Urteil des OVG Rheinland-Pfalz vom 23.05.2007

OVG Koblenz: brennstoff, verbrennung, genehmigung, form, fett, richteramt, verfügung, zustellung, subjektiv, grundstück

OVG
Koblenz
23.05.2007
1 A 11463/06.OVG
Immissionsschutzrecht
Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil
Im Namen des Volkes
In dem Verwaltungsrechtsstreit
- Klägerin und Berufungsklägerin -
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Wörner, Schäfer, Rückert, Hauptstraße 116, 35625 Hüttenberg,
gegen
das Land Rheinland-Pfalz, vertreten durch den Präsidenten der Struktur- und Genehmigungsdirektion
Nord, Stresemannstraße 3-5, 56068 Koblenz,
- Beklagter und Berufungsbeklagter -
wegen immissionsschutzrechtlicher Anordnung
hat der 1. Senat des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz in Koblenz aufgrund der mündlichen
Verhandlung vom 23. Mai 2007, an der teilgenommen haben
Vorsitzender Richter am Oberverwaltungsgericht Zimmer
Richter am Oberverwaltungsgericht Kappes-Olzien
Richter am Oberverwaltungsgericht Möller
ehrenamtlicher Richter Kaufmann Knödler
ehrenamtlicher Richter kaufm. Leiter Kolling
für Recht erkannt:
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 8. August 2006 wird
zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin wendet sich gegen eine immissionsschutzrechtliche Still-legungsanordnung.
Im Rahmen einer aufgrund von Nachbarbeschwerden durchgeführten Ortsbesichtigung stellte die
Verbandsgemeindeverwaltung K… im Sommer 2005 fest, dass auf dem Grundstück in K…, A-straße .. ein
Heizkraftwerk zur Verbrennung von Frittierfetten mit einer Feuerungsleistung von 30 kW/h betrieben wurde
und ungefähr 40 gefüllte, ca. 120 l bis 200 l große Fässer dort abgestellt waren.
Daraufhin erließ der Beklagte unter dem 18. August 2005 eine immissionsschutzrechtliche Verfügung, mit
der die als „Biomasseheizkraftwerk“ bezeichnete Verbrennungsanlage auf dem vorgenannten Grundstück
stillgelegt wurde. Gleichzeitig wurde die sofortige Vollziehung der Verfügung angeordnet und ein Zwangs-
geld in Höhe von 3.000,00 € angedroht. Zur Begründung wurde u.a. ausgeführt, dass die nach Nr. 8.1
Spalte 1 Buchst. a) des Anhangs der 4. BImSchV genehmigungsbedürftige Anlage ohne danach
erforderliche immissionsschutzrechtliche Genehmigung betrieben werde und daher stillzulegen sei, weil
kein atypischer Ausnahmefall vorliege.
Ein beim Verwaltungsgericht gestellter Aussetzungsantrag der Klägerin wurde abgelehnt (s. Beschluss
des VG Koblenz vom 13. Oktober 2005 ‑ 1 L 1661/05.KO ‑).
Nach erfolglosem Vorverfahren hat die Klägerin Klage erhoben, mit der sie u.a. geltend machte, dass es
sich bei den in der Anlage verbrannten gebrauchten Speiseöle entgegen der Ansicht des Beklagten nicht
um Abfall handele; vielmehr seien die verwendeten Frittierfette und -öle als Brennstoff anzusehen. Des
Weiteren wies sie darauf hin, dass selbst wenn man die Heizanlage als Anlage zur Verwertung flüssiger
Abfälle mit brennbaren Bestandteilen durch thermische Verfahren ansehe, eine solche genehmigungsfrei
sei, da Nr. 1.3 Spalte des Anhang zur 4. BImSchV vorgehe, wonach eine Genehmigungspflicht bei
Stromerzeugungsanlagen erst ab einer Feuerungswärmeleistung von 100 kW bestehe.
