Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 27.06.2000
OVG NRW: staatsangehörigkeit, urkunde, ausstellung, ordre public, aushändigung, datum, eidesleistung, erwerb des bürgerrechts, begriff, genehmigung
Oberverwaltungsgericht NRW, 8 A 1570/96
Datum:
27.06.2000
Gericht:
Oberverwaltungsgericht NRW
Spruchkörper:
8. Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
8 A 1570/96
Vorinstanz:
Verwaltungsgericht Köln, 10 K 7292/93
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts
Köln vom 31. Januar 1996 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die
Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden
Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung
Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
1
Der am 17. August 19.. in A. geborene Kläger, der von Geburt an deutscher
Staatsangehöriger war, wendet sich gegen die auf den Verlust der deutschen
Staatsangehörigkeit gestützte Einziehung seiner Reisepässe.
2
Er lebt seit 1955 in der Republik Südafrika, ist dort Inhaber zweier Firmen in K. und D.
und als Repräsentant für deutsche Industrieunternehmen tätig.
3
Mitte der siebziger Jahre war er bereits im Unternehmen P. D. S. (Pty) Ltd. mit Sitz in K.
als einer von mehreren Direktoren beschäftigt. Im September 1976 wandte sich das
Unternehmen, das unter anderem deutsche Produkte in Südafrika vertrieb, an das
Generalkonsulat der Bundesrepublik Deutschland in K. mit der Bitte, die Möglichkeit
einer Beibehaltung der deutschen Staatsangehörigkeit des Klägers im Falle eines
Erwerbs der südafrikanischen Staatsbürgerschaft zu prüfen. Der Kläger sei von
südafrikanischen Behörden bereits mehrfach bedrängt worden, die südafrikanische
Staatsangehörigkeit anzunehmen. Bei Ablehnung dieses Ansinnens sei ein Ausbleiben
von Großaufträgen in Millionenhöhe zu befürchten. Der Kläger selbst, der in der
4
Folgezeit die Genehmigung der Beibehaltung der deutschen Staatsangehörigkeit
beantragte, verwies darauf, ihm sei schon verschiedentlich zu verstehen gegeben
worden, dass ein Verlust seiner derzeitigen beruflichen Position nicht auszuschließen
sei, wenn er sich der Einbürgerung verweigere.
Das Generalkonsulat befürwortete im Februar 1977 gegenüber der Stadtverwaltung A.
die Beibehaltung der deutschen Staatsangehörigkeit des Klägers mit der Begründung,
es liege im Interesse der Bundesrepublik Deutschland, dass er weiterhin in seiner
derzeitigen Position bei dem Unternehmen verbleibe, das überwiegend deutsche
Produkte vertrete. Der Kläger wolle auf jeden Fall den Verlust der deutschen
Staatsangehörigkeit vermeiden, zumal er als Mitglied der Bundesversicherungsanstalt
für Angestellte Beitragsleistungen entrichte und beabsichtige, seinen Lebensabend in
Deutschland zu verbringen.
5
Nachdem dem Kläger das Einverständnis der zuständigen deutschen Stellen mit der
Beibehaltung der deutschen Staatsangehörigkeit signalisiert worden war, bemühte er
sich um Einbürgerung in den südafrikanischen Staatsverband. Unter dem 21.
September 1977 bestätigte das Generalkonsulat K. dem Kläger schriftlich, dass ihm
erlaubt werde, seinen deutschen Pass entsprechend den deutschen
staatsangehörigkeitsrechtlichen Vorschriften zu behalten, nachdem er die erwartete
südafrikanische Staatsbürgerschaft und den maßgeblichen Pass erhalten habe.
6
Mit Schreiben vom 23. Juni 1978 teilte der Kläger dem Generalkonsulat K. mit, er sei
aufgefordert worden, im Laufe des Monats August 1978 sein Zertifikat über die
Einbürgerung abzuholen. Das Generalkonsulat erhielt am 28. Juni 1978 über die
deutsche Botschaft in P. folgendes Dokument des Innenministeriums von Südafrika:
7
"NATURALISATION AS A SOUTH AFRICAN CITIZEN
8
I wish to inform you that Certificate of Naturalisation No. ... was issued to the
undermentioned person on 1978-05-26 in terms of the provisions of the South African
Citizenship Act, No. 44 of 1949, as amended:
9
NAME: ... ADDRESS: ... CITIZENSHIP BEFORE NATURALISATION: Citizen of
Germany PLACE OF BIRTH: Germany DATE OF BIRTH: ..."
10
Mit Schreiben vom 13. Juli 1978 erteilte das Generalkonsulat dem Kläger den Rat, die
südafrikanische Staatsangehörigkeit auf keinen Fall anzunehmen, bevor er von
deutschen Stellen die Bescheinigung über die Beibehaltung der deutschen
Staatsangehörigkeit erhalten habe.
11
Nachdem dem Kläger der Bescheid der Regierung von Schwaben vom 29. Januar 1979
über die Genehmigung zur Beibehaltung der deutschen Staatsangehörigkeit am 15.
Februar 1979 ausgehändigt worden war, teilte er dem Generalkonsulat schriftlich mit,
dass ihm am 8. März 1979 die Naturalisationsurkunde ausgehändigt worden sei. Die
Urkunde lautet wie folgt:
12
" Certificate of Naturalisation Republic of South Africa
13
In terms of the powers conferred on him by the South African Citizenship Act, 44 of 1949,
the Minister of the Interior and Immigration has been pleased to grant this certificate to
14
...
15
and to declare hereby that the holder of this certificate shall henceforth be a South
African citizen by naturalisation.
16
By order of the Minster
17
P. .......................... SECRETARY FOR THE INTERIOR AND IMMIGRATION 1978-05-26
Certificate number: ..."
18
Der Kläger erhielt ferner ein Dokument, aus dem sich ergibt, dass ihm das Zertifikat am
8. März 1979 übergeben worden ist. Sie lautet im Original wie folgt:
19
"This is to certify that mr. ... received his certificate of S.A. Citizenship at a ceremony held
at the Magistrates Court in Cape Town on the 8th of March 1979."
20
In der Folgezeit kam es aus Anlass einer vom Kläger beantragten Passausstellung zu
einem Schriftwechsel zwischen dem Generalkonsulat K. und inländischen deutschen
Stellen, darunter dem Bayerischen Staatsministerium des Innern sowie dem
Bundesministerium des Innern über den Zeitpunkt des Erwerbs der südafrikanischen
Staatsangehörigkeit durch den Kläger. Das Generalkonsulat vertrat die Auffassung,
dass nach südafrikanischem Recht der Erwerb der dortigen Staatsangehörigkeit mit
Ausstellung der Naturalisationsurkunde eintrete und der Tag der Aushändigung der
Urkunde nicht maßgeblich sei. Dies resultiere daraus, dass die zuständige Behörde
nach Prüfung des Naturalisationsantrages dem Bewerber ein Schreiben übersende, mit
dem er aufgefordert werde, den vorgeschriebenen Treueeid zu unterschreiben. Sobald
er diesen unterschrieben an die Behörde zurückgesandt habe, werde die
Naturalisationsurkunde vom Innenminister ausgefertigt. Damit sei die Naturalisation
rechtswirksam vollzogen. Die spätere Aushändigung der Urkunde und Wiederholung
des Treueeides habe lediglich symbolischen Charakter. Das Bayerische
Staatsministerium des Innern schloss sich dieser Auffassung an, nachdem der
Bundesminister des Innern sich an die Botschaft der Republik Südafrika in B. gewandt
hatte, die ihm mit Verbalnote vom 19. Februar 1990 Folgendes mitgeteilt hatte: "Der
Erwerb der südafrikanischen Staatsbürgerschaft tritt an dem Tag ein, an dem die
Naturalisationsurkunde ausgestellt wird. Der Tag der Ausstellung ist der gleiche Tag, an
dem auch der Treueeid abgelegt wird." Diese Verbalnote ging zurück auf ein Schreiben
des Innenministeriums der Republik Südafrika an die südafrikanische Botschaft in B.
Februar 1990, in dem es heißt:
21
"In terms of section 11(1) of the South African Citizenship Act, 1949 (Act 44 of 1949), a
person to whom a certificate of naturalization has been granted under section ten shall,
with effect from the date of the issue of the certificate, be a South African citizen by
naturalization.
22
The date on which a certificate of naturalization is issued in terms of the above section of
the Act is deemed to be the date on which the oath of allegiance was taken by the
applicant. The acquisition of citizenship is really coming into action when the certificate
is drawn up and signed and not on the day the certificate is handed over."
