Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 19.06.2008

OVG NRW: ausschreibung, beschränkung, kreis, beförderung, mangel, beiladung, billigkeit, erlass, ausnahme, polizei

Oberverwaltungsgericht NRW, 6 B 513/08
Datum:
19.06.2008
Gericht:
Oberverwaltungsgericht NRW
Spruchkörper:
6. Senat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
6 B 513/08
Vorinstanz:
Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, 1 L 1262/07
Tenor:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Antragsgegner trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit
Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese
selbst trägt.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 2.500,00 Euro
festgesetzt.
G r ü n d e :
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Die Beschwerde ist nicht begründet. Eine gemäß § 146 Abs. 4 Sätze 3 und 6 VwGO auf
die dargelegten Beschwerdegründe beschränkte Überprüfung der
verwaltungsgerichtlichen Entscheidung führt nicht zum Erfolg des Rechtsmittels.
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Das Verwaltungsgericht hat angenommen, die Auswahlentscheidung zur Besetzung der
dem Landesamt für Ausbildung, Fortbildung und Personalangelegenheiten der Polizei
NRW zur Verfügung stehenden Beförderungsstelle der Besoldungsgruppe A 13 BBesO
sei fehlerhaft. Der Antragsgegner habe den Grundsatz der Bestenauslese missachtet,
weil er die Auswahl maßgeblich daran orientiert habe, ob der Bewerber eine nach A 13
g.D. bewertete Funktion innehabe.
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Dieses Ergebnis stellt der Antragsgegner mit dem Beschwerdevorbringen nicht in
Frage. Es spricht Überwiegendes dafür, dass die angegriffene Auswahlentscheidung
rechtswidrig ist, weil der Kreis der für das Auswahlverfahren zugelassenen Bewerber in
unzulässiger Weise begrenzt worden ist. Die Beschränkung auf diejenigen, die bereits
eine nach A 13 g.D. bewertete Funktion ausüben, ist mit dem Grundsatz der
Bestenauslese allenfalls vereinbar, wenn die fraglichen Funktionsstellen ihrerseits unter
Beachtung dieses Grundsatzes besetzt worden sind. Der Antragsgegner hat nicht
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dargetan, dass dies hinsichtlich sämtlicher in Frage kommender
Funktionsstelleninhaber der Fall war. Er hat lediglich für fünf Funktionsstellen die
wesentlichen Schritte der Stellenbesetzungsverfahren geschildert und geltend gemacht,
diese Stellen seien unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Bestenauslese
vergeben worden. Ob das zutrifft, ist auf der Grundlage der Angaben des
Antragsgegners nicht nachvollziehbar. So lässt sich beispielsweise ohne Kenntnis der
jeweiligen Ausschreibung nicht feststellen, ob daraus der Schluss auf ein an
Bestenauslesegesichtspunkten ausgerichtetes Auswahlverfahren gezogen werden
kann oder ob das Anforderungsprofil etwa auf favorisierte Beamte zugeschnitten war
und deshalb andere - möglicherweise leistungsstärkere - Bewerber von einer
Bewerbung abgehalten wurden. Insbesondere hinsichtlich der Funktionsstellen, auf
deren Ausschreibung keine Bewerbung erfolgte und die deshalb aufgrund gezielter
Ansprache vergeben wurden, sowie der Stellen, auf die sich jeweils nur ein Beamter
beworben hat, lässt sich dies ohne Hinzuziehung der Ausschreibungen nicht klären. Die
Ausschreibungen hat der Antragsgegner weder vorgelegt noch hat er hierzu nähere
Angaben gemacht. Darüber hinaus hat der Antragsgegner zur Vergabe der mit Erlass
des Innenministeriums NRW vom 7. Juni 2004 - 43.4-340/7112 - dem IAF NRW
zugewiesenen Stellen der Besoldungsgruppe A 13 g.D. BBesO, die ausschließlich für
Lehrende in der Fortbildung zu nutzen und möglicherweise ebenfalls als "A 13 g.D.
bewertete Funktion" im Sinne des Anforderungsprofils anzusehen sind (sogenannte
Floating- Stellen), nichts vorgetragen.
