Urteil des OVG Rheinland-Pfalz vom 31.07.2008

OVG Koblenz: bebauungsplan, gemeinde, realisierung, parkplatz, form, einfluss, eigentümer, grundstück, satzung, vergleich

OVG
Koblenz
31.07.2008
1 C 10193/08.OVG
Baurecht
Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil
Im Namen des Volkes
In dem Normenkontrollverfahren
*****************************
- Antragsteller -
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Philipp-Gerlach & Teßmer, Niddastraße 74, 60329 Frankfurt,
gegen
die Stadt Oppenheim, vertreten durch den Bürgermeister, Merianstraße 2, 55276 Oppenheim,
- Antragsgegnerin -
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Rohwedder & Partner, Kaiserstraße 74, 55116 Mainz,
wegen Bauplanungsrechts (Normenkontrolle)
hat der 1. Senat des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz in Koblenz aufgrund der mündlichen
Verhandlung vom 31. Juli 2008, an der teilgenommen haben
Vorsitzender Richter am Oberverwaltungsgericht Zimmer
Richter am Oberverwaltungsgericht Kappes-Olzien
Richter am Verwaltungsgericht Dr. Berthold
ehrenamtlicher Richter Winzer Feller
ehrenamtlicher Richter Tierzuchttechniker Dörrenberg
für Recht erkannt:
Der am 9. November 2006 als Satzung beschlossene Bebauungsplan „Altstadtentlastung West“ (zugleich
1. Änderung Bebauungsplan „Am Stadtgraben“ und 1. Änderung Bebauungsplan „Betriebsgelände C.
S…“) der Antragsgegnerin wird hinsichtlich der Teilfläche, die von der Grenze der Flurstücke … und … in
südlicher Richtung dargestellt ist, für unwirksam erklärt.
Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Antragsgegnerin darf die Zwangsvollstreckung
durch Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, wenn nicht der Antragsteller
zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
T a t b e s t a n d
Der Antragsteller wendet sich im Wege der Normenkontrolle gegen den Bebauungsplan
„Altstadtentlastung West“ der Antragsgegnerin, welcher zugleich die 1. Änderung des Teilbereichs „Am
Stadtgraben“ und die 1. Änderung des Teilbereichs „Betriebsgelände C. S…“ beinhaltet.
Der Bebauungsplan wurde am 26. September 2006 als Satzung beschlossen und am 9. November 2006
amtlich bekannt gemacht. Das etwa 1,2 ha große Plangebiet liegt am westlichen Rand von Oppenheim,
südlich der Altstadt in einem zur Westseite zunehmend ansteigenden Gelände. Der Bebauungsplan sieht
im nördlichen Teil des Plangebiets die Schaffung eines Parkplatzes vor. Der Parkplatz soll von Norden her
durch die Straße „Amtsgerichtsplatz“ und von Süden her durch eine geplante Straße erschlossen werden,
die in die G… einmündet. Des Weiteren ist westlich des Parkplatzes die Schaffung eines Wirtschaftsweges
entlang der Parzelle … geplant; der im östlichen Teil des Plangebiets ursprünglich vorhandene
Wirtschaftsweg „Am Stadtgraben“ bleibt nach der Planung von Norden her bis in Höhe der Parzelle …
erhalten und mündet dort in die geplante Erschließungsstraße ein. Nach der Planungskonzeption der
Antragsgegnerin ist vorgesehen, zunächst nur den Parkplatz selbst sowie die nördliche Anbindung fertig
zu stellen. Die südliche Anbindung soll erst in einem zweiten Ausbauschritt erfolgen.
Mit seinem bei Gericht am 20. Februar 2008 eingegangenen Normenkontrollantrag macht der
Antragsteller im Wesentlichen geltend:
Die Festsetzungen des Bebauungsplanes betreffend die südliche Parkplatzzufahrt nähmen Teilflächen
seines Eigentums in Anspruch. Die festgesetzte Verkehrsfläche beanspruche ab der Anbindung an die
W… Straße/G… bis hin zum S… Teile des Gartengrundstücks zum Wohnhaus W…r Straße … (Flurstücke
…) sowie Teilflächen seines Grundstücks W… Straße … (Flur …). Die genaue Höhe der
Inanspruchnahme könne wegen der Ungenauigkeit der Planunterlagen nur geschätzt werden. Inwieweit
das verbleibende Grundstück W… Straße … aufgrund seines langen und gleichzeitig sehr schmalen
Zuschnitts weiterhin genutzt werden könne, sei ihm nicht erklärlich. Mit der Inanspruchnahme der
Grundstücksflächen müssten zudem die das Grundstück umgrenzende Mauer und ein Teil des
Gewölbekellers sowie eine Reihe von alten Bäumen, u.a. einer der ältesten Ginkobäume Deutschlands,
beseitigt werden. Hinsichtlich des Grundstücks W… Straße … müsse für den neu anzulegenden
Kreuzungsbereich nach den Festsetzungen des Bebauungsplans eine Ecke des Hausgrundstücks
geopfert werden. Diese Grundstücksecke sei mit einem Keller be- bzw. unterbaut, der zur W… Straße etwa
1,5 m aus dem Boden herausrage. In diesem Keller sei die zentrale Heizungsanlage für die Gebäude W…
Straße … und … untergebracht. Die fehlende Übereinstimmung mit dem geltenden Bebauungsplan sei
ihm nicht erklärlich; eine Bebauung liege dort schon seit vielen Jahrzehnten vor.
Der Normenkontrollantrag sei schon deshalb begründet, weil der Bebauungsplan hinsichtlich der
südlichen Anbindung nicht erforderlich im Sinne von § 1 Abs. 3 BauGB sei. Der vorliegende
Bebauungsplan treffe Festsetzungen für zwei grundsätzlich selbständig zu verwirklichende Vorhaben.