23
Ergänzend teilte das Generalkonsulat J. dem Auswärtigen Amt in B. unter dem 23. März
24
1992 mit, die in Rede stehenden Rechtsfragen mit dem Leiter des Referats für
Staatsangehörigkeitssachen beim Innenministerium in P. besprochen zu haben. Das
Gespräch habe folgendes Ergebnis gehabt: Das Verfahren werde mit einem Antrag auf
Einbürgerung eingeleitet. Sofern über den Antrag positiv entschieden werde, werde dies
dem Einbürgerungsbewerber mitgeteilt und dieser aufgefordert, einen Treueeid
abzulegen. Dieser Treueeid könne von dem Bewerber entweder direkt beim
südafrikanischen Innenministerium bzw. einer Außenstelle oder vor einem beeidigten
Notar abgelegt werden. Mit der Ablegung des Treueeides werde der
Einbürgerungsbewerber südafrikanischer Staatsbürger. Der Tag, an dem der Treueeid
abgeleistet werde, werde in die Naturalisationsurkunde aufgenommen. Die Ausfertigung
der Naturalisationsurkunde habe jedoch lediglich deklaratorische Wirkung. Das habe
zur Folge, dass der Einbürgerungsbewerber, der den Treueeid abgeleistet habe, auch
dann südafrikanischer Staatsangehöriger geworden sei, wenn er aus irgendwelchen
Gründen die Urkunde nicht erhalten haben sollte.
Mit Bescheid vom 30. September 1993 - zugestellt am 5. Oktober 1993 - zog das
Generalkonsulat K. den Reisepass des Klägers mit der Nummer ..., ausgestellt am 22.
Juni 1988 und gültig bis 21. Juni 1998, sowie den am 10. Februar 1993 mit einer
Gültigkeitsdauer von fünf Jahren ausgestellten vorläufigen Reisepass ein. Zur
Begründung führte es an, die Pässe enthielten unzutreffende Eintragungen, weil der
Kläger die deutsche Staatsangehörigkeit nicht mehr besitze. Diese habe er am 26. Mai
1978 durch rechtswirksamen Erwerb der südafrikanischen Staatsbürgerschaft verloren;
die spätere Aushändigung der Naturalisationsurkunde habe nur deklaratorische
Bedeutung gehabt. Deshalb sei die ihm am 15. Februar 1979 ausgehändigte
Genehmigung zur Beibehaltung der deutschen Staatsbürgerschaft ins Leere gegangen.
Die Passeinziehung sei geboten, weil ein Belassen der Pässe die Gefahr der
Beeinträchtigung ihrer Funktion als Grenzübertritts-, Legitimations- und Identitätspapier
begründe.
25
Am 21. Oktober 1993 wurde dem Kläger der Bescheid im Generalkonsulat K. mündlich
erläutert.
26
Mit der am 23. Oktober 1993 erhobenen Klage hat der Kläger geltend gemacht, vor
Beantragung der Einbürgerung in die Republik Südafrika sichergestellt zu haben, dass
er die deutsche Staatsangehörigkeit nicht verliere. Dies sei ihm auch durch das
Generalkonsulat K. unter dem 21. September 1977 schriftlich zugesichert worden. Die
deutschen Behörden seien verpflichtet gewesen, ihn darauf hinzuweisen, wann er den
Antrag auf Erwerb der südafrikanischen Staatsangehörigkeit zu stellen habe und dass
es von Bedeutung sei, wann er die Beibehaltungsgenehmigung erhalte. Der von ihnen
verursachte Fehler müsse korrigiert werden. Dies sei vor Bescheiderteilung immerhin
auch durch die Ausstellung des beantragten Passes geschehen. Tatsächlich sei er noch
deutscher Staatsangehöriger, weil er erst mit Aushändigung der Einbürgerungsurkunde
die südafrikanische Staatsangehörigkeit erworben habe. Für die Beurteilung seiner
rechtlichen Situation müsse zugrunde gelegt werden, dass nach der Rechtslage in der
Bundesrepublik Deutschland vor Aushändigung der Einbürgerungsurkunde niemand
deutscher Staatsangehöriger werde. Er habe nicht zu einem Zeitpunkt die
Staatsbürgerschaft erwerben können, von dem er nichts gewusst habe. Er könne sich
auch nicht genau daran erinnern, wann er überhaupt zu der Ablegung des Treueeides
geladen worden sei. Der Termin sei mehrmals verschoben worden. Er wisse aber
gewiss, dass das Datum auf keinen Fall mit dem Datum der Ausstellung der
Naturalisationsurkunde übereinstimme. Vor der Zeremonie habe er keinen Eid, sondern
27
nur Unterschriften geleistet, wobei er nicht mehr sagen könne, was er im Einzelnen
unterschrieben habe. Die Eidesleistung sei aber ein persönlicher Akt, der nur von dem
Betroffenen unmittelbar vorgenommen und nicht durch eine schriftliche Erklärung ersetzt
werden könne. Unter diesen Umständen sei der Erlass des angegriffenen Bescheides
ohne jede Gewährung rechtlichen Gehörs ein schwerer Vertrauensbruch.
Der Kläger hat beantragt,
28
den Bescheid des Generalkonsulats der Bundesrepublik Deutschland in K. vom 30.
September 1993 aufzuheben.
29
Die Beklagte hat beantragt,
30
die Klage abzuweisen.
31
Sie hat ergänzend ausgeführt, für den Zeitpunkt, in dem der Erwerb einer fremden
Staatsangehörigkeit wirksam werde, komme es nicht auf deutsches Recht an. Es sei
vielmehr Sache jedes souveränen Staates, wie er dieses regele. Es widerspreche auch
nicht fundamentalen Rechtssätzen, dass Südafrika den Erwerb seiner
Staatsangehörigkeit an die Ableistung des Treueeides knüpfe, die der Ausstellung der
Urkunde vorausgehe. Aus dem Naturalisationszertifikat vom 26. Mai 1978 ergebe sich,
dass der Kläger "von nun an" (englisch: "henceforth") südafrikanischer Staatsbürger sei.
Der Begriff "issue" sei mit "ausfertigen", nicht mit "aushändigen" zu übersetzen.
32
Die Beklagte hat ein an das Generalkonsulat K. gerichtetes übersetztes Schreiben des
südafrikanischen Innenministeriums vom 1. Februar 1995 vorgelegt, aus dem
hervorgeht, dass mit "issue" das Datum gemeint sei, an welchem eine Person den
Treueeid schwöre; dieses Datum erscheine auch auf der Einbürgerungsurkunde; zu
diesem Zeitpunkt werde eine Person südafrikanischer Staatsangehöriger und nicht am
Tag der Aushändigung der Urkunde.
33
Das Verwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines Gutachtens des
Sachverständigen Prof. Dr. H. S., Leiter des Instituts für Völkerrecht und ausländisches
öffentliches Recht der Universität zu K., zu der Frage, zu welchem Zeitpunkt der Erwerb
der südafrikanischen Staatsbürgerschaft durch Naturalisation aufgrund des
südafrikanischen Staatsbürgerschaftsgesetzes von 1949 in der im Jahre 1979 geltenden
Fassung eintritt. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den Inhalt des
Gutachtens vom 12. Oktober 1994 Bezug genommen.
34
Mit dem angefochtenen Urteil, auf dessen Inhalt verwiesen wird, hat das
Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Es hat darauf abgestellt, dass der Erwerb
der südafrikanischen Staatsbürgerschaft mit dem Tag der Ausstellung der
Einbürgerungsurkunde, hier mit dem 26. Mai 1978, und nicht mit dem Tag der
Aushändigung der Einbürgerungsurkunde, hier dem 8. März 1979, erfolgt sei. Dies
ergebe sich aus dem südafrikanischen Staatsangehörigkeitsrecht.
35
Der Kläger hat gegen das ihm am 26. Februar 1996 zugestellte Urteil am 18. März 1996
Berufung eingelegt, zu deren Begründung er vorträgt: Das Verwaltungsgericht habe
fälschlicherweise auf die schriftliche und nicht auf die persönliche Eidesleistung
abgestellt. Bei der Zeremonie mit Übergabe der Urkunde handele es sich nicht um eine
Wiederholung des bereits abgegebenen Treueeids, sondern um den eigentlichen
36
Treueeid selbst. Diesem komme für den Erwerb der Staatsbürgerschaft konstitutive
Wirkung zu. Dem Einbürgerungsantrag mit schriftlicher Treueeklärung könne allenfalls
der Rang einer eidesstattlichen Versicherung zukommen. Wenn es keiner persönlichen
Eidesleistung bedürfe, könne die Einbürgerungsurkunde formlos zugeschickt werden;
eine feierliche Zeremonie mit einer persönlichen Eidesleistung brauche dann nicht
stattzufinden. Das Datum auf der Einbürgerungsurkunde erkläre sich daraus, dass die
eigentliche Zeremonie datumsmäßig nicht schon vorher festgelegt werden könne und
die Urkunde im Zeitpunkt der persönlichen Eidesleistung bereits übergeben werde. Bis
zur persönlichen Eidesleistung müsse es einem Antragsteller freistehen, den
Einbürgerungsantrag weiter zu verfolgen oder zurückzunehmen. Die Handlung, welche
zum Erwerb der südafrikanischen Staatsbürgerschaft geführt habe, sei ausschließlich
von dem Rechtsirrtum bestimmt gewesen, dass der Erwerb der Staatsangehörigkeit
ohne Folgen für die eigene Staatsangehörigkeit als Deutscher sei. Dieser Irrtum sei
durch das Verhalten der Behörden der Bundesrepublik Deutschland hervorgerufen
worden. Das Verwaltungsgericht habe nur pauschal die Frage angesprochen, wie die
schriftliche Zusicherung des Generalkonsulats gegenüber dem Kläger, dass er ohne
Verlust seiner deutschen Staatsangehörigkeit unbedenklich die südafrikanische
Staatsangehörigkeit erwerben könne, zu werten sei. Diese schriftliche Zusicherung
stelle eine die Bundesrepublik Deutschland bindende begünstigende Erklärung dar. In
diesem Kontext sei auch die Beibehaltungsgenehmigung auszulegen, nämlich dahin,
dass sie die Beibehaltung der deutschen Staatsangehörigkeit selbst dann decke, wenn
die südafrikanische Staatsangehörigkeit vorher erworben worden sei. Ferner könne der
Grundsatz, dass ein Bescheid erst mit Zustellung wirksam werde, wegen der
vorliegenden Besonderheiten für die Beibehaltungsgenehmigung nicht herangezogen
werden. Vielmehr komme es darauf an, dass die Regierung von Schwaben die
Genehmigung schon vorher ausgesprochen habe. Im Übrigen sei unverständlich,
weshalb das Verwaltungsgericht zunächst ein Sachverständigengutachten einhole, sich
dann aber nicht an dessen Ergebnis orientiere. Der Sachverständige habe dargelegt,
dass der Treueschwur in einem gesonderten Vorgang erfolge, der bei der feierlichen
Zeremonie und der anschließenden Aushändigung der Urkunde stattfinde.
Während des Berufungsverfahrens ist die Gültigkeitsdauer der eingezogenen
Reisepässe abgelaufen. Der Kläger, der die Einziehung auch seines weiteren, am 9.
September 1994 vom Generalkonsulat K. ausgestellten Passes befürchtet, hat seinen
Klageantrag umgestellt.
37
Er beantragt nunmehr,
38
das angefochtene Urteil zu ändern und festzustellen, dass der Bescheid des
Generalkonsulats der Bundesrepublik Deutschland in K. vom 30. September 1993
rechtswidrig gewesen ist, hilfsweise, die Revision zuzulassen.
39
Die Beklagte beantragt,
40
die Berufung zurückzuweisen.
41
Sie tritt dem Berufungsvorbringen entgegen.
42
Auf Anfrage der Berichterstatterin vom 19. April 2000 hat der Kläger mitgeteilt, keine
weiteren Angaben zum Ablauf seines Einbürgerungsverfahrens machen und keine
anderen als die schon zu den Gerichtsakten gereichten Schriftstücke vorlegen zu
43
können.
Der Senat hat Beweis erhoben durch Anhörung des Sachverständigen Prof. Dr. H. S. in
der mündlichen Verhandlung vom 27. Juni 2000. Wegen der Einzelheiten wird auf die
Sitzungsniederschrift Bezug genommen.
44
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte
und den beigezogenen Verwaltungsvorgang der Beklagten ergänzend verwiesen.
45
Entscheidungsgründe:
46
Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg.
47
Das in Fortsetzung der Anfechtungsklage im Berufungsverfahren verfolgte
Feststellungsbegehren gemäß § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO hat keinen Erfolg. Es ist
zulässig (A.), aber unbegründet (B.).
48
A. Die Fortsetzungsfeststellungsklage ist statthaft, da sich der ursprünglich angegriffene
Verwaltungsakt erledigt hat. Der Bescheid vom 30. September 1993 äußert keine
Rechtswirkungen mehr, weil die Gültigkeitsdauer der eingezogenen Reisepässe
abgelaufen ist. Nachdem die Pässe dadurch mit Ablauf des 21. Juli 1998 bzw. des 9.
Februar 1998 ungültig geworden sind (vgl. §§ 5 Abs. 1, 11 Nr. 3 PassG in der zum
Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides geltenden Fassung vom 19. April 1986, BGBl. I
S. 537, geändert durch Gesetz vom 12. September 1990, BGBl. I S. 2002), kann der
Kläger sich ihrer als Grenzübertritts- und Identitätspapier nicht mehr bedienen und wird
mithin durch die auf die falsche Angabe über die Staatsangehörigkeit gestützte
Einziehung nicht mehr belastet.
49
Der Kläger hat auch ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit
des Bescheides. Für ein Feststellungsinteresse genügt jedes nach Lage des Falles
anzuerkennende schutzwürdige Interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Art.
In Konkretisierung dieses Grundsatzes wird in ständiger verwaltungsgerichtlicher
Rechtsprechung eine berechtigtes Interesse u.a. dann bejaht, wenn eine hinreichend
bestimmte Gefahr, dass unter im Wesentlichen unveränderten tatsächlichen und
rechtlichen Umständen ein gleichartiger Verwaltungsakt ergehen wird, besteht.
50
Vgl. nur: BVerwG, Urteil vom 24. Februar 1983 - 3 C 56.80 -, Buchholz 310, § 113
VwGO Nr. 129, S. 15 (17); Urteil vom 9. Mai 1989 - 1 B 166.88 -, Buchholz 310, § 113
VwGO Nr. 202, S. 32 (33) m.w.N.
51
Eine solche Wiederholungsgefahr ist hier dadurch gegeben, dass dem Kläger am 9.
September 1994 ein weiterer, bis zum 8. September 2004 gültiger Reisepass
ausgestellt worden ist, dessen Einziehung er befürchtet. Durch eine
Feststellungsentscheidung lässt sich die zwischen den Beteiligten strittige, auch für die
Einziehung jenes Passes inzident zu prüfende Frage des Fortbestandes der deutschen
Staatsangehörigkeit klären.
52
B. Die Fortsetzungsfeststellungsklage ist jedoch unbegründet.
53
Der Bescheid des Generalkonsulats der Bundesrepublik Deutschland in K. vom 30.
September 1993 war rechtmäßig und verletzte den Kläger nicht in seinen Rechten (§
54
113 Abs. 1 Satz 4 VwGO).
Die Voraussetzungen für die erfolgte Einziehung der Pässe des Klägers waren gemäß §
12 Abs. 1 PassG gegeben (I.). Das Generalkonsulat K. hat auch das ihm eingeräumte
Ermessen in nicht zu beanstandender Weise ausgeübt (II).
55
I. Die Voraussetzungen des § 12 Abs. 1 PassG waren sowohl in formeller (1.) als auch
in materieller (2.) Hinsicht erfüllt.
56
1. Der angefochtene Bescheid vom 30. September 1993 ist formell rechtmäßig
gewesen.
57
a) Das Generalkonsulat K. war als Auslandsvertretung des Auswärtigen Amtes die für
den Erlass der Bescheide gemäß § 19 Abs. 2, 3 Satz 2 PassG zuständige Passbehörde,
weil sich der Kläger als Passinhaber in jenem Bezirk gewöhnlich aufhielt.
58
b) Der Bescheid ist nicht deswegen formell rechtswidrig gewesen, weil der Kläger vor
seinem Erlass nicht angehört worden ist. Die unterbliebene Anhörung, die mangels
Anwendbarkeit des Verwaltungsverfahrensgesetzes zwar nicht nach § 28 VwVfG, wohl
aber im Hinblick auf allgemeine rechtsstaatliche Grundsätze prinzipiell erforderlich ist,
ist bis zur Klageerhebung nachgeholt worden; dabei kann offen bleiben, ob § 28 VwVfG
nicht analog anzuwenden ist.
59
Ein Verstoß gegen die das Anhörungsgebot vor Erlass eines belastenden
Verwaltungsaktes statuierende Bestimmung des § 28 Abs. 1 VwVfG liegt mangels
Geltung des Gesetzes für Auslandsvertretungen (§ 2 Abs. 2 Nr. 3 VwVfG) nicht vor.
60
Ob § 28 Abs. 1 VwVfG hingegen analog anzuwenden ist, bedurfte keiner
abschließenden Klärung. Zwar hat der Senat Zweifel, dass der Gesetzgeber mit § 2
Abs. 3 Nr. 3 VwVfG jedwede Tätigkeit von Auslandsvertretungen dem
Anwendungsbereich des Gesetzes entziehen wollte, wenn auch seinem Wortlaut
zufolge das Gesetz insgesamt für die Vertretungen des Bundes im Ausland nicht gilt.
Bei der Schaffung dieser Regelung hat sich der Gesetzgeber von dem Gedanken leiten
lassen, dass die Auslandsvertretungen ihre Tätigkeit auf fremdem Territorium und daher
unter anderen Bedingungen und Voraussetzungen auszuüben haben als die Behörden
im Inland.
61
Amtliche Begründung zum Gesetzentwurf, BT-Drucks. 7/910, S. 36.
62
Dieser Gesichtspunkt könnte indes im Hinblick auf Sinn und Zweck des
Verwaltungsverfahrensgesetzes der Einschränkung bedürfen. Mit Schaffung des
Gesetzes wurden die zuvor in zahlreichen auch untergesetzlichen Normen geregelten
oder von der Rechtsprechung entwickelten Verfahrensgrundsätze für die gesamte
inländische Verwaltung einheitlich festgeschrieben, um insbesondere die effektive
Aufgabenerfüllung durch die Behörden zu sichern und den Rechtsschutz des Bürgers
bei der Wahrung und Durchsetzung seiner Belange zu gewährleisten. Mitbestimmend
war dabei, verfassungsrechtliche Prinzipien und Grundrechte auch für das
Verwaltungsverfahren zu kodifizieren.
63
Amtliche Begründung zum Gesetzentwurf, BT-Drucks. 7/910, S. 28 f.
64
Mit dieser Zielsetzung ist es an sich nicht vereinbar, eine Auslandsvertretung auch dann
von der Verpflichtung zur Beachtung verfahrensrechtlicher Vorgaben zu befreien, wenn
sie - wie hier - in ihrer Eigenschaft als deutsche (Pass-)Behörde einem deutschen
Staatsangehörigen gegenüber einen Verwaltungsakt nach deutschem Recht erlässt. Für
diesen Fall würde es dem Zweck des Verwaltungsverfahrensgesetzes eher
entsprechen, seine Vorschriften mit gewissen Modifizierungen anzuwenden, die sich
etwa daraus ergeben, dass zustellungsrechtliche Besonderheiten des fremden Staates
zu beachten wären. Angesichts dessen ist eine planwidrige Regelungslücke des
Gesetzgebers für Fälle der vorliegenden Art nicht auszuschließen, die im Wege einer
analogen Heranziehung zumindest jener Vorschriften des
Verwaltungsverfahrensgesetzes geschlossen werden könnte, die einfachgesetzliche
Ausprägungen rechtsstaatlicher Grundsätze darstellen. Der Senat konnte diese Frage
indes offen lassen, weil selbst bei Annahme einer beabsichtigten Gesetzeslücke eine
Anhörung auch ohne Rückgriff auf § 28 VwVfG nicht in jedem Fall und von Vornherein
unterbleiben darf. Sie ist hier aber wirksam nachgeholt worden. Das Gebot der
Gewährung rechtlichen Gehörs als elementarer Bestandteil des Rechtsstaatsprinzips
(Art. 20 Abs. 3 GG), welches für den Geltungsbereich des
Verwaltungsverfahrensgesetzes lediglich einen konkreten Niederschlag in § 28
gefunden hat, ist vor einem Eingriff einer deutschen Behörde in den Rechtskreis eines
Dritten grundsätzlich zu beachten. Dieses Prinzip erfordert es, den Bürger vor Erlass
einer ihn belastenden Regelung über das beabsichtigte Handeln zu informieren und ihm
Gelegenheit zur Äußerung zu geben. Die Anhörungspflicht hat für die Beteiligten eine
Hinweis- und Warnfunktion, indem sie vor überraschenden Entscheidungen schützt und
so Ausdruck eines fairen Verfahrens ist.
65
Kopp-Ramsauer, VwVfG, 7. Aufl. 2000, § 27 Rn. 2 ff.; OVG Niedersachsen, Urteil vom
13. Oktober 1986 - 12 A 17/86 -, NVwZ 1987, 511; für das Verwaltungsverfahren vor
Inkrafttreten des VwVfG: BVerwG, Urteil vom 12. November 1975 - VIII C 47/74 -, NJW
1976, 588; für die Rechtsstellung im Untersuchungsausschuss: OVG NRW, Beschluss
vom 2. September 1986 - 15 B 1849/86 - , NVwZ 1987, 606 (607); zur Anwendbarkeit im
Widerspruchsverfahren: VGH BW, Urteil vom 6. April 1987 - 13 S 3263/86 -, NVwZ
1987, 1078; vgl. auch: Degenhardt, in: Sachs, GG, 2. Aufl. 1999, § 103 Rn. 2 f.
66
Im Bereich des Verwaltungsverfahrens, dem - abgesehen von der Besonderheit, dass
der Verwaltungsakt auf fremdem Staatsgebiet erlassen worden ist - auch der
vorliegende Fall prinzipiell zuzuordnen ist, gilt dieser Grundsatz indessen nicht
ausnahmslos. Aus § 28 Abs. 2 und 3 VwVfG ergibt sich, dass von einer Anhörung aus
bestimmten Gründen abgesehen werden kann und dass sie bei entgegenstehendem
öffentlichem Interesse sogar unterbleibt. Außerdem ist eine unterlassene Anhörung
nach Maßgabe des § 45 VwVfG nachholbar. Gemäß § 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 VwVfG in
der bis zum 18. September 1996 geltenden Fassung durfte eine unterlassene Anhörung
(nur) bis zur Erhebung der verwaltungsgerichtlichen Klage nachgeholt werden, falls ein
Vorverfahren - wie hier - im Hinblick auf § 68 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 VwGO nicht
stattgefunden hat. Nach der Gesetzesfassung mit Geltung ab 19. September 1996
(BGBl. I S. 1354) ist eine Nachholung bis zum Abschluss eines
verwaltungsgerichtlichen Verfahrens möglich.
67
Von einer wirksamen Nachholung der unterbliebenen Anhörung ist hier auszugehen,
ohne dass es dazu eines unmittelbaren oder entsprechenden Rückgriffs auf
einfachgesetzliche Konkretisierungen des Gehörsanspruchs bedürfte. Dem
verfassungsrechtlich gewährleisteten Gehörsgebot genügt es, dass der Kläger
68
anlässlich einer Vorsprache vor dem Generalkonsulat am 21. Oktober 1993 noch vor
Klageerhebung Gelegenheit hatte, seine Bedenken gegen den angegriffenen Bescheid
vorzubringen, wie sich aus einem über dieses Gespräch angefertigten Aktenvermerk
ergibt. Der Kläger konnte seinen Einwänden daher auch noch nach Wirksamwerden
des belastenden Verwaltungsaktes bis zur Klageerhebung und selbst danach im
Gerichtsverfahren ebenso Geltung verschaffen, wie wenn er schon vor Erlass des
Bescheides hierzu Gelegenheit gehabt hätte. Die heilende Wirkung dieser
nachträglichen Äußerungsmöglichkeit ergibt sich daraus, dass das Generalkonsulat
jederzeit in der Lage und verpflichtet gewesen wäre, die Bescheide wieder aufzuheben,
wenn sich ein anderer Sachverhalt oder Anlass zu anderweitiger Ermessensausübung
ergeben hätte. Tatsächlich hat der Kläger aber keine tatsächlichen oder rechtlichen
Gesichtspunkte geltend gemacht, die der Behörde bei ihrer Ermessensbetätigung nicht
schon ohnehin bekannt waren und ihrer Entscheidung zugrunde lagen.
Zu einer ähnlich gelagerten Fallkonstellation vgl. bereits Senatsbeschluss vom 22. Mai
2000 - 8 A 5431/96 -, S. 16 ff. des Abdrucks.
69
2. Der Bescheid vom 30. September 1993 ist auch materiell rechtmäßig gewesen. Das
Generalkonsulat der Beklagten in K. hat die am 22. Juni 1988 und 10. Februar 1993
ausgestellten Reisepässe des Klägers zu Recht eingezogen.
70
Gemäß § 12 Abs. 1 PassG kann ein nach § 11 ungültiger Pass eingezogen werden.
Ungültig ist ein Pass u.a. dann, wenn Eintragungen nach dem PassG fehlen oder - mit
Ausnahme der Angaben über den Wohnort - unzutreffend sind (§ 11 Nr. 2 PassG).
Welche Eintragungen in einen Pass vorzunehmen sind, ergibt sich aus § 4 PassG.
Nach Abs. 1 Satz 2 Nr. 10 dieser Bestimmung enthält ein Pass die Angabe über die
Staatsangehörigkeit des Passinhabers. Ein Pass darf aber nur Deutschen im Sinne des
Art. 116 Abs. 1 GG ausgestellt werden (§ 1 Abs. 3 PassG). Die Angabe in den
streitbefangenen Pässen, dass der Kläger die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt, ist
unzutreffend gewesen.
71
Zum Zeitpunkt der Ausstellung der Pässe - 1988 bzw. 1993 - hatte der Kläger seine
durch Geburt (§§ 3 Nr. 1, 4 RuStAG vom 22. Juli 1913, RGBl. S. 583, in der damaligen
Fassung des Änderungsgesetzes vom 15. Mai 1935, RGBl. I S. 593) erworbene
deutsche Staatsangehörigkeit verloren. In seiner Person ist der Verlusttatbestand des §
17 Nr. 2 i.V.m. § 25 Abs. 1 RuStAG in der im Zeitpunkt des Verlusts maßgeblichen
Fassung des Gesetzes zur Verminderung der Staatenlosigkeit vom 29. Juni 1977 (BGBl.
I S. 1101) eingetreten. Danach verliert ein Deutscher seine Staatsangehörigkeit mit dem
Erwerb einer ausländischen Staatsangehörigkeit, wenn dieser Erwerb auf seinen Antrag
erfolgt. Die Staatsangehörigkeit verliert nur der nicht, der vor dem Erwerb der
ausländischen Staatsangehörigkeit auf seinen Antrag die schriftliche Genehmigung der
zuständigen Behörde zur Beibehaltung seiner Staatsangehörigkeit erhalten hat (§ 25
Abs. 2 Satz 1 RuStAG). Der Kläger hat die südafrikanische Staatsbürgerschaft am 26.
Mai 1978 auf seinen Antrag erhalten (a). Hierdurch hat er die deutsche
Staatsangehörigkeit verloren, weil er die Genehmigung zur Beibehaltung der deutschen
Staatsangehörigkeit vom 29. Januar 1979 erst am 15. Februar 1979, also zeitlich nach
dem Erwerb der ausländischen Staatsangehörigkeit erhalten hat (b). Dem steht weder
der ordre public der Bundesrepublik Deutschland (c) noch ein Irrtum des Klägers über
den Zeitpunkt seiner Einbürgerung in den südafrikanischen Staatsverband (d) noch die
Erklärung des Generalkonsulats K. vom 21. September 1977 entgegen (e).
72
a) Dass der Kläger bereits mit Wirkung vom 26. Mai 1978 als dem Tag der Ausstellung
der Einbürgerungsurkunde und nicht erst am 8. März 1979, dem Zeitpunkt der
Aushändigung der Urkunde, südafrikanischer Staatsbürger geworden ist, ergibt sich aus
der Anwendung und Auslegung der einschlägigen Normen des südafrikanischen
Staatsangehörigkeitsrechts.
73
Der Erwerb der südafrikanischen Staatsbürgerschaft durch Einbürgerung
(Naturalisation) ist in Sektionen 10 und 11 des Gesetzes über das südafrikanische
Bürgerrecht ("The South African Citizenship Act, 1949", Act No. 44 of 1949) geregelt.
Zum maßgeblichen Zeitpunkt der Erlangung dieser Staatsangehörigkeit durch den
Kläger (1978/79) galt dieses Gesetz in der Fassung der Änderungsgesetze No. 64 von
1961, No. 23 von 1964, No. 41 von 1973 und No. 53 von 1978.
74
Vgl. Gutachten Prof. Schiedermair vom 12. Oktober 1994, S. 1; die bis zum Inkrafttreten
des South African Citizenship Acts 1995 i.d.F. 1997 fortgeltenden Vorschriften sind
abgedruckt in: Bergmann/Ferid, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, 122.
Lieferung 30. September 1995, Abschnitt "Südafrikanische Republik".
75
In Section (= §) 11 Abs. 1 dieses Gesetzes heißt es: "A person to whom a certificate of
naturalization has been granted under section ten shall, with effect from the date of the
issue of the certificate, be a South African citizen by a naturalization." Übersetzt lautet
die Vorschrift wie folgt: "Eine Person, der eine Einbürgerungsurkunde nach § 10 erteilt
(oder auch: bewilligt) worden ist, wird mit Wirkung vom Datum der Ausstellung der
Urkunde ein südafrikanischer Staatsbürger kraft Einbürgerung."
76
§ 10 regelt das Einbürgerungsverfahren. Abs. 1 bestimmt: "The minister may, upon
application in the prescribed form ..., grant a certificate of naturalization as a South
African citizen to any alien who satisfies the minister that ... ." Auf Deutsch: "Der Minister
(des Innern) darf auf einen in vorgeschriebener Form zu stellenden Antrag ... das
Einbürgerungszertifikat jedem Ausländer erteilen, der den Minister überzeugt, dass ...."
Es folgen im Einzelnen bestimmte Voraussetzungen etwa an Alter, Aufenthaltsdauer,
Sprachkenntnisse, die hier nicht weiter von Belang sind, weil der Kläger sie offenbar
erfüllt hat.
77
§ 10 Abs. 11 lautet dann: "A certificate of naturalization shall not be issued to any person
over the age of fourteen years until that person has, within a period of six months from
the date of notification of the grant of the certificate, taken the oath of allegiance set forth
in the First Schedule." Weiter heißt es in Abs. 11(bis): "If a certificate of naturalization
has, in terms of this section, been granted to a person, a certificate of naturalization shall
not be issued to him unless he has, within a period of sixth months from the date of
notification of the grant of the certificate, complied with the conditions prescribed." Die
Vorschriften lauten in deutscher Übersetzung: "Eine Einbürgerungsurkunde soll auf eine
Person, die älter als vierzehn Jahre ist, nicht ausgestellt werden, bis diese Person den
in Anlage I zitierten Treueeid innerhalb von sechs Monaten seit dem Datum der
Notifikation der Erteilung der Urkunde geleistet hat." "Wenn eine Einbürgerungsurkunde
im Sinne dieser Sektion einer Person erteilt worden ist, soll die Einbürgerungsurkunde
auf sie nicht ausgestellt werden, bis sie innerhalb von sechs Monaten seit dem Datum
der Notifikation der Erteilung der Urkunde die vorgeschriebenen Bedingungen erfüllt
hat."
78
Dieses maßgeblich auf das Ausstellungsdatum der Einbürgerungsurkunde abstellende
79
Verständnis der vorstehenden Vorschriften ist aus dem Wortlaut (aa),
Sinnzusammenhang (bb) und der Zielsetzung der Normen gewonnen worden, die durch
deren Entstehungsgeschichte bestätigt wird (cc). Diese Auslegung deckt sich mit den
Angaben südafrikanischer Behörden (dd). Danach ist der Kläger am 26. Mai 1978 in den
Staatsverband der Republik Südafrika eingebürgert worden (ee). Dieses Ergebnis wird
durch das Sachverständigengutachten nicht entkräftet (ff).
aa) Nach § 11 Abs. 1 des Gesetzes wird eine Person südafrikanischer Staatsbürger
durch Einbürgerung "with effect from the date of issue of the certificate". "With effect of"
ist "mit Wirkung vom" zu übersetzen. Bei der Übersetzung jener Begriffe legt der Senat
in erster Linie das führende Wörterbuch für Recht, Wirtschaft und Politik von Dietl/Lorenz
(Teil I, Englisch-Deutsch, 5. Auflage 1990, sowie Teil II, Deutsch-Englisch, 4. Auflage
1992) zugrunde. Die mit Hilfe dieses Werkes erstellte Übersetzung stimmt mit den
Übersetzungen der weiteren unten aufgeführten Wörterbücher überein.
80
Zur Übersetzung des Begriffs "with effect of" vgl.: Dietl/Lorenz, Teil I, S. 266.
81
"Date of issue of the certificate" bedeutet im Deutschen: "Ausstellungsdatum der
Urkunde". "Issue" ist ein Begriff, der im rechts- und wirtschaftssprachlichen
Zusammenhang regelmäßig mit "Ausstellung" übersetzt wird, etwa "issue of a bill":
"Ausstellung eines Wechsels", "issue of a cheque": "Ausstellung eines Schecks", "issue
of a policy": "Ausstellung einer Police", insbesondere: "issue of a certificate:
"Ausstellung einer Bescheinigung".
82
Dietl/Lorenz, Teil I, S. 433 f.; Romain, Wörterbuch der Rechts- und Wirtschaftssprache,
3. Aufl. 1983, Teil I (Englisch-Deutsch), S. 389; Pons, Globalwörterbuch, Teil 1
(Englisch- Deutsch), 1. Auflage 1983, Nachdruck 1992, S. 585.
83
Die Wortfolge "date of issue" ist als Ausstellungsdatum zu verstehen.
84
Dietl/Lorenz, Teil I, S. 433 f., 205; Pons, Teil 1, S. 585; Pons/Collins, Wörterbuch für die
berufliche Praxis, Deutsch-Englisch, Englisch-Deutsch, 3. Aufl. 1998, S. 843, 61; vgl.
auch: "issuing date" = "Ausstellungsdatum": Romain, Teil I, S. 390.
85
Von Steinberg,
86
Das Staatsangehörigkeitsrecht der Südafrikanischen Union, S. 81,
87
wird "date of issue of the certificate" in § 11 Abs. 1 mit "Tag der Erteilung der
Bescheinigung" übersetzt.
88
Das Prädikat "to issue" bedeutet regelmäßig "ausstellen", auch "erlassen".
89
Dietl/Lorenz, Teil I, S. 434; Romain, Teil I, S. 389 f.; Pons/Collins, S. 843; Pons, Teil 1,
S. 585.
90
"To issue a certificate" meint "eine Bescheinigung ausstellen", "to issue a passport" ist
zu übersetzen mit "einen Pass ausstellen", "to issue a decree/an order" heißt "eine
Verfügung/Anordnung erlassen", "to issue a warrant of arrest": "einen Haftbefehl
erlassen".
91
Dietl/Lorenz, Teil I, S. 434; Romain, Teil I, S. 389 f.; Pons/Collins, S. 843; Pons, Teil 1,
S. 585; vgl. auch den Sprachgebrauch im deutschen Passrecht: "Ausstellungsdatum" =
"date of issue"; "ausgestellt (Ort)" = "issued at" gemäß Anlage 1 zur Verordnung zur
Bestimmung der Muster der Reisepässe der Bundesrepublik Deutschland vom 2.
Januar 1988, BGBl. I Seite 2.
92
"Issue" kann zwar im Zusammenhang mit Wertpapieren (Banknoten, Aktien) auch im
Sinne von "Ausgabe" ("Emission") bzw. als Verb im Sinne von "ausgeben" oder
"herausgeben" verstanden werden.
93
Dietl/Lorenz, Teil I, S. 433 f.; Romain, Teil I, S. 389; Pons/Collins, S. 842; Pons, Teil 1,
S. 585.
94
Eine Übersetzung mit "Aushändigung" findet sich aber in keinem der angeführten
Wörterbücher. Vielmehr heißt "Aushändi- gung"/"aushändigen" im Englischen: "handing
over"/"to hand over", "delivery"/"to deliver", "surrender"/"to surrender".
95
Dietl/Lorenz, Teil II, S. 90; Pons/ Collins, S. 55; Romain, Teil II, 3. Aufl. 1994, S. 90.
96
Ebenso wird der deutsche Begriff "Übergabe"/"übergeben" übersetzt.
97
Dietl/Lorenz, Teil II, S. 677; Pons/ Collins, S. 491; Romain, Teil II, S. 769 f.
98
Insbesondere heißt "Übergabe von Dokumenten": "handing over/surrender of
documents".
99
Dietl/Lorenz, Teil II, S. 677.
100
Hingegen wird "ausstellen" (einer Bescheinigung/Urkunde) mit "to issue", das
Substantiv "Ausstellung" mit "issue", "Ausstellung einer Urkunde" mit "issue of a
certificate", "Ausstellungsdatum/-tag" mit "date of issue" übersetzt.
101
Dietl/Lorenz, Teil II, S. 102; Pons/ Collins, S. 61; Romain, Teil II, S. 102.
102
bb) Dass der Erwerb der südafrikanischen Staatsangehörigkeit mit Wirkung vom
Ausstellungsdatum der Urkunde erfolgt, ergibt sich auch aus dem Zusammenhang des §
11 Abs. 1 mit der darin in Bezug genommenen Bestimmung des § 10. Diese Vorschrift
regelt das Einbürgerungsverfahren, das gemäß Abs. 1 auf Antrag ("upon application")
eingeleitet wird. Wenn der Ausländer die gesetzlich vorgeschriebenen Anforderungen
etwa an Aufenthaltsdauer und Sprachkenntnisse erfüllt, darf der Minister die
Einbürgerungsurkunde erteilen ("to grant").
103
Dietl/Lorenz, Teil I, S. 360; der Begriff kann auch mit "bewilligen" oder "gewähren"
übersetzt werden.
104
§ 10 Abs. 11 und 11(bis) sehen dann weiter vor, dass die nach § 10 erteilte Urkunde auf
die Person nur dann ausgestellt werden soll, wenn sie innerhalb von sechs Monaten
seit dem Datum der Notifikation der Erteilung der Urkunde den Treueeid geleistet hat.
Das Verfahren der Erteilung des Einbürgerungszertifikates wird also mit dem Datum der
Notifikation dieser Erteilung abgeschlossen. Dies ist so zu verstehen, dass dem
Antragsteller offiziell zur Kenntnis gegeben wird (notification), dass ihm die
105
Einbürgerungsurkunde erteilt wird. Der Erwerb der Staatsangehörigkeit setzt jedoch
weiter voraus, dass er innerhalb von sechs Monaten nach dem Datum dieser
Bekanntgabe den Treueeid abgelegt. Vorher wird die Urkunde auf ihn nicht ausgestellt.
Das gesamte Einbürgerungsverfahren vollzieht sich mithin in folgenden Schritten:
- Es wird auf Antrag eröffnet. - Das Ministerium prüft, ob die erforderlichen
Voraussetzungen nach § 10 Abs. 1 bis 4 erfüllt sind. - Ist das der Fall, darf die
Einbürgerungsurkunde nach § 10 Abs. 1 erteilt werden. - Dem Antragsteller wird
mitgeteilt, dass er innerhalb von sechs Monaten den Treueeid zu leisten hat. - Hat er
den Eid geleistet, wird die Urkunde auf ihn ausgestellt. - Mit Wirkung vom Tag der
Ausstellung wird er südafrikanischer Staatsbürger.
106
cc) Dieser Ablauf entspricht Sinn und Zweck des Einbürgerungsverfahrens der Republik
Südafrika unter Berücksichtigung der gesetzgeberischen Absichten. In einem ersten
Verfahrensgang wird das Vorliegen bestimmter Mindestanforderungen an die Person
des Antragstellers geprüft, das - ähnlich wie im deutschen Recht, vgl. § 8 StAG - die
Ermessensentscheidung des Innenministers ("may") auslöst. Erfüllt der Antragsteller
diese Voraussetzungen und ist die positive Entscheidung über die Erteilung ("grant")
des Einbürgerungszertifikats gefallen, so ist der innerbehördliche
Entscheidungsvorgang abgeschlossen. Danach hängt der Erwerb der
Staatsbürgerschaft nur noch von einer Handlung des Einbürgerungsbewerbers selbst
ab, nämlich der Eidesleistung. Sie ist bis heute konstitutives Element der Aufnahme in
den südafrikanischen Staatsverband.
107
Vgl. § 5 Abs. 6 des South African Citizenship Act 1995 i.d.F. 1997, abgedruckt bei
Bergmann/Ferid, 136. Lieferung 31. August 1999, Abschnitt "Südafrika".
108
Die Eidesleistung nach südafrikanischem Recht geht zurück auf das britische Recht,
wonach der Antragsteller schwören muss, der Krone gegenüber die Treue zu halten.
Damit wird ein für das britische Staatsangehörigkeitsrecht prägendes persönliches Band
zwischen dem Monarchen und seinem Untertanen begründet.
109
Vgl. Gutachten von Prof. Dr. Schiedermair vom 12. Oktober 1994, S. 3 f., und Anhörung
vom 27. Juni 2000, S. 4 der Niederschrift.
110
Dieser Treueeid auf die britische Krone war auch als Voraussetzung für den Erwerb der
südafrikanischen Staatsangehörigkeit bis zum Ausscheiden Südafrikas aus dem
Commonwealth im Jahr 1961 zu leisten.
111
Vgl. Steinberg, S. 103.
112
An seine Stelle trat danach folgende Eidesleistung:
113
"I do hereby declare on oath that I unreservedly renounce all allegiance and fidelity to
any foreign State or Head of State of whom I have heretofore owed any form of
allegiance; that I will be faithful to the Republic of South Africa, observe its laws, promote
all that which will advance it and oppose all that may harm it. So Help Me God."
114
"Ich erkläre hiermit unter Eid, dass ich vorbehaltlos jede Loyalität und Treue zu jedem
fremden Staat oder Staatsoberhaupt aufgebe, dem ich bisher jede Form von Loyalität
geschuldet habe; dass ich der Republik Südafrika treu sein werde, ihre Gesetze
115
beachten werde, alles unterstützen werde, das sie voranbringt, und mich allem
widersetzen werde, das ihr schaden kann. So wahr mir Gott helfe."
Erst nachdem diese (letzte) Bedingung zur Einbürgerung erfüllt ist, wird die Urkunde auf
den Einbürgerungsbewerber ausgestellt, der mit dem Tag der Ausstellung das
Staatsbürgerschaftsrecht erwirbt. Wie einem in den Beiakten abgehefteten Formular
entnommen werden kann, erfolgt diese Eidesleistung durch Unterschrift unter den Text
des Treueeides sowie einen Schwur vor einer dazu berufenen Amtsperson, wobei offen
ist, ob dieser Schwur nur durch die Unterschrift oder zusätzlich auch mündlich erfolgt.
Denn in dem Formular ist der Text des Eides wiedergegeben, der zu unterschreiben ist
("signed"); weiter heißt es:
116
"Sworn and subscribed to this ........ day of ........ .... 19....., before me.
117
...................... Justice of Peace or Commissionar of Oaths".
118
Der Erwerb der südafrikanischen Staatsbürgerschaft wird nicht erst mit der
Aushändigung der Einbürgerungsurkunde wirksam, die im Citizenship Act an keiner
Stelle ausdrücklich geregelt ist, weil ihr der Gesetzgeber keine entscheidende
Bedeutung beimisst. Im Unterschied zum deutschen Recht (vgl. § 16 Abs. 1 StAG) regelt
das südafrikanische Staatsangehörigkeitsgesetz nur die im Anschluss an die
Eidesleistung erfolgende Ausstellung (Ausfertigung) der Urkunde. Die (förmliche)
Aushändigung an den neuen Staatsbürger erfolgt zwar in einem feierlichen Akt, der aber
für den Erwerb des Bürgerrechts nicht konstitutiv ist. Dies kann auch aus den in den
Beiakten befindlichen Vorgaben über das Verfahren der Überreichung der
Einbürgerungsurkunde abgeleitet werden. Im Originaltext heißt es dazu wie folgt:
119
"SOUTH AFRICAN CITIZENSHIP ACT, NO. 44 OF 1949: PROCEDURE IN REGARD
TO THE PRESENTATION OF CERTIFICATES OF CITIZENSHIP
120
1. Under the powers vested in him by section thirthy seven of the South African
Citizenship Act, No. 44 of 1949 as amended, the Minister of the Interior has decided that,
on the occasion of the presentation of certificates of citizenship, new South African
citizens will, during a brief ceremony, be instructed regarding the responsibilities an
privileges of South Africen citizenship.
121
2. The ceremony will comprise:
122
(a) a word of welcome by the Magistrate;
123
(b) new South Africen citizens repeat as a group the oath of allegiance already taken by
them individually;
124
"I do hereby declare on oath that I unreservedly renounce all allegiance and fidelity to
any foreign State or Head of State of whom I have heretofore owed any form of
allegiance; that I will be faithful to the Republic of South Africa, observe its laws, promote
all that which will advance it and oppose all that may harm it. So Help Me God."
125
(c) the presentation of certificates;
126
(d) honouring the flag by standing at attention for a few moments in front of it. Applicants
127
who are dressed in uniform can salute the flag:
(e) repeating the following passage from the Call of South Africa together with the other
new South African citizens: ...
128
(f) speech by the Magistrate.
129
3. Every new citizen may bring two guests to the ceremony."
130
Übersetzt bedeutet dies:
131
"Südafrikanisches Staatsangehörigkeitsgesetz, Nr. 44 von 1949: Prozedur in Bezug auf
die Überreichung der Staatsbürgerschaftsurkunden
132
1. Aufgrund der ihm durch § 37 des Südafrikanischen Staatsangehörigkeitsgesetzes, Nr.
44 von 1949 mit Änderungen, verliehenen Vollmacht hat der Innenminister entschieden,
dass anlässlich der Übergabe der Staatsbürgerschaftsurkunden die neuen
südafrikanischen Staatsbürger während einer kurzen Zeremonie hinsichtlich der
Verantwortlichkeiten und Vorrechte der südafrikanischen Staatsbürgerschaft
unterwiesen werden.
133
2. Die Zeremonie wird enthalten:
134
a) einen Willkommensgruß des Bürgermeisters;
135
b) die neuen südafrikanischen Staatsbürger wiederholen als Gruppe den Treueeid, den
sie bereits einzeln geleistet haben; (es folgt der Wortlaut des Treueeids)
136
c) die Überreichung der Urkunden;
137
d) Ehrung der Flagge durch Stehen vor ihr für einige Momente, um ihr Beachtung zu
schenken. Antragsteller, die in Uniform gekleidet sind, können vor der Flagge salutieren;
138
e) Wiederholung des folgenden Abschnitts des südafrikanischen Aufrufs gemeinsam mit
den anderen neuen südafrikanischen Staatsbürgern: ...
139
f) Ansprache des Bürgermeisters.
140
3. Jeder neue Staatsbürger darf zwei Gäste zu der Zeremonie mitbringen."
141
Dass diese die Überreichung der Staatsbürgerschaftsurkunde enthaltende Feierlichkeit
nur der Bedeutung der Einbürgerung Rechnung tragen soll, indem sie die bereits
erfolgte Einbürgerung in einem feierlichen Akt würdigt, folgt aus dem Text über jenes
Verfahren. Daraus ist ersichtlich, dass die neuen Staatsbürger in der Zeremonie
lediglich den schon geleisteten Treueeid wiederholen ("repeat"), um sodann das bereits
ausgestellte Zertifikat feierlich überreicht zu bekommen. Zugleich wird hieraus sichtbar,
dass der Zeitpunkt der Überreichung der Urkunde in der Bescheinigung nicht aufgeführt
wird, es sei denn, er wäre mit dem Tag der individuellen Eidesleistung identisch. Jenes
Datum ergibt sich im Hinblick auf die dargelegte elementare Bedeutung, die der
Eidesleistung für den Erwerb der Staatsangehörigkeit zukommt, aus der Urkunde. Auch
aus der Überschrift des Textes kann abgeleitet werden, dass die Feier nur symbolische
142
Bedeutung für die Einbürgerung hat. Das Verwaltungsgericht hat insoweit zu Recht
darauf hingewiesen, dass dort nicht der Terminus "issue", sondern der Begriff
"presentation" verwendet wird, der mit "Präsentation, Beschenkung (in feierlicher Form),
Überreichung" übersetzt werden kann.
Vgl. Dietl/Lorenz, Teil I, S. 627.
143
Dieser Begriff findet sich indes weder in §§ 10, 11 Citizenship Act noch an anderer
Stelle jenes Gesetzes. Die Wirkungen der Verleihung der Staatsbürgerschaft werden
vielmehr - wie ausgeführt - ausschließlich an den Begriff "issue" geknüpft.
144
dd) Diese Auslegung der maßgeblichen Normen des South African Citizenship Act
stimmt mit den Angaben der zuständigen südafrikanischen Stellen über den Erwerb der
dortigen Staatsbürgerschaft überein. Der Ablauf eines Einbürgerungsverfahrens ist - so,
wie er eben wiedergegeben wurde - im Verwaltungsverfahren vom Leiter des Referats
für Staatsangehörigkeitssachen beim Innenministerium in P. gegenüber einem
Mitarbeiter des Generalkonsulats J. geschildert worden. Danach wird der Tag der
Ablegung des Treueeides in die Einbürgerungsurkunde aufgenommen. Durch die
Eidesleistung wird der Einbürgerungsbewerber südafrikanischer Staatsbürger, und zwar
nach Angaben des Referatsleiters auch dann, wenn er die hierüber ausgestellte
Urkunde nicht erhält. Bereits im Februar 1990 hatte das für das Einbürgerungsverfahren
zuständige Innenministerium (vgl. § 1 Abs. 1 des South African Citizenship Act) der
Botschaft der Republik Südafrika mitgeteilt (in deutscher Übersetzung):
145
"Das Datum, auf das ein Naturalisationszertifikat im Sinne der obigen Vorschrift
ausgestellt ist, ist als das Datum anzusehen, an dem der Treueeid von dem
Antragsteller geleistet wurde. Der Erwerb der Staatsbürgerschaft wird tatsächlich
wirksam, wenn die Urkunde aufgesetzt und unterzeichnet wird und nicht an dem Tag, an
dem die Urkunde ausgehändigt wird."
146
Schließlich hat das Innenministerium der Republik Südafrika seine Rechtsauffassung
nochmals unter dem 1. Februar 1995 dargelegt. In einem an das Generalkonsulat K.
gerichteten Schreiben heißt es:
147
"ACQUISITION OF SOUTH AFRICAN CITIZENSHIP
148
With reference to your ... dated 17 November 1994 I have to inform you that "issue" in
this instance means the date on which a person takes the Oath of Allegiance as it is this
date which is printed on the certificate of naturalization.
149
A person becomes a South African citizen on the date on which he takes up the oath
and not on the day when the certificate is handed over."
150
In der mitgelieferten deutschen Übersetzung lautet dieses:
151
"Erwerb der südafrikanischen Staatsangehörigkeit
152
Ich beziehe mich auf Ihr Schreiben vom 17. November 1994, Az. ..., und möchte Ihnen
mitteilen, dass mit "issue" in diesem Fall das Datum gemeint ist, an welchem eine
Person den Treueid schwört, und dieses Datum erscheint auch auf der
Einbürgerungsurkunde.
153
Eine Person wird südafrikanischer Staatsangehöriger zu dem Zeitpunkt, an welchem er
den Eid schwört, und nicht am Tag der Aushändigung der Urkunde."
154
Dass nach deutschem Recht die Aushändigung der Einbürgerungsurkunde konstitutives
Element der Einbürgerung ist, hindert es nicht, hiervon abweichende ausländische
Regelungen anzuwenden. Jeder Staat bestimmt nämlich in den Grenzen des
Willkürverbots und des Rechtsmissbrauchs selbst über den Erwerb und Verlust seiner
Staatsangehörigkeit.
155
BVerfG, Beschluss vom 28. Mai 1952 - 1 BvR 213/51 -, BVerfGE 1, 322 (328 f.);
Beschluss vom 21. Mai 1974 - 1 BvL 22/71 u. 21/72 -, BVerfGE 37, 217 (218); BVerwG,
Urteil vom 24. Februar 1966 - I C 96.63 -, BVerwGE 23, 272 (273 f.); Urteil vom selben
Tage - I C 21.64 -, BVerwGE 23, 274 (278); Urteil vom 30. November 1982 - 1 C 72.78 -,
BVerwGE 66, 277 (281); Beschluss vom 8. Mai 1996 - 1 B 68.95 -, Buchholz 130, § 8
RuStAG Nr. 48, S. 2 (4); Hailbronner/Renner, Staatsangehörigkeitsrecht, 2. Aufl. 1998,
Einl. Rn. 16.
156
Dieses Recht umfasst auch die Befugnis, die Anwendung der eigenen
staatsangehörigkeitsrechtlichen Vorschriften selbst zu bestimmen, so dass andere
Staaten grundsätzlich verpflichtet sind, deren Auslegung durch Behörden und Gerichte
des betreffenden Staates zu beachten.
157
BVerwG, Beschluss vom 8. Mai 1996 - 1 B 68.95 -, Buchholz 130, § 8 RuStAG Nr. 48, S.
2 (5).
158
Hieraus folgt, dass bei der Anwendung des South African Citizenship Act namentlich
von der normativen Bedeutung auszugehen ist, die die zuständigen südafrikanischen
Behörden den Bestimmungen selbst beimessen. Auch wenn eine Regelung mithin nicht
so abgefasst wäre, dass sie mit den herkömmlichen Auslegungsmitteln nur in einem
Sinne verstanden und angewendet werden könnte, wäre die Interpretation der Behörden
- und gegebenenfalls Gerichte - Südafrikas maßgeblich. Im vorliegenden
Zusammenhang bedeutet dies, dass dem Zeitpunkt der Aushändigung des
Einbürgerungsdokuments selbst dann keine für den Erwerb der Staatsbürgerschaft
ausschlaggebende Bedeutung zukommen könnte, wenn sich die §§ 10, 11 Citizenship
Act in diese Richtung übersetzen und verstehen ließen. Denn nach Angaben des
südafrikanischen Innenministeriums kommt es nicht hierauf an, sondern auf den
Zeitpunkt der Eidesleistung, auf den die Urkunde ausgestellt wird.
159
ee) Dies zugrunde gelegt, hat der Kläger die südafrikanische Staatsangehörigkeit
bereits am 26. Mai 1978 und nicht erst am 8. März 1979 erworben. Auf den 26. Mai 1978
ist die Einbürgerungsurkunde ausgestellt, die übersetzt wie folgt lautet:
160
" Einbürgerungsurkunde Republik Südafrika
161
In Bezug auf die ihm durch das südafrikanische Staatsangehörigkeitsgesetz, Nr. 44 von
1949, übertragenen Vollmachten ist der Minister für Inneres und Einwanderung erfreut,
diese Urkunde
162
...
163
zu erteilen und hiermit zu erklären, dass der Inhaber dieser Urkunde von nun an ein
südafrikanischer Staatsbürger kraft Einbürgerung sein wird.
164
Auf Anordnung des Ministers P. 26.5.1978 ........................... Staatssekretär für Inneres
und Einwanderung"
165
Das in dem Dokument enthaltene Datum ist im Zusammenhang mit dem Begriff
"henceforth" ("von nun an", "nunmehr") zu sehen; dem Inhaber wird bescheinigt, von
diesem Datum an die südafrikanische Staatsbürgerschaft erworben zu haben. Dass der
Staatsangehörigkeitserwerb erst von dem (späteren) Datum der Aushändigung
abhängen soll, ist der Urkunde nicht zu entnehmen. Das Gleiche gilt für die dem
Generalkonsulat K. im Juni 1978 übersandte Bescheinigung des südafrikanischen
Innenministeriums, in der es - übersetzt - heißt:
166
"Einbürgerung als südafrikanischer Staatsbürger
167
Ich möchte Sie darüber informieren, dass die Staatsbürgerschaftsurkunde Nr. ... auf die
unten erwähnte Person am 26. Mai 1978 im Sinne der Vorschriften des
südafrikanischen Staatsangehörigkeitsgesetzes, Nr. 44 von 1949, und dessen
Änderungen ausgestellt worden ist: (Es folgen die persönlichen Daten des Klägers)."
168
Insbesondere aus diesem Schriftstück wird ersichtlich, dass das darin verwendete Wort
"issued" nicht mit "ausgehändigt" übersetzt werden kann, weil der Kläger selbst nicht
geltend macht, ihm sei die Urkunde am 26. Mai 1978 ausgehändigt worden. Vielmehr ist
damit der Zeitpunkt der Ausstellung gemeint, mit dem die Einbürgerung wirksam wird.
Im Übrigen wäre der Kläger, selbst wenn in diesem Zusammenhang "to issue" im Sinne
von "aushändigen" zu verstehen wäre, auch nach seiner Interpretation bereits am 26.
Mai 1978 eingebürgert worden, weil ihm dies in dem Schriftstück bestätigt worden wäre.
Der Senat geht hiervon indes nicht aus, sondern davon, dass der Kläger an jenem Tag
seinen Treueeid auf die Republik Südafrika abgelegt hat. In der am 8. März 1979
stattgefundenen Zeremonie hat er die bereits ausgefertigte Urkunde lediglich in einem
symbolischen Akt unter Wiederholung der Eidesleistung erhalten ("received"), wie sich
aus dem ihm mit der Einbürgerungsurkunde überreichten Schriftstück ergibt.
169
Dass der Vorgang der Einbürgerung des Klägers sich so und nicht anders abgespielt
hat, steht zur Überzeugung des Senats aufgrund des so dargestellten
Verfahrensablaufes unter Berücksichtigung der Vorgaben des südafrikanischen
Staatsangehörigkeitsrechts fest. Der Kläger hat dem keine tatsächlichen Umstände
entgegensetzen können, aus denen sich konkrete Anhaltspunkte für die erstmalige
Ableistung des Treueeids am 8. März 1979 ergäben. Über Unterlagen, die einen
abweichenden Verfahrensgang belegen könnten, verfügt er seinem eigenen Vorbringen
zufolge nicht (mehr). Nach eigenem Bekunden kann er sich an den genauen Ablauf
seines Einbürgerungsverfahrens nicht mehr erinnern, insbesondere nicht daran, wann
er zur Ablegung des Treueeides geladen worden sei. Er ist zwar der Auffassung, dass
dieser Zeitpunkt jedenfalls nicht mit dem in der Einbürgerungsurkunde angeführten
Datum übereinstimme, kann weitere Einzelheiten hierzu - etwa, dass er sich an jenem
Tag nachweislich an einem anderen Ort befunden habe - aber nicht benennen. Auch hat
er nichts weiter für seine Annahme vorgetragen, vor dem Tag der Zeremonie keinen
mündlichen Eid geleistet zu haben. Immerhin hat er selbst erklärt, Unterschriften
geleistet zu haben; hiermit wäre eine wenigstens schriftliche Eidesleistung auf dem
oben wiedergegebenen Formular erklärlich. Sonstige Umstände, die eine abweichende
170
Betrachtungsweise rechtfertigen könnten, sind weder dargelegt noch sonst ersichtlich.
ff) Das so gefundene Ergebnis, wonach nur dem Datum der Ausstellung der
Einbürgerungsurkunde, nicht aber dem Zeitpunkt der Aushändigung jener
Bescheinigung konstitutive Bedeutung für die Aufnahme in den südafrikanischen
Staatsverband zukommt, wird durch das Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. S.
vom 12. Oktober 1994 und dessen mündliche Anhörung im Termin zur mündlichen
Verhandlung vom 27. Juni 2000 nicht entkräftet.
171
Der Gutachter hat zunächst bestätigt, dass grundsätzlich nichts dagegen einzuwenden
ist, vom Wortlaut der §§ 10, 11 Citizenship Act ausgehend diese Bestimmungen in einen
Sinnzusammenhang zu stellen. Auch im südafrikanischen Recht beginnt die Auslegung
seinen Angaben zufolge mit dem Wortlaut eines Gesetzes, um sodann zum
Zusammenhang überzugehen. Dementsprechend ist auch seine eigene Interpretation
der vorgenannten Bestimmungen erfolgt. Das schriftliche Gutachten wie auch dessen
mündliche Erläuterung durch den Sachverständigen sind auch insoweit überzeugend,
als darin der Ablauf des Einbürgerungsverfahrens bis zur Ableistung des Treueids
geschildert werden. Insoweit stimmen die Ausführungen des Sachverständigen mit der
durch den Senat gewonnenen Auslegung überein. In der entscheidungserheblichen
Frage des genauen Zeitpunkts des Erwerbs der südafrikanischen Staatsangehörigkeit -
abhängig von der Bedeutung des Begriffs "issue" - geht der Gutachter allerdings von
einer unzutreffenden Prämisse aus. Er nimmt an, dass die südafrikanische
Staatsangehörigkeit mit dem Datum der Ausgabe des Einbürgerungszertifikats
erworben werde. Dies entnimmt er, da der Begriff "issue" grammatikalisch mehrdeutig
sei, der Bezugnahme des § 11 Abs. 1 auf § 10 des Gesetzes. Da er die Wortfolge "issue
to any person" in § 10 Abs. 11 des Gesetzes als "Ausgabe an eine Person", d.h. zwar
nicht unbedingt als "Aushändigung", aber auch nicht nur als "Ausstellung", versteht,
könne der Begriff "issue" auch in § 11 nicht anders zu übersetzen sein. Dieser
Auslegung, die er aus Wortlaut und Gesetzessystematik - jedoch nach eigenen
Angaben nicht aus weiter gehenden Kenntnissen der südafrikanischen Rechtspraxis -
gewonnen hat, fehlt die notwendige Überzeugungskraft. Gründe dafür, weshalb "issue
to a person" nur mit "Ausgabe an eine Person" übersetzt werden kann, hat er
ebensowenig benannt, wie er die Annahme, "issue of the certificate" in § 11 sei
zwingend genauso zu übersetzen, nicht weiter begründen konnte. "Date of the issue" (of
the certificate) ist aber, wie oben dargelegt wurde, ein feststehender Begriff, der in
sämtlichen herangezogenen Wörterbüchern mit "Ausstellungsdatum" übersetzt wird.
Selbst wenn die Verwendung von "issue" wegen der Mehrdeutigkeit des Begriffs in § 10
Abs. 11 in einem anderen Sinne zu verstehen sein sollte, bedeutete dies nicht zwingend
eine Übersetzung des § 11 im gleichen Sinne. Auch dann, wenn die
Einbürgerungsurkunde nach § 10 Abs. 11 des Gesetzes erst nach der Eidesleistung an
eine Person ausgegeben werden dürfte, würde sie gleichwohl nach § 11 Abs. 1 mit
Wirkung vom Ausstellungsdatum an südafrikanischer Staatsbürger. Dies steht zur
Überzeugung des Senats nach der vorstehenden Auslegung fest und wird letztlich auch
durch die Ausführungen des Gutachters nach dessen Einsichtnahme in die ihm vorher
nicht bekannten Schriftstücke bestätigt. Der Sachverständige hat nämlich eingeräumt,
dass die konkreten, auf den Kläger ausgestellten Schriftstücke eigentlich nur die
Schlussfolgerung zuließen, an diesen sei die Einbürgerungsurkunde bereits am 26. Mai
1978 ausgegeben worden. