Urteil des OVG Rheinland-Pfalz vom 28.01.2010

OVG Koblenz: verordnung, arbeitslosigkeit, eugh, freizügigkeit der arbeitnehmer, juristische person, mitgliedstaat, sicherheit, geldleistung, uvg, anwendungsbereich

OVG
Koblenz
28.01.2010
7 A 10994/09.OVG
Unterhaltsvorschussrecht
Oberverwaltungsgericht
Rheinland-Pfalz
Urteil
Im Namen des Volkes
In dem Verwaltungsrechtsstreit
1. …,
2. …,
- Kläger und Berufungskläger -
Prozessbevollmächtigter zu 1-2: Rechtsanwalt Jürgen Walczak, Karnapp 25, 21079 Hamburg,
gegen
den Donnersbergkreis, vertreten durch den Landrat, Uhlandstraße 2, 67292 Kirchheimbolanden,
- Beklagter und Berufungsbeklagter -
wegen Unterhaltsvorschussrechts
hat der 7. Senat des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz in Koblenz aufgrund der mündlichen
Verhandlung vom 28. Januar 2010, an der teilgenommen haben
Vorsitzende Richterin am Oberverwaltungsgericht Wünsch
Richter am Oberverwaltungsgericht Wolff
Richter am Verwaltungsgericht Schnug
ehrenamtliche Richterin Hotelier Kauth
ehrenamtliche Richterin Betriebswirtin Bocklet
für Recht erkannt:
Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße vom 17.
Februar 2009 wird zurückgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die am 13. Dezember 2000 und am 15. Mai 2002 in Palma de Mallorca geborenen Kläger begehren von
dem beklagten Landkreis die Gewährung eines Unterhaltsvorschusses nach dem
Unterhaltsvorschussgesetz.
Die Kläger wohnen bei ihrer allein sorgeberechtigten Mutter, einer deutschen Staatsangehörigen, auf
Mallorca/Spanien. Diese ist in Palma de Mallorca als Angestellte bei einem Notar beschäftigt. Der zum
Barunterhalt verpflichtete leibliche Vater, Herr C., lebt im Zuständigkeitsbereich des Beklagten, ging
ursprünglich als Selbständiger einer Beschäftigung nach und bezog im Jahr 2008 Leistungen zur
Sicherung des Lebensunterhalts im Rahmen der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem Zweiten
Buch Sozialgesetzbuch ‑ SGB II - (sog. Arbeitslosengeld II) ohne Zuschlag nach § 24 Abs. 1 SGB II. Mit der
Mutter der Kläger war er nicht verheiratet. Seit 2004 lebt er von ihr getrennt. In die Krankenversicherung
seiner Ehefrau, die im Jahr 2008 ebenfalls Arbeitslosengeld II erhielt, wurde er zu einem nicht näher
bekannten Zeitpunkt als Familienversicherter aufgenommen. In einem Leistungsbescheid der Arbeits-
gemeinschaft Donnersbergkreis vom 16. Januar 2008 wird auf eine bestehende Pflichtversicherung des
Vaters der Kläger in der gesetzlichen Kranken- und der sozialen Pflegeversicherung für den Zeitraum vom
12. November 2007 bis zum 31. Mai 2008 hingewiesen. Für die Kläger zahlte er zuletzt im Februar 2008
Unterhalt.
In einem am 8. Mai 2008 bei dem Beklagten eingegangenen Formblatt beantragte die Mutter der Kläger
daraufhin für sie die Gewährung eines Unterhaltsvorschusses, der nach dem Unterhaltsvorschussgesetz
einem Kind zusteht, das im Geltungsbereich dieses Gesetzes bei einem seiner beiden Elternteile lebt.
Mit Bescheiden vom 13. Mai 2008 lehnte der Beklagte den Antrag ab. Zur Begründung wurde darauf
verwiesen, dass die Voraussetzungen der Artikel 73 und 74 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates
vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und deren
Familien, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern - VO 1408/71 -, nicht erfüllt seien. Artikel 73
VO 1408/71 scheide als Anspruchsgrundlage zunächst deswegen aus, weil diese Vorschrift voraussetze,
dass der unterhaltspflichtige Elternteil Arbeitnehmer sei oder einer selbständigen Erwerbstätigkeit
nachgehe, wovon im Fall des Vaters der Kläger keine Rede sein könne. Die Anwendung des Artikels 74
VO 1408/71 erfordere demgegenüber, dass der zum Unterhalt verpflichtete Elternteil arbeitslos sei und
Leistungen nach § 117 Drittes Buch Sozialgesetzbuch - SGB III - (sog. Arbeitslosengeld I) beziehe. Diese
sozialen Leistungen erhalte der Vater der Kläger indes nicht.