Zum einen die Errichtung eines Parkplatzes mit dem Ausbau eines bestehenden Zufahrtsweges im
Norden und die Errichtung einer Straße, die den Parkplatz zusätzlich von Süden an das örtliche
Verkehrsnetz anschließe. Es könne jedoch den Planunterlagen keine Auseinandersetzung mit der
Erforderlichkeit einer südlichen Anbindung entnommen werden. Aus diesen ergebe sich lediglich, dass
eine südliche Zufahrt als Ziel bestimmt werde und im Rahmen einer Ausbaustufe möglich sei. Allerdings
gehe aus der Planbegründung hervor, dass die Erschließung des Parkplatzes vom Norden her
ausreichend gesichert sei. Hieraus folge zugleich, dass die südliche Zufahrt städtebaulich nicht
erforderlich sei.
Vor diesem Hintergrund sei anzunehmen, dass im Zusammenhang mit der Errichtung des Parkplatzes
eine andere städtebauliche Konzeption verfolgt werde. Mit der südlichen Anbindung des Parkplatzes und
der Verknüpfung dieser Anbindung mit der nördlichen Zufahrt entstünde ohne weiteres Aufsehen eine seit
Jahrzehnten in der Diskussion stehende und in der vergangenen Flächennutzungsplanung für
erforderlich gehaltene Westumgehung von Oppenheim in einer „kleinen“ Lösung. In den Planunterlagen
erfahre dieser Umstand jedoch keinerlei Behandlung. Diese Vermutung lasse sich jedoch durch Hinweise
in den Verfahrensakten und aus Gesprächen mit der Antragsgegnerin vom 2. März 2007 sowie durch
jüngere Ereignisse und Aussagen nachvollziehbar und schlüssig belegen. Festzustellen sei zunächst
aber, dass durch die südliche Anbindung faktisch eine neue Verbindung zwischen der Kreisstraße K 44
und der Bundesstraße B 9 hergestellt werde, die für die Verkehrsteilnehmer gegenüber der bestehenden
Situation einen merklichen Vorteil biete und von diesen entsprechend künftig genutzt werde.
Aus alledem folge, dass diese Planung „unter falschem Namen“ bzw. „unter falscher Begründung“ nicht
ohne Einfluss auf den Planungsprozess und die Abwägung geblieben sein könne. Ohne Darlegungen
und Aufbereitung tragender Gründe für die Erforderlichkeit der vorliegenden Straßenplanung müsse
aufgrund der beschriebenen Sachlage und Informationen davon ausgegangen werden, dass der
„Platzhalter“ südliche Anbindung gerade nicht in erster Linie, der Parkplatzanbindung diene. Dieser
Fehler wirke sich insbesondere auf der Ebene der Abwägung aus. Denn hierbei sei offensichtlich nicht die
Tragweite des Vorhabens eingebracht, die ihm nach den tatsächlichen Verhältnissen und den versteckten
Planungszielen zugrunde zu legen gewesen wäre. Insofern folge aus diesem Fehler auch ein klarer
Abwägungsausfall, der ohne weitergehende Ermittlungen und Begutachtungen nicht geheilt werden
könne.
Auch aus anderen Gründen ergäben sich Ermittlungsdefizite und Abwägungsfehler. So sei nicht nur die
grundsätzliche Einstufung und Bedeutung der südlichen Parkplatzzufahrt verkannt worden, sondern es
mangele auch an einer näheren Prüfung der unmittelbaren Eigentumsbetroffenheit sowie der
Auswirkungen von Lärm und Luftschadstoffen. Die Antragsgegnerin habe nicht ermittelt, welche
Grundstücksflächen welcher Eigentümer durch die südliche Anbindung betroffen seien und ob bei einer
Planrealisierung eintretende Eigentums- und Wertverluste nicht durch eine anderweitige Planung hätten
vermieden werden können. Des Weiteren unterliege die Planung dem Fehler, dass für die südliche
Anbindung angesichts der Eigentumsbetroffenheit des Antragstellers keine Prüfung alternativer
Trassenführungen stattgefunden habe, was aber Grundlage einer sachgerechten
Abwägungsentscheidung sei. Schließlich ergebe sich ein Ermittlungsdefizit auch aus der nicht
hinreichenden Überprüfung der Lärm und Luftschadstoffbelastung. Das vorgelegte Gutachten ermittle und
beurteile zwar die Schalleinwirkung des Parkplatzes und seiner Zufahrten in der Nachbarschaft. Für eine
fehlerfreie Abwägung sei es jedoch erforderlich, dass ein Vergleich mit dem Ist-Zustand stattfinde, um die
Beeinträchtigungen durch die erhebliche Lärmzunahme einordnen zu können.
Der Antragsteller beantragt,
die Festsetzung des Bebauungsplans „Altstadtentlastung West“ der Antragsgegnerin vom 6.
November 2006 i.S. des § 9 Abs. 1 Nr. 11 BauGB betreffend die südliche Anbindungsstraße über den
S… an die W…Straße/… für unwirksam zu erklären.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Sie tritt den Ausführungen des Antragstellers umfassend entgegen und macht im Wesentlichen geltend,
dass es sich tatsächlich nicht um eine Planung der Westumgehung Oppenheims unter falschem Namen
handele, sondern darum, den geeigneten Standort eines notwendigen Parkplatzes zu finden, der
zwangsläufig auch verkehrsmäßig angebunden werden musste. Insofern habe die Antragsgegnerin
hinsichtlich der Geeignetheit der Trassenführungen auf die Diskussionen und Überlegungen in der
Vergangenheit im Zusammenhang mit einer eventuellen Westumgehung zurückgreifen können. Die
verschiedenen möglichen Trassenanbindungen seien etwa auch bei der Bürgerbeteiligung am 16.
Februar 2006 ausführlich erörtert worden, was durch einen Aktenvermerk belegt werde.
Entscheidend sei für die Planerforderlichkeit, dass die Bauleitplanung in der vorliegenden Form durch
städtebauliche Gründe gerechtfertigt sei. Dies sei unabhängig davon der Fall, ob neben der
Parkplatzanbindung noch weitere städtebauliche Zielsetzungen mit der konkreten Trassenführung
verbunden würden. Es könne der Antragsgegnerin in diesem Zusammenhang nicht zum Vorwurf gemacht
werden, dass sie nach Lösung der planerischen Aufgabe Parkplatzerrichtung und -anbindung nun darum
bemüht sei, die Planung dergestalt zu optimieren, dass sie eine Brücke zu einer eventuellen
Kreisstraßenführung schlage, um hier Fördermittel für die Realisierung des streitgegenständlichen
Bebauungsplans zu aktivieren.
