Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 07.09.2010
OVG NRW (gesetz, verweisung, auflage, land, stand, exekutive, gesundheit, kommentar, arbeit, inhalt)
Oberverwaltungsgericht NRW, 6 A 2077/08
Datum:
07.09.2010
Gericht:
Oberverwaltungsgericht NRW
Spruchkörper:
6. Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
6 A 2077/08
Schlagworte:
Versorgungsverwaltung Übergang Übertritt Überleitung
Eingliederungsgesetz Zuordnungsplan Auslegung Verweisung
Rechtsstaatsprinzip Demokratieprinzip Publikation Formenmissbrauch
Verkündung Bekanntmachung
Leitsätze:
Die Beamten der früheren Versorgungsämter sind nicht kraft Gesetzes
vom Landesdienst in den Dienst der neuen - kommunalen -
Aufgabenträger übergetreten, weil sich aus dem Gesetz zur
Eingliederung der Versorgungsämter in die allgemeine Verwaltung des
Landes Nordrhein-Westfalen (GV.NRW. 2007, S. 482 -
Eingliederungsgesetz) unmittelbar nicht ergibt, welcher Beamte zu
welcher Körperschaft übergeleitet wird und der zur Personalzuordnung
vom Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales erstellte
Zuordnungsplan nicht Teil des Gesetzes geworden ist.
Das Eingliederungsgesetz kann bei Anwendung der allgemeinen
Auslegungsmethoden nicht dahingehend ausgelegt werden, dass der
Gesetzgeber dem von der Verwaltung zu erstellenden Zuordnungsplan
im Wege einer Verweisung Gesetzeskraft verliehen hat.
Die Inkorporation des Zuordnungsplans in das Gesetz verstieße als
Verweisung auf einen bei Verabschiedung des Gesetzes nicht
feststehenden Exekutivakt gegen das Rechtsstaats- und
Demokratieprinzip, ferner wegen fehlender Publikation des
Zuordnungsplanes gegen das Rechtsstaatsprinzip und wäre zudem
unter dem Aspekt einer Umgehung verfahrensrechtlicher
Gewährleistungen wegen Formenmissbrauchs verfassungswidrig.
Tenor:
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Das beklagte Land trägt die Kosten des Berufungsverfahrens mit
Ausnahme der Kosten des Beigeladenen, die dieser selbst trägt.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Das beklagte
Land darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung
in Höhe von 110 v.H. des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn
nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 v.H.
des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
1
Die 1956 geborene Klägerin war bis zum 31. Dezember 2007 als
Regierungsamtsinspektorin (A 9 m. D. BBesO) im Dienst des beklagten Landes beim
Versorgungsamt E. tätig. Sie war hier – zuletzt teilzeitbeschäftigt mit 80 % der
regelmäßigen Arbeitszeit – für die Hausverwaltung und die Bewirtschaftung des
Haushaltes zuständig.
2
Mit Kabinettsbeschluss vom 2. Mai 2006 entschied die Landesregierung auf der
Grundlage des Koalitionsvertrages vom 20. Juni 2005, die staatlichen
Versorgungsämter aufzulösen. Im März 2007 informierte das Innenministerium die
Landtagsfraktionen über seinen in der Verbändeanhörung befindlichen Gesetzentwurf
zur Reform der Versorgungsverwaltung (LT-Vorlage 14/989). Danach sollten die elf
nordrhein-westfälischen Versorgungsämter zum 1. Januar 2008 aufgelöst und ihre
Aufgaben weitgehend kommunalisiert werden. Die Beamten der Versorgungsämter
sollten zum selben Zeitpunkt im Umfang dieses Aufgabenübergangs auf Kreise,
kreisfreie Städte und die Landschaftsverbände übergehen oder in das Landesamt für
Personaleinsatzmanagement wechseln. Das Innenministerium wies darauf hin, dass
das erforderliche Personalauswahlverfahren bereits während der Dauer des
Gesetzgebungsverfahrens eingeleitet werde, damit genügend Zeit für die
organisatorische Umsetzung der Verwaltungsneuordnung verbleibe. Die erste Lesung
des Gesetzentwurfes der Landesregierung vom 15. Mai 2007 (LT-Drs. 14/4342) fand am
23. Mai 2007 statt.
3
Unter dem 11. Juli 2007 teilte die Klägerin auf einem Formblatt zur Interessenabfrage
mit, sie wolle künftig bevorzugt im Bereich des Schwerbehindertenrechts tätig sein, und
gab als örtliche Wünsche E. , N. und P. an. Im September 2007 leitete das
Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des beklagten Landes den neuen
kommunalen Aufgabenträgern unter Bezugnahme auf den Gesetzentwurf
Zuordnungspläne zu und gab ihnen Gelegenheit, bis zum 25. September 2007 hierzu
Stellung zu nehmen. Zur Berücksichtigung der sozialen Kriterien sei in Anlehnung an
Kündigungsschutzkriterien ein Punktekatalog erstellt worden. Den dienstlichen
Belangen sei dadurch Rechnung getragen worden, dass die Beschäftigten
entsprechend ihrer Funktion und ihrer Laufbahnzugehörigkeit zugeordnet worden seien.
Die Mitarbeiter der Versorgungsämter würden zeitgleich über den Zuordnungsplan in
Kenntnis gesetzt.
4
Der Zuordnungsplan für die beim Versorgungsamt E. Beschäftigten sah vor, dass
die Klägerin zum 1. Januar 2008 in den Dienst des Beigeladenen übergehen und in
Köln im Bereich "Soziales Entschädigungsrecht" tätig werden sollte. Mit Schreiben vom
26. September und 17. Oktober 2007 wandte die Klägerin sich gegen diese Zuordnung
5
26. September und 17. Oktober 2007 wandte die Klägerin sich gegen diese Zuordnung
und verwies auf eine besondere Härte. Am 4. Oktober 2007 schaltete sie den
Petitionsausschuss des Landtages ein. Dieser beschloss am 25. November 2008, es sei
nach der Gesamtsituation von einem persönlichen Härtefall auszugehen, und bat die
Landesregierung, alle Möglichkeiten auszuschöpfen, um zeitnah einen wohnortnahen
Diensteinsatz der Klägerin herbeizuführen.
Am 24. Oktober 2007 verabschiedete der Landtag in zweiter Lesung das Zweite Gesetz
zur Straffung der Behördenstruktur in Nordrhein-Westfalen, dessen Artikel 1 das Gesetz
zur Eingliederung der Versorgungsämter in die allgemeine Verwaltung des Landes
Nordrhein-Westfalen (im Folgenden: Eingliederungsgesetz) beinhaltet. Das Gesetz vom
30. Oktober 2007 wurde am 20. November 2007 verkündet (GV. NRW. S. 482) und trat
am Folgetag in Kraft.
6
Unter dem 14. November 2007 übersandte das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und
Soziales den Versorgungsämtern den "endgültigen Zuordnungsplan" und bat, den
Beschäftigten die geplante Zuordnung zu übermitteln. Mit Schreiben vom 14. Dezember
2007 teilte der Beigeladene der Klägerin mit, "über den Personalüberleitungsvertrag"
werde sie ab dem 1. Januar 2008 bei ihm tätig sein, und forderte sie zum Dienstantritt
am 2. Januar 2008 auf.
7
Die Klägerin hat am 19. Dezember 2007 Klage erhoben und zugleich einen Antrag auf
Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gestellt. Durch Beschluss vom 21. Dezember
2007 – 13 L 1982/07 – entschied das Verwaltungsgericht Düsseldorf, dass der Klage,
mit der die Klägerin zunächst im Hauptantrag die Aufhebung des Zuordnungsplans
begehrt hat, aufschiebende Wirkung zukomme. Die Klägerin wurde darauf hin ab dem 1.
Januar 2008 an den Beigeladenen abgeordnet. Durch Beschluss vom 19. Februar 2008
– 6 B 38/08 – lehnte das OVG NRW im Beschwerdeverfahren die Gewährung
einstweiligen Rechtsschutzes ab. Unter Bezugnahme hierauf teilte das Ministerium für
Arbeit, Gesundheit und Soziales der Klägerin mit Schreiben vom 27. Februar 2008 mit,
die Abordnung sei gegenstandslos. Durch bestandskräftigen Bescheid des
Beigeladenen vom 10. Februar 2009 wurde die Klägerin mit Ablauf des 28. Februar
2009 wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt.
8
Zur Begründung ihrer Klage hat die Klägerin ausgeführt, die
personalvertretungsrechtlichen Beteiligungsrechte seien bei der Erstellung des
Zuordnungsplans nicht eingehalten worden. Ferner bestehe kein dienstliches Bedürfnis
für ihren Übergang auf den Beigeladenen und ihre persönlichen und sozialen Belange
seien bei der Zuordnungsentscheidung nicht hinreichend berücksichtigt worden. Beim
Beigeladenen bestehe für sie keine Beschäftigungsmöglichkeit. Die Fahrtkosten seien
mit Blick auf ihre Besoldungsgruppe unverhältnismäßig, die Fahrzeiten stünden außer
Verhältnis zu ihrer Teilzeitbeschäftigung. Ein Umzug komme aufgrund der beruflichen
Tätigkeit ihres Ehemannes nicht in Betracht. Nicht berücksichtigt worden sei schließlich
auch ihre finanzielle Belastung aufgrund eines Immobilienkaufs und durch das Studium
ihres Sohnes. Im Übrigen sei § 9 Eingliederungsgesetz wegen Verstoßes gegen das
Bestimmtheitsgebot verfassungswidrig. Die Vorschrift könne auch nicht
verfassungskonform ausgelegt werden. Außerdem werde sie durch das Gesetz in ihrer
durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützten Berufsfreiheit in Gestalt des Rechts auf freie Wahl
des Arbeitsplatzes verletzt, das die Wahl des Dienstherrn einschließe. Der Eingriff in die
Berufsfreiheit werde nicht durch überwiegende Interessen des beklagten Landes oder
des Beigeladenen gerechtfertigt.
9
Die Klägerin hat beantragt,
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festzustellen, dass sie weiterhin in einem Beamtenverhältnis zu dem
beklagten Land steht,
11
hilfsweise den Zuordnungsplan des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und
Soziales des beklagten Landes betreffend das Versorgungsamt E. in
Bezug auf sie, die Klägerin, aufzuheben.
12
Das beklagte Land hat beantragt,
13
die Klage abzuweisen.
14
Es hat zur Begründung ausgeführt, die maßgeblichen gesetzlichen Regelungen seien
verfassungsgemäß. Das Land sei gesetzgebungsbefugt gewesen. Die §§ 128ff. BRRG
seien durch die Regelungen des Eingliederungsgesetzes nach Art. 125a Abs. 1 Satz 2
GG wirksam ersetzt worden. Die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz des Bundes
aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 27 GG verleihe ihm nicht die Befugnis, Voraussetzungen und
Rechtsfolgen einer landesinternen Umbildung von Körperschaften bzw. einer
landesinternen Aufgabenübertragung zu regeln. Die §§ 9 ff. Eingliederungsgesetz seien
auch hinreichend bestimmt. Der in § 9 Abs. 1 Eingliederungsgesetz vorgesehene
Übergang "nach Maßgabe" des Zuordnungsplans und der
Personalüberleitungsverträge sei im Sinne einer gesetzlichen Verweisung auf den
Zuordnungsplan zu verstehen. Im Zeitpunkt des Aufgabenübergangs habe aufgrund des
Zuordnungsplans eindeutig und auch für den Betroffenen erkennbar festgestanden,
welche Beamten auf welche Körperschaften übergingen. Eine Bekanntgabe des
Zuordnungsplans im Gesetz- und Verordnungsblatt sei nicht erforderlich; Art. 71 LVerf
gelte nicht für in Bezug genommene nichtnormative Regelungen. Die
Verweisungsproblematik betreffe nicht die Frage der Verkündung, sondern allein die
Bestimmtheit des Gesetzesinhalts. Die verweisende Norm müsse daher nicht zwingend
Fundstelle und Bezugsquelle der Bezugsregelung angeben.
15
Durch den gesetzlichen Übergang sollten nicht etwa Verfahrensrechte der betroffenen
Beamten beschränkt werden. Vielmehr werde hierdurch im Interesse einer effektiven
Aufgabenwahrnehmung der in § 128 Abs. 2 Satz 2 BRRG vorgesehene
Schwebezustand von bis zu sechs Monaten und das schwerfällige
Einvernehmensverfahren bei hier 56 beteiligten Körperschaften vermieden. Auch dem
Grundrechtsschutz durch Verfahrensgestaltung sei hinreichend Rechnung getragen. Bei
gesetzlichen Maßnahmen bestehe anders als bei Verwaltungsmaßnahmen kein
Anhörungsrecht des Bürgers. Das Gesetz knüpfe schlicht an den außergesetzlichen
Tatbestand der Aufnahme in den Zuordnungsplan an, ebenso wie etwa die
ordnungsrechtliche Zustandshaftung (§ 18 OBG) an das Eigentum des Betroffenen
anknüpfe und kraft Gesetzes entstehe.
16
Der Zuordnungsplan leide auch nicht an rechtserheblichen Fehlern. Bei einer
gesetzlichen Überleitung sei eine Personalratsbeteiligung nicht vorgesehen. Der
Zuordnungsplan sei auch kein Sozialplan i.S.v. § 72 Abs. 2 Nr. 5 LPVG. Jedenfalls sei
er nach Einleitung der Beteiligung des Hauptpersonalrates beim Ministerium für Arbeit,
Gesundheit und Soziales durch ministerielles Schreiben vom 13. Dezember 2007
zunächst gemäß § 66 Abs. 8 LPVG vorläufig bis zum 31. Mai 2008 in Kraft gesetzt
worden. Das Einigungsstellenverfahren sei durch einstimmigen Beschluss der
17
Einigungsstelle vom 18. April 2008 beendet worden. Der Zuordnungsplan sei auch in
Bezug auf die Klägerin materiell rechtmäßig. Die persönlichen Belange seien durch ein
Punkteschema erfasst worden; weder unter persönlichen Aspekten noch unter
Entfernungsgesichtspunkten (62 km) sei sie als Härtefall einzustufen gewesen. Beim
Beigeladenen habe im Aufgabenbereich soziales Entschädigungsrecht noch weiterer
Personalbedarf bestanden, bei den Wunschkommunen nicht.
Der Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.
18
Durch Urteil vom 30. Mai 2008 hat das Verwaltungsgericht Düsseldorf festgestellt, dass
die Klägerin weiterhin in einem Beamtenverhältnis zum beklagten Land steht. Zur
Begründung hat es ausgeführt, die Klägerin sei nicht mit Wirkung vom 1. Januar 2008
auf den Beigeladenen übergegangen. Ein derartiger Übergang sei nicht durch § 9 Abs.
1 Eingliederungsgesetz bewirkt worden, der insoweit nicht hinreichend bestimmt sei.
Die den Regelungen unterworfenen Rechtssubjekte sowie die konkreten Rechtsfolgen
für die Betroffenen ergäben sich nach der Konzeption des Gesetzes erst aus dem
Zuordnungsplan. Dieser sei aber nicht Teil der gesetzlichen Regelung und könne
deshalb entgegen der Intention des Gesetzgebers deren Bestimmtheit nicht begründen.
