Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 11.12.2008
OVG NRW: bebauungsplan, mangel, kurve, belastung, form, wohnhaus, nacht, lärm, grundstück, anteil
Oberverwaltungsgericht NRW, 7 D 92/07.NE
Datum:
11.12.2008
Gericht:
Oberverwaltungsgericht NRW
Spruchkörper:
7. Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
7 D 92/07.NE
Tenor:
Der Bebauungsplan Ap 162 "U.-----straße " der Stadt E. ist unwirksam.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
1
Der Antragsteller wendet sich gegen den Bebauungsplan Ap 162 "U.-----straße " der
Antragsgegnerin.
2
Er ist Miteigentümer des mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks U.-----straße 67
(Gemarkung T. , Flur 6, Flurstück 461) sowie des mit einer Garage bebauten
Grundstücks Gemarkung T. , Flur 6, Flurstück 464. Die außerhalb des Plangebiets
liegenden Grundstücke grenzen nördlich bzw. nordöstlich an die U.-----straße . Das
Wohnhaus des Antragstellers ist im Jahre 1991 zur U.-----straße hin um einen Anbau
erweitert worden.
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Das Plangebiet erfasst einen zwischen der F.-------straße , der M. Straße, der U.---- -
straße und der E1.--------straße liegenden unbebauten Bereich. Der weitere sich nach
Nordwesten erstreckende Planbereich wird im Wesentlichen durch die Südgrenze des
Flurstücks 215, die Westgrenze der T1.--------straße , die Nordseite der Wegeparzelle
527 und die Ostgrenze des Flurstücks 110 begrenzt.
4
Die überplanten Flächen werden gärtnerisch, ackerbaulich und weidewirtschaftlich
genutzt.
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Das Plangebiet wird im Südwesten, im Süden, im Osten und im Nordosten im
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Wesentlichen von Wohnbebauung und im Nordwesten von unbebauten Flächen
umschlossen.
Der nachfolgende Kartenausschnitt gibt den Geltungsbereich des
streitgegenständlichen Bebauungsplans nebst Umgebung wieder:
7
Karte aus datenschutzrechtlichen Gründen entfernt
8
Anlass für die Aufstellung des Bebauungsplans war nach seiner Begründung (S. 5) der
Wille der Antragsgegnerin, Wohnbauflächen zu schaffen. Es sollten die
planungsrechtlichen Voraussetzungen für die Errichtung von (letztlich) 70
Wohneinheiten in Form von Einzel- und Doppelhäusern geschaffen werden.
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Nach den Festsetzungen des Bebauungsplans sollen die unbebauten Bereiche entlang
der südlich bzw. westlich der U.-----straße vorhandenen Wohnbebauung auf einer Breite
von bis zu 130 m weitestgehend einer Neubebauung zugeführt werden. Für diese
Bereiche sind allgemeine Wohngebiete festgesetzt. Für die südlich bzw. westlich
angrenzenden Bereiche sind im Wesentlichen Grünflächen, Flächen für die
Landwirtschaft und Wald und Versorgungsflächen festgesetzt.
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Zur Anbindung dieser Bebauung an das weiterführende Straßennetz sind - neben einer
privaten Anbindung im Norden des Plangebiets - zwei Verknüpfungen von der U.-----
straße aus vorgesehen. Eine verläuft östlich des Grundstücks U.-----straße 74, die
andere westlich des Grundstücks U.-----straße 70 und zweigt in einer Kurve von der U.---
--straße in südlicher Richtung ab. Im Bereich der Nordseite dieser Kurve liegen u.a. die
im Miteigentum des Antragstellers stehenden Flurstücke 461 und 464. Die
Erschließungsstraßen im Plangebiet sind einschließlich der Einmündungsbereiche zur
U.-----straße als "Verkehrsflächen besonderer Zweckbestimmung"
(Mischverkehrsflächen) festgesetzt.
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Die U.-----straße mündet im Norden in die T2. Waldstraße und im Südosten in die M.
Straße. Für den gesamten Verlauf der U.-----straße ist eine zulässige
Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h vorgegeben. Der südliche Abschnitt der parallel zur
M. Straße verlaufenden B.---------straße trifft rd. 100 m westlich der M. Straße auf die U.---
--straße .
12
Der Regierungspräsident Arnsberg erteilte unter dem 15. September 1990 seine
Zustimmung zum Ausbau der U.-----straße . Die zugehörigen Planunterlagen vom 24.
Februar 1989 sehen einen Regelquerschnitt zwischen 5,50 m und 6 m mit beidseitigen
Gehwegen vor. An verschiedenen Stellen sind Fahrbahnverengungen in Form von
Baumtoren vorgesehen.
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Das Verfahren zur Aufstellung des Bebauungsplans nahm folgenden Verlauf:
14
Der Ausschuss für Umwelt, Stadtentwicklung und Wohnen der Antragsgegnerin fasste
am 21. Oktober 1998 den Beschluss, den Bebauungsplan Ap 162 "U.-----straße "
aufzustellen und die Bürger und Bürgerinnen an der Bauleitplanung zu beteiligen. Das
zunächst vorgesehene Plangebiet umfasste im Wesentlichen die östliche Hälfte des
letztlich festgesetzten Plangebiets. Am 25. November 1998 fand eine
Einwohnerversammlung statt, in der eine Planung vorgestellt wurde, nach der ein
Potential von ca. 185 neuen Wohneinheiten als realisierungsfähig angesehen wurde.