Die Antragsgegnerin sei sich selbstverständlich bewusst gewesen, dass die Realisierung der
festgesetzten Anbindungsstraße aus südlicher Richtung zu Grundstücksinanspruchnahmen führen werde.
Dementsprechend werde auch in der Verfahrensakte im Rahmen der Stellungnahmen auf die
erforderliche „Durchführung des Grunderwerbs“ hingewiesen. Hinsichtlich des Antragstellers finde auch
eine Grundstücksinanspruchnahme im überschaubaren Maße statt.
Die vorgesehene Trassenführung im Rahmen der südlichen Anbindung sei im Übrigen alternativlos
gewesen. Eventuelle Fehler bei der Ermittlung der privaten Belange oder im Abwägungsvorgang seien
daher von vornherein gemäß § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 3 Satz 2 BauGB unbeachtlich gewesen. Die
Alternativlosigkeit ergebe sich aus dem geringen Grundstücksbedarf (1.200 qm) und den relativ geringen
Gesamtkosten von 400.000 bis 500.000 €. Zudem lasse sich die Erforderlichkeit der
Flächenbeanspruchung aus Ziffer 4.3.2. der Begründung zum Bebauungsplan entnehmen. Schließlich sei
auch die Lärmproblematik gründlich behandelt worden, wie sich aus dem schalltechnischen Gutachten
des Sachverständigen M… vom 21. November 2005 und dessen Schreiben vom 30. Juni 2006
entnehmen lasse.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der
Gerichtsakten, die beigezogenen Planaufstellungsunterlagen der Antragsgegnerin (1 Ordner) sowie die
Gerichtsakten des Verfahrens 1 C 10081/07.OVG. Diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen
Verhandlung.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
Der Normenkontrollantrag ist zulässig und begründet.
Der gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO statthafte sowie unter Einhaltung der hier noch maßgeblichen 2-
Jahres-Frist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO (BGBl. I 1996, 1626) gestellte Normenkontrollantrag ist auch
ansonsten zulässig. Die Antragsbefugnis (§ 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO) des Antragstellers folgt bereits aus
der Belegenheit seiner Grundstücke (Flurstücke ….) im Geltungsbereich der streitgegenständlichen
Satzung und den sich im Falle deren Gültigkeit hieraus für ihn als Eigentümer ergebenden negativen
Rechtsfolgen. Da diese nach wie vor Planungsgegenstand sind, steht dem Antragsteller zugleich ein
Rechtsschutzinteresse für die begehrte Ungültigerklärung der Vorschrift zu (vgl. BVerwG Beschluss vom
07.03.2002, NVwZ 2002, 869).
Der Antragsteller hat die hier zur Entscheidung gestellte Verletzung von Vorschriften auch rechtzeitig unter
Beachtung der gemäß § 215 Abs. 1 Nr. 1 BauGB a.F. maßgeblichen Frist von 2 Jahren seit
Bekanntmachung des Bebauungsplans geltend gemacht. Die zum 1. Januar 2007 in Kraft getretene
Verkürzung der Antragsfrist (BGBl. I 2006, 3316) greift schon ungeachtet der Frage eines wirksamen
Hinweises gemäß § 215 Abs. 2 BauGB nicht ein, weil der hier streitgegenständliche Bebauungsplan
bereits am 9. November 2006 in Kraft getreten ist.
Der Normenkontrollantrag hat auch in der Sache Erfolg.
Die Unwirksamkeit des Bebauungsplans folgt nicht bereits aus einer fehlenden städtebaulichen
Erforderlichkeit im Sinne von § 1 Abs. 3 BauGB.
Nach § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB haben die Gemeinden die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es
für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist. Ob ein Bauleitplan erforderlich ist, richtet
sich nach der planerischen Konzeption der Gemeinde, der insoweit ein weites Planungsermessen
zukommt, innerhalb dessen sie ermächtigt ist, eine „Städtebaupolitik“ entsprechend ihren städtebaulichen
Vorstellungen zu betreiben (vgl. BVerwG, Beschluss vom 11.05.1999, NVwZ 1999, 1338). Dies bedeutet,
dass die Gemeinde dann planungsbefugt ist, wenn sie hierfür hinreichend gewichtige städtebauliche
allgemeine Belange ins Feld führen kann. Lediglich dann, wenn es einer Bauleitplanung völlig an
positiven Planungszielen fehlt (reine Negativplanung) oder wenn mit der Bauleitplanung keinerlei
städtebauliche Ziele verfolgt werden, fehlt es an der Erforderlichkeit.
Nach Maßgabe dieser Grundsätze kann dieses Merkmal nicht mit Erfolg in Frage gestellt werden. Zwar
erscheint es auch möglich, den Parkplatz allein mit einer nördlichen Anbindung zu errichten; das
Planungsermessen der Gemeinde ist jedoch nicht dadurch überschritten, dass eine zweite Anbindung von
Süden geplant wird.
Die fehlende Erforderlichkeit ergibt sich auch nicht aus dem Vorwurf, es handele sich um eine „Planung
unter falschem Namen“. Der Bebauungsplan zielt schon von seiner Bezeichnung auf die Entlastung der
Altstadt, was eine zulässige städtebauliche Zielsetzung darstellt. Die daraus resultierende planerische
Konzeption ist Bestandteil der gemeindlichen Planungshoheit und damit nicht bloße Rechtsanwendung.
Die hierbei zu beachtenden Ermessensgrenzen wurden vorliegend eingehalten (vgl.
Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Stand: Februar 2008, § 1 BauGB Rn. 30, m.w.N.).
Im Verfahren 1 C 10081/07.OVG hat der Senat zur städtebaulichen Erforderlichkeit des Bebauungsplans
bereits ausgeführt, dass die Antragstellerin mit dem Argument fehlender Parkplätze im Bereich der
Oppenheimer Altstadt hinreichend gewichtige städtebauliche Belange ins Feld geführt habe, denn die
Bewältigung des ruhenden Verkehrs sei im Rahmen einer geordneten städtebaulichen Entwicklung und
Ordnung erforderlich. Einer Legitimation durch eine akute Bedarfslage bedürfe es insoweit nicht (unter
Hinweis auf OVG RP, Urteil vom 04.07.2006, ZfBR 2007, 57).
Vor diesem Hintergrund kann auch die Planerforderlichkeit einer zweiten Anbindung dieses Parkplatzes
angenommen werden; dabei kommt es nicht darauf an, ob eine unabweisbare Notwendigkeit dieser
Erschließung besteht, sondern ob sich die Antragsgegnerin im Rahmen ihres planerischen Ermessens
betätigt hat. Dies ist vorliegend der Fall, zumal in der Rechtsprechung geklärt ist, dass § 1 Abs. 3 BauGB
den Gemeinden sogar die Möglichkeit eröffnet, im Rahmen der Selbstverwaltung das
Festsetzungsinstrumentarium des § 9 BauGB für eine eigene "Verkehrspolitik" zu nutzen (vgl. BVerwG,
Beschluss vom 15.08.2007, juris Rn. 7; Urteil vom 28.01.1999; NVwZ 1999, 1222). Daher stünde die
Erforderlichkeit einer südlichen Anbindung des Parkplatzes selbst dann nicht in Frage, wenn tatsächlich
damit (auch) die Grundlage einer künftigen Westumgehung gelegt worden sein sollte. Allerdings kann
sich eine unzureichende Berücksichtigung eines solchen tragenden Gesichtspunktes auf der Ebene der
Ermittlungs- und Abwägungspflichten nachteilig zu Lasten der planenden Gemeinde auswirken.
Etwas anderes würde allerdings dann gelten, wenn die vorgenommene konkrete Planung einer
Südanbindung über die Kreuzung W… Straße/… von vornherein nicht darauf angelegt gewesen sein
sollte, in noch absehbarer Zeit realisiert zu werden. Nicht erforderlich in diesem Sinn und damit unzulässig
ist ein Bebauungsplan, der aus zwingenden rechtlichen Gründen vollzugsunfähig ist oder der auf
unabsehbare Zeit aus tatsächlichen Gründen keine Aussicht auf Verwirklichung bietet (BVerwG,
Beschlüsse vom 08.09.1999, ZfBR 2000, 275 und vom 11.05.1999, NVwZ 1999, 1338 m.w.N). Dies ist
dann anzunehmen, wenn keinerlei Anhaltspunkte für eine Realisierung der Planung gegeben sind (vgl.
VGH BW, Urteil vom 07.12.1998, VBlBW 1999, 174) bzw. wenn von Anfang an feststeht, dass mit der
Verwirklichung des Bebauungsplans oder einzelner Festsetzungen aus tatsächlichen oder rechtlichen
Gründen auf absehbare Zeit nicht gerechnet werden kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 06.05.1993, BauR
1993, 688 m.w.N.). Das Merkmal der Erforderlichkeit schließt es zudem aus, dass sich die planende
Gemeinde durch einen Bebauungsplan die konkrete Entscheidung für einen völlig unbestimmten
Zeitraum offen hält (VGH BW, Urteil vom 14.11.2001, NuR 2002, 747; Nds
OVG, Urteil vom 15.03.2001,
ZfBR 2001, 485
).
Zwar haben die Beteiligten beachtliche Anhaltspunkte dafür vorgetragen, dass der Plan künftig erneut
geändert werden könnte, da die Frage der Realisierung und Finanzierung des Straßenbauvorhabens
einer fortlaufenden politischen Diskussion im Hinblick auf die nach wie vor in Betracht gezogene
Westumgehung Oppenheims unterworfen sei. Dies stellt letztlich aber die Erforderlichkeit der
vorliegenden Bebauungsplanung nicht in Frage, da sie für sich genommen eine zweite Anbindung des
Parkplatzes ermöglicht und diese im Hinblick auf die anzunehmenden Verkehrsströme nicht
bedeutungslos ist. Es ist zur Überzeugung des Senats auf der Grundlage der mündlichen Verhandlung
sowie der vorgelegten Akten auch durchaus nicht ausgeschlossen, dass von der beschriebenen Planung
in absehbarer Zeit Gebrauch gemacht werden soll, wenngleich dies von einigen Unwägbarkeiten
abhängen mag. Die dargestellten Realisierungsvorbehalte vermögen aber noch nicht das Merkmal der
Planerforderlichkeit als solches in Frage stellen.
Der Bebauungsplan der Antragsgegnerin verstößt auch nicht gegen die Vorschrift des § 1 Abs. 4 BauGB,
wonach die Bauleitpläne den Zielen der Raumordnung anzupassen sind. Auch liegt zumindest unter
Anwendung des § 214 Abs. 2 Nr. 2 BauGB kein beachtlicher Verstoß gegen das Entwicklungsgebot des §
8 Abs. 2 Satz 1 BauGB vor. Dies hat der Senat ebenfalls bereits in seinem Urteil vom 17. Juli 2007
entschieden (1 C 10081/07.OVG). Da im hiesigen Verfahren keine Anhaltspunkte für eine abweichende
Beurteilung vorgetragen wurden, kann auch insofern auf die dortigen Ausführungen verwiesen werden.
Allerdings ist vorliegend ein Verstoß gegen das Gebot der Ermittlung und zutreffenden Bewertung der
abwägungsbeachtlichen Belange nach Maßgabe des § 2 Abs. 3 BauGB gegeben. Dieses nunmehr als
Verfahrensnorm ausgestaltete Gebot tritt selbständig vor die (inhaltlichen) Anforderungen an die
verhältnismäßige Gewichtung und den gerechten Ausgleich der konkurrierenden Belange gemäß
§ 1 Abs.
7 BauGB
(vgl. auch OVG RP, Urteil vom 18.06.2008, 8 C 10128/08). Aus der Auswertung der
Verfahrensakten ergibt sich im Ergebnis mit hinreichender Deutlichkeit, dass eine die Voraussetzungen
des § 2 Abs. 3 BauGB erfüllende Prüfung der Planung der südlichen Anbindung des Parkplatzes insoweit
nicht stattgefunden hat, als es um die in diesem Verfahren in Frage stehenden schützenswerten
Positionen des Antragstellers geht.
