Bürgermeister der Verbandsgemeinde Saarburg,
Schlossberg 6, 54439 Saarburg,
- Klägerin und Berufungsbeklagte -
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Wessel und Kollegen, Graf-Siegfried-Straße 14,
54439 Saarburg,
gegen
den Landkreis Trier-Saarburg, vertreten durch den Landrat, Willy-Brandt-Platz 1, 54290 Trier,
- Beklagter und Berufungskläger -
wegen Zuschusses zu den Personalkosten eines Kindergartens
hat der 7. Senat des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz in Koblenz aufgrund der mündlichen
Verhandlung vom 13. Dezember 2007, an der teilgenommen haben
Vorsitzende Richterin am Oberverwaltungsgericht Wünsch
Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Holl
Richter am Oberverwaltungsgericht Wolff
ehrenamtliche Richterin Hausfrau Bastian
ehrenamtliche Richterin Hotel-Betriebswirtin Bocklet
für Recht erkannt:
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Trier vom 19. Juli 2007 wird
zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Beklagte zu tragen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin wendet sich gegen die Heranziehung zu einem Beitrag für die Personalkosten eines in ihrem
Gebiet gelegenen Kindergartens eines freien Trägers durch den Beklagten als Träger der Jugendhilfe.
Der beklagte Landkreis zieht die Gemeinden, die nicht Träger eines Kindergartens sind, auf der
Grundlage von § 12 Abs. 5 (seit 1. September 2007 Abs. 6) des Kindertagesstättengesetzes Rheinland-
Pfalz und eigener Richtlinien aus dem Jahre 1973 je nach ihrer Finanzkraft gestaffelt zu Beiträgen im
Hinblick auf die durch Eigenleistung des Trägers, Landeszuschüsse und Elternbeiträge nicht gedeckten
Personalkosten der Kindertagesstätten in dem betroffenen Gemeindegebiet heran. Nach den ein-
schlägigen Richtlinien vom 15. Januar 1973 werden finanzstärkere Gemeinden insoweit mit bis zu 50 v.H.
beteiligt. Danach ist der Beteiligungssatz bei Gemeinden, deren Steuerkraft der Einwohner um mehr als
20 v.H. unter dem Durchschnitt liegt, als geringster Satz 20 v.H. Im Falle der Klägerin legte der Beklagte
aufgrund einer entsprechenden Einschätzung der Finanzkraft einen Satz von 30 v.H. zugrunde, insgesamt
einen Betrag von 33.989,43 €. Die Vorgehensweise des Beklagten sieht allerdings einen Höchstsatz der
Beteiligung an den Gesamtpersonalkosten vor, wie er dem Trägeranteil einer Gemeinde entspricht, die
selbst Träger eines Kindergartens ist. Den entsprechenden Betrag hat der Beklagte für das Veranlagungs-
jahr 2004 auf insgesamt 39.051,28 € berechnet, und zwar für die Zeit vom 1. Januar bis 30. September
2004 auf 30.561,87 € in Bezug auf einen Höchstsatz von 15 v.H. und für den Rest des Jahres auf 8.489,41
€ mit einem Satz von 12,5 v.H. für einen Ganztagskindergarten.
Gegen den Heranziehungsbescheid vom 2. September 2005 erhob die Klägerin Widerspruch, mit dem sie
geltend machte: Zwar könne nach § 12 Abs. 5 des Kindertagesstättengesetzes von einer Gemeinde im
Einzugsgebiet eines Kindergartens eines freien Trägers eine Kostenbeteiligung verlangt werden, die den
Landkreis in seiner Restfinanzierungsfunktion als Träger des Jugendamtes entsprechend entlaste. Bei ihr
liege indessen ein in der Rechtsprechung anerkannter Ausnahmefall der besonderen Finanzschwäche
vor, in dem die Kostenbeteiligung entfalle. Nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts
Rheinland-Pfalz sei ein solcher Ausnahmefall insbesondere anzunehmen, wenn wie bei ihr im Vorjahr ein
Anspruch auf Bedarfszuweisungen aus dem Ausgleichsstock anerkannt worden sei. Anhaltspunkte für
eine Verbesserung der Finanzlage gebe es nicht.
Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid des Kreisrechtsausschusses des Landkreises Trier-
Saarburg vom 11. August 2006 zurückgewiesen, im Wesentlichen mit der Begründung, bei einem
Abweichen von der "Soll-Heranziehung" zu einem Beitrag zu den Personalkosten handele es sich um
atypische Ausnahmefälle im Hinblick auf die Finanzkraft einer Gemeinde. Dass eine Gemeinde Anspruch
auf Bedarfszuweisungen habe, reiche dafür nicht aus, insbesondere angesichts des Umstands, dass im
Kreisgebiet eine Vielzahl von Gemeinden (31 von etwa 100 Gemeinden) einen solchen Anspruch hätten
und damit die Ausnahme zur Regel zu werden drohe.
