Urteil des OVG Rheinland-Pfalz vom 14.09.2006

OVG Koblenz: aufschiebende wirkung, vorläufiger rechtsschutz, versetzung, datum, bahn, vollziehung, quelle, aktiengesellschaft, ausschluss, bundesgesetz

OVG
Koblenz
14.09.2006
10 B 10612/06.OVG
Beamtenrecht
Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz
Beschluss
In dem Verwaltungsrechtsstreit
- Antragsteller und Beschwerdeführer -
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Grassl und Kollegen, Clemensstraße 2, 56068 Koblenz,
gegen
das Bundeseisenbahnvermögen, vertreten durch den Präsidenten Dienststelle Mitte, Außenbüro
Saarbrücken, Grülingsstraße 4, 66113 Saarbrücken,
- Antragsgegner und Beschwerdegegner -
beigeladen:
1. DB Regio AG Region Südwest, Bahnhofsplatz 7, 56058 Koblenz,
2. DB-Job-Service GmbH, vertreten durch den Geschäftsführer, Johannisstraße 5858, 50668 Köln,
Prozessbevollmächtigte: zu 1: Rechtsanwälte Nasner & Kollegen, Alfredstraße 1, 22087 Hamburg,
zu 2: Rechtsanwälte Kluger & Pfreimter, Isabellastraße 33, 80796 München,
wegen Abordnung
hier: aufschiebende Wirkung
hat der 10. Senat des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz in Koblenz aufgrund der Beratung vom
14. September 2006, an der teilgenommen haben
Vizepräsident des Oberverwaltungsgerichts Steppling
Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Falkenstett
Richter am Oberverwaltungsgericht Hennig
beschlossen:
Unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 5. Mai 2006 wird die
aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers vom 20. Februar 2006 gegen die unter dem
9. Februar 2006 von der Beigeladenen zu 1) angeordnete „Abordnung“ des Antragstellers zur
Beigeladenen zu 2) angeordnet.
Die Kosten beider Rechtszüge haben der Antragsgegner und die beiden Beigeladenen zu je ein Drittel zu
tragen.
Der Wert des Streitgegenstandes wird zugleich für das erstinstanzliche Verfahren auf 5.000.- € festgesetzt.
Gründe
Die Beschwerde des Antragstellers ist zulässig und begründet. Das Verwaltungsgericht hätte ihm den
begehrten vorläufigen verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutz nicht versagen dürfen. Schon der
Hauptantrag des Antragstellers auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen
die Personalmaßnahme vom 9. Februar 2006 ist zulässig und begründet.
Zulässig ist dieser Rechtsbehelf, weil hier die Situation des § 80 Abs. 2 Nr. 3 VwGO gegeben ist. Danach
entfällt die aufschiebende Wirkung eines (Anfechtungs-)Widerspruchs (und einer nachfolgenden
Anfechtungsklage) in durch Bundesgesetz vorgeschriebenen Fällen. So ist es vorliegend. § 126 Abs. 3 Nr.
3 BRRG schließt die aufschiebende Wirkung von Rechtsbehelfen aus, die sich gegen eine Versetzung
oder gegen eine Abordnung eines Beamten richten. Allerdings ist § 126 Abs. 3 Nr. 3 BRRG wohl nicht
unmittelbar einschlägig. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. neuestens
das Urteil vom 22. Juni 2006 – BVerwG 2 C 26.05 -, zur Veröffentlichung bestimmt) dürfte es sich bei
solchen Zuweisungen von Beamten an Beschäftigungsgesellschaften weder um eine Versetzung noch
um eine Abordnung im herkömmlichen Sinne handeln. Man wird sie als eine versetzungs- oder auch
abordnungsähnliche Maßnahme oder als eine Personalmaßnahme eigener Art zu qualifizieren haben.
Eine solche exakte Einordnung ist – wie gerade auch die erwähnte Rechtsprechung des
Bundesverwaltungsgerichts zeigt – nur schwer möglich. Indessen bedarf es einer solchen hier auch nicht.