Im Gesetzgebungsverfahren sei an keiner Stelle auf einen bereits existenten Plan
Bezug genommen worden. Es liege auch keine zulässige, den verfassungsrechtlichen
Anforderungen genügende Verweisung auf den Zuordnungsplan vor, die dem Gesetz
jedenfalls zum 1. Januar 2008 die erforderliche Bestimmtheit verleihen könnte. Soweit
Verweisungen auf außergesetzliche Regelwerke in der Rechtsprechung als zulässig
angesehen würden, dienten die in Bezug genommenen Regelungen ausnahmslos der
Ausfüllung unbestimmter Rechtsbegriffe. Der Zuordnungsplan konkretisiere aber das
Gesetz nur in der Form, dass durch ihn die gesetzgeberische Grundentscheidung
einzelfallbezogen umgesetzt werde. Gegen die Annahme einer Verweisung spreche
auch, dass die Zusammenführung von gesetzgeberischer Entscheidung und
verwaltungsbehördlicher Umsetzung auf der Ebene des Gesetzes nach der Intention
des Gesetzgebers zu einer Verkürzung der Rechtsschutzgewährleistung aus Art. 19
Abs. 4 GG führe. Diese verfassungsrechtlichen Bedenken gegen § 9
Eingliederungsgesetz führten allerdings nicht zur Verfassungswidrigkeit des Gesetzes
mit der Folge, dass für den angestrebten Übergang der betroffenen Beamten keine
gesetzliche Grundlage bestünde. § 9 Eingliederungsgesetz sei einer
verfassungskonformen Auslegung dahingehend zugänglich, dass er
Ermächtigungsgrundlage für die erforderlichen Einzelfallentscheidungen sei, an denen
es allerdings bisher fehle. Diese Auslegung der Norm stehe nicht im Widerspruch zu
ihrem Wortlaut oder dem klar erkennbaren Willen des Gesetzgebers, der seine Idee
eines gesetzlichen Übergangs nicht vollständig umgesetzt habe, sondern im
Gesetzgebungsverfahren auf halbem Wege stecken geblieben sei.
19
Das beklagte Land hat die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung gegen das
am 25. Juni 2008 zugestellte Urteil am 25. Juli 2008 eingelegt und am 22. August 2008
begründet. Es vertritt die Ansicht, § 9 Eingliederungsgesetz sei nicht wegen Verstoßes
gegen das Bestimmtheitsgebot verfassungswidrig. Der Übergang erfolge "nach
Maßgabe" des Zuordnungsplans und der geschlossenen Personalüberleitungsverträge.
Der Zuordnungsplan enthalte die innenrechtliche Vorgabe der einzelnen Beamten, die
kraft Gesetzes am 1. Januar 2008 übergegangen seien. Damit sei er zum Teil der
gesetzgeberischen Überleitungsentscheidung geworden und durch die gesetzliche
Verweisung in § 9 Abs. 1 Eingliederungsgesetz in die gesetzliche Regelung inkorporiert
worden. Diene der Zuordnungsplan nach der gesetzlichen Systematik der
20
Konkretisierung des Gesetzes, habe im Zeitpunkt des Aufgabenübergangs eindeutig
festgestanden, welcher Beamte auf welche Körperschaft übergehen sollte. Mit der
Aufnahme in den Zuordnungsplan habe unmittelbar die gesetzlich angeordnete
Rechtsfolge dieser Aufnahme gegriffen, nämlich die Überleitung kraft Gesetzes.
Die Verweisung auf den Zuordnungsplan als nichtnormative Regelung des Innenrechts
sei zulässig. Wenn schon zur Ausfüllung unbestimmter Rechtsbegriffe, bei denen der
Gesetzgeber seine Regelungsintensität zurücknehme, eine Verweisung auf
außergesetzliche Regelungen zulässig sei, müsse dies erst recht gelten, wenn der
Verwaltung kein Beurteilungsspielraum verbleibe, sondern nur die uneingeschränkte
verbindliche gesetzgeberische Grundentscheidung konkretisiert werden solle.
Außerdem seien unbestimmte Rechtsbegriffe wie etwa "zur Aufgabenerfüllung
erforderlich" durch den Zuordnungsplan zu konkretisieren gewesen. Da der
Zuordnungsplan vor Übertragung der Aufgaben zu erstellen gewesen sei, sei
sichergestellt, dass im Zeitpunkt der Aufgabenübertragung die Zuordnung zweifelsfrei
habe erfolgen können. Da den Beamten der Inhalt des Zuordnungsplans vor diesem
Zeitpunkt bekannt gegeben worden sei, sei auch aus ihrer Sicht ohne Zweifel
feststellbar gewesen, bei welchem Aufgabenträger sie künftig Dienst zu leisten hätten.
Die Regelung des Art. 70 LVerf sei hier nicht anwendbar; sie gelte nur für
Ermächtigungen zum Erlass von Rechtsverordnungen, bei denen sich die Legislative
eines Teils ihrer Befugnisse zur Rechtsetzung begebe. Hier habe der Gesetzgeber mit
dem gesetzlichen Übergang der Bediensteten die grundlegende Entscheidung selbst
getroffen und konkrete Vorgaben für die Aufstellung des Zuordnungsplans gemacht.
Dieser sei gesetzlich vorgeschriebener Bestandteil der Überleitungsentscheidung des
Gesetzgebers. In der Bezugnahme auf den Zuordnungsplan liege eine zulässige, den
verfassungsrechtlichen Anforderungen genügende Verweisung. Die Rechtswirkungen
dieses Innenrechtssatzes bestünden darin, die aufnehmende Körperschaft zu
bestimmen, auf die sich die gesetzliche Überleitung beziehe. Im organisatorischen
Innenrechtsbereich gelte der Parlamentsvorbehalt nicht, es dürften keine allzu hohen
Anforderungen an die Bestimmtheit gestellt werden und es sei ureigenste Aufgabe der
Exekutive, hier verbindliche Regelungen zu schaffen.
21
Dass zur Umsetzung ein eigenständiger Verwaltungsakt erforderlich sei und der
Zuordnungsplan als verwaltungsinterne Regelung nicht ausreichen solle, sei eine
Behauptung ohne Begründung. Der Gesetzgeber habe auch nicht ausschließlich das
Ziel verfolgt, den Rechtsschutz für die Betroffenen zu verkürzen, sondern durch den
gesetzlichen Personalübergang eine reibungslose Fortführung der Aufgaben im
kommunalen Bereich erreichen wollen. Als rein vorbereitende Maßnahme begründe der
Zuordnungsplan allerdings keinen Anspruch auf eine ermessensfehlerfreie
Auswahlentscheidung, der den Beamten nach der gesetzlichen Regelung nicht habe
eingeräumt werden sollen. Das Gericht dürfe deshalb die "Richtigkeit" der Zuordnung
nicht überprüfen, wohl aber kontrollieren, ob die Entscheidung willkürlich sei.
22
Das Verwaltungsgericht überschreite die Grenzen einer verfassungskonformen
Auslegung, weil die geforderte Einzelfallentscheidung jedenfalls eindeutig dem Willen
des Gesetzgebers widerspreche. Wenn man dem Verwaltungsgericht in seinen
Bedenken folgen wollte, sei zu berücksichtigen, dass in der erfolgten individuellen
Bekanntgabe der Zuordnung zugleich konkludent die vom Verwaltungsgericht für
erforderlich gehaltene rechtsverbindliche Erklärung liege.
23
Am 26. Februar 2009 hat die Klägerin das Verfahren mit Blick auf ihre Zurruhesetzung
24
für erledigt erklärt. Das beklagte Land hat der Erledigung widersprochen. Die
Versetzung in den Ruhestand habe keine Auswirkungen auf das Verfahren. In der
mündlichen Verhandlung hat die Klägerin erklärt, sie halte an der Erledigungserklärung
nicht fest.
Das beklagte Land beantragt,
25
das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen.
26
Die Klägerin beantragt,
27
die Berufung zurückzuweisen.
28
Zur Begründung trägt sie vor, das Verwaltungsgericht habe zutreffend entschieden, dass
der Zuordnungsplan nicht in die gesetzliche Regelung inkorporiert worden sei. Durch
die Verweisung auf eine bloße Verwaltungsentscheidung könne dem
Bestimmtheitserfordernis nicht Rechnung getragen werden. Die Ausführungen des
beklagten Landes zeigten deutlich, dass das Land durch die Zusammenführung von
gesetzgeberischer Entscheidung und verwaltungsbehördlicher Umsetzung den
Rechtsschutz für die Betroffenen habe verkürzen wollen. Der erforderliche Einzelakt
liege bislang nicht vor.
29
Der Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.
30
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der
Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des beklagten Landes Bezug
genommen.
31
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
32
Die Berufung hat keinen Erfolg.
33
Die dem angegriffenen Urteil zugrunde liegende Feststellungsklage ist zulässig und
begründet.
34
Die begehrte Feststellung, dass die Klägerin weiterhin in einem Beamtenverhältnis zu
dem beklagten Land steht, ist nach § 43 Abs. 1 VwGO statthaft. Die Klägerin begehrt mit
der Feststellung des Fortbestehens des Beamtenrechtsverhältnisses zu ihrem
bisherigen Dienstherrn die Feststellung eines konkreten Rechtsverhältnisses im Sinne
des § 43 Abs. 1 VwGO. Das erforderliche berechtigte Interesse an dieser Feststellung
(vgl. § 43 Abs. 1 VwGO) liegt ebenfalls vor. Die Klägerin tritt mit der beantragten
Feststellung der Rechtsauffassung des beklagten Landes entgegen, mit dem
Eingliederungsgesetz, das mit unmittelbarer Wirkung ("kraft Gesetzes") einen Übergang
auf den Beigeladenen als neuen Dienstherrn vorsieht, sei auch sie auf den
Beigeladenen übergegangen. An der Klärung der Frage, wer ihr Dienstherr ist, hat die
Klägerin ein berechtigtes Interesse.
35
Das Feststellungsinteresse ist auch nicht dadurch entfallen, dass die Klägerin durch
bestandskräftigen Bescheid vom 10. Februar 2009 wegen Dienstunfähigkeit in den
Ruhestand versetzt worden ist. Der Dienstherrenwechsel zeitigt auch nach der
Zurruhesetzung, etwa im Fall einer Reaktivierung oder auch hinsichtlich der
36
Zuständigkeit für Beihilfe und Versorgung, weiterhin Folgen. Da das beklagte Land sich
der Erledigungserklärung nicht angeschlossen hat, ist das Festhalten der Klägerin am
Sachantrag rechtlich zulässig. Selbst durch einen – hier schon nicht ausdrücklich
gestellten – Erledigungsfeststellungsantrag im Falle einer einseitig gebliebenen
Erledigungserklärung entfällt die Rechtshängigkeit des ursprünglichen Sachbegehrens
nicht.
Vgl. nur BVerwG, Urteil vom 22. Januar 1998 - 2 C 4.97 -, NVwZ 1999, 404.
37
Die Feststellungsklage ist auch begründet. Die Klägerin ist weiterhin Beamtin des
beklagten Landes. Ihr Beamtenverhältnis mit dem beklagten Land ist nicht mit Wirkung
vom 1. Januar 2008 auf den Beigeladenen übergegangen.
38
Zwar soll nach dem Eingliederungsgesetz das Personal den Aufgaben folgen und kraft
Gesetzes mit Wirkung vom 1. Januar 2008 auf die neuen Aufgabenträger übergehen
(nachfolgend I.). Für die Regelung des gesetzlichen Übergangs der Beamten besteht
auch eine Gesetzgebungskompetenz des Landes (II.). Die Klägerin ist aber nicht kraft
Gesetzes in den Dienst des Beigeladenen übergetreten, weil sich aus dem
Eingliederungsgesetz unmittelbar nicht ergibt, welcher Beamte zu welcher Körperschaft
übergeleitet wird (III.) und der zur Personalzuordnung erstellte Zuordnungsplan weder
allein Rechtsgrund für den Übergang noch Teil des Gesetzes geworden ist (IV.). Ob das
Gesetz deshalb verfassungswidrig ist oder aber nur die beabsichtigte vollzugsfreie
Wirkung nicht entfaltet, kann im vorliegenden Verfahren mit Blick auf den
Streitgegenstand ebenso dahinstehen wie die Frage, ob es Ermächtigungsgrundlage für
Einzelfallentscheidungen sein kann (V.).
39
I. Das Eingliederungsgesetz bestimmt, dass die Beamten den auf die neuen
Aufgabenträger übergehenden Aufgaben kraft gesetzlicher Anordnung folgen. Die
bisher den Versorgungsämtern übertragenen Aufgaben werden gemäß § 1 Abs. 1
Eingliederungsgesetz den Kreisen und kreisfreien Städten, den Landschaftsverbänden
und den Bezirksregierungen übertragen. Nach § 1 Abs. 2 Eingliederungsgesetz gehen
die Beamten der Versorgungsämter nach Maßgabe dieses Gesetzes auf die Kreise und
kreisfreien Städte, auf die Landschaftsverbände, auf die Bezirksregierungen und auf das
Landesamt für Personaleinsatzmanagement über. Nach § 9 Abs. 1 Satz 1
Eingliederungsgesetz gehen die mit Aufgaben nach §§ 2 bis 5 und nach § 8 Abs. 2
betrauten Beamten der Versorgungsämter kraft Gesetzes nach Maßgabe der Absätze 3
und 4 und der §§ 11 bis 21 mit Wirkung vom 1. Januar 2008 auf die dort genannten
kommunalen Körperschaften über. Die §§ 11 bis 21 Eingliederungsgesetz benennen in
einer eigenen Vorschrift für jedes Versorgungsamt die neuen Aufgabenträger und sehen
einen – beim Aufgabenübergang auf mehrere kreisfreie Städte und Kreise anteiligen –
Übergang vor, "soweit es für die Aufgabenerfüllung erforderlich ist". Beamte der
Versorgungsämter, die – wie die Klägerin – nicht unmittelbar mit Aufgaben nach §§ 2 bis
8 betraut sind, gehen gemäß § 9 Abs. 1 Satz 4 Eingliederungsgesetz kraft Gesetzes
nach Maßgabe der Absätze 3 und 4 mit Wirkung vom 1. Januar 2008 auf die neuen
Aufgabenträger über. Nach § 9 Abs. 3 Eingliederungsgesetz bereitet das Ministerium für
Arbeit, Gesundheit und Soziales den Personalübergang nach den Absätzen 1 und 2 vor
der Übertragung der Aufgaben auf der Grundlage eines von ihm erstellten
Zuordnungsplans vor. Der Zuordnungsplan ist unter Berücksichtigung sozialer Kriterien
und dienstlicher Belange zu erstellen, eine angemessene Mitwirkung der neuen
Aufgabenträger ist zu gewährleisten. Soweit die Beamten auf kommunale
Körperschaften übergehen, werden gemäß § 9 Abs. 4 Eingliederungsgesetz zwischen
40
dem beklagten Land und den in §§ 11 bis 21 genannten Körperschaften für jedes
Versorgungsamt Personalüberleitungsverträge geschlossen. Nach § 9 Abs. 2
Eingliederungsgesetz gehen die Beamten der Versorgungsämter, die nicht von den
Personalüberleitungsverträgen nach Absatz 4 erfasst sind und nicht nach Absatz 1 auf
die Bezirksregierungen übergehen, kraft Gesetzes mit Wirkung vom 1. Januar 2008 in
das Landesamt für Personaleinsatzmanagement über. Für die Klägerin sieht der
Zuordnungsplan einen Übergang zum Beigeladenen vor.