Das Verwaltungsgericht hat durch Urteil vom 8. August 2006 die Klage abgewiesen und ausgeführt:
Soweit die Klägerin meine, dass das streitbefangene Heizkraftwerk als Anlage zur Stromerzeugung
ausschließlich nach Nr. 1.3 Spalte 2 des Anhangs zur 4. BImSchV zu beurteilen sei, weil die dortige
Anlagenbezeichnung im Sinne des § 2 Abs. 2 der 4. BImSchV spezieller sei als die bestimmte
Abfallbeseitigungs- und -verwertungsanlagen betreffende Anlagenbezeichnung der Nr. 8.1 Spalte 1
Buchst. a) des Anhangs zur 4. BImSchV, verkenne sie, dass Nr. 8 dieses Anhangs Sondervorschriften
enthalte, die sich ausschließlich auf die in § 4 Abs. 1 Satz 1 BImSchV gesondert aufgeführten
Abfallentsorgungsanlagen zur Lagerung oder Behandlung von Abfällen beziehen würden. Die
gesonderten Vorschriften für diese Anlagen, die gegenüber den übrigen Vorschriften der Anlage
spezieller seien, hätten ihren Grund darin, dass von Abfallentsorgungsanlagen typischerweise ein
besonderes Gefährdungspotential ausgehe. Eine andere rechtliche Beurteilung folge auch nicht aus Nr.
8.2 dieses Anhangs, weil die Vorschrift keine abschließende Regelung über die genehmigungspflichtigen
Anlagen zur Erzeugung von Strom durch den Einsatz von Abfällen, sondern wiederum eine
Sonderregelung für bestimmte Abfallstoffe (Holzmaterialien) mit einem geringen Gefahrenpotential
enthalte, welches es rechtfertige, das Genehmigungserfordernis gegenüber der sonstigen
Abfallverwertung von höheren Erfassungsschwellen abhängig zu machen. Die Klägerin könne auch nicht
mit dem Argument durchdringen, Nr. 8.1 Spalte 1 Buchst. a) der vorgenannten Anlage betreffe nur Abfälle
mit brennbaren „Bestandteilen“, während das von ihr verwendete Material zu 100 % brennbar sei. Denn
die vorerwähnte Vorschrift erfasse alle brennbaren Abfälle unabhängig von bestimmten mengenmäßigen
Anteilen, soweit es sich bei den brennbaren Anteilen nicht lediglich um Verunreinigungen von
grundsätzlich nicht brennbaren Abfällen handele. Da die Genehmigungspflicht der Anlage an das objek-
tive Kriterium der Abfallverwertung anknüpfe, könne die Genehmigungsfreiheit der Anlage schließlich
auch nicht mit dem subjektiv für die Klägerin im Vordergrund stehenden Betriebszweck der
Stromerzeugung begründet werden. Soweit die Klägerin in ihrem Klagevorbringen die Abfalleigenschaft
der zum Einsatz kommenden Speiseöle und -fette in Abrede stelle, könne sie damit nicht durchdringen.
Weder für den Entledigungswillen des Abfallbesitzers noch für die Abfalleigenschaft des Materials im
Sinne des § 3 Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz komme es darauf an, ob dieses noch einen Marktwert
habe und ob der Abfallbesitzer für die Abgabe der gebrauchten Frittierfette und -öle ein Entgelt verlange.
Entscheidend sei vielmehr, dass die Fette und Öle nach ihrem Gebrauch für den Abfallbesitzer ihre
ursprüngliche Zweckbestimmung verloren hätten, ohne dass für ihn ein neuer Verwendungszweck
unmittelbar an die Stelle der bisherigen Zweckbestimmung getreten sei.