Voraussetzung einer ordnungsgemäßen Abwägung ist zunächst, dass die Belange nach Maßgabe des §
2 Abs. 3 BauGB ermittelt und eingestellt worden sind. Inhaltlich entspricht die Vorschrift der bisherigen
sich aus dem Abwägungsgebot ergebenden Rechtslage, nach der die Berücksichtigung aller
bedeutsamen Belange in der Abwägung zunächst deren ordnungsgemäße Ermittlung und zutreffende
Bewertung voraussetzt (BVerwG, Urteil vom 09.04.2008, DVBl 2008, 859 unter Hinweis auf den
Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Drs. 15/2250 S. 42). Die Bewertung nach dieser Vorschrift
bedeutet daher vor dem Hintergrund einer noch vorzunehmenden Abwägungsentscheidung die
Feststellung des jeweiligen Gewichts der abwägungserheblichen Belange. Daher sind Art und Ausmaß
des Berührtseins des Belangs durch die betreffende Bauleitplanung sowie das Gewicht des jeweiligen
Belangs im Verhältnis zu seiner Betroffenheit zu ermitteln und zu bewerten.
Ebenso wie dem Abwägungsgebot aus § 1 Abs. 7 BauGB kommt damit bereits den vorgelagerten
Ermittlungs- und Bewertungspflichten nach § 2 Abs. 3 BauGB besondere Bedeutung im Rahmen der
inhaltsbestimmenden Funktion der Bauleitplanung i.S. des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 GG zu.
Auszugehen ist davon, dass der Bebauungsplan unmittelbar das Eigentum gestaltet, indem er die
Zulässigkeit der baulichen und sonstigen Nutzung auf den Grundstücken regelt. Der Bebauungsplan
verleiht dem Eigentum im Rahmen des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG eine neue Qualität (BVerfG, Beschluss
vom 14.05.1985, 2 BvR 397.82; Urteil vom 01.01.1974, NJW 1975, 841; Ernst/Zinkahn/Bielenberg, Stand:
Februar 2008, § 1 Rn. 207).
Die Anforderungen des Art. 14 GG an eine zulässige Inhaltsbestimmung des Eigentums werden in der
Bauleitplanung regelmäßig durch das Abwägungsgebot erfüllt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 30.11.1988,
DVBl 1989, 352-356). Hiernach muss und kann das Abwägungsgebot der grundgesetzlich
gewährleisteten Rechtsstellung des Eigentümers und den Anforderungen an eine sozialgerechte
Eigentumsordnung einerseits und den öffentlichen Belangen andererseits grundsätzlich wie auch konkret
entsprechen. Dabei müssen die städtebaulich beachtlichen Allgemeinbelange umso gewichtiger sein, je
stärker Festsetzungen eines Bebauungsplans die Befugnisse des Eigentümers einschränken oder gar
Grundstücke von der Privatnützigkeit gänzlich ausschließen (BVerwG, Beschluss vom 18.12.1987,
NVwZ 1988, 728).
Dies bedeutet auf der Ebene der vorgelagerten Pflichten nach § 2 Abs. 3 BauGB, dass die planende
Gemeinde vor Erlass eines Bebauungsplans die Betroffenheit von Eigentümern, deren Flächen für
übergeordnete Erschließungsanlagen in Anspruch genommen werden sollen, umfassend und gründlich
zu ermitteln und zu bewerten hat. Dies betrifft zunächst den Umfang und die Verteilung der
Flächeninanspruchnahme, sodann die Auswirkungen auf den Zuschnitt und die Nutzung der
verbleibenden Grundstücke sowie deren etwaige Wertminderungen. Darüber hinaus bleibt zu prüfen,
welche baulichen Veränderungen (z.B. Rückbauten) und sonstigen Maßnahmen auf den betroffenen
Grundstücken erforderlich wären und welche Ausgleichsmaßnahmen gegebenenfalls hieraus resultieren
könnten. Die Notwendigkeit künftiger Enteignungen ist bei der Ermittlung ebenso in den Blick zu nehmen
wie die Auswirkungen veränderter Verkehrsführungen auf die betroffenen Anlieger.
Aus dem vorliegenden Inhalt des Planverfahrens lässt sich indessen nicht entnehmen, dass die
Bedeutung der konkreten Trassenführung für die südliche Anbindung des Parkplatzes im Hinblick auf die
Eigentumsbetroffenheit des Klägers hinreichend ermittelt worden wäre, was sich aus den nachfolgenden
Ausführungen ergibt:
So finden sich zwar in dem Protokoll der Stadtratsitzung vom 14. Dezember 2005 Hinweise für den
Flächenbedarf des Parkplatzes und der Anbindungsstraße sowie eine Untersuchung zu alternativen
Standorten. Diese Standortuntersuchung bezieht sich allerdings offensichtlich nur auf die Alternativen
hinsichtlich der Parkplatzausweisung als solcher, nicht jedoch auf die straßenmäßige Anbindung (vgl. Bl.
32 ff. der Verwaltungsakten − VA −). Dementsprechend wird auch auf der Planzeichnung (Bl. 36 VA)
bereits die südliche Anbindung über das Grundstück des Antragstellers ausgewiesen, ohne dass der
konkrete Flächenbedarf zuvor nachvollziehbar geprüft worden wäre. Allerdings wurde im
Sachstandsbericht vom 20. November 2005 (Bl. 43 ff. VA) auf die erforderliche Änderung des
rechtskräftigen Bebauungsplans „Betriebsgelände Carl S…“ hingewiesen. In der Stadtratsitzung vom 14.
Dezember 2005 (Bl. 39 VA) wurden sodann das Bodengutachten und der aktuelle Stand des Verfahrens
erörtert; die Bürgerbeteiligung wurde beschlossen sowie die künftige Umbenennung des
Bebauungsplans in „Altstadtentlastung West“.
