Urteil des OVG Rheinland-Pfalz vom 24.01.2008

OVG Koblenz: stadt, jugendhilfe, freiwillige leistung, kindergarten, bad, eltern, kreis, auflage, form, richteramt

OVG
Koblenz
24.01.2008
7 A 10974/07.OVG
Kindergartenrecht
Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil
Im Namen des Volkes
In dem Verwaltungsrechtsstreit
des Waldorfkindergarten Sterntaler e. V. Frankenthal, vertreten durch den Vorstand, Julius-Bettinger-
Straße 1, 67227 Frankenthal,
- Kläger und Berufungsbeklagter -
Prozessbevollmächtigte: Anwaltskanzlei Quaas & Partner, Möhringer Land-straße 5, 70563 Stuttgart,
gegen
den Landkreis Bad Dürkheim, vertreten durch die Landrätin, Philipp-Fauth-Straße 11, 67098 Bad
Dürkheim,
- Beklagter und Berufungskläger -
beigeladen:
Stadt Frankenthal (Pfalz), vertreten durch den Oberbürgermeister, Rathausplatz 2‑7, 67227 Frankenthal,
wegen Zuschusses zu den Personalkosten eines Kindergartens
hat der 7. Senat des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz in Koblenz aufgrund der mündlichen
Verhandlung vom 24. Januar 2008, an der teilgenommen haben
Vorsitzende Richterin am Oberverwaltungsgericht Wünsch
Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Holl
Richter am Oberverwaltungsgericht Wolff
ehrenamtliche Richterin Hauswirtschaftsleiterin Burghardt-Kiwitz
ehrenamtlicher Richter Kaufmann Geiger
für Recht erkannt:
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße vom
19. Juli 2007 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Beklagte mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der
Beigeladenen, die diese selbst trägt.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der als Träger der freien Jugendhilfe anerkannte Kläger ist Träger des Waldorfkindergartens in
Frankenthal. Er begehrt von dem beklagten Landkreis Zuschüsse zu den Personalkosten für die in seiner
Einrichtung befindliche zweite Kindergartengruppe für die Jahre 2002 bis 2005. Der Betrieb des
Kindergartens war durch den Rechtsvorgänger des Klägers im Jahr 1993 aufgenommen worden. Der
Kindergarten wurde zunächst nur mit einer Gruppe betrieben und mit zehn Plätzen in die Kinder-
tagesstättenbedarfsplanung der beigeladenen Stadt Frankenthal aufgenommen. Eine finanzielle
Förderung erfolgte zunächst neben der Stadt Frankenthal auch durch den Rhein-Pfalz-Kreis unter
Berücksichtigung der Belegungszahlen mit Kindern aus dieser Gebietskörperschaft. Dieser Landkreis
stellte die Förderung indessen später wieder ein.
Mit Beginn des Kindergartenjahres 1998/99 wurde der Betrieb einer zweiten Gruppe aufgenommen. Der
Antrag des Klägers auf Aufnahme auch dieser Gruppe in den Kindertagesstättenbedarfsplan der Stadt
Frankenthal wurde abgelehnt. Wegen der Ablehnung der Förderung der zweiten Gruppe durch die Stadt
Frankenthal hat der Kläger ebenfalls ein Klageverfahren beim Verwaltungsgericht Neustadt an der
Weinstraße angestrengt (2 K 782/07.NW); das Verfahren ist noch nicht abgeschlossen.
In den Jahren 2002 bis 2005 war der Kindergarten - bezogen auf die Herkunftskörperschaften der Kinder -
wie folgt belegt:
Frankenthal Landkreis Bad Dürkheim Rhein-Pfalz-Kreis
2002 11 07 19
2003 15 08 10
2004 14 11 10
2005 12 13 10
Im Mai 2006 beantragte der Kläger bei dem Beklagten wie auch dem Rhein‑Pfalz‑Kreis die Übernahme
der ungedeckten Personalkosten für die Jahre 2002 bis 2005.
Mit Bescheid vom 20. Juli 2006 lehnte der Beklagte diese Förderung ab. Zur Begründung wurde
angeführt, dass nach § 12 Abs. 5 Kindertagesstättengesetz Rheinland-Pfalz - KitaG - für die Förderung der
Träger des Jugendamtes zuständig sei, in dessen Bezirk die Einrichtung liege und in dessen Bedarfs-
planung sie demgemäß aufzunehmen sei. Dies sei vorliegend die Stadt Frankenthal. Nach erfolglosem
Widerspruchsverfahren, in dem der Beklagte seine Erwägungen dahingehend ergänzte, eine Ablehnung
der Förderung sei ermessensgerecht, weil keine stabile Nachfrage aus seinem Bereich etwa in
Gruppengröße vorliege, hat der Kläger Klage erhoben, mit der er sein Begehren weiterverfolgt hat. Zur
Begründung hat er im Wesentlichen geltend gemacht: Der Beklagte verkenne, dass nach der
einschlägigen Rechtsprechung unabhängig von einer Aufnahme in die Bedarfsplanung über eine
Maßnahmeförderung auch betreffend Einrichtungen außerhalb seines Gebietes nach pflichtgemäßem
Ermessen zu entscheiden sei. Der Förderungsanspruch könne nicht damit zurückgewiesen werden, dass
nach rechnerischen Gesichtspunkten der Bedarf an Kindergartenplätzen im Landkreis gedeckt sei;
vielmehr komme es nach der Rechtsprechung auch auf qualitative Gesichtspunkte insoweit an, als das in
§ 5 SGB VIII genannte Wahlrecht der Eltern im Hinblick auf die Erziehungsrichtung gewürdigt werden
müsse. Der große gebietsübergreifende Einzugsbereich einer Einrichtung der Waldorfpädagogik
erfordere besondere Kooperationsformen der betroffenen Träger der Jugendhilfe. Aus dem Bereich des
Beklagten ergebe sich eine nachhaltige und planbare Nachfrage nach Kindergartenplätzen in der
Einrichtung des Klägers. Soweit danach eine Förderung nicht ermessensgerecht abgelehnt werden
könne, spiele ein Haushaltsvorbehalt nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts keine
ausschlaggebende Rolle.
Dem ist der Beklagte entgegengetreten und hat auf seine ablehnenden Verwaltungsentscheidungen
Bezug genommen. Die Ablehnung sei nicht ermessensfehlerhaft erfolgt. Das Gesetz gehe davon aus,
dass der Träger der öffentlichen Jugendhilfe zunächst für den Bedarf der Kinder in seinem
Zuständigkeitsbereich plane. Entlang der Zuständigkeitsgrenzen der Träger der Jugendhilfe bestünden
vielfältige Wechselbeziehungen, die nicht in jedem Fall Berücksichtigung finden müssten. Nach der
Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz setze eine Ermessensverdichtung für eine
Aufnahme in den Bedarfsplan voraus, dass es sich in einer Stadt-Umland-Beziehung um eine stabile
Nachfrage bei der Einrichtung in der Größe etwa einer Gruppe handele. Nur angesichts solcher Ver-
hältnisse könne einem Landkreis die Nutzung eines solchen besonderen Angebotes zugemutet werden,
weil ihm sonst die Rolle eines bloßen Trittbrettfahrers zukomme. Solche Voraussetzungen seien im
Verhältnis des Beklagten zum Kläger jedoch nicht gegeben. Nach der Landesverordnung zur Ausführung
des Kindertagesstättengesetzes solle bei der Bedarfsplanung von einer Gruppengröße von 25 Kindern
ausgegangen werden. Gruppen von weniger als 15 Kindern sollten nur in Ausnahmefällen vorgesehen
werden. Die Nachfrage aus dem Bereich des Beklagten für den Waldorfkindergarten in Frankenthal
erreiche diese Größe nicht, wenn auch zwischen 2002 und 2005 eine kontinuierliche Steigerung des
Besuchs von 7 auf 13 Kindern festzustellen sei. Die Mindestgröße einer Gruppe sei indessen noch nicht
erreicht. Im Übrigen führe die Förderung in seinem originären Zuständigkeitsbereich nicht zu einer
Entlastung. Zudem sei die angespannte Haushaltssituation zu berücksichtigen.
