Urteil des OVG Rheinland-Pfalz vom 17.08.2006

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OVG
Koblenz
17.08.2006
1 A 10509/06.OVG
Wasserrecht
Verkündet am: 17.08.2006
gez. Meyer
Justizangestellte als
Urkundsbeamtin der
Geschäftsstelle
Verkündet am: 17.08.2006
Justizangestellte als
Urkundsbeamtin der
Geschäftsstelle
Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil
Im Namen des Volkes
In dem Verwaltungsrechtsstreit
des Herrn *************************
- Kläger und Berufungskläger -
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Geis & Dr. Christ, Brückenstraße 9, 56112 Lahnstein,
gegen
Rhein-Lahn-Kreis, vertreten durch den Landrat, Insel Silberau, 56130 Bad Ems,
- Beklagter und Berufungsbeklagter -
beigeladen:
Verbandsgemeinde Loreley, vertreten durch den Bürgermeister, Dolkstraße 3, 56347 Sankt Goarshausen,
wegen Wasserrechts
hat der 1. Senat des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz in Koblenz aufgrund der mündlichen
Verhandlung vom 3. August 2006, an der teilgenommen haben
Vorsitzender Richter am Oberverwaltungsgericht Nickenig
Richter am Oberverwaltungsgericht Kappes-Olzien
Richter am Oberverwaltungsgericht Günther
ehrenamtlicher Richter selbst.Kaufmann Knödler
ehrenamtlicher Richter Dipl.-Ing. Itschert
für Recht erkannt:
Unter Abänderung des aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 17. November 2005 ergangenen
Urteils des Verwaltungsgerichts Koblenz werden der Bescheid des Beklagten vom 9. August 2004 und der
Widerspruchsbescheid des Kreisrechtsausschusses des Rhein-Lahn-Kreises vom 23. März 2005, soweit
er gegenüber dem Kläger ergangen ist, aufgehoben.
Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits beider Rechtszüge zu tragen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch
Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, wenn der Kläger nicht zuvor
Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen eine Verfügung des Beklagten, mit der er verpflichtet worden ist, die
Errichtung und Unterhaltung einer Wassertransportleitung mit Steuerkabel sowie das Durchleiten von
Wasser durch ein ihm gehörendes Außenbereichsgrundstück zu dulden.
Das betroffene Grundstück (Flur , Flurstück der Gemarkung L................) wird als Ackerland mittlerer
Qualität ackerbaulich genutzt. Es liegt westlich von L................ zwischen der Ortslage und einem 1969/70
errichteten Hochbehälter mit Aufbereitungsanlage (Dispergator). Die bislang von diesem Hochbehälter
zur Ortslage von L................ führende Wasserleitung durchquert das Grundstück des Klägers nicht.
Die Wasserversorgung ist auf dem Gebiet der Beigeladenen in verschiedene Teilbereiche aufgegliedert.
Die Ortsgemeinden K......., L................, P..... und D.......... bilden die sog. Nordgruppe. Die Planung der
Wasserversorgung für die Nordgruppe ist laut einem im April 2004 erstellten Erläuterungsbericht auf eine
zukunftsorientierte sichere Gesamtlösung für die Gruppe gerichtet. Durch Verbundleitungen zwischen den
Gemeinden sollen der Ausgleich der Wasserbilanz und die Sicherstellung der Versorgung beim Ausfall
von Gewinnungsanlagen erreicht werden. Die Versorgung von L................ sei im Normalfall gesichert. Bei
einem längeren Ausfall des örtlichen Brunnens könne es aber zu erheblichen Ver-
sorgungsschwierigkeiten kommen, so dass die Einbindung von L................ in die Gruppe dringend
erforderlich sei. Der Wasserbedarf von P..... sei mit Zuführung von Wasser aus L................ abgedeckt.