Dass die Beurteilung des Antragstellers nicht dem Anforderungsprofil entspricht,
bedeutet nicht, dass sich der vorstehend aufgezeigte Mangel des Auswahlverfahrens im
Ergebnis nicht zu seinen Lasten auszuwirken vermag und deshalb unbeachtlich ist.
Dabei kann offenbleiben, ob das Anforderungsprofil ohne die Beschränkung auf die
Funktionsstelleninhaber überhaupt Bestand haben kann und ob die Anforderungen an
die Beurteilungen der Bewerber nicht von vornherein rechtswidrig waren, weil sie den
Kreis der Bewerber erkennbar auf zwei bestimmte Beamte begrenzen sollten. Jedenfalls
hat der Antragsteller seine aktuelle Beurteilung angefochten, weshalb nicht
auszuschließen ist, dass er bei einem Erfolg seines Rechtsbehelfs eine erneute
Beurteilung erhält, die dem Anforderungsprofil entspricht.
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Die Auswahlentscheidung wäre auch dann rechtswidrig, wenn man die durch die
Ausschreibung beabsichtigte Beschränkung des Bewerberkreises insgesamt als
zulässig ansehen würde. In diesem Fall hätte der Antragsgegner die Beigeladene zu
Unrecht am Auswahlverfahren beteiligt, da sie keine nach A 13 g.D. bewertete Funktion
innehatte und daher das Anforderungsprofil nicht erfüllte. Es ist kein sachlicher Grund
ersichtlich, der es rechtfertigen würde, nur im Falle der Beigeladenen so vorzugehen,
die sonstigen für eine Beförderung nach A 13 g.D. in Betracht kommenden Beamten
ohne Funktionsstelle aber vom Auswahlverfahren auszuschließen. § 16 Abs. 3 LGG
NRW gibt für eine solche Differenzierung nichts her. Danach dürfen die
Gleichstellungsbeauftragte und ihre Stellvertreterin auch in ihrer beruflichen
Entwicklung wegen ihrer Tätigkeit nicht benachteiligt oder begünstigt werden. Diese
Regelung und die von dem Antragsgegner zitierte Verwaltungsvorschrift sollen lediglich
sicherstellen, dass Gleichstellungsbeauftragte nicht allein aus Gründen von einem
Stellenbesetzungsverfahren ausgeschlossen werden, die im Zusammenhang mit ihrer
Tätigkeit stehen. Das bedeutet jedoch nicht, dass Beförderungen von
Gleichstellungsbeauftragten entgegen Art. 33 Abs. 2 GG unter Außerachtlassung des
Grundsatzes der Bestenauslese zu ermöglichen wären. Erhält eine
Gleichstellungsbeauftragte eine Beförderungsstelle nicht, weil ihre Beförderung nach
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Bestenauslesegesichtspunkten rechtswidrig wäre, liegt darin im Übrigen keine
Benachteiligung "wegen ihrer Tätigkeit".
Schließlich rechtfertigt auch das Vorbringen des Antragsgegners, das
Verwaltungsgericht habe Art. 103 Abs. 1 GG verletzt, weil die notwendige Beiladung der
Konkurrentin erst zusammen mit dem angefochtenen Beschluss erfolgt sei, nicht die
Aufhebung der erstinstanzlichen Entscheidung. Unabhängig davon, dass der
Antragsgegner durch die von ihm behauptete Verletzung rechtlichen Gehörs nicht
beschwert wäre, wäre eine etwaige Verletzung von Art. 103 Abs. 1 GG jedenfalls im
Beschwerdeverfahren geheilt worden, da die Beigeladene inzwischen Gelegenheit zur
Stellungnahme hatte.
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Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht
der Billigkeit, dass die Beigeladene ihre außergerichtlichen Kosten selbst trägt, da sie
keinen Antrag gestellt und sich daher dem Risiko einer Kostentragung nicht ausgesetzt
hat (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO).
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Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf den §§ 53 Abs. 3 Nr. 1, 52 Abs. 2 GKG.
Dabei war im Hinblick auf den vorläufigen Charakter der begehrten Entscheidung
lediglich der hälftige Regelstreitwert anzusetzen.
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Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).
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