Das Verwaltungsgericht hat der Bescheidungsklage stattgegeben und mit Urteil vom 19. Juli 2007 den
Beklagten unter Aufhebung des ablehnenden Bescheids vom 20. Juli 2006 und des
Widerspruchsbescheids vom 12. Februar 2007 verpflichtet, über die Anträge des Klägers auf Gewährung
von Personalkostenzuschüssen für die Jahre 2002 bis 2005 unter Beachtung der Rechtsauffassung des
Gerichts erneut zu entscheiden. In den Urteilsgründen ist ausgeführt, die Ablehnung der Förderung der
zweiten Gruppe des Kindergartens des Klägers entspreche nicht einer pflichtgemäßen
Ermessensausübung nach § 74 SGB VIII. Der Umstand, dass die Kindertagesstätte des Klägers nicht im
Kindertagesstättenbedarfsplan des Beklagten berücksichtigt sei, führe nicht dazu, dass eine Förderung
ausgeschlossen sei. Rechtsgrundlage dafür sei die Bestimmung des § 74 SGB VIII, wonach die Träger der
öffentlichen Jugendhilfe die freiwillige Tätigkeit auf dem Gebiet der Jugendhilfe fördern sollten. Nach der
Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts komme insoweit auch eine Förderung von einzelnen
Kindergartenplätzen in Betracht, wenn dem Träger der Jugendhilfe die Nutzbarkeit von
Kindergartenplätzen außerhalb seines Gebietes zugute komme. Dies könne unter Berücksichtigung der
besonderen pädagogischen Ausrichtung eines Kindergartens wie eines Waldorfkindergartens auch dann
der Fall sein, wenn rein rechnerisch im Allgemeinen eine Bedarfsdeckung für Kindergartenplätze im
Gebiet dieses Trägers der Jugendhilfe festgestellt werden könne. Die pädagogische Ausrichtung und
Trägervielfalt dürften nämlich nicht vernachlässigt werden, wenn eine anhaltende Nachfrage bestehe.
Vorliegend könne mit der Förderung des Waldorfkindergartens in Frankenthal das Angebot auch im
Gebiet des beklagten Landkreises in qualitativer Hinsicht, das heißt was die Auswahl und Trägervielfalt
angehe, wesentlich erweitert werden. Zwar habe das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz in seiner
Rechtsprechung einen Förderungsanspruch in einer solchen Situation daran angeknüpft, dass in einer
Stadt-Umland-Beziehung eine stabile Nachfrage etwa in Gruppengröße bestehe. Darauf könne der
Beklagte bei einer ermessensgerechten Entscheidung vorliegend indessen nicht verweisen, da die
besondere Konstellation des vorliegenden Einzelfalls zu berücksichtigen sei. Nach den Belegungszahlen
werde der Kindergarten nämlich überwiegend nicht aus dem Einzugsbereich der Stadt Frankenthal
besucht, sondern überwiegend aus dem des Landkreises Bad Dürkheim und dem des Rhein-Pfalz-
Kreises. Bei einer Gesamtbetrachtung der Situation und der Belegungszahlen würden bei einer
Ablehnung der Förderung durch die Landkreise diese tatsächlich in Art eines Trittbrettfahrers von der
Einrichtung profitieren. Der Beklagte sei deshalb zu verpflichten, über die Anträge erneut zu entscheiden
und bei seiner Ermessensentscheidung gleiche Grundsätze und Maßstäbe wie bei der sonstigen
Förderung anzulegen.
Dagegen hat der Beklagte die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt, mit der er an
seiner ablehnenden Verwaltungsentscheidung festhält. Zur Begründung wird im Wesentlichen geltend
gemacht: Anders als das Verwaltungsgericht annehmen wolle, sei die Ablehnung der Förderung
ermessensfehlerfrei erfolgt. Ausschlaggebend dafür sei, dass der Bedarf an Kindergartenplätzen in
seinem Bereich im Wesentlichen vollständig gedeckt sei und sich keinerlei Einsparmöglichkeiten durch
die Förderung der Kindergartenplätze in Frankenthal ergäben. Die Abgrenzung der
Förderungszuständigkeit nach Gebietsgrenzen sei auch nicht unangemessen, weil immer mit
wechselseitigen Überschneidungen der Inanspruchnahme der Kindergartenplätze zu rechnen sei. Der für
diese Hinnahme maßgebliche Rahmen sei angesichts der Kinderzahlen vorliegend noch nicht
überschritten. Nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz sei eine
Ermessensverdichtung erst dann anzunehmen, wenn die Nachfrage aus dem benachbarten Landkreis
nachhaltig etwa in Gruppenstärke eines Kindergartens erfolge. Eine Addition der Zahlen der Kinder aus
den benachbarten Landkreisen könne insoweit nicht entscheidungserheblich sein. Wegen des damit
verbleibenden Ermessensspielraums stelle sich mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts
die Förderung nach § 74 Abs. 3 SGB VIII als freiwillige Tätigkeit auf dem Gebiet der Jugendhilfe dar.
Angesichts des im Bereich der Jugendhilfe und der Förderung der Kindergärten zu verzeichnenden Haus-
haltsdefizits der Kreise müsse berücksichtigt werden, dass der verbleibende Ermessensspielraum damit
auch zu Lasten des Kindergartenträgers ausgeschöpft werden könne. Auch ergebe sich keine Pflicht zur
Zusammenarbeit zwischen den Körperschaften, jedenfalls nicht eine solche, die von Seiten des Trägers
eingeklagt werden könne.
Der Beklagte beantragt,
unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts vom 19. Juli 2007 die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er ist der Auffassung, das Verwaltungsgericht habe den beklagten Landkreis zu Recht zu einer erneuten
Ermessensentscheidung nach Maßgabe der Urteilsgründe verpflichtet. Die Förderung habe vorliegend
unter Berücksichtigung der Maßstäbe der Rechtsprechung nicht ermessensgerecht abgelehnt werden
können. Ausschlaggebend dafür sei, dass eine planbare anhaltende Nachfrage nach den Kinder-
gartenplätzen im Waldorfkindergarten in Frankenthal bestehe und das Angebot dementsprechend den
benachbarten Landkreisen zugute komme. Entsprechender spezifischer Bedarf unter Berücksichtigung
der besonderen pädagogischen Ausrichtung werde nur unter Inanspruchnahme dieser in Frankenthal
bestehenden Gelegenheit abgedeckt. Die in rein quantitativer Hinsicht bestehende Bedarfsdeckung in
den Nachbarlandkreisen sei für die Entscheidung unerheblich. Das Haushaltsrecht könne einer
Förderung nicht entgegenstehen, denn die in Anspruch genommene Leistung sei im Sinne des
Haushaltsrechts keine freiwillige Leistung, wenn berücksichtigt werde, dass eine Förderung nach den
sachlichen Gesichtspunkten ermessensgerecht nicht abgelehnt werden könne. Soweit der Beklagte sich
darauf berufe, nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz komme eine
Ermessensverdichtung im Hinblick auf die beantragte Förderung nur in Betracht, wenn eine stabile Nach-
frage aus dem Nachbarkreis in etwa in Gruppengröße bestehe, so werde verkannt, dass diese
Rechtsprechung nicht die Maßstäbe für eine Ermessensentscheidung auspräge, sondern lediglich den
Fall betreffe, dass der nach der Belegenheit der Einrichtung an sich zuständige Jugendhilfeträger seine
Förderung unter dem Gesichtspunkt eines gesicherten Rechtsanspruchs gegen andere Träger ablehne.
Nach dieser Rechtsprechung sei gerade zu berücksichtigen, dass die Ermessensentscheidung ein
Kooperationsgebot zwischen den betroffenen Trägern zu berücksichtigen habe.
Die Beigeladene verteidigt das Urteil des Verwaltungsgerichts.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Schriftsätze der Beteiligten, auf
die beigezogenen Verwaltungs- und Widerspruchsakten sowie auf die Gerichtsakten der Verfahren 2 K
375/07.NW/7 A 10984/07.OVG und 2 K 782/07.NW verwiesen, die sämtlich Gegenstand der mündlichen
Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe
Die Berufung des Beklagten hat keinen Erfolg.
Zur Recht hat das Verwaltungsgericht ihn zur Neubescheidung im Hinblick auf den vom Kläger geltend
gemachten Anspruch auf einen Zuschuss zu den Personalkosten seines Kindergartens für die Jahre 2002
bis 2005 verpflichtet; die Berufung vermag weder aufzuzeigen, dass die tatbestandlichen
Voraussetzungen für die Eröffnung des zu betätigenden Ermessens nicht vorliegen, noch dass etwa das
Verwaltungsgericht den Beklagten mit den Entscheidungsgründen in einer Weise für die künftige
Ermessensentscheidungen gebunden hätte, die der Rechtslage nicht entspricht.
Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat wegen des Grundes des Anspruchs wie auch der
ermessensleitenden Gesichtspunkte auf das Urteil des Verwaltungsgerichts Bezug und weist die Berufung
aus Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurück (§ 130b VwGO).
