Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 08.01.2007
OVG NRW: durchschnitt, sozialhilfe, verfügung, körperpflege, umwelt, wohnung, bestreitung, ausnahme, rente, ergänzung
Oberverwaltungsgericht NRW, 12 A 3267/05
Datum:
08.01.2007
Gericht:
Oberverwaltungsgericht NRW
Spruchkörper:
12. Senat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
12 A 3267/05
Vorinstanz:
Verwaltungsgericht Köln, 5 K 378/04
Tenor:
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens, für das
Gerichtskosten nicht erhoben werden.
G r ü n d e :
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Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist unbegründet, weil die
beabsichtigte Rechtsverfolgung aus den nachstehenden Gründen keine hinreichende
Aussicht auf Erfolg bietet (§ 166 VwGO, § 114 Satz 1 ZPO).
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Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist unbegründet.
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Das Zulassungsvorbringen führt nicht zu ernstlichen Zweifeln i.S.v. § 124 Abs. 2 Nr. 1
VwGO. Es vermag die Annahme des Verwaltungsgerichts, die Ablehnung der
Sozialhilfe durch den Beklagten sei wegen nicht ausgeräumter Zweifel an der
Hilfsbedürftigkeit des Klägers gerechtfertigt, nicht in Frage zu stellen.
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Bei der Bewilligung der Sozialhilfe geht die Nichtaufklärbarkeit eines
anspruchsbegründenden Tatbestandsmerkmals zu Lasten des Hilfebedürftigen.
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Vgl. BVerwG, Urteil vom 2. Juni 1965 - VC 63.64 -, FEVS 13, 201 ff.
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Dies bedeutet, das der Hilfebedürftige darlegen und gegebenenfalls nachweisen muss,
dass er in dem Zeitraum, für den die Hilfegewährung begehrt wird, hilfebedürftig
(gewesen) ist. Die hierzu wiederholte Behauptung des Klägers, seine Mutter und er
hätten "von 145,00 Euro im Monat zzgl. der Inanspruchnahme eines Anteils an dem
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Dispokredit der Mutter leben können", ist nicht plausibel. Die vorliegenden
Kontoauszüge des Girokontos der Mutter des Klägers für den Zeitraum von Mai 2002 bis
Januar 2003 weisen - wie auch der Kontoauszug für den Monat Januar 2002 - jeweils
einen deutlichen Negativsaldo auf. Daher ist vor dem Hintergrund, das Rente und
Grundsicherung über das Konto liefen, nicht nachvollziehbar, wie die Mutter des Klägers
außerhalb der angeblich nur zusätzlich erfolgten Inanspruchnahme des
Dispositionskredits über Barbeträge in einer Größenordnung von monatlich 145 Euro
hat verfügen können. Für den noch streitigen Zeitraum (21. Februar bis 26. Oktober
2003) fehlen ohnehin jegliche Belege über die Einkommens- und Vermögenssituation
des Klägers und seiner Mutter.
Die Behauptung einer zusätzlichen regelmäßigen - gegebenenfalls in der Höhe
schwankenden - Entnahme aus dem Dispositionskredit als Ergänzung des angeblich
zur Verfügung stehenden monatlichen Betrags von 145 Euro lässt sich zudem mit der
Entwicklung des Negativsaldos des Girokontos der Mutter des Klägers nicht in Einklang
bringen. Bei einer stetigen Entnahme - und einer wie hier im wesentlichen statischen
Einnahmesituation - müsste die Ausschöpfung des Dispositionskredits von Monat zu
Monat zunehmen; demgegenüber schwanken jedoch zum Monatsbeginn die negativen
Saldenstände mit Ausnahme der Entwicklung vom Monat Mai 2002 auf den Monat Juni
2002 zwischen rd. 1700,00 EUR und rd. 2.000,00 EUR, ohne dass insoweit eine
ansteigende Tendenz erkennbar ist (z.B. 2. Mai 2002: 1.268,31 Euro, 1. Juni 2002:
1.794,38 EUR, 1. Juli 2002: 1.951,43 EUR, 1. August 2002: 1.854,79 Euro, 1.
September 2002: 1.971,59 EUR, 1. Oktober 2002: 1.933,87 Euro, 4. November 2002:
1.851,02 EUR, 2. Dezember 2002: 1.742,42 EUR, 1. Januar 2003: 1.971,69 Euro).
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Selbst wenn man zugunsten des Klägers davon ausgeht, dass sämtliche Barmittel durch
Abhebungen von dem Girokonto der Mutter und damit angesichts des Negativsaldos
jeweils unter Inanspruchnahme des Dispositionskredits erlangt worden sind, ergibt sich
für den Zeitraum von Mai bis Dezember 2002 unter Berücksichtigung der
Barabhebungen einerseits und der erfolgten Eigenzahlungen andererseits eine sehr
geringe durchschnittliche Entnahme von insgesamt lediglich 150 Euro pro Monat im
Durchschnitt. Abgesehen davon, dass sich den Darlegungen des Klägers nicht
entnehmen lässt, dass der monatliche Betrag, der ihm und seiner Mutter zur Bestreitung
des Lebensunterhalts zur Verfügung gestanden hat, auf insgesamt 150 Euro im
monatlichen Durchschnitt beschränkt gewesen ist, bleibt in Ermangelung einer
substantiierten Darlegung unklar, wie der Kläger und seine Mutter, die sich noch im
November 2001 als zuckerkrank bezeichnet hat, in dem Zeitraum von Mai 2002 bis zum
Oktober 2003, d.h. innerhalb von rund eineinhalb Jahren, gerade im Hinblick auf die
äußerst geringen Finanzmittel ihren Lebensunterhalt (wie z.B. Essen, Trinken, Kleidung,
Körperpflege, Kontakt zur Umwelt, Instandhaltung der Wohnung,
Krankenbehandlungskosten etc.) im Einzelnen bestritten haben; die pauschale
Behauptung, sie hätten in sehr ärmlichen Verhältnissen gelebt, reicht angesichts der
vom Kläger vorgetragenen geringen Höhe der monatlichen Aufwendungen, die nicht nur
den Regelsatz, sondern auch den im einstweiligen Rechtsschutzverfahren als
notwendig angesehenen Betrag von 80 % des Regelsatzes noch deutlich unterschritten,
nicht aus.
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Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 188 Satz 2 Abs. 1 VwGO.
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Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs.1 VwGO). Das angefochtene Urteil ist
rechtskräftig (§ 124 a Abs. 5 Satz 4 VwGO).
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