Geplant ist daher nach dem Erläuterungsbericht, dass die Gemeinden L................ und P..... künftig ge-
meinsam aus dem Brunnen L................ und den Quellen P..... versorgt werden. Das Wasser der
Gewinnungsanlagen soll in den Hochbehälter L................ befördert und dort aufbereitet werden. Beide
Orte sollen dann direkt aus dem Hochbehälter L................ versorgt werden. Hierzu, so der Erläuterungsbe-
richt weiter, müsse von L................ eine Pumpendruckleitung für das Wasser der Quellen P..... bis zum
Hochbehälter gebaut werden. Ferner sei eine neue Fallleitung vom Ortsnetz L................ nach P.....
erforderlich. Der Lochbodenbelüfter des Hochbehälters P..... werde in den Hochbehälter L................ um-
gesetzt und dort anstelle des alten Dispergators weiter betrieben. Das Wasser für P..... werde über eine
neue Leitung vom Übergabeschacht in L................ bis zum vorhandenen Hochbehälter P..... geführt. Das
Wasser der Quellen P..... werde vom dortigen Tiefsammelbehälter über vorhandene Leitungen bis zum
Ortsnetz L................ gefördert. Von dort bis zum Hochbehälter L................ müsse noch eine ca. 504 m lange
Ortsnetz L................ gefördert. Von dort bis zum Hochbehälter L................ müsse noch eine ca. 504 m lange
Leitung gebaut werden, die in Feldern und Feldwegen verlegt werden könne.
Im März 2004 wandten sich die Verbandsgemeindwerke an den Kläger und setzten ihn davon in Kenntnis,
dass zwischen dem Hochbehälter L................ und der Ortslage P..... eine zusätzliche Wasserleitung
notwendig sei, um eine sog. Verbundlösung zu schaffen. Die Leitung mit einem Durchmesser von 11 cm
werde in einer Tiefe von ca. 1,5 m verlegt. Um die wirtschaftlichste Lösung realisieren zu können, müsse
sein Grundstück Flur , Flurstück mit der neuen Leitung durchquert werden.
Der Kläger erklärte sein Einverständnis hierzu indessen nicht. Daraufhin beantragte die Beigeladene im
Mai 2004 beim Beklagten den Erlass einer Duldungsverfügung gemäß § 98 LWG, weil die Mehrkosten für
eine das Grundstück des Klägers verschonende längere Leitungsführung sich auf 9.500,-- € beliefen, was
im Vergleich zu den kalkulierten Gesamtkosten des Vorhabens von 65.000,-- € einen erheblichen
Mehraufwand bedeute. Der Beklagte erteilte nach Anhörung des Klägers unter dem 9. August 2004 unter
Anordnung der sofortigen Vollziehung das beantragte Zwangsrecht gemäß § 98 LWG. Zur Begründung
führte er im Wesentlichen aus: Die von der Beigeladenen beabsichtigte Verlegung einer zusätzlichen
Wasserleitung zwischen dem Hochbehälter L................ und der Ortslage P..... sei zur Vernetzung der
Wasserversorgungsgruppe Nord erforderlich. Als wirtschaftlichste Lösung sei für die Teilbaustrecke
„Druckleitung vom Ortsnetz zum Hochbehälter L................“ eine Trasse gewählt worden, bei der auch
private Grundstücke gekreuzt werden müssten. Zwar sei auch eine Alternativtrasse auf gemeindeeigenen
Wegen möglich, die im Hinblick auf die Zweckmäßigkeit gleichwertig, wenn nicht gar besser sei. Da sie
jedoch länger sei, verursache sie einen Mehraufwand von 7.186,-- €, der im Verhältnis zu den Gesamt-
kosten in Höhe von 37.897,-- € mit 18,92 % erheblich sei.
Hiergegen hat der Kläger nach erfolglosem Widerspruchsverfahren Klage erhoben, die das
Verwaltungsgericht durch Urteil aufgrund mündlicher Verhandlung vom 17. November 2005 im
Wesentlichen mit folgender Begründung abgewiesen hat:
Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Anordnung des Zwangsrechtes nach § 98 LWG seien erfüllt.
Die von der Beigeladenen geplante Maßnahme könne ohne Inanspruchnahme des Grundstücks des
Klägers nur mit erheblichem Mehraufwand durchgeführt werden. Der vom Beklagten zutreffend bezifferte
Mehraufwand sei erheblich. Bei seiner Bestimmung sei auf die im Einzelfall anstehende Maßnahme
abzustellen und nicht auf die regelmäßig ein Maßnahmenbündel enthaltende Gesamt- oder Teilplanung
eines Trägers der Wasserversorgung. Verschiedene Maßnahmen bildeten nur dann ein Unternehmen,
wenn sie derart abhängig voneinander seien, dass nur eine gemeinsame Verwirklichung möglich sei. Den
Planungsunterlagen könne jedoch nicht entnommen werden, dass die Verlegung der Leitung zwischen
dem Hochbehälter L................ und der Ortslage P..... mit anderen geplanten Maßnahmen in einem so
engen Zusammenhang stehe, dass sie mit diesen ein gemeinsames Unternehmen bilde.
Gegen dieses Urteil hat der Kläger die vom Senat zugelassene Berufung eingelegt, die er im
Wesentlichen wie folgt begründet:
Der Beklagte habe fehlerhafterweise rein fiskalischen Erwägungen den Vorrang gegenüber dem
verfassungsrechtlich geschützten Privateigentum eingeräumt. In diesem Zusammenhang begegne auch
die Auffassung des Verwaltungsgerichts zum Begriff des Unternehmens im Sinne von § 98 LWG
Bedenken. Darunter dürfe nicht nur eine eng abgegrenzte Einzelmaßnahme verstanden werden, sondern
es liege nahe, die zeitgleich stattfindende und budgetierte Teilplanung eines Trägers der
Wasserversorgung als maßgebliches Unternehmen anzusehen. Denn zwischen allen Maßnahmen, die
als „Wasserversorgung Nordgruppe“ projektiert seien, bestehe ein deutlicher sachlicher und funktioneller
Zusammenhang. Maßgebendes Unternehmen müsse daher alles sein, was ins Werk gesetzt werde, um
die Wasserversorgung der Gemeinden P....., K......., L................ und D.......... sicherzustellen.
Die Verlegung der Wasserleitung durch sein Grundstück schränke seine Verfügungsmöglichkeiten
gravierend ein. Eine Aufforstung oder Pflanzung von Obst- oder Weihnachtsbaumkulturen sei jetzt auf
einem 3 m breiten Geländestreifen von erheblicher Länge nicht mehr möglich. Ferner werde eine
Ausweisung seines Grundstücks als Bauland deutlich erschwert.
Der Kläger beantragt,
unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils den Bescheid des Beklagten vom 9. August 2004 in der
Gestalt des dazu ergangenen Widerspruchsbescheids aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend. Der Bau der Leitung von der Ortslage zum
Hochbehälter L................ bilde einen eigenständig zu betrachtenden Bauabschnitt. Folgte man der sehr
weitgehenden Auffassung des Klägers zum Begriff des Unternehmens im Sinne von § 98 LWG, so liefe
diese Bestimmung weitgehend leer. Eine Ausweisung des betroffenen Grundstücks als Bauland komme in
Zukunft kaum in Betracht. Jedenfalls sehe der Flächennutzungsplan etwas Derartiges nicht vor. Auch
sonst seien die mit dem Zwangsrecht verbundenen Belastungen des Klägers im Vergleich zu den
eingesparten Kosten für die 93 m längere Alternativtrasse geringfügig.
Die Beigeladene stellt keinen Antrag. Sie hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte mit den zwischen
den Beteiligten gewechselten Schriftsätzen, auf die Verwaltungs- und Widerspruchsakten des Beklagten
(3 Hefte) und auf die Planungsunterlagen der Beigeladenen betreffend die Wasserversorgung „Nord-
gruppe“ (1 Ordner) Bezug genommen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen
Verhandlung.
Entscheidungsgründe
Die vom Senat zugelassene Berufung des Klägers hat in der Sache Erfolg.
Soweit die angefochtenen Verwaltungsentscheidungen gegen den Kläger ergangen sind, hätte das
Verwaltungsgericht sie aufheben müssen (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO), da die gesetzlichen
Voraussetzungen für ihren Erlass nicht vorliegen.
Gemäß § 98 Abs. 1 LWG können die Eigentümer und Nutzungsberechtigten der zur Durchführung eines
Unternehmens u.a. der Wasserversorgung erforderlichen Grundstücke verpflichtet werden, das ober- und
unterirdische Durchleiten von Wasser und die Unterhaltung der Leitungen und der damit im
Zusammenhang stehenden Anlageteile zu dulden. Nach § 98 Abs. 3 LWG setzt dies allerdings voraus,
dass das Unternehmen anders nicht zweckmäßig oder nur mit erheblichem Mehraufwand durchgeführt
werden kann, der von dem Unternehmen zu erwartende Nutzen den Schaden der Betroffenen erheblich
übersteigt und das Wohl der Allgemeinheit nicht entgegensteht. Diese Regelung enthält eine ver-
fassungsrechtlich unbedenkliche Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums (vgl. Urteil des
Senats vom 2. Februar 2006 – 1 A 11266/05.OVG – Umdruck S. 7 – ESOVGRP – m.w.N.). Ihre
verwaltungsgerichtlich grundsätzlich voll überprüfbaren Voraussetzungen für die Begründung eines
Durchleitungsrechts durch Verwaltungsakt sind vorliegend nicht gegeben.
Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts, des Beklagten und der Beigeladenen ist hier das
Erfordernis des § 98 Abs. 3 LWG, dass das Unternehmen anders nicht zweckmäßig oder nur mit
erheblichem Mehraufwand durchgeführt werden kann, nicht erfüllt. Dabei liegt auf der Hand und ist
zwischen den Beteiligten auch nicht umstritten, dass die in Rede stehende neue Druckleitung zwischen
der Ortslage L................ und dem dortigen Hochbehälter auch ohne eine Durchquerung des Grundstücks
des Klägers zweckmäßig errichtet werden könnte. Es trifft aber nicht zu, dass mit einer Verlegung dieser
Leitung ohne eine Inanspruchnahme des Grundstücks des Klägers ein erheblicher Mehraufwand in dem
gesetzlichen Sinne verbunden ist. Die anders lautende Auffassung des Verwaltungsgerichts beruht
darauf, dass es im vorliegenden Fall für den erforderlichen Kostenvergleich nicht auf das maßgebliche
Unternehmen abgestellt hat.
Der in § 98 LWG gebrauchte Begriff des Unternehmens ist im Sinne einer (einzelnen) Maßnahme oder
eines (einzelnen) Vorhabens der dort genannten Kategorien zu verstehen. Es ist nicht ungewöhnlich,
dass der Unternehmensbegriff im juristischen Sprachgebrauch (auch) dergestalt verwendet wird (vgl. z.B.
das Unternehmen im Sinne der Regelung der §§ 87 ff. FlurbG über die Unternehmensflurbereinigung).
Dementsprechend hat der Senat z.B. in seinem Urteil vom 2. Februar 2006 (a.a.O.) die Ableitung von
Mischwasser gemäß der in einem bestimmten wasserrechtlichen Erlaubnisbescheid der oberen
Wasserbehörde getroffenen Regelung als ein Unternehmen der Abwasserbeseitigung im Sinne des
Gesetzes angesehen. In Übereinstimmung damit werden in der Kommentierung von Jeromin/Prinz (LWG
und WHG) zu § 98 LWG die Begriffe Unternehmen, Maßnahme und Vorhaben synonym verwendet, ohne
dass dies weiter problematisiert wird (vgl. dort insbesondere Rdnrn. 3 und 11 zu § 98 LWG).