II. Es bedarf letztlich keiner Entscheidung, ob für die Regelung des gesetzlichen
Übergangs der Beamten eine Gesetzgebungskompetenz des Landes besteht. Die
beamtenrechtlichen Überleitungsvorschriften im Eingliederungsgesetz verstoßen
allerdings nach Auffassung des Senats im Ergebnis nicht gegen die legislative
Kompetenzordnung. Die Gesetzgebungskompetenz des Landes ergibt sich aus Art. 70
Abs. 1 GG. Die §§ 128 ff. BRRG, die den Übertritt und die Übernahme von Beamten und
Versorgungsempfängern bei der Umbildung von Körperschaften regeln und auch mit
Inkrafttreten des Beamtenstatusgesetzes vom 17. Juni 2008 (BGBl. I S. 1010) nicht
außer Kraft getreten sind (§ 63 Abs. 3 Satz 2 BeamtStG), stehen der Befugnis des
Landesgesetzgebers nicht entgegen, den Übergang der Beamten der
Versorgungsämter auf die im Eingliederungsgesetz näher bezeichneten kommunalen
Körperschaften gesetzlich zu bestimmen. Dabei kann offen bleiben, ob sich dies, wie
das Verwaltungsgericht angenommen hat, aus der in Art. 125a Abs. 1 Satz 2 GG
eingeräumten Ersetzungsbefugnis ergibt, weil die konkurrierende
Gesetzgebungskompetenz des Art. 74 Abs. 1 Nr. 27 GG landesinterne
Dienstherrenwechsel nicht (mehr) erfasst,
41
so auch Wolff, in: Burgi/Palmen (Hrsg.), Symposium. Die
Verwaltungsstrukturreform des Landes NRW, Vortragsband, 2008, S. 99
(102ff.); ders. NVwZ 2009, 632,
42
oder bei einer gegenteiligen Auslegung des Art. 74 Abs. 1 Nr. 27 GG die
rahmenrechtliche Vorschrift des § 128 BRRG gemäß Art. 125b Abs. 1 Satz 1 GG i.V.m.
Art. 75 GG in der bis zum 1. September 2006 geltenden Fassung fortgilt, § 128 Abs. 4
i.V.m. Abs. 2 Satz 2 BRRG aber Raum lässt für eine auf unmittelbare Überleitung der
Beamten ausgerichtete Organisationsregelung durch Landesgesetz,
43
so VerfGH NRW, Urteile vom 23. März 2010 - VerfGH 19/08, 28/08, 29/08 -,
juris.
44
III. Die beabsichtigte Überleitung kraft Gesetzes ist nicht eingetreten, weil sich aus dem
Eingliederungsgesetz selbst nicht unmittelbar ergibt, welcher Beamte zu welcher
Körperschaft übergeht. Da hier Aufgaben infolge der Auflösung von Behörden von einer
Körperschaft auf mehrere Körperschaften übergehen sollten und damit ein anteiliger
Personalübergang erforderlich war, bedurfte es einer Auswahlmaßnahme, d.h. einer
Bestimmung, zu welchen Körperschaften welche Beamten übertreten sollten.
45
Vgl. schon BT-Drs. 2/1549, S. 62 (zu §§ 128ff. BRRG); ferner BVerwG,
Urteile vom 2. April 1981 - 2 C 35.78 -, BVerwGE 62, 129, und vom 27.
Oktober 1970 - VI C 8.69 -, BVerwGE 36, 179 (zu § 128 Abs. 4, 3. Alt.
BRRG); wie hier: Wolff, in: Burgi/Palmen (Hrsg.), Symposium. Die
Verwaltungsstrukturreform des Landes NRW, Vortragsband, 2008, S. 99
(111).
46
Bei Beamten, die mit Aufgaben nach den §§ 2 und 5 Eingliederungsgesetz betraut
waren (§ 9 Abs. 1 Satz 1 Eingliederungsgesetz), kam eine Vielzahl neuer Dienstherren
in Betracht. Die in Anlehnung an das Modell des § 128 Abs. 3 Satz 1 BRRG - allerdings
ohne die insoweit in den §§ 128 Abs. 3, 129 Abs. 3 BRRG vorgesehene
konkretisierende und für den Übergang konstitutive Verwaltungsmaßnahme – in §§ 11
ff. (jeweils Absatz 1) Eingliederungsgesetz vorgesehene anteilige Überleitung auf
kreisfreie Städte und Kreise setzte eine Entscheidung voraus, welcher Körperschaft die
einzelnen Beamten zugeordnet werden. Der unbestimmte Rechtsbegriff der
Erforderlichkeit für die Aufgabenerfüllung gibt für die konkrete Verteilung der einzelnen
Beamten nichts her. Bei Beamten, die nicht unmittelbar mit Aufgaben nach §§ 2 bis 8
Eingliederungsgesetz betraut sind (§ 9 Abs. 1 Satz 4 Eingliederungsgesetz), nach der
Gesetzesbegründung Beschäftigte der "Querschnittsbereiche" und der "Overheads" (LT-
Drs. 14/5208, S. 35), fehlt jegliche Regelung zur Aufnahmekörperschaft. Die insofern
lediglich benannten "neuen Aufgabenträger" sind gemäß § 1 Abs. 1
Eingliederungsgesetz sämtliche kommunalen Körperschaften (Kreise und kreisfreie
Städte, Landschaftsverbände) und die Bezirksregierungen. Während die §§ 11 bis 21
Eingliederungsgesetz die in Betracht kommenden Dienstherren für jedes
Versorgungsamt wenigstens nennen und damit eingrenzen, fehlt jegliche Beschränkung
im Fall der Beamten, die – wie die Klägerin – nicht unmittelbar mit den übergegangenen
Fachaufgaben befasst waren. Für die Beamten der elf aufgelösten Versorgungsämter
kommen so insgesamt 61 neue Aufgabenträger in Betracht: 31 Kreise, 23 kreisfreie
Städte, zwei Landschaftsverbände und fünf Bezirksregierungen.
47
Darüber hinaus fehlen in allen Fällen Festlegungen, wer überhaupt auf die neuen
Aufgabenträger übergeht und wer nur zum Landesamt für Personaleinsatzmanagement
wechselt (§ 9 Abs. 2 Eingliederungsgesetz) und damit im Landesdienst verbleibt.
Einziger gesetzlicher Anhaltspunkt für die Personalverteilung ist insoweit die in den
§§ 11 ff. Eingliederungsgesetz jeweils in Absatz 1 genannte Voraussetzung, dass der
Übergang des Beamten für die Aufgabenerfüllung erforderlich ist. Sogar im
Aufgabenbereich nach §§ 4, 6, 7 und 8 Abs. 1 und 2 Eingliederungsgesetz, wo dem
Gesetz klare Zuordnungen zu den Landschaftsverbänden und Bezirksregierungen zu
entnehmen sind, gibt es mit Blick auf § 9 Abs. 2 Eingliederungsgesetz Personen, die
nicht auf die neuen Aufgabenträger übergehen, sondern zum Landesamt für
Personaleinsatzmanagement wechseln. Tatsächlich sind vor allem sog. Härtefälle,
denen weite Fahrstrecken oder Umzüge nicht zugemutet werden konnten, in das
Landesamt für Personaleinsatzmanagement gewechselt.
48
Vgl. dazu auch LT-Vorlage 14/1554, Schreiben des Ministers für Arbeit,
Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen vom 20.
Dezember 2007 an die Präsidentin des Landtages, S. 7.
49
Hierzu fehlen aber jegliche gesetzliche Vorgaben.
50
Die danach erforderliche Personalauswahl und -zuordnung im Einzelfall wird im Gesetz
selbst nicht vorgenommen. Eine hinreichende personelle Festlegung ergibt sich auch
nicht aus Anlage 2 des Eingliederungsgesetzes. Die dortigen Verteilschlüssel nennen
für die Aufgabenbereiche Schwerbehindertenrecht, Soziales Entschädigungsrecht
sowie Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz lediglich die Personalstärken, ohne dass
sich daraus Erkenntnisse ergäben, welche Personen die Stellen ausfüllen sollen. Im
Übrigen ist schon zweifelhaft, ob mit den – anhand der Zahl der Anträge, der
51
Bestandsfälle bzw. der Geburten – rein rechnerisch ermittelten Stellen über die
Erforderlichkeit des Personalübergangs im Sinne der §§ 11 ff. Eingliederungsgesetz
entschieden worden ist. Insoweit ist auch zu berücksichtigen, dass lediglich die im
Abschnitt "III. Kostenfolgen" stehende Vorschrift des § 23 Abs. 6 und 7
Eingliederungsgesetz hinsichtlich der Verteilung des Belastungsausgleichs auf die
einzelnen kommunalen Körperschaften auf Anlage 2 verweist.
IV. Der Übergang der Klägerin ergibt sich auch nicht mit Blick auf den Zuordnungsplan
des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales, der das Ergebnis des nach dem
Vorstehenden erforderlichen Personalauswahl- und -zuordnungsverfahrens der
Exekutive ist und nach dem im Zeitpunkt des Aufgabenübergangs feststand, welcher
Beamte auf welche Körperschaft übergehen sollte. Der Zuordnungsplan selbst bildet
keinen Rechtsgrund für die Überleitung (1.). Das Gesetz kann ferner nicht dahingehend
ausgelegt werden, dass der Zuordnungsplan im Wege einer Verweisung zum
Bestandteil des Eingliederungsgesetzes geworden ist (2.). Die Auslegung, dass das
Eingliederungsgesetz den Zuordnungsplan nicht inkorporiert, ist auch
verfassungsrechtlich geboten, weil ein gegenteiliges Verständnis im Sinne einer
Einbindung des Zuordnungsplans in das Gesetz dessen Verfassungswidrigkeit
begründete (3.). Dass im Zeitpunkt des Aufgabenübergangs aufgrund des
Zuordnungsplans feststand, welcher Beamte auf welche Körperschaft übergehen sollte,
ist nicht hinreichend für einen beamtenrechtlichen Übergang unmittelbar kraft Gesetzes
(4.). Die erforderliche verbindliche Einzelfallentscheidung ist bisher nicht erfolgt (5.).
52
1. Der durch das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales erstellte
Zuordnungsplan scheidet als Rechtsgrund der Überleitung aus. Er ist mangels
Rechtswirkung nach außen und Bekanntgabe kein Rechtsakt, der selbst den Übergang
der Klägerin auf den Beigeladenen als neuen Dienstherrn bewirkt hat.
53
Der Zuordnungsplan entzieht sich einer begrifflich eindeutigen Einordnung in die
tradierten rechtsstaatlichen Kategorien der Rechtsnorm, des Verwaltungsaktes und der
Verwaltungsvorschrift. Bei diesem Plan, der als Folge einer gesetzlichen
Organisationsentscheidung, der Kommunalisierung der Versorgungsverwaltung, das
Ergebnis des Personalauswahlverfahrens der Exekutive ist, handelt es sich der Sache
nach um eine Bündelung von Einzelfallentscheidungen in Umsetzung einer generellen
gesetzlichen Regelung, die für sich allerdings keine Rechtswirkungen nach außen
entfalten. Bei der Erstellung des Zuordnungsplans sollten dienstliche und
personenbezogene Gesichtspunkte eine Rolle spielen, insbesondere sollten die
Interessen der aufnehmenden Stellen an der Zuweisung qualifizierten Personals sowie
die persönlichen Belange der Beschäftigten möglichst in Übereinstimmung gebracht
werden.
54
Vgl. dazu Palmen/Schönenbroicher, NVwZ 2008, 1173 (1175).
55
Wie oben ausgeführt, legt das Gesetz selbst nicht fest, welcher Beamte zu welcher
Behörde übergeht. Vielmehr bleibt diese Festlegung gemäß § 9 Abs. 3
Eingliederungsgesetz unter Einräumung eines weiten Auswahlermessens dem
Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales überlassen.
56
So auch Wolff, in: Burgi/Palmen (Hrsg.), Symposium. Die
Verwaltungsstrukturreform des Landes NRW, Vortragsband, 2008, S. 99
(112).
57
Dieses muss nicht nur Auswahlentscheidungen dahingehend treffen, wer überhaupt zu
einem neuen Dienstherrn übergeht und wer mit einem bloßen Wechsel ins
Personaleinsatzmanagement beim Land verbleibt, sondern ferner festlegen, wohin die
überzuleitenden Beamten übergehen. Dafür macht das Gesetz nur wenige –
auslegungsbedürftige – Vorgaben. Neben dem unbestimmten Rechtsbegriff der
"Erforderlichkeit für die Aufgabenerfüllung" (vgl. §§ 11 ff. Eingliederungsgesetz) sind
nach § 9 Abs. 3 Eingliederungsgesetz soziale Kriterien und dienstliche Belange zu
berücksichtigen.
58
Die danach zu treffende Auswahlentscheidung entspricht typischerweise der
Anwendung eines abstrakt-generellen Gesetzes im Einzelfall. Der Zuordnungsplan als
Ergebnis des Auswahlverfahrens – genauer: die darin enthaltene, auf die Klägerin
bezogene Zuordnungsentscheidung – ist gleichwohl kein Verwaltungsakt, weil er nicht
auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Er ist als bloß
verwaltungsinterner und -organisatorischer Akt nicht dazu bestimmt, den Übergang der
betroffenen Beamten auf die dort bezeichneten Körperschaften und Behörden
verbindlich zu regeln. Er trifft keine konstitutive Entscheidung über den
Personalübergang, sondern ist nach dem auch in § 9 Abs. 3 Eingliederungsgesetz zum
Ausdruck gekommenen Willen des Gesetzebers nur Teil des dem gesetzlichen
Übergang der Beamten vorgelagerten verwaltungsinternen Auswahlverfahrens, das auf
der Wahrnehmung der Personal- und Organisationshoheit des Dienstherrn beruht. Es
fehlt ferner an einer Bekanntgabe nach außen.
59
Vgl. näher OVG NRW, Beschluss vom 19. Februar 2008 - 6 B 38/08 -,
www.nrwe.de.
60
Schon mangels Außenwirkung ist der Zuordnungsplan auch keine Rechtsverordnung.
Dazu fehlt es ihm ferner am abstrakt-generellen Regelungsinhalt. Schon wegen seines
konkret-individuellen Charakters ist er schließlich keine Verwaltungsvorschrift – ihm
fehlt es an der Allgemeinheit. Der Zuordnungsplan ist überdies keine Regelung, die
innerhalb der Verwaltungsorganisation von übergeordneten Verwaltungsinstanzen oder
Vorgesetzten an nachgeordnete Behörden, Verwaltungsstellen oder Bedienstete ergeht
und die dazu dient, Organisation und Handeln der Verwaltung näher zu bestimmen. Er
ist nicht – für eine unbestimmte Vielzahl von Fällen – Auslegungshilfe, lenkt kein
Ermessen und füllt keine Beurteilungsspielräume aus, sondern legt personenbezogen
fest, auf wen eine allgemeine gesetzliche Regelung in welcher Weise Anwendung
finden soll.
61
Dass es sich bei dem Zuordnungsplan um einen Rechtsakt eigener Art handelt, der in
einem nicht normierten Verfahren erlassen worden ist, begründet allerdings nicht seine
Rechtswidrigkeit. Ob dem Grundgesetz ein Numerus clausus zulässiger
Rechtsetzungsformen zu entnehmen ist, kann dahinstehen.
62
Verneinend: Axer, Normsetzung der Exekutive in der Sozialversicherung,
2000, S. 153ff.; Clemens, NZS 1994, 337 (342); BSG, Urteil vom 16.
September 1997 - 1 RK 28/95 -, BSGE 81, 54 (64); bejahend: von Mutius, in:
FS H. J. Wolff, 1973, S. 167 (170ff.); Ossenbühl, NZS 1997, 497 (499f.);
Pestalozza, Formenmissbrauch des Staates, 1973, S. 4; offengelassen von
BVerfG, Beschluss vom 24. Mai 1977 - 2 BvL 11/74 -, BVerfGE 44, 322
(346f.).
63
Jedenfalls besteht kein verfassungsrechtlicher Typenzwang, sondern Formenoffenheit
für Exekutivakte, die – wie der isoliert betrachtete Zuordnungsplan – keinen normativen
Charakter und auch keine Außenwirkung haben. Ein etwaiger Formenzwang beträfe
lediglich die formalisierte Rechtsetzung und erfasste lediglich das an den Bürger
adressierte und auf dessen Rechtsstellung einwirkende Recht.
64
Vgl. Ossenbühl, in: Isensee/Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, 3.
Auflage 2005, Band V, § 100 Rn. 44.
65
Bei vorbereitenden (Planungs-)Entscheidungen im internen Raum besteht keine
rechtsstaatlich-demokratische Notwendigkeit, diese streng an bestimmte Formen und
damit regelmäßig verbundene verfahrensmäßige Erfordernisse zu binden.
66
Die fehlende Regelungswirkung nach außen und seine fehlende Bekanntgabe lassen
den Zuordnungsplan aber als Rechtsgrund für die Überleitung ausscheiden.
67
So auch Wolff, in: Burgi/Palmen (Hrsg.), Symposium. Die
Verwaltungsstrukturreform des Landes NRW, Vortragsband, 2008, S. 99
(113).
68
2. Die im Zuordnungsplan gebündelten Zuordnungsentscheidungen sind auch nicht im
Wege einer Verweisung des § 9 Abs. 1 Eingliederungsgesetz auf den Zuordnungsplan
zum Bestandteil dieser Norm geworden. Der Gesetzgeber hat weder einen schon
erstellten Zuordnungsplan in seinen Willen aufgenommen (a.) noch einem bis zum 1.
Januar 2008 zu erstellenden Zuordnungsplan im Wege einer Verweisung Gesetzeskraft
verliehen (b.).
69
a. Der Gesetzgeber hat sich nicht – im Sinne einer statischen Verweisung auf bereits
geltendes, ihm bekanntes Recht – den Inhalt eines bereits existenten Zuordnungsplans
zu eigen gemacht. Er hat § 9 Eingliederungsgesetz nicht in Ansehung und unter
Einbeziehung eines bereits bestehenden Zuordnungsplans erlassen. Auch wenn der
Zuordnungsplan – nach Interessenabfragen bei den Beamten, Erstellung von
Punktekatalogen und Gesprächen mit den kommunalen Aufgabenträgern – schon
parallel zum Gesetzgebungsverfahren ausgearbeitet worden ist, lag dem Landtag bei
Verabschiedung des Gesetzes kein entsprechender (abschließender) Plan vor. Ein
solcher war auch nicht Bestandteil des Gesetzgebungsverfahrens. In den
Gesetzesmaterialien wird an keiner Stelle auf den Inhalt eines bereits existenten Plans
Bezug genommen. Zudem stellt das Gesetz in § 9 Abs. 3 Eingliederungsgesetz erst
Kriterien für die Erstellung des Zuordnungsplans bis zum Stichtag der gesetzlichen
Überleitung, dem 1. Januar 2008, auf. Der Gesetzgeber gibt also erst ein
"Planprogramm" vor.
70
Wolff, in: Burgi/Palmen (Hrsg.), Symposium. Die Verwaltungsstrukturreform
des Landes NRW, Vortragsband, 2008, S. 99 (111).
71
b. Die gesetzliche Regelung kann auch nicht dahingehend ausgelegt werden, dass sie
einen Übergang nach Maßgabe, d.h. unter Inkorporation des zum 1. Januar 2008
vorliegenden Zuordnungsplans vorsieht. Die im Zuordnungsplan gebündelten, in
Umsetzung einer generellen gesetzlichen Regelung getroffenen
Einzelfallentscheidungen haben nicht durch Aufnahme des Zuordnungsplans in das
72
Gesetz im Wege der Verweisung Gesetzeskraft erlangt.
aa. Der Wortlaut des § 9 Abs. 1 Eingliederungsgesetz spricht eindeutig gegen eine
gesetzliche Verweisung auf den Zuordnungsplan. Die Vorschrift sieht entgegen der
Auffassung des beklagten Landes nicht einen Personalübergang "nach Maßgabe des
Zuordnungsplans", sondern "nach Maßgabe des Absatzes 3" vor. Nach § 9 Abs. 3
Eingliederungsgesetz bereitet das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales den
Personalübergang auf der Grundlage eines von ihm erstellten Zuordnungsplans vor.
Dass sich aus dem Zuordnungsplan Rechtsfolgen für die dort genannten Beamten in
dem Sinne ergeben sollen, dass sie nach Abschluss der Vorbereitungen nach Maßgabe
des Zuordnungsplans gesetzlich übertreten, lässt sich dem Gesetzeswortlaut nicht
entnehmen. Die Inkorporation des Zuordnungsplans in die gesetzliche Regelung im
Wege der Verweisung widerspräche vielmehr der Funktion des verwaltungsinternen
Plans als bloße "Grundlage" – so der Wortlaut des § 9 Abs. 3 Satz 1
Eingliederungsgesetz – für zudem lediglich vorbereitende Maßnahmen der Exekutive,
die keine Rechtswirkungen nach außen entfalten. Denn eine Verweisung dient der
gesetzestechnischen Vereinfachung, sie bedeutet rechtlich den Verzicht, den Text der in
Bezug genommenen Regelungen in vollem Wortlaut in die Verweisungsnorm
aufzunehmen, und verleiht der Bezugsregelung den rechtlichen Rang der
Verweisungsnorm. Für eine solche Rechtsfolge gibt der Gesetzeswortlaut des
Eingliederungsgesetzes aber keinen Anhaltspunkt.
73
bb. Auch die systematische Auslegung spricht gegen eine Verweisung auf den
Zuordnungsplan als solchen. Nach § 9 Abs. 1 Eingliederungsgesetz richtet sich der
Übergang kraft Gesetzes nicht nur nach Maßgabe des Absatzes 3, sondern auch des
Absatzes 4, der den Abschluss von Personalüberleitungsverträgen zwischen dem
beklagten Land und den aufnehmenden kommunalen Körperschaften regelt. Die
gleichlautende Bezugnahme auf die Regelungen zu zwei unterschiedlichen nicht-
legislativen Rechtsakten in den Absätzen 3 und 4 ist Indiz für eine parallele gesetzliche
Konstruktion. Eine gesetzliche Verweisung auf die Personalüberleitungsverträge, die
öffentlich-rechtliche Verträge zwischen zwei Körperschaften sind, für diese Rechte und
Pflichten im Innenverhältnis begründen, aber nicht rechtsbegründend gegenüber den
Beamten wirken, ist indessen nicht anzunehmen.
74
Auch § 22 Eingliederungsgesetz spricht gegen eine Inkorporation des
Zuordnungsplans. Die Vorschrift regelt den Übergang von Beamten der
Bezirksregierung N1. auf die Landschaftsverbände. Nach § 22 Abs. 1
Eingliederungsgesetz gehen die mit den Aufgaben der Widerspruchs- und
Klagebearbeitung im Bereich des Sozialen Entschädigungsrechts einschließlich der
Kriegsopferfürsorge betrauten Beamten, soweit es für die Aufgabenerfüllung erforderlich
ist, mit Wirkung vom 1. Januar 2008 auf die Landschaftsverbände über. Die
Formulierung "nach Maßgabe des § 9 Absatz 3", die das beklagte Land wie "nach
Maßgabe des Zuordnungsplans" versteht, fehlt hier gänzlich, ohne dass ersichtlich
wäre, warum diese Beamten anders behandelt werden sollten als die den §§ 11 bis 21
Eingliederungsgesetz unterfallenden. Nach § 22 Abs. 2 Eingliederungsgesetz gilt
nämlich § 9 Abs. 3 Eingliederungsgesetz entsprechend. Dies verdeutlicht die
Vorstellung des Gesetzgebers vom Zuordnungsplan als bloß vorbereitendem,
verwaltungsinternen Arbeitsplan, der damit gerade nicht kraft des Geltungsbefehls des
Eingliederungsgesetzes Gesetzeskraft erlangen soll.
75
cc. Der (objektive) Sinn und Zweck des § 9 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 Eingliederungsgesetz,
76
einerseits mit der gesetzlichen Überleitung eine reibungslose Aufgabenerfüllung ab
dem 1. Januar 2008 zu gewährleisten und hierzu dafür zu sorgen, dass das erforderliche
Personal bei den neuen Aufgabenträgern zur Verfügung steht, andererseits die
konkreten Zuordnungsentscheidungen unter Berücksichtigung von dienstlichen und
persönlichen Belangen und unter Einbeziehung der neuen Aufgabenträger der
Verwaltung zu überlassen, forderte keinen gesetzlichen Übergang nach Maßgabe des
Zuordnungsplans.
Das Ziel reibungsloser Aufgabenerfüllung wäre auch durch Einzelfallmaßnahmen
(Versetzung, Abordnung, Übernahme gemäß §§ 128f. BRRG, möglicherweise auch auf
neugeschaffener gesetzlicher Grundlage) zu gewährleisten gewesen. Die Ansicht, mit
Einzelfallmaßnahmen auf der Grundlage der §§ 129 Abs. 3 und 4, 128 Abs. 4 BRRG
habe eine sachgerechte Aufgabenerledigung bei den neuen Trägern ab dem ersten Tag
der Übertragung nicht garantiert werden können,
77
so Palmen/Schönenbroicher, NVwZ 2008, 1173 (1175);
Palmen/Emschermann/Milde, DÖD 2009, 173 (174),
78
teilt der Senat nicht. Bei etwaigen Verzögerungen im Einigungsprozess der
kommunalen Körperschaften (vgl. § 128 Abs. 2 Satz 2 BRRG), der in gleicher Weise wie
der Zuordnungsplan einer planerischen Vorbereitung zugänglich ist, wäre die
Möglichkeit sofort vollziehbarer (vgl. § 126 Abs. 3 Nr. 3 BRRG) Abordnungen geblieben,
die das beklagte Land hier nach den stattgebenden Eilbeschlüssen der
Verwaltungsgerichte auch noch kurzfristig verfügt hat.
79
Ziel des § 9 Abs. 3 Eingliederungsgesetz war es ferner lediglich, der Verwaltung die
Personalauswahl nach gesetzlichen Vorgaben zu überlassen, nicht aber, diese in
Gesetzeskraft erwachsen zu lassen. Der Zuordnungsplan sollte lediglich "Grundlage"
für weitere Akte sein: Nach dem ursprünglichen Gesetzentwurf für die dort noch
vorgesehenen "personalrechtlichen Einzelmaßnahmen" (LT-Drs. 14/4342, S. 7), nach
dem schließlich verabschiedeten Gesetz für die "Vorbereitung des Personalübergangs"
durch das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales.
80
dd. Auch die Entstehungsgeschichte spricht nicht für die vom beklagten Land vertretene
Auslegung. Der Gesetzgeber verfolgte zwar von Anfang an das Ziel eines gesetzlichen
Übergangs. Schon in der ursprünglichen Gesetzesbegründung ist von einer
gesetzlichen Überleitung die Rede (LT-Drs. 14/4342, S. 24), wobei im Gesetzeswortlaut
noch der Zusatz "kraft Gesetzes" fehlte und § 9 Abs. 3 Eingliederungsgesetz noch
dahingehend formuliert war, dass das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales
die Entscheidung über personalrechtliche Einzelmaßnahmen auf der Grundlage eines
Zuordnungsplans treffe (LT-Drs. 14/4342, S. 7). In dem vom Ausschuss für
Kommunalpolitik und Verwaltungsstrukturreform beschlossenen Gesetzentwurf ist
sodann an vielen Stellen der Einschub "kraft Gesetzes" hinzugefügt worden, "um keinen
Zweifel aufkommen zu lassen, dass es sich um eine gesetzliche Personalüberleitung
handelt" (LT-Drs. 14/5208, S. 6-8, 35). Für eine beabsichtigte gesetzliche Verweisung
auf den Zuordnungsplan in dem Sinne, dass diesem Gesetzeskraft verliehen wäre,
geben die Gesetzesmaterialien aber nichts her. Nach der in den Gesetzesmaterialien
zum Ausdruck kommenden Vorstellung des Gesetzgebers sollte nicht der
Zuordnungsplan selbst, sondern die gesetzliche Festlegung des Verfahrens und der
Kriterien der Personalauswahl in § 9 Abs. 3 Eingliederungsgesetz "der Bestimmtheit der
gesetzlichen Maßnahme der Personalüberleitung" dienen (vgl. LT-Drs. 14/4342, S. 27,
81
LT-Drs. 14/5208, S. 35).
Das vom beklagten Land weiter angeführte subjektive Ziel des Gesetzgebers, das
aufwendigere Verfahren der §§ 128ff. BRRG (insbesondere des § 128 Abs. 2 Satz 2
BRRG) zu vermeiden, fordert nicht auch das Vermeiden von Einzelfallentscheidungen
durch die Einbeziehung des Zuordnungsplans in das Gesetz. Die weitergehende
Absicht, eine Überprüfung der Auswahlentscheidungen, d. h. der Zuordnung im
Einzelfall, zu verhindern, ließe sich mit einer gesetzlichen Überleitung nach Maßgabe
des Zuordnungsplans nicht erreichen. Auch bei einem Gesetz, das den Zuordnungsplan
inkorporiert, hätten die Verwaltungsgerichte – unter dem Gesichtspunkt der
Verhältnismäßigkeit des Grundrechtseingriffes – inzidenter die Auswahlentscheidung zu
prüfen.
82
Im Ergebnis ebenso Wolff, in: Burgi/Palmen (Hrsg.), Symposium. Die
Verwaltungsstrukturreform des Landes NRW, Vortragsband, 2008, S. 99
(116, 118).
83
Im Übrigen ist dieses gesetzgeberische Ziel nicht schutzwürdig, sondern würde, wie
nachfolgend dargelegt wird, bei der Annahme einer Verweisung zur
Verfassungswidrigkeit des Gesetzes führen.
