Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 11.12.2000
OVG NRW: wohl des kindes, wichtiger grund, namensänderung, elterliche sorge, drucksache, kindeswohl, halbschwester, rechtskräftiges urteil, geburt, öffentlich
Oberverwaltungsgericht NRW, 8 A 715/00
Datum:
11.12.2000
Gericht:
Oberverwaltungsgericht NRW
Spruchkörper:
8. Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
8 A 715/00
Vorinstanz:
Verwaltungsgericht Arnsberg, 12 K 3895/98
Tenor:
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts
Arnsberg vom 17. Dezember 1999 geändert.
Der Bescheid des Beklagten vom 3. April 1998 und der
Widerspruchsbescheid der Bezirksregierung Arnsberg vom 4. August
1998 werden aufgehoben.
Die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen tragen der Beklagte zur
Hälfte und die Beigeladenen zu jeweils 1/4.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige
Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch
Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden,
wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung
Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
1
Die am 9. Januar 1991 und 8. August 1993 geborenen Beigeladenen sind die
gemeinsamen Kinder ihrer gesetzlichen Vertreterin und des Klägers. Während der am
15. November 1991 geschlossenen Ehe führten die Eheleute den Ehenamen "Z. ".
Nachdem der vor der Eheschließung geborene Beigeladene zu 1. zunächst den
Familiennamen "K. " erhalten hatte, führte er nach der Eheschließung den Ehenamen
seiner Eltern. Der Beigeladene zu 2. trägt diesen Familiennamen seit Geburt. Durch
rechtskräftiges Urteil des Amtsgerichts I. vom 1. September 1997 wurde die Ehe
geschieden und das alleinige elterliche Sorgerecht über die Beigeladenen der Mutter
übertragen. Mit Wirkung vom 31. Oktober 1997 nahm die Mutter ihren Geburtsnamen "K.
" wieder an. Ein weiteres am 26. September 1996 geborenes Kind, das kein eheliches
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Kind ist, führt nach entsprechender Berichtigung des Standesamtsregisters als
Familiennamen den Geburtsnamen der Mutter "K. ".
Unter dem 7. November 1997 beantragte die Mutter der Beigeladenen, deren
Familiennamen in "K. " zu ändern. Zur Begründung gab sie an, sie lebe bereits seit Mai
1995 vom Kläger getrennt, der seither nur sporadischen Umgang mit seinen Kindern
gehabt habe. Der Beigeladene zu 1. habe ausdrücklich von sich aus gewünscht, ihren
Namen zu führen. Er leide darunter, nicht so wie sie zu heißen. Besonders in der Schule
übe er schon mal den Namen "K. ". Er benötige die Sicherheit der Namensgleichheit,
um den Zusammenhalt ihrer Familie dokumentieren zu können. Er befürchte eine
Ausgrenzung und habe Verlassensängste, wenn er den bisherigen Namen weiterhin
tragen müsse. Für den Beigeladenen zu 2. sei nicht einsehbar, warum er anders heiße
als sie. Auch ihn plagten Verlassensängste.
3
Mit Schreiben vom 29. Dezember 1997 bat der Stadtdirektor der Stadt I. das
Ordnungsamt der Stadt B. , den Kläger zu den Namensänderungsanträgen anzuhören.
Unter dem 14. Januar 1998 teilte der Oberbürgermeister der Stadt B. der
Stadtverwaltung I. mit, der Kläger sei an mehreren Tagen zu verschiedenen Zeiten in
seiner Wohnung nicht angetroffen worden und habe auf eine schriftliche
Benachrichtigung nicht reagiert.
4
In seiner Stellungnahme vom 16. Januar 1998 äußerte das Jugendamt der Stadt I. keine
Bedenken gegen eine Namensänderung. Die Familie sei dem Jugendamt durch das
Scheidungsverfahren bekannt. Die von der Kindesmutter dargestellten Gründe für die
Namensänderung seien plausibel und nachvollziehbar. Eine Namensänderung diene
auch dem Wohle der Kinder.
5
Mit Bescheid vom 3. April 1998 gab der Beklagte den Namensänderungsanträgen statt.
Zur Begründung verwies er darauf, in Fällen der vorliegenden Art spreche nach der
höchstrichterlichen Rechtsprechung eine widerlegliche Vermutung dafür, dass eine
Änderung der Familiennamen der Kinder deren Wohl förderlich sei. Es gebe keine
Hinweise darauf, dass die Vermutung ausnahmsweise als widerlegt anzusehen sei.
Namentlich sei nicht erkennbar, dass die Namensänderung nur missbraucht werden
solle, um positive Beziehungen der Kinder zum nicht sorgeberechtigten Vater zu stören.
Der Beklagte teilte dem Kläger mit, die Namensänderungsurkunden auszustellen,
sobald der Bescheid unanfechtbar geworden sei.
6
Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch, mit dem er geltend machte, es stehe zu
befürchten, dass die Kinder ihm durch den Namenswechsel weiter entfremdet werden
sollten. Seine geschiedene Ehefrau habe bereits in der Vergangenheit versucht, ihm
seine Kinder zu entziehen. Ihre Angabe, es bestünden lediglich sporadische Kontakte
zwischen ihm und den Kindern, sei unzutreffend. Er habe sein Besuchsrecht mit Hilfe
des Gerichts festlegen lassen müssen, weil sich die Kindesmutter gesperrt habe. Als
das Besuchsrecht erstmalig habe ausgeübt werden sollen, sei es wiederum an seiner
geschiedenen Ehefrau gescheitert. Seine Kinder hätten aber ein äußerst positives
Verhältnis zu ihm und wollten sich auch an keinen neuen Namen gewöhnen. Überdies
sei es nach der neuen Rechtslage im Namensrecht durchaus üblich, dass Kinder einen
anderen Namen als ihre Eltern führten.
7
Mit Widerspruchsbescheid vom 4. August 1998 wies die Bezirksregierung A. den
Widerspruch des Klägers zurück.
8
Zur Begründung seiner am 27. August 1998 erhobenen Klage hat der Kläger ergänzend
auf das geänderte Kindschaftsrecht hingewiesen, wonach nichteheliche Kinder den
ehelichen Kindern gleichgestellt seien. Die Namensänderung diene allein dem Zweck,
ihm die Kinder weiter zu entfremden. Wegen des Besuchsrechts habe er mehrfach um
gerichtliche Hilfe nachsuchen müssen, zuletzt Anfang 1999. Am 26. April 1999 sei über
das Umgangsrecht ein gerichtlicher Vergleich vor dem Amtsgericht I. (14 a F 88/99)
geschlossen worden. Auch danach sei es wieder zur Behinderung des Umgangsrechts
gekommen. Aus einer Stellungnahme des Jugendamtes der Stadt I. vom 15. April 1999
im familiengerichtlichen Verfahren gehe ebenfalls hervor, dass seine geschiedene
Ehefrau das Umgangsrecht behindere.
9
Der Kläger hat beantragt,
10
den Bescheid des Beklagten vom 3. April 1998 und den hierzu ergangenen
Widerspruchsbescheid der Bezirksregierung A. vom 4. August 1998 aufzuheben.
11
Der Beklagte hat beantragt,
12
die Klage abzuweisen.
13
Zur Begründung hat er auf die angefochtenen Bescheide Bezug genommen.
14
Die Beigeladenen haben ebenfalls beantragt,
15
die Klage abzuweisen.
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Mit dem angefochtenen Urteil vom 17. Dezember 1999, auf dessen
Entscheidungsgründe Bezug genommen wird, hat das Verwaltungsgericht die Klage mit
der Begründung abgewiesen, ein wichtiger Grund für die Namensänderung sei
gegeben, weil diese dem Wohl der Beigeladenen förderlich sei; selbst wenn aufgrund
der Neufassung des § 1618 BGB nunmehr auch in Fällen des § 3
Namensänderungsgesetz der Maßstab der Erforderlichkeit für das Wohl der Kinder
anzulegen sei, bestehe ein besonders gewichtiges Interesse der Beigeladenen an der
Namensänderung.
17
Das Urteil ist dem Kläger am 6. Januar 2000 zugestellt worden. Auf den am 2. Februar
2000 eingegangenen Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für
das Verfahren über die Zulassung der Berufung hat der Senat durch Beschluss vom 8.
August 2000, dem Kläger am 17. August 2000 zugestellt, diesem für das
Zulassungsverfahren Prozesskostenhilfe bewilligt. Auf entsprechenden Antrag des
Klägers vom 21. August 2000 hat der Senat mit Beschluss vom 31. August 2000 die
Berufung unter Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hinsichtlich der Versäumung der
Antragsfrist zugelassen.
18
Nach Zustellung dieses Beschlusses am 6. September 2000 trägt der Kläger mit am 15.
September 2000 eingegangenem Schriftsatz im Wesentlichen ergänzend vor: Infolge
der Neuregelung des bürgerlich-rechtlichen Namensrechts mit Wirkung vom 1. Juli 1998
sei eine Namensänderung in den Fällen der so genannten "Scheidungshalbwaisen"
grundsätzlich ausgeschlossen. Selbst wenn § 3 Abs. 1 des Namensänderungsgesetzes
weiterhin anwendbar sei, könne ein wichtiger Grund für die Namensänderung nur bei
19
deren Erforderlichkeit für das Kindeswohl angenommen werden. Eine Erforderlichkeit in
diesem Sinne für das Wohl der Beigeladenen sei jedoch nicht ersichtlich. Bei der
Namensverschiedenheit von Kindern zu der Kindesmutter handele es sich nicht mehr
um einen ungewöhnlichen Einzelfall, der für die Kinder in ihrem täglichen Leben einen
Nachteil mit sich bringe. Überdies stelle sich der Antrag auf Namensänderung letztlich
als ein Missbrauchstatbestand dar, mit dem seine Beziehung zu den Beigeladenen
gestört bzw. erheblich beeinträchtigt werden solle. Seit Mitte 1997 sei ihm der Umgang
mit seinen Kindern durch die Kindesmutter erschwert bzw. unmöglich gemacht worden.
Diese sei auch der Umgangsrechtsregelung im gerichtlichen Vergleich vom 1.
Dezember 1997 (AG I. - 14 F 485/97 -) nicht nachgekommen. Nachdem seine
geschiedene Ehefrau versucht habe, einen neuerlichen gerichtlichen Vergleich vom 8.
Februar 1999 ebenfalls zu unterlaufen, sei ihr auf seinen Antrag hin mit Beschluss des
Amtsgerichts I. (14 F 601/98) vom 8. März 1999 die Verhängung eines Zwangsgeldes
angedroht worden. Gleichwohl habe sie ihm am 18. und 19. Dezember 1999 erneut die
Ausübung des Umgangsrechts verwehrt. Ebenso sei sie bei späteren Besuchsterminen
verfahren. Wegen der Behinderung des Umgangsrechts habe das Oberlandesgericht H.
mit Beschluss vom 2. Mai 2000 eine teilweise Verwirkung des Unterhaltsanspruchs
festgestellt (5 UF 111/99). Inzwischen habe das Amtsgericht I. das Jugendamt als
Umgangspfleger zur Sicherstellung der Besuchskontakte bestellt (14 a F 32/00). Mit
Schriftsatz vom 21. November 2000 weist der Kläger darauf hin, dass das
Oberlandesgericht H. mit Urteil vom 10. November 2000 (5 UF 111/99) entschieden
habe, dass der Geschiedenenunterhalt der Mutter der Beigeladenen mit Wirkung vom 1.