Mit der daraufhin erhobenen Klage hat die Klägerin ihr Begehren weiterverfolgt und geltend gemacht,
dass auch für das streitige Jahr 2004 mit Bescheid der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion vom 31.
Dezember 2005 Bedarfszuweisungen zuerkannt worden seien. Dem anerkannten Fehlbedarf in Höhe von
310.049,00 € sei mit einer Quote in Höhe von 15 v.H. Rechnung getragen worden (46.505,00 €). Die in
der Rechtsprechung für eine besondere Finanzschwäche vorgesehene Orientierung an den Richtlinien
für die Gewährung von Bedarfszuweisungen erweise sich nach wie vor als sachgerecht.
Die Klägerin hat beantragt,
den Bescheid des Beklagten vom 21. September 2005 und den dazu ergangenen Widerspruchsbescheid
des Kreisrechtsausschusses des Landkreises Trier-Saarburg vom 11. August 2006 aufzuheben.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid Bezug genommen und ergänzend geltend
gemacht, die von ihm praktizierte Staffelung der Beitragsleistung nach der unterschiedlichen Finanzkraft
der Gemeinden werde der gesetzlichen Regelung eher gerecht als ein Ausschluss der
Beitragsheranziehung aufgrund des Kriteriums der Zuerkennung von Bedarfszuweisungen.
Das Verwaltungsgericht Trier hat der Klage mit Urteil vom 19. Juli 2007 stattgegeben und den Bescheid
wie auch den Widerspruchsbescheid aufgehoben. Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt: Nach
der ständigen Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz stehe dem Träger der
Jugendhilfe kein Regelungsermessen im Hinblick auf die Höhe der Heranziehung der Gemeinden nach §
12 Abs. 5 des Kindertagesstättengesetzes zu; das Gesetz sehe vielmehr feste rechtliche Maßstäbe für die
Kostenbeteiligung hinsichtlich der Personalkosten einer Kindertagesstätte vor, wobei als gleichsam
negatives Tatbestandsmerkmal die Finanzschwäche der Gemeinde der Heranziehung entgegenstehe.
Diese sei vorliegend entsprechend der Rechtsprechung durch den Nachweis anzunehmen, dass der
Gemeinde für das Vorjahr Bedarfszuweisungen zuerkannt worden seien und eine Änderung der
Finanzlage nicht erkennbar sei.
Dagegen hat der Beklagte die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt, mit der er seinen
Rechtsstandpunkt weiterverfolgt. Die vom Verwaltungsgericht zugrunde gelegte Rechtsprechung sei
überholt, weil sie nicht berücksichtige, dass eine extreme Veränderung der Finanzlandschaft vorliege und
die Zahl der Bedarfszuweisungsgemeinden enorm gestiegen sei, so dass von einem atypischen
Ausnahmefall im Blick auf die Soll-Bestimmung des § 12 Abs. 5 des Kindertagesstättengesetzes, mit der
die Beteiligung der Gemeinden gewährleistet werden solle, nicht mehr die Rede sein könne. Es ergäben
sich bei einer Aufrechterhaltung dieser Rechtsprechung auch Wertungswidersprüche insoweit, als die
Übernahme der Trägerschaft für eine Kindertagesstätte im Bedarfsfall eine Pflichtaufgabe der
Ortsgemeinde sei; für die Finanzbeteiligung könne bis auf extreme Ausnahmefälle nichts anderes gelten.
Dem Umstand, dass die Gemeinden nach der gesetzlichen Bestimmung nur "im Rahmen ihrer
Finanzkraft" herangezogen werden sollten, sei durch die Richtlinie des Kreises Rechnung getragen, die
eine entsprechende gestaffelte Heranziehung vorsehe.
Der Beklagte beantragt,
unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Trier vom 19. Juli 2007 die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie nimmt Bezug auf ihr bisheriges Vorbringen und die Gründe des Verwaltungsgerichts.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die von den Beteiligten
gewechselten Schriftsätze sowie die beigezogenen Verwaltungs- und Widerspruchsakten Bezug
genommen, die sämtlich Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe
Die Berufung des Beklagten hat keinen Erfolg.
Zu Recht hat das Verwaltungsgericht den Heranziehungsbescheid des Beklagten vom 21. September
2005 aufgehoben, mit dem der Klägerin für das Jahr 2004 eine Beteiligung an den Personalkosten des in
ihrem Gebiet gelegenen Kindergartens eines freien Trägers aufgegeben worden ist. Der Senat kommt
ebenso wie das Verwaltungsgericht zu dem Ergebnis, dass die Heranziehung rechtswidrig ist, weil sie
nicht von der Ermächtigungsgrundlage in § 12 Abs. 5 Satz 2 des Kindertagesstättengesetzes - KitaG - (ab
1. September 2007 § 12 Abs. 6 Satz 2 KitaG ‑ in der Fassung des Änderungsgesetzes vom 12. Juni 2007
- GVBl. S. 82) gedeckt ist. Zur Vermeidung von Wiederholungen kann der Senat auf die Gründe des Urteils
des Verwaltungsgerichts Bezug nehmen (§ 130b VwGO).
Im Hinblick auf das Berufungsvorbringen ist lediglich zu ergänzen: Nach § 12 Abs. 5 Satz 1 KitaG a.F.
werden die nicht gedeckten Personalkosten einer Kindertagesstätte durch Zuwendungen des Trägers des
Jugendamtes ausgeglichen. Die im Einzugsbereich der Kindertagesstätte liegenden Gemeinden "sollen"
sich im Rahmen ihrer Finanzkraft beteiligen (§ 12 Abs. 5 Satz 2 KitaG). Das Verwaltungsgericht hat
zutreffend darauf abgestellt, nach der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats (Urteil vom 16.
September 1997 - 7 A 10388/97.OVG - AS 26, 36 und Urteil vom 23. September 2003 - 7 A 10838/03.OVG
-) sei die Vorschrift über die Beteiligung an den Kosten des Jugendamtes im Hinblick auf die Personal-
kosten (Restfinanzierung neben dem Eigenanteil des Trägers, dem Zuschuss des Landes und den
Elternbeiträgen) dahin zu verstehen, dass sie in der Regel mit dem Anteil erfolgt, den eine Gemeinde in
ihrer Eigenschaft als Träger zu leisten hat (im Falle eines Kindergartens 15 v.H. - § 12 Abs. 3 Nr. 1 KitaG;
im Falle eines Ganztagskindergartens 12,5 v.H. - § 12 Abs. 3 Nr. 3 KitaG); eine Ausnahme davon bestehe
- wie dies die Rechtsprechung aus der Formulierung des Gesetzes "im Rahmen ihrer Finanzkraft"
abgeleitet hat - für den Fall einer besonderen Finanzschwäche. Wie das Verwaltungsgericht zutreffend
entschieden hat, geht diese gefestigte Rechtsprechung auch davon aus, dass mit dem Nachweis des
Erhalts einer Bedarfszuweisung aus dem Ausgleichsstock nach § 17 Abs. 1 des Landesfinanz-
ausgleichsgesetzes Rheinland-Pfalz - LFAG - in der bis zum 31. Dezember 2006 gültigen Fassung (vgl.
dazu auch Verwaltungsvorschrift des Ministeriums des Innern und für Sport vom 22. März 1995, MinBl.
1995, 215) für das dem Antragsjahr vorausgehende Haushaltsjahr in aller Regel die Voraussetzungen der
Finanzschwäche als gleichsam negatives Tatbestandsmerkmal des Heranziehungsanspruchs dargelegt
sind. Dass vorliegend davon eine Ausnahme bestünde, weil etwa eine erhebliche Verbesserung der
Finanzkraft der Gemeinde eingetreten wäre, ist nicht vorgetragen und nicht ersichtlich.