Mit ihrer vom Senat zugelassenen Berufung macht die Klägerin nunmehr geltend:
Das Verwaltungsgericht habe das von ihr betriebene Blockheizkraftwerk unzutreffend als eine nach § 4
Abs. 1 BImSchG genehmigungsbedürftige Anlage eingestuft. Dabei habe das Gericht verkannt, dass diese
Vorschrift nur abstrakt die Genehmigungsbedürftigkeit von Anlagen festlege und die Genehmigungspflicht
erst durch die 4. BImSchG nebst Anhang verbindlich konkretisiert werde. Deshalb sei es für die Frage der
Genehmigungsbedürftigkeit auch ohne Belang, dass die Nr. 8 des Anhangs Sondervorschriften enthalte,
die sich auf § 4 Abs. 1 Satz 1 letzter Halbsatz BImSchG und nicht auf § 4 Abs. 1 Satz 1 1. Halbsatz
BImSchG stützten. Dies liege allein darin begründet, dass Abfallentsorgungsanlagen bis zum In-Kraft-
Treten des Investitionserleichterungsgesetzes eine Zulassung nach § 7 AbfG benötigten. Dieser Umstand
gebe aber nichts dafür her, welche Ziffer in dem Anhang zur 4. BImSchV spezieller sei. Ferner könne die
Anlage nicht unter die Ziffer 8.1 Spalte 1 Buchst. a) des Anhangs subsumiert werden, da diese Vorschrift
nur Abfälle betreffe, die „brennbare“ Bestandteile enthielten. Damit seien solche Stoffe ausgeschieden, die
nicht lediglich brennbare Bestandteile enthielten, sondern die selbst Brennstoff seien. Dies treffe aber auf
Frittieröle zu, die sich praktisch zu 100 % als Brennstoff darstellten. Bei den Frittierölen handele es sich im
Übrigen um homogene Substanzen, die nicht einmal mehr nennenswerte Spuren anderer Stoffe
enthielten. Die Frittieröle seien deshalb als reine Brennstoffe zu qualifizieren, nicht aber als Abfall, der
lediglich brennbare Bestandteile enthalte. Daher komme es im Grunde genommen nicht mehr auf die
Frage an, ob es sich bei den von ihr verwendeten Frittierölen überhaupt um Abfall handele. Aber auch
diese Frage sei zu verneinen. Entscheidend für die Abfalleigenschaft sei die Abgrenzung, ob eine Sache
ein Produkt darstelle mit einem bestimmten Verwendungszweck oder ob es sich lediglich um einen
Gegenstand handele, der keinen Verwendungszweck mehr habe. Kreislaufwirtschaftlich werde die
Zweckbestimmung einer Sache heute in aller Regel nicht mehr eindimensional gesehen. Die von ihr
verwendeten Frittieröle hätten natürlich bei den Gastronomen den Zweck, zum Frittieren von Speisen
verwendet zu werden. Durch Austausch des Frittieröls werde dieses aber vom Gastronomen unmittelbar
einem neuen Zweck zugeführt, nämlich zu einem Handelsobjekt gemacht, mit dem die Nachfrage nach
kostengünstigen Brennstoffen befriedigt werde. Diese Umwidmung führe dazu, dass die Frittieröle ihre
Produkteigenschaft behalten würden und zu keiner Zeit eine Abfalleigenschaft aufwiesen. Auch von ihr
würden diese Öle nicht als Abfall thermisch verwertet, sondern als Brennstoff zur Stromerzeugung genutzt.
In diesem Zusammenhang sei hervorzuheben, dass die von ihr verwendeten Pflanzenöle zwar filtriert und
durch Herabsedimentieren von Schwebstoffen gereinigt worden seien, darin aber keine Änderung ihrer
natürlichen Eigenschaften liege, so dass es sich also um naturbelassene Pflanzenöle im Sinne von Ziffer
1.2 Spalte 2 der 4. BImSchV handele. Zudem befasse sich die Bestimmung der Ziffer 8.1 Spalte 1 Buchst.
a) des Anhangs tatbestandlich nicht mit Anlagen zur Erzeugung von Strom oder Prozesswärmer. Die in
dieser Bestimmung genannten Beispiele ließen erkennen, dass im Vordergrund der Zwecksetzung nicht
die Erzeugung von Strom und Wärme stehe, sondern die Vernichtung oder Verwertung der Einsatzstoffe.
Eine solche Zwecksetzung verfolge sie mit ihrem Blockheizkraftwerk aber nicht. Aber selbst wenn man
eine Zuordnung der Heizkraftanlage zu Ziffer 8.1 bejahen könnte, würde der Spezialitätsgrundsatz zu
einer Zuordnung der Anlage unter die Anlagen der Wärmeerzeugung im Sinne von Spalte 2 der Ziffer 1.2
Buchst. c) bzw. von Spalte 2 der Ziffer 1.3 des Anhangs zur 4. BImSchV führen, da die technische Natur
und Zwecksetzung der streitgegenständlichen Anlage eindeutig in der Erzeugung von Wärme und Strom
zur Einspeisung in das öffentliche Netz liege.