Mai 2000 vollkommen entfalle.
Der Kläger beantragt,
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das angefochtene Urteil zu ändern und nach dem erstinstanzlichen Klageantrag zu
erkennen.
21
Der Beklagte beantragt,
22
die Berufung zurückzuweisen.
23
Zur Begründung bezieht er sich auf den Runderlass des Innenministeriums des Landes
Nordrhein-Westfalen vom 22. Mai 2000, wonach auch nach der Neufassung des § 1618
BGB ein wichtiger Grund i.S.v. § 3 des Namensänderungsgesetzes für die
Namensänderung von so genannten "Scheidungshalbwaisen" bei Förderlichkeit für das
Kindeswohl anzunehmen sei. Von dieser Förderlichkeit für das Wohl der Beigeladenen
sei unter Berücksichtigung der Gesamtumstände auszugehen, zumal die Halbschwester
M. bereits den Familiennamen "K. " trage.
24
Die Beigeladenen beantragen,
25
die Berufung zurückzuweisen.
26
Sie schließen sich der Begründung des Beklagten an und lassen ergänzend vortragen,
die Namenseinheit sei für die Aufrechterhaltung der Verbindung des Klägers zu ihnen
von äußerst geringer Bedeutung. Gewachsene Bindungen könnten nicht dadurch
gestört werden, dass Kinder ihren Namen wechselten. Demgegenüber sei es
notwendig, die nach außen darzustellende Integrität innerhalb eines geschlossenen
Familienverbandes dadurch zu erleichtern, dass es ihnen erlaubt werde, den
27
Familiennamen ihrer Mutter und Halbschwester zu tragen. Die gesetzliche Vertreterin
der Beigeladenen widerspricht der Darstellung des Klägers, die Durchführung von
Besuchskontakten behindert zu haben. Zumindest hätten gute Gründe für die
Nichteinhaltung der Besuchstermine bestanden.
Der Senat hat eine Stellungnahme des Jugendamtes der Stadt I. vom 28. September
2000 eingeholt, auf die Bezug genommen wird. Die Beigeladenen sind durch die
Berichterstatterin persönlich angehört worden. Wegen der Einzelheiten wird auf die
Sitzungsniederschrift über den Erörterungstermin vom 7. November 2000 verwiesen.
28
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der
Gerichtsakte, der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten, der
beigezogenen Gerichtsakte der familiengerichtlichen Verfahren 14 F 485/97, 14 F
492/97, 14 F 601/98, 14 a F 88/99 und 14 a F 32/00 (AG I. ), sowie der Erlasse des
Ministeriums für Inneres und Justiz des Landes Nordrhein-Westfalen vom 20. Januar
1999 (I A 3/14-80.10/55.44) und des Innenministeriums des Landes Nordrhein-
Westfalen vom 22. Mai 2000 (I A 3/14-80.10/55.44) ergänzend Bezug genommen.
29
Entscheidungsgründe:
30
Die vom Senat zugelassene (§ 124 Abs. 2 VwGO) und auch im Übrigen zulässige
Berufung hat Erfolg.
31
Die Klage, deren Zulässigkeit nicht zweifelhaft ist, ist begründet. Der angegriffene
Verwaltungsakt vom 3. April 1998 in der Fassung des Widerspruchsbescheides der
Bezirksregierung A. vom 4. August 1998 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in
seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
32
Ermächtigungsgrundlage für den Erlass des angefochtenen Verwaltungsaktes ist § 3
Abs. 1 des Gesetzes über die Änderung von Familiennamen und Vornamen vom 5.
Januar 1938 (RGBl. I S. 9) in der Fassung vom 16. Dezember 1997 (BGBl. I S. 2942) -
Namensänderungsgesetz (NÄG) -. Danach darf ein Familienname durch Entscheidung
der zuständigen Verwaltungsbehörde nur geändert werden, wenn ein wichtiger Grund
die Änderung rechtfertigt. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift sind nicht erfüllt.
33
Auch nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Kindschaftsrechts
(Kindschaftsrechtsreformgesetz - KindRG -) vom 16. Dezember 1997, mit Wirkung vom
1. Juli 1998 (BGBl. 1997 I S. 2942), ist der Beklagte befugt, über den
Namensänderungsantrag der Beigeladenen nach Maßgabe des § 3 Abs. 1 NÄG zu
entscheiden (I.). Ein wichtiger Grund im Sinne der Regelung, der in Anlehnung an die in
§ 1618 BGB getroffene normative Wertung - jedenfalls in Fällen, in denen die
Einwilligung des nichtsorgeberechtigten Elternteils nicht erteilt worden ist - nur
anzunehmen ist, wenn die Namensänderung zum Wohl des Kindes erforderlich ist, liegt
nicht vor (II.). Die Namensänderung ist dem Wohl der Beigeladenen aber auch nicht
förderlich (III.).
34
I. Der Beklagte ist ermächtigt, den Antrag auf Änderung des Familiennamens der
Beigeladenen nach § 3 Abs. 1 NÄG zu beurteilen und zu bescheiden. Die
Namensänderung richtet sich nämlich nicht nach § 1618 BGB mit der Folge der
Zuständigkeit des Standesbeamten bzw. gegebenenfalls des Familiengerichts, weil
jene Bestimmung die vorliegende Fallkonstellation nicht erfasst und eine analoge
35
Anwendung der Norm ausscheidet. Fälle der vorliegenden Art, in denen nach einer
Scheidung die für das aus der Ehe hervorgegangene Kind allein sorgeberechtigte
Mutter ihren früheren Namen gemäß § 1355 Abs. 5 BGB wieder angenommen hat und
für dieses eine entsprechende Änderung des Familiennamens begehrt, sind auch in
anderen Bestimmungen der §§ 1616 ff. BGB nicht geregelt. Für sie kommt weiterhin
allein eine verwaltungsbehördliche Namensänderung nach § 3 NÄG in Betracht, ohne
dass die bürgerlich-rechtlichen Vorschriften den Rückgriff hierauf versperrten.
Offen gelassen noch vom bis zum 31. Dezember 1999 für Namensrecht zuständigen 10.
Senat des erkennenden Gerichts: Urteil vom 23. April 1999 - 10 A 5678/98 -, NWVBl.
2000, 97 (98).
36
Dieser Befund ergibt sich aus einer Auslegung der §§ 1616 ff. BGB auf der einen und
des § 3 NÄG auf der anderen Seite.
37
Durch das Kindschaftsrechtsreformgesetz vom 16. Dezember 1997 sind das elterliche
Sorgerecht und das Kindesnamensrecht einer Neuordnung zugeführt worden.
Insbesondere sind rechtliche Unterschiede zwischen ehelichen und nichtehelichen
Kindern soweit wie möglich abgebaut worden.
38
Vgl. Henrich/Wagenitz/Bornhofen, Deutsches Namensrecht, 1. Lieferung 2000, vor §§
1616 ff. BGB Rn. 1; Diederichsen, NJW 1998, 1972 (1981); Wagenitz, FamRZ 1998,
1545; Lüke, JuS 1998, 857.
39
Die Namensführung von Kindern ist in §§ 1616 - 1618 BGB teilweise neu geregelt
worden. Ausschlaggebend für die Namensführung sind nach wie vor - wie auch nach
dem zuvor geltenden Recht - die Verhältnisse im Zeitpunkt der Geburt des Kindes (§§
1616, 1617, 1617 a BGB). Allerdings sind spätere Namensänderungen von Kindern in
größerem Umfang als nach früherem Recht in Anknüpfung an nach der Geburt
eintretende Änderungen der tatsächlichen Verhältnisse möglich (§§ 1617 b, 1617 c,
1618 BGB). Der Gesetzgeber hat mit dem Kindschaftsrechtsreformgesetz folgendes
System geschaffen:
40
Gemäß § 1616 BGB erhält das Kind den Ehenamen seiner Eltern als Geburtsnamen.
Dies setzt voraus, dass die Eltern im Zeitpunkt der Geburt ihres Kindes einen - sich nach
§ 1355 BGB bestimmenden - gemeinsamen Familiennamen (Ehenamen) führen. Für die
Fälle, in denen die Eltern keinen Ehenamen führen, trifft § 1617 BGB die Regelung,
dass sie bei gemeinsamer elterlicher Sorge durch Erklärung gegenüber dem
Standesbeamten den Geburtsnamen des Kindes bestimmen. § 1617 a BGB regelt
Fallkonstellationen, in denen die Eltern keinen Ehenamen führen und die elterliche
Sorge nur einem Elternteil zusteht: Das Kind erhält dann grundsätzlich den Namen, den
dieser Elternteil im Zeitpunkt der Geburt des Kindes führt (Abs. 1). Abs. 2 Satz 1 der
Norm räumt dem sorgeberechtigten Elternteil das Recht ein, dem Kind durch Erklärung
gegenüber dem Standesbeamten mit Wirkung für die Zukunft den Namen des anderen
Elternteils zu erteilen. Die Erteilung des Namens bedarf nach Abs. 2 Satz 2 der
Einwilligung des anderen Elternteils und des Kindes, wenn es das 5. Lebensjahr
vollendet hat.
41
Fälle nachträglicher Namensänderung sind in §§ 1617 b ff. BGB geregelt: § 1617 b BGB
ermöglicht Namensänderungen bei späterer Begründung gemeinsamer Sorge der
Eltern sowie bei Scheinvaterschaft. § 1617 c BGB trägt Fällen elterlichen
42
Namenswechsels Rechnung: Nach Abs. 1 erstreckt sich die Bestimmung eines
Ehenamens nach der Geburt des Kindes mit Wirkung für die Zukunft auf dessen
Geburtsnamen, nach der Vollendung des 5. Lebensjahres allerdings nur dann, wenn es
sich der Namensgebung anschließt. Diese Vorschrift gilt gemäß Abs. 2 entsprechend
bei späterer Änderung des zum Geburtsnamen des Kindes gewordenen Ehenamens,
also des gemeinsamen Familiennamens der Eltern (Abs. 2 Nr. 1) bzw. wenn sich in den
Fällen der §§ 1617, 1617 a, 1617 b BGB der Familienname eines Elternteils, der
Geburtsname des Kindes geworden ist, auf andere Weise als durch Eheschließung
ändert (Abs. 2 Nr. 2). Entscheidend für den Anwendungsbereich der Nr. 2 ist, dass sich
der Geburtsname des Kindes einseitig aus dem Familiennamen nur eines Elternteils
herleitet.
Vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 17. März 2000 - 3 Wx 405/99 -, FamRZ 2000,
1181.
43
Schließlich wird in § 1618 BGB die so genannte Einbenennung von Stiefkindern
geregelt: Steht einem Elternteil die elterliche Sorge zu, so kann er gemeinsam mit
seinem Ehegatten, der nicht Elternteil des Kindes ist, dem Kind durch Erklärung
gegenüber dem Standesbeamten seinen Ehenamen erteilen. Führt das Kind bisher den
Namen des anderen Elternteils, so bedarf es dessen Einwilligung, die durch das
Familiengericht ersetzt werden kann, wenn die Namenserteilung zum Wohl des Kindes
erforderlich ist.
