Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 01.07.1988
OVG NRW (träger, öffentlich, eltern, verwaltungsgericht, öffentliche aufgabe, verhältnis zu, jugendhilfe, höhe, ergebnis, gesetz)
Oberverwaltungsgericht NRW, 8 A 2711/85
Datum:
01.07.1988
Gericht:
Oberverwaltungsgericht NRW
Spruchkörper:
8. Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
8 A 2711/85
Vorinstanz:
Verwaltungsgericht Aachen, 1 K 175/85
Tenor:
Das angefochtene Teilurteil wird geändert.
Die Klage wird mit dem Klageantrag zu 1. abgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens, für das Gerichtskosten nicht
erhoben werden, trägt die Klägerin.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
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Der Sohn ... der Beklagten besuchte in der Zeit vom 1. Januar 1983 bis zum 31. Mai
1984 den städtischen Kindergarten in ..., dessen Trägerin die Klägerin ist. Der Beklagte
zu 1. ist niedergelassener Rechtsanwalt, die Beklagte zu 2. hat den Beruf einer Lehrerin
erlernt, war indessen in der hier in Frage stehenden Zeit ohne Dienstbezüge beurlaubt.
Die Beklagten entrichteten für den oben genannten Zeitraum einen monatlichen
Elternbeitrag von 35,- DM. Aufforderungen der Klägerin zur Selbsteinschätzung gemäß
§14 Abs. 5 Satz 2 des Zweiten Gesetzes zur Ausführung des Gesetzes für
Jugendwohlfahrt (Kindergartengesetz - KgG) vom 21. Dezember 1971 (GV NW S. 176),
in der Fassung des Gesetzes vom 21. Dezember 1982 (GV NW S. 800) kamen die
Beklagten mit der Begründung nicht nach, die im Kindergartengesetz vorgesehene
Beitragsstaffelung nach der Höhe des Einkommens sei verfassungswidrig.
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In einem "Beitragsfestsetzungs- und Zahlungsaufforderungsbescheid" vom 23. August
1983 setzte die Klägerin daraufhin den Elternbeitrag für das Jahr 1983 auf 1.200,- DM
bzw. 100,- DM monatlich fest. Nach erfolglosem Vorverfahren haben die Beklagten
hiergegen am 24. Dezember 1983 die Klage 1 K 2253/83 VG Aachen erhoben. Das
Verwaltungsgericht hat mit Urteil vom 6. Dezember 1984 den Bescheid des Beklagten
vom 23. August 1983 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Dezember
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1983 aufgehoben. Zur Begründung hat es ausgeführt: Weder das Kindergartengesetz
noch das Gesetz für Jugendwohlfahrt (JWG) enthielten eine gesetzliche
Ermächtigungsgrundlage für den Erlaß eines Beitragsfestsetzungsbescheides
betreffend die Erhebung von Elternbeiträgen.
Am 30. Januar 1985 hat die Klägerin daraufhin die vorliegende Klage gegen die
Beklagten erhoben. Sie hat vorgebracht: Es bestehe eine gesetzliche Pflicht zur
Selbsteinschätzung; die Verweigerung der Beklagten stelle ein offenes Fehl verhalten
dar. Deshalb sei, weil ein Verwaltungsakt nach der Auffassung des Verwaltungsgerichts
Aachen nicht ergehen dürfe, Leistungsklage geboten. Sie begehre des weiteren die
Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 425,- DM bzw. 1.105,- DM nebst 4 % Zinsen
seit Rechtshängigkeit. Der Betrag richte sich danach, welches Einkommen der
Beklagten in der fraglichen Zeit zugrunde zu legen sei. Die Klägerin hat weiterhin
vorgebracht: Die Beitragsstaffelung in §14 KgG sei mit der Verfassung vereinbar. Auch
in anderen Bereichen der Daseinsfürsorge gebe es eine an den sozialen Verhältnissen
der jeweiligen Familie orientierte Festsetzung von Beiträgen. Art. 3 des Grundgesetzes
sei mithin nicht verletzt, weil eine Differenzierung durch sachliche Erwägungen
gerechtfertigt sei. §14 Abs. 5 KgG verstoße auch nicht gegen Art. 4 Abs. 2 der
Landesverfassung, wonach jeder einen Anspruch auf den Schutz seiner
personenbezogenen Daten habe. Die reine Erhebung von Daten stelle noch keinen
Eingriff in die Schutzsphäre dar. Im übrigen könnten gemäß Art. 4 Abs. 2 der
Landesverfassung auch auf Grund eines Gesetzes Eingriffe gerechtfertigt sein, wenn sie
den überwiegenden Interessen der Allgemeinheit dienten. Die Beitragsstaffelung und
Selbsteinschätzung diene zur Sicherung der Finanzierung der Kindergärten, dies sei ein
Interesse der Allgemeinheit. Für eine Verletzung des Datenschutzgesetzes fehle es
bereits an den Voraussetzungen dieses Gesetzes. Die Klägerin hat beantragt,
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1) die Beklagten zu verurteilen, der Klägerin gegenüber zu erklären, welcher
Beitragsstufe nach den Abs. 2 und 3 des §14 Kindergartengesetz (KgG) sie zuzuordnen
sind,
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2) für den Fall, daß die Selbsteinschätzung im Sinne des Klageantrages zu 1) zur
Einordnung in eine Einkommenskategorie des §14 Abs. 3 KgG führt, die Beklagten zu
verurteilen, an die Klägerin 425,- DM bzw. 1.105,- DM mit 4 % Zinsen seit
Rechtshängigkeit zu zahlen.
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Die Beklagten haben beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Sie haben vorgebracht: Das Kindergartengesetz verstoße hinsichtlich der
Selbsteinschätzung gegen geltendes Abgaben-, Verfassungs- und Datenschutzrecht.
Bei einer Selbsteinschätzung erhielte eine nicht absehbare Zahl von Personen, nämlich
Mitarbeiter des Kindergartens, des Trägers und des Jugendamtes, Kenntnis von der
Selbsteinschätzung und der sich evtl. anschließenden Überprüfung, obwohl diese
Personen keiner Pflicht zur Geheimhaltung unterlägen. Die Beitragsstaffelung sei
verfassungswidrig. Sie verstoße insbesondere gegen Art. 3 des Grundgesetzes, da die
vorgesehene Differenzierung der Beitragshöhe nicht auf sachlichen Erwägungen
beruhe. Es sei nicht einzusehen, daß die Inanspruchnahme derselben Einrichtung zu
einer unterschiedlichen Beitragsstaffelung berechtigen könne. Aus demselben Grund
verstoße die unter sozialen Gesichtspunkten vorgenommene Beitragsstaffelung gegen
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abgabenrechtliche Grundsätze.
Das Verwaltungsgericht hat mit dem angefochtenen Teilurteil dem Klageantrag zu 1)
stattgegeben. Es hat ausgeführt: Bei dem von der Klägerin betriebenen Kindergarten in
... handle es sich um eine öffentliche Einrichtung im Sinne des §18 Abs. 2 der
Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen (GO NW). Das "Ob" der
Benutzung einer solchen Einrichtung unterliege dem öffentlichen Recht, das "Wie" der
Benutzung könne sowohl öffentlich-rechtlich als auch privat-rechtlich geregelt werden.
Vorliegend sei das Betriebsverhältnis des städtischen Kindergartens in der Zeit, um die
es hier gehe, öffentlich-rechtlich ausgestaltet gewesen. Der Anspruch auf Verpflichtung
der Beklagten zur Selbsteinschätzung sei auch begründet. Ohne eine solche
Selbsteinschätzung sei der Träger des Kindergartens nicht imstande festzustellen,
welche der nach den Absätzen 2 und 3 des §14 KgG in Betracht kommenden
Elternbeiträge anzusetzen seien. Die Selbsteinschätzung sei unabdingbare
Voraussetzung für die Vermittlung des maßgeblichen Beitragssatzes bzw. das
Tätigwerden der Bewilligungsbehörde. Bei verständiger Würdigung von Sinn und
Zweck und des Zusammenhangs der in Rede stehenden gesetzlichen Regelung müsse
deshalb von einer Verpflichtung der Erziehungsberechtigten zur Selbsteinschätzung
ausgegangen werden, weil andernfalls die gesetzliche Regelung leer liefe. Im übrigen
sei die Selbsteinschätzung gegenüber der in §14 Abs. 5 Satz 4 KgG ausdrücklich
geregelten Verpflichtung der Erziehungsberechtigten, die erforderlichen Angaben zu
machen und zu belegen, als Minus anzusehen, so daß es unverständlich wäre, nicht
auch insoweit von einer gesetzlichen Verpflichtung auszugehen. Die
Selbsteinschätzung sei auch mit dem Datenschutzrecht vereinbar. Weil die Beklagten
sich geweigert hätten, die Selbsteinschätzung vorzunehmen, seien sie auf Grund des
von der Klägerin geltend gemachten Klagebegehrens hierzu antragsgemäß zu
verpflichten. Schließlich sei auch die Staffelung der Elternbeiträge verfassungsrechtlich
nicht zu beanstanden. Die Einkommensverhältnisse als Anknüpfungspunkt für die Höhe
des zu erhebenden Kostenbeitrages stellten unter Berücksichtigung der in §81 JWG
getroffenen Regelung ein sich geradezu aufdrängendes sachliches Kriterium dar. Ob
und inwieweit diese Regelung gegenüber früherem gesetzgeberischem Vorhaben, den
Elternbeitrag letztendlich ganz entfallen zu lassen, politisch kritikwürdig sei oder nicht,
möge dahinstehen. Jedenfalls sei der Gesetzgeber nicht daran gehindert, insbesondere
aus finanzpolitischen Erwägungen im Rahmen seines gesetzgeberischen Ermessens
zu neuen Entscheidungen zu gelangen. Hinsichtlich des Klageantrages zu 2), der von
der Klägerin zulässigerweise im Rahmen einer Stufenklage geltend gemacht werde,
komme derzeit eine Entscheidung noch nicht in Betracht, da insoweit erst die von den
Beklagten vorzunehmende Selbsteinschätzung vorliegen müsse.
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Gegen das ihnen am 11. Dezember 1985 zugestellte Teilurteil haben die Beklagten am
selben Tag Berufung eingelegt. Sie wiederholen ihr erstinstanzliches Vorbringen und
bringen ergänzend vor: §14 KgG biete weder eine geeignete Ermächtigungsgrundlage
zur Erhebung der in §14 Abs. 2 und 3 gestaffelten Elternbeiträge noch für eine
sogenannte Selbsteinschätzung. Würden für die öffentlich- rechtliche Inanspruchnahme
eines kommunalen Kindergartens Elternbeiträge erhoben, so seien diese
Benutzungsgebühren. Eine Staffelung der Elternbeiträge sei nach abgabenrechtlichen
Prinzipien nicht zulässig. Wesentlicher Gedanke des Abgabenrechts sei das
Gleichbehandlungsprinzip des Art. 3 GG. Bei gleicher Inanspruchnahme dürften nur
gleich hohe Gebühren verlangt werden. Ihr Sohn habe die Einrichtung Kindergarten in
gleicher Art und Weise in Anspruch genommen wie die Kinder derjenigen Eltern, die
über ein geringeres Einkommen verfügten. Dafür, daß die besserverdienenden Eltern
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bei gleicher Inanspruchnahme höhere Gebühren zu entrichten hätten, sei kein
sachlicher Grund erkennbar. Ihres Erachtens handle es sich um eine rein politische,
rechtlich nicht haltbare Lösung. Bereits ein einheitlicher monatlicher Elternbeitrag von
37,50 DM führe zum selben Ergebnis. Auch §81 JWG stelle keine Ermächtigungsnorm
für die Erhebung von Elternbeiträgen dar. Das Jugendwohlfahrtsgesetz ziele auf
konkrete Hilfe zur Erziehung für einen einzelnen Minderjährigen hin. Bei der
Berechnung der Kostenerstattungspflicht der Erziehungsberechtigten bei Hilfen für
einzelne Jugendliche müsse in jedem Einzelfall eine differenzierte Betrachtung
vorgenommen werden. Eine pauschalierte Beitragserhebung bei verschiedenen
Einkommensgruppen sehe das Gesetz nicht vor. Die §§80 ff. JWG sagten auch nichts
darüber, daß bei gleichartigen Sachverhalten eine Kostenbeteiligung der
Erziehungsberechtigten vorgenommen werden müsse. Die Frage nach der
Verfassungswidrigkeit des §14 KgG stelle sich demzufolge auch, wenn man die
diesbezüglichen Bestimmungen an den Prinzipien der Kostenbeteiligung des
Jugendwohlfahrtsgesetzes messe.
Die Beklagten beantragen,
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das angefochtene Teilurteil zu ändern und den Klageantrag zu 1) der Klägerin
abzuweisen.
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Die Klägerin beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Sie bringt vor: Der Kindergartenbeitrag sei ein Kostenbeitrag nach den §§80 ff. JWG.
Durch das Kindergartengesetz seien seit dem 1. Januar 1983 die Elternbeiträge
landesgesetzlich festgelegt. Mit dieser Festlegung sei eine Spezialregelung getroffen
worden, die für eine Heranziehung von gebührenrechtlichen Grundsätzen des
Kommunalabgabengesetzes keinen Raum mehr lasse. Mithin verstoße §14 KgG auch
nicht gegen Art. 3 GG unter dem Gesichtspunkt der abgabenrechtlichen Prinzipien. Die
Bestimmungen der §§80 ff. JWG ließen auch keinen Raum für eine örtliche
Kindergartenbeitragssatzung. Die gesetzliche Bestimmung der vollen oder anteiligen
Kostentragung durch Eltern von Kindergartenkindern, des jeweiligen Trägers der
Einrichtung und der Träger der öffentlichen Jugendhilfe finde ihre
Ermächtigungsgrundlage in §81 Abs. 3 JWG. Es wäre auch ohne weiteres einleuchtend,
die Höhe des Elternbeitrages im Einzelfall auf Grund von den Eltern offenzulegender
Einkommensverhältnisse zu ermitteln. Der Landesgesetzgeber habe indessen den Weg
der freiwilligen Selbsteinschätzung als milderes Mittel gegenüber der Offenlegung der
Einkommensverhältnisse gewählt.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten
im übrigen wird auf den Inhalt der Verfahrensakte und der weiteren Verfahrensakte 1 K
2253/83 Aachen Bezug genommen.
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Entscheidungsgründe:
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Die Berufung der Beklagten gegen das Teilurteil des Verwaltungsgerichts Aachen vom
17. Oktober 1985 hat Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat - was allein Gegenstand der
Berufung ist - dem Klageantrag zu 1) zu Unrecht stattgegeben.
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Die Klage ist zulässig.
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Für das Klagebegehren ist der Verwaltungsrechtsweg gemäß §40 Abs. 1 Satz 1 der
Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) gegeben; denn es handelt sich um eine öffentlich-
rechtliche Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher Art, für die eine Sonderzuweisung an
ein anderes Gericht nicht besteht. Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat,
können kommunale Träger, wie Gemeinden und Kreise, das Betriebsverhältnis, d.h. das
"Wie" der Benutzung eines von ihnen betriebenen Kindergartens sowohl öffentlich-
rechtlich als auch privatrechtlich regeln.
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Vgl. Künzel/Moskal, Kindergartengesetz Nordrhein-Westfalen, 12. Aufl. 1986, §14 Anm.
II 1 b; s.a. Kottmann, Nach dem Einkommen gestaffelte Elternbeiträge gemäß §14 Abs. 3
Kindergartengesetz Nordrhein-Westfalen, Kommunale Steuerzeitschrift (KStZ) 1985, 42,
43; Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NW), Urteil vom 20.
November 1978 - II A 1037/77 -, Der Gemeindehaushalt 1979, 184; Beschluß vom 18.
November 1983 - 2 B 2037/83 -, Die Öffentliche Verwaltung (DÖV) 1984, 638 = KStZ
1984, 78.
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Während der hier in Rede stehenden Zeit war das Betriebsverhältnis des städtischen
Kindergartens ... öffentlich-rechtlich ausgestaltet. Dies haben die Parteien auch im
Berufungsverfahren nicht in Abrede gestellt. Nunmehr ist die Klägerin allerdings in
Abkehr von ihrer bisherigen Praxis dazu übergegangen, mit den
Erziehungsberechtigten privatrechtliche Benutzungsverträge abzuschließen.
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Für die Leistungsklage ist auch ein Rechtsschutzinteresse anzunehmen. Es ergeben
sich keine Anhaltspunkte dafür, daß die Klägerin das mit der Klage verfolgte Ziel auf
andere, einfachere Weise erreichen könnte.
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Die Klage ist aber unbegründet. Der Klägerin steht der mit dem Klageantrag zu 1)
geltend gemachte Anspruch nicht zur Seite. Das Kindergartengesetz verpflichtet die
Beklagten nicht zur Abgabe einer Erklärung gegenüber der Klägerin, welcher
Beitragsstufe nach den Abs. 2 und 3 des §14 KgG sie (die Beklagten) zuzuordnen sind
(Selbsteinschätzung).
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Ein solcher Anspruch auf Verpflichtung der Beklagten zur Selbsteinschätzung ist
entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts aus der gesetzlichen Bestimmung des
§14 Abs. 5 Satz 2 KgG, welche allein näher in Betracht zu ziehen ist, nicht herzuleiten.
Diese Bestimmung beinhaltet keine Ermächtigungsgrundlage, die
Erziehungsberechtigten eines den Kindergarten besuchenden Kindes zur Leistung
eines Elternbeitrages durch Bescheid zu verpflichten, wie es das Verwaltungsgericht
bereits in dem diesem Verfahren vorausgegangenen Verfahren 1 K 2253/83 Aachen mit
Urteil vom 6. Dezember 1984 zu Recht ausgeführt hat und wie es der Senat in dem
ebenfalls am heutigen Tage verhandelten Berufungsverfahren 8 A 2032/86 entschieden
hat. Der Bestimmung ist auch keine Ermächtigungsgrundlage für eine Inanspruchnahme
der Erziehungsberechtigten zur Selbsteinschätzung im Rahmen einer allein auf §14
Abs. 5 Satz 2 KgG gestützten Leistungsklage zu entnehmen.
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Für dieses Ergebnis streiten sowohl der Wortlaut als auch die Systematik und die
Entstehungsgeschichte des §14 Abs. 5 KgG.
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Nach §14 Abs. 5 Satz 1 KgG obliegt dem Träger des Kindergartens (hier: der Klägerin)
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der Einzug der Elternbeiträge. Gemäß Satz 2 dieser Bestimmung "erklären" die
Erziehungsberechtigten ihn gegenüber, welcher Beitragsstufe nach Abs. 2 und 3 sie
zuzuordnen sind (Selbsteinschätzung). Schon die Begriffswahl: "die
Erziehungsberechtigten erklären" spricht dagegen, daß das Kindergartengesetz den
Trägern der Kindergärten eine einklagbare Verpflichtung zur Abgabe einer solchen
Erklärung zur Verfügung stellt. Dies wird auch aus dem Wortlaut des §14 Abs. 5 Satz 3
KgG deutlich, wonach die Bewilligungsbehörde, das ist das zuständige Jugendamt, die
Richtigkeit der (abgegebenen) Selbsteinschätzung überprüfen kann, wenn sich
Anhaltspunkte für eine offensichtlich fehlerhafte Selbsteinschätzung ergeben. Die
Erziehungsberechtigten sind (nach dem Wortlaut des §14 Abs. 5 Satz 4 KgG) in diesen
Fällen dann verpflichtet, die erforderlichen Angaben zu machen und zu belegen; die
Bewilligungsbehörde teilt das Ergebnis der Überprüfung dem Träger des Kindergartens
sowie den Erziehungsberechtigten mit (§14 Abs. 5 Satz 5 KgG). Allein aus der
unterschiedlichen und bewußt verschiedenen Wortwahl ("die Erziehungsberechtigten
erklären" und "die Erziehungsberechtigten sind verpflichtet") ist zu schließen, daß der
Landesgesetzgeber die Erziehungsberechtigten im ersten Stadium der
Beitragsveranlagung (der Selbsteinschätzung) jedenfalls durch das Kindergartengesetz
noch nicht verpflichten wollte, sondern das dies erst im zweiten Stadium, in dem es um
die Abgabe von Erklärungen gegenüber einer Behörde geht, der Fall sein sollte. Wenn
der Landesgesetzgeber eine gerichtlich durchsetzbare, auf §14 Abs. 5 KgG gestützte
Verpflichtung der Erziehungsberechtigten zur Selbsteinschätzung (bereits) gegenüber
dem Träger des Kindergarten gewollt hätte, hätte er dies deutlich klargestellt (klarstellen
müssen).
Dieses Ergebnis wird auch durch die Gesetzesmaterialien bestätigt. In den
Einzelbegründungen zum Gesetzentwurf zur Änderung des Kindergartengesetzes heißt
es - soweit es hier interessiert -:
29
"Bei der Bestimmung der Beitragshöhe soll jeder bürokratische Aufwand vermieden
werden. Es ist daher eine Regelung beabsichtigt, nach der die Erziehungsberechtigten
sich selber der für sie zutreffenden Beitragsklasse zuordnen. Eine
Überprüfungsmöglichkeit soll nur zur Vermeidung von Mißbräuchen vorgesehen
werden."
30
Vgl. Landtagsdrucksache 9/1970 S. 14.
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In der Landtagssitzung vom 17. September 1982 hat sich der zuständige Fachminister
wie folgt geäußert:
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"Die Landesregierung möchte den Versuch unternehmen, an das
Verantwortungsbewußtsein der Eltern zu appellieren, und möchte von einem
bürokratischen Überprüfungsverfahren absehen. Der Entwurf geht deshalb davon aus,
daß sich die Eltern jeweils selbst einschätzen, und die Landesregierung will damit ganz
ausdrücklich einen Beitrag dazu leisten, an das Verantwortungsbewußtsein der Eltern
zu appellieren und bürokratische Überprüfung zu vermeiden.
33
Ich hoffe sehr, daß dieses Angebot angenommen wird und dieses Experiment gelingt.
Überprüfungen sollen nur vorgenommen werden, wenn Anlaß zu der Vermutung
besteht, daß die Eltern falsche Angaben machen. Ich bin sehr gespannt darauf, ob
dieses Angebot an den freien, selbständigen und verantwortungsbewußten Bürger
angenommen wird. Ich habe bereits auch mit Praktikern gesprochen, die das werden
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durchführen müssen, und bin dabei zu dem Ergebnis gekommen, daß es durchaus
praktikable Verfahren gibt, die mit einem Minimum an bürokratischem Aufwand
auskommen. Die Landesregierung hofft also, daß diese Regelung der
Selbsteinschätzung akzeptiert wird und funktioniert."
Vgl. Plenarprotokoll 9/58 vom 17. September 1982 - 3259 -.
35
Diese Zielvorstellungen und Erörterungen verdeutlichen, daß der Landesgesetzgeber
für dieses Stadium der Beitragserhebung an eine durchsetzbare gesetzliche
Verpflichtung zur Selbsteinschätzung nicht gedacht und diese nicht einführen wollte. Ein
solches Eingriffsrecht (bereits) des Trägers der Einrichtung ist zu keiner Zeit erörtert
worden.
36
S.a. Mitteilung des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales an die kommunalen
Spitzenverbände zur Selbsteinschätzung der Eltern, veröffentlicht in Eildienst des
Städtetages NW 128/83.
37
Für diesen Befund streitet auch die Systematik des Kindergartengesetzes, soweit die
Beteiligung der Erziehungsberechtigten an den Kosten der Einrichtung betroffen ist. §14
KgG regelt bereits nach seiner amtlichen Überschrift lediglich (als Pendant zur
Regelung der Bau- und Einrichtungskosten in §10 KgG), wie die Betriebskosten, d.h. die
angemessenen Personal- und Sachkosten, die durch den Betrieb eines Kindergartens
entstehen gedeckt werden (aufzubringen sind), nämlich durch eigene Leistung des
Trägers, durch Zuschüsse des Jugendamtes und des Landes und durch Elternbeiträge.
Insoweit stimmt diese Regelung mit der alten Fassung des Gesetzes weitgehend
überein. Während indessen das Kindergartengesetz in der Fassung vom 21. Dezember
1971 (GV NW S. 534) lediglich den Gesamtanteil der Elternbeiträge an den
Betriebskosten festlegte und die Höhe der Einzelbeiträge offenließ, werden die
Elternbeiträge in der Neufassung nunmehr unmittelbar für die Kindergärten in
Nordrhein-Westfalen einheitlich festgelegt (besser: nach oben begrenzt). Die
Betriebskosten, die nach Abzug des sich daraus errechnenden Elternanteils sodann
übrigbleiben, werden prozentual unter den anderen Kostenbeteiligten gemäß der in §14
Abs. 6 KgG getroffenen Verteilungsregelung aufgeteilt.
38
Vgl. Künzel/Moskal, a.a.O., §14 II 1; Plenarprotokoll des Landtags NW vom 17.
September 1982 - 9/58 3258 -.
39
Die Träger der jeweiligen Einrichtung werden verpflichtet, die Erziehungsberechtigten in
der für sie maßgeblichen Höhe an den Betriebskosten zu beteiligen. Darin erschöpft
sich diese Bestimmung. Wie diese Aufgabenzuweisung von den einzelnen
Kindergartenträgern - je nach der rechtlichen Ausgestaltung des
Benutzungsverhältnisses und/oder nach der Rechtsnatur des Trägers - im Einzelfall
umgesetzt wird (etwa durch einen privatrechtlichen oder öffentlich-rechtlichen Vertrag),
regelt §14 KgG indessen nicht. Dies ist ganz bewußt geschehen, weil sich die
Bestimmung an alle in Betracht kommenden Träger von Kindergärten richtet,
insbesondere - und vor allem - an die freien Träger der Jugendhilfe. Gemäß §8 Abs. 1
KgG sind Kindergartenträger in der Regel die Träger der freien Jugendhilfe und die
Gemeinden ohne eigenes Jugendamt. Erst wenn ein geeigneter Träger der freien
Jugendhilfe nicht vorhanden oder zur Errichtung und Unterhaltung eines Kindergartens
nicht bereit oder in der Lage ist, und auch die Gemeinde ohne eigenes Jugendamt zur
Übernahme der Trägerschaft als freiwillige öffentliche Aufgabe nicht bereit oder in der
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Lage ist, dann hat das Jugendamt die nach dem Bedarfsplan erforderlichen
Einrichtungen selbst zu schaffen (Abs. 3 und 4). Die Errichtung und Unterhaltung von
Kindergärten obliegt demzufolge nur in Ausnahmefällen den (hoheitlich tätig
werdenden) Jugendämtern, d.h. den Organen der öffentlichen Jugendhilfe im Sinne von
§2 JWG. Bei den mithin überwiegend angesprochenen freien Trägern der Jugendhilfe
gestalten sich aber die Rechtsbeziehungen zu den Erziehungsberechtigten und dem die
Einrichtung besuchenden Kind im Regelfall nach Privatrecht mit der Folge, daß ein
privatrechtlicher Vertrag mit den Erziehungsberechtigten geschlossen, ein
privatrechtliches Entgelt vereinbart und dieses ggf. auch auf dem Privatrechtsweg
geltend gemacht werden muß. Auch kommunale Träger, können - wie oben bereits
erwähnt - das Betriebsverhältnis, d.h. das "Wie" der Benutzung einer von ihnen
betriebenen Einrichtung, sowohl öffentlich-rechtlich als auch privatrechtlich regeln und
mit den Erziehungsberechtigten einen öffentlich-rechtlichen oder privatrechtlichen
Vertrag über die Benutzung des Kindergartens schließen, d.h. die Aufgabenzuweisung
aus dem Kindergartengesetz in diesen Verträgen passend auf ihren Fall umsetzen. Die
Klägerin ist - zwar noch nicht für den Zeitraum, der Gegenstand dieses Verfahrens ist -
zwischenzeitlich ebenfalls hierzu übergegangen und schließt nunmehr privatrechtliche
Verträge mit den Erziehungsberechtigten.
Deshalb kann entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts auch nicht davon
ausgegangen werden, daß ohne eine aus dem Gesetz begründete Verpflichtung der
Erziehungsberechtigten zur Selbsteinschätzung, die im Weigerungsfalle durch
Leistungsklage geltend gemacht werden kann, die Regelung des §14 Abs. 5 KgG leer
liefe, weil - soweit stimmt der Senat dem Verwaltungsgericht zu - die
Selbsteinschätzung unabdingbare Voraussetzung für die Ermittlung des maßgeblichen
Beitragssatzes bzw. gegebenenfalls für das Tätigwerden der Bewilligungsbehörde (des
Jugendamtes) ist, so daß ohne sie grundsätzlich nicht auszukommen ist.
41
Dem Verwaltungsgericht ist aber entgegenzuhalten, daß es den Trägern der Einrichtung
unbenommen bleibt, je nach der rechtlichen Ausgestaltung des
Benutzungsverhältnisses eine entsprechende öffentlich-rechtliche oder privatrechtliche
Verpflichtung in die mit den Erziehungsberechtigten abzuschließenden
Benutzungsverträge aufzunehmen, wie es die Klägerin nunmehr ausweislich des in der
mündlichen Verhandlung überreichten Vertragsformulars inzwischen auch tut. Weigern
sich in einem solchen Fall die Erziehungsberechtigten, sich zu einer
Selbsteinschätzung vertraglich zu verpflichten, und akzeptiert dies der Träger der
Einrichtung nicht, so kommt mangels Einigung kein Vertrag zustande. Bei bestehenden
Benutzungsverhältnissen ist der Widerruf oder die Kündigung des abgeschlossenen
oder konkludent vereinbarten Betreuungsvertrages möglich.
42
Vgl. insoweit auch: Künzel/Moskal, a.a.O., §14 II 4 c; s.a. die dort unter Nr. 4 aufgeführte
Rechtsprechung des Amtsgerichts Lüdenscheid und des Landgerichts Aachen.
43
Bei einer gänzlichen Verweigerung einer Selbsteinschätzung ist schließlich auch eine
weitere denkbare Möglichkeit, die Erziehungsberechtigten je nach der Ausgestaltung
des Benutzungsverhältnisses privatrechtlich oder öffentlich-rechtlich in Höhe des nach
dem Kindergartengesetz höchsten Elternbeitrages in Anspruch zu nehmen.
44
Vgl. Verwaltungsgericht Düsseldorf, Urteil vom 1. Oktober 1984 - 19 K 4204/82 - unter
Hinweis auf Amtsgericht Lüdenscheid, Urteile vom 30. Juni 1983 und 17. August 1983 -
13 C 393/83 -; s.a. Kottmann, a.a.O., S. 45; a.A. Künzel/Moskal, a.a.O., II 4, 4 a und c.
45
Die Regelung des §14 Abs. 5 Satz 2 KgG erschöpft sich mithin nach ihrem Wortlaut,
ihrer Systematik und Entstehungsgeschichte in einer Aufgabenzuweisung an die Träger
der Einrichtung, entsprechende Selbsteinschätzungserklärungen der
Erziehungsberechtigten entgegenzunehmen und die sich daraus ergebenden
Elternbeiträge im Einzelfall einzuziehen. In welcher Form beides geschieht, regelt das
Gesetz nicht. Die Ausgestaltung (Umsetzung) bleibt dem Kindergartenträger
entsprechend der rechtlichen Qualität des Benutzungsverhältnisses selbst überlassen.
Letztere bestimmt auch das Vorgehen des Kindergartenträgers, wenn eine
Selbsteinschätzung verweigert wird oder sich Anhaltspunkte für eine offensichtlich
fehlerhafte Selbsteinschätzung ergeben. Erst dann kann die Bewilligungsbehörde, das
Jugendamt, die Richtigkeit der Selbsteinschätzung überprüfen und sind die
Erziehungsberechtigten durch normative Regelung des Landesgesetzgebers
verpflichtet, der Bewilligungsbehörde gegenüber die erforderlichen Angaben zu machen
und zu belegen. Für die 1. Stufe des Selbsteinschätzungsverfahrens enthält das
Kindergartengesetz eine derartige normative Ermächtigungsgrundlage nicht. Daß in der
Zeit, um die es hier geht, schon eine vertragliche Verpflichtung zur Selbsteinschätzung
bestand (vereinbart war), haben die Parteien selbst nicht angeführt und ist auch sonst
nicht ersichtlich.
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Der Senat weist abschließend - und vor allem im Hinblick auf das noch in erster Instanz
befindliche weitere Teilverfahren - darauf hin, daß die Staffelung der Elternbeiträge nach
Einkommensgruppen seines Erachtens nicht gegen höherrangiges Recht verstößt. Er
schließt sich insoweit ausdrücklich der Entscheidung des OVG Bremen vom 16. Juni
1987 - OVG 1 BA 78/86 - Die Öffentliche Verwaltung (DÖV) 1988, 178 ff. = Deutsches
Verwaltungsblatt (DVBl) 1988, 250 ff. - an. Elternbeiträge zu den Betriebskosten eines
Kindergartens sind keine Gebühren oder Beiträge im abgabenrechtlichen Sinne und
mithin auch nicht an abgabenrechtlichen Prinzipien zu messen.
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Vgl. hinsichtlich dieser Problematik: Hessischer Verwaltungsgerichtshof (Hess. VGH),
Beschluß vom 28. September 1976 - VN 3/75 -, Neue Juristische Wochenschrift (NJW)
1977, 452 ff.; OVG Lüneburg, Urteil vom 26. Januar 1984 - 3 OVG C 7/83 -, Zeitschrift für
evangelisches Kirchenrecht (ZevKR) 30, S. 426 ff.; OVG NW, Urteil vom 20. November
1978 - II A 1037/77 -, a.a.O.; Beschluß vom 18. November 1983 - 2 B 2037/83 -, a.a.O.
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Gleich ob sie als "sonstige Gebühr", als "Beitrag eigener Art" ("sui generis") oder als
Entgelt bezeichnet werden, ergeben sich für sie allgemeine Grenzen lediglich aus dem
Gleichheits- und Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, demzufolge die mit der Gebühren-
/Beitrags-/Entgeltregelung verfolgten Zwecke nicht außer Verhältnis zu der dem Bürger
auferlegten Abgabe stehen dürfen. Dabei sind alle mit einer Geldleistung verfolgten,
verfassungsrechtlich zulässigen Zwecke als Abwägungsfaktoren in die
Verhältnismäßigkeitsbetrachtung einzubeziehen. Der Gleichheitssatz gebietet lediglich,
daß die Verknüpfung zwischen Kosten der Leistung und den dafür auferlegten
"Entgelten" sich nicht in einer Weise gestaltet, die sich unter keinem vernünftigen
Gesichtspunkt als sachgerecht erweist. Bei gleichartig beschaffenen Leistungen, die in
rechnerischen und finanziellen Leistungseinheiten erfaßt werden können, müssen die
Maßstäbe und Grundsätze in den Grenzen der Praktikabilität so gewählt und gestaffelt
werden, daß sie unterschiedlichen Ausmaßen der erbrachten Leistung Rechnung
tragen, damit die verhältnismäßige Gleichheit unter den Geldleistungsschuldnern
gewahrt bleibt.
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Vgl. Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Beschluß vom 6. Februar 1979 - 2 BvL 5/76 -,
Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE) 50, 217, 225 ff.; Beschluß
vom 15. Dezember 1970 - 1 BvR 559, 571, 586/70 -, BVerfGE 29, 402, 411 ff.; OVG
Bremen, Urteil vom 16. Juni 1987 - OVG 1 BA 78/86 -, a.a.O.
50
Die Staffelung der Kindergartenbeiträge nach sozialen Grundsätzen verstößt danach
nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 GG sowie den allgemeinen
Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Der Gleichheitsgrundsatz verlangt nicht, daß die hier in
Frage stehenden Geldleistungen allein nach dem Äquivalenzprinzip und dem für das
allgemeine Gebührenrecht niedergelegten Grundsatz der "speziellen Entgeltlichkeit"
bemessen werden dürfen. Es geht, wie bereits dem Umstand zu entnehmen ist, daß das
Kindergartengesetz als zweites Gesetz zur Ausführung des Gesetzes für
Jugendwohlfahrt ergangen ist, um einen Bereich der Jugendwohlfahrt, mithin um einen
Lebensbereich, der zum Zentrum des Sozialstaatsprinzips gerechnet werden muß. Dies
verbietet schon eine Übertragung von Prinzipien und Grundsätzen, die für andere
Bereiche der Daseinsfürsorge, wie z.B. Wasser- und Abwassergebühren-,
Anschlußbeitrags- und -kostenrecht, getroffen worden sind. Hinzu tritt, daß der
Bundesgesetzgeber im Jugendwohlfahrtsrecht von einer grundsätzlichen
Kostenbeteiligung der Eltern ausgeht (§§80 ff. JWG), wobei die Kostenbelastung der
Erziehungsberechtigten und der Kinder/Minderjährigen im Einzelfall bis zur vollen
Aufbringung der Kosten aus ihrem Einkommen und Vermögen möglich ist. Demzufolge
können sich ernsthaft keine Bedenken gegen eine Lastenverteilung ergeben, die nach
der sozialen Belastbarkeit (nach dem Einkommen der Erziehungsberechtigten)
differenziert, zumindest, wenn dies in einem Rahmen geschieht, der hinter den
tatsächlichen Kosten einer Kindergartenbetreuung weit zurückbleibt und die
Erziehungsberechtigten äußerst moderat in Anspruch nimmt. Ebenfalls kann nicht
davon ausgegangen werden, daß dies eine "unter keinem vernünftigen Gesichtspunkt
sachgemäße" Unterscheidung ist. Im Bereich sozial-rechtlicher Gestaltung hat der
Gesetzgeber einen weiten Spielraum; das Sozialstaatsprinzip läßt eine an der
Leistungskraft orientierte Kostenbeteiligung zu, auch wenn es sich nicht um Steuern
handelt. Nur eine gröbliche Störung führt zu einer Verfassungsrechtsverletzung.
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Vgl. OVG Bremen, Urteil vom 16. Juni 1987 - OVG 1 BA 78/86 -, a.a.O.
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Eine solche gröbliche Störung ist aber hinsichtlich der Staffelung der Elternbeiträge
nach Einkommensgruppen zu verneinen.
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Die Kostenentscheidung beruht auf §§154 Abs. 2, 188 Satz 2 VwGO. Der Senat zählt
Streitigkeiten aus dem Kindergartenrecht zu den Sachgebieten (hier: Jugendhilfe), für
die nach §188 Satz 2 VwGO Gerichtskosten nicht erhoben werden.
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Vgl. OVG NW, Urteil vom 31. Oktober 1986 - 8 A 1658/84 -.
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Für das erstinstanzliche Verfahren hat das Verwaltungsgericht bisher eine
Kostenentscheidung nicht getroffen, sondern diese ausdrücklich dem Endurteil
vorbehalten.
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Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des §132 Abs. 2 VwGO
nicht vorliegen.
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