Die Klägerin beantragt,
unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 8. August 2006 die
Stilllegungsverfügung des Beklagten vom 18. August 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom
31. Januar 2006 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er trägt insbesondere vor:
Entgegen der Auffassung der Klägerin seien Frittierfette, auch wenn sie vollständig brennbar seien, unter
Ziffer 8.1 Spalte 1 Buchst. a) der 4. BImSchV zu subsumieren. Die Bezeichnung „mit brennbaren
Bestandteilen“ beziehe sich nämlich nur auf Deponiegas und nicht auf die anderen dort genannten
Abfallstoffe. Abgesehen davon seien auch andere Abfälle ‑ wie z.B. dioxinbelastete Altöle ‑ zu 100 %
brennbar. Ferner handele es sich bei den in der Verbrennungsanlage eingesetzten Frittierfette nicht um
naturbelassene Pflanzenöle, sondern um Abfälle im Sinne von § 3 Abs. 1 KrW-/AbfG. Durch den Gebrauch
der Speisefette in der Friteuse trete eine chemische Veränderung ein, die diese Fette für den Einsatz in
der Verbrennungsanlage nachteilig verändere, weil der Asche- und Chloridanteil durch das Frittieren
deutlich erhöht werde. Soweit die Klägerin vortrage, dass es sich bei dem gebrauchten Frittieröl deshalb
nicht um Abfall handele, weil es durch die Gastronomen unmittelbar einem neuen Zweck als Brennstoff
zugeführt werde, verkenne sie, dass vorliegend bereits die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 KrW‑/AbfG
erfüllt seien und damit eine Entledigung bejaht werden müsse, da die gebrauchten Öle einer Verwertung
im Sinne des Anhangs II B (R 3) zugeführt würden. Es treffe auch nicht zu, dass Anlagen zur Erzeugung
von Strom- und Prozesswärme nicht unter Ziffer 8.1 Spalte 1 Buchst. a) des Anhangs zur 4. BImSchV
fallen könnten. Vielmehr sei diese Bestimmung gegenüber der Ziffer 1.3 des Anhangs die speziellere. Die
Zuordnung habe nach objektiven Kriterien zu erfolgen. Immer dann, wenn in einer Verbrennungsanlage
Abfälle eingesetzt würden, sei Ziffer 8.1 Spalte 1 Buchst. a) maßgeblich. Dass für die Klägerin ‑ subjektiv ‑
der Betriebszweck der Stromerzeugung im Vordergrund stehe, sei insoweit nicht von Bedeutung. Trotz
einer Vorbehandlung in Form eines Absiebens grober Bestandteile sei die ordnungsgemäße und
schadlose Verwertung der Fettabfälle nicht abgeschlossen und deren Abfalleigenschaft nicht beendet. Sie
berufe sich im Übrigen für ihre Ansicht auf die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom
14. Dezember 2006 ‑ 7 C 4.06 ‑.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der
Gerichtsakten, die beigezogenen Verwaltungsakten des Beklagten (1 Heft) sowie die Gerichtsakte 1 L
1661/05.KO (= 7 B 11488/05.OVG). Diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die angefochtene
immissionsschutzrechtliche Stilllegungsverfügung der Beklagten vom 18. August 2005 in Gestalt des
hierzu ergangenen Widerspruchsbescheides vom 31. Januar 2006 ist rechtlich nicht zu beanstanden.
Sie findet ihre Rechtsgrundlage in § 20 Abs. 2 des Bundesimmissionsschutzgesetzes – BImSchG -. Darin
ist u.a. bestimmt, dass die zuständige Behörde die Stilllegung einer Anlage, die ohne erforderliche
Genehmigung betrieben wird, anordnen soll. Daraus folgt, dass eine solche Anordnung regelmäßig dann
zu erlassen ist, wenn die Anlage formell illegal ist. Diese Voraussetzung ist vorliegend erfüllt.
Bei der hier stillgelegten Verbrennungsanlage (Heizkraftwerk) handelt es sich um eine nach § 4 Abs. 1
BImSchG genehmigungsbedürftige Anlage. Die Frage, ob eine Anlage einer immissionsschutzrechtlichen
Genehmigung bedarf, beantwortet diese Norm zwar nicht unmittelbar. Sie ermächtigt jedoch die
Bundesregierung, durch eine Rechtsverordnung die genehmigungsbedürftige Anlage zu bestimmen. Das
ist durch die 4. BImSchV auch geschehen. Diese Verordnung führt die genehmigungsbedürftigen Anlagen
in ihrem Anhang in einzelnen Anlagekategorien auf. Soweit die Klägerin hierbei unter Zugrundelegung
des Anhangs die Ansicht vertritt, ihr Heizkraftwerk sei deshalb genehmigungsfrei, weil es grundsätzlich
unter die in Nrn. 1.1 bis 1.3 des Anhangs genannten Anlagen falle, aber eine Genehmigungsbedürftigkeit
deshalb ausscheide, weil ihr Kraftwerk die dort genannten Verbrennungskapazitäten nicht erreiche,
vermag der erkennende Senat dem nicht zu folgen.