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Die zwischenzeitlich gegründete Interessengemeinschaft U.-----straße führte am 8. Mai
2000 eine Informationsveranstaltung durch, in der gefordert wurde, eine Reduzierung
der geplanten Wohneinheiten - auf ca. 110 Wohneinheiten - vorzunehmen.
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Die Träger öffentlicher Belange wurden mit Schreiben vom 1. August 2000 beteiligt. Der
diesen übersandte Planentwurf sah die Schaffung von 150 Wohneinheiten im
Plangebiet vor. Diverse Träger öffentlicher Belange nahmen Stellung. Das
Polizeipräsidium E. beschränkte sich auf folgende Äußerung: "Gegen die vorliegende
Planung bestehen aus verkehrspolizeilicher Sicht keine Bedenken."
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Das Planungsamt der Antragsgegnerin erstellte im Dezember 2000/Januar 2001 eine
"Schalltechnische Untersuchung zur Belastung der geplanten Wohnbebauung 'U.-----
straße '".
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Nachdem die Investoren sich Mitte 2001 zurückgezogen hatten, ruhte das
Planaufstellungsverfahren vorübergehend. Die Antragsgegnerin erarbeitete in dieser
Phase eine neue Gesamtkonzeption unter dem Titel "Rahmenplan T3. ", der die
Grundlage für den streitgegenständlichen Bebauungsplan sowie den Bebauungsplan
Ap 211 "T2. Waldstraße" bildet. Aufbauend auf den Inhalten des Rahmenplans T3.
wurde das Verfahren zur Aufstellung des streitgegenständlichen Bebauungsplans, nach
dessen Entwurf nunmehr die Schaffung von ca. 70 Wohneinheiten vorgesehen war,
fortgeführt.
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Der Ausschuss für Umwelt, Stadtgestaltung und Wohnen beschloss am 9. März 2005
den Geltungsbereich des aufzustellenden Bebauungsplans zu erweitern und den
Bebauungsplanentwurf mit dem erweiterten Planbereich nebst Begründung öffentlich
auszulegen. Gemäß Bekanntmachung vom 13. Mai 2005 fand die öffentliche Auslegung
des Entwurfs nebst Begründung in der Zeit vom 23. Mai bis 23. Juni 2005 statt. Die
Träger öffentlicher Belange wurden mit Schreiben vom 9. Mai 2005 über die öffentliche
Auslegung informiert.
20
Während der Offenlage gingen diverse Anregungen von Bürgern - u.a. des
Antragstellers - und Stellungnahmen von Trägern öffentlicher Belange ein.
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Am 8. Juni 2006 beschloss der Rat der Antragsgegnerin, den Geltungsbereich des
aufzustellenden Bebauungsplans zu verkleinern, befasste sich mit den während der
Offenlage eingegangenen Anregungen der Öffentlichkeit und beschloss den
Bebauungsplan als Satzung. Die Änderung des Planbereichs sowie der
Satzungsbeschluss wurden am 7. Juli 2006 bekanntgemacht.
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Der Antragsteller hat am 9. August 2007 den vorliegenden Normenkontrollantrag
gestellt. Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor:
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Der Bebauungsplan sei abwägungsfehlerhaft zustande gekommen. Die neuen
Wohneinheiten im Plangebiet seien mit einem erheblichen Verkehrsaufkommen
verbunden. Der Verkehr solle im Wesentlichen über die U.-----straße geführt werden.
Eine der beiden geplanten Hauptzufahrten in das Neubaugebiet verlaufe genau
gegenüber seinem Grundstück. Dort befinde sich eine äußerst scharfe und
unübersichtliche Kurve, auf deren Gefährlichkeit er die Antragsgegnerin in der
Vergangenheit immer wieder hingewiesen habe. Die Kurve werde durch die
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hinzutretende Zufahrt noch gefährlicher, als sie ohnehin schon sei. Es bestehe eine
erhebliche Gefahr durch Kraftfahrzeuge im Begegnungsverkehr. Da die Straße nicht
über Bordsteine verfüge, bestehe auch die Gefahr einer Beschädigung seines
Grundstücks. Die Fahrzeuge führen in einem äußerst dichten Abstand an seinem
Grundstück vorbei, so dass zu befürchten sei, dass sich im Garten aufhaltende
Personen bei einem Unfall geschädigt würden. Es komme hinzu, dass sich sein
Wohnzimmerfenster in einer Entfernung von nur 1,5 m zur Straße befinde. Besonders in
der Bauphase, aber auch später ziehe die geplante Straßenführung eine erhebliche
Belästigung mit Abgasen und Lärm nach sich. Diese wäre bei einer anderen
Straßenführung, wie von ihm auch vorgeschlagen, zu vermeiden gewesen.
Außerdem befinde sich seine Garagenausfahrt genau in der "rechtwinkligen" Kurve. Die
Situation sei bereits derzeit äußerst unübersichtlich und risikoträchtig.
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Die Antragsgegnerin habe sich nicht mit der besonderen Situation seines - des
Antragstellers - Grundstücks auseinandergesetzt, so dass möglicherweise schon ein
Abwägungsausfall vorliege. In jedem Fall seien bei einer diesbezüglichen Abwägung
seine Interessen nicht ausreichend berücksichtigt worden.
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Dem Gebot der Konfliktvermeidung werde nicht Genüge getan. Die Antragsgegnerin
könne nicht darauf verweisen, die Konflikte bezüglich der Verkehrssituation seien in
einem "vorab durchgeführten Verfahren nach § 125 BauGB" hinreichend gelöst. Im
Zeitpunkt der Aufstellung des Bebauungsplans sei noch nicht abzusehen gewesen und
auch heute sei noch nicht abzusehen, wann der Ausbauplan vom 24. Februar 1989
umgesetzt werde, so dass es keinen Grund gegeben habe, die getroffenen
Festsetzungen nicht auch in den Bebauungsplan aufzunehmen. Es sei mit dem Gebot
der Konfliktvermeidung nicht zu vereinbaren, einen bereits bestehenden Konflikt durch
eine Planung weiter zu verschärfen und zur Lösung dieses verschärften Konflikts auf ein
lange zurückliegendes Planungsverfahren zu verweisen, dessen Umsetzung nicht
absehbar sei.
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Als der Ausbauplan vom 24. Februar 1989 aufgestellt worden sei, seien die
zusätzlichen Verkehrsbelastungen durch den streitgegenständlichen Bebauungsplan für
sein - des Antragstellers - Grundstück noch nicht bekannt gewesen. Die Ausbauplanung
von 1989 behebe nur die bereits damals bei geringer Verkehrslage bestehenden
Probleme, löse jedoch nicht die verschärften Konflikte, die sich aus der Schaffung der
neuen Wohneinheiten ergäben.
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Der Antragsteller beantragt,
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den Bebauungsplan Ap 162 "U.-----straße " der Antragsgegnerin für unwirksam zu
erklären.
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Die Antragsgegnerin beantragt,
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den Antrag abzulehnen.
32
Sie trägt im Wesentlichen vor:
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Sie habe ihre Planungsentscheidung sorgfältig vorbereitet und abgewogen. Die vom
Antragsteller bemängelte Verkehrs- und Erschließungssituation sei von keinem der
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intern und extern beteiligten fachlich berührten Behörden bemängelt worden. Das
Polizeipräsidium E. habe sogar bei einem zusätzlich ausgelösten Verkehr durch 150
neue Wohneinheiten aus verkehrspolizeilicher Sicht keine Bedenken angemeldet und
erst recht keinen Unfallschwerpunkt gesehen. Sie - die Antragsgegnerin - habe sich
dezidiert mit den Stellungnahmen des Antragstellers befasst und diese zu einem
abwägungsgerechten Ergebnis geführt.
Entgegen der Auffassung des Antragstellers müsse ein Bebauungsplan auch nicht alle
möglicherweise durch ihn aufgeworfenen Konflikte lösen. Er könne auch für die Lösung
von Konflikten auf ein absehbar nachgelagertes bzw. vorab durchgeführtes Verfahren
verweisen. Der Bebauungsplan treffe für den Bereich U.-----straße überhaupt keine
verkehrlichen Festsetzungen. Er verweise vielmehr in der Begründung zum
Bebauungsplan hinsichtlich des Ausbaus der U.-----straße auf "ein durchgeführtes
Verfahren nach § 125 BauGB" und dessen bestehende Übereinstimmung mit den
Verkehrsbedürfnissen, die durch die neu geplanten 70 Wohneinheiten ausgelöst
würden. Die nach der Straßenausbauplanung vorgesehene Fahrbahnbreite von 5,50 m
bis 6,00 m sei in jeder Hinsicht ausreichend, um das Verkehrsaufkommen einer
Wohnsammelstraße zu bewältigen. Im Hinblick auf ihre - der Antragsgegnerin -
Haushaltslage sei mit einem tatsächlichen plangemäßen Ausbau der U.----- straße auf
der Grundlage des § 125 BauGB ab dem Jahre 2011 zu rechnen. Das Tiefbauamt habe
folgende Terminierung in seine Projektliste aufgenommen: Erstellung des
Straßenausbauplans bis September 2009, Einholen des Baubeschlusses bis März
2010, Baubeginn ab Oktober 2010, Ausbauende ab Dezember 2011. Die vorgenannten
Daten verstünden sich als Fixpunkte, die vorbehaltlich ihrer zukünftigen Haushaltslage
so angegeben werden könnten.
35
Die nach § 125 Abs. 2 BauGB genehmigte Ausbauplanung der U.-----straße stehe in
keinem Widerspruch zu den festgesetzten Erschließungsstichen mit Aufpflasterungen
im Kreuzungsbereich zur U.-----straße . Die schraffiert dargestellten
Fußwegbegrenzungslinien würden gerade von diesen Festsetzungen aufgenommen
und weiter geführt.