Denn gleichgültig, ob man die Zuweisung als eine versetzungs- oder abordnungsähnliche Maßnahme
oder als eine Personalmaßnahme sui generis würdigt, wird man einen Ausschluss der aufschiebenden
Wirkung des Widerspruchs jedenfalls in analoger Anwendung des § 126 Abs. 3 Nr. 3 BRRG und damit die
Situation des § 80 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zu bejahen haben.
Dem so statthaften Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs kann man auch
nicht – wie es das Verwaltungsgericht getan hat – das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis absprechen.
Dabei muss man sehen, dass sich der Antragsteller mit seinem Rechtsbehelf gegen die sofortige
Vollziehung einer ihn als Adressaten belastenden Personalmaßnahme wendet, die von ihrer
Eingriffsintensität einer Versetzung oder Abordnung (gegen seinen Willen) gleich kommt. Von daher kann
nicht zweifelhaft sein, dass – was in Fällen solcher Art das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis
ausnahmsweise ausschließt – der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihm jedenfalls
grundsätzlich rechtliche oder tatsächliche Vorteile bringen kann (vgl. zum Fehlen des allgemeinen
Rechtsschutzbedürfnisses wegen Nutzlosigkeit des Rechtsschutzes: Kopp/Schenke, VwGO, 14. Aufl.,
2005, Vorb. vor § 40 Rdnr. 38). Zwar gibt es besondere Fälle, in denen gleichwohl das allgemeine
Rechtsschutzbedürfnis fehlen kann (vgl. zu solchen sehr selten anzutreffenden Ausnahmen:
Finkelnburg/Jank: Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 4. Aufl., 1998, Rdnrn. 963 ff),
jedoch liegt ein solcher Fall hier nicht vor.
Der danach zulässig Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs ist auch
begründet. Wie der Senat in seinem Beschluss vom gleichen Tag in dem Verfahren betreffend die
amtsangemessene Beschäftigung des Antragstellers (10 B 10611/06.OVG) entschieden hat, hat der
Antragsteller einen Rechtsanspruch auf amtsangemessene Beschäftigung glaubhaft gemacht. Dieser
Rechtsanspruch wird aber durch seine Abordnung an die Beigeladene zu 2) negiert bzw. – bei
Vollziehung dieser Personalmaßnahme – vereitelt. Eine solche Schmälerung seiner Rechtsposition
braucht der Antragsteller indessen nicht hinzunehmen. Vielmehr kann er – bei einer im vorläufigen
Rechtsschutzverfahren nur möglichen summarischen Prüfung - beanspruchen, von einer solchen
Rechtsbeeinträchtigung vorerst verschont zu bleiben.
Nur am Rande sei erwähnt, dass die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen die von der
Beigeladenen zu 1) unter dem Datum des 9. Februar 2006 verfügte Zuweisung des Antragstellers an die
Beigeladene zu 2) auch deshalb anzuordnen ist, weil diese Zuweisung offensichtlich von der
unzuständigen Stelle verfügt wurde. Erlassen wurde diese Personalmaßnahme nämlich von der
Beigeladenen zu 1), der als Gesellschaft des Privatrechts organisierten DB Regio AG Region Südwest,
indessen hätte sie für Beamte wie den Antragsteller gemäß § 12 Abs. 9 Satz 1 des Gesetzes über die
Gründung einer Deutschen Bahn Aktiengesellschaft (Deutsche Bahn Gründungsgesetz – DBGrG = Art. 2
des Gesetzes zur Neuordnung des Eisenbahnwesens (Eisenbahnneuordnungsgesetz – EneuOG – vom
27. Dezember 1993 [BGBl. I S. 2378 – 2386 -]) von dem Bundeseisenbahnvermögen getroffen werden
müssen.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, Abs. 3 VwGO.
Die Festsetzung des Wertes des Streitgegenstandes beruht auf §§ 53 Abs. 3 Nr. 1, 52 Abs. 2, 63 Abs. 3
GKG.
Dieser Beschluss ist gemäß § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.
gez. Steppling gez. Dr. Falkenstett gez. Hennig