Zunächst kann die Klägerin die Genehmigungsfreiheit ihrer Anlage nicht aus Nr. 1.2 Spalte 2 Buchst. c)
des Anhangs herleiten, worunter u.a. ein Heizkraftwerk fällt, welches naturbelassenes Pflanzenöl
verbrennt. Denn entgegen der Auffassung der Klägerin ist das von ihr verwendete gebrauchte und
sedimentierte Frittierfett keinesfalls ein naturbelassenes Pflanzenöl, da es nach seinem Gebrauch zum
Frittieren nicht mehr naturbelassen ist und sich auch nicht zu 100 % aus Pflanzenöl zusammensetzt.
Insbesondere hinsichtlich des zuletzt genannten Gesichtspunkts ist nach Aktenlage davon auszugehen,
dass das verwendete Frittierfett zumindest zu einem großen Teil aus Tierfett besteht.
Darüber hinaus scheidet eine Genehmigungsfreiheit auch nach der Regelung in Nr. 1.3 des Anhangs aus,
die einen Auffangtatbestand für solche Brennstoffe darstellt, die keine Regelbrennstoffe nach Nr. 1.2 sind.
Denn Nr. 1.3 des Anhangs greift dann nicht ein, wenn es hier – wie noch unten darzulegen sein wird – um
die Verbrennung von Abfällen geht, da der in dieser Regelung enthaltene Begriff „Brennstoffe“ keine
Abfälle erfasst (vgl. Ludwig in Feldhaus, Bundesimmissionsschutzrecht, Band 2, B 2.4, 4. BImSchV
Anhang Rdnr. 6 zu Nr. 1.3; s. auch amtl. Begründung, abgedruckt in Feldhaus, a.a.O., Rdnr. 2 zur
Vorbemerkung vor Nrn. 1.1 bis 1.5). Dies gilt im Übrigen nicht nur für Nr. 1.3 des Anhangs, sondern auch
für die Nrn. 1.1 und 1.2 (s. amtl. Begründung, a.a.O.), so dass eine Genehmigungsfreiheit der in Rede
stehenden Frittierfettverbrennung im Hinblick auf Nr. 1.1 aus diesem Grunde hier ebenfalls ausscheidet.
Entgegen der Ansicht der Klägerin handelt es sich bei der vorliegend in Rede stehenden Verbrennung
des gebrauchten und sedimentierten („Alt“-)Frittierfettes nämlich um einen Abfallverwertungsvorgang, der
nach Nr. 8.1 Spalte 1 Buchst. a) des Anhangs genehmigungspflichtig ist. Hiernach bedürfen Anlagen zur
Verwertung fester, flüssiger oder in Behältern gefasster gasförmiger Abfälle oder Deponiegas mit
brennbaren Bestandteilen durch thermische Verfahren einer Genehmigung. Die Frage, ob die von der
Klägerin zur Verbrennung Energiegewinnung genutzten („Alt-“) Frittierfette als Abfall i.S. von Nr. 8.1 Spalte
1 Buchst. a) anzusehen ist, beantwortet sich nach § 3 Abs. 1 des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes
– KrW-/AbfG -, da zur Bestimmung des Abfallbegriffs die darin gegebene Definition heranzuziehen ist (s.
Ludwig in Feldhaus, a.a.O., Rdnr. 2 zu Nr. 8.1). Nach dieser Vorschrift sind Abfälle alle beweglichen
Sachen, die unter die in Anhang I aufgeführten Gruppen fallen und deren sich ihr Besitzer entledigt oder
entledigen will. Gebrauchte Frittierfette können sowohl unter die in Anhang I aufgeführten Abfallgruppe Q1
(Produktions- oder Verbrauchsrückstände) als auch unter Q 14 (nicht mehr verwertete Produkte) fallen.
Aber selbst wenn man dem nicht näher treten wollte, würden sie unter den Auffangtatbestand der Gruppe
Q 16 fallen, die Stoffe oder Produkte aller Art umfasst, die nicht einer der oben erwähnte Gruppen ange-
hören.