Die im Berufungsverfahren vorgebrachten Erwägungen des Beklagten geben keine Veranlassung, von
dieser Rechtsprechung abzurücken. Der Einwand, es entspreche dem Wortlaut der Bestimmung sowie
dieser Rechtsprechung abzurücken. Der Einwand, es entspreche dem Wortlaut der Bestimmung sowie
Sinn und Zweck des Gesetzes eher, wenn entsprechend der langjährigen Verwaltungspraxis des
Beklagten, wie sie in seinen Verwaltungsvorschriften aus dem Jahr 1973 zum Ausdruck komme, eine
gestaffelte Heranziehung je nach dem Grad der Finanzstärke oder Finanzschwäche erfolge, vermag nicht
zu überzeugen. Eine entsprechende Auslegung des Gesetzestextes hätte zwangsläufig zur Folge, dass
die gesetzliche Regelung unbestimmt und mangels gesetzlicher Ermächtigung des Trägers der
Jugendhilfe, einen entsprechenden Rahmen etwa durch Satzungsbestimmungen auszufüllen, nicht
unmittelbar anwendbar wäre. Dazu hat der Senat bereits in seinem Urteil vom 16. September 1997 (AS
26, 36, 42) ausgeführt: "… Insbesondere ist dem Kreis durch das Kindertagesstättengesetz nicht die
Befugnis eingeräumt worden, nach seinem Ermessen die ungedeckten Personalkosten zwischen ihm und
der Gemeinde aufzuteilen. Erst recht fehlt es an einer gesetzlichen Ermächtigung dafür, bei der
Heranziehung der Gemeinden einen eigenen 'kleinen Finanzausgleich' nach Ermessen durchzuführen,
indem von einigen Gemeinden mehr, von anderen aber weniger als 15 v.H. gefordert wird.“ Angesichts
des Umstands, dass der Gesetzgeber diese seit mehr als zehn Jahren gefestigte Rechtsprechung kennt
und auch aus Anlass mehrerer Änderungen des Kindertagesstättengesetzes keine Veranlassung für eine
Änderung im Hinblick auf die Beteiligung der Gemeinden gesehen hat, kann der Beklagte keinen
ausreichenden Anlass für eine Änderung der Rechtsprechung aufzeigen.
Entsprechendes gilt, soweit der Beklagte im Berufungsverfahren geltend gemacht hat, die Orientierung
des Ausnahmefalls an der Bewilligung von Bedarfszuweisungen gehe angesichts der Entwicklung der
Finanzverhältnisse in den Gemeinden an den gesetzlichen Begriffen vorbei. Die Rechtsprechung des
Senats hat das in § 12 Abs. 5 Satz 2 KitaG angelegte Regel-Ausnahmeverhältnis dahingehend
beschrieben, dass von der Kostenbeteiligung "… eine Gemeinde mit atypisch niedriger Finanzkraft" befreit
ist (AS 26, 36, 38). Darin kommt eine im Hinblick auf die gesetzliche Regelung maßgebliche
Unterscheidung zwischen solchen Gemeinden zum Tragen, deren Finanzkraft noch ausreichend ist, um
ihnen eine Beteiligung an den Personalkosten einer Kindertagesstätte zumuten zu können, und solchen,
deren Finanzkraft dafür zu niedrig ist. Letzteres ist in der zitierten Rechtsprechung mit "atypischen"
Finanzkraftverhältnissen umschrieben worden, wobei im Ausgangspunkt zu beachten ist, dass der
Gesetzgeber mit der Soll-Regelung der Beteiligung gehörige Anstrengungen zur Erfüllung auch dieser
Mitfinanzierungsaufgabe erwartet hat. Gemessen an dieser Erwartung hat die Rechtsprechung formuliert,
dass es sich um "besonders leistungsschwache Gemeinden" handeln müsse. Diese besondere
Leistungsschwäche kann entgegen der Auffassung des Beklagten nicht an den besonderen Verhältnissen
in einem Landkreis bzw. an der Zahl der so betroffenen Gemeinden bemessen werden, sondern an der
objektiven Fähigkeit, orientiert an der vorhandenen Finanzkraft für die genannte Aufgabe mit einstehen zu
können. Darauf bezogen hat die Rechtsprechung des Senats es für angemessen angesehen, zur
Ausfüllung des Begriffs der besonderen Finanzschwäche auf die Richtlinien für die Gewährung von
Bedarfszuweisungen abzustellen. Dass die Gemeinde "besonders" leistungsschwach ist, ergibt sich
demnach nicht aus einem Vergleich mit einer mehr oder weniger großen Anzahl von betroffenen
Gemeinden in ein und demselben Landkreis, sondern daraus, dass etwa die Voraussetzungen für die
Gewährung von Bedarfszuweisungen erfüllt sind. Nach der Fassung des die gesetzliche Grundlage für
diese Zuweisung bildenden § 17 Abs. 1 LFAG a.F. können leistungsschwache Gemeinden aus dem
Ausgleichsstock Zuwendungen zum Ausgleich des Verwaltungshaushalts erhalten, soweit ihre
Einnahmemöglichkeiten zur Erfüllung ihrer unabweisbaren Ausgabeverpflichtungen nicht ausreichen.