Aus diesem Inhalt des Begriffs des Unternehmens ergibt sich bereits, dass die Auffassung des Klägers
nicht zutrifft, alle Maßnahmen, die von der Beigeladenen als „Wasserversorgung Nordgruppe“ projektiert
seien, müssten zusammen das maßgebliche Unternehmen bilden, an dem die ohne eine
Inanspruchnahme des Grundstücks des Klägers entstehenden Mehrkosten zu messen seien. Dem ist das
Verwaltungsgericht zu Recht nicht gefolgt. Grundsätzlich zutreffend ist darüber hinaus der auf S. 7 des
erstinstanzlichen Urteils dargelegte Ansatz, „verschiedene Maßnahmen nur dann als ein Unternehmen zu
begreifen, wenn sie voneinander derart abhängig sind, dass nur eine gemeinsame Verwirklichung
möglich ist“. In einem solchen Falle sollte allerdings besser von verschiedenen Teilen eines einheitlichen
Unternehmens (einer einheitlichen Maßnahme, eines einheitlichen Vorhabens) die Rede sein. So
betrachtet verwundert es der Sache nach nicht, dass die Vertreter des Beklagten und der Beigeladenen in
der mündlichen Verhandlung vor dem Senat mit Bezug auf die Leitung zwischen der Ortslage L................
und dem dortigen Hochbehälter – an sich ihrem Prozessziel zuwider – von einem Abschnitt bzw.
Bauabschnitt gesprochen haben; auch im Rahmen des Widerspruchsverfahrens wurde diese Leitung als
Teilbaustrecke bezeichnet. Zutreffenderweise handelt es sich um einen Teilausschnitt aus einem
(Gesamt-)Vorhaben, dem unter Berücksichtigung der Aufgabe der Wasserversorgung, der er dienen soll,
die erforderliche Selbständigkeit und Geschlossenheit fehlt, um bereits in ihm das maßgebliche
Unternehmen i.S. von § 98 Abs. 1 und 3 LWG zu sehen.
Das Unternehmen als in sich abgeschlossene, nur in ihrer Gesamtheit sinnvolle Maßnahme besteht
vielmehr darin, für die Gemeinden P..... und L................ insbesondere im Interesse der
Versorgungssicherheit von L................ eine gemeinsame Wasserversorgung zu schaffen. Zu diesem
Zweck soll das Wasser aus allen örtlichen Gewinnungsanlagen (Brunnen L................ und Quellen P.....) in
den Hochbehälter L................ gepumpt, dort – nach ursprünglicher Planung unter Verwendung des
umzusetzenden Lochbodenlüfters aus dem Hochbehälter P..... – aufbereitet und sodann an beide
Ortschaften, im Bedarfsfall außerdem an D.........., abgegeben werden (vgl. Ziffern 2.3 und 4.1 des Heftes I
– Erläuterungsbericht – Wasserversorgung Nordgruppe der Beigeladenen – Entwurf – vom April 2004).
Um dieses Vorhaben zu verwirklichen, ist neben der hier in Rede stehenden Verlegung einer
Druckleitung zwischen der Ortslage L................ und dem dortigen Hochbehälter (in der das Wasser der
Quellen P..... zum Hochbehälter transportiert wird; vgl. dazu a.a.O. Ziffer 4.3.1.2) auch die Verlegung einer
neuen Fallleitung von der Ortslage L................ nach P..... (a.a.O., Ziffer 4.3.1.1) erforderlich. Ferner fallen in
diesem Rahmen verschiedene Maßnahmen zur Herstellung von Verbindungen und zur
Wasseraufbereitung sowie sonstige Arbeiten am Tiefbehälter P..... und an den Hochbehältern P..... und
L................ an, die im Einzelnen unter Angabe geschätzter Kosten in Heft III – Kostenberechnung –
der Planungsakte Wasserversorgung Nordgruppe der Beigeladenen aufgezählt werden. Diese (Teil-
)Maßnahmen bilden zusammen erst das einheitliche Unternehmen der Wasserversorgung i.S. von § 98
LWG, in dessen Rahmen das Grundstück des Klägers in Anspruch genommen wird.