Insoweit ist lediglich, insbesondere auch im Hinblick auf das Berufungsvorbringen, zu ergänzen: Das
Verwaltungsgericht hat den Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über die
Personalkostenförderung für den Kindergarten ungeachtet des Umstandes, dass der Waldorfkindergarten
des Klägers außerhalb des Gebiets des Beklagten liegt und nicht in dessen
Kindertagesstättenbedarfsplanung aufgenommen ist, unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des
Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urteil vom 25. April 2002, BVerwGE 116, 226 = FEVS 54, 49) und des
Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz (Urteil vom 11. März 2003, 7 A 10859/02.OVG, veröffentlicht in
ESOVGRP) aus der Bestimmung des § 74 Abs. 1 SGB VIII hergeleitet; nach dieser Rechtsprechung sind
angesichts der besonderen pädagogischen Ausrichtung eines Kindergartens auch einzelne Kindertages-
stättenplätze oder Teile der Einrichtung zu fördern, wenn unter Berücksichtigung der Trägervielfalt (§ 4
SGB VIII) und des Wunsch- und Wahlrechts der Eltern (§ 5 Abs. 1 und 2 SGB VIII) diese Plätze für den
beklagten Träger der Jugendhilfe von Nutzen sind. Das Verwaltungsgericht ist davon ausgegangen, dass
nach der genannten Rechtsprechung eine Ermessensverdichtung insoweit besteht, als in einer Stadt-
nach der genannten Rechtsprechung eine Ermessensverdichtung insoweit besteht, als in einer Stadt-
Umland-Beziehung bei dem in einer kreisfreien Stadt gelegenen Kindergarten aus dem benachbarten
Landkreis eine stabile Nachfrage etwa in Gruppengröße besteht. Es hat es indessen im vorliegenden
Einzelfall trotz Unterschreitens dieser Grenze einer Gruppengröße als nicht ermessensgerecht an-
gesehen, dass der Beklagte seine Ablehnung maßgeblich unter Bezugnahme auf diese Größenordnung
begründet hat. Das Verwaltungsgericht hat dabei darauf abgestellt, dass eine vergleichbare Situation in
dem benachbarten Landkreis vorliege und die beiden Landkreise zusammen mit etwa gleichen Anteilen
ein Aufkommen an der Obergrenze einer Gruppengröße verursachen und dabei gegenüber der
kreisfreien Stadt Frankenthal, der Beigeladenen, die den Kindergarten mit einer Gruppe in ihre Planung
aufgenommen hat, den Hauptanteil der Nachfrage stellen.
Die Anwendbarkeit des § 74 Abs. 1 SGB VIII für das Jahr 2005 wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass
mit Wirkung vom 1. Januar 2005 durch das Tagesbetreuungsausbaugesetz vom 27. Dezember 2004
(BGBl. I S. 3852) die Bestimmung des § 74a SGB VIII eingefügt worden ist, wonach das Landesrecht die
Finanzierung von Tageseinrichtungen regelt. Damit ist die Bestimmung des § 74 Abs. 1 SGB VIII nicht
unanwendbar geworden. Nach der amtlichen Begründung des Regierungsentwurfs zu § 74a SGB VIII
(vgl. BT-Drs. 15/3676, S. 39) wird auf die Finanzierungsformen abgestellt, die sich in den Ländern für die
Tageseinrichtungen herausgebildet hätten. Hinsichtlich der Rechtsfolge der Regelung könnte die amtliche
Begründung insoweit widersprüchlich erscheinen, als es zunächst heißt, es werde klargestellt, dass "die
rechtlichen Regelungen (Anm.: d. h. des Bundesrechts) nicht zur Anwendung kommen", während es im
anschließenden Satz heißt, damit werde "den Ländern die Möglichkeit eröffnet, den Bau und Betrieb von
Tageseinrichtungen in Betrieben aus öffentlichen Mitteln zu fördern". In der allgemeinen Begründung des
Gesetzentwurfs wird insoweit zu Nr. 6 ausgeführt, es sei eine Stärkung der Länderkompetenzen bei
Struktur- und Organisationsfragen beabsichtigt.