Kann daher das gebrauchte Frittierfett ohne weiteres einer Abfallgruppe des Anhangs I zu § 3 Abs. 1 KrW-
/AbfG zugeordnet werden, so ist auch die Entledigungsabsicht des Besitzers zu bejahen. Dabei dürfte es
unzweifelhaft sein, dass die gastronomischen Betriebe sich des Frittierfettes nach Gebrauch entledigen
wollen und es sich daher bei diesem Stoff zu diesem Zeitpunkt jedenfalls um Abfall handelt. Dafür spricht
außerdem auch der Umstand, dass die Verordnung über das europäische Abfallverzeichnis – AVV – unter
dem Abfallschlüssel Nr. 200125 Speiseöle und –fette als Siedlungsabfälle einstuft. Dieser Sichtweise hat
die Klägerin im Grunde genommen in der mündlichen Verhandlung auch nicht widersprochen. Sie ist
jedoch der Ansicht, dieses gebrauchte Frittierfett verliere seine Abfalleigenschaft dadurch, dass sie den
Abfallbesitzern nach Gebrauch des Speisefetts ihre Filterfässer zur Verfügung stelle und darin durch
Sedimentierung ein ihrem Kraftwerk als Brennstoff verwertbares Frittierfett entstehe. Dieser durch die
Sedimentierung entstandene Stoff soll also nach Ansicht der Klägerin durch die Sedimentierung zum
Brennstoff i.S. von Nr. 1.3 geworden sein. Dem vermag der Senat indessen nicht zu folgen.
Die der Verbrennung vorgeschaltete Sedimentierung lässt nämlich die Abfalleigenschaft des gebrauchten
Frittierfetts nicht entfallen. Denn es handelt sich dabei um eine bloße Vorbehandlung, die das Frittierfett
einer problemlosen energetischen Verwertung in der Verbrennungsanlage der Klägerin zugänglich
machen soll. Zur Erreichung dieses Verwertungsziels der Klägerin markiert die in den Fässern
stattfindende Sedimentierung den ersten Teilschritt in einem vorliegend als Einheit anzusehenden
Verwertungsprozess zur Gewinnung von Energie aus dem gebrauchten Frittieröl. Mit diesem
Aufbereitungsvorgang erhält die Klägerin ein gebrauchtes Frittierfett, das nach ihrem Vortrag ohne
weiteres der Verbrennung zur Energieerzeugung zugeführt werden kann und damit zu einem Stoff im
Sinne des Verwertungsverfahrens nach R 3 des Anhangs II B des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes
wird. Bei dem Einsatz des gebrauchten Frittierfetts als Ersatzbrennstoff handelt es sich daher um eine
energetische Verwertung i.S. von § 4 Abs. 4 Satz 1 KrW-/AbfG. Die Abfalleigenschaft des gebrauchten
Frittierfetts endet somit erst mit der Beendigung des Verwertungsverfahrens (vgl. dazu auch BVerwG,
Urteil vom 14. Dezember 2006, NVwZ 2007, 338), welches – anders als im Falle der Gewinnung eines
Sekundärrohstoffes nach § 4 Abs. 3 KrW-/AbfG - erst nach der Verbrennung des Frittierfetts rechtlich als
abgeschlossen angesehen werden kann.
An dieser Einstufung als Abfall ändert auch nichts der Umstand, dass das gebrauchte Frittierfett an die
Klägerin weiter veräußert wird und die gastronomischen Betriebe für die Überlassung des Frittierfetts
einen Veräußerungserlös erzielen. Dass auf dem Weg zum Verwertungserfolg (Verbrennung zur
Energieversorgung) Veräußerungsgeschäfte stattfinden, führt nicht zur Beendigung der Abfalleigenschaft
(s. BVerwG, Urteil vom 19. November 1998, NVwZ 1999, 1111).