Die Errichtung der Druckleitung zwischen der Ortslage und dem Hochbehälter L................ kann aus
funktionaler Sicht schon deshalb nicht als eigenständiges Unternehmen der Wasserversorgung
angesehen werden, weil der dadurch ermöglichte Transport des P..... Wassers in den Hochbehälter
L................ und seine dortige Aufbereitung nur sinnvoll sind, wenn dieses Wasser danach auch für P.....
wieder zur Verfügung steht. Von seinem ausschließlichen Verbrauch in L................ oder anderen Orts ist in
den Unterlagen der Beigeladenen an keiner Stelle die Rede, sondern lediglich von einer zusätzlichen
Absicherung der Versorgung L................, die darin liegt, dass künftig nicht nur der dortige Brunnen,
sondern auch die Quellen P..... Wasser für L................ liefern können. Ohne die gleichfalls neu zu
errichtende Fallleitung von L................ nach P..... wäre P..... jedoch künftig von der Wasserversorgung
überhaupt abgeschnitten, da das Wasser der Quellen P..... in P..... nicht mehr aufbereitet, sondern alles
Wasser von dort zur Aufbereitung in den Hochbehälter L................ verbracht wird. Eine Ableitung von
Wasser von L................ nach P..... durch die bereits vorhandene Leitung (vgl. dazu Ziffer 2.4 des oben
genannten Erläuterungsberichts) wiederum ist nicht mehr möglich, da diese künftig zum Transport des
Wassers von P..... in den Hochbehälter L................ verwendet wird (vgl. Ziffer 4.3.1.2 des Erläuterungs-
berichts). Deshalb ist die Errichtung der neuen Fallleitung von L................ nach P..... ein wesentlicher
Bestandteil des gesamten in sich geschlossenen Vorhabens, zu dem auch der Bau der neuen
Druckleitung zwischen der Ortslage und dem Hochbehälter L................ gehört. Für sich genommen bildet
die zuletzt genannte Teil-Maßnahme kein sinnvolles selbständig nutzbares Unternehmen der
Wasserversorgung. Dem entspricht es auch, dass sowohl in dem Ausgangs- (dort S. 1 und 4) als auch in
dem Widerspruchsbescheid (dort S. 9) von der Verlegung einer zusätzlichen Wasserleitung zwischen dem
Hochbehälter L................ und der Ortslage P..... die Rede ist, die im Rahmen der Vernetzung der
Versorgungsgruppe Nord erforderlich sei. Auch das Verwaltungsgericht spricht von einer Trasse der
Wasserleitung zwischen dem Hochbehälter L................ und der Ortslage P..... (S. 8 des erstinstanzlichen
Urteils). Deren Kosten werden jedoch im Tatbestand des Urteils (S. 4) mit denjenigen der Leitung
zwischen der Ortslage L................ und dem dortigen Hochbehälter verwechselt; die vom Verwaltungs-
gericht angegebenen Kosten von 37.987,06 € betreffen nämlich lediglich die Druckleitung vom Ortsnetz
zum Hochbehälter L................ (vgl. das Ausschreibungsergebnis, Bl. 38 der Verwaltungsakte).
Im Hinblick auf die für den Kostenvergleich nach § 98 Abs. 3 LWG als Unternehmen maßgebliche
Herstellung der gemeinsamen Wasserversorgung für die Ortsgemeinden P..... und L................ wird
indessen kein erheblicher Mehraufwand verursacht, wenn die Druckleitung nicht durch das Grundstück
des Klägers verlegt wird, sondern durch die gemeindeeigenen Wegeparzellen Nrn. und . Nach Angabe
des Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ist diese Leitungsstrecke 93 m länger als
die Leitungsführung über die Grundstücke des Klägers und seiner Nachbarin; eine Nachmessung anhand
der bei den Verwaltungsakten befindlichen Pläne ergibt eine Mehrstrecke von 85 m. Der dadurch
hervorgerufene Mehraufwand ist im Verhältnis zu den gesamten Kosten des Unternehmens unerheblich.
Der von der Beigeladenen mit der Planung beauftragte Dipl.-Ing. (FH) S……. war ursprünglich von
Mehrkosten von 9.500,-- € (einschließlich Ingenieurkosten) ausgegangen (Bl. 9 der Verwaltungsakte).
Dem standen – nach den Angaben des Ingenieurbüros Sch……. in Heft III – Kostenberechnung – zum
Entwurf Wasserversorgung Nordgruppe der Beigeladenen vom April 2004 – Kosten des (gesamten)
Unternehmens einschließlich Ingenieurkosten in Höhe von 343.000,-- € gegenüber. Die Mehrkosten
hätten danach also knapp 2,8 % des Gesamtaufwandes ausgemacht. Nach der – übrigens für alle (Teil-)
Maßnahmen offenbar gemeinsam erfolgten – Ausschreibung der Arbeiten wurde mitgeteilt, dass
Mehrkosten von 6.675,-- € zuzüglich ca. 800,-- € Ingenieurkosten entstünden (Bl. 18 der Verwaltungsakte).
Die Kosten des (gesamten) Unternehmens hätten sich danach unter Einschluss von 12 % Ingenieurkosten
auf 269.109,-- € belaufen, sodass der Mehraufwand so betrachtet ebenfalls knapp 2,8 % betragen würde.
Bei den dargestellten Unterschieden handelt es sich weder absolut noch relativ gesehen um einen
erheblichen Mehraufwand i.S. von § 98 Abs. 3 LWG.
Dies gilt umso mehr, als dabei im Auge behalten werden muss, dass das Durchleiten von Wasser oder
Abwasser durch private Grundstücke auf der Grundlage eines Zwangsrechts gemäß § 98 LWG nicht den
Regel-, sondern einen Ausnahmefall bei der Durchführung der im Gesetz genannten Unternehmen bildet
(vgl. dazu Becker, HessWG, in: von Lersner/Berendes, Handbuch des deutschen Wasserrechts, D 511 E,
§ 88 HWG Rdnr. 1: „Letzter Ausweg zur Verwirklichung des Vorhabens, weil eine andere Lösung aus
technischen oder wirtschaftlichen Gründen nicht zumutbar ist“). Wenn darin letztlich auch kein Vorgang
der Enteignung, sondern eine Bestimmung von Inhalt und Schranken des privaten Eigentums i.S. von Art.
14 Abs. 1 Satz 2 GG liegt, so müssen insoweit doch die Voraussetzungen für eine rechtmäßige Inhalts-
und Schrankenbestimmung des Eigentums, insbesondere die Bedeutung des privaten Eigentums, der
verfassungsrechtliche Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und der Gleichheitssatz beachtet werden. Den
sich daraus ergebenden Anforderungen ist durch eine entsprechende angemessene Handhabung der
Vorschrift des § 98 Abs. 1 und 3 LWG Rechnung zu tragen. Daher darf die Grenze der Erheblichkeit i.S.