Mit der gesetzlichen "Klarstellung" ist insoweit keine ipso jure wirkende Aufhebung der Anwendbarkeit der
Bestimmungen der §§ 74 f. SGB VIII für den hier betroffenen Bereich der Tageseinrichtungen verbunden;
vielmehr will der Bundesgesetzgeber diese Fragen im Rahmen der konkurrierenden Gesetzgebungs-
kompetenz dem originären Gesetzgebungsrecht der Länder überlassen (vgl. Wiesner, SGB VIII, 3. Auflage
2006, § 74a Rn. 1). Damit hat die Bestimmung die Funktion, im Bereich der vorliegend betroffenen Materie
die Bundeskompetenz zur Regelung von Finanzierungsfragen freizugeben, führt aber nicht wie bei einer
Aufhebung einer Bestimmung zum Entfallen der Anwendbarkeit der bestehenden Regelungen zur
Förderung der Kosten der Einrichtung nach Ermessen. Es bedürfte deshalb für die Aufhebung der
Anwendbarkeit der §§ 74 f. SGB VIII zuvor einer landesgesetzgeberischen Betätigung. Damit bleiben bis
zu einem solchen landesgesetzgeberischen Akt die Bestimmungen des Kindertagesstättengesetzes des
Landes über die Finanzierung der in einem Bedarfsplan aufgenommenen Einrichtungen (§ 12 Abs. 1 und
2 KitaG) im Sinne der durch das Verwaltungsgericht aufgezeigten Rechtsprechung "ergänzt". Dies
entspricht dem Grundsatz des Fortbestehens geltender Regelungen bei einem Kompetenzwechsel (vgl.
dazu auch BVerwG, NJW 1988, 1161). Die gesetzliche Bestimmung des § 74a SGB VIII folgt damit dem
Regelungsmodell des Art. 72 Abs. 3 des Grundgesetzes in der Fassung des 42. Änderungsgesetzes zum
Grundgesetz vom 27. Oktober 1994 (BGBl. I S. 3146), wonach durch Bundesgesetz bestimmt werden
kann, dass eine bundesgesetzliche Regelung durch Landesgesetz ersetzt werden kann (vgl. zu den
Rechtsfolgen von Art. 72 Abs. 3 a. F. - Art. 72 Abs. 4 n. F. - etwa Degenhardt in Sachs, GG, 2. Auflage, Art.
72 Rn. 39 f. sowie Stettner in Dreier, GG, 2. Auflage, Art. 72 Rn. 32 - Supplementum 2007, Art. 72 Rn. 59,
60 -; zur Schaffung von Regelungsvorbehalten zugunsten des Landesgesetzgebers außerhalb der
spezifischen Regelung des Art. 72 Abs. 3 GG vgl. Oeter in v. Mangold/Klein/Starck, GG, 4. Auflage, Art. 72
Rn. 26 sowie BVerfGE 20, 238, 251 und 35, 134, 142 f. sowie 83, 24, 30).
Das Verwaltungsgericht weicht mit seinen Ausführungen nicht von dem Urteil des Senats vom 13.
Dezember 2005, 7 A 11293/05.OVG ("Landau"), ab; auch darin findet sich kein Rechtssatz derart, dass
unterhalb eines Aufkommens in Gruppengröße - wie der Beklagte annehmen will - ein
Förderungsanspruch ermessensgerecht abgelehnt werden könne, und zwar einzig unter Verweis auf
dieses Größenordnungsmerkmal. Vielmehr unterscheidet das Urteil zwischen dem "verdichteten"
Ermessen und einem Raum offener Ermessensausübung. Dieser Raum eines gleichsam offenen
Ermessens wird in umgekehrter Richtung allenfalls (erst) dort enden, wo angesichts der Nachfrage in
einer nur unerheblichen Größenordnung dem Gedanken der häufig unvermeidlichen
Wechselbeziehungen über die Gebietsgrenzen hinweg ausschlaggebende Bedeutung zukommt. Im
Gegensatz zur Planung der Beigeladenen war im Fall der Stadt Landau die zweite Gruppe des
Waldorfkindergartens in deren Bedarfsplanung aufgenommen, und zwar auch aus Gründen der lokalen
Bedarfsbefriedigung im Hinblick auf eine weitere Bautätigkeit in der Landauer Südstadt; nur in einem
solchen Fall hat der Senat es angesichts dieser Bedarfsplanung als fehlerhaft angesehen, die finanzielle
Förderung der zweiten Gruppe trotz ersichtlich bestehender existentieller Gefahren für den Weiterbetrieb
der Einrichtung auf die Zahl der Kinder aus dem Stadtgebiet einzuschränken. Eine Ausnahme davon wäre
nur in Betracht gekommen, wenn ein Anspruch des Trägers der Kindertagesstätte gegenüber einem
gebietsfremden Jugendhilfeträger als "gesichert" hätte angesehen werden können, was die
Entscheidungsgründe seinerzeit angesichts der Einzelfallumstände verneint haben. Dabei war ein
deutliches Übergewicht der Kinder aus der kreisfreien Stadt Landau zu verzeichnen, im maßgeblichen
Zeitpunkt nämlich in einem Verhältnis mit 27 : 12. Aus der Entscheidung kann daher in keiner Weise der
Schluss gezogen werden, der Anspruch auch nur auf eine ermessensgerechte Förderungsentscheidung
sei schon ausgeschlossen, wenn die Nachfrage von außerhalb unterhalb der Gruppengröße verbleibe.