Ihren hiergegen eingelegten Widerspruch wies der Kreisrechtsausschuss des Beklagten mit
Widerspruchsbescheid vom 4. September 2008, den Klägern zugestellt am 8. Oktober 2008, unter
Vertiefung der in den ablehnenden Bescheiden vom 13. Mai 2008 enthaltenen Erwägungen zurück.
Die Kläger haben am 6. November 2008 Klage erhoben und unter anderem geltend gemacht, dass alle
minderjährigen Kinder einen Anspruch auf Unterhaltsvorschuss aus dem Mitgliedstaat hätten, in dem der
unterhaltsverpflichtete Elternteil seinen gewöhnlichen Aufenthalt habe. Es könne nicht angehen, dass sich
der Unterhaltsverpflichtete seiner Verantwortung entziehe und damit gleichzeitig dessen Wohnsitzstaat.
Dieses Rechtsverständnis entspreche auch der Rechtslage in Europa. Insofern seien nicht nur die
Bestimmungen der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71-dieveraltetsei-zubeachten, sondern darüber hinaus
die Vorschriften der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29.
April 2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit - VO 883/2004 - sowie die
Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs, dem der Rechtsstreit gegebenenfalls vorzulegen sei.
Denn die Ablehnung der Gewährung eines Unterhaltsvorschusses verletze das Recht auf freie Wahl des
Arbeits- und Wohnorts innerhalb der Europäischen Gemeinschaft, da sie - die Kläger - in
diskriminierender Weise anders behandelt würden, als wenn sie in demselben Mitgliedstaat wie ihr
unterhaltspflichtiger Vater wohnten. Insbesondere wäre ihre Mutter gezwungen, mit ihnen nach
Deutschland zu ziehen, um das Recht auf einen Mindestunterhalt entsprechend dem deutschen
Unterhaltsrecht erhalten zu können, was einen sozialen Abstieg für die gesamte Familie zur Folge habe.
In Deutschland könne ihre Mutter nämlich unter den gegebenen Umständen keiner geregelten Arbeit
nachgehen, während sie in Spanien eine Arbeitsstelle habe und den Lebensunterhalt wenigstens
teilweise aus eigener Kraft sichern könne, ohne dem deutschen Sozialsystem zur Last zu fallen.
Mit Urteil vom 17. Februar 2009 wies das Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße die Klage ab
und führte zur Begründung aus, ein Anspruch nach § 1 Abs. 1 Unterhaltsvorschussgesetz - UVG - bestehe
nicht, weil die Kläger nicht „im Geltungsbereich dieses Gesetzes“bei einemihrerElternteile lebten.Auch
unter Einbeziehung des Europarechts ergebe sich keine andere Beurteilung. Dies gelte zunächst im
Hinblick auf die Verordnung (EWG) Nr. 1408/71, da die Kläger nicht unter deren persönlichen
Anwendungsbereich fielen. Insbesondere seien die Voraussetzungen des Artikels 73 VO 1408/71 nicht
gegeben. Denn der Vater der Kläger habe als Empfänger von Leistungen zur Sicherung des
Lebensunterhalts im Rahmen der Grundsicherung ohne Zuschlag nach § 24 Abs. 1 SGB II im
relevanten Zeitraum keine „Leistungen bei Arbeitslosigkeit“ erhalten, sondern eine davon zu
unterscheidende „besondere beitragsunabhängige Geldleistung“ bezogen.
Der Senat hat auf Antrag der Kläger mit Beschluss vom 8. September 2009 die Berufung gegen das
vorgenannte Urteil zugelassen.
Zur Begründung tragen die Kläger vor, im vorliegenden Fall gehe es nicht darum, dass ihr Vater bei dem
Beklagten Familienleistungen beantrage, sondern sie persönlich einen Unterhaltsvorschuss begehrten.
Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (Urteil vom 5. Februar 2002 - Humer) müsse
in solchen Fällen allein auf den Zweck des Artikels 74 VO 1408/71 abgestellt werden, demzufolge
Leistungsberechtigter nicht nur der betreffende Arbeitnehmer, sondern zugleich auch dessen
Familienangehöriger sei. Im zuletzt genannten Fall könne es daher auf die in Artikel 74 VO 1408/71
enthaltene Formulierung, dass es sich um einen „arbeitslosen Selbständigen, der Leistungen bei
Arbeitslosig- keit nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats beziehe“ handeln müsse,
konsequenterweise nicht ankommen. Der Beklagte übersehe insofern, dass die von ihm einengend
ausgelegte Vorschrift des Artikels 74 VO 1408/71 auf die vorliegende Sachverhaltskonstellation überhaupt
nicht zugeschnitten sei. Allein der Umstand, dass Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch
möglicherweise als „beitragsunabhängige Sonderleistungen“ aufzufassen seien, rechtfertige überdies
nicht die Annahme eines fehlenden Anspruchs eines in einem anderen Mitgliedstaat lebenden Kindes auf
Unterhaltsvorschuss. Mit dieser Bestimmung sei keine Einschränkung, sondern eine Ausweitung des
sachlichen Anwendungsbereiches der Verordnung verbunden gewesen. Auch Artikel 10a Abs. 1 Satz 1
VO 1408/71, wonach der Titel III der Verordnung, zu welchem Artikel 74 VO 1408/71 zähle, für
beitragsunabhängige Geldleistungen nicht gelte, besage lediglich, dass Personen „diese“ Leistungen,
nicht aber Unterhaltsvorschussleistungen, nur in ihrem Wohnmitgliedstaat erhielten. Davon abgesehen
hätten Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch einen Doppelcharakter und umfassten
neben einer rein fürsorgenden Komponente auch starke Elemente, die mit dem Arbeitslosengeld I des
Dritten Buches Sozialgesetzbuch übereinstimmten. Der Europäische Gerichtshof (Urteil vom 4. Juni 2009 -
Vatsouras und Koupatantze) gehe deshalb davon aus, dass das sogenannte Arbeitslosengeld II
denjenigen Leistungen zugeordnet werden müsse, die den Zugang zur Beschäftigung erleichterten und
somit als „Leistungen bei Arbeitslosigkeit“ zu qualifizieren sei. Hinzu komme, dass dieser Begriff (so
EuGH, Urteil vom 28. März 1996 - Moreno) das Bestehen einer Pflichtversicherung im Krankheitsfall mit
umfasse und ihr Vater gerade nach den Vorschriften des Fünften Buches Sozialgesetzbuch - SGB V -
einer solchen Krankenversicherungs- und darüber hinaus nach den Bestimmungen des Elften Buches
Sozialgesetzbuch - SGB XI - einer Pflegeversicherungspflicht unterliege. Im vorliegenden Fall sei zudem
entscheidend, den Angehörigen der Mitgliedstaaten eine einschränkungslose Arbeitnehmerfreizügigkeit
im Sinne des Artikels 39 des Vertrages über die Europäischen Gemeinschaften - EGV - zu gewährleisten,
sodass mit Blick auf ihre in Spanien einer Beschäftigung nachgehenden Mutter eine an diesem Zweck
orientierte Auslegung geboten sei. Eine gesetzliche Bestimmung, wie diejenige des § 1 Abs. 1 Nr. 2 UVG,
sei jedoch grundsätzlich geeignet, die Ausübung der Arbeitnehmerfreizügigkeit zu behindern, sofern die
in einen anderen Mitgliedstaat mitreisenden Kinder einer Arbeitnehmerin ihren Anspruch auf
Unterhaltsvorschuss verlieren würden, weil der in Deutschland verbleibende Vater keinen Unterhalt zahle
und, wie hier, arbeitsloser Selbständiger sei.
Die Kläger beantragen,
unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße vom 17. Februar 2009
die Bescheide des Beklagten vom 13. Mai 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des
Kreisrechtsausschusses des Beklagten vom 4. September 2008 aufzuheben und den Beklagten zu
verpflichten, ihnen Unterhaltsvorschuss für die Zeit vom 1. März bis zum 8. Oktober 2008 in gesetzlicher
Höhe zu bewilligen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er nimmt Bezug auf die Darlegungen des Verwaltungsgerichts und führt ergänzend aus, durch das von
den Klägern angeführte Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom 5.Februar2002 sei nur klargestellt
worden,dass auch Familienangehörige selbst einen eigenen Anspruch geltend machen könnten.
Dagegen fehle es an dem weiteren Erfordernis, dass ihr Vater "Leistungen bei Arbeitslosigkeit" erhalte; er
beziehe vielmehr eine "beitragsunabhängige Geldleistung". Die Argumentation der Kläger, dass
Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetz-
buchaucheinenAnteilanLeistungenenthielten,dieeineWiedereingliederung ins Arbeitsleben verfolgten,
stehe dieser Betrachtung nicht entgegen. Bereits unter Geltung des Bundessozialhilfegesetzes sei es das
erklärte Ziel des deutschen Gesetzgebers gewesen,die Hilfeempfänger wieder unabhängig von der
Sozialhilfe zu machen und es seien daher Hilfen zur Arbeit gewährt worden. Dies ändere jedoch nichts
daran, dass die nach § 9 SGB II erbrachten Leistungen der Grundsicherung dienten und
beitragsunabhängige Sozialleistungen darstellten. Die an denVater der Kläger ausgezahlten Kranken-
versicherungsleistungen seien schließlich ebenfalls nicht als "Leistungen bei Arbeitslosigkeit" anzusehen,
da diese nicht durch Beiträge finanziert würden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Beteiligten
sowie die vorgelegten Verwaltungs- und Widerspruchsakten verwiesen, deren Inhalt Gegenstand der
mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe
Die Berufung der Kläger ist unbegründet.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die ablehnenden Bescheide des Beklagten
vom 13. Mai 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. September 2008 sind rechtmäßig. Die
Kläger haben gegenüber den Beklagten keinen Anspruch auf die Gewährung des von ihnen begehrten
Unterhaltsvorschusses.
