Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 22.11.2006

OVG NRW: aufschiebende wirkung, bauhöhe, konzept, erschwerung, vollziehung, gefahr, zumutbarkeit, unterlassen, abgrenzung, rechtsschutzinteresse

Oberverwaltungsgericht NRW, 10 B 2354/06
Datum:
22.11.2006
Gericht:
Oberverwaltungsgericht NRW
Spruchkörper:
10. Senat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
10 B 2354/06
Vorinstanz:
Verwaltungsgericht Düsseldorf, 25 L 1799/06
Tenor:
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des
Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 18. Oktober 2006 wird
zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 2.500,- EUR
festgesetzt.
Gründe:
1
Die Beschwerde des Antragstellers hat keinen Erfolg.
2
Die in der Beschwerdebegründung dargelegten Gründe, die der Senat gemäß § 146
Abs. 4 Satz 6 VwGO allein zu prüfen hat, führen nicht zu einer Änderung der
angefochtenen Entscheidung, mit der das Verwaltungsgericht es abgelehnt hat, die
aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen den
Zurückstellungsbescheid vom 2. August 2006 wiederherzustellen. Nach summarischer
Betrachtung spricht Überwiegendes dafür, dass dieser Bescheid rechtmäßig ist.
3
Die Anordnung der sofortigen Vollziehung ist hinreichend begründet. Sie erschöpft sich
insbesondere nicht in einer bloßen Wiederholung der Tatbestandsvoraussetzungen des
§ 80 Abs. 3 VwGO - "besonderes Interesse an der sofortigen Vollziehung" -, denn sie
führt, bezogen auf den vorliegenden Einzelfall, aus, dass nur durch den für sofort
vollziehbar erklärten Zurückstellungsbescheid eine Erschwerung oder Vereitelung der
4
gemeindlichen Planungsabsichten verhindert werden kann. Dies genügt den
Anforderungen des § 80 Abs. 3 VwGO, denn die Verwirklichung des beantragten
Bauvorhabens würde aus den noch auszuführenden Gründen das städtebauliche
Konzept des Antragsgegners vereiteln.
Die Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 Satz 1 BauGB für den Erlass des angegriffenen
Zurückstellungsbescheids liegen vor. Die Voraussetzungen für den Erlass einer
Veränderungssperre nach § 14 BauGB sind gegeben, und es ist zu befürchten, dass
das Vorhaben des Antragstellers die Durchführung der gemeindlichen Bauleitplanung
wesentlich erschweren oder unmöglich machen würde.
5
Vgl. zu den Voraussetzungen OVG NRW, Beschluss vom 23. September 2005 - 10 B
691/05 -; BVerwG, Beschluss vom 5. Februar 1990 - 4 B 191.89 -, BRS 50 Nr. 103; zur
Rechtsschutzform und zum Rechtsschutzinteresse noch OVG NRW, Urteil vom 11.
Oktober 2006 - 8 A 764/06 -; Beschluss vom 3. Juni 2004 - 7 A 807/04 -, juris.
6
Mit dem Zurückstellungsbescheid wird entgegen der Annahme der Beschwerde eine in
ausreichendem Maße konkretisierte und daher sicherungsfähige Planungskonzeption
im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 14 Abs. 1 BauGB gesichert. Dem
Aufstellungsbeschluss vom 20. Juli 2006 und dem angegriffenen
Zurückstellungsbescheid lässt sich das städtebauliche Ziel des zu erwartenden
Bebauungsplans hinreichend deutlich entnehmen.
7
Der Aufstellungsbeschluss ist - noch - genügend bestimmt; er lässt den Geltungsbereich
des Bebauungsplans erkennen, indem er die betroffenen Grundstücke anhand ihrer
postalischen Bezeichnung im Einzelnen benennt. Die städtebauliche Erforderlichkeit
der Planung kann anhand der sich aus Aufstellungsbeschluss und
Zurückstellungsbescheid ergebenden Informationen über das mit der Planaufstellung
verfolgte städtebauliche Konzept bejaht werden. Dem Plangeber geht es ersichtlich
darum, die Bebauung des L.----platzes in der unmittelbaren Umgebung denkmalwerter
Bausubstanz - historisches Postamt, Amtsgericht - als geschlossene und einheitlich
wirkende Platzbebauung zu sichern. Diesem Ziel soll in nachvollziehbarer Weise die
Festsetzung einer zwingenden Mindestgeschossigkeit bzw. -bauhöhe, der
geschlossenen Bauweise sowie einer bestimmten Dachform dienen. Die Abgrenzung
des Plangebiets entspricht diesem städtebaulichen Konzept, da es diejenigen Seiten
des L.----platzes umfasst, an denen wegen des Vorhandenseins unbebauter
Grundstücke die Gefahr besteht, die angestrebte Einheitlichkeit insbesondere
hinsichtlich der Bauhöhe und Dachform zu vereiteln.
8
Auch die weitere Voraussetzung für den Erlass des angegriffenen
Zurückstellungsbescheids ist gegeben, da zu befürchten ist, dass das Vorhaben des
Antragstellers die Durchführung der gemeindlichen Bauleitplanung wesentlich
erschweren würde. Die Errichtung eines eingeschossigen Flachdachbaus und die
Nutzung des angrenzenden Grundstücks für Parkplätze würden die Verwirklichung
einer geschlossenen Platzrandbebauung in der von dem Antragsgegner angestrebten
Bauhöhe und Baugestaltung auf unabsehbare Zeit vereiteln, zumindest aber wesentlich
erschweren. Der Umstand, dass der Antragsteller bereit ist, sein Bauvorhaben technisch
so auszuführen, dass eine spätere Aufstockung statisch möglich ist, ändert daran nichts.
Denn mit der Erteilung einer Baugenehmigung für die von ihm derzeit geplante
Bebauung würde sich die Legalisierungswirkung der Baugenehmigung auf die
genehmigte Bausubstanz und damit auch darauf erstrecken, nicht mehr als die
9
genehmigte Substanz herstellen zu müssen. Es stünde - vorbehaltlich des Erlasses
eines Baugebots, das aber durch die wirtschaftliche Zumutbarkeit seiner Auswirkungen
begrenzt ist (vgl. § 176 Abs. 1, 3 BauGB) - dem Antragsteller grundsätzlich frei, eine
spätere Aufstockung entsprechend den Vorgaben des künftigen Bebauungsplans zu
realisieren oder zu unterlassen. Seine aus der Erteilung einer Baugenehmigung
folgenden Belange müssten jedenfalls bei der planerischen Abwägung über die
Festsetzungen des künftigen Bebauungsplans berücksichtigt werden; schon dies
könnte zu einer wesentlichen Erschwerung der gemeindlichen Planung beitragen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
10
Die Streitwertfestsetzung stützt sich auf §§ 53 Abs. 3, 52 Abs. 1 GKG. Nach dem
Streitwertkatalog der Bausenate des Oberverwaltungsgerichts (BauR 2003, 1883) ist der
Streitwert für eine Klage auf Erteilung einer Baugenehmigung für gewerbliche Bauten
mit dem geschätzten Jahresnutzwert zu bemessen. Im vorliegenden Fall geht es jedoch
entgegen der Annahme der Beschwerde nicht um ein Einzelhandelsvorhaben, sondern
um einen (kleinen) gastronomischen Betrieb, dessen Jahresnutzwert der Senat
pauschalierend auf 10.000,00 EUR schätzt; dieser Betrag ist im Hinblick darauf, dass
nur eine Zurückstellung angegriffen wird und im Hinblick auf den Charakter des
Verfahrens als Eilverfahren auf ein Viertel zu reduzieren.
11
Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 152 Abs. 1 VwGO.
12
13