Am 13. Februar 2006 erfolgte die Offenlegung des Vorentwurfs des Bebauungsplans mit Umweltbericht
und dem landespflegerischen Beitrag (Bl. 280 f. VA). Unter 4.2 des Vorentwurfs finden sich Ausführungen
zur Untersuchung alternativer Standorte, die wiederum nur das Parkplatzkonzept als solches, nicht jedoch
die südliche Anbindungsstraße betreffen. Unter 4.3.2 wird sodann unter dem Punkt
„Verkehrserschließung“ ausführt, dass ein zweistufiger Ausbau vorgesehen sei und eine Erschließung des
Parkplatzes von Norden über die vorhandene Zufahrt am Amtsgerichtsplatz sowie eine Erschließung des
Parkplatzes von Süden über eine neue Anbindungsstraße im Bereich des Weges am Stadtgraben mit
Anbindung an die Gartenstraße/Wormser Straße geplant sei. Aus der geplanten Straßenbreite (6,70 m)
und der Ermöglichung eines Begegnungsfalles Bus/Bus lassen sich allenfalls Rückschlüsse auf den
geplanten Zuschnitt der Straße, nicht jedoch auf die konkrete Eigentumsinanspruchnahme des
Antragstellers ziehen. Entsprechendes gilt für das weitere Planverfahren.
Eine hinreichende Prüfung der Eigentumsbetroffenheit des Antragstellers lässt sich auch nicht aus den
von der Antragsgegnerin in Bezug genommen Unterlagen herleiten: Zwar ist zutreffend, dass ausweislich
des Protokolls der Ausschusssitzung am 15. Februar 2005 ein Alternativvorschlag der CDU-Fraktion
betreffend die Trassenführung besprochen und eine Ortsbegehung vereinbart wurde. Daraus folgt jedoch
nur, dass eine alternative Straßenführung diskutiert, nicht jedoch, dass auch die konkrete Betroffenheit des
Klägers eingehend ermittelt und geprüft wurde. Gleiches gilt für die Durchführung der Bürgerbeteiligung
gemäß § 3 Abs. 1 BauGB, in deren Verlauf Bedenken gegen die Trassenführungen über „die Ecke S…“
geäußert wurden. Dass hierauf keine eingehende Prüfung der Betroffenheit des Antragstellers erfolgt ist,
ergibt sich schon daraus, dass die Diskussion im Hinblick auf die nicht auf der Tagesordnung stehende
Westumgehung sogleich beendet worden ist.
Das Schreiben an den Eigentümer des Flurstücks 188/7 vom 13. Juli 2005 deutet zwar ebenfalls darauf
hin, dass andere Trassenvarianten in Erwägung gezogen wurden. Nach der Ablehnung eines
Eigentumserwerbs durch den Eigentümer wurde jedoch offenbar ohne weitere Prüfung die
Trassenführung über das Grundstück des Antragsgegners als Planungsziel verfolgt. Schließlich lassen
sich weder aus dem Vergleich der „kleinen Lösung“ mit der „großen Lösung“ im Sinne einer
Westumgehung Oppenheims in dem Vermerk vom 23. September 2007 noch aus der ergänzenden
Stellungnahme des Sachverständigen M… vom 7. März 2008 hinreichende Anhaltpunkte dafür
entnehmen, dass die Schwierigkeiten einer Trassenführung über die Ecke W… Straße/… im Hinblick auf
den Umfang der Flächeninanspruchnahme und die dort befindlichen baulichen Anlagen geprüft worden
seien.
Lässt sich demnach eine nähere quantifizierte und qualifizierte Betrachtung der überplanten
Fremdeigentumsflächen hinsichtlich der Südanbindung den Planunterlagen nicht entnehmen, so hat der
Antragsteller insbesondere in seinem Schriftsatz vom 12. Juni 2008 umfassend dargestellt, in welcher
Weise er durch die künftige Planung betroffen sein kann und dass die Inanspruchnahme seiner Flächen
zu teilweise gravierenden Einschnitten auf den vorhandenen Grundstücken führe. Dies betreffe sowohl
die Nutzbarkeit der Grundstücke als solche, wie auch die Struktur durch gewachsene Gärten sowie
bauliche Anlagen auf den Grundstücken selbst. Insbesondere die Eckbebauung Wormser Straße 61 zum
Sackträgerweg habe eine besondere Bedeutung im Hinblick auf die dort vorhandene Heizungsanlage für
die Wohnungen der Straße … und … Diese Anlage befände sich auch bereits seit vielen Jahrzehnten
dort, sodass insofern ein Bestandsschutz anzunehmen sei. Der Antragssteller hat ferner dargelegt, dass
durch die in Aussicht genommene Planung einfriedende Mauern, Holzzäune, Betonsockel sowie eine
Treppenanlage in den genannten Grundstücken betroffen sein können. Eine diesbezügliche Ermittlung
und Bewertung lässt das Bauleitverfahren vermissen.
Nach alledem ist festzuhalten, dass die von dem Antragsteller im Verfahren umfassend dargelegten
eigentumsrechtlichen Belange im Verfahren nicht nach Maßgabe des § 2 Abs. 3 BauGB hinreichend
ermittelt und infolge dessen eine sachgerechte Abwägung i.S. von § 1 Abs. 7 BauGB auf dieser Grundlage
bereits nicht mehr denkbar war (vgl. Ernst/Zinkahn/Bielenberg, Stand: Februar 2008, § 1 Rn. 141). Das in
§ 1 Abs. 7 BauGB normierte Abwägungsgebot wäre nach ständiger Rechtsprechung dann verletzt, wenn
entweder eine (sachgerechte) Abwägung überhaupt nicht stattfindet, wenn in die Abwägung an Belangen
nicht eingestellt wird, was nach Lage der Dinge eingestellt werden muss, wenn die Bedeutung der
betroffenen privaten Belange verkannt wird oder wenn der Ausgleich zwischen den von der Planung
berührten öffentlichen Belangen in einer Weise vorgenommen wird, der zur objektiven Gewichtigkeit
einzelner Belange außer Verhältnis steht (vgl. BVerwG, Urteile vom 12.12.1969, BVerwGE 34, 301, 309 ff.,
und vom 05.01.1974, BVerwGE 45, 315). Diese Grundsätze wurden durch die Neufassung des
§ 2 Abs. 3
BauGB
nicht berührt, denn
die
Vorschrift stellt keine neuen Anforderungen an das Verfahren bei
Aufstellung eines Bebauungsplans. Inhaltlich entspricht sie der bisherigen sich aus dem Abwägungsgebot
ergebenden Rechtslage, nach der die Berücksichtigung aller bedeutsamen Belange in der Abwägung
zunächst deren ordnungsgemäße Ermittlung und zutreffende Bewertung voraussetzt (BVerwG, Urteil vom
09.04.2008, DVBl 2008, 859).
Die unzureichende Prüfung der Betroffenheit des Antragstellers hat auch Auswirkungen auf eine
sachgerechte Einbeziehung möglicher Alternativlösungen, die nach der gesetzlichen Konzeption schon
im Rahmen der Beteiligung der Öffentlichkeit zum Tragen kommen sollen. Gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1
BauGB ist die Öffentlichkeit möglichst frühzeitig über die allgemeinen Ziele und Zwecke der Planung, sich
wesentlich unterscheidende Lösungen, die für die Neugestaltung oder Entwicklung eines Gebiets in
Betracht kommen, und die voraussichtlichen Auswirkungen der Planung öffentlich zu unterrichten.
In diesem Zusammenhang soll die Voraussetzung "in Betracht kommen" nach § 3 Abs. 1 Satz 1 BauGB
dazu dienen, die unter den tatsächlichen Gegebenheiten bestmögliche Lösung für die städtebauliche
Entwicklung und Ordnung zu finden. Dies gilt nicht nur für das Aufzeigen von Alternativen bei der
frühzeitigen Bürgerbeteiligung, sondern auch für die planerische Abwägung. In Betracht kommen
Alternativen, die aus der Sicht der planenden Gemeinde als real mögliche Lösungen ernsthaft zu erwägen
sind (BVerwG, Beschluss vom 28.08.1987, NVwZ 1988, 351). Eine an den realen Gegebenheiten
orientierte Alternativprüfung setzt aber wiederum eine hinreichende Ermittlung und Bewertung des
planungserheblichen Tatsachenmaterials voraus.
Nach Maßgabe dieser Grundsätze vermögen die Rechtfertigungsansätze der Antragsgegnerin nicht
überzeugen. Der Antragsteller hat umfassend dargestellt, dass durchaus verschiedene Anbindungen des
Parkplatzes über Süden denkbar sind. Die dem entgegen gesetzte absolute „Alternativlosigkeit“ erschließt
sich dem Senat in dieser Form nicht, zumal die Antragsgegnerin entsprechend ihren eigenen Angaben
nach wie vor die Optimierung der Trassenführung prüft, um etwa eine größere Verkehrsentlastung zu
erreichen und Fördermittel zu erlangen. Auch wurden seitens der Antragsgegnerin durchaus Alternativen
in Betracht gezogen, wie etwa das Verhandlungsangebot an den Eigentümer des Flurstücks … vom 13.
Juli 2005 belegt. Es fehlt jedoch die konkrete Ermittlung des Umfangs und des Grades der Betroffenheit
der Anlieger bei der gewählten und den bereits im Vorfeld verworfenen Alternativen einer Trassenführung.
Aus alledem wird deutlich, dass die grundrechtlich geschützten Interessen des Antragstellers im
Planungsverfahren nicht hinreichend ermittelt und bewertet worden sind, so dass bereits die Grundlage
für eine sachgerechte Abwägungsentscheidung zum Zeitpunkt der maßgeblichen Beschlussfassungen
nicht vorgelegen haben konnte. Dieser Verstoß gegen das Ermittlungsgebot des § 2 Abs. 3 BauGB ist
auch unter Anwendung der Planerhaltungsvorschriften beachtlich, was vorliegend nach § 214 Abs. 1 Satz
1 Nr. 1 BauGB zu beurteilen ist. Nach dieser Vorschrift ist eine Verletzung von Verfahrens- und
Formvorschriften des Baugesetzbuchs für die Rechtswirksamkeit der Satzungen nach dem
Baugesetzbuch nur beachtlich, wenn entgegen § 2 Abs. 3 BauGB die von der Planung berührten Belange,
die der Gemeinde bekannt waren oder hätten bekannt sein müssen, in wesentlichen Punkten nicht
zutreffend ermittelt oder bewertet worden sind und wenn der Mangel offensichtlich und auf das Ergebnis
des Verfahrens von Einfluss gewesen ist.
Wesentlich im Sinne des § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB sind Mängel bei der Sammlung und
Aufbereitung des Abwägungsmaterials bereits dann, wenn diese Punkte in der konkreten
Planungssituation abwägungsbeachtlich waren. Ein solcher Mangel ist beachtlich, wenn er offensichtlich
und auf das Ergebnis von Einfluss gewesen ist. Letzteres ist der Fall, wenn nach den Umständen des
jeweiligen Falles die konkrete Möglichkeit besteht, dass ohne den Mangel im Vorgang die Planung
anders ausgefallen wäre; eine solche konkrete Möglichkeit besteht immer dann, wenn sich anhand der
Planunterlagen oder sonst erkennbarer oder naheliegender Umstände die Möglichkeit abzeichnet, dass
der Mangel im Abwägungsvorgang von Einfluss auf das Abwägungsergebnis gewesen sein kann
(BVerwG, Urteil vom 09.04.2008, DVBl 2008, 859; Beschluss vom 20.01.1992, BRS 54 Nr. 18). Besteht bei
einem offensichtlichen Mangel hiernach die konkrete Möglichkeit, dass die Gemeinde, wenn sie den
abwägungsbeachtlichen Belang zutreffend ermittelt und bewertet hätte, im Ergebnis anders geplant hätte,
ist der Mangel für die Wirksamkeit des Plans beachtlich.