Ebenso wenig scheitert die Anwendbarkeit der Nr. 8.1 des Anhangs bezüglich des für die Verbrennung
von gebrauchtem Frittierfett vorgesehenen Heizkraftwerks der Klägerin daran, dass nach ihrem Vortrag
das von ihr verwendete Fett nach der Sedimentierung fast zu 100 % als Brennstoff verwendet werden
kann. Insoweit ist mit dem Verwaltungsgericht davon auszugehen, dass es bei den Abfällen mit brenn-
baren Bestandteilen i.S. von Nr. 8.1 des Anhangs nicht auf einen bestimmten, mengenmäßigen Anteil
dieser Stoffe ankommt (so auch Ludwig in Feldhaus, a.a.O., Rdnr. 9. zu Nr. 8.1). Denn auch dann, wenn
das gebrauchte Frittierfett nach der Filterung fast genauso wie Regelbrennstoffe, die in Nr. 1.2 Spalte 2
Buchst. c) des Anhangs abschließend genannt sind, vollständig verbrannt werden könnte, stellt es keinen
„Brennstoff“ i.S. der Nr. 1.3 des Anhangs dar. Denn diese Regelung gilt – wie auch der diesbezüglichen
amtlichen Begründung des Verordnungsgebers zu entnehmen ist – nicht für Abfälle (s. u.a. Ludwig, a.a.O.,
Rdnr. 6 zu Nr. 1.3). Allerdings bleibt einzuräumen, dass bei dieser Sichtweise nur wenige Stoffe für die
Anwendbarkeit der Nr. 1.3 verbleiben. So sind unter Zugrundelegung dieser Kriterien als „Brennstoffe“ zur
Energieerzeugung i.S. der Nr. 1.3 z.B. lediglich Stroh-, Getreidepflanzen, Gräser, usw. in Betracht zu
ziehen (s. Ludwig, a.a.O., Rdnr. 6 zu Nr. 1). Um einen entsprechenden Naturstoff handelt es sich bei dem
gebrauchten und sedimentierten Frittierfett aber gerade nicht. Dieses Fett ist vielmehr – wie oben bereits
dargelegt – als Abfall zur energetischen Verwertung i.S. der Nr. 8.1 des Anhangs anzusehen.
Ist die in Streit stehende Anlage mithin genehmigungspflichtig, so durfte wegen des Fehlens einer
entsprechenden immissionsschutzrechtlichen Genehmigung die Beklagte auch die angefochtene
Stilllegungsverfügung erlassen.
Die Berufung war daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten beruht auf § 167
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten beruht auf § 167
VwGO i.V.m. §§ 708 i.V.m. 708 Nr. 10 ZPO.
Die Revision ist nicht zuzulassen, da Gründe der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Art nicht vorliegen.
Rechtsmittelbelehrung
Die Nichtzulassung der Revision kann durch
Beschwerde
werden.
Die Beschwerde ist
innerhalb eines Monats
Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz
gbk.ovg@ovg.jm.rlp.de, schriftlich oder in elektronischer Form einzulegen. Sie muss das angefochtene
Urteil bezeichnen.
Die Beschwerde ist
innerhalb von zwei Monaten
Begründung ist ebenfalls bei dem
Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz
elektronischer Form einzureichen. In der Begründung muss die grundsätzliche Bedeutung der
Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen
Senates der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts, von der das Urteil
abweicht, oder ein Verfahrensmangel, auf dem das Urteil beruhen kann, bezeichnet werden.
Die elektronische Form wird durch eine qualifiziert signierte Datei gewahrt, die den Maßgaben der
Landesverordnung über den elektronischen Rechtsverkehr vom 22. Dezember 2003 (GVBl. 2004 S. 36,
BS 320-1) in der jeweils geltenden Fassung entspricht und als Anhang einer elektronischen Nachricht
(E‑Mail) zu übermitteln ist.
Die Einlegung und die Begründung der Beschwerde müssen durch einen Rechtsanwalt oder einen
Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule im Sinne des Hochschulrahmengesetzes mit Befähigung
zum Richteramt als Prozessbevollmächtigten erfolgen. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und
Behörden können sich auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt sowie
Diplomjuristen im höheren Dienst, Gebietskörperschaften auch durch Beamte oder Angestellte mit
Befähigung zum Richteramt der zuständigen Aufsichtsbehörde oder des jeweiligen kommunalen
Spitzenverbandes des Landes, dem sie als Mitglied zugehören, vertreten lassen.
gez. Zimmer gez. Kappes-Olzien gez. Möller
Beschluss
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Berufungsverfahren auf 5.000,-- € festgesetzt (§§ 63 Abs. 2,
52 Abs. 2 GKG).
gez. Zimmer gez. Kappes-Olzien gez. Möller