Gem. § 1 Abs. 1 Nr. 2 Unterhaltsvorschussgesetz - UVG - steht einem Kind vor Vollendung des 12.
Lebensjahres unter anderem dann ein Unterhaltsvorschuss zu, wenn es im Geltungsbereich dieses
Gesetzes bei einem seiner Elternteile lebt. Die in Spanien wohnenden Kläger erfüllen diese persönliche
Voraussetzung nach dem innerstaatlichen Recht nicht.
Eine Erweiterung der nationalen Anspruchsnorm kommt auch nicht aufgrund der Vorgaben der
Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen
Sicherheit für Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörigen, die innerhalb der
Gemeinschaft zu- und abwandern (sog. Wanderarbeitnehmerverordnung, ABl. L 149 vom 5. Juli 1971,
S. 2), zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 592/2008 (ABl. L 177 vom 4. Juli 2008, S. 1) - VO
1408/71 - in Betracht.
Diese Verordnung ist trotz der am 20. Mai 2004 in Kraft getretenen Verordnung (EG) Nr. 883/2004 vom 29.
April 2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (ABl. 2004 L 166 vom 30. April 2004, S.
1) hier zugrunde zu legen. Denn nach Art. 91 VO 883/2004 gilt diese Verordnung, welche die Verordnung
(EWG) Nr. 1408/71 ablöst, erst mit dem Inkrafttreten der darin angesprochenen Durchführungsverordnung.
Die zwischenzeitlich erlassene Durchführungsverordnung Nr. 987/2009 zur Verordnung (EG) Nr.
883/2004 - DVO - vom 16. September 2009 (ABl. 2009 L 284 vom 30. Oktober 2009, S. 1) tritt jedoch erst
am 1. Mai 2010 in Kraft (Art. 97 S. 2 DVO), so dass auch die Verordnung (EG) Nr. 883/2004 selbst, die
Unterhaltsvorschüsse aus ihrem Anwendungsbereich ausschließt und die sich im Übrigen keine
Rückwirkung auf Ansprüche für den Zeitraum vor dem Beginn ihrer Anwendung beimisst (Art. 87 Abs. 1
VO 883/2004), noch außer Acht gelassen werden muss. Damit ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt zugleich
Art. 90 Abs. 1 VO 883/2004, der vorsieht, dass die Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 erst mit dem Beginn der
Anwendung dieser Verordnung aufgehoben ist, nicht wirksam geworden
Gemäß Art. 74 VO 1408/71 erhält ein arbeitsloser Arbeitnehmer oder ein arbeitsloser Selbständiger, der
Leistungen bei Arbeitslosigkeit nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats bezieht, abgesehen von
hier nicht in Betracht kommenden Ausnahmen nach Anhang VI der Verordnung, für seine Familien-
angehörigen, die im Gebiet eines anderen Mitgliedstaats wohnen, Familienleistungen nach den
Rechtsvorschriften des ersten Staates, als ob diese Familienangehörigen im Gebiet dieses Staates
wohnen. Dabei werden Familienleistungen von dem zuständigen Träger des Staates gewährt, nach
dessen Rechtsvorschriften der arbeitslose Arbeitnehmer oder arbeitslose Selbständige Leistungen bei
Arbeitslosigkeit bezieht (Art. 75 Abs. 1 S. 1 VO 1408/71). Darüber hinaus erfolgt ihre Entrichtung nach den
für diesen Träger geltenden Bestimmungen unabhängig davon, ob die natürliche oder juristische Person,
an die sie zu zahlen sind, im Gebiet des zuständigen Staates oder in dem eines anderen Mitgliedstaats
wohnt oder sich dort aufhält (Art. 75 Abs. 1 S. 2 VO 1408/71).
Dies vorausgeschickt stellt die Bewilligung eines Unterhaltsvorschusses nach dem deutschen
Unterhaltsvorschussgesetz eine Familienleistung im Sinne des Art. 4 Abs. 1 Buchst. h VO 1408/71 dar (so
bereits EuGH, Urteil vom 15. März 2001, C-85/99 - Offermanns, juris). Auch ist Art. 74 VO 1408/71 so
auszulegen, dass ein minderjähriges Kind, das, wie die Kläger, zusammen mit dem sorgeberechtigten
Elternteil in einem anderen als dem die Leistung erbringenden Mitgliedstaat wohnt und dessen anderer,
zu Unterhaltszahlungen verpflichteter Elternteil in dem die Leistung erbringenden Mitgliedstaat
arbeitsloser Arbeitnehmer ist, einen eigenen Anspruch auf eine solche Familienleistung hat (EuGH, Urteil
vom 5. Februar 2002, C-255/99 - Humer, juris).
Aus dieser gemeinschaftsrechtlichen Norm i.V.m. dem vorstehend wiedergegebenen Spruch des
Europäischen Gerichtshofs folgt indes zugleich, dass die Kläger nur dann einen Anspruch auf Gewährung
von Unterhaltsvorschuss haben, wenn ihr in Deutschland lebender Vater jedenfalls im Zeitpunkt der
Antragstellung (vgl. zum entscheidungserheblichen Zeitpunkt EuGH, Urteil vom 5. Februar 2002, a.a.O.,
Rn. 36) nicht nur arbeitslos gewesen ist, sondern auch "Leistungen bei Arbeitslosigkeit" bezogen hat.
Namentlich können die Kläger aus dem Umstand, dass der Vater des unterhaltsberechtigten Kindes in
dem der Entscheidung vom 5. Februar 2002 zugrunde liegenden Verfahren ca. neun Monate nach
Beantragung des für drei Jahre begehrten Unterhaltsvorschusses verstorben war, nicht den Schluss
ziehen, das betreffende Urteil gehe von einer Weitergewährung des Anspruches über den Zeitpunkt des
Todes deshalb aus, weil es das Vorliegen der weiteren Tatbestandsmerkmale des Art. 74 VO 1408/71 für
entbehrlich halte. Denn der Europäische Gerichtshof stellt in der vorgenannten Entscheidung un-
beschadetderFrage des entscheidungserheblichen Zeitraums für das Vorhandensein der einzelnen
Merkmale des Art. 74 VO 1408/71 ausdrücklich fest, dass ein Anspruch nur besteht, "sofern der übrige
Tatbestand dieser Bestimmung" erfüllt ist (EuGH, Urteil vom 5. Februar 2002, a.a.O. Leitsatz 2 und Rn. 52;
vgl. auch den Schlussantrag des Generalanwalts vom 8. Februar 2001, C-255/99, Rn. 102 und Oberster
Gerichtshof der Republik Österreich, Beschluss vom 22. März 2002, Geschäftszahl 1Ob289/01h). Diese
Voraussetzung ist vorliegend jedoch sowohl im Zeitpunkt der Beantragung des Unterhaltsvorschusses
durch die Kläger als auch im gesamten Zeitraum, für den der Vorschuss begehrt wird, nicht erfüllt.
Zu Recht ist das Verwaltungsgericht zunächst davon ausgegangen,dass der Vater der Kläger als
Empfänger von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts im Rahmen der Grundsicherung für
Arbeitssuchende ohne Zuschlag nach § 24 Abs. 1 Zweites Buch Sozialgesetzbuch - SGB II - keine
"Leistungen bei Arbeitslosigkeit" (vgl. Art. 4 Abs. 1 Buchst. g VO 1408/71), sondern eine "besondere
beitragsunabhängige Geldleistung" im Sinne des Art. 4 Abs. 2a VO 1408/71 i.d.F. der Verordnung (EG)
Nr. 647/2005 (ABl. L 117, S. 1) bezogen hat. Dies ergibt sich aus folgenden Überlegungen:
Während es sich bei den "Leistungen bei Arbeitslosigkeit" um Leistungen der sozialen Sicherheit
handelt, sind die "besonderen beitragsunabhängigen Geldleistungen" durch einen Mischcharakter
gekennzeichnet und weisen zugleich Merkmale von Leistungen der Sozialhilfe auf (vgl. Fuchs,
Europäisches Sozialrecht, 4. Aufl. 2005, Art. 4 Rn. 26 m.w.N.). Dementsprechend sind davon nach der
Legaldefinition in Art. 4 Abs. 2a VO 1408/71 solche Leistungen erfasst, die dazu bestimmt sind, einen
zusätzlichen, ersatzweisen oder ergänzenden Schutz gegen die Risiken zu gewähren, die von den in Abs.
1 genannten Zahlungen der sozialen Sicherheit gedeckt sind und den betreffenden Personen ein
Mindesteinkommen zur Bestreitung des Lebensunterhalts garantieren, das in Beziehung zu dem
wirtschaftlichen und sozialen Umfeld in dem betreffenden Mitgliedstaat steht (Buchst. a, i), deren
Finanzierung ausschließlich durch obligatorische Steuern zur Deckung der allgemein öffentlichen
Ausgaben erfolgt und deren Gewährung und Berechnung nicht von Beiträgen hinsichtlich der
Leistungsempfänger abhängen (Buchst. b) und die in Anhang IIa der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71
aufgeführt sind(Buchst.c).EinesolcheLeistungstellenLeistungenzurSicherungdesLebensunterhalts im
Rahmen der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch indes dar,
soweit, wie vorliegend, kein Zuschlag nach § 24 Abs. 1 SGB II gezahlt wird. Denn das sog.
