Urteil des OVG Rheinland-Pfalz vom 28.10.2009

OVG Koblenz: gesellschafter, verfügung, verbindlichkeit, denkmalschutz, behörde, grundstück, pflege, erhaltung, erlass, begriff

OVG
Koblenz
28.10.2009
8 A 10285/09.OVG
Denkmalschutzrecht
Oberverwaltungsgericht
Rheinland-Pfalz
Urteil
Im Namen des Volkes
In dem Verwaltungsrechtsstreit
...
- Kläger und Berufungsbeklagter -
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Dr. Fuhrmann Wallenfels und Binder, An der Ringkirche 6-8,
65197 Wiesbaden,
gegen
den Donnersbergkreis, vertreten durch den Landrat, Uhlandstraße 2, 67292 Kirchheimbolanden,
- Beklagter und Berufungskläger -
wegen Denkmalschutzrechts (Instandsetzungsverfügung)
hat der 8. Senat des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz in Koblenz aufgrund der mündlichen
Verhandlung vom 28. Oktober 2009, an der teilgenommen haben
Vorsitzender Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Held
Richter am Oberverwaltungsgericht Graf
Richter am Oberverwaltungsgericht Müller-Rentschler
ehrenamtlicher Richter Herr Trost
ehrenamtlicher Richter Geschäftsführer Dr. Vesper
für Recht erkannt:
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße vom
9. Februar 2009 – 4 K 1125/08.NW – wird zurückgewiesen.
Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um eine denkmalschutzrechtliche Instandsetzungsverfügung des Beklagten.
Der Kläger ist – gemeinsam mit drei weiteren Familienangehörigen – Gesellschafter der
Grundstücksgesellschaft Gebrüder N. GbR. Die Gesellschafter der GbR sind im Grundbuch von
Finkenbach-Gersweiler mit dem Zusatz „als Gesellschafter bürgerlichen Rechts“ als Eigentümer zu ½
verschiedener Grundstücke eingetragen, auf denen sich ein größeres Gehöft mit herrschaftlichem
Wohnhaus und ehemaligen Scheunen und Stallungen befindet, das durch Rechtsverordnung des
Beklagten vom 4. Juni 1993 als Denkmalzone unter dem Namen „Viktoriastift Finkenbach-Gersweiler“
förmlich unter Denkmalschutz gestellt wurde. Weiterer Miteigentümer zu ½ ist Herr U. S.
Das Anwesen wird seit etwa 1971 nicht mehr bewohnt, steht ohne Nutzung leer und ist einem
fortschreitenden Verfall preisgegeben. Bei verschiedenen Ortsbesichtigungen stellte der Beklagte als
untere Denkmalschutzbehörde erhebliche Schäden an den Gebäuden fest, die eine Gefahr für die
Bausubstanz darstellen.
Mit Instandsetzungsverfügung vom 26. September 2005 forderte der Beklagte den Kläger – ebenso wie
die anderen Mitgesellschafter der GbR und den Miteigentümer S. durch gleichlautende Verfügungen –
auf, bauliche Mängel an der ehemaligen Scheune zu beseitigen und im Bereich des Herrenhauses die
Terrasse abzudichten, da durch eindringendes Wasser der darunter liegende Keller weiter geschädigt
werde und in absehbarer Zeit einzustürzen drohe. Hierzu wurde dem Kläger eine Frist von drei Monaten
nach Zugang der Verfügung eingeräumt und für den Fall der Nichtvornahme der geforderten Maßnahmen
die Ersatzvornahme angedroht; die voraussichtlichen Kosten hierfür wurden mit 38.305,00,-- € beziffert.
Die sofortige Vollziehung wurde angeordnet.
Gegen die Verfügung legte der Kläger – ebenso wie seine Mitgesellschafter gegen die an sie gerichteten
Verfügungen – Widerspruch ein. Im Verlaufe des Widerspruchsverfahrens wurden die
Instandsetzungsmaßnahmen an der ehemaligen Scheune im Wege der Ersatzvornahme im Auftrag des
Beklagten durchgeführt.