Die fehlende Ermittlung der Eigentumsbetroffenheit des Antragstellers ist vorliegend für die Abwägung
von Bedeutung und daher auch wesentlich. Dieser Mangel ist auch beachtlich, da nicht auszuschließen
ist, dass der Mangel im Abwägungsvorgang von Einfluss auf das Abwägungsergebnis gewesen sein
kann. So erscheinen etwa weder die Trassenführung über das Flurstück …, noch die in Anlage 4 der
Antragsgegnerin aufgeführte „Alternative 2“ über Flurstück … und andere Parzellen von vornherein als
völlig ausgeschlossen. Zwar mag es sein, dass auf den ersten Blick erhöhte Kosten eine solche
Trassenführung unattraktiver gemacht hätten. Andererseits ist im Hinblick auf die fehlende
Flächenbedarfsanalyse und die nicht hinreichend fundierte Kostenkalkulation nicht auszuschließen, dass
sich im Laufe des Ermittlungs- und Planverfahrens andere Möglichkeiten der Straßenführung ergeben
hätten. Die Antragsgegnerin hat sich vielmehr zu einem sehr frühen Zeitpunkt auf eine Trassenführung
festgelegt, ohne mit dem betroffenen Grundstückseigentümer den Flächenbedarf zu erörtern und seine
Betroffenheit zu ermitteln. Die von dem Antragsteller im Schriftsatz vom 12. Juni 2008 aufgeführten
Gesichtspunkte hätten daher bereits im Planverfahren ermittelt und – auch im Hinblick auf etwaige Kosten
der Realisierung – bewertet werden können. Dies gilt sowohl für die überbaute Ecke des Grundstücks
W… Str…. als auch für die übrigen betroffenen Flächen des Antragstellers. Eine solche
Auseinandersetzung lässt sich den Planunterlagen nicht im Ansatz entnehmen. Sie konnte auch nicht
durch die schriftsätzlichen Erläuterungen im gerichtlichen Verfahren nachgeholt werden.
Die unvollständige Ermittlung und Bewertung führt indessen nur insofern zur Unwirksamkeit des
Bebauungsplans als die südliche Anbindung des Parkplatzes betroffen ist. Mängel, die einzelnen
Festsetzungen eines Bebauungsplans anhaften, führen dann nicht zu dessen Unwirksamkeit, wenn die
übrigen Regelungen, Maßnahmen oder Festsetzungen, für sich betrachtet, noch eine sinnvolle
städtebauliche Ordnung im Sinne des
§ 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB
bewirken können und wenn die Gemeinde
nach ihrem im Planungsverfahren zum Ausdruck gekommenen Willen im Zweifel auch eine Satzung
dieses eingeschränkten Inhalts beschlossen hätte (BVerwG, Beschluss vom 22.01.2008, juris Rn. 8
m.w.N.).
Vorliegend ist davon auszugehen, dass die Antragsgegnerin auch ohne die (vorläufige) Realisierung
einer Südanbindung den Parkplatz allein mit einer nördlichen Anbindung geplant und gebaut hätte. Dies
ergibt sich ohne weiteres schon daraus, dass für die Realisierung tatsächlich ein zweistufiger Ausbau
vorgesehen ist (Bl. 284 VA u.a.) und offenbar auch durchgeführt wird. Insbesondere war auch in der ersten
Phase der Planung eine südliche Anbindung des Parkplatzes nicht vorgesehen; vielmehr begnügte sich
die Antragsgegnerin in ihren ersten Entwürfen mit der Anbindung über den Amtsgerichtsplatz.
Dementsprechend trug der Bebauungsplanentwurf zu diesem frühen Planungszeitpunkt auch noch die
Bezeichnung „S….parkplatz“ (vgl. den Planentwurf Bl. 28 VA). Die Teilbarkeit ergibt sich ferner daraus,
dass die Frage der südlichen Anbindung im Zusammenhang mit einer künftigen Westumgehung nach wie
vor einem politischen und fachlichen Diskurs unterliegt und es daher nicht auszuschließen ist, dass nach
einem erneuten Planverfahren, eine andere Trassenführung beschlossen werden wird. Zudem steht nach
wie vor die Inanspruchnahme öffentlicher Mittel für eine Anbindung der Kreisstraße K 4 an die
Bundesstraße B 9 im Raume. All dies macht deutlich, dass die Antragsgegnerin den Parkplatz in der hier
realisierten Form auch dann geplant hätte, wenn sie von der Fehlerhaftigkeit der südlichen Teilplanung
ausgegangen wäre. Der Senat konnte sich daher auf eine teilweise Unwirksamkeitserklärung des
Bebauungsplans beschränken. Die dabei gezogene Grenzlinie erscheint im Hinblick auf den
einmündenden Wirtschaftsweg im Bereich der nördlich dieser Linie angrenzenden Parzellen (Flurstücke
… und …) sachgerecht, um der Antragsgegnerin den größtmöglichen Planungsspielraum zu belassen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten folgt aus § 167
VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Die Revision wird nicht zugelassen, weil Gründe der in § 132 Abs. 2 VwGO bezeichneten Art nicht
vorliegen.
Rechtsmittelbelehrung
Die Nichtzulassung der Revision kann durch
Beschwerde
werden.
Die Beschwerde ist
innerhalb eines Monats
Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz
elektronischer Form einzulegen. Sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
Die Beschwerde ist
innerhalb von zwei Monaten
Begründung ist ebenfalls bei dem
Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz
elektronischer Form einzureichen. In der Begründung muss die grundsätzliche Bedeutung der
Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen
Senates der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts, von der das Urteil
abweicht, oder ein Verfahrensmangel, auf dem das Urteil beruhen kann, bezeichnet werden.
Die elektronische Form wird durch eine qualifiziert signierte Datei gewahrt, die nach den Maßgaben der
Landesverordnung über den elektronischen Rechtsverkehr mit den öffentlich-rechtlichen
Fachgerichtsbarkeiten vom 9. Januar 2008 (GVBl. S. 33) zu übermitteln ist.
Die Einlegung und die Begründung der Beschwerde müssen durch einen Rechtsanwalt oder einen
Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule im Sinne des Hochschulrahmengesetzes mit Befähigung
zum Richteramt als Prozessbevollmächtigten erfolgen. Behörden und juristische Personen des
öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten
Zusammenschlüsse können sich auch durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder
durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des
öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten
Zusammenschlüsse vertreten lassen.
gez. Zimmer gez. Kappes-Olzien gez. Dr. Berthold
Beschluss
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 10.000,-- € festgesetzt (§§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr.
9.8.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit, NVwZ 2004, 1327 ff.).
gez. Zimmer gez. Kappes-Olzien gez. Dr. Berthold