Arbeitslosengeld II in dem vorbeschriebenen Sinn ist Bestandteil eines Bündels von Leistungen und
Instrumenten, deren entscheidende Zielsetzung in der Hilfe bei und zur Überwindung von Arbeitslosigkeit
liegt, so dass zunächst jene Zweckbestimmung, die für die Zuordnung der Leistung maßgebend ist,
vorliegt. Darüber hinaus steht aber auch die steuerfinanzierte und damit beitragsunabhängige
Komponente der Leistung ebenso außer Frage wie ihre Aufführung im Anhang 2 a (vgl. dort Buchst. E)
VO 1408/71 i.d.F. der Verordnung Nr. 629/2006 vom 5. April 2006 (ABl. L 114 vom 27. April 2006, S. 1).
Demgegenüber können die Kläger nicht mit Erfolg einwenden, der Europäische Gerichtshof gehe in
seiner neueren Rechtsprechung (Urteil vom 4. Juni 2009, C-22/08 und C-23/08 - Vatsouras und
Koupatantze, juris) davon aus,dass Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch als "Leistungen
bei Arbeitslosigkeit" zu qualifizieren seien. In den Gründen der Entscheidung heißt es nämlich lediglich,
eine Voraussetzung, wie die in § 7 Abs. 1 SGB II enthaltene, wonach ein Leistungsberechtigter
erwerbsfähig sein müsse, könne ein Hinweis darauf sein, dass die Leistung den Zugang zur
Beschäftigung erleichtern soll. Zum einen wird damit keine Aussage über die Einstufung als "Leistungen
bei Arbeitslosigkeit" i.S.d. Art. 4 Abs. 1 Buchst. g VO 1408/71 getroffen, zumal die betreffende
Formulierung in dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes zum Gegenstand hat, dass finanzielle
Leistungen, die unabhängig von ihrer Einstufung nach nationalem Recht den Zugang zum Arbeitsmarkt
regeln, nicht als "Sozialhilfeleistungen" i.S.d. Art. 24 Abs. 2 der Richtlinie (EG) 2004/38 anzusehen seien.
Ein derartiger Sachverhalt ist hier indes nicht zu beurteilen. Zum anderen ist der Bezug zum Risiko bei
Arbeitslosigkeit aufgrund des angesprochenen Doppelcharakters der Leistungen zur Grundsicherung für
Arbeitssuchende gerade typisch für ihre Kennzeichnung als beitragsunabhängige Geldleistung.
Dass der Vater der Kläger im fraglichen Zeitraum zusätzlich Leistungen für eine eigene Kranken- und
Pflegeversicherung (vgl. § 252 Abs. 1 S. 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch - SGB V - und § 60 Abs. 1 S. 1
Elftes Buch Sozialgesetzbuch ‑ SGB XI -) erhalten hat bzw. über seine Ehefrau möglicherweise während
eines Teils des hier in Rede stehenden Zeitraums familienversichert gewesen ist, führt zu keiner anderen
Beurteilung. Zwar verwendet Art. 74 VO 1408/71 den Begriff "Leistungen bei Arbeitslosigkeit", ohne
zwischen Geldleistungen und anderen Leistungen zu unterscheiden und ohne für seine Anwendung
vorauszusetzen, dass der Betroffene alle in den Rechtsvorschriften des zuständigen Staates für die Zeit
der Arbeitslosigkeit vorgesehenen Leistungen bezieht (EuGH, Urteil vom 28. März1996,C-243/94 -
der Arbeitslosigkeit vorgesehenen Leistungen bezieht (EuGH, Urteil vom 28. März1996,C-243/94 -
Moreno, juris).Daraus folgert der Europäische Gerichtshof für den Fall, dass der vom Bezug von
Arbeitslosengeld ausgeschlossene Arbeitslose nach den Rechtsvorschriften des zuständigen
Mitgliedstaats weiter gegen Krankheit und Unfall versichert ist, auch diese Art von Leistungen unter den
Anwendungsbereich des Artikels 74 VO 1408/71 fällt (EuGH, Urteil vom 28. März 1996, a.a.O., Rn. 23).