von § 98 Abs. 3 LWG, die im Übrigen immer auch von den Verhältnissen des einzelnen Falles abhängt,
insbesondere dann nicht zu tief angesetzt werden, wenn die betreffende Leitung auch über in öffentlicher
Hand befindliche Grundstücke geführt werden kann. Ein unter 10.000,-- € bleibender Betrag, der weniger
als 2,8 % der Kosten einer langfristigen Investition ausmacht, kann jedenfalls dann noch nicht als er-
heblicher Mehraufwand angesehen werden, wenn die Alternative darin bestünde, ein privates
Außenbereichsgrundstück wie im vorliegenden Fall auf einer Länge von ca. 125 m mit einer
unterirdischen Wasserleitung zu durchqueren. Vielmehr müssen auch hier, in Entsprechung zu den Fällen
einer Planung mit enteignungsrechtlicher Vorwirkung (dazu vgl. z.B. BVerwG, Urteile vom 23. August
1996, NVwZ 1997, 486, 488; vom 1. September 1997, NVwZ 1998, 504, 506 und vom 11. April 2002,
NVwZ 2002, 1119, 1120 f.) oder der Festsetzung privater Grundstücksflächen im Bebauungsplan als
Gemeinbedarfs- oder Ausgleichsflächen (vgl. BVerwG, Urteil vom 6. Juni 2002, NVwZ 2002, 1506, 1507;
Gemeinbedarfs- oder Ausgleichsflächen (vgl. BVerwG, Urteil vom 6. Juni 2002, NVwZ 2002, 1506, 1507;
OVG Münster, Urteil vom 28. Oktober 2005, NuR 2006, 464, 465) vorrangig die ebenfalls geeigneten
Grundstücke der öffentlichen Hand in Anspruch genommen werden. Ein dabei entstehender relativ
geringer Mehraufwand lässt an der Eignung solcher Grundstücke für die Leitungsführung noch keine
Zweifel aufkommen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 und 3 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige
Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten auf §§ 167 VwGO, 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Gründe der in § 132 Abs. 2 VwGO bezeichneten Art nicht vorliegen.
Rechtsmittelbelehrung
Die Nichtzulassung der Revision kann durch
Beschwerde
werden.
Die Beschwerde ist
innerhalb eines Monats
Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz
gbk.ovg@ovg.jm.rlp.de, schriftlich oder in elektronischer Form einzulegen. Sie muss das angefochtene
Urteil bezeichnen.
Die Beschwerde ist
innerhalb von zwei Monaten
Begründung ist ebenfalls bei dem
Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz
elektronischer Form einzureichen. In der Begründung muss die grundsätzliche Bedeutung der
Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen
Senates der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts, von der das Urteil
abweicht, oder ein Verfahrensmangel, auf dem das Urteil beruhen kann, bezeichnet werden.
Die elektronische Form wird durch eine qualifiziert signierte Datei gewahrt, die den Maßgaben der
Landesverordnung über den elektronischen Rechtsverkehr vom 22. Dezember 2003 (GVBl. 2004 S. 36,
BS 320-1) in der jeweils geltenden Fassung entspricht und als Anhang einer elektronischen Nachricht
(E‑Mail) zu übermitteln ist.
Die Einlegung und die Begründung der Beschwerde müssen durch einen Rechtsanwalt oder einen
Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule im Sinne des Hochschulrahmengesetzes mit Befähigung
zum Richteramt als Prozessbevollmächtigten erfolgen. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und
Behörden können sich auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt sowie
Diplomjuristen im höheren Dienst, Gebietskörperschaften auch durch Beamte oder Angestellte mit
Befähigung zum Richteramt der zuständigen Aufsichtsbehörde oder des jeweiligen kommunalen
Spitzenverbandes des Landes, dem sie als Mitglied zugehören, vertreten lassen.
Nickenig Kappes-Olzien Günther
Beschluss
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Berufungsverfahren auf 5.000,-- € festgesetzt (§§ 63 Abs. 2,
52 Abs. 2, 47 Abs. 1 GKG).
Nickenig Kappes-Olzien Günther