84
3. Die vorstehende Auslegung ist auch aus verfassungsrechtlichen Gründen geboten.
Die Inkorporation des Zuordnungsplans in das Gesetz verstieße als dynamische
Verweisung in einem grundrechtsrelevanten Bereich gegen das Rechtsstaats- und
Demokratieprinzip (a.), ferner wegen fehlender Publikation des Zuordnungsplans gegen
das Rechtsstaatsprinzip (b.) und wäre zudem unter dem Aspekt einer Umgehung
verfahrensrechtlicher Gewährleistungen wegen Formenmissbrauchs verfassungswidrig
(c.).
85
a. Nähme man mit dem beklagten Land eine Verweisung des § 9 Abs. 1
Eingliederungsgesetz auf den Zuordnungsplan an, so genügte diese den
verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht. Sie wäre als Inkorporation eines bei
Verabschiedung des Gesetzes nicht feststehenden, sondern noch zu erstellenden
Exekutivaktes in das Gesetz mit dem Rechtsstaats- und Demokratieprinzip nicht
vereinbar.
86
Der Gesetzgeber darf zwar aus Gründen gesetzestechnischer Vereinfachung auf
Vorschriften eines anderen Normgebers Bezug nehmen, deren Geltung anordnen und
so ihren Inhalt zum Bestandteil des Gesetzes machen. Eine Verweisung bedeutet
lediglich den Verzicht darauf, Regelungen selbst auszuarbeiten sowie den Text der in
Bezug genommenen Vorschriften in vollem Wortlaut in die Verweisungsnorm
aufzunehmen. Durch die Verweisung erlangen die Verweisungsobjekte die
Rechtsqualität der Verweisungsnormen. Verweisungsobjekt dürfen auch nichtnormative
Regelungen, sogar Regelwerke außerstaatlicher Stellen sein.
87
Vgl. BVerfG, Beschluss vom 26. Januar 2007 – 2 BvR 2408/06 -, GewArch
2007, 149, zur Verweisung der Luftverkehrszulassungsordnung auf
Regelungen der internationalen Joint Aviation Authorities.
88
Allerdings ist die sogenannte dynamische Verweisung auf bei Verabschiedung des
Gesetzes nicht feststehende Regelungen, d.h. die antizipierende Einbeziehung von
89
künftigen Vorschriften eines anderen Normgebers oder eines sonstigen Gremiums im
Hinblick auf Rechtsstaats- und Demokratieprinzip sowie ggf. aus bundesstaatlichen
Gründen im Grundsatz unzulässig, wenn auch nicht schlechthin ausgeschlossen. Die
über die Verweisungsklausel inkorporierten Bestimmungen sind nur dann
rechtsstaatlich-demokratisch legitimiert, wenn sie in hinreichendem Maße vom Willen
des verweisenden Normgebers mit umfasst sind, der Inhalt des Verweisungsobjektes
also im Wesentlichen feststeht, und er nicht die Entscheidung über den Inhalt seiner
Vorschriften in unzulässigem Maße Dritten überlässt. Nach dem in Art. 20 Abs. 2 GG
verankerten Demokratieprinzip muss die Ordnung eines nach dem Grundgesetz
staatlicher Regelung offenstehenden Lebensbereichs durch Sätze des objektiven
Rechts auf eine Willensentschließung der vom Volk bestellten Gesetzgebungsorgane
zurückgeführt und ihm gegenüber verantwortet werden. Nach dem Rechtsstaatsprinzip
dürfen Einschränkungen der Freiheit des Bürgers, soweit sie überhaupt zulässig sind,
nur durch oder aufgrund staatlicher Gesetze erfolgen. Der Gesetzgeber muss – was sich
auch mit den rechtsstaatlichen Grundsätzen der Gewaltenteilung und der
Rechtssicherheit begründen lässt – die staatlicher Eingriffsmöglichkeit offenstehende
Rechtssphäre selbst abgrenzen und darf dies nicht dem Ermessen der Exekutive
überlassen. Die Körperschaft und das Organ, die verfassungsrechtlich zur Rechtsetzung
berufen sind, haben diese vorbehaltlich verfassungsrechtlich legitimierter Ermächtigung
anderer Stellen auch selbstverantwortlich vorzunehmen. Denn die Rechtssicherheit im
Sinne einer Berechenbarkeit staatlichen Handelns und das Gewaltenteilungsprinzip der
checks and balances erfordern eine transparente und klare Funktionenordnung und
damit eine Zurechenbarkeit staatlichen Handelns zum Verantwortungsbereich
bestimmter Organe. Bliebe die Festlegung des Regelungsinhalts der Exekutive
überlassen, fände ferner eine faktische Verlagerung der Gesetzgebung vom Urheber
des Verweisungsgesetzes zu dem des Verweisungsobjektes statt. Bei Regelungen, die
mit Grundrechtseingriffen verbunden sind, erfordern schon die Gesetzesvorbehalte,
dass der Gesetzgeber eigenverantwortlich in dem dafür vorgeschriebenen Verfahren
prüft und entscheidet und sich nicht seiner Regelungsverantwortung dadurch entäußert,
dass er Dritten die Rechtsetzungsbefugnis zur freien Verfügung überlässt.
Vgl. zur (dynamischen) Verweisung und ihren Grenzen BVerfG, Beschlüsse
vom 15. November 1967 - 2 BvL 7/64 u.a. -, BVerfGE 22, 330 (345ff.), vom
15. Juli 1969 - 1 BvL 22/65 -, BVerfGE 26, 321 (367), und vom 1. März 1978
- 1 BvR 786/70 u.a. -, BVerfGE 47, 285 (312f.), Urteil vom 14. Juni 1983 - 2
BvR 488/80 -, BVerfGE 64, 208; Beschlüsse vom 23. April 1986 – 2 BvR
487/80 -, BVerfGE 73, 262 (272), vom 25. Februar 1988 - 2 BvL 26/84 -,
BVerfGE 78, 32, und vom 13. Juli 2004 - 1 BvR 1298/94 u.a. -, BVerfGE 111,
191 (214ff.); Clemens, AöR 111 (1986), 63 (100ff.); Ossenbühl, DVBl. 1967,
401 (402ff.); Sachs, NJW 1981, 1651; Schenke, NJW 1980, 743 (745ff.);
Sommermann, in: von Mangoldt/ Klein/ Starck, GG, 4. Auflage 2000, Art. 20
Rn. 290f.; Wolf, DÖV 1992, 849 (852); die Zulässigkeit dynamischer
Verweisung grundsätzlich bejahend dagegen Klindt, DVBl. 1998, 373ff.;
wohl auch Schulze-Fielitz, in: Dreier, GG, 2. Auflage 2008, Art. 20 Rn. 132.
90
Ausgehend von diesen Grundsätzen wäre eine Verweisung auf den Zuordnungsplan
verfassungsrechtlich unzulässig. Legte der Zuordnungsplan als nach Verabschiedung
des Gesetzes zu treffende gesetzesanwendende und -ausfüllende Maßnahme der
Exekutive den Inhalt der gesetzlichen Regelung des § 9 Abs. 1 Eingliederungsgesetz
mit fest, fehlte es der Vorschrift – ungeachtet des Umstandes, dass das die
Verweisungsnorm und das das Verweisungsobjekt schaffende Organ demselben
91
Hoheitsträger angehören – an rechtsstaatlich-demokratischer Legitimation.
Da der Zuordnungsplan als Ergebnis des Auswahlverfahrens des Ministeriums für
Arbeit, Gesundheit und Soziales dem Landtag nicht bekannt war und nach der
gesetzlichen Konstruktion auch erst zum 1. Januar 2008 endgültig vorliegen sollte, läge
eine Verweisung auf ein von der Exekutive verantwortetes Verweisungsobjekt vor,
dessen (künftigen) Inhalt der Gesetzgeber nicht in seinen Willen aufgenommen hat.
Legislative Rechtssetzung fände außerhalb des Einflussbereichs des legitimierten
Rechtsetzungsorgans Landtag statt. Der Inhalt des verweisenden
Eingliederungsgesetzes würde verbindlich durch den Inhalt des in Bezug genommenen
Zuordnungsplans festgelegt, bei Verabschiedung des Gesetzes noch nicht feststehende
Verweisungsobjekte mithin durch die Verweisung inhaltlich in den Gesetzesrang
erhoben. Über den Inhalt des § 9 Abs. 1 Eingliederungsgesetz entschiede das
Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales, nicht das Parlament, das damit
gesetzgebende Gewalt unter Umgehung des Art. 70 LVerf der Exekutive zuspielte und
damit faktisch delegierte. Durch Verweisung auf den Zuordnungsplan würde der
Gesetzgeber die Zuordnungsentscheidungen mit dem normativen Geltungsbefehl
versehen, ohne dass der Landtag den Zuordnungsplan als Inhalt des Gesetzes selbst
festgelegt hat oder ihn auch nur kennt, und sich damit in unzulässiger Weise selbst
entmachten. Der Gesetzesinhalt könnte nicht – wie das Demokratiegebot dies fordert –
dem Volk als eigene Willensentscheidung zugerechnet werden, weil dies eine
gegenständlich unterrichtete Willensbildung seiner Repräsentanten voraussetzt. Die
durch den Gewaltenteilungsgrundsatz gebotene Trennung zwischen legislativer
Gesetzgebung und administrativer Gesetzesanwendung würde durch ein arbeitsteiliges
System der Rechtserzeugung ersetzt, bei dem unklar bliebe, wessen Verantwortung das
geschaffene Recht zuzuordnen wäre, womit zugleich die Machtkonzentration und -
missbrauch verhindernde Wirkung des Gewaltenteilungsprinzips entfiele.
92
Es ist aber ein im Grundsatz gewaltenteiliger Rechtsstaatlichkeit verankertes Gebot,
dass den gewählten Vertretern des Volkes ihr Handeln hinreichend sicher zugerechnet
werden kann; eine unklare Verantwortungszurechnung gerät in Widerspruch zu
demokratischen und rechtsstaatlichen Klarheitsgeboten.
93
Vgl. Di Fabio, in: Isensee/Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, 3. Auflage
2005, Band II, § 27 Rn. 41ff.
94
Darüber hinaus fordert hier der in Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG enthaltene
Gesetzesvorbehalt eine Entscheidung des Gesetzgebers, der das Grundrecht durch
Gesetz beschränken wollte.
95
Der Schutzbereich der Berufsfreiheit ist eröffnet. Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG gewährt neben
der freien Wahl des Berufs auch die freie Wahl des Arbeitsplatzes und schützt auch die
berufliche Tätigkeit im öffentlichen Dienst. Die Übertragung eines anderen
Dienstpostens greift als Einzelfallregelung, die sich auf die Berufstätigkeit des Beamten
bezieht, in den Schutzbereich der Berufsfreiheit ein.
96
Vgl. BVerfG, Beschluss vom 30. Januar 2008 - 2 BvR 754/07 -, DÖD 2008,
171, und Urteil vom 24. April 1991 - 1 BvR 1341/90 -, BVerfGE 84, 133.
97
Die Grundrechtsrelevanz des beamtenrechtlichen Übergangs auf einen neuen
Dienstherrn bedeutet zwar nicht, dass aus Gründen der Wesentlichkeitslehre der
98
Gesetzgeber im Sinne eines Parlamentsvorbehalts die einer
Organisationsentscheidung nachfolgenden, nach einem Personalauswahlverfahren
ergehenden individuellen beamtenrechtlichen Überleitungsentscheidungen selbst
treffen muss. Demgemäß sind auch §§ 128 Abs. 2 bis 4, 129 Abs. 3 BRRG
verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Der Landtag musste hier aber aufgrund
seines Entschlusses zur Regelung durch Gesetz den Inhalt der gesetzlichen
Berufsausübungsregelung in eigener Verantwortung und im Wege der
parlamentarischen Willensbildung selbst bestimmen und durfte diese Verantwortung
nicht ohne hinreichende Determinierung durch eine Verweisungsautomatik an die
Exekutive abgeben. Hier stand auch nicht in der danach geforderten Weise der Inhalt
des in Bezug genommenen Rechts im Wesentlichen fest, sondern es war eine
Entscheidung der Exekutive im Rahmen eines weiten Auswahlermessens erforderlich.
b. Eine Verweisung auf den Zuordnungsplan wäre ferner wegen fehlender Publikation
verfassungswidrig. Zwar hätte es hinsichtlich des Verweisungsobjektes keiner
Verkündung im Sinne des Art. 71 Abs. 1 Satz 1 LVerf, d.h. keines Abdrucks im Gesetz-
und Verordnungsblatt bedurft.
99
Vgl. BVerfG, Beschluss vom 15. November 1967 - 2 BvL 7/64 u.a. -,
BVerfGE 22, 330 (346); BVerwG, Urteil vom 29. August 1961 - BVerwG I C
14.61 -, NJW 1962, 506 = DVBl. 1962, 137f.; Clemens, AöR 111 (1986), 63
(87, 89f.); Guckelberger, in: Berliner Kommentar zum GG, 20. EGL 2007, Art.
82 Rn. 88; Hömig, DVBl. 1979, 307 (309); Klindt, DVBl. 1998, 373 (375);
Löwer/Tettinger, Kommentar zur Verfassung des Landes NRW, 2002, Art.
71 Rn. 12; Maurer, in: Dolzer/Kahl/Waldhoff/Graßhof, Bonner Kommentar,
Art. 82 (Zweitbearbeitung, Stand Juni 1988), Rn. 106; Nierhaus, in: Sachs,
GG, 5. Auflage 2009, Art. 82 Rn. 22; Schenke, NJW 1980, 743 (744); a. A.
unter Hinweis auf den Grundsatz der Formenstrenge Ossenbühl, DVBl.
1967, 401 (405ff.).
100
Es fehlte aber an dem rechtsstaatlichen Erfordernis, dass das Verweisungsobjekt in
einer für amtliche Anordnungen bzw. Verkündungen geeigneten Art öffentlich
zugänglich sein muss.
101
Um dem Rechtsstaatsprinzip, insbesondere den Anforderungen der Normenklarheit und
Rechtssicherheit zu genügen, muss die Verweisungsnorm für den Rechtsunterworfenen
hinreichend klar erkennen lassen, was rechtens sein soll. Es muss aus Gründen der
Klarheit des Rechts erkennbar sein, welche Vorschriften im Einzelnen gelten sollen, d.h.
der Inhalt der rechtlichen Regelungen muss sich mit hinreichender Sicherheit und ohne
spezielle Kenntnisse feststellen lassen. Der Grundsatz der Rechtssicherheit erfordert,
dass die in Bezug genommenen Vorschriften dem Normadressaten durch
ordnungsgemäße Veröffentlichung zugänglich sind. Dabei obliegt es dem Normgeber,
die Verkündung so auszugestalten, dass sie ihre rechtsstaatliche Funktion erfüllt, der
Öffentlichkeit die verlässliche Kenntnisnahme vom geltenden Recht zu ermöglichen.