Nach erfolglosem Widerspruchsverfahren erhob der Kläger – ebenso wie seine Mitgesellschafter – Klage
gegen die Instandsetzungsverfügung und machte zur Begründung im Wesentlichen geltend, die von ihm
verlangten Instandsetzungsmaßnahmen seien ihm wirtschaftlich unzumutbar, weil sich das Anwesen in
einem ruinösen Zustand befinde und eine wirtschaftliche Nutzung nicht möglich sei.
Mit Urteil vom 9. Februar 2009 – 4 K 1125/08.NW - gab das Verwaltungsgericht Neustadt an der Wein-
straße der Klage statt und hob die an den Kläger gerichtete Instandsetzungsverfügung vom 26. September
2005 auf. Gleichlautende Urteile ergingen in den Parallelverfahren der anderen drei Mitgesellschafter. Zur
Begründung führte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen aus: Die Instandsetzungsverfügung finde in
§ 14 Abs. 2 des Denkmalschutz- und Pflegegesetzes – DSchPflG – keine Grundlage, denn der Kläger sei
weder Eigentümer noch sonstiger Verfügungsberechtigter des „Viktoriastiftes“ im Sinne dieser Vorschrift.
Er sei nicht Eigentümer des fraglichen Denkmals, da er im Grundbuch nicht persönlich, sondern
gemeinsam mit seinen Mitgesellschaftern mit dem Zusatz „als Gesellschafter bürgerlichen Rechts“
eingetragen sei. In diesem Falle stehe das Eigentum materiell-rechtlich der Gesellschaft zu. Der Kläger sei
als Gesellschafter der GbR auch kein sonstiger Verfügungsberechtigter i. S. v. § 14 Abs. 2 DSchPflG.
Unabhängig von der zwischen den Gesellschaftern vereinbarten Befugnis zur Geschäftsführung und der
daraus nach § 714 BGB folgenden Vertretungsmacht sei den Gesellschaftern einer GbR nicht die
Befugnis eingeräumt, über Gesellschaftsvermögen im eigenen Namen zu verfügen. Etwas anderes folge
auch nicht aus dem Umstand, dass die Gesellschafter einer GbR den Gläubigern für die Verbindlichkeiten
der Gesellschaft entsprechend § 128 HGB als Gesamtschuldner persönlich haften. Zwar seien unter
Verbindlichkeiten i. S. d. § 128 HBG auch im öffentlichen Recht wurzelnde Verpflichtungen zu verstehen.
Die Gesellschafter einer GbR hafteten daher z. B. akzessorisch für Beiträge, die die Gesellschaft für ein ihr
gehörendes Grundstück schulde. Davon zu unterscheiden sei jedoch die unmittelbare
denkmalschutzrechtliche Verantwortlichkeit nach § 14 Abs. 2 DSchPlfG. Diese sei Folge der
Sozialbindung des Eigentums und treffe daher unmittelbar nur den Eigentümer bzw. sonstigen
Verfügungsberechtigten, nicht jedoch Dritte, die aufgrund zivilrechtlicher Vorschriften für fremde
Verbindlichkeiten – hier der GbR – einstehen müssen.
Der Beklagte hat die gegen dieses und die in den Parallelverfahren ergangenen Urteile vom
Verwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassene Berufung eingelegt und zur
Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Die Auffassung des Verwaltungsgerichts, der Kläger sei weder
Eigentümer noch sonstiger Verfügungsberechtigter i. S. v. § 14 Abs. 2 DSchPflG und hätte deshalb nicht
zu Erhaltungsmaßnahmen am Viktoriastift verpflichtet werden können, sei rechtlich nicht haltbar. Gerade
im Bereich der Gefahrenabwehr stehe deren Effektivität im Vordergrund; deshalb sei ein direkter
Durchgriff auf die zumindest akzessorisch haftenden Gesellschafter sinnvoll und notwendig. Da
sogenannte Grundstücksgesellschaften i. d. R. über keine weiteren nennenswerten Vermögenswerte als
die Grundstücke selbst verfügten, so dass die Gesellschaft im Bereich der Gefahrenabwehr gar nicht in
der Lage sei, schnell und effektiv zu handeln, müsse es ins Ermessen der Behörde gestellt bleiben, ob sie
direkt auf die Gesellschafter zurückgreife und diese zum Handeln oder nur zum Haften zwinge. Da die
akzessorische Haftung der Gesellschafter bedeute, dass die Gläubiger die Gesellschafter für eine von der
GbR geschuldete Leistung persönlich unbeschränkt in Anspruch nehmen könnten, sei der einzelne
Gesellschafter insoweit als „sonstiger Verfügungsberechtigter“ anzusehen und unmittelbar in Anspruch zu
nehmen.