Der Senat teilt auch die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass die Ablehnung der Förderung
ermessensfehlerhaft erfolgt ist. Soweit sich der Beklagte auf die in quantitativer Hinsicht in seinem Gebiet
vorhandene Bedarfsdeckung beruft, ist dies ersichtlich rechtsfehlerhaft; die Rechtsprechung (BVerwG,
a.a.O.; vgl. auch VGH BW, Urteil vom 11. Januar 2007, 12 S 2472/06, - juris ‑ Rn. 44) hat stets betont, dass
es auch auf die qualitative Ausrichtung der Planung ankomme, insbesondere auch auf die
Berücksichtigung der Nachfrage nach Angeboten spezieller Erziehungsrichtungen wie etwa der
Waldorfpädagogik und dem entsprechenden Wunsch- und Wahlrecht der Eltern (§ 5 Abs. 1 und 2 SGB
VIII) unter Berücksichtigung des Gesichtspunkts der Trägervielfalt (§ 4 Abs. 3 SGB VIII). Dass der im Süden
des beklagten Landkreises gelegene Waldorfkindergarten in Hassloch den hier zu verzeichnenden
Bedarf im nördlichen Teil des Gebiets, der mit der im Stadtgebiet der Beigeladenen gelegenen
Einrichtung befriedigt werden kann, nicht abdeckt, wird auch vom Beklagten nicht in Abrede gestellt.
Dem Beklagten ist zwar im Hinblick auf die Gebietsgrenzen einzuräumen, dass kein auf einzelne Kinder
bezogener Finanzausgleich erforderlich ist. Die entsprechende Größenordnung, ab der der Raum für
einen Anspruch auf ermessensgerechte Entscheidung eröffnet ist, ist vorliegend indessen bei einer
stabilen Nachfrage in der Größenordnung von etwa 10 Kindern weit überschritten.
Die Haushaltslage als solche bietet keinen Grund für eine ermessensgerechte Ablehnung, weil das Gebot
zum Haushaltsausgleich alle Verwaltungsgebiete gleichermaßen betrifft. Die hier vorliegende Aufgabe
einer ermessensgerechten Bescheidung im Rahmen des § 74 Abs. 1 SGB VIII stellt danach keine
freiwillige Selbstverwaltungsaufgabe dar, deren Rückführung in erster Linie zum Zweck des
Haushaltsausgleichs in Betracht käme. Die Gesamtverantwortung des Trägers der Jugendhilfe umfasst
auch die Finanzverantwortung, für die hier betroffene Aufgabe finanzielle Mittel in dem Umfang
bereitzustellen, dass die Aufgaben nach dem Sozialgesetzbuch Achtes Buch dem Gesetz entsprechend
erfüllt werden können (vgl. VGH BW, a.a.O. Rn. 51).