Unabhängig davon, ob damit nur staatliche Leistungen für eine eigene Versicherung gemeint sind,
beruhen diese Feststellungen jedoch erkennbar auf den Besonderheiten des Einzelfalls, der dadurch
gekennzeichnet war, dass der dortige Kläger, der von der damaligen Bundesanstalt für Arbeit Kindergeld
für die Monate Januar und Februar 1993 begehrte, aus seinem bisherigen Arbeitsverhältnis gegen
Zahlung einer Abfindung ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist freiwillig zum 15. Dezember 1992
ausgeschieden war. Die Bundesanstaltfür Arbeit hatte hierzu sodann festgestellt,dass die Gewährung von
Arbeitslosengeld nach § 117 Abs. 2 und 3 Arbeitsförderungsgesetz - AFG - ruhte und gemäß § 119 i.V.m.
§ 119a AFG eine Sperrzeit verhängt. Außerdem wurde dem Betroffenen, der nach den Vorschriften des
Sozialgesetzbuches und des Arbeitsförderungsgesetzes weiterhin der Krankenversicherungspflicht
unterlag, mitgeteilt, dass er mangels Bezugs von Arbeitslosengeld in den beiden vorgenannten Monaten
keinen Anspruch auf Kindergeld habe. Demgemäß bezieht sich die Entscheidung allein auf einen
Arbeitslosen, der nach den zu diesem Zeitpunkt geltenden deutschen Rechtsvorschriften wegen eines
ruhenden Anspruchs auf Arbeitslosengeld nach Zahlung einer Abfindung oder während einer Sperrzeit
weiterhin gegen Krankheit (bzw. Unfall) versichert war (EuGH, Urteil vom 28. März 1996, a.a.O., Rn. 24,
25). Diese Konstellation ist jedoch mit derjenigen des Vaters der Kläger nicht vergleichbar. Denn der bei
ihm gegebene Kranken- und Pflegeversicherungsschutz knüpft hier nicht an die Gewährung von
Arbeitslosengeld (vgl. nunmehr § 117 Abs. 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch - SGB III -), sondern an die
Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes im Rahmen der Grundsicherung für
Arbeitssuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch an.Alsbloße Annexleistungen zu einer
beitragsunabhängigen Geldleistung gemäß Artikel 4 Abs. 2a VO 1408/71, die vom Anwendungsbereich
des Art. 74 VO 1408/71 gerade nicht erfasst ist, teilt ein damit in unmittelbarem Zusammenhang
stehenderVersicherungsschutzinsofernderenSchicksalundistdahernichtanders zu beurteilen wie die
Hauptleistung selbst.
Die damit auch unter Einbeziehung der Verordnung (EG) Nr. 1408/71 zulässige Anknüpfung des
Anspruchs auf Zahlung eines Unterhaltsvorschusses an einen Wohnsitz der Kläger in Deutschland
verletzt schließlich entgegen der von ihnen vertretenen Rechtsauffassung nicht deshalb Art. 39 des
Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft - EG -, weil ihre allein sorgeberechtigte Mutter in
unzulässiger Weise in ihrem Freizügigkeitsrecht eingeschränkt würde.
Art. 39 Abs. 1 EG bestimmt, dass innerhalb der Gemeinschaft die Freizügigkeit der Arbeitnehmer
gewährleistet ist. Nach Art. 39 Abs. 2 EG umfasst die Freizügigkeit die Abschaffung jeder auf die
Staatsangehörigkeit beruhenden unterschiedlichen Behandlung der Arbeitnehmer der Mitgliedstaaten in
Bezug auf Beschäftigung, Entlohnung und sonstige Arbeitsbedingungen. Eine Verletzung des Frei-
zügigkeitsrechts liegt vor, wenn dem Unionsbürger die Ausübung seiner Rechte erschwert wird, wobei es
ohne Belang ist, ob diese Erschwerung tatsächlicher oder rechtlicher Art ist und ob sie beabsichtigt ist
oder nicht (vgl. BVerwG, EuGH-Vorlage-Beschluss vom 17. Dezember 2003, 2 C 1.03, Buchholz 237.7
§ 100 NWLBG Nr. 1 m.w.N. aus der Rechtsprechung des EuGH). Nach gefestigter Rechtsprechung des
Europäischen Gerichtshofs kann jedoch die Gewährung von eng an einen bestimmten wirtschaftlichen
und sozialen Kontext gebundenen Leistungen davon abhängig gemacht werden, dass der Empfänger im
Staat des zuständigen Trägers wohnt (vgl. EuGH, Urteil vom 27. September 1988, C-313/86 - Lenoir; Urteil
vom 4. November 1997, C-20/96 - Snares unter Bezugnahme auf den Schlussantrag des Generalanwalts
vom 6. Mai 1997, juris; Urteil vom 6. Juli 2006, C-154/05 - Kersbergen-Lap und Dams-Schüpper, juris).
Diese Voraussetzungen sind für Unterhaltsleistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz gegeben.
Gemäß § 2 Abs. 1 UVG i.d.F. des Ersten Gesetzes zur Änderung des Unterhaltsvorschussgesetzes vom
21. Dezember 2007 (BGBl. I, S. 3194) werden die
Unterhaltsleistungen,vorbehaltlichbesondererModalitätengemäßdenAbsätzen2und3, monatlich in Höhe
des sich aus § 1612a Abs. 1 S. 3 Nr. 1 und 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches - BGB - ergebenden
monatlichen Mindestunterhalts gezahlt, mindestens jedoch monatlich in Höhe von 279,00 € für ein Kind,
welches das sechste, und in Höhe von 322,00 € für ein Kind, welches das zwölfte Lebensjahr noch nicht
vollendet hat. Bezugspunkt der durch das Gesetz zur Änderung des Unterhaltsrechts vom 21. Dezember
2007 (BGBl. I, S. 3189) erfolgten, am 1. Januar 2008 in Kraft getretenen Neukonzeption des § 1612a BGB
ist dabei das Steuerrecht und der dort enthaltene Verweis auf den existenznotwendigen Bedarf von
Kindern, der nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 10. November 1998 (BVerfGE
99, 216 ff.) von der Einkommensteuer verschont bleiben muss. Dieses Existenzminimumwirdvonder
Bundesregierung alle zwei Jahre in einem Existenzminimumbericht auf der Grundlage der
durchschnittlichen sozialhilferechtlichen Regelsätze der Bundesländer und statistischer Berechnungen
der durchschnittlichen Aufwendungen für Wohn- und Heizkosten ermittelt und bildet die
Orientierungsgröße für die Höhe des einkommensteuerrechtlichen sächlichen Existenzminimums. Auf
dieser Grundlage gewährt das Steuerrecht in § 32 Abs. 6 S. 1 Einkommensteuergesetz - EStG - den
steuerpflichtigen Eltern einen entsprechenden Kinderfreibetrag, an den das Unterhaltsrecht sodann
anknüpft (vgl. BT-Drs 16/1830, S. 27). Daraus folgt, dass der Berechnung des Unterhaltsvorschusses
gerade der wirtschaftlich-soziale Zusammenhang, der für jeden Wohnortstaat charakteristisch ist und von
einem Staat zum anderen schwanken kann, zugrunde liegt. Seine Höhe hängt mithin eng von den
Lebensverhältnissen sowie den Lebenshaltungskosten in Deutschland ab und soll einen bestimmten
Mindeststandard sichern, der von dem deutschen Gesetzgeber unter Ermittlung des existenznotwendigen
Bedarfs von Kindern in seinem Hoheitsgebiet festgelegt wird. (vgl. EuGH, Urteil vom 4. November 1997,
a.a.O. Rn. 43 unter Hinweis auf den Schlussantrag des Generalanwalts vom 6. Mai 1997, Rn. 85-88). Eine
Verletzung des Art. 39 EG scheidet demgemäß aus.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige
Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten findet ihre Rechtsgrundlage in § 167 Abs. 2 VwGO.
Die Revision ist nicht zuzulassen, da Revisionsgründe nach § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.
Insbesondere hat die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung im Hinblick auf die Rechtsfrage, ob
ein fortbestehender Versicherungsschutz der Bezieher von Grundsicherungsleistungen für
Arbeitssuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch unter den Begriff "Leistungen bei
Arbeitslosigkeit" in Art. 74 VO 1408/71 fällt, weil es sich bei dieser Bestimmung um auslaufendes Recht
handelt und keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass eine weitere Klärung dieser Frage für einen nicht
überschaubaren Personenkreis in nicht absehbarer Zukunft von Bedeutung sein kann.
Rechtsmittelbelehrung
Die Nichtzulassung der Revision kann durch
Beschwerde
werden.
Die Beschwerde ist
innerhalb eines Monats
Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz
elektronischer Form einzulegen. Sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
Die Beschwerde ist
innerhalb von zwei Monaten
Begründung ist ebenfalls bei dem
Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz
elektronischer Form einzureichen. In der Begründung muss die grundsätzliche Bedeutung der
Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen
Senates der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts, von der das Urteil
abweicht, oder ein Verfahrensmangel, auf dem das Urteil beruhen kann, bezeichnet werden.
Die elektronische Form wird durch eine qualifiziert signierte Datei gewahrt, die nach den Maßgaben der
Landesverordnung über den elektronischen Rechtsverkehr mit den öffentlich-rechtlichen
Fachgerichtsbarkeiten vom 9. Januar 2008 (GVBl. S. 33) zu übermitteln ist.
Die Einlegung und die Begründung der Beschwerde müssen durch einen Rechtsanwalt oder eine
sonstige nach Maßgabe des § 67 VwGO vertretungsbefugte Person oder Organisation erfolgen.
gez. Wünsch
gez. Wolff
gez. Schnug