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Im Bereich der U.-----straße und im Bereich der B.---------straße seien zur Zeit etwa 320
Wohneinheiten vorhanden, deren Fahrtenaufkommen pro Tag bei ca. 1.240 Kfz-Fahrten
liege. Die im angegriffenen Bebauungsplan festgesetzten ca. 70 Wohneinheiten
erzeugten täglich ca. 390 Kfz-Fahrten. Das künftige tägliche Verkehrsaufkommen liege
demnach bei ca. 1.630 Kfz/24 Std. Auf die nachmittägliche Spitzenstunde bezogen
bedeute dieses eine Verkehrsmenge von 134 Kfz. Für die Berechnung der
Leistungsfähigkeit von Erschließungsstraßen bzw. Wohnsammelstraßen enthielten die
Empfehlungen für die Anlage von Erschließungsstraßen (EAE 85/95) bei einer
Fahrbahnbreite von 4,0 m rechnerisch als oberen Schwellenwert die Vorgabe von 150
Kfz in Spitzenstunden. Die U.-----straße weise jedoch Breiten von 5,0 bis 6,0 m auf und
werde lediglich eine prognostizierte Verkehrsbelastung von 134 Kfz in der
Spitzenstunde zu verzeichnen haben. Somit werde deutlich, dass die zu erwartende
Verkehrsbelastung unter dem genannten Schwellenwert liege.
37
Der Antragsteller habe in Kenntnis des derzeitigen Straßenverlaufs und
Straßenzustands den Bauantrag für einen zur U.-----straße ausgerichteten Anbau an
sein Wohnhaus im September 1990 gestellt und genehmigt bekommen. Er sei damit
selbst mit seiner baulichen Anlage näher an die angeblich so unfallträchtige Straße
"herangerückt".
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Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der
Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der von der Antragsgegnerin
vorgelegten Aufstellungsvorgänge und Pläne ergänzend Bezug genommen.
39
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
40
Der Normenkontrollantrag hat Erfolg.
41
Der Antrag ist zulässig. Insbesondere ist der Antragsteller antragsbefugt.
42
Die nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO erforderliche Antragsbefugnis des Antragstellers
folgt bereits daraus, dass sein Interesse, vor vermehrten Verkehrslärmimmissionen
bewahrt zu bleiben, die mit einer planbedingten Erhöhung des Verkehrsaufkommens
auf der an seinem Wohngrundstück vorbeiführenden U.-----straße einhergehen, bei der
Aufstellung des strittigen Bebauungsplans abwägungsrelevant war.
43
Zum Kreis der abwägungserheblichen Belange gehört auch das Interesse, vor
vermehrten Verkehrslärmimmissionen bewahrt zu bleiben. In die Abwägung braucht das
Lärmschutzinteresse nur dann nicht eingestellt zu werden, wenn es nicht schutzwürdig
ist oder mit so geringem Gewicht zu Buche schlägt, dass der zusätzliche Verkehrslärm
als planungsrechtlich vernachlässigenswerte Größe außer Betracht bleiben kann. Ist ein
mit vermehrten Lärmimmissionen verbundenes erhöhtes Verkehrsaufkommen nicht das
Ergebnis einer allgemeinen Veränderung der Verkehrslage, sondern eine planbedingte
Folge, so ist das Lärmschutzinteresse des Betroffenen, sofern es in
abwägungserheblicher Weise zu Buche schlägt, als Teil des Abwägungsmaterials bei
der Planungsentscheidung zu berücksichtigen.
44
Vgl. BVerwG, Beschluss vom 8. Juni 2004
45
- 4 BN 19.04 -, BRS 67 Nr. 19, m.w.N..
46
Dabei kann das Interesse von Anwohnern an der Vermeidung einer Verkehrszunahme
selbst dann zum notwendigen Abwägungsmaterial gehören, wenn die damit
verbundene Lärmzunahme - bezogen auf einen rechnerisch ermittelten
Dauerschallpegel - für das menschliche Ohr kaum wahrnehmbar ist.
47
Vgl. BVerwG, Beschluss vom 18. März 1994
48
- 4 NB 24.93 -, BRS 56 Nr. 30, m.w.N. (dort unzutreffend als Beschluss vom 18. Februar
1994 bezeichnet).
49
Hieran gemessen ist die Abwägungsrelevanz des Lärmschutzinteresses des
Antragstellers zu bejahen. Dass infolge einer Umsetzung des streitgegenständlichen
Bebauungsplans der Verkehr auf der U.-----straße zunehmen wird, steht außer Zweifel.
Im Plangebiet sollen etwa 70 Wohneinheiten in Form von Einzel- und Doppelhäusern
entstehen. Die Antragsgegnerin nimmt ausweislich der Planbegründung an, dass sich
das zusätzliche planbedingte Verkehrsaufkommen der U.-----straße in einer
Größenordnung von 390 Kfz/24 Std. bewegen wird. Es ist mit Blick auf die
Konzeptionierung der geplanten Wohnbauflächen und deren Erschließung davon
auszugehen, dass etwa 2/3 dieses Verkehrsaufkommens - dies entspricht einer
50
Größenordnung von 260 Kfz/24 Std. - über die dem Wohngrundstück des Antragstellers
gegenüberliegende Anbindung des Plangebiets an die U.-----straße abgewickelt würde.