Gemäß Nr. 2.1 der genannten Verwaltungsvorschriften des Ministeriums des Innern und für Sport werden
Bedarfszuweisungen nur besonders leistungsschwachen Gebietskörperschaften gewährt, die trotz
zumutbarer Ausschöpfung aller ihrer Einnahmequellen und Ausnutzung jeder Sparmöglichkeit nicht in der
Lage waren, ihren Verwaltungshaushalt im abgelaufenen Haushaltsjahr auszugleichen und auch in den
zwei folgenden Jahren voraussichtlich nicht in der Lage sein werden, den Fehlbetrag abzudecken. Das
Anwachsen der Zahl der Gemeinden im Kreisgebiet, die solche Verhältnisse aufweisen, ist daher für sich
genommen kein Grund anzunehmen, es lägen bei einer Bedarfszuweisungsgemeinde - gemessen an der
Soll-Regelung in § 12 Abs. 5 Satz 2 KitaG - keine "atypischen" Finanzverhältnisse vor. Die Besonderheit
der Leistungsschwäche einer von der Beteiligung an den Personalkosten befreiten Gemeinde liegt nicht
in ihrer absoluten Ausnahmestellung innerhalb der Gemeinden im Kreisgebiet begründet, sondern darin,
dass es auch vom Gesetzgeber des Finanzausgleichsgesetzes als besondere Finanzschwäche erachtet
wird, wenn trotz Ausschöpfung aller Einnahmemöglichkeiten und Ausnutzung jeglicher Sparmöglichkeit
auf mittlere Sicht entgegen den gesetzlichen Haushaltsregeln (§ 93 Gemeindeordnung) ein
Haushaltsausgleich nicht erzielt werden kann. Die Streichung der Finanzausgleichsregelung für solche
Gemeinden im Sinne einer Bedarfszuweisung aus dem Ausgleichsstock durch das Dritte Landesgesetz
zur Änderung des Finanzausgleichsgesetzes vom 12. Juni 2007 - GVBl. S. 80 - führt im Übrigen zwar
unter Umständen zu Änderungen im Verfahren (vgl. dazu bisher Urteil des Senats vom 23. September
2003 - 7 A 10838/03.OVG -), nicht aber zu einer abweichenden Betrachtung bei der Auslegung der
Bestimmungen über die Kostenbeteiligung im Rahmen des Kindertagesstättengesetzes, weil die
genannten Grundsätze für die Beurteilung des hier geregelten Regel-Ausnahmeverhältnisses im Rahmen
der Finanzkraft solcher Gemeinden weiterhin konstituierend bleiben.
Diese Auslegung entspricht im Übrigen der grundlegenden Aufgabenverteilung im Bereich der
Jugendhilfe und der Förderung der Kindertagesstätten. Das Kindertagesstättengesetz geht von der
regelmäßigen Trägerschaft der Träger der freien Jugendhilfe aus (§ 10 Abs. 1 KitaG) und sieht eine
zentrale Planungs- und Sicherstellungsverantwortung der Landkreise als Träger des Jugendamtes vor (§§
9 Abs. 1; 12 Abs. 5 Satz 1; 15 Abs. 2 Satz 2 KitaG). Trotz der subsidiären Aufgabe der Gemeinden, die
Trägerschaft als Pflichtaufgabe der Selbstverwaltung entsprechend einer Bedarfsplanung gegebenenfalls
zu übernehmen (§ 10 Abs. 2 KitaG), spiegelt sich in der bloßen Soll-Regelung über die Kostenbeteiligung
der im Einzugsbereich einer Kindertagesstätte eines freien Trägers liegenden Gemeinden (§§ 12 Abs. 5
Satz 2, 15 Abs. 2 Satz 2 KitaG) der Umstand wider, dass die Errichtung von Kindertagesstätten keine
originäre Aufgabe der Gemeinden gewesen ist und im Falle der finanziellen Überforderung mit der
Aufgabe die Ausgleichsfunktion des Landkreises zum Tragen kommt (vgl. § 2 Abs. 3 und Abs. 5
Landkreisordnung). Der Umstand, dass die Gemeinden als Träger einer Kindertagesstätte einen
Eigenanteil hinsichtlich der Personalkosten aufzubringen haben, muss deshalb nicht zu einer Auslegung
der Kostenbeteiligungsbestimmung für die Gemeinden gegenüber dem Landkreis führen, wonach der
Zahl nach nur in ganz außergewöhnlichen Ausnahmefällen von einer Gemeindebeteiligung abzusehen
wäre. Entscheidend ist vielmehr vorbehaltlich einer gesetzlichen Änderung das Kriterium, ob die
Kostenbeteiligung angesichts der besonderen Finanzschwäche der Gemeinde zumutbar ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die zur Vollstreckbarkeit wegen der Kosten auf §
167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10 ZPO. Das Verfahren ist gerichtskostenfrei (§ 188 Satz 2 VwGO).
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Gründe der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Art nicht vorliegen.
Rechtsmittelbelehrung
gez. Wünsch gez. Dr. Holl gez. Wolff