Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 14.02.2005

OVG NRW: aufschiebende wirkung, öffentliche sicherheit, gefahr, behörde, hund, einwirkung, inhaber, gewalt, verdacht, obg

Oberverwaltungsgericht NRW, 5 B 2488/04
Datum:
14.02.2005
Gericht:
Oberverwaltungsgericht NRW
Spruchkörper:
5. Senat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
5 B 2488/04
Vorinstanz:
Verwaltungsgericht Münster, 1 L 1430/04
Tenor:
Die Beschwerde des Antragstellers gegen die Versagung vorläufigen
Rechtsschutzes durch Beschluss des Verwaltungsgerichts Münster vom
28. Oktober 2004 wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 2.500,-- EUR
festgesetzt.
Gründe:
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Die Beschwerde ist nicht begründet.
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Das Verwaltungsgericht hat den - sinngemäß gestellten - Antrag des Antragstellers,
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die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs vom 14. Oktober 2004 gegen die
Ordnungsverfügung des Antragsgegners vom 12. Oktober 2002 wiederherzustellen bzw.
anzuordnen,
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zu Recht abgelehnt. Die im Rahmen des § 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmende Abwägung
zwischen dem privaten Interesse des Betroffenen, von dem Sofortvollzug bis zum
Abschluss des Hauptsacheverfahrens verschont zu bleiben, und dem öffentlichen
Interesse an der sofortigen Durchsetzung der für notwendig gehaltenen Maßnahmen
fällt zu Lasten des Antragstellers aus.
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Die Ordnungsverfügung des Antragsgegners ist nicht offensichtlich rechtswidrig.
Vielmehr spricht bei der im vorliegenden Verfahren allein möglichen und gebotenen
summarischen Prüfung alles für ihre Rechtmäßigkeit. Die - vorerst bis zur endgültigen
Klärung des Sachverhalts - für die Hunde "G. " und "X. " angeordnete Leinen- und
Maulkorbpflicht findet ihre Rechtsgrundlage in § 12 Abs. 1 LHundG NRW. Danach kann
die zuständige Behörde die notwendigen Anordnungen treffen, um eine im Einzelfall
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bestehende Gefahr für die öffentliche Sicherheit, insbesondere Verstöße gegen die
Vorschriften dieses Gesetzes, abzuwehren. Nach § 2 Abs. 1 LHundG NRW sind Hunde
so zu halten, zu führen und zu beaufsichtigen, dass von ihnen keine Gefahr für Leben
oder Gesundheit von Menschen und Tieren ausgeht. Diese Verpflichtung und die
Befugnis der zuständigen Behörde, im Falle von Verstößen einzuschreiten, gelten nicht
nur im Hinblick auf gefährliche Hunde im Sinne des § 3 LHundG NRW. Eine dahin
gehende Beschränkung ist dem Gesetzeswortlaut nicht zu entnehmen. Sie
widerspräche auch dem Gesetzeszweck. Das Landeshundegesetz zielt umfassend auf
die Abwehr von Gefahren, die durch Hunde - jeder Art - und den unsachgemäßen
Umgang von Menschen mit Hunden entstehen können (vgl. § 1 LHundG NRW).
Nach dem gegenwärtigen Erkenntnisstand spricht alles dafür, dass von "G. " und "X. "
eine Gefahr für andere Tiere und sogar für Menschen ausgeht. In der angegriffenen
Ordnungsverfügung hat der Antragsgegner mehrere Vorfälle im Einzelnen aufgeführt, in
deren Verlauf "G. " anderen Hunden erhebliche Bissverletzungen zugefügt hat und bei
denen zuletzt auch ein Mensch zu Schaden kam. An zwei dieser Vorfälle, darunter auch
der letzte am 9. Oktober 2004, war "X. " ebenfalls beteiligt. Der Antragsteller bestreitet
die einzelnen Vorkommnisse nicht. Er macht lediglich geltend, jeweils die anderen
Hundehalter und deren Hunde seien für die Eskalationen verantwortlich gewesen. Für
die Frage, ob von "G. " und "X. " eine Gefahr ausgeht ist dies jedoch ohne Belang, weil
das Landeshundegesetz auch vor solchen Gefahrenlagen schützen soll, die dadurch
entstehen, dass Dritte sich aus Unkenntnis, Nachlässigkeit oder Unvermögen im
Umgang mit Hunden unsachgemäß verhalten. Abgesehen davon besteht derzeit
jedenfalls der hinreichende Verdacht, dass "G. " und "X. " auch unabhängig von einer
unsachgemäßen Einwirkung Dritter eine Gefahr für Menschen und Tiere darstellen, und
rechtfertigt bereits dieser konkrete Gefahrenverdacht die vom Antragsgegner getroffenen
vorläufigen Maßnahmen. Insbesondere ist die bis zur endgültigen Klärung des
Sachverhalts angeordnete Leinen- und Maulkorbpflicht nicht unverhältnismäßig.
Weniger einschneidende Mittel sind nicht ersichtlich. Zu Recht hat der Antragsgegner
die vom Antragssteller zu treffenden Vorkehrungen kumulativ angeordnet. Die
Maulkorbpflicht ist erforderlich, um Menschen und andere Tiere vor Bissverletzungen
durch "G. " und "X. " effektiv zu schützen. Die Leinenpflicht trägt dem Umstand
Rechnung, dass beide Hunde ca. 35 kg schwer sind und bis zur Klärung des
Sachverhalts auch den Gefahren zu begegnen ist, die durch das Anspringen der Hunde
entstehen können.
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Entgegen der Auffassung des Antragstellers ist die Ordnungsverfügung auch nicht
deshalb - teilweise - rechtswidrig, weil seine Tochter Eigentümerin und Halterin des
Hundes "X. " ist. Es spricht bereits einiges dafür, dass der Antragsteller, der nach den
bisherigen Erkenntnissen regelmäßig beide Hunde gemeinsam ausführt, Mithalter von
"X. "
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- vgl. zur Mithalterschaft Senatsbeschluss vom 20. August 1998 - 5 B 1542/98 - m.w.N. -
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und bereits aus diesem Grund ordnungspflichtig ist. Dem braucht der Senat aber nicht
weiter nachzugehen. Denn der Antragsgegner hat in der Antragserwiderung vom 25.
Oktober 2004 sinngemäß zum Ausdruck gebracht, dass die Ordnungsverfügung vom 12.
Oktober 2004 im Hinblick auf "X. " nur für den Fall Geltung beansprucht, dass der
Antragsteller den Hund ausführt. Hiervon ausgehend ist der Antragsteller jedenfalls als
Inhaber der tatsächlichen Gewalt über den Hund ordnungspflichtig gemäß § 18 Abs. 2
OBG.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
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Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 1 und 2, 53 Abs. 3 Nr. 2 GKG.
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Dieser Beschluss ist gemäß § 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 4 i.V.m. § 66 Abs. 3
Satz 3 GKG unanfechtbar.
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