Urteil des OVG Rheinland-Pfalz vom 22.03.2005

OVG Koblenz: anerkennung, gesetzesänderung, widerruf, gerichtsverfahren, familie, einheit, quelle, meinung, asylrecht, beratung

OVG
Koblenz
22.03.2005
10 A 10007/05.OVG
Asylrecht
Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz
Beschluss
In dem Verwaltungsrechtsstreit
wegen Asylrechts (Ägypten)
hier: Zulassung der Berufung
hat der 10. Senat des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz in Koblenz aufgrund der Beratung vom
22. März 2005, an der teilgenommen haben
Vizepräsident des Oberverwaltungsgerichts Steppling
Richter am Oberverwaltungsgericht Hennig
Richter am Oberverwaltungsgericht Möller
beschlossen:
Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Koblenz
vom 14. Dezember 2004 wird abgelehnt.
Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
G r ü n d e
Der Antrag ist zulässig, hat in der Sache aber keinen Erfolg.
Der geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 des
Asylverfahrensgesetzes - AsylVfG -) liegt nicht vor.
Die Beantwortung der von der Klägerin aufgeworfenen Frage, ob in den Fällen des § 26 AsylVfG die
Anerkennung als Asylberechtigter erst dann widerrufen werden darf, wenn die Anerkennung des
Asylberechtigten, von dem die Anerkennung abgeleitet worden ist, bestandskräftig widerrufen worden ist,
bedarf nicht der Durchführung eines Berufungsverfahrens. Sie lässt sich vielmehr schon anhand des
Gesetzeswortlauts verneinen. Nach § 73 Abs. 1 Satz 2 AsylVfG ist - von dem hier nicht gegebenen Fall
abgesehen, dass der betreffende Ausländer aus anderen Gründen als Asylberechtigter anerkannt werden
könnte - die Anerkennung gemäß § 26 AsylVfG zu widerrufen, wenn die Anerkennung des
Stammberechtigten widerrufen w i r d . Nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut ist danach nicht einmal
vorausgesetzt, dass erst, nachdem eine behördliche Entscheidung hinsichtlich des Widerrufs der
Asylanerkennung des Stammberechtigten ergangen i s t, die Anerkennung als Familienasylberechtigter
widerrufen werden kann. Der Gesetzgeber geht vielmehr, wie sich aus der gleichen Zeitform der
verwandten Verben ergibt, davon aus, dass über den Widerruf der Anerkennung des Stammberechtigten
und den Widerruf der Anerkennung seiner Familienmitglieder gleichzeitig entschieden wird.
Dieses Verständnis drängt sich auch deshalb auf, weil nicht nur in den vom Verwaltungsgericht
angeführten gesetzlichen Bestimmungen ausdrücklich auf die Unanfechtbarkeit einer anderen
Entscheidung abgehoben wird, sondern gerade auch aufgrund entsprechender Gesetzesänderung seit
1997 in § 26 AsylVfG ausdrücklich verlangt ist, dass die Anerkennung des Stammberechtigten
unanfechtbar sein muss. Dabei war es bis zum In-Kraft-Treten des Änderungsgesetzes vom 29. Oktober
1997 (BGBl. I S. 2588 f.) ganz herrschende Meinung gewesen, dass Stammberechtigter und
Familienangehörige zeitgleich anerkannt werden könnten (vgl. hierzu insbesondere BVerwG, Urteil vom
21. Januar 1992 - 9 C 66.91 -, BVerwGE 89, S. 315 f.). Weder diese Gesetzesänderung - die vom Wortlaut
her nur den Ehegatten des Asylberechtigten betraf, was allerdings allgemein als "redaktionelles
Versehen" betrachtet wurde (vgl. insbesondere BVerwG, Urteil vom 29. September 1998 - 9 C 31.97 -,
EZAR 215 Nr. 19) - noch die nunmehr mit dem Zuwanderungsgesetz vom 30. Juli 2004 (BGBl. I S. 1950 f.)
erfolgte ausdrückliche Klarstellung insoweit auch für die Kinder hat der Gesetzgeber zum Anlass
genommen, Entsprechendes auch für den "umgekehrten Fall" der Aberkennung des Familienasyls zu
fordern.
Schließlich lassen sich auch überflüssige Verwaltungs- und gegebenenfalls Gerichtsverfahren vermeiden,
wenn der Asylstatus der gesamten Familie einheitlich einer Prüfung unterzogen werden kann (insofern gilt
nichts anderes als mit Blick auf den "ursprünglichen" § 26 AsylVfG, vgl. hierzu die Entscheidung des
BVerwG vom 21. Januar 1992 - 9 C 66.91 -, a.a.O.). Gegebenenfalls können so zudem gegenüber
sämtlichen Familienmitgliedern gleichzeitig aufenthaltsbeendende Maßnahmen ergriffen werden, wie es
im Übrigen oftmals gerade von Verfassungs wegen - aus Gründen des besonderen Ehe- und
Familienschutzes - allein zulässig sein dürfte.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung ‑ VwGO -.
Der Beschluss ist gemäß § 80 AsylVfG unanfechtbar.
gez. Steppling gez. Hennig gez. Möller