Das Urteil des Verwaltungsgerichts schränkt mit der Bindung an die Entscheidungsgründe den
Ermessensraum des Beklagten auch nicht in rechtswidriger Weise ein. Das Verwaltungsgericht sieht als
erheblichen Gesichtspunkt für die Ermessensausübung den Umstand an, dass die beiden Nachbarkreise
zumindest bei einer Gesamtbetrachtung der Stadt-Umland-Beziehung im Verhältnis zu der Beigeladenen
den Hauptanteil des Aufkommens der Nachfrage für die Kindergartenplätze verursachen und insoweit
zusammen jedenfalls in einer Art Trittbrettfahrerrolle wären, wenn sie sich einer Förderung enthalten
würden. Dies entspricht einer sachgerechten Betrachtung des vorliegenden Einzelfalls unter
Berücksichtigung des in der Rechtsprechung wiederholt herausgestellten Gebots der Kooperation
zwischen den betroffenen Verwaltungen in Fragen der Förderung solcher spezieller
Erziehungsrichtungen, bei denen die Nachfrage regional breiter gestreut ist. Diese Betrachtungsweise ist
hier um so eher sachgerecht, als die besondere Gebietssituation letztlich nicht zu Lasten des betroffenen
Kindergartenträgers und damit zu Lasten der Berücksichtigung der Trägervielfalt und des Wunsch- und
Wahlrechts der Eltern gehen kann. In der vorliegenden Situation wird nämlich die Stadt-Umland-Situation
mit dem Zuschnitt der kommunalen Gebietsgrenzen dadurch geprägt, dass gleichsam zwei "Kragenkreise"
die kreisfreie Stadt Frankenthal umfassen. In dieser Lage kann der Beklagte sich bei der Auslegung
seines Ermessens nicht darauf berufen, Dritte könnten die Verwaltung nicht zur Kooperation zwingen;
vielmehr muss er, kommt eine Kooperation nicht zustande, um so eher auch unterhalb der in die
Erwägungen einbezogenen "Gruppengröße" der Nachfrage sein Ermessen ‑ ebenso wie der
Nachbarkreis - in Richtung einer Förderung ausrichten. Dass die Förderung im Sinne der Einschränkung
des Wunsch- und Wahlrechts (§ 5 Abs. 2 SGB VIII) mit unverhältnismäßigen Mehrkosten verbunden wäre,
lässt sich angesichts des insgesamt vorhandenen Umfangs der Förderung von Plätzen in
Kindertagesstätten nicht ausmachen, zumal die Berücksichtigung der Trägervielfalt und von Minderheiten
in der Erziehungsausrichtung zwangsläufig wegen des größeren Einzugsbereichs mit gewissen
Mehrkosten verbunden ist. Dem trägt die Rechtsprechung Rechnung, indem der Anspruch auf
ermessensgerechte Entscheidung ein gewisses Mindestmaß an nachhaltiger Nachfrage über die
Gebietsgrenzen hinaus verlangt, das hier indessen überschritten ist.
Auch soweit das Verwaltungsgericht als Ermessensrichtlinie aufgegeben hat, bei der
Förderungsentscheidung gleiche Grundsätze und Maßstäbe wie bei der sonstigen Förderung anzulegen,
werden Rechte des Beklagten nicht verletzt, weil dies der Rechtsprechung des
Bundesverwaltungsgerichts (a.a.O.) entspricht.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2 i.V.m. 162 Abs. 3 VwGO.
Die vorläufige Vollstreckbarkeit wegen der Kosten ergibt sich aus §§ 167 VwGO i.V.m. 708 Nr. 10 ZPO.
Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe der in § 132 Abs. 2 VwGO bezeichneten Art nicht vorliegen.
Rechtsmittelbelehrung
Die Nichtzulassung der Revision kann durch
Beschwerde
werden.
Die Beschwerde ist
innerhalb eines Monats
Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz
gbk.ovg@ovg.jm.rlp.de, schriftlich oder in elektronischer Form einzulegen. Sie muss das angefochtene
Urteil bezeichnen.
Die Beschwerde ist
innerhalb von zwei Monaten
Begründung ist ebenfalls bei dem
Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz
elektronischer Form einzureichen. In der Begründung muss die grundsätzliche Bedeutung der
Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen
Senates der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts, von der das Urteil
abweicht, oder ein Verfahrensmangel, auf dem das Urteil beruhen kann, bezeichnet werden.
Die elektronische Form wird durch eine qualifiziert signierte Datei gewahrt, die den Maßgaben der
Landesverordnung über den elektronischen Rechtsverkehr vom 22. Dezember 2003 (GVBl. 2004 S. 36,
BS 320-1) in der jeweils geltenden Fassung entspricht und als Anhang einer elektronischen Nachricht
(E‑Mail) zu übermitteln ist.
Die Einlegung und die Begründung der Beschwerde müssen durch einen Rechtsanwalt oder einen
Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule im Sinne des Hochschulrahmengesetzes mit Befähigung
zum Richteramt als Prozessbevollmächtigten erfolgen. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und
Behörden können sich auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt sowie
Diplomjuristen im höheren Dienst, Gebietskörperschaften auch durch Beamte oder Angestellte mit
Befähigung zum Richteramt der zuständigen Aufsichtsbehörde oder des jeweiligen kommunalen
Spitzenverbandes des Landes, dem sie als Mitglied zugehören, vertreten lassen.
Wünsch Dr. Holl Wolff