Selbst wenn zugunsten der Antragsgegnerin auf der Basis ihrer Ausführungen in der
Planbegründung unterstellt wird, dass sich das bisherige Verkehrsaufkommen auch im
Bereich des Wohngrundstücks des Antragstellers auf 1.240 Kfz/24 Std. beläuft, kann
angesichts einer sich dann ergebenden Steigerung des sich auf das Wohngrundstück
des Antragstellers auswirkenden zusätzlichen Verkehrsaufkommens von gut 20 % von
einer von vornherein vernachlässigenswerten Größe keine Rede sein.
Der Normenkontrollantrag ist auch begründet.
51
Beachtliche Form- und Verfahrensfehler des streitgegenständlichen Bebauungsplans
liegen allerdings nicht vor. Form- und Verfahrensmängel, die auch ohne Rüge
beachtlich sind, sind ebenfalls nicht ersichtlich.
52
Der Bebauungsplan genügt jedoch nicht den Anforderungen des Abwägungsgebots
gemäß § 1 Abs. 7 BauGB.
53
Nach dieser Vorschrift sind bei der Aufstellung von Bebauungsplänen die öffentlichen
und privaten Belange gegen- und untereinander gerecht abzuwägen. Das so normierte
Abwägungsgebot ist verletzt, wenn eine sachgerechte Abwägung überhaupt nicht
stattfindet, wenn in die Abwägung an Belangen nicht eingestellt wird, was nach Lage
der Dinge in sie eingestellt werden muss, wenn die Bedeutung der betroffenen Belange
verkannt oder wenn der Ausgleich zwischen den von der Planung berührten Belangen
in einer Weise vorgenommen wird, die zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange
außer Verhältnis steht. Innerhalb des so gezogenen Rahmens ist dem
Abwägungserfordernis jedoch genügt, wenn sich die zur Planung berufene Gemeinde
im Widerstreit verschiedener Belange für die Bevorzugung des einen und damit
notwendigerweise für die Zurückstellung des anderen Belangs entscheidet.
54
Vgl. BVerwG, Urteil vom 12. Dezember 1969
55
- IV C 105.66 -, BVerwGE 34, 301.
56
Diese Anforderungen sind in § 2 Abs. 3 BauGB dahin konkretisiert, dass bei der
Aufstellung der Bauleitpläne zunächst die Belange, die für die Abwägung von
Bedeutung sind (Abwägungsmaterial), zu ermitteln und zu bewerten sind. Diesen
Anforderungen wird die Planungsentscheidung der Antragsgegnerin jedenfalls im
Hinblick auf die auch vom Antragsteller betonten Belange des Immissionsschutzes nicht
gerecht.
57
Zum notwendigen Abwägungsmaterial gehörte vorliegend u.a. eine hinreichend
aussagekräftige Prognose hinsichtlich der auf das Wohngrundstück das Antragstellers
nach Verwirklichung der Planung einwirkenden Verkehrslärmimmissionen. Eine solche
Prognose lag der Abwägungsentscheidung des Rates jedoch nicht zugrunde, so dass
schon vor diesem Hintergrund von einer unzureichenden Zusammenstellung des
Abwägungsmaterials auszugehen ist.
58
Dahingestellt bleiben kann, ob und inwieweit diesbezügliche Ermittlungen unterbleiben
können, wenn der Plangeber von der Einschätzung ausgeht, dass die Auswirkungen
des Verkehrs (Lärm und Abgase) den Plangebietsnachbarn zumutbar sind, solange der
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Verkehr sich nach dem zahlenmäßigen Aufkommen in den Grenzen hält, die nach den
Empfehlungen für die Anlage von Erschließungsstraßen (EAE 85/95) bzw. nunmehr
nach den Richtlinien für die Anlage von Stadtstraßen (RASt 06) für
Wohnsammelstraßen vorgesehen sind. Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich,
dass die Antragsgegnerin von einer solchen Einschätzung ausgegangen ist.
Es spricht vielmehr Vieles dafür, dass die Antragsgegnerin schon nicht erkannt hat, dass
der Erhöhung des Verkehrsaufkommens auf der U.-----straße auch unter dem
Gesichtspunkt des damit einhergehenden zusätzlichen Verkehrslärms Bedeutung
zukommt. Eine Aufarbeitung der insoweit relevanten gegenwärtigen und planbedingt zu
erwartenden Verkehrsverhältnisse der U.-----straße und ihrer Auswirkungen auf das
Wohngrundstück des Antragstellers ist nicht erfolgt.
60
Eine diesbezügliche Aufarbeitung des Sachverhalts war nicht etwa - wie von der
Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung eingewendet wurde - mit Blick auf die
im Planaufstellungsverfahren im Dezember 2000/Januar 2001 erstellte schalltechnische
Untersuchung des Planungsamtes der Antragsgegnerin entbehrlich. Diese verhält sich
allein zur Belastung der Wohnbauung im Plangebiet durch die von der M. Straße und
von der F.-------straße ausgehenden Lärmemissionen. Die von der U.-----straße
ausgehende und u.a. auf das Wohngrundstück des Antragstellers einwirkende
Verkehrslärmbelastung hat dort hingegen keine Berücksichtigung gefunden.