102
Vgl. BVerfG, Urteil vom 30. Mai 1956 - 1 BvF 3/53 -, BVerfGE 5, 25 (31),
Beschlüsse vom 12. November 1958 - 2 BvL 4/56 u.a. -, BVerfGE 8, 274
(302), vom 15. November 1967 - 2 BvL 7/64 u.a. -, BVerfGE 22, 330 (346f.),
vom 15. Juli 1969 - 1 BvL 22/65 -, BVerfGE 26, 321 (367), vom 24. Mai 1977
- 2 BvL 11/74 -, BVerfGE 44, 322 (350), vom 1. März 1978 - 1 BvR 786/70
u.a. -, BVerfGE 47, 285 (311), vom 22. November 1983 - 2 BvL 25/81 -,
103
BVerfGE 65, 283 (291), und vom 26. Januar 2007 - 2 BvR 2408/06 -,
GewArch 2007, 149; BVerwG, Urteile vom 29. August 1961 - BVerwG I C
14.61 -, NJW 1962, 506 = DVBl. 1962, 137, und vom 17. Februar 1978 - I C
102.76 -, BVerwGE 55, 250 (264), sowie Beschluss vom 29. Juli 2010 - 4
BN 21/10 -, juris; Grzeszick, in: Maunz/Dürig/Herzog, GG, Stand November
2006, Art. 20 Rn. 52f.; Guckelberger, in: Berliner Kommentar zum GG, 20.
EGL 2007, Art. 82 Rn. 88; Schulze-Fielitz, in: Dreier, GG, 2. Auflage 2008,
Art. 20 Rn. 131.
Das Eingliederungsgesetz ließe zwar im Sinne der Normenklarheit wohl in
hinreichendem Maße erkennen, welche Regelungen es in Bezug nähme – den
Zuordnungsplan Stand 1. Januar 2008.
104
Es kann auch dahinstehen, ob das Rechtsstaatsprinzip fordert, dass im
verfassungsrechtlich für die Verweisungsnorm vorgesehenen Verkündungsblatt (hier: im
Gesetz- und Verordnungsblatt) die Fundstelle oder Bezugsquelle des
Verweisungsobjekts genannt wird.
105
So Brenner, in: von Mangoldt/Klein/Starck, 4. Auflage 2000, Art. 82 Rn. 32;
Maurer, in: Dolzer/ Kahl/Waldhoff/Graßhof, Bonner Kommentar, Art. 82
(Zweitbearbeitung, Stand Juni 1988), Rn. 109; Nierhaus, in: Sachs, GG, 5.
Auflage 2009, Art. 82 Rn. 22; wohl auch Hömig, DVBl. 1979, 307 (311), und
Löwer/Tettinger, Kommentar zur Verfassung des Landes NRW, 2002, Art.
71 Rn. 13; a. A. BVerfG, 15. Juli 1969 - 1 BvL 22/65 -, BVerfGE 26, 321
(367); Clemens, AöR 111 (1986), 63 (84); Guckelberger, in: Berliner
Kommentar zum GG, 20. EGL 2007, Art. 82 Rn. 90.
106
Jedenfalls dann, wenn – wie hier – ein solcher Hinweis fehlt, fordert der Grundsatz der
Rechtssicherheit, dass die Verlautbarung des Verweisungsobjektes allgemein
zugänglich und ihrer Art nach für amtliche Anordnungen geeignet ist,
107
vgl. BVerwG, Urteile vom 29. August 1961 - BVerwG I C 14.61 -, NJW 1962,
506, vom 28. November 1963 - BVerwG I C 74.61 -, BVerwGE 17, 192
(196f.), und vom 17. Februar 1978 – I C 102.76 -, BVerwGE 55, 250 (264),
108
mithin der Abdruck in einem amtlichen Publikationsblatt erfolgt.
109
So auch Brenner, in: von Mangoldt/Klein/Starck, 4. Auflage 2000, Art. 82 Rn.
32; Clemens, AöR 111 (1986), 63 (91f.); Hömig, DVBl. 1979, 307 (311);
Maurer, in: Dolzer/Kahl/Waldhoff/Graßhof, Bonner Kommentar, Art. 82
(Zweitbearbeitung, Stand Juni 1988), Rn. 108f.; Löwer/Tettinger, Kommentar
zur Verfassung des Landes NRW, 2002, Art. 71 Rn. 12.
110
Nur so kann der Rechtsunterworfene mit hinreichender Sicherheit feststellen, was
geltendes Recht ist. Denn Rechtssicherheit im Sinne einer Verlässlichkeit des Rechts
herrscht nur dann, wenn das geltende Recht öffentlich ist, so dass sich jedermann über
die Rechtslage informieren kann. Auch würden ohne eine allgemein zugängliche und
verlässliche Publikation Änderungen des Verweisungsobjekts der Kontrolle der
Öffentlichkeit entzogen.
111
An einer diesen Anforderungen genügenden Publikation fehlte es hier. Der
112
Zuordnungsplan ist in keinem amtlichen Veröffentlichungsblatt abgedruckt und im
Übrigen auch nicht anderweitig öffentlich zugänglich. Die insoweit geltend gemachten
datenschutzrechtlichen Gründe,
vgl. Palmen/Emschermann/Milde, DÖD 2009, 173 (177),
113
vermögen den Verzicht auf ein rechtsstaatliches Erfordernis, das in der Wahl der
Handlungsform begründet liegt, nicht zu rechtfertigen.
114
Gleichfalls nicht durchgreifend ist der Hinweis des beklagten Landes auf die
Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zur Verkündung von Bebauungsplänen,
die in ihren textlichen Festsetzungen auf DIN-Vorschriften verweisen.
115
Beschluss vom 29. Juli 2010 - 4 BN 21.10 -, juris.
116
Das Bundesverwaltungsgericht bestätigt vielmehr die auch hier zugrundegelegten
rechtsstaatlichen Anforderungen und fordert, dass die DIN-Vorschriften in der für den
Bebauungsplan als Verweisungsnorm vorgesehenen - besonderen - Art und Weise, d.h.
durch Bereithaltung zur Einsichtnahme (vgl. § 10 Abs. 3 BauGB), öffentlich zugänglich
gemacht werden.
117
Dass den Beamten ebenso wie den neuen Dienstherrn die sie betreffenden
Zuordnungsentscheidungen zum 1. Januar 2008 bekannt waren, führt zu keiner anderen
verfassungsrechtlichen Bewertung. Denn damit wäre dem Erfordernis, jedem jederzeit
die Kenntnisnahme auch des in Bezug genommenen Verweisungsobjekts selbst zu
ermöglichen, nicht genügt. Handelte das Land durch eine parlamentsgesetzliche
Regelung, deren Inhalt sich teilweise durch die Bezugnahme auf fremde Texte ergäbe,
bedürfte es, um der Öffentlichkeit verlässlich und transparent den Zugang zum
geltenden Recht zu ermöglichen, auch der ordnungsgemäßen amtlichen Publikation
dieser Bestandteile.
118
c. Nähme man eine Verweisung und damit eine Inkorporation des Zuordnungsplans in
das Gesetz an, wäre dieses schließlich wegen Formenmissbrauchs verfassungswidrig.
Durch die Wahl der Form eines Gesetzes für einen materiellen Verwaltungsakt wären
das Verwaltungsverfahren umgangen und der Rechtsschutz verkürzt worden (aa.).
Damit hätte das Land die durch die Verfassung gezogenen Grenzen seiner ihm
grundsätzlich eingeräumten Wahlfreiheit überschritten. Bei der Wahl eines Gesetzes für
eine wesensmäßige Verwaltungsmaßnahme bedarf es aus rechtsstaatlichen Gründen
besonderer, in dem jeweiligen Regelungsgegenstand begründeter Umstände. Es
müssen gewichtige sachliche Gründe für die Annahme bestehen, dass die
Durchführung einer behördlichen Einzelfallmaßnahme mit erheblichen Nachteilen für
das Gemeinwohl verbunden wäre, denen nur durch eine gesetzliche Regelung
begegnet werden kann.
119
Vgl. BVerfG, Beschluss vom 17. Juli 1996 – 2 BvF 2/93 -, BVerfGE 95, 1
(22), zu den bei der Legalenteignung aus Art. 14 Abs. 1 Satz 1 und Art. 19
Abs. 4 Satz 1 GG abgeleiteten Grenzen der Formenwahl.
120
Das Verbot eines Formenmissbrauchs lässt sich aus Art. 19 Abs. 1 Satz 1 GG (bb.), der
verfahrensrechtlichen Komponente der Grundrechte (cc.) sowie Art. 19 Abs. 4 GG (dd.)
ableiten.
121
aa. Die Wahl einer bestimmten Handlungsform bedeutet zugleich die Wahl des hierfür
geltenden Rechtsregimes. Konsequenz einer Entscheidung des beklagten Landes für
eine gesetzliche Überleitung – unter Inkorporation des Zuordnungsplans – wäre
einerseits die Verkürzung von Verfahrensrechten (1) und andererseits die
Einschränkung des Rechtsschutzes (2).
122
(1) Die vor einer Verwaltungsentscheidung rechtstaatlich gebotene, in § 28 VwVfG
NRW einfach-gesetzlich verankerte Anhörung entfiele. So ist auch den im
Zuordnungsplan genannten und damit nach der Vorstellung des Gesetzgebers von der
gesetzlichen Überleitung betroffenen Beamten kein rechtliches Gehör gewährt worden.
Das durchgeführte Interessenbekundungsverfahren ist nicht gleichwertig mit der
Anhörung nach § 28 VwVfG NRW, mit der dem Betroffenen vor der Entscheidung
Kenntnis von allen entscheidungserheblichen Umstände zu vermitteln ist und ihm eine
Einflussnahme auf das Verfahren und sein Ergebnis ermöglicht werden soll.
123
Vgl. dazu Bonk/Kallerhoff, in: Stelkens/ Bonk/ Sachs, VwVfG, 7. Auflage
2008, § 28 Rn. 6, 16.
124
Bei einer gesetzlichen Überleitung entfiele ferner die aus Gründen des
Rechtsstaatsprinzips, des Art. 19 Abs. 4 GG und der verfahrensrechtlichen
Gewährleistungen der Grundrechte gebotene, in § 39 VwVfG NRW positiv-rechtlich
verankerte Begründungspflicht. In der Begründung sind gemäß § 39 Abs. 1 Satz 2
VwVfG NRW die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe mitzuteilen, die die
Behörde zu ihrer Entscheidung bewogen haben. Die Begründung von
Ermessensentscheidungen soll gemäß § 39 Abs. 1 Satz 3 VwVfG NRW auch die
Gesichtspunkte erkennen lassen, von denen die Behörde bei der Ausübung ihres
Ermessens ausgegangen ist. Dies schlösse hier die Verpflichtung ein, die Gründe der
Auswahlentscheidung darzulegen.
125
Ob Anhörung und Begründung aus rechtsstaatlichen Gründen vor jeglichem
belastenden staatlichen Handeln, also auch bei Parlamentsgesetzen, oder wegen der
vergleichbaren Interessenlage jedenfalls bei Rechtsnormen, die auch als
Verwaltungsakt hätten ergehen können, geboten sind oder ob dies wegen der
Grundrechtsrelevanz des Verfahrensrechtes zumindest bei Eingriffen in Grundrechte
durch formelle Gesetze gilt, kann hier dahinstehen.
126
Vgl. zur Begründungspflicht Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig/Herzog, GG,
Stand Februar 2003, Art. 19 Abs. 4 Rn. 254 (allgemein bejahend); Schenke,
in: Dolzer/ Kahl/ Waldhoff/ Graßhof, Bonner Kommentar (Drittbearbeitung),
Stand Dezember 2009, Art. 19 Abs. 4 Rn. 740 (bejahend für
Verwaltungsmaßnahmen in Gesetzesform); ähnlich Ossenbühl, in:
Isensee/Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, 3. Auflage 2005, Band V, §
103 Rn. 74, und U. Stelkens, in: Stelkens/ Bonk/ Sachs, VwVfG, 7. Auflage
2008, § 39 Rn. 25; grundsätzlich verneinend Schoch, in: Isensee/Kirchhof,
Handbuch des Staatsrechts, 3. Auflage 2005, Band III, § 37 Rn. 155f.; für
Satzungen verneinend BVerfG, Beschluss vom 26. Januar 1987 - 1 BvR
969/83 -, NVwZ 1987, 879, BVerwG, Beschluss vom 3. November 1992 - 4
NB 28.92 -, NVwZ-RR 1993, 286.
127
Abgesehen davon, dass sich im hierfür nicht geeigneten, von einer öffentlichen Debatte
128
geprägten Gesetzgebungsverfahren die Belange des Einzelnen (hier: einer vierstelligen
Zahl Einzelner) weitaus schlechter einbringen und berücksichtigen lassen als in einem
Verwaltungsverfahren und die Begründung eines formellen Gesetzes darüber hinaus im
Hinblick auf Form und Dichte hinter der Begründung eines Verwaltungsaktes
zurückbleiben müsste, entspricht die Gewährleistung von Verfahrensrechten Einzelner
im Gesetzgebungsverfahren nicht der Rechtspraxis.
(2) Die Wahl eines Gesetzes für eine typischerweise der Exekutive zukommende
Einzelfallentscheidung führt ferner zu Einschränkungen des Rechtsschutzes, den das
auf Individualakte zugeschnittene deutsche Rechtsschutzsystem gegen Gesetze nicht in
gleicher Form wie gegen exekutives Handeln ermöglicht. Da der Zuordnungsplan als
Folge der Verweisung im Anwendungsbereich des Eingliederungsgesetzes dessen
Geltungskraft teilte, wäre er auch im Rechtsschutzsystem (nur) wie dieses Gesetz
gerichtlich überprüfbar. Auch wenn man mit der Literatur annimmt, dass die
Gesetzgebung zur öffentlichen Gewalt im Sinne des Art. 19 Abs. 4 GG gehört und die
Rechtsschutzgewährleistung auch für Parlamentsgesetze gilt,
129
vgl. Schenke, in: Dolzer/ Kahl/ Waldhoff/ Graßhof, Bonner Kommentar, Art.
19 Abs. 4 (Drittbearbeitung), Stand August 2009, Rn. 338ff.; Schmidt-
Aßmann, in: Maunz/Dürig/Herzog, GG, Stand Februar 2003, Art. 19 Abs. 4
Rn. 93; Maurer, in: FS 50 Jahre BVerfG, 2001, S. 467 (480); von Mutius, in:
FS H. J. Wolff, 1973, S. 167 (181); a. A. BVerfG, Beschluss vom 27. Juli
1971 - 2 BvR 443/70 -, BVerfGE 31, 364 (368), und Urteil vom 18. Dezember
1968 - 1 BvR 638/64 u.a. -, BVerfGE 24, 367 (401),
130
und ferner in Rechnung stellt, dass den den neuen Dienstherren zugeordneten Beamten
die Feststellungsklage eine inzidente Überprüfung des Gesetzes ermöglicht, ergeben
sich Einschränkungen gegenüber dem Rechtsschutz gegen Verwaltungsakte.
131
Diese beruhen vor allem auf fehlender Anhörung und Begründung, die sich wegen des
funktionalen Zusammenhangs zwischen Verwaltungsverfahrensrecht und
verwaltungsgerichtlichem Rechtsschutz unmittelbar auf die Effektivität des
Rechtsschutzes auswirken.
132
Vgl. dazu Lorenz, Der Rechtsschutz des Bürgers und die
Rechtsweggarantie, 1973, S. 179ff.; Schmidt-Aßmann, in: Isensee/Kirchhof,
Handbuch des Staatsrechts, 3. Auflage 2005, Band V § 109 Rn. 30ff.; ferner
Schenke, in: Dolzer/Kahl/Waldhoff/Graßhof, Bonner Kommentar
(Drittbearbeitung), Stand Dezember 2009, Art. 19 Abs. 4 Rn. 700; Ruffert, in:
Knack/Henneke, VwVfG, 9. Auflage 2010, § 39 Rn. 13; BVerwG, Urteil vom
20. Februar 1990 - 1 C 42.83 -, BVerwGE 84, 375 (388f.).
133
Die im Rahmen von Anhörung und Begründung offengelegten
entscheidungserheblichen Umstände dienen dem Betroffenen als Entscheidungshilfe,
ob nach Abschätzung des Kostenrisikos ein Rechtsmittel eingelegt werden soll, und
dem Gericht als Grundlage seiner Prüfung. Nur wenn der Betroffene die Gründe
staatlichen Eingreifens erfährt, kann er seine Rechte sachgemäß verteidigen und damit
wirksamen und effektiven Rechtsschutz in der Sache selbst erreichen.
134
Insbesondere bei Ermessensverwaltungsakten kommt der Begründung eine
entscheidende Bedeutung für die Beurteilung der Erfolgsaussichten eines
135
Rechtsbehelfs und damit für die Entscheidung über die Einleitung eines gerichtlichen
Rechtsschutzverfahrens ebenso zu wie für die gerichtliche Überprüfung der
Rechtmäßigkeit.
Vgl. dazu Lorenz, Der Rechtsschutz des Bürgers und die
Rechtsweggarantie, 1973, S. 181f.; Schenke, in: Dolzer/ Kahl/ Waldhoff/
Graßhof, Bonner Kommentar (Drittbearbeitung), Stand Dezember 2009, Art.
19 Abs. 4 Rn. 725 f.; U. Stelkens, in: Stelkens/ Bonk/ Sachs, VwVfG, 7.
Auflage 2008, § 39 Rn. 1, 2.
136
Auch bei Erstreckung der Rechtsschutzgarantie auf Gesetze entspricht der hierdurch
gewährte Rechtsschutz gegen Verwaltung in Gesetzesform nicht in vollem Umfang dem
Rechtsschutz, wie er im Rahmen eines Verwaltungsverfahrens gewährt würde. Die
Nachteile, die aus dem Unterbleiben eines Verwaltungsverfahrens und der damit
gegebenen Möglichkeit zur Einflussnahme Einzelner auf eine staatliche Entscheidung
resultieren, lassen sich im Rahmen eines späteren gerichtlichen
Rechtsschutzverfahrens nicht voll kompensieren.
137
Vgl. Schenke, in: Dolzer/ Kahl/ Waldhoff/ Graßhof, Bonner Kommentar
(Drittbearbeitung), Stand August 2009, Art. 19 Abs. 4, Rn. 705.
138
Darüber hinaus würde der von einer gesetzlichen Überleitung betroffene Beamte
gegenüber einem durch Verwaltungsakt auf einen neuen Dienstherrn übergeleiteten
Beamten aufgrund der Besonderheiten des deutschen Rechtsschutzsystems schlechter
gestellt. So kämen ihm nicht die Vorteile des § 80 Abs. 1 VwGO zugute, die er allein
durch Einlegung eines Rechtsbehelfs herbeiführen kann. Vielmehr müsste er, ohne
dass er Kenntnis von den Gründen der Auswahlentscheidung hätte, unmittelbar auf
Verdacht den Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 VwGO beantragen, zu
deren substantiierter Begründung er sodann auf das Vorbringen des Antragsgegners zu
den Gründen seiner Auswahl im gerichtlichen Verfahren angewiesen wäre. § 126 Abs. 3
Satz 3 BRRG kann dieser Überlegung nicht entgegengehalten werden, denn die
Vorschrift wäre auf eine Überleitungsverfügung nicht entsprechend anwendbar. Es
bedürfte daher der begründungsbedürftigen, ein besonderes öffentliches Interesse
voraussetzenden Anordnung der sofortigen Vollziehung gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 4
VwGO.
139
bb. Legte man § 9 Abs. 1 Eingliederungsgesetz dahingehend aus, dass er den
gesetzlichen Übertritt nach Maßgabe des Zuordnungsplans anordnet, betrachtete man
also den zum 1. Januar 2008 bestehenden Zuordnungsplan als Teil des Gesetzes, wäre
die Vorschrift als Einzelfallgesetz mit dem Grundgesetz unvereinbar. Art. 19 Abs. 1 Satz
1 GG zieht als Ausfluss des Rechtsstaatsprinzips der grundsätzlich gegebenen
Wahlfreiheit des Staates, ob er durch Rechtsnorm oder Verwaltungsakt handelt,
Grenzen und schließt einen Formenmissbrauch durch Erlass von materiellen
Verwaltungsakten in Gestalt formeller Gesetze aus.
140
Vgl. Axer, Normsetzung der Exekutive in der Sozialversicherung, 2000, S.
41; Papier, in: Maunz/Dürig/Herzog, GG, Stand Juni 2002, Art. 14 Rn. 559.
141
Soweit nach dem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines
Gesetzes eingeschränkt werden kann, muss das Gesetz gemäß Art. 19 Abs. 1 Satz 1
GG allgemein sein und darf nicht nur für den Einzelfall gelten. Durch die gesetzliche
142
Überleitung nach Maßgabe des Zuordnungsplans würde die Berufsfreiheit
eingeschränkt, die nach Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG durch Gesetz oder auf Grund eines
Gesetzes geregelt werden kann.
Art. 19 Abs. 1 Satz 1 GG findet nicht nur auf Grundrechte mit einem speziellen
Gesetzesvorbehalt und damit auch auf Einschränkungen der Berufsfreiheit Anwendung.
143
Vgl. Bauernfeind, DVBl. 1976, 193; Dreier, in: derselbe, GG, 2. Auflage
2008, Art. 19 I Rn. 11; Kirchhof, Die Allgemeinheit des Gesetzes, 2009, S.
211ff.; offen gelassen von BVerfG, Urteil vom 7. Mai 1969 - 2 BvL 15/67 -,
BVerfGE 25, 371 (399).
144
§ 9 Abs. 1 Eingliederungsgesetz würde bei Einbeziehung der namentlichen Zuordnung
auch nicht allgemein, d.h. angesichts eines abstrakt gefassten gesetzlichen
Tatbestandes für eine nicht vorhersehbare Vielzahl von Fällen, sondern nur für die
benannten Einzelfälle gelten. Mit der personellen Festlegung stünde die Zahl der
Anwendungsfälle von vornherein fest. Es handelte sich damit um ein
Einzelpersonengesetz, das auf die Setzung von Rechtsfolgen nur für mehrere,
namentlich bestimmte Einzelpersonen gerichtet ist und bei dem die Erstreckung der
Regelung auf weitere, noch nicht bestimmbare Personen auch für die Zukunft
ausgeschlossen ist.
145
Ein Verstoß eines solchen klassischen Einzelfallgesetzes gegen Art. 19 Abs. 1 Satz 1
GG wäre unabhängig davon gegeben, ob man der Vorschrift unter Verweis auf den
Gewaltenteilungsgrundsatz oder seine freiheitssichernde Funktion ein Verbot des
Verwaltungsakts in Gesetzesform entnimmt, sie als striktes, abwägungsresistentes
Gleichheitsgebot betrachtet oder aber sie lediglich als Spezialisierung des allgemeinen
Gleichheitssatzes einordnet und damit bei Vorliegen hinreichend gewichtiger Gründe
die durch das Gesetz bewirkte Ungleichbehandlung für verfassungsgemäß hält.
146
Für letzteres wohl BVerfG, Beschluss vom 17. Juli 1996 - 2 BvF 2/93 -,
BVerfGE 95, 1 (22, 26); vgl. auch BVerfG, Urteil vom 7. Mai 1969 - 2 BvL
15/67 -, BVerfGE 25, 371 (399); zum Streitstand siehe Bauernfeind, DVBl.
1976, 193ff.; Dreier, in: ders., GG, 2. Auflage 2008, Art. 19 I Rn. 15f.;
Kirchhof, Die Allgemeinheit des Gesetzes, 2009, S. 196ff.; Remmert, in:
Maunz/Dürig/Herzog, GG, Stand Mai 2008, Art. 19 Abs. 1 Rn. 14ff.
147
Selbst wenn man Art. 19 Abs. 1 GG nur als ausnahmefähiges Gleichheitsgebot
betrachtet – sei es als Spezialisierung oder Konkretisierung des Art. 3 Abs. 1 GG, sei es
als Verschärfung im Sinne einer widerlegbaren Vermutung einer sachlich nicht
gerechtfertigten Ungleichbehandlung –, verstieße ein den Zuordnungsplan
inkorporierendes Eingliederungsgesetz gegen diese Norm. Denn die Regelung
singulärer Sachverhalte würde nicht von hinreichend gewichtigen sachlichen Gründen
getragen, welche die in der Einzelfallregelung durch Gesetz liegende inhaltliche
Ungleichbehandlung rechtfertigten. Die von einer gesetzlichen Überleitung betroffenen
Beamten der Versorgungsverwaltung würden in einer mit dem
Gleichbehandlungsgrundsatz nicht zu rechtfertigenden Weise schlechter gestellt als
diejenigen, die zur beamtenrechtlichen Umsetzung von Organisationsentscheidungen
durch Verfügung auf der Grundlage der §§ 128 Abs. 4 i.V.m. Abs. 3, 129 Abs. 3 BRRG in
den Dienst einer anderen Körperschaft übernommen werden. Bei im Wesentlichen
gleichen Sachverhalten – organisatorische Änderungen mit Aufgabenübertragungen
148
erfordern aus Gründen der ordnungsgemäßen Aufgabenerfüllung stets einen zeitnahen
Personalübergang – würden allein die Verfahrensrechte der gesetzlich nach einer
verwaltungsinternen Auswahlentscheidung übergeleiteten Beamten der
Versorgungsverwaltung verkürzt. Der Gesetzgeber würde einen nach der
Rechtsordnung an sich von der Verwaltung vorzunehmenden Fall der Einschränkung
des Art. 12 Abs. 1 GG ausnahmsweise unmittelbar selbst regeln und so durch
Sonderrecht gezielt die Grundrechte der Betroffenen einschränken. Selbst wenn das
Gesetz inhaltlich der Regelung entspräche, die auch die Verwaltung getroffen hätte bzw.
die die Verwaltung in vergleichbaren Fällen noch treffen wird, läge Sonderrecht vor, weil
sich – wie gezeigt – durch die Verwendung der Gesetzesform die
Rechtsschutzmöglichkeiten des betroffenen Grundrechtsträgers verändern.
Vgl. Remmert, in: Maunz/Dürig/Herzog, GG, Stand Mai 2008, Art. 19 Abs. 1
Rn. 16.
149
Ein hinreichend gewichtiger sachlicher Grund für diesen unterschiedlichen Umgang mit
Beamten bei dienstrechtlich (objektiv wie subjektiv) derart bedeutsamen Maßnahmen ist
nicht ersichtlich. Die Gewährleistung der ordnungsgemäßen Aufgabenerfüllung
rechtfertigt als Umstand, der in allen Fällen von Umbildungen von Körperschaften und
sonstigen Strukturreformen maßgeblich ist, nicht ausnahmsweise – aus überwiegenden
Gründen des Gemeinwohls – Verwaltungsentscheidungen in Gesetzesform. Auch ein
Hinweis auf die Besonderheit der Aufgaben der Versorgungsverwaltung, die
Verzögerungen in der Bearbeitung nicht erlaubten, bildete keinen tragfähigen
Sachgrund derartigen Gewichts, dass er die Differenzierung rechtfertigen könnte.
Dieses Anliegen erforderte nämlich kein Sonderrecht, sondern ihm hätte auf andere
Weise, etwa mit sofort vollziehbaren Abordnungen, Rechnung getragen werden können.
150
cc. Eine Verpflichtung, hier Einzelfallentscheidungen nach einem behördlichen
Auswahlverfahren über den beamtenrechtlichen Übergang durch Verwaltungsakt und
nicht durch Gesetz zu treffen, folgt auch aus den Grundrechten, und zwar der
verfahrensrechtlichen Dimension der Berufsausübungsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) und
der beamtenrechtlichen Fürsorgepflicht (Art. 33 Abs. 5 GG). Auch die Grundrechte
können dem gesetzgeberischen Vorhaben entgegenstehen, Verwaltungsmaßnahmen in
Gesetzesform zu erlassen.
151
Vgl. Remmert, in: Maunz/Dürig/Herzog, GG, Stand Mai 2008, Art. 19 Abs. 1,
Rn. 16, Fn. 5; Schenke, in: Dolzer/ Kahl/ Waldhoff/ Graßhof, Bonner
Kommentar (Drittbearbeitung), Stand Dezember 2009, Art. 19 Abs. 4 Rn.
705.
152
Der effektive Schutz der Grundrechte fordert eine dem Grundrechtsschutz angemessene
Verfahrensgestaltung. Denn die Grundrechte schützen nicht nur die Ausgestaltung des
materiellen Rechts, sondern setzen zugleich Maßstäbe für eine den Grundrechtsschutz
effektuierende Organisations- und Verfahrensgestaltung sowie für eine
grundrechtsfreundliche Anwendung vorhandener Verfahrensvorschriften. Dies hat nicht
nur Bedeutung für die Gestaltung des Verwaltungsverfahrens im Einzelfall. Die
Komplementärfunktion des Verfahrens für die Durchsetzung der materiellen Rechte
gebietet es auch, dass der Gesetzgeber die notwendigen Voraussetzungen für eine
effektive Rechtsdurchsetzung schafft und durch gesetzliche Regelungen die
Verwirklichung der Grundrechte sicherstellt.
153
Vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 9. April 1975 - 1 BvR 344/74 u.a. -, BVerfGE
39, 277 (294f.), vom 6. Juli 1977 - 1 BvR 3/77 -, BVerfGE 45, 422 (430), vom
20. Dezember 1979 - 1 BvR 385/77 -, BVerfGE 53, 30 (65), vom 8. Februar
1983 - 1 BvL 20/81 -, BVerfGE 63, 131 (143), vom 12. Juli 1983 - 1 BvR
1470/82 -, BVerfGE 65, 76 (94), vom 14. Mai 1985 – 1 BvR 233, 341/81 -,
BVerfGE 69, 315 (355), vom 18. Juni 1986 - 1 BvR 787/80 -, BVerfGE 73,
280 (296), vom 12. Juni 1990 - 1 BvR 355/86 -, BVerfGE 82, 209 (227), vom
12. April 2005 - 2 BvR 1027/02 -, BVerfGE 113, 29 (57); BVerwG, Urteil vom
2. Juli 2003 - BVerwG 3 C 46.02 -, BVerwGE 118, 270 (275); Jarass/Pieroth,
GG, 10. Auflage 2009, Vorb. vor Art. 1 Rn. 11 f.; Schmidt-Aßmann, in:
Isensee/Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, 3. Auflage 2005, Band V, §
109 Rn. 21ff.
154
So erfüllen Anhörungsgebot und Begründungspflicht eine verfahrensrechtliche
Schutzfunktion für die Grundrechte derjenigen, in deren Lebens- und Rechtssphäre der
Staat durch Erlass einer belastenden Maßnahme eingreifen will.
155
Vgl. Bonk/Kallerhoff, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Auflage 2008, § 28
Rn. 2, 12; U. Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Auflage 2008,
§ 39 Rn. 2.
156
Die verfahrensrechtliche Ausgestaltung der beamtenrechtlichen Überleitung muss sich
an der in Art. 12 Abs. 1 GG gewährleisteten Berufsausübungsfreiheit messen lassen.
Eine gesetzliche Überleitung nach einem vorgeschalteten, dem einzelnen Beamten
nicht offengelegten Auswahlverfahren der Exekutive ohne vorherige Anhörung und
einzelfallbezogene Begründung birgt die Gefahr einer Entwertung der materiellen
Grundrechtspositionen und ist daher mit der Berufsausübungsfreiheit unvereinbar.
157
Gleiches gilt für die über Art. 33 Abs. 5 GG geschützte Fürsorgepflicht, die zu den
hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums gehört. Sie verpflichtet den
Dienstherrn, bei seinen Entscheidungen die wohlverstandenen Interessen des Beamten
in gebührender Weise zu berücksichtigen.
158
St. Rspr., vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 2. Dezember 1958 - 1 BvL 27/55 -,
BVerfGE 8, 332 (356f.), und vom 15. Dezember 1976 - 2 BvR 841/73 -,
BVerfGE 43, 154 (165).
159
Bei dienstlichen Maßnahmen hat der Dienstherr dem schon bei der Gestaltung des
Verfahrens Rechnung zu tragen, bei unfreiwilligen Dienstherrnwechseln etwa durch
eine vorherige Anhörung. Auch materiell muss der Dienstherr auf die berechtigten
Belange des Beamten Rücksicht nehmen und sie etwa bei der Ausübung des
Ermessens wohlwollend berücksichtigen.
160
Vgl. Schachel, in: Schütz/Maiwald, BeamtR, § 85 LBG a.F. (Archivband II),
Stand September 1998, Rn. 15; Schnellenbach, Beamtenrecht in der Praxis,
6. Auflage 2005, Rn. 108, 368.
161
Mit dieser verfahrensrechtlichen Dimension der Fürsorgepflicht wäre eine gesetzliche
Überleitung nach Maßgabe des Zuordnungsplans nicht vereinbar.
162
dd. Das Verbot des Formenmissbrauchs durch eine Verwaltungsmaßnahme in
163
Gesetzesform lässt sich auch aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG ableiten. Wird jemand durch
die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm danach der Rechtsweg
offen. Auch dieses Gebot effektiver Rechtsschutzgewährung steht der Bestrebung
entgegen, durch die Verwendung normativer Rechtsformen gezielt die
Rechtsschutzmöglichkeiten Betroffener zu verkürzen.
So auch Axer, Normsetzung der Exekutive in der Sozialversicherung, 2000,
S. 41; Pestalozza, Formenmissbrauch des Staates, 1973, S. 165f.; vgl. auch
BVerfG, Urteil vom 18. Dezember 1968, 1 BvR 638/64 u.a. -, BVerfGE 24,
367 (401f., 403); ablehnend Sachs, GG, 5. Auflage 2009, Art. 19 Rn. 142;
Schenke, in: Dolzer/ Kahl/ Waldhoff/ Graßhof, Bonner Kommentar
(Drittbearbeitung), Art. 19 Abs. 4, Stand August 2009, Rn. 705.
164
Art. 19 Abs. 4 GG dient als Verfahrensrecht dem Schutz materieller Rechtspositionen. Er
sichert als verfassungsrechtlich konkretisierte und grundrechtlich verselbständigte
Verankerung des Grundrechtsschutzes durch Verfahren in einem Teilbereich die
prozessuale Durchsetzung der materiellen Grundrechte und sonstigen Rechte. Zu der
rechtsstaatlich gebotenen Effektivität des Rechtsschutzes gehört auch die
verfahrensmäßige Absicherung subjektiver Rechtsschutzgewährung. Denn Art. 19 Abs.
4 GG entfaltet wegen des funktionalen Zusammenhangs zwischen
verwaltungsgerichtlichem Rechtsschutz und Verwaltungsverfahren Vorwirkungen für
das Verwaltungsverfahren, die die Gesetzgebung sowie ggf. auch unmittelbar die
Behörden verpflichten. Der Staat darf den gerichtlichen Rechtsschutz durch Gesetz und
Verwaltungsverfahren weder vereiteln noch unzumutbar erschweren.
165
Vgl. Sachs, GG, 5. Auflage 2009, Art. 19 Rn. 140, 143a; Schenke, in: Dolzer/
Kahl/ Waldhoff/ Graßhof, Bonner Kommentar (Drittbearbeitung), Art. 19 Abs.
4, Stand August 2009, Rn. 700; Schulze-Fielitz, in: Dreier, GG, 2. Auflage
2008, Art. 19 IV Rn. 41, 87; siehe auch BVerfG, Urteile vom 16. Januar 1957
- 2 BvR 253/56 -, BVerfGE 6, 32 (44), und vom 20. Februar 2001 - 2 BvR
1444/00 -, BVerfGE 103, 142 (160).
166
Im Sinne dieser Ausstrahlungswirkung lässt sich etwa auch der Anspruch des
Einzelnen, die Gründe staatlichen Eingreifens zu erfahren, aus Art. 19 Abs. 4 GG
ableiten, weil er nur so seine Rechte sachgemäß verteidigen kann.
167
Vgl. BVerfG, Urteil vom 20. Februar 2001 - 2 BvR 1444/00 -, BVerfGE 103,
142 (160); Beschluss vom 13. Juni 2007 - 1 BvR 1550/03 u.a. -, BVerfGE
118, 168 (208); U. Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Auflage
2008, § 39 Rn. 2.
168
Ferner sind sämtliche nach außen gerichtete staatliche Entscheidungen zur Eröffnung
des Rechtsschutzes bekanntzugeben, und zwar auf eine Weise, die den Rechtsschutz
ermöglicht und nicht unzumutbar erschwert.
169
Vgl. Schulze-Fielitz, in: Dreier, GG, 2. Auflage 2008, Art. 19 IV Rn. 89.
170
Gemessen daran läge hier bei einer gesetzlichen Überleitung ein gegen Art. 19 Abs. 4
GG verstoßender Formenmissbrauch vor.
171
Zwar gebietet Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG nicht, dass der Gesetzgeber diejenige Form
172
wählt, die dem Bürger den bestmöglichen Rechtsschutz gewährleistet.
Vgl. BVerfG, Urteil vom 29. Juli 1959 - 1 BvR 394/58 -, BVerfGE 10, 89
(105), und Beschluss vom 14. Mai 1985 - 2 BvR 397/82 u.a. -, BVerfGE 70,
35 (56); Schenke, in: Dolzer/ Kahl/ Waldhoff/ Graßhof, Bonner Kommentar
(Drittbearbeitung), Art. 19 Abs. 4, Stand August 2009, Rn. 700; Schulze-
Fielitz, in: Dreier, GG, 2. Auflage 2008, Art. 19 IV Rn. 89; kritisch:
Pestalozza, Formenmissbrauch des Staates, 1973, S. 165f.
173
Bei der Formenwahl handelt es sich aber auch nicht um eine rein rechtspolitische oder
rechtstechnische Frage. Erfolgt die zu einer Rechtsschutzverkürzung führende
Formenwahl nicht aus sachlichen, der Verfassung standhaltenden Gründen, wird die
Grenze der gesetzgeberischen Gestaltungsfreiheit überschritten und Art. 19 Abs. 4 GG
verletzt. Dies gilt nicht nur dann, wenn dem Betroffenen durch einen Hoheitsakt, der
zwar als Gesetz ergeht, in seinem sachlichen Gehalt aber einen Vollzugsakt darstellt,
der Rechtsschutz gänzlich entzogen wird.
174
Vgl. dazu BVerfG, Urteil vom 18. Dezember 1968 - 1 BvR 638/64 u.a. -,
BVerfGE 24, 367 (398ff.; zur Legalenteignung, die nur ausnahmsweise
zulässig sei, weil die Gesetzgebung nicht von Art. 19 Abs. 4 GG erfasst
werde); kritisch dazu Maurer, in: FS 50 Jahre BVerfG, 2001, S. 467 (481).
175
Vielmehr verstößt eine "Flucht in die Gesetzgebung" auch dann gegen Art. 19 Abs. 4
GG, wenn sie – wie hier – gezielt die Rechtsschutzgewährung erschwert. Denn zum
Gebot effektiven Rechtsschutzes gehört, dass der Zugang zu den Gerichten nicht
unzumutbar erschwert wird. Die verfahrensmäßige Absicherung des Rechtsschutzes
durch Anhörung, Begründung und Bekanntgabe sollte aber hier durch das
Eingliederungsgesetz gerade vermieden werden, obwohl angesichts des weiten
Auswahlermessens der Exekutive ein besonderes Bedürfnis dafür bestand. Aus den
bereits zu Art. 19 Abs. 1 Satz 1 GG ausgeführten Gründen fehlen gewichtige Gründe, die
aus überwiegenden Gründen des Gemeinwohls ein Handeln durch Gesetz erforderten
und damit die Einschränkungen effektiven Rechtsschutzes hätten rechtfertigen können.
176
4. Dass im Zeitpunkt des Aufgabenübergangs aufgrund des Zuordnungsplans eindeutig
feststand, welcher Beamte auf welche Körperschaft übergehen sollte, ist nicht
hinreichend für einen beamtenrechtlichen Übergang unmittelbar kraft Gesetzes. Denn
der Gesetzgeber kann nicht durch Anknüpfung an außerhalb des Gesetzes liegende,
verwaltungsinterne Zuordnungsentscheidungen Rechtsfolgen herbeiführen, wie sie
sonst nur von Normen ausgehen, die nicht vollzugsbedürftig sind. Die erstrebte
vollzugsfreie Wirkung ergibt sich nur, wenn das Gesetz präzise Festlegungen trifft, aus
denen sich eine personelle Zuordnung unmittelbar ergibt, d.h. sie erfordert einen
Konkretisierungsgrades des Gesetzes, der die vollzugsfreie Wirkung ermöglicht. Bei
lediglich abstrakt-generellen gesetzlichen Vorgaben bedarf es hingegen der
Konkretisierung durch verbindliche Einzelentscheidung der Exekutive.
177
Vgl. jüngst BVerfG, Urteil vom 2. März 2010 – 1 BvR 256/08 u.a. -, NJW
2010, 833 (zur Vorratsdatenspeicherung); Beschluss vom 17. Februar 2009
- 1 BvR 2492/08 -, BVerfGE 122, 342 (364; zum Bayerischen
Versammlungsgesetz).
178
Gerade diese Einzelentscheidungen fehlen hier im Unterschied zur Anwendung der
179
vom beklagten Land angeführten ordnungsbehördlichen Generalklausel. Im Übrigen
knüpft die Anwendung des § 14 OBG NRW an einen bestimmten Sachverhalt – in dem
vom beklagten Land genannten Beispielsfall an die Zustandsstörereigenschaft – an. Bei
dem Zuordnungsplan gibt es keine vergleichbare Ausgangslage. Auch die
Auswahlentscheidung und die darauf aufbauende Zuordnung müssen sich zwar an
gesetzlichen Determinanten orientieren, sie ergehen aber in einem weit größeren
Entscheidungsspielraum und sind im Kern nur vage vorherbestimmte Entscheidungen
verwaltungsorganisatorischen und personalwirtschaftlichen Ursprungs.
5. Die nach dem Vorstehenden erforderliche verbindliche und nach außen
bekanntgegebene Einzelfallentscheidung ist entgegen der Auffassung des beklagten
Landes bisher nicht ergangen.
180
Da der Zuordnungsplan nicht als Verwaltungsakt anzusehen ist, enthält er auch nicht
die erforderliche Regelung im Sinne von § 35 Satz 1 VwVfG NRW gegenüber der
Klägerin. Darüber hinaus fehlt es im Streitfall an einer Bekanntgabe nach außen. Die
Übermittlung des Zuordnungsplans an die Betroffenen durch die
Beschäftigungsbehörde reicht insofern nicht aus. Aus Sicht der Beamten konnte es sich
hierbei nur um eine Information über den Verfahrensstand handeln. Denn der
Zuordnungsplan wurde den Beamten nicht zielgerichtet durch das Ministerium für Arbeit,
Gesundheit und Soziales als die ihn erstellende Behörde bekannt gegeben. Die
Beamten erhielten den Zuordnungsplan vielmehr regelmäßig als Anhang zu einem
formlosen Schreiben ihrer Dienststelle, in dem sie über den für sie vorgesehenen
Einsatzort informiert wurden.
181
Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 19. Februar 2008 - 6 B 38/08 -,
www.nrwe.de.
182
Mangels Verwaltungsaktsqualität des – bloß vorbereitenden – Zuordnungsplans stellte
aber auch die formlose Information der Betroffenen über die jeweilige Zuordnung durch
das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales nach Verabschiedung des
Gesetzes im Landtag,
183
vgl. dazu Palmen/Emschermann/Milde, DÖD 2009, 173 (175),
184
nicht die erforderliche regelnde Übernahmeverfügung im Einzelfall dar.
185
V. Es kann dahinstehen, ob das vollzugsfrei gestaltete Eingliederungsgesetz, das seine
beabsichtigte Wirkung nicht entfaltet, deshalb ferner wegen fehlender Bestimmtheit
verfassungswidrig ist. Dass die Klägerin nicht kraft Gesetzes auf den Beigeladenen
übergegangen und ihre Feststellungsklage damit erfolgreich ist, folgt nicht erst aus einer
fehlenden Bestimmtheit des Gesetzes, sondern schon daraus, dass sich die neue
Zuordnung der Beamten nicht unmittelbar aus dem Gesetz ergibt und der
Zuordnungsplan nicht Bestandteil des Gesetzes geworden ist. Da die Frage der
Verfassungsmäßigkeit des Eingliederungsgesetzes in der hier zugrundegelegten
Auslegung damit nicht entscheidungserheblich im Sinne des Art. 100 GG ist, kommt
auch die vom beklagten Land befürwortete Vorlage an das Bundesverfassungsgericht
nicht in Betracht. Ob die zur Überleitung der Klägerin erforderliche Einzelfallmaßnahme
der Exekutive auf der Grundlage des Eingliederungsgesetzes ergehen könnte, das nach
der Vorstellung des Gesetzgebers vollzugsfrei sein sollte, erscheint dem Senat
zweifelhaft, bedarf im Hinblick auf den Streitgegenstand aber ebenfalls keiner
186
Entscheidung.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO. Die Entscheidung
bezüglich der vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10,
711 ZPO.
187
Die Zulassung der Revision beruht auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.
188