Der Beklagte beantragt,
unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße vom 9. Februar 2009
– 4 K 1125/08.NW – die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das erstinstanzliche Urteil und nimmt im Übrigen hinsichtlich der Frage der
Erhaltungswürdigkeit des Denkmals, der Werthaltigkeit und Eignung der Instandsetzungsmaßnahmen
sowie deren Zumutbarkeit und Verhältnismäßigkeit auf sein erstinstanzliches Vorbringen Bezug.
Der Senat hat die Parallelverfahren der drei weiteren Gesellschafter der GbR zur gemeinsamen
Verhandlung und Entscheidung unter dem Aktenzeichen 8 A 10282/09.OVG verbunden und auf Antrag
der Beteiligten zum Ruhen gebracht.
Die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes ergeben sich aus der Gerichtsakte des
vorliegenden Verfahrens und den beigezogenen Verwaltungsakten, die Gegenstand der mündlichen Ver-
handlung waren.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung ist nicht begründet.
Das Verwaltungsgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben. Die Instandsetzungsverfügung des
Beklagten vom 26. September 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21. August 2008 ist
rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten.
Das Verwaltungsgericht hat zutreffend entschieden, dass die an den Kläger gerichtete
denkmalschutzrechtliche Instandsetzungsverfügung nicht auf § 14 Abs. 2 Satz 1 des Landesgesetzes zum
Schutz und zur Pflege der Kulturdenkmäler (Denkmalschutz- und –pflegegesetz – DSchPflG –) vom
23. März 1978 (GVBl. 1978, 159) in der hier anzuwendenden Fassung der Änderung vom 28. September
2005 (GVBl. S. 378) gestützt werden kann.
Nach dieser Vorschrift haben Eigentümer und sonstige Verfügungsberechtigte, die die Erhaltung eines
geschützten Kulturdenkmals dadurch gefährden, dass sie im Rahmen des Zumutbaren vorhandene
Schäden oder Mängel nicht beseitigen oder keine Vorsorge zur Verhinderung von Schäden und Mängeln
treffen, nach Anordnung der unteren Denkmalschutzbehörde die erforderlichen Erhaltungsmaßnahmen
durchzuführen. Eine Inanspruchnahme des Klägers durch Anordnungen des Beklagten als der
zuständigen unteren Denkmalschutzbehörde auf dieser Grundlage scheidet aus, weil der Kläger weder
Eigentümer noch sonstiger Verfügungsberechtigter im Sinne dieser Vorschrift ist.
Der Kläger ist zunächst nicht (Mit-)Eigentümer der Grundstücke, auf denen sich die unter Denkmalschutz
stehenden Gebäude des sog. Viktoriastifts befinden. Sind – wie hier – die Gesellschafter einer
Gesellschaft bürgerlichen Rechts mit dem Zusatz „als Gesellschafter bürgerlichen Rechts“ als Eigentümer
eingetragen, so ist die Gesellschaft Eigentümerin des Grundstücks (vgl. BGH, Urteil vom 25. September
2006 – II ZR 218/05 –, BB 2006, S. 2490 und juris, Rn. 10 f.). Dies ist die Konsequenz der Anerkennung
der Rechtsfähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), soweit sie durch Teilnahme am
Rechtsverkehr eigene Rechte und Pflichten begründet (st. Rspr. seit BGH, Urteil vom 29. Januar 2001,
BGHZ 146, 341; s.a. OVG NW, Beschluss vom 7. Mai 2002, NVwZ-RR 2003, S. 149 und juris, Rn. 8 ff.).
