Urteil des OVG Rheinland-Pfalz vom 18.12.2007

OVG Koblenz: reformatio in peius, die post, vertretung, erlass, gebühr, vorverfahren, vergütung, anmerkung, wirt, beförderung

OVG
Koblenz
18.12.2007
2 E 11030/07.OVG
Beamtenrecht
Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz
Beschluss
In dem Verwaltungsrechtsstreit
…,
- Kläger und Beschwerdeführer -
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Martini Mogg Vogt, Ferdinand-Sauerbruch-Straße 26,
56073 Koblenz,
gegen
das Land Rheinland-Pfalz, vertreten durch den Polizeipräsidenten in Koblenz,
Moselring 10-12, 56068 Koblenz,
- Beklagter und Beschwerdegegner -
wegen Bewerbung um eine Beförderungsstelle
hier: Streitwertbeschwerde
hat der 2. Senat des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz in Koblenz aufgrund der Beratung vom
18. Dezember 2007, an der teilgenommen haben
Vorsitzender Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Mildner
Richter am Oberverwaltungsgericht Bonikowski
Richter am Verwaltungsgericht Steinkühler
beschlossen:
Unter Zurückweisung der weitergehenden Beschwerde und teilweiser Abänderung des Beschlusses des
Verwaltungsgerichts Koblenz vom 16. August 2007 wird der Streitwert für das erstinstanzliche Verfahren
auf 961,28 € festgesetzt.
G r ü n d e
Die Beschwerde des Klägers hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat den Streitwert für die auf
Übernahme von Kosten des Widerspruchsverfahrens gerichtete Klage nicht zu niedrig angesetzt. Da im
Ergebnis lediglich ein Betrag in Höhe von 961,28 € dem sich aus dem Klageantrag ergebenden wirt-
schaftlichen Interesse des Klägers gemäߧ 52 Abs. 1 und 3 Gerichtskostengesetz - GKG - entspricht, ist
der Wert des Streitgegenstandes vielmehr nur in dieser Höhe festzusetzen.
Die sich für den Kläger ergebende Bedeutung der Streitsache wird durch die Höhe der Vergütung
bestimmt, die seine Bevollmächtigten nach den Vorgaben des Gesetzes über die Vergütung der
Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte (Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG -) für seine anwaltliche
Vertretung im Widerspruchsverfahren verlangen können. Danach fällt für das in Bezug auf die Ein-
beziehung des Klägers in das Beförderungsgeschehen des Jahres 2007 durchgeführte Vorverfahren eine
Geschäftsgebühr gemäß Nr. 2300 des Vergütungsverzeichnisses zum RVG (Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG)
- im Folgenden: VV-RVG - in Höhe von 787,80 sowie die Post- und Telekommunikationspauschale in
Höhe von 20,-- € (Nr. 7002 VV-RVG) an. Zusammen mit der hinzuzurechnenden Umsatzsteuer von 19 %
folgt aus diesen Einzelbeträgen eine Gesamtvergütung in Höhe von 961,28 €. Auf diesen Betrag
beschränkt sich der Wert des Streitgegenstandes in dem in Rede stehenden Klageverfahren; die
demgegenüber von den Bevollmächtigten des Klägers errechnete Vergütung in Höhe von insgesamt
3.413,16 € entspricht nicht der wirtschaftlichen Bedeutung der Sache im Sinne von § 52 Abs. 1 GKG.
Soweit die Erhöhung der Geschäftsgebühr vom 1,3-fachen auf den 2-fachen Satz begehrt wird,
widerspricht dies den gesetzlichen Vorgaben für eine Rechtsanwaltsvergütung. Da es sich bei der Gebühr
nach Nr. 2300 VV-RVG um eine Rahmengebühr handelt, sind die gesamten Umstände des Einzelfalles,
insbesondere der Umfang und die Schwierigkeit zu berücksichtigen (§ 14 Abs. 1 RVG). Nach der
Anmerkung zu Nr. 2300 VV-RVG kann eine Gebühr von mehr als 1,3 nur gefordert werden, wenn die
Tätigkeit des Rechtsanwaltes umfangreich oder schwierig war. Diese Voraussetzungen sind im Hinblick
auf die Vertretung des Klägers im Widerspruchsverfahren betreffend das Beförderungsgeschehen des
Jahres 2007 nicht erfüllt. Zum einen umfasste der Widerspruch des Klägers denselben Fragenkreis wie
das zuvor durchgeführte Klageverfahren betreffend das Beförderungsgeschehen des Jahres 2006. Zum
anderen wurde der unmittelbar vor Erlass einer landesweit angeordneten Änderung der
Beförderungspraxis eingelegte Widerspruch vom Kläger noch nicht einmal begründet. Der vom Beklagten
und dem Verwaltungsgericht gleichwohl innerhalb der Rahmengebühr der Nr. 2300 VV-RVG zugestan-
dene Gebührensatz des 1,3-fachen liegt von daher bereits an der Grenze des Vertretbaren.
Die Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV-RVG können die Bevollmächtigten des Klägers nicht
beanspruchen, weil dieser Gebührentatbestand, wie die Überschrift des Teils 3 des
Vergütungsverzeichnisses deutlich macht, für die Vertretung in gerichtlichen Verfahren, u. a. der öffentlich-
rechtlichen Gerichtsbarkeiten, gilt. Zu einem derartigen gerichtlichen Streitverfahren zählt das
Vorverfahren nach § 68 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - aber nicht. Für die Vertretung in einem
Widerspruchsverfahren sind vielmehr die Gebührentatbestände des 2. Teils des Vergü-
tungsverzeichnisses maßgeblich. Dementsprechend hat der Kläger insoweit auch zu Recht die
Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV-RVG geltend gemacht. Eine für die Vertretung im Vorverfahren
zusätzlich anrechenbare Terminsgebühr enthält das Vergütungsverzeichnis dagegen nicht.
Auch eine Erledigungsgebühr nach Nr. 1002 VV-RVG ist nicht angefallen. Diese Gebühr entsteht nach der
Anmerkung zu dem entsprechenden Gebührentatbestand, wenn sich eine Rechtssache ganz oder
teilweise nach Aufhebung oder Änderung des mit einem Rechtsbehelf angefochtenen Verwaltungsakts
durch die anwaltliche Mitwirkung erledigt. Das Gleiche gilt, wenn sich die Rechtssache ganz oder
teilweise durch Erlass eines bisher abgelehnten Verwaltungsakts erledigt. Mit der Formulierung „durch die
anwaltliche Mitwirkung“ bringt diese Vorschrift zum Ausdruck, dass es für das Entstehen der
Erledigungsgebühr einer gerade für die Erledigung ursächlichen anwaltlichen Mitwirkung bedarf. Da es
insofern lediglich auf den Erfolg der Tätigkeit ankommt, dürfen zwar keine allzu hohen Anforderungen an
die Art der anwaltlichen Tätigkeit gestellt werden. Andererseits ergibt sich aus dem Begriff der
„Mitwirkung“, dass der Rechtsanwalt zumindest einen nicht ganz unerheblichen oder untauglichen Beitrag
zur Erledigung geleistet haben muss (vgl. BayVGH, Beschluss vom 19. Januar 2007, NVwZ-RR 2007,
497). Entscheidend ist also, ob der Rechtsanwalt durch sein Verhalten etwas zur Erledigung des
Rechtsstreits ohne Sachentscheidung beigetragen hat. Dies ist aber nur dann der Fall, wenn seine
Tätigkeit nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass es zu einer streitigen Erledigung des Rechtsstreits
gekommen wäre. Diese Voraussetzung ist hier nicht erfüllt.
Vorliegend wurde nach Ergehen der Entscheidung des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 30. Januar
2007 (6 K 1198/06.KO) durch HHhhhh
Erlass des Ministeriums des Innern und für Sport vom 13. Februar 2007 die behördliche Praxis der Auf-
nahme von Bewerbern für das Beförderungsgeschehen zum 18. Mai 2007 so geändert, dass auch der
Kläger in den Kreis der für eine Beförderung in Betracht kommenden Beamten aufgenommen werden
konnte. Allein durch diese allgemeine Umstellung der Beförderungspraxis erledigte sich der unmittelbar
zuvor eingelegte Widerspruch des Klägers. Das von seinem Bevollmächtigten am 12. Februar 2007
geführte Telefonat mit einem Vertreter des Polizeipräsidiums war für den Eintritt der Erledigung dagegen
erkennbar nicht ursächlich.
Aus diesen Gründen war der Streitwert in der aus dem Tenor ersichtlichen Höhe festzusetzen. Zwar hat
das Verwaltungsgericht einen höheren Betrag festgesetzt und der Beklagte bislang förmlich keine
Streitwertbeschwerde eingelegt. Ist jedoch von einem der Beteiligten eine Streitwertbeschwerde
eingelegt, so kann das Rechtsmittelgericht den Streitwert auch von Amts wegen – ggf. auch niedriger –
festsetzen (vgl. § 63 Abs. 3 Satz 1 GKG). Denn das Verbot der sog. reformatio in peius gilt für das
Streitwertbeschwerdeverfahren nicht (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 23. März 1990, DÖV
1990, 937; Kopp/Schenke, VwGO, 15. Aufl. 2007, § 165 Rdnr. 10, Redeker/von Oertzen, VwGO, 14. Aufl.
2004, § 165 Rdnr. 18; Hartmann, Kostengesetze, 35. Aufl. 2005, § 68 GKG, Rdnr. 21).
Das Beschwerdeverfahren ist gemäß § 68 Abs. 3 GKG gerichtsgebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.
gez. Dr. Mildner gez. Bonikowski gez. Steinkühler