61
Die Antragsgegnerin hat weder die bisherige noch die bei Verwirklichung der Planung
zu erwartende Verkehrsbelastung der U.-----straße konkret untersucht. In der
Planbegründung (vgl. Nr. 7.2) finden sich allein Erwägungen zur Leistungsfähigkeit der
U.-----straße nach deren Ausbau, die auf folgende Annahmen gestützt sind:
62
"Die Verkehre aus U.-----straße und B.---------straße weisen heute eine Belastung von
1.240 Kfz/24 Std. auf. Der Zuwachs durch den Verkehr aus dem Bereich des
Bebauungsplans Ap 162 liegt bei 390 Kfz/24 Std., so dass künftig mit einer Belastung
von ca. 1.630 Kfz/24 Std. zu rechnen ist. Diese Verkehrsmenge kann problemlos über
die U.-----straße abgewickelt werden, wobei die beiden gewählten Anbindungen zu
einer entsprechenden Verteilung der Verkehre des neuen Wohngebiets führen (...).
63
Im Bereich der U.-----straße und im Bereich B.---------straße sind zur Zeit etwa 320 WE
vorhanden, deren Fahrtenaufkommen pro Tag bei ca. 1.240 Kfz-Fahrten liegt. Hinzu
kommen die (...) geplanten 70 WE, die voraussichtlich täglich ca. 390 Kfz-Fahrten
erzeugen werden. Das künftige tägliche Verkehrsaufkommen liegt demnach bei ca.
1.630 Kfz/24 Std. Auf die nachmittägliche Spitzenstunde bezogen bedeutet dies eine
Verkehrsmenge von 134 Kfz (...)."
64
Die vorstehenden Ausführungen verdeutlichen, dass die Antragsgegnerin schon nicht
hinreichend zwischen dem Verkehrsaufkommen der U.-----straße und der B.---------
straße differenziert hat. Auch aus diesem Grunde ist - wie mit den Beteiligten in der
mündlichen Verhandlung erörtert worden ist - nicht nachvollziehbar, welches
Verkehrsaufkommen den verschiedenen Abschnitten der U.-----straße - insbesondere
auch im Bereich des Wohngrundstücks des Antragsstellers - zugeordnet werden kann.
Überdies hat sich die Antragsgegnerin darauf beschränkt, den Ziel- und Quellverkehr
der U.-----straße , der B.------- --straße und des Plangebiets anhand der vorhandenen
bzw. geplanten Wohneinheiten zu berechnen. Die konkrete Größenordnung des
bisherigen und des planbedingt erhöhten Verkehrsaufkommens der U.-----straße ist vor
65
diesem Hintergrund nicht, geschweige denn exakt zu greifen.
Aber selbst unter Außerachtlassung der mangelhaften Untersuchung der
Verkehrsbelastung auf der U.-----straße ist von einer unzureichenden
Zusammenstellung des Abwägungsmaterials auszugehen. Auch und insbesondere die
von der Antragsgegnerin ausweislich der Planbegründung hinsichtlich der U.-----straße
zu Grunde gelegte Verkehrsbelastung hätte ihr Veranlassung geben müssen, eine
hinreichend aussagekräftige Prognose jedenfalls hinsichtlich der auf das
Wohngrundstück des Antragstellers nach Verwirklichung der Planung einwirkenden
Verkehrslärmimmissionen einzuholen.
66
Die Antragsgegnerin nimmt an, dass sich das zusätzliche planbedingte
Verkehrsaufkommen der U.-----straße in einer Größenordnung von 390 Kfz/ 24 Std.
bewegen wird. Es ist, wie bereits dargelegt, davon auszugehen, dass etwa 2/3 dieses
Verkehrsaufkommens - also 260 Kfz/24 Std. - über die dem Wohngrundstück des
Antragstellers gegenüberliegende Anbindung des Plangebiets an die U.-----straße
abgewickelt würde. Geht man mit der Antragsgegnerin von einer bisherigen
Verkehrsbelastung der U.-----straße von 1.240 Kfz/24 Std. (vgl. Nr. 7.2.der
Planbegründung) auch im Bereich des Wohngrundstücks des Antragstellers aus, ergibt
sich dort eine künftige Verkehrsbelastung von rd. 1.500 Kfz/24 Std.
67
Dass mit einer solchen Verkehrsbelastung durchaus beachtliche nachteilige
Beeinträchtigungen einhergehen können, erschließt sich aus Folgendem:
68
Bei einer Wohnsammelstraße mit einem DTV von 1.000 Kfz/24 h, einem LKW-Anteil von
0 % und einer maximal zulässigen Geschwindigkeit von 50 km/h sind in einem Abstand
von 10 m zur Achse der Straße Werte von rd. 54 dB (A) am Tag und 47 dB (A) in der
Nacht zu erwarten.
69
Vgl. Kuschnerus, Der sachgerechte Bebauungsplan, 3. Auflage 2004, Rdnr. 314.