Dementsprechend sieht das Bundesverfassungsgericht die GbR auch als Trägerin des Grundrechts aus
Art. 14 Abs. 1 GG an (vgl. BVerfG, Beschluss vom 2. September 2002, NJW 2002, S. 3533); auf der
gesteigerten Sozialbindung des Eigentums an einem Grundstück, das Standort eines geschützten
Kulturdenkmals ist (vgl. dazu BVerfG, Beschluss vom 2. März 1999, BVerfGE 100, 226), beruht die
generelle Pflicht des Eigentümers zur Erhaltung und Pflege des Denkmals (§ 2 Abs. 1 DSchPflG; vgl. dazu
Hönes, Denkmalschutz in Rheinland-Pfalz, in: Praxis der Kommunalverwaltung, G 11, S. 144). Gehört das
Grundstück mit dem Denkmal zum Gesellschaftsvermögen einer GbR, so trifft die GbR als Eigentümerin
und nicht deren Gesellschafter die denkmalschutzrechtliche Erhaltungspflicht.
Das Verwaltungsgericht hat weiter zutreffend entschieden, dass der Kläger als Gesellschafter der GbR
auch kein sonstiger Verfügungsberechtigter im Sinne des § 14 Abs. 2 Satz 1 DSchPflG ist.
Verfügungsberechtigte sind solche Personen, die berechtigt sind, im eigenen Namen unmittelbar auf ein
Recht einzuwirken (z.B. durch Übertragung, Aufhebung oder Inhaltsänderung). Im Falle des (Grund-
stücks-)Eigentums sind Verfügungsberechtigte grundsätzlich nur die Eigentümer oder sonstigen dinglich
am Grundstück Berechtigten (z.B. Erbbauberechtigte, Nießbraucher). Als sonstige Verfügungsberechtigte
kommen Personen in Betracht, die kraft Gesetzes (z.B. Insolvenzverwalter, Testamentsvollstrecker) oder
kraft Rechtsgeschäfts (infolge Ermächtigung durch den Rechtsinhaber bzw. dessen – nachträgliche –
Genehmigung der Verfügung eines Nichtberechtigten gemäß § 185 BGB) befugt sind, im eigenen Namen
über das Recht eines Anderen zu verfügen. Dazu zählen die Gesellschafter einer GbR aufgrund ihrer sich
aus § 714 BGB – im Umfang ihrer Geschäftsführungsbefugnis – ergebenden Vertretungsbefugnis (vgl.
dazu Palandt-Sprau, BGB, 68. Aufl. 2009, § 714, Rn. 1) indessen nicht. Denn die Vertretungsbefugnis ist
strikt von der Verfügungsberechtigung zu unterscheiden: Während der Verfügungsberechtigte im eigenen
Namen auftritt, also ein eigenes Geschäft führt, lediglich mit Wirkung auch für den Ermächtigenden, tritt der
Vertretungsberechtigte im fremden Namen auf; von der durch ihn getroffenen rechtsgeschäftlichen
Regelung wird ausschließlich der Vertretene betroffen, dieser allein ist Geschäftspartner (vgl. Münchener
Kommentar-Schramm, BGB, 4. Aufl., Vor § 164, Rn. 38). Demnach handeln die Gesellschafter einer GbR
kraft ihrer Vertretungsbefugnis aus § 714 BGB im Namen der GbR und schließen (ggf. auch Grundstücks-
)Geschäfte ausschließlich mit Wirkung für diese ab. Mit der sich aus § 714 BGB ergebenden
Vertretungsmacht ist ihnen hingegen nicht die Befugnis eingeräumt, über Gesellschaftsvermögen im
eigenen Namen zu verfügen (vgl. zum Ganzen: Münchener Kommentar-Schramm, a.a.O., Rn. 38 f.).
Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber des Denkmalschutz- und
-pflegegesetzes von einem anderen Begriff des „sonstigen Verfügungsberechtigten“ ausgegangen ist,
bestehen nicht. Vielmehr spricht die Verwendung des Begriffspaares „Eigentümer und sonstige
Verfügungsberechtigte“ in § 14 Abs. 2 Satz 1 DSchPflG dafür, dass der Landesgesetzgeber an die
überkommene Dogmatik im Zivilrecht anknüpfen wollte.
Der Kläger konnte durch die angefochtene Verfügung auch nicht aufgrund der akzessorischen Haftung
der Gesellschafter einer GbR für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft zu den ihm auferlegten
Instandsetzungsmaßnahmen herangezogen werden. Dazu fehlt es bisher an einer entsprechenden
konkreten Verbindlichkeit der Gesellschaft gegenüber dem Beklagten.
konkreten Verbindlichkeit der Gesellschaft gegenüber dem Beklagten.
Zwar ist § 128 HGB, der für die OHG die akzessorische Gesellschafterhaftung für Verbindlichkeiten der
Gesellschaft begründet, nach wohl herrschender Meinung auf die GbR entsprechend anwendbar (vgl.
Baumbach/Hopt, HGB, 33. Aufl., § 128, Rn. 1 mit Nachweisen zum Meinungsstand). Danach haften auch
die GbR-Gesellschafter persönlich, unbeschränkt, unmittelbar und primär auf das Ganze für
Verbindlichkeiten der GbR (vgl. Baumbach/Hopt, a.a.O.). Auch gilt § 128 HGB – ggf. in analoger
Anwendung – für alle Verbindlichkeiten der Gesellschaft, gleich aus welchem Rechtsgrund, und daher
grundsätzlich auch für solche, die im öffentlichen Recht wurzeln (vgl. Baumbach/Hopt, a.a.O., Rn. 2,
m.w.N.; OVR Nds., Urteil vom 15. Dezember 2004, juris, Rn. 40 und OVG NW, Beschluss vom
18. November 2008, NVwZ-RR 2009, S. 364, 366).
Indessen setzt die akzessorische Haftung der Gesellschafter für Verbindlichkeiten der Gesellschaft schon
begrifflich voraus, dass eine Verbindlichkeit der Gesellschaft besteht, für die gehaftet wird. Dabei muss es
sich um eine konkrete Verbindlichkeit der Gesellschaft gegenüber einem bestimmten Gläubiger handeln
(vgl. den Wortlaut des § 128 HGB: „Die Gesellschafter haften für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft
den Gläubigern als Gesamtschuldner persönlich“). Die allgemeine, aus der Sozialbindung des Eigentums
resultierende Pflicht zur Erhaltung und Pflege des Denkmals (§ 2 Abs. 1 DSchPflG) – hier: der GbR als
Grundstücks(mit)eigentümerin – besteht aber nur gegenüber der Allgemeinheit (vgl. dazu: Hönes, a.a.O.).
Aus ihr erwachsen konkrete Pflichten zur Vornahme bestimmter Erhaltungs- und
Instandsetzungsmaßnahmen am Denkmal erst aufgrund des Erlasses entsprechender Anordnungen nach
§ 14 Abs. 2 DSchPflG durch die untere Denkmalschutzbehörde, die diese als „Gläubigerin“ einfordern und
gegebenenfalls im Wege der Verwaltungsvollstreckung durchsetzen kann. Demnach bedarf es des
Erlasses einer entsprechenden Verfügung gegenüber der GbR, um eine konkrete denkmalrechtliche
Verbindlichkeit der GbR als Eigentümerin gegenüber der Behörde zu begründen, für die deren
Gesellschafter dann akzessorisch haften.
Dies wird auch sonst im öffentlichen Recht so gesehen. So ist etwa im Abgabenrecht anerkannt, dass die
Entstehung einer Verbindlichkeit der GbR den Erlass eines Festsetzungsbescheid gegenüber der GbR
(als Grundstückseigentümerin) voraussetzt (vgl. z.B. OVG NW, Urteil vom 7. Mai 2002, a.a.O., juris, Rn. 13
ff.). Deshalb ist nur die GbR als solche beitragspflichtig, nur sie schuldet den Beitrag; die Gesellschafter
haften nur für diesen, sofern ihnen gegenüber ein Haftungsbescheid ergeht (vgl. OVG NW, a.a.O., Rn. 19).
Auch im Polizei- und Ordnungsrecht gilt: Die allgemeine (materielle) Polizeipflichtigkeit besteht nur
gegenüber der Allgemeinheit, nicht gegenüber der zuständigen Behörde als Gläubigerin (vgl. OVG Nds.,
Urteil vom 15. Dezember 2004, a.a.O., juris, Rn. 40 m.w.N.).
Ebenso hat der BayVGH für die Sanierungsverpflichtung nach dem Bundesbodenschutzgesetz
entschieden, der Begriff der Verbindlichkeit setze voraus, dass eine Verpflichtung gegenüber einem ganz
bestimmten, zur Forderung berechtigten Gläubiger besteht; die bloß abstrakte Polizeipflichtigkeit eines
Verhaltensstörers nach allgemeinem Sicherheitsrecht oder auch nach dem Bundesbodenschutzgesetz
stelle noch keinen Anspruch des Staates gegenüber dem Bürger dar; es liege zumindest nahe, dass dann
auch noch keine Verbindlichkeit im Sinne von § 128 HGB angenommen werden könne, für die ein OHG-
Gesellschafter haften müsste (vgl. BayVGH, Beschluss vom 29. November 2004, juris, Rn. 12).
Und schließlich hat das OVG Nordrhein-Westfalen zum Erlass einer bauaufsichtlichen
Ordnungsverfügung gegenüber einer GbR ausgeführt: „Ob die Haftung eines Gesellschafters der GbR für
eine öffentlich-rechtliche Verbindlichkeit der Gesellschaft nur voraussetzt, dass der Gesellschaft
gegenüber eine sie zu konkreten Maßnahmen verpflichtende ordnungsbehördliche Verfügung ergeht,
oder ob die Haftung des Gesellschafters zusätzlich einen ihm gegenüber erlassenen Haftungsbescheid
voraussetzt, kann letztlich dahinstehen, da beides hier vorliegt ...“ (vgl. OVG NW, Beschluss vom
18. November 2008, a.a.O., S. 366 f.). Mit anderen Worten: Auch im Bauordnungsrecht setzt die
akzessorische Gesellschafterhaftung für Verbindlichkeiten der GbR jedenfalls den Erlass einer Verfügung
gegenüber der GbR voraus.
Für die hier in Rede stehende Verpflichtung zur Vornahme konkreter Instandsetzungsmaßnahmen zur
Abwehr von Gefahren für ein Denkmal kann nichts anderes gelten. Die akzessorische Haftung der
Gesellschafter setzt die Entstehung einer entsprechenden konkreten Verbindlichkeit der GbR gegenüber
der Behörde als „Gläubigerin“ voraus. Es bedarf daher einer Verfügung nach § 14 Abs. 2 Satz 1 DSchPflG
gegenüber der GbR. Erst dann ist eine denkmalrechtliche Verbindlichkeit der GbR gegenüber der
Behörde entstanden, für die deren Gesellschafter nach § 128 HGB analog akzessorisch haften.
Da hier eine solche Verfügung gegenüber der GbR fehlt, konnte der Kläger – ebenso wie seine
Mitgesellschafter – auch im Wege der akzessorischen Gesellschafterhaftung nicht gemäß § 14 Abs. 2 Satz
1 DSchPflG in Anspruch genommen werden. Der Beklagte hätte vielmehr – mindestens gleichzeitig – eine
entsprechende Verfügung gegenüber der GbR als solcher erlassen müssen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils hinsichtlich der Kosten folgt aus § 167
VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.
Rechtsmittelbelehrung
...
gez. Dr. Held
gez. Graf
gez. Müller-Rentschler
Beschluss
Der Wert des Streitgegenstandes für das Berufungsverfahren wird auf 38.305,00 € festgesetzt (§§ 47, 52
Abs. 1 GKG).
gez. Dr. Held
gez. Graf
gez. Müller-Rentschler