44
Keine der aufgeführten Vorschriften erfasst ihrem Wortlaut nach die hier begehrte
Namensänderung. Da der Beigeladene zu 2. als Geburtsnamen den zum Zeitpunkt
seiner Geburt geführten Ehenamen seiner Eltern "Z. " erhalten hat und der Beigeladene
zu 1. nach der Eheschließung ebenfalls so benannt wurde, scheidet eine Anwendung
der §§ 1617 c Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 2 sowie 1617 b BGB aus; ein Fall des § 1617 c Abs.
2 Nr. 1 BGB ist ebenso wenig gegeben. Auch eine (direkte) Anwendung des § 1618
BGB kommt nicht in Betracht, weil die Mutter der Beigeladenen nicht wieder geheiratet
hat und daher keine Erteilung des Namens eines Stiefvaters beabsichtigt ist. Ist die
vorliegende Fallkonstellation mithin in §§ 1616 ff. BGB nicht ausdrücklich geregelt, kann
jenem Normgefüge indes auch keine Wertung entnommen werden, wonach ein
Rückgriff auf die allgemeine öffentlich-rechtliche Namensänderung nach § 3 NÄG von
vornherein ausgeschlossen wäre.
45
Eine dahingehende gesetzgeberische Absicht lässt sich aus den Gesetzesmaterialien
nicht herleiten.
46
Mit der Neufassung des § 1618 BGB hat der Gesetzgeber der Forderung in der
Diskussion um die Reform des Kindschaftsrechts entsprochen, die Rechtsstellung der
"Stiefeltern" zu verbessern. Durch die Möglichkeit der Einbenennung von "Stiefkindern"
soll die Integration solcher Kinder in die neue "Stieffamilie" gefördert werden; der
manchmal schwierige Weg über das öffentliche Namensänderungsgesetz muss nicht
mehr gegangen werden.
47
Begründung des Regierungsentwurfs eines Gesetzes zur Reform des
Kindschaftsrechts, BT-Drucksache 13/4899, S. 29 (66, 92).
48
In der Einzelbegründung zu § 1618 Abs. 1 des Gesetzentwurfs der Bundesregierung,
49
BT-Drucksache 13/4899, S. 29 (92),
50
wird auf die Stellungnahme des Bundesrates aus dem Jahr 1993 (BT-Drucksache
12/3163) zum Entwurf eines Gesetzes zur Neuordnung eines Familiennamensrechts
(Familiennamensrechtsgesetz - FamNamRG) verwiesen. Darin bemängelt der
Bundesrat, dass der Entwurf eine Namensrechtsregelung für "Stiefkinderfälle"
vermissen lasse. Dies habe zur Folge, dass die so genannten Stiefkinderfälle nach wie
vor auf eine öffentlich-rechtliche Namensänderung angewiesen seien. Entsprechende
Verfahren seien in der Praxis relativ häufig und überdurchschnittlich konfliktbeladen;
Verwaltungsgerichtsentscheidungen zum Namensänderungsgesetz beträfen ganz
überwiegend die "Stiefkinderfälle". Dieser Befund belege, dass es bei der erwähnten
Problematik im weitesten Sinne um Scheidungsfolgen bzw. Fragen der Personensorge
gehe, die durch bürgerlich-rechtliche Gestaltungsmöglichkeiten und nicht durch die als
ultima ratio für den Einzelfall gedachte öffentlich-rechtliche Namensänderung gelöst
werden sollten. Es werde daher darum gebeten, im weiteren Gesetzgebungsverfahren
zu prüfen, ob die namensmäßige Eingliederung der so genannten Stiefkinder in die
neue Familie einer bürgerlich-rechtlichen Lösung zugeführt werden könne.
51
BT-Drucksache 12/3163, S. 23 f.; vgl. hierzu bereits OVG NRW, Urteil vom 23. April
1999 - 10 A 5687/98 -, NWVBl. 2000, 97 (99).
52
Nachdem bereits diese Ausführungen die Vermutung nahe legen, der Gesetzgeber
habe nicht alle sich im weitesten Sinne als Folge von Ehescheidungen darstellenden
Namensänderungen von Kindern einer bürgerlich-rechtlichen Lösung zuführen wollen,
so belegt auch die weitere Entstehungsgeschichte des
Kindschaftsrechtsreformgesetzes, dass eine abschließende (zivilrechtliche) Regelung
nur für die so genannten "Stiefkinderfälle" getroffen werden sollte. Der vorstehend
wiedergegebenen Gesetzesbegründung lässt sich ausdrücklich nur das Anliegen des
Gesetzgebers entnehmen, die (namensrechtliche) Integration des Kindes in die neu
gegründete "Stieffamilie" zu fördern.
53
Vgl. dazu auch Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses zum
Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Drucksache 13/8511, S. 73.
54
Demgegenüber erwähnt der Gesetzgeber die so genannten "Scheidungshalbwaisen"
an keiner Stelle; schon gar nicht lassen die Gesetzesmaterialien die Schlussfolgerung
auf eine Intention des Gesetzgebers zu, diesen eine Namensänderung gänzlich, also
auch nach § 3 NÄG, zu verwehren. Insbesondere kann dies nicht aus der Streichung
des im Regierungsentwurf vorgesehenen § 1617 b Abs. 2 abgeleitet werden.
55
So auch: OVG Nds., Urteil vom 23. Mai 2000 - 10 L 3281/99 -, NJW 2000, 3151 (3152);
entgegen: VG Ansbach, Urteil vom 15. September 1999 - AN 15 K 98.01841 -, NJW
2000, 452 (453).
56
§ 1617 b Abs. 2 RegE sah vor, dass der Name des Kindes neu bestimmt werden kann,
wenn in anderen Fällen als denen des § 1671 BGB die alleinige Sorge eines Elternteils
erst begründet wird, wenn das Kind bereits einen Namen führt. Diese Vorschrift war, wie
die Bezugnahme auf § 1671 BGB zeigt und der Einzelbegründung im
Regierungsentwurf entnommen werden kann, gerade nicht auf Fälle des
Sorgerechtswechsels nach Trennung der Eltern zugeschnitten.
57
BT-Drucksache 13/4899, S. 29 (91).
58
Schon mangels Anwendbarkeit der Entwurfsregelung auf die "Scheidungshalbwaisen"
lässt der Umstand, dass die Bestimmung entsprechend der Beschlussempfehlung des
Rechtsausschusses,
59
BT-Drucksache 13/8511, S. 10, 73,
60
gestrichen wurde und keine Gesetzeskraft erlangt hat, nicht darauf schließen, der
Gesetzgeber habe lediglich für die "Stiefkinderfälle" den Grundsatz der
Namenskontinuität überwinden und für alle anderen Fallgruppen, namentlich die der
"Scheidungshalbwaisen", eine Namensänderung völlig ausschließen wollen.
61
So aber VG Ansbach, Urteil vom 15. September 1999 - AN 15 K 98.01841 -, NJW 2000,
452 (453); nachgehend: BayVGH, Beschluss vom 1. Februar 2000 - 5 ZB 99.3553 -;
wohl auch: BayObLG, Beschluss vom 30. Mai 2000 - 1Z BR 11/00 -, StAZ 2000, 299 f.
62
Zwar hält der Gesetzgeber mit dem System der §§ 1616 ff. BGB am Grundsatz der
Namenskontinuität fest, von dem er für die von ihm geregelten Fälle Ausnahmen
zulässt. Jenes Normsystem ist aber mangels einer ausdrücklich zum Ausdruck
gekommenen gesetzgeberischen Absicht nicht in der Weise in sich abgeschlossen,
dass nicht den §§ 1616 ff. BGB unterfallenden Konstellationen der Weg der öffentlich-
rechtlichen Namensänderung versperrt bliebe.
63
Eine dahingehende Zielsetzung kann den §§ 1616 ff. BGB auch sonst nicht entnommen
werden.
64
Abgesehen von den hier nicht einschlägigen Regelungen der §§ 1617 b und 1617 c
BGB ist abschließend in § 1618 BGB geregelt und damit der
verwaltungsbehördlichen/verwaltungsgerichtlichen Prüfung nicht mehr zugänglich nur
der Namenswechsel bei so genannten "Stiefkindern". In Durchbrechung des durch §§
1616 ff. BGB beibehaltenen Prinzips der Kontinuität des Kindesnamens dient die
Einbenennung der "Stiefkinder" der Namensangleichung der zu einer faktischen Familie
gehörenden Personen, um die Herkunft des Kindes aus einer anderen Familie nicht in
Erscheinung treten zu lassen.
65
Palandt-Diederichsen, BGB, 59. Aufl. 2000, § 1618 BGB Rn. 4.
66
Die Neuregelung des § 1618 BGB verdrängt als speziellere Norm die öffentlich-
rechtliche Vorschrift.
67
OVG NRW, Urteil vom 23. April 1999 - 10 A 5687/98 -, NWVBl. 2000, 97 (98);
vorgehend VG Düsseldorf, Urteil vom 9. Oktober 1998 - 25 K 8115/96 -, NJW 99, 1730
(1731); Henrich/Wagenitz/Bornhofen, Deutsches Namensrecht, § 1618 BGB Rn. 56;
Gaaz, StAZ 1998, 241 (247 f.); Wagenitz, FamRZ 1998, 1545 (1552).
68
Es wäre nicht zulässig, die darin getroffene gesetzliche Wertung des bürgerlich-
rechtlichen Namensrechts über die öffentlich-rechtliche Namensänderung zu revidieren.
69
Vgl. BVerwG, Beschluss vom 6. September 1985 - 7 B 197.84 -, NJW 1986, 601; OVG
NRW, Urteil vom 5. März 1992 - 10 A 2045/86 -, NJW 92, 2500 (2501).
70
Soweit solche gesetzlichen Wertungen nicht bestehen, muss der Rückgriff auf § 3 NÄG
möglich bleiben, dessen Zweck es ist, Unzuträglichkeiten in Einzelfällen zu beseitigen.
71
Vgl. BVerwG, Beschluss vom 6. September 1985 - 7 B 197.84 -, NJW 1986, 601; OVG
NRW, Urteil vom 5. März 1992 - 10 A 2045/86 -, NJW 92, 2500 (2501).
72
Da § 1618 BGB das Namensänderungsgesetz nur für die Fallgruppe der "Stiefkinder"
verdrängt, bleibt es notwendig, die Beseitigung von Unzuträglichkeiten, die aus der
Beibehaltung des Geburtsnamens für das Kind resultieren, in anderen
Fallkonstellationen zu gewährleisten.
73
Dahingehend auch: OVG Nds., Urteil vom 23. Mai 2000 - 10 L 3281/99 -, NJW 2000,
3151 f.; VG Oldenburg, Urteil vom 12. Mai 1999 - 12 A 637/99 -, S. 5 f. UA; Gaaz, StAZ
1998, 241 (248); Ministerium für Inneres und Justiz NRW, Erlass vom 20. Januar 1999 (I
A 3/14-80.10/55.44).
74
Hierfür spricht insbesondere auch die Vergleichbarkeit des geregelten Sachverhalts mit
dem ungeregelten: Es ist kein sachlicher Grund erkennbar, Kindern aus geschiedenen
Ehen in einem Fall eine Änderung des Familiennamens völlig zu versagen, während sie
in anderer Konstellation unter bestimmten Voraussetzungen erfolgen darf. Ob eine
Namensänderung erstrebt wird, wenn der sorgeberechtigte Elternteil nach der
Scheidung seinen ursprünglichen Namen oder aber den des neuen Ehepartners
angenommen hat, kann im Hinblick auf die prinzipielle Zulässigkeit eines
Namensänderungsbegehrens des Kindes keinen Unterschied machen. Die Frage, ob
Namensänderungsanträge in beiden Fallgruppen nach denselben Voraussetzungen zu
bescheiden sind, ist eine erst in einem weiteren Schritt zu beantwortende Frage.
Jedenfalls aber muss, wenn - wie hier - andere rechtliche Möglichkeiten nicht zur
Verfügung stehen, für nicht von § 1618 BGB erfasste Sachverhalte der Weg über die
öffentlich- rechtliche Namensänderung offen stehen.
75
Lässt sich aus den Neuregelungen des Kindschaftsrechtsreformgesetzes mithin kein
abschließendes System des Kindesnamensrechts ableiten, so steht der Heranziehung
des § 3 NÄG für Fälle der so genannten "Scheidungshalbwaisen" auch nicht eine
entsprechende Anwendung des § 1618 BGB auf jene Sachverhalte entgegen. Eine
Analogie verbietet sich nämlich mangels einer planwidrigen Regelungslücke. Wie sich
aus den vorstehenden Ausführungen ergibt, kann nicht davon ausgegangen werden, die
§§ 1616 ff. BGB seien - gemessen an der Regelungsabsicht des Gesetzgebers - in der
Weise unvollständig, dass dieser versehentlich eine Fallgruppe in einem an sich
abgestimmten System keiner Regelung zugeführt hätte. Vielmehr hat der Gesetzgeber
die Fälle der Namensänderung von "Stiefkindern" in Erweiterung der bisherigen
Bestimmung ausschließlich zivilrechtlich regeln wollen, andere Konstellationen aber
unberührt gelassen und damit - wie bisher - die Anwendung des § 3 NÄG zugelassen.
76
Im Ergebnis ebenfalls für eine Anwendbarkeit des § 3 NÄG: OVG Nds., Urteil vom 23.
Mai 2000 - 10 L 3281/99 -, NJW 2000, 3151 ff.; VG Minden, Urteil vom 3. Dezember
1998 - 2 K 2940/97 -, S. 3 UA; VG Oldenburg, Urteil vom 23. Februar 1999 - 12 A
1467/98 -, S. 5 f. UA; Urteil vom 12. Mai 1999 - 12 A 637/99 -, S. 5 f. UA; VG Düsseldorf,
Urteil vom 27. September 1999 - 25 K 11147/98 -, S. 7 UA; Urteil vom 16. November
1999 - 25 K 5733/98 -, S. 5 f. UA; VG Frankfurt/Oder, Urteil vom 29. März 2000 - 1 K
997/99 -, S. 5 f. UA; Gaaz, StAZ 1998, 241 (248 f.); gegen einen Analogieschluss auch:
77
BayObLG, Beschluss vom 30. Mai 2000 - 1Z BR 11/00 -, StAZ 2000, 299 f.
II. Ist der Beklagte danach weiterhin zur Namensänderung im vorliegenden Fall befugt
und beurteilt sich diese nach § 3 Abs. 1 NÄG, so sind dessen Voraussetzungen nicht
gegeben.
78
1. Ein die Namensänderung rechtfertigender wichtiger Grund i.S.d. § 3 Abs. 1 NÄG ist
dann gegeben, wenn die Abwägung aller für und gegen die Namensänderung
streitenden Umstände ein Übergewicht der für die Änderung sprechenden Interessen
ergibt.
79
BVerwG, Beschluss vom 1. Februar 1998 - 7 B 14.98 -, Buchholz 402.10, § 11 NÄG, Nr.
3, S. 3; Beschluss vom 27. September 1993 - 6 B 58.93 -, Buchholz 402.10, § 11 NÄG,
Nr. 4, S. 5; OVG NRW, Urteil vom 30. April 1998 - 10 A 588/96 -, S. 9 UA.
80
Dies setzt voraus, dass die Namensänderung für das Wohl der Beigeladenen, deren
nichtsorgeberechtigter Elternteil seine Einwilligung zur Namensänderung versagt hat,
erforderlich ist.
81
Anders Innenministerium NRW, Erlass vom 22. Mai 2000 (I A 3/14-80.10/55.44) im
Anschluss an VG Minden, Urteil vom 3. Dezember 1998 - 2 K 2940/97 -; VG Oldenburg,
Urteil vom 23. Februar 1999 - 12 A 1467/98 -; Urteil vom 12. Mai 1999 - 12 A 637/99 -;
VG Düsseldorf, Urteil vom 27. September 1999 - 25 K 11147/98 -; Urteil vom 16.
November 1999 - 25 K 5733/98 -; Urteil vom 13. März 2000 - 18 K 11261/98 -, FamRZ
2000, 1183 (Ls.).
82
Ausschlaggebend hierfür sind folgende Erwägungen:
83
Einen wichtigen Grund i.S.v. § 3 Abs. 1 NÄG hat der vormals für Namensrecht
zuständige 10. Senat des erkennenden Gerichts bei Namensänderungsbegehren so
genannter "Scheidungshalbwaisen" zuletzt dann angenommen, wenn die Änderung des
Familiennamens dem Wohl des Kindes förderlich ist. Mit Urteilen vom 28. Mai 1996,
84
- 10 A 1691/91 -, FamRZ 1997, 448 ff., - 10 A 4130/92 -, und - 10 A 4086/93 -,
85
hatte er sich unter Aufgabe seiner bisherigen Auffassung, nach der die
Namensänderung für das Kindeswohl erforderlich sein musste,
86
Urteil vom 5. März 1992 - 10 A 2045/86 -, NJW 1992, 2500 ff.; Urteil vom 9. September
1994 - 10 A 3684/94 -, NJW 1995, 1231 ff.,
87
sowohl für die "Stiefkinder-" als auch für die "Scheidungshalbwaisen"-Fälle der
Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts angeschlossen.
88
Vgl. ferner: Beschluss vom 3. September 1996 - 10 A 1387/96 -; Beschluss vom 27. Mai
1998 - 10 A 5005/97 -; Beschluss vom 29. Mai 1998 - 10 A 3580/97 -; Beschluss vom 30.
Juni 1998 - 10 A 5492/96 -.
89
Dieses hatte für die Fallgruppe der Stiefkinder einen wichtigen Grund für eine
Namensänderung zunächst dann bejaht, wenn diese unter Berücksichtigung aller
Lebensumstände dem Wohl des Kindes förderlich ist.
90
BVerwG, Urteil vom 1. Oktober 1980 - 7 C 112.78 -, Buchholz 402.10, § 3 NÄG Nr. 42, S.
15 (17 ff.).
91
In späteren Entscheidungen hatte das Bundesverwaltungsgericht demgegenüber den
Standpunkt vertreten, die Namensänderung müsse für das Wohl des Kindes erforderlich
sein.
92
BVerwG, Urteile vom 10. März 1983 - 7 C 6.81 -, Buchholz 402.10, § 3 NÄG Nr. 47, S. 9
(11 ff.); - 7 C 7.81 -, Buchholz 402.10, § 3 NÄG Nr. 48, S. 14 ff.; - 7 C 14.81 -, Buchholz
402.10, § 3 NÄG Nr. 49, S. 16 ff.; - 7 C 58.82 -, Buchholz 402.10, § 3 NÄG Nr. 50, S. 19
ff.; Urteil vom 3. Februar 1984, - 7 C 40.83 -, Buchholz 402.10, § 3 NÄG Nr. 52, S. 28
(30); Urteil vom 4. Juni 1986 - 7 C 77.85 -, Buchholz 402.10, § 3 NÄG Nr. 57, S. 45 (46
ff.).
93
Mit Urteil vom 7. Januar 1994 - 6 C 34.92 -,
94
Buchholz 402.10, § 3 NÄG Nr. 70, S. 1 (3 ff.),
95
ist das Bundesverwaltungsgericht für die Konstellation der "Scheidungshalbwaisen"
wieder zum Kriterium der Förderlichkeit für das Kindeswohl zurückgekehrt. Daran hat
das Gericht auch unter Würdigung der in der obergerichtlichen Rechtsprechung,
namentlich des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein- Westfalen,
geäußerten rechtlichen Bedenken,
96
Urteil vom 9. September 1994 - 10 A 3684/94 -, NJW 1995, 1231 (1232 ff.),
97
festgehalten,
98
BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 1995 - 6 C 13.94 -, Buchholz 402.10, § 3 NÄG Nr. 74,
S. 16 ff.,
99
und die Rechtsprechung auch auf die sog. "Stiefkinder" erstreckt.
100
BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 1995 - 6 C 6.94 -, Buchholz 402.10, § 3 NÄG Nr. 73,
S. 9 (10 ff.); Beschluss vom 5. Februar 1998 - 6 B 75/97 - (Juris).
101
Eine höchstrichterliche Entscheidung zur Rechtslage nach Inkrafttreten des
Kindschaftsrechtsreformgesetzes steht noch aus.
102
In Ansehung der jenem Gesetz zugrunde liegenden rechtlichen Wertungen sieht sich
der Senat zu einer erneuten Änderung der Rechtsprechung für die hier zu
entscheidende Fallkonstellation veranlasst. Da Namensänderungsbegehren der sog.
"Scheidungshalbwaisen" nicht anders behandelt werden können als die der gesetzlich
nunmehr ausdrücklich geregelten "Stiefkinder", kann am Kriterium der Förderlichkeit der
Namensänderung für das Kindeswohl nicht mehr festgehalten werden. Vielmehr ist ein
wichtiger Grund für eine Namensänderung nur anzuerkennen, wenn sie zum Wohl des
Kindes erforderlich ist. Das gilt jedenfalls dann, wenn es - wie hier - an der Einwilligung
des nichtsorgeberechtigten Elternteils fehlt. Zu dieser Auffassung zwingt eine
Auslegung der Vorschriften des Kindschaftsrechtsreformgesetzes, insbesondere, wie
das Oberverwaltungsgericht für das Land Niedersachsen,
103
Urteil vom 23. Mai 2000 - 10 L 3281/99 -, NJW 2000, 3151 (3152),
104
bereits dargelegt hat, eine Auswertung der Materialien zu diesem Gesetz. Die darin zum
Ausdruck gekommenen Vorstellungen des Gesetzgebers, namentlich zu § 1618 BGB,
beanspruchen für die vorliegende "Scheidungshalbwaisen"-Konstellation in gleicher
Weise Geltung. Demgegenüber lässt sich die Begründung, die das
Bundesverwaltungsgericht für die Maßgeblichkeit des Kriteriums der Förderlichkeit für
das Kindeswohl angeführt hat, nach Inkrafttreten der Neuregelungen der §§ 1616 ff.
BGB nicht länger aufrechterhalten.
105
Mit § 1618 BGB n.F. hat der Gesetzgeber den materiellen Maßstab, den § 3 NÄG
weitgehend der Konkretisierung durch die Verwaltungsgerichte überlässt, nicht zuletzt
angesichts der oben dargestellten Kontroverse in der verwaltungsgerichtlichen
Rechtsprechung für das Umbenennungsbegehren eines Kindes, dessen
sorgeberechtigter Elternteil nach Scheidung und Wiederheirat den Familiennamen des
neuen Ehemannes angenommen hat, selbst definiert.
106
Vgl. dazu bereits OVG NRW, Urteil vom 23. April 1999 - 10 A 5687/98 -, NWVBl. 2000,
97 (98).
107
Stimmt der andere Elternteil, dessen Namen das Kind führt, dieser Einbenennung nicht
zu, kann die Einwilligung durch das Familiengericht (nur) ersetzt werden, wenn die
Erteilung des neuen Namens zum Wohl des Kindes erforderlich ist.
108
Eine vergleichbare Bestimmung enthielt das BGB zuvor nicht, auch nicht in § 1618 BGB
a.F., der die Einbenennung des nichtehelichen Kindes regelte.
109
Bereits der Wortlaut des § 1618 Satz 4 BGB n.F. legt nahe, dass der Gesetzgeber die
Anforderungen an eine Namensänderung in den nunmehr ausdrücklich geregelten
"Stiefkinderfällen" im Vergleich zu den durch die Rechtsprechung des
Bundesverwaltungsgerichts aufgestellten Anforderungen des § 3 Abs. 1 NÄG
verschärfen wollte.
110
Offen gelassen noch von: OVG NRW, Urteil vom 23. April 1999 - 10 A 5687/98 -,
NWVBl. 2000, 97 ff. (insoweit nicht veröffentlicht).
111
Mit der Wahl des Begriffs der "Erforderlichkeit" hat der Gesetzgeber zu erkennen
gegeben, dass für die Namensänderung Gründe angeführt werden müssen, die über die
für die bloße "Förderlichkeit" für das Kindeswohl sprechenden Gesichtspunkte
hinausgehen müssen. Es kann nicht angenommen werden, dass der Gesetzgeber von
einer Deckungsgleichheit beider Begriffe ausgegangen ist. Denn zum einen war ihm die
Entwicklung in der Rechtsprechung zu den nach § 3 NÄG anzulegenden Maßstäben an
Namensänderungsanträge von Scheidungskindern bekannt. Dies belegt der bereits
oben (S. 13 f.) erwähnte Verweis im Regierungsentwurf,
112
BT-Drucksache 13/4899, S. 29 (92),
113
auf die Stellungnahme des Bundesrates zum Entwurf eines
Familiennamensrechtsgesetzes, in der der Bundesrat unter Bezugnahme auf öffentlich-
rechtliche Namensänderungsverfahren für die "Stiefkinderfälle" eine bürgerlich-
114
rechtliche Lösung angeregt hatte.
BT-Drucksache 12/3163, S. 23 f.
115
Überdies enthält der Regierungsentwurf den Hinweis, dass nach Inkrafttreten des §
1618 BGB der manchmal schwierige Weg über das öffentliche
Namensänderungsgesetz nicht mehr gegangen werden müsse.
116
BT-Drucksache 13/4899, S. 29 (66).
117
Zum anderen hat der Gesetzgeber im Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens die im
Regierungsentwurf vorgeschlagene Formulierung des § 1618 BGB, die
Namenserteilung müsse "dem Wohl des Kindes dienen",
118
BT-Drucksache 13/4899, S. 8,
119
auf Vorschlag des Rechtsausschusses durch den später Gesetz gewordenen Ausdruck
der "Erforderlichkeit" ersetzt.
120
Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drucksache 13/8511, S.
11.
121
In der Begründung hierzu wird ausgeführt, die Voraussetzungen für eine gerichtliche
Ersetzung der Einwilligung des nicht an der Sorge beteiligten Elternteils würden "enger
gefasst". Für sie genüge es nicht, dass die Neubestimmung des Kindesnamens dem
Wohl des Kindes diene; vielmehr werde verlangt, dass sie zum Wohl des Kindes
erforderlich sei.
122
BT-Drucksache 13/8511, S. 74.
123
Der erkennende Senat teilt die Einschätzung des 10. Senats, vor dem Hintergrund des
Meinungsstreits in der Rechtsprechung sei angesichts dieser Begründung anzunehmen,
dass die Änderung des Gesetzeswortlauts nicht lediglich auf sprachlich- redaktionellen
Gründen beruhe.
124
Urteil vom 23. April 1999 - 10 A 5687/98 -, NWVBl. 2000, 97 ff. (insoweit n.v.).
125
Dafür spricht insbesondere auch, dass mit dem Änderungsvorschlag die Bindungen des
Kindes an den Elternteil, dem die elterliche Sorge nicht zusteht, unterstrichen werden
sollen.
126
BT-Drucksache 13/8511, S. 73 f.
127
Mit Rücksicht darauf geht der Senat von einer Widersprüchlichkeit der
Gesetzesbegründung nicht deswegen aus, weil der Änderungsvorschlag an einer Stelle
auch auf die Förderlichkeit der Einbenennung für das Kindeswohl abhebt.
128
BT-Drucksache 13/8511, S. 74; vgl. dazu: VG Düsseldorf, Urteil vom 9. Oktober 1998 -
25 K 8115/96 -, NJW 1999, 1730 (1732); Urteil vom 27. September 1999 - 25 K
11147/98 -, S. 9 f. UA; Urteil vom 13. März 2000 - 18 K 11261/98 -, S. 7 UA.
129
Dies mag zwar auf den ersten Blick missverständlich sein, kann aber die erkennbare
Tendenz der Verschärfung der Anforderungen an die Namensänderung des Stiefkindes
nicht insgesamt in Frage stellen. Denn der Gesetzgeber verwendet den Begriff der
Förderlichkeit für das Wohl des Kindes im Zusammenhang mit der durch die Möglichkeit
der Zuweisung eines Doppelnamens erleichterten gütlichen Einigung der Eltern. Das
schließt nicht aus, dass dann, wenn eine solche Einigung nicht zustande kommt, der
Namenswechsel nur unter strengeren Anforderungen ermöglicht wird. Diese Absicht hat
der Gesetzgeber mit der Begründung des Änderungsvorschlages hinreichend
dokumentiert.
130
So auch: OVG Nds., Urteil vom 23. Mai 2000 - 10 L 3281/99 -, NJW 2000, 3151 (3153);
Oelkers/ Kreutzfeldt, FamRZ 2000, 645; vgl. auch OLG Oldenburg, Beschluss vom 18.
Juni 1999 - 11 UF 26/99 -, NJW 2000, 367; Wagenitz, FamRZ 1998, 1545 (1551 f.).
131
Systematische Gesichtspunkte sprechen ebenfalls für die Annahme, dass der
Gesetzgeber zwischen den Kriterien der Förderlichkeit und der Erforderlichkeit für das
Kindeswohl bewusst differenziert. Der Begriff des Kindeswohls ist in verschiedenen
sorge- und umgangsrechtlichen Bestimmungen des BGB enthalten, wobei sich der
Gesetzgeber unterschiedlicher Maßstäbe bedient: Teilweise genügt es, wenn eine
sorgerechtliche Regelung dem Wohl des Kindes "nicht widerspricht" (§§ 1672 Abs. 2
Satz 1, 1681 Abs. 2 BGB); an anderer Stelle muss die Sorgerechtsübertragung dem
Wohl des Kindes "dienen" (§§ 1672 Abs. 1 Satz 2, 1678 Abs. 2 BGB) oder "am besten
entsprechen" (§ 1671 Abs. 2 Nr. 2 BGB); schließlich sind Beschränkungen bzw. der
Ausschluss des Umgangsrechts möglich, wenn dies zum Wohl des Kindes "erforderlich"
oder das Kindeswohl "gefährdet" ist (§ 1684 Abs. 4 S. 1 und 2 BGB). Mit der
Auffangvorschrift des § 1697 a BGB erhebt das Gesetz die Forderung an das
Familiengericht, die dem Wohl des Kindes "am besten entsprechende" Entscheidung zu
treffen. Damit hat der Gesetzgeber verschiedene Stufen bei der Prüfung des
Kindeswohls festgeschrieben, die von der jeweiligen Sachlage abhängen.
132
Vgl. hierzu: Palandt-Diederichsen, BGB, § 1672 Rn. 7; § 1678 Rn. 8; § 1684 Rn. 48 f.; §
1697 a Rn. 2.
133
Auch angesichts dieses differenzierten Systems ist davon auszugehen, dass mit der
gegenüber der Fassung des Regierungsentwurfs erfolgten Änderung des § 1618 Satz 4
BGB die Schwelle für eine Namensänderung bewusst höher gesetzt wurde.
134
Hierfür lässt sich schließlich auch der Sinn und Zweck des Erforderlichkeitskriteriums in
§ 1618 Satz 4 BGB anführen: Wie oben bereits angesprochen, ist durch die
Neuregelung der Grundsatz der Namenskontinuität gestärkt worden. Zwar waren hierfür
nicht unbedingt öffentliche Interessen ausschlaggebend, wie in den eine
Neubestimmung des Kindesnamens unter erleichterten Voraussetzungen
ermöglichenden §§ 1617 b und 1617 c BGB zum Ausdruck kommt.
135
Vgl. OVG Nds., Urteil vom 23. Mai 2000 - 10 L 3281/99 -, NJW 2000, 3151 (3152 f.).
136
Der Grund dafür, die Änderung des Familiennamens des Kindes infolge Scheidung
seiner Eltern nur aus schwerwiegenden Gründen zuzulassen, ist vielmehr in einer
Aufwertung der Belange des nichtsorgeberechtigten Elternteils zu sehen. Mit § 1618
BGB soll der möglichen Absicht des sorgeberechtigten Elternteils begegnet werden, das
Kind namensrechtlich von dem anderen Elternteil zu "separieren".
137
Vgl. OVG Nds., Urteil vom 23. Mai 2000 - 10 L 3281/99 -, NJW 2000, 3151 (3153);
Begründung des Regierungsentwurfs, BT-Drucksache 13/4899, S. 29 (92); zur
Zielsetzung des § 1618 BGB vgl. auch: OLG Oldenburg, Beschluss vom 18. Juni 1999 -
11 UF 26/99 -, NJW 2000, 367 f.; Beschluss vom 16. November 1999 - 11 UF 121/99 -,
FamRZ 2000, 694; OLG Zweibrücken, Beschluss vom 1. Juli 1999 - 5 WF 46/99 -,
FamRZ 2000, 696; OLG Rostock, Beschluss vom 12. Januar 2000 - 8 UF 402/99 -,
FamRZ 2000, 695 f.; BayOblG, Beschluss vom 30. Mai 2000 - 1Z BR 11/00 -, StAZ
2000, 299 (300); Wagenitz, FamRZ 1998, 1545 (1551 f.).
138
Der Gesichtspunkt der grundsätzlichen Aufrechterhaltung des namensrechtlichen
Bandes zwischen dem Kind und dem nichtsorgeberechtigten Elternteil, von dem es
seinen Familiennamen ableitet, gilt gleichermaßen für die ausdrücklich geregelten
"Stiefkinder" wie für die "Scheidungshalbwaisen". Wenn das Kind ursprünglich den
Namen des nicht (mehr) sorgeberechtigten Elternteils erhalten hat, kann mit Blick auf die
oben wiedergegebene Zielsetzung des § 1618 BGB in Bezug auf den an die spätere
Änderung dieses Namens anzulegenden Maßstab nicht danach differenziert werden, ob
der sorgeberechtigte Elternteil nach der Scheidung dem Kind seinen vor der Ehe
geführten Namen (§ 1355 Abs. 5 Satz 2 BGB) oder den eines neuen Ehepartners
erteilen will. Die bei der Einbenennung im Vordergrund stehenden Belange des
nichtsorgeberechtigten Elternteils an der Verhinderung der Durchtrennung des
Namensbandes zwischen ihm und dem Kind sind bei beiden Fallgruppen
gleichermaßen zu berücksichtigen.
139
So bereits: OVG Nds., Urteil vom 23. Mai 2000 - 10 L 3281/99 -, NJW 2000, 3151 (3153).
140
Dass zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen die in § 1618 BGB geregelten und
die von § 3 NÄG erfassten Fälle gleich zu behandeln sind, verdeutlichen insbesondere
folgende Fallkonstellationen: Nimmt der sorgeberechtigte Elternteil nach geschiedener
Ehe zunächst seinen Geburtsnamen wieder an, heiratet dann wieder und bestimmt
jenen Namen zum Ehenamen, wäre eine Einbenennung des Kindes aus erster Ehe
unter den Voraussetzungen des § 1618 BGB möglich. Dieser Fall kann hinsichtlich der
an die Änderung des Kindesnamens zu stellenden Anforderungen nicht anders
behandelt werden als der, in dem der sorgeberechtigte Elternteil seinen vor der Ehe
geführten Namen wieder annimmt, ihm dem Kind erteilen möchte, anschließend wieder
heiratet und diesen Namen als Ehenamen wählt.
141
So bereits: OVG Nds., Urteil vom 23. Mai 2000 - 10 L 3281/99 -, NJW 2000, 3151 (3153).
142
Auch im Übrigen sind keine Gesichtspunkte erkennbar, die eine Differenzierung
zwischen den vergleichbaren Tatbeständen bei Eintritt gleicher Rechtsfolgen bezüglich
der für das Kindeswohl zu fordernden Voraussetzungen der Namensänderung
legitimierten oder gar geböten. Namentlich lässt sich eine unterschiedliche Behandlung
der Fallgruppen nicht mit der Begründung rechtfertigen, dass dem "Stiefkind" dauerhaft
ein fremder Name, nämlich der des neuen Ehepartners, erteilt werden soll, während der
"Scheidungshalbwaise" keinen durch einen Dritten vermittelten Namen erhalten soll.
143
Vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 27. September 1999 - 25 K 11147/98 -, S. 10 UA; Urteil
vom 13. März 2000 - 18 K 11261/98 -, S. 8 UA.
144
Dies gilt schon deshalb, weil § 1618 BGB maßgeblich die Interessen des nicht
145
sorgeberechtigten Elternteils im Blick hat, aus dessen Sicht es keinen Unterschied
macht, welcher neue Name dem Kind erteilt werden soll. Auch aus dem Blickwinkel des
Kindes, dessen Wohl es zu berücksichtigen gilt, handelt es sich in beiden Fällen
regelmäßig um einen zunächst fremden Namen. Jedenfalls dann, wenn die Eltern seit
Beginn der Ehe einen Ehenamen geführt haben (§ 1616 i.V.m. § 1355 Abs. 1 S. 1 und 2
BGB), ist der Geburtsname der Mutter dem Kind während der Ehe seiner Eltern ähnlich
fremd wie ein dritter Name.
Hinzu kommt, dass die Mutter nach Rückkehr zu ihrem Geburtsnamen erfahrungsgemäß
häufig wieder heiratet, den Namen des neuen Ehemannes annimmt und das nach ihrem
Geburtsnamen benannte Kind dann einen Familiennamen trägt, der für nicht mit der
familiären Situation Vertraute weder einen Bezug zur Stieffamilie noch zum leiblichen
Vater des Kindes hat. Eine neuerliche Namensänderung (nunmehr nach § 1618 BGB)
dürfte im Regelfall für das Kind unzumutbar und rechtlich auch nicht erreichbar sein. In
einer solchen Fallkonstellation einen anderen Maßstab an die zunächst beantragte als
an eine nach erneuter Heirat begehrte weitere Namensänderung anzulegen, führte
ebenso zu kaum nachvollziehbaren Wertungswidersprüchen wie im umgekehrten Fall
einer zweiten Heirat mit Einbenennung der Kinder aus erster Ehe und anschließender
Scheidung vom zweiten Ehepartner und Rückkehr zum Geburtsnamen. Daraus wird
sichtbar, dass eine Gleichbehandlung beider Fallgruppen auch mit Blick auf künftige
familiäre Entwicklungen geboten ist.
146
In Anbetracht der neuen Rechtslage kann für die Fallgruppe der
"Scheidungshalbwaisen" am Maßstab der Förderlichkeit für das Wohl des Kindes auch
nicht aufgrund der Gesichtspunkte festgehalten werden, die das
Bundesverwaltungsgericht seinerzeit zur Änderung seiner Rechtsprechung veranlasst
haben.
147
Vgl. Urteil vom 7. Januar 1994 - 6 C 34.92 -, Buchholz 402.10, § 3 NÄG Nr. 70, S. 1 (3
ff.).
148
Das Bundesverwaltungsgericht hat auf die gesetzgeberische Wertung der damaligen
familiennamensrechtlichen Vorschriften, vornehmlich des § 1616 a BGB i.d.F. des
Gesetzes zur Neuordnung des Familiennamensrechts - FamNamRG - vom 16.
Dezember 1993 (BGBl. I S. 2054), abgestellt. Wenn auch diese Vorschrift ihrem
wesentlichen Inhalt nach in § 1617 c BGB n.F. aufrechterhalten worden ist, hat der
Gesetzgeber im Gegensatz zur früheren Rechtslage nunmehr eine ausdrückliche
Regelung für die "Stiefkinder" geschaffen, deren normative Wertung für die ähnlich
gelagerte Konstellation der "Scheidungshalbwaisen" vorrangig zu berücksichtigen ist.
Allenfalls dann, wenn sich aus anderen Regelungen des
Kindschaftsrechtsreformgesetzes vom 16. Dezember 1997 Wertungen ergäben, die
zwingend auf die Gruppe der "Scheidungshalbwaisen" zu übertragen wären, ließe sich
eine abweichende Beurteilung rechtfertigen. Das ist indessen nicht der Fall. Die
vorliegende Fallkonstellation weist lediglich zu der von § 1618 BGB n.F. erfassten
Fallgruppe Parallelen auf. Die übrigen, Änderungen von Kindesnamen betreffenden
Vorschriften der §§ 1616 ff. BGB haben demgegenüber einen anderen
Regelungsgehalt, wie oben (S. 11 f.) bereits aufgezeigt wurde. Insbesondere kann
jedenfalls nach Inkrafttreten des Kindschaftsrechtsreformgesetzes der Bestimmung des
§ 1617 c Abs. 2 BGB (§ 1616 a Abs. 2 a.F.) keine generelle gesetzgeberische Tendenz
(mehr) entnommen werden, dem Wunsch von Kindern Rechnung zu tragen, ihren
Familiennamen an den geänderten Namen eines Elternteils anzupassen.
149
So noch BVerwG, Urteil vom 7. Januar 1994 - 6 C 34.92 -, Buchholz 402.10, § 3 NÄG
Nr. 70, S. 1 (4).
150
Dies gilt schon deshalb, weil in der mit der hier zu entscheidenden Fallkonstellation
allenfalls vergleichbaren Regelung des § 1617 c Abs. 2 Nr. 2 BGB n.F. durch
Inbezugnahme von §§ 1617, 1617 a und 1617 b BGB klargestellt ist, dass sich der
Geburtsname des Kindes einseitig aus dem Familiennamen nur eines Elternteils
herleitet. Die Änderung dieses Namens, sofern sie auf andere Weise als durch
Eheschließung erfolgt, erstreckt sich auch auf den Kindesnamen. Namensrechtliche
Interessen des anderen Elternteils sind mithin, anders als im vorliegenden Fall, von
vornherein nicht berührt, weil das Kind seit Geburt den Namen nur eines Elternteils
geführt hat. Abgesehen davon hat der Gesetzgeber im Unterschied zur früheren
Rechtslage mit § 1618 BGB zu erkennen gegeben, nicht (allein) den Wunsch des
Kindes für maßgeblich zu erachten, sondern die Belange des nichtsorgeberechtigten
Elternteils zu berücksichtigen.
151
Im Hinblick auf diese gesetzliche Bewertung hat schließlich das vom
Bundesverwaltungsgericht angeführte Argument, der Gesetzgeber sei durch die neuen
bürgerlich-rechtlichen Vorschriften zum Namensrecht der Ehegatten und Kinder vom
Grundsatz der Namenseinheit der Familie abgerückt, an Gewicht verloren.
152
Urteil vom 13. Dezember 1995 - 6 C 6.94 -, Buchholz 402.10, § 3 NÄG Nr. 73, S. 9 (12).
153
Überdies gebietet dieser Gesichtspunkt nicht zwingend eine Herabsetzung der
Anforderungen für das Vorliegen eines die Namensänderung des Kindes
rechtfertigenden wichtigen Grundes: Gerade wenn das Prinzip der Namenseinheit der
Familie weniger hoch als nach früherem Recht zu bewerten ist, spricht dies nicht ohne
weiteres für einen Vorrang der Belange des Ehepartners, der nach der Scheidung den
gemeinsamen Ehenamen abgelegt hat und die entsprechende Umbenennung des aus
der Ehe hervorgegangenen Kindes begehrt bzw. der Interessen des Kindes, seinen
Geburtsnamen zu ändern.
154
Dahingehend bereits: OVG NRW, Urteil vom 9. September 1994 - 10 A 3684/94 -, NJW
1995, 1231 (1233).
155
Sonstige Gründe, die zu einer unterschiedlichen Behandlung der Fallgruppen der
"Stiefkinder" und der "Scheidungshalbwaisen" führen müssten, sind weder vorgetragen
noch ersichtlich. Ob die Wertungen des § 1618 BGB auf die letztgenannte Konstellation
auch dann übertragbar sind, wenn der nichtsorgeberechtigte Elternteil mit der
Umbenennung einverstanden ist (vgl. § 1618 Satz 3 BGB) - m.a.W., ob eine
Namensänderung dann unter weniger strengen Voraussetzungen zugelassen werden
kann -, bedarf hier keiner Entscheidung.
156
2. Ist ein die Namensänderung rechtfertigender wichtiger Grund im Sinne des § 3 Abs. 1
NÄG bei fehlender Zustimmung des nichtsorgeberechtigten Elternteils mithin nur
gegeben, wenn sich die Änderung als zum Wohl des Kindes erforderlich erweist, so
sind diese Voraussetzungen hier nicht erfüllt.
157
Dabei sind die Verhältnisse im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung
maßgebend, weil der Beklagte die Wirksamkeit der im angegriffenen Bescheid
158
ausgesprochenen Namensänderung von der Unanfechtbarkeit der Entscheidung
abhängig gemacht und die Beigeladenen somit hieraus Rechte nur nach Maßgabe
dieses Vorbehalts erhalten haben.
Vgl. BVerwG, Urteil vom 10. März 1983 - 7 C 6.81 -, Buchholz 402.10, § 3 NÄG Nr. 47,
S. 9 (13); Urteil vom selben Tage - 7 C 58.82 -, Buchholz 402.10, § 3 NÄG Nr. 50, S. 19
(21 f.); Beschluss vom 5. Februar 1998 - 6 B 75/97 - (Juris); OVG NRW, Urteil vom 30.
April 1992 - 10 A 2754/86 -, NJW 1993, 345 (346).
159
Folglich ist darauf abzustellen, ob der für eine Änderung des Familiennamens der
Beigeladenen sprechende wichtige Grund im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung
vor dem Senat vom 11. Dezember 2000 (noch) vorhanden ist.
160
Vgl. OVG NRW, Urteil vom 30. April 1992 - 10 A 2754/86 -, NJW 1993, 345 (346).
161
Mit der früheren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts,
162
Urteil vom 10. März 1983 - 7 C 6.81 -, Buchholz 402.10, § 3 NÄG Nr. 47, S. 9 (11); Urteil
vom 3. Februar 1984 - 7 C 40.83 -, Buchholz 402.10, § 3 NÄG Nr. 52, S. 28 (29),
163
und des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein- Westfalen,
164
vgl. nur: Urteil vom 30. April 1992 - 10 A 2754/86 -, NJW 1993, 345 (346),
165
ist von der Erforderlichkeit der Namensänderung auszugehen, wenn das Wohl des
Kindes die Änderung des Familiennamens auch bei angemessener Berücksichtigung
der für die Beibehaltung des bisherigen Namens sprechenden Gründe gebietet. Welche
Anforderungen insoweit zu stellen sind, bestimmt sich auch nach dem Gewicht der
jeweils im Einzelfall entgegenstehenden Belange.
166
Eine Namensänderung ist nicht schon dann gerechtfertigt, wenn sie nur dazu dienen
soll, dem Kind mit der Namensverschiedenheit zum sorgeberechtigten Elternteil
verbundene Unannehmlichkeiten zu ersparen, die ohnehin nur altersbedingt und damit
vorübergehender Natur sind, die gedeihliche Entwicklung des Kindes aber nicht
ernstlich beeinflussen. Kinder können nicht völlig konfliktfrei ins Leben treten; in
gewissem Umfang müssen sie mit den mit einer Scheidung ihrer Eltern verbundenen
Probleme - so auch mit einer etwaigen Namensverschiedenheit - zu leben lernen. Zu
berücksichtigen ist namentlich auch das Verhältnis zwischen dem Kind und dem
nichtsorgeberechtigten Elternteil. Eine stabile persönliche Beziehung des Kindes zu
diesem Elternteil ist für das Wohl des Kindes ebenso von Bedeutung wie seine
Integration in den neuen Familienverband des sorgeberechtigten Elternteils. Eine durch
negative Beeinflussung des sorgeberechtigten Elternteils bewirkte ablehnende
Einstellung des Kindes zum anderen Elternteil, die diesem die Ausübung seines
Umgangsrechts erschwert oder unmöglich macht, kann eine Namensänderung nicht
rechtfertigen.
167
BVerwG, Urteil vom 10. März 1983 - 7 C 6.81 -, Buchholz 402.10, § 3 NÄG Nr. 47, S. 9
(11 f.); Urteil vom gleichen Tage - 7 C 14.81 -, Buchholz 402.10, § 3 NÄG Nr. 49, S. 16
(17 f.); Urteil vom gleichen Tage - 7 C 58.82 -, Buchholz 402.10, § 3 NÄG Nr. 50, S. 19
(20 f.); OVG Nds., Urteil vom 23. Mai 2000 - 10 L 3281/99 -, NJW 2000, 3151 (3154); vgl.
auch: OVG NRW, Urteil vom 25. November 1993 - 10 A 2423/90 -, StAZ 1994, 195
168
(197).
Andererseits ist das Kriterium der Erforderlichkeit der Namensänderung im Hinblick auf
das Kindeswohl nicht so zu verstehen, dass damit die Grenze markiert wird, jenseits
derer das Wohl des Kindes "gefährdet" erscheint; die Erforderlichkeit ist nicht daran zu
messen, dass die Grenze der Belastbarkeit des Kindes erreicht ist oder nicht.
169
BVerwG, Urteil vom 3. Februar 1984 - 7 C 40.83 -, Buchholz 402.10, § 3 NÄG Nr. 52, S.
28 (30).
170
In Anwendung dieser Grundsätze, die sich der Senat zu Eigen macht, ist nicht zu
erkennen, dass das Wohl der Beigeladenen die Änderung ihres Familiennamens von
"Z. " in "K. " erfordert. Zwischen dem Kläger und den Beigeladenen bestehen trotz der
seit dem Auszug der Familie aus dem gemeinsamen Haus im Mai 1996 bestehenden
Entfernung zwischen den jeweiligen Wohnorten und dem Umstand, dass die
Beigeladenen zu jenem Zeitpunkt erst 5 bzw. knapp 3 Jahre alt waren, gute persönliche
Beziehungen und Bindungen. Jedenfalls seit der Anordnung der Umgangspflegschaft
und der Bestellung des Jugendamtes der Stadt I. als Umgangspfleger durch Beschluss
des Amtsgerichts I. vom 26. Juni 2000 kann das Umgangsrecht, das von der
gesetzlichen Vertreterin der Beigeladenen nach Feststellung jenes Gerichts mehrfach
vereitelt worden war, regelmäßig wahrgenommen werden. Das hat der Kläger
unwidersprochen im Erörterungstermin vom 7. November 2000 erklärt; die
Beigeladenen haben bestätigt, dass sie ihren Vater "meistens jedes 2. Wochenende
von Samstag bis Sonntagabend" bzw. "ein paar Mal am Wochenende" sehen. Dass
dem Kläger am regelmäßigen Umgang und der Aufrechterhaltung einer guten
Beziehung mit seinen Kindern gelegen ist, zeigen auch die übrigen
familiengerichtlichen Auseinandersetzungen zwischen ihm und der Mutter der
Beigeladenen, in denen der Kläger gerichtliche Regelungen des Umgangsrechts bereits
mehrfach erstritten hatte. Die Beigeladenen haben nach eigenem Bekunden bei ihrer
von der Berichterstatterin des vorliegenden Verfahrens durchgeführten Anhörung im
Erörterungstermin vom 7. November 2000 ein gutes Verhältnis zum Vater; unabhängig
voneinander haben sie übereinstimmend - wie auch bereits in der mündlichen
Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht am 17. Dezember 1999 - erklärt, gern zu ihm
zu gehen und sich bei ihm wohl zu fühlen.
171
Vor diesem Hintergrund vermag der Senat auch im Übrigen nicht festzustellen, dass das
Wohl der Beigeladenen die Namensänderung gebietet. Dies belegen namentlich ihre
Angaben im Rahmen der Anhörung vom 7. November 2000. Beide Beigeladenen haben
die Fragen des Gerichts nach Ablegung situationsbedingter Zurückhaltung offen und
ohne Scheu beantwortet; sie wirkten aufgeschlossen und selbstbewusst. Der
Beigeladene zu 1. hat unter anderem auf die Frage, wie er seinen Freunden erkläre,
dass er anders als seine Mutter heiße, geantwortet, dazu falle ihm nichts ein. Seine
Freunde interessiere mehr der Vorname. Nur bei Anrufen fragten sie wegen der
Telefonnummer nach; im Telefonbuch fänden sie ihn unter "K. ". Von den Lehrern werde
er "F. Z. ", manchmal "K. " genannt. Auf seinen alten Schulheften stehe "Z. ", auf denen,
die er selbst beschriftet habe, "K. ". Den Nachnamen seiner Halbschwester M. wisse er
nicht genau, er glaube, sie heiße "K. ". Die Meerschweinchen hießen mit Nachnamen
"K. ". Er selber wolle mit Nachnamen "K. " heißen, weil seine Mutter, seine
Halbschwester und die Meerschweinchen so hießen. Auf Nachfrage, wie er es fände,
wenn er weiter "Z. " heißen würde, erklärte der Beigeladene zu 1., dass ihn seine
Freunde dann nicht im Telefonbuch finden könnten; sonst fände er es nicht so schlimm.
172
Der im Anschluss an die Anhörung des Beigeladenen zu 1. befragte Beigeladene zu 2.
erklärte, von seinen Freunden "To" genannt zu werden; manche Freunde kennten
seinen Nachnamen. Von den Lehrern werde er ebenfalls nur mit Vornamen
angesprochen; auch auf den Schulheften stehe nur der Vorname. Seine Geschwister
hießen F. K. und M. K. ; auch die Meerschweinchen hießen mit Nachnamen "K. ". Weil
seine Schwester, seine Meerschweinchen und seine Mutter so hießen, wolle auch er so
heißen. Auf die Frage, wie er es fände, mit Nachnamen "Z. " zu heißen, antwortete er:
"weiß ich nicht".
173
Diese Angaben dokumentieren, dass die Beigeladenen ihrem Nachnamen und dem
Namensunterschied zu ihrer Mutter keine besondere Bedeutung beimessen. Ein
ernsthafter Wunsch, ihren Familiennamen auf Dauer dem ihrer Mutter anzupassen, ist
nicht zu erkennen, schon gar nicht, dass sie ohne die Namensänderung einer
Gefährdung ihrer gedeihlichen Entwicklung ausgesetzt wären.
174
Zu jenem Aspekt vgl.: BVerwG, Urteil vom 4. Juni 1986 - 7 C 77.85 -, Buchholz 402.10, §
3 NÄG Nr. 57, S. 45 (49).
175
Vielmehr stehen sie der Namensänderung mehr oder weniger gleichgültig gegenüber,
zumal für ihre Freunde ohnehin nur die Vor- bzw. Spitznamen maßgeblich sind und sich
offenbar auch im Verhältnis zu ihren Lehrern keine ernsthaften Probleme mit den
Nachnamen ergeben haben. Schwierigkeiten mit der Namensverschiedenheit zur Mutter
hat lediglich der Beigeladene zu 1. angegeben, soweit er offenbar Erklärungsbedarf
gegenüber seinen Freunden hat, weil er im Telefonbuch nicht unter "Z. " zu finden ist.
Dass sich die Beigeladenen vertieft mit der Frage auseinander gesetzt hätten, welchen
Nachnamen sie führen möchten, ist nicht zu erkennen; der Beigeladene zu 2. wusste
nichts auf die Frage zu antworten, wie er zu dem Nachnamen "Z. " stehe; der
Beigeladene zu 1. sagte sogar, er fände es - abgesehen vom Problem der Auffindbarkeit
im Telefonbuch - nicht so schlimm, mit Nachnamen "Z. " zu heißen. Soweit sie den
Wunsch bekundeten, so wie ihre Halbschwester, ihre Mutter und ihre Haustiere zu
heißen, belegt auch dies nur eine - verständliche - Neigung, einen einheitlichen
Familiennamen zu tragen, ohne dass sie sich damit ernsthaft beschäftigt hätten. Auf den
bloßen Wunsch eines Kindes nach der Namensänderung kommt es für die Frage, ob
hierfür ein wichtiger Grund vorliegt, nicht entscheidend an,
176
BVerwG, Urteil vom 10. März 1983 - 7 C 93.82 -, Buchholz 402.10, § 3 NÄG Nr. 51, S.
23 (25),
177
zumal dann nicht, wenn es sich - wie hier - um jüngere Kinder handelt, die die Tragweite
einer neuen Namenszuordnung noch nicht zu erkennen vermögen.
178
Vgl. OLG Oldenburg, Beschluss vom 18. Juni 1999 - 11 UF 26/99 -, NJW 2000, 367, zu
§ 1618 BGB n.F.
179
Dies gilt auch dann, wenn Halbgeschwister vorhanden sind, die den begehrten Namen
bereits tragen. Allerdings kommt der Existenz von Halb- oder Stiefgeschwistern dann
besondere Bedeutung zu, wenn der Namensunterschied gegenüber diesen die Gefahr
des "Sichausgeschlossenfühlens" merklich verstärkt und so die natürliche Integration
des Kindes in den Familienverband störend beeinflusst.
180
BVerwG, Urteil vom 10. März 1983 - 7 C 93.82 -, Buchholz 402.10, § 3 NÄG Nr. 51, S.
23 (26); Urteil vom 4. Juni 1986 - 7 C 77.85 -, Buchholz 402.10, § 3 NÄG Nr. 57, S. 45
(48).
181
Ungeachtet dessen, dass diesem Gesichtspunkt ohnehin eher dann größeres Gewicht
beizumessen ist, wenn die Integration in eine neu gegründete "Stieffamilie" in Rede
steht und das aus erster Ehe stammende Kind das einzige Familienmitglied mit einem
anderen Nachnamen ist, folgt aus dem Vorhandensein von Halbgeschwistern nicht,
dass eine Namensänderung regelmäßig zu gewähren wäre.
182
BVerwG, Urteil vom 4. Juni 1986 - 7 C 77.85 -, Buchholz 402.10, § 3 NÄG Nr. 57, S. 45
(48).
183
Im vorliegenden Fall ist nichts dafür ersichtlich, dass sich die Beigeladenen gegenüber
der Halbschwester M. , deren Familienname "K. " ist, als Außenseiter fühlen. Der
Beigeladene zu 1. wusste den Nachnamen seiner Halbschwester nicht einmal sofort zu
benennen; das zeigt, dass die Namensverschiedenheit für ihn nicht von besonderer
Bedeutung ist. Die übereinstimmenden Äußerungen der Beigeladenen, so wie ihre
Mutter, ihre Halbschwester und ihre Meerschweinchen heißen zu wollen, klangen
überdies einstudiert. Aus diesen und den vorstehend aufgeführten Gründen stellt sich
der bloße Wunsch der Beigeladenen, ebenso wie ihre Halbschwester zu heißen, nicht
als für ihr Wohl erforderlich dar.
184
Auch sonst hat der Senat den Eindruck gewonnen, dass die Beigeladenen zu der
Namensverschiedenheit innerhalb der Familie ein eher indifferentes Verhältnis haben;
selbst der fast 10-jährige Beigeladene zu 1. hat der Problematik der
Namensverschiedenheit von Kindern und Eltern aus anderen geschiedenen Ehen keine
sonderliche Aufmerksamkeit geschenkt. Auf die Frage, ob er Kinder kenne, die anders
als ihre Mutter hießen, antwortete er, einen Freund zu kennen, dessen Eltern sich
getrennt hätten; er glaube, dieser heiße so wie der Vater.
185
Insgesamt ist das Namensänderungsbegehren nach dem Eindruck des Senates in
erster Linie auf das Bestreben der Mutter der Beigeladenen zurückzuführen, die nach
der Scheidung den angenommenen Familiennamen "Z. " nicht weiterführen wollte und
ihren wieder angenommenen Geburtsnamen "K. " auf die gemeinsamen Kinder
übertragen möchte. Auch diese hat aber nicht von nennenswerten Problemen der
Kinder mit der Namensverschiedenheit, geschweige denn von seelischen Schäden
berichtet. Sie hat lediglich gewisse Unannehmlichkeiten im Umgang mit Behörden,
Banken und der Schule angegeben, die jedoch lediglich ihre Belange - etwa den
Nachweis des Sorgerechts - betreffen und deswegen von ihr als störend empfunden
werden, ohne dass sie die Namensänderung bei Anlegung des Maßstabs der
Erforderlichkeit rechtfertigen könnten. Den beigezogenen Gerichtsakten der
familiengerichtlichen Verfahren zwischen der Mutter der Beigeladenen und dem Kläger
ist allerdings der nachhaltige Versuch der Mutter zu entnehmen, das Umgangsrecht des
Klägers mit seinen Kindern seit etwa Anfang 1997 zu behindern.
186
Zu diesem Gesichtspunkt vgl. OVG NRW, Urteil vom 25. November 1993 - 10 A 2423/90
-, StAZ 1994, 195 (197).
187
Durch Beschluss des Amtgerichts I. vom 26. Juni 2000 (14 a F 32/00) ist ihr deshalb die
elterliche Sorge hinsichtlich der Durchführung der Umgangskontakte mit dem Kläger
188
entzogen und eine Umgangspflegschaft angeordnet worden. Darin wird ausgeführt,
dass die Mutter der Beigeladenen sich an ihre Zusage nicht gehalten habe, den
mehrfach vergleichsweise geregelten Umgang zwischen diesen und dem Kläger
einzuhalten, sondern abgesprochene Besuchskontakte vereitelt habe. Dabei mag auf
sich beruhen, ob die Mutter der Beigeladenen für die Nichteinhaltung einzelner
Besuchstermine nachvollziehbare Gründe anführen kann, wie sie im
Berufungsverfahren geltend macht. Dadurch wird die insgesamt festzustellende
Tendenz, dem Kläger die Kinder vorzuenthalten, nicht in Frage gestellt, wie sich auch
aus der Begründung des vorgenannten Beschlusses ergibt. Dieselben Feststellungen
hat das Oberlandesgericht H. mit Beschluss vom 2. Mai 2000 (5 UF 111/99) getroffen,
mit dem die Zwangsvollstreckung aus der den Unterhaltsanspruch der Mutter der
Beigeladenen regelnden notariellen Urkunde vom 30. Mai 1996 wegen des einen
Betrag von 900,-- DM monatlich übersteigenden Geschiedenenunterhalts unter Hinweis
darauf eingestellt wurde, es erscheine überwiegend wahrscheinlich, dass wegen der
Behinderung des Umgangs des Klägers mit seinen Kindern ein Unterhaltsanspruch der
Mutter teilweise verwirkt sei. All dies bestärkt den Senat in der Annahme, dass auch das
Namensänderungsverfahren zur Störung der vorhandenen positiven Beziehungen
zwischen den Beigeladenen und dem Kläger, die dieser u.a. mit gerichtlicher Hilfe zu
erhalten sucht, von der Mutter der Beigeladenen instrumentalisiert wird.
Die Einschätzung des Senats wird durch die Stellungnahme des Jugendamtes der Stadt
I. vom 28. September 2000 bestätigt, in der die Vermutung geäußert wird, dass die
gesetzliche Vertreterin der Beigeladenen mit Hilfe des Namensänderungsantrages
versuche, den Kläger aus dem Leben der Beigeladenen auszugrenzen. Es sei nicht
erkennbar, dass die Namensänderung für das Wohl der Kinder erforderlich sei; es
erscheine eher angezeigt, den Fortbestand des Namensbandes zwischen dem Kläger
und seinen Kindern zu schützen. Soweit die gesetzliche Vertreterin der Beigeladenen
im Erörterungstermin und in der mündlichen Verhandlung die Objektivität des
Mitarbeiters des Jugendamtes angezweifelt hat, hat sie diese Auffassung nicht näher
belegt. Ihre Angabe, die Stellungnahme basiere (allein) auf Gesprächen des
Mitarbeiters mit dem Kläger, ist so nicht zutreffend, weil sie in erster Linie auf die in den
familiengerichtlichen Verfahren getroffenen Feststellungen gestützt ist.
189
III. Auch wenn die vom Bundesverwaltungsgericht entwickelten Grundsätze zur
Förderlichkeit der Namensänderung für das Kindeswohl nach wie vor zugrunde zu
legen wären, würde die Abwägung der für bzw. gegen die Änderung des
Familiennamens sprechenden Umstände zu Ungunsten der Beigeladenen ausgehen.
Zwar spricht nach der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung in den sog.
"Scheidungshalbwaisen"-Fällen eine widerlegliche Vermutung dafür, dass eine
Namenseinheit mit dem sorgeberechtigten Elternteil dem Kindeswohl entspricht. Die
Vermutung kann allerdings ihrerseits für bestimmte typische Fallgestaltungen als
widerlegt angesehen werden, so dass gegebenenfalls eine Würdigung aller Umstände
des Einzelfalles erforderlich wird. Das gilt etwa für diejenigen Fälle, in denen es
objektive Hinweise auf problematische und deshalb im dauerhaften Bestand gefährdete
Sorgerechtsverhältnisse gibt. Dazu zählen auch Fälle, in denen einerseits enge
Bindungen oder sonst entsprechend positiv zu bewertende Beziehungen des Kindes
zum nicht sorgeberechtigten Elternteil bestehen und sich andererseits dagegen
gerichtete Störversuche abzeichnen, für welche die Namensänderung missbraucht zu
werden droht.
190
BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 1995 - 6 C 13.94 -, Buchholz 402.10, § 3 NÄG Nr. 74,
191
S. 16 (25).
Die oben unter II. 2. aufgezeigten Umstände rechtfertigen die Annahme einer
Förderlichkeit der Namensänderung für das Wohl der Beigeladenen entgegen der
dahingehenden Vermutung nicht. Diese dürfte im Hinblick auf den Versuch der
gesetzlichen Vertreterin der Beigeladenen, das Namensänderungsverfahren für eigene
Zwecke zu missbrauchen und die positiven Beziehungen der Kinder zum Kläger zu
unterlaufen, widerlegt sein. Jedenfalls rechtfertigt eine Gesamtbetrachtung der
Umstände des vorliegenden Falles eine dahingehende Beurteilung. In Anbetracht der
guten persönlichen Kontakte der Beigeladenen zum Kläger und des Bemühens des
Klägers um Aufrechterhaltung dieser Bindungen sowie der andauernden Störversuche
seitens seiner geschiedenen Ehefrau ist der sonst bei der Frage der Förderlichkeit der
Namensänderung für das Kindeswohl im Vordergrund stehende Aspekt der
Namenseinheit der (neuen) Familie, zu der auch die Halbschwester der Beigeladenen
zählt, von nachrangiger Bedeutung. Dass die Integration in diese Familie nicht von der
Namensänderung abhängt, ist durch die Anhörung der Beigeladenen deutlich
geworden. Darin konnte zwar - wie dargelegt - ein Wunsch der Beigeladenen
festgestellt werden, den gleichen Familiennamen wie ihre Mutter und Halbschwester zu
tragen, der sich durch die faktische Führung dieses Namens jedenfalls beim jüngeren
Beigeladenen zu 2. auch verfestigt haben dürfte. Die Führung des gewünschten
Namens allein kann aber nicht bewirken, dass damit ein Anspruch auf eine
entsprechende Namensänderung begründet würde.
192
Vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 10. März 1983 - 7 C 93.82 -, Buchholz 402.10, § 3 NÄG
Nr. 51, S. 23 (25); OVG NRW, Urteil vom 28. Mai 1996 - 10 A 1691/91 -, FamRZ 1997,
448 (449).
193
Auch der Wunsch der Beigeladenen nach einer Namensänderung kann für sich
gesehen die Annahme nicht rechtfertigen, dieser (allein) sei der gedeihlichen
Entwicklung der Beigeladenen in der von § 3 NÄG geforderten Weise zuträglich.
Sonstige Gesichtspunkte, die bei Heranziehung des Kriteriums der Förderlichkeit zur
Namensänderung führen müssten, sind weder dargelegt noch erkennbar. Namentlich
haben sich die von der Mutter der Beigeladenen zur Begründung der
Namensänderungsanträge angeführten Verlassensängste ihrer Kinder in der
eingehenden Anhörung vom 7. November 2000 nicht bestätigt.
194
IV. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 und 3, § 159 Satz 1 VwGO, § 100
Abs. 1 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167
VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
195
Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO
im vorliegenden Fall nicht gegeben sind.
196