70
Es kann hier unterstellt werden, dass der LKW-Anteil auf der U.-----straße bei 0 % liegt
und der Verkehrslärm, der durch einen um 500 Kfz/24 Std. höheren DTV von 1.500
Kfz/24 h (vgl. hierzu Anlage 1 der 16. BImSchV, Diagramm I) verursacht wird, durch die
auf der U.--- --straße maximal zulässige Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h (vgl. hierzu
Anlage 1 der 16. BImSchV, Diagramm II) nahezu kompensiert wird. Könnte man sich auf
diese Aspekte beschränken, wäre mithin davon auszugehen, dass im Bereich des
Wohngrundstücks des Antragstellers die vorgenannten Lärmpegel von 54 dB (A) am
Tag und 47 dB (A) in der Nacht zu erwarten sind. Jedoch darf vorliegend nicht außer
Acht gelassen werden, dass die Entfernung zwischen dem Wohnhaus des
Antragstellers und der Achse der U.-----straße unter Berücksichtigung des
zwischenzeitlich errichteten Anbaus nur rd. 5,00 m beträgt, so dass dort Lärmpegel zu
erwarten sein dürften, die die vorgenannten Werte nach einer grob überschlägigen
Berechnung um ca. 3 dB (A) (vgl. hierzu Anlage 1 zur 16. BImSchV, Diagramm III)
übersteigen, mithin bei etwa 57 dB (A) am Tag und 50 dB (A) in der Nacht liegen. Ob
aufgrund der Straßenoberfläche der U.-----straße eine weitere Steigerung anzunehmen
wäre, sei dahingestellt.
71
Zwar sind die Grenzwerte der 16. BImSchV, die nur den Lärm erfasst, der von der zu
bauenden oder zu ändernden Straße selbst ausgeht,
72
vgl. BVerwG, Urteil vom 17. März 2005
73
- 4 A 18.04 -, BRS 69 Nr. 22,
74
vorliegend nicht zu beachten. Eine wesentliche Änderung der U.-----straße im Sinne des
§ 1 Abs. 2 der 16. BImSchV, die eine Anwendung der 16. BImSchV gebieten könnte, ist
nicht gegeben. Die U.-----straße wird nicht um einen oder mehrere durchgehende
Fahrstreifen für den Kraftfahrzeugverkehr baulich erweitert (vgl. § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1
der 16. BImSchV). Dass durch einen erheblichen baulichen Eingriff der
Beurteilungspegel des von der zu ändernden U.-----straße ausgehenden Verkehrslärms
um mindestens 3 dB (A) oder auf mindestens 70 dB (A) am Tage oder mindestens 60 dB
(A) in der Nacht erhöht wird (vgl. § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 der 16. BImSchV), ist angesichts
der zu Grunde gelegten Verkehrsbelastung ausgeschlossen.
75
Zu berücksichtigen sind jedoch die im Beiblatt 1 der DIN 18005 angeführten
schalltechnischen Orientierungswerte. Ausgehend von der - gegebenenfalls zu
überprüfenden - Annahme, dass das Wohngrundstück des Antragstellers in einem
(faktischen) allgemeinen Wohngebiet liegt, ergeben sich Überschreitungen des nach
der DIN 18005 (vgl. Nr. 1.1 Buchst. b)) vorgesehenen Tagwertes von 55 dB (A) um 2 dB
(A) und des vorgesehenen Nachtwertes von 45 dB (A) um
76
5 dB (A). Mit Blick auf die örtlichen Gegebenheiten ist auch nicht von vornherein von der
Hand zu weisen, dass das Wohngrundstücks des Antragstellers sogar in einem
(faktischen) reinen Wohngebiet liegt, zumal die Antragsgegnerin ihre Berechnungen zur
Verkehrsbelastung der U.-----straße allein an die vorhandenen Wohneinheiten knüpft.
Dies zu Grunde gelegt, ergeben sich sogar Überschreitungen des nach der DIN 18005
(vgl. Nr. 1.1 Buchst. a)) vorgesehenen Tagwertes von 50 dB (A) um 7 dB (A) und des
vorgesehenen Nachtwertes von 40 dB(A) um 10 dB (A).
77
Dass der damit ersichtlich nicht unerhebliche Lärmzuwachs keine Berücksichtigung
gefunden hat, ist nach alledem als Mangel bei der Ermittlung und Bewertung der
Belange anzusehen. Dieser Mangel ist auch im Sinne von § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1
BauGB beachtlich.
78
Hiernach sind Mängel bei der Ermittlung und Bewertung der Belange nur dann
beachtlich, wenn die Belange in wesentlichen Punkten nicht zutreffend ermittelt und
bewertet worden sind; zudem muss der Mangel offensichtlich und auf das Ergebnis des
Verfahrens von Einfluss gewesen sein. Diese Voraussetzungen liegen hier vor.
79
Der vorbeschriebene Mangel bezieht sich auf einen wesentlichen Punkt, denn die
Berücksichtigung des Verkehrslärms der U.-----straße konnte hier - wie dargelegt - im
Rahmen der Abwägung nicht vernachlässigt werden. Der Mangel ist auch offensichtlich.
Die Planbegründung lässt ohne Weiteres darauf schließen, dass diese Problematik
vernachlässigt worden ist. Die im Dezember 2000/Januar 2001 erstellte
schalltechnische Untersuchung des Planungsamtes der Antragsgegnerin, auf welche
die Planbegründung (vgl. Nr. 12.4) verweist, verhält sich
80
- wie dargelegt - allein zur Belastung der Wohnbauung im Plangebiet durch die von der
M. Straße und von der F.-------straße ausgehenden Lärmemissionen.
81
Auf das Ergebnis von Einfluss gewesen ist ein Mangel bei der Ermittlung und
82
Bewertung der Belange allerdings nur dann, wenn die konkrete Möglichkeit besteht,
dass der Plangeber ohne den Fehler eine andere Planungsentscheidung getroffen
hätte.
Vgl. BVerwG, Urteil vom 18. November 2004
83
- 4 CN 11.03 -, BRS 67 Nr. 218 m.w.N.
84
Auch das ist hier zu bejahen.
85
Die im Beiblatt 1 der DIN 18005 angeführten schalltechnischen Orientierungswerte sind
zwar keine rechtlich bindenden Vorgaben. Ebenso wenig folgt aus einem Überschreiten
dieser Orientierungswerte ohne Weiteres, dass gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse
im Sinne von § 1 Abs. 6 Nr. 1 BauGB nicht mehr gewahrt sind. Die Einhaltung oder
Unterschreitung der Orientierungswerte ist nach den Ausführungen im Beiblatt zur DIN
18005 (vgl. Nr. 1.1) lediglich "wünschenswert, um die mit der Eigenart des betreffenden
Baugebiets oder der betreffenden Baufläche verbundene Erwartung auf angemessenen
Schutz vor Lärmbelastungen zu erfüllen". Dementsprechend können die
Orientierungswerte der DIN 18005 zur Bestimmung der zumutbaren Lärmbelastung
eines Wohngebiets im Rahmen sachgerechter Abwägung lediglich als
Orientierungshilfe herangezogen werden, von ihnen darf durchaus abgewichen werden.
Je weiter die Orientierungswerte der DIN 18005 überschritten werden, desto gewichtiger
müssen allerdings die für die Planung sprechenden städtebaulichen Gründe sein und
umso mehr hat die Gemeinde die baulichen und technischen Möglichkeiten
auszuschöpfen, die ihr zu Gebote stehen, um diese Auswirkungen zu verhindern.
86
Vgl. BVerwG, Urteil vom 22. März 2007
87
- 4 CN 2.06 -, ZfBR 2007, 466.
88
Der Rat der Antragsgegnerin hat denknotwendig von dem ihm gegebenenfalls
zustehenden Abwägungsspielraum, gewisse Überschreitungen der DIN 18005
hinsichtlich des Wohngrundstücks des Antragstellers hinzunehmen, schon deshalb
keinen Gebrauch gemacht, weil er die insoweit gegebene Lärmproblematik nicht
erkannt hat. Es besteht nach den Umständen des Falles die konkrete Möglichkeit, dass
der Rat der Antragsgegnerin, wenn er sich hinreichende Klarheit über die auf das
Wohngrundstück des Antragstellers nach Verwirklichung der Planung einwirkende
Verkehrslärmbelastung und nicht zuletzt auch hinsichtlich der Frage, ob dieses
Wohngrundstück in einem (faktischen) allgemeinen oder sogar reinen Wohngebiet liegt,
verschafft hätte, nach Abwägung der betroffenen Belange eine andere
Planungsentscheidung getroffen hätte, sich etwa für eine anderweitige - das
Wohngrundstück des Antragstellers weniger belastende - Anbindung des Plangebiets
an die U.-----straße entschieden oder auch das Wohngrundstück des Antragstellers
überplant hätte.
89
Ob der streitgegenständliche Bebauungsplan über den dargelegten durchgreifenden -
den Bebauungsplan insgesamt erfassenden - Mangel bei der Ermittlung und Bewertung
der Belange hinaus an weiteren Mängeln leidet, bedarf keiner weiteren Prüfung.
90
Insbesondere kann offen bleiben, ob die Abhandlung der Verkehrssicherheitsbelange
den Anforderungen des Abwägungsgebots gemäß § 1 Abs. 7 BauGB genügt.
91
Hervorgehoben sei insoweit, dass bei der Aufstellung der Bauleitpläne insbesondere
auch die Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung und die Belange des Personen-
und Güterverkehrs zu berücksichtigen sind (vgl. § 1 Abs. 6 Nrn. 1 und 9 BauGB).
Inwieweit das mit Schreiben der Antragsgegnerin vom 1. August 2000 im
Planaufstellungsverfahren beteiligte Polizeipräsidium E. bei der Beurteilung der
Verkehrssicherheitsbelange die U.-----straße und die - sich aufdrängende - besondere
Situation des Wohngrundstücks des Antragstellers sowie seines Garagengrundstücks in
den Blick genommen hat, ist seiner Stellungnahme nicht zu entnehmen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
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Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit stützt sich auf § 167 VwGO i.V.m. §§
708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
93
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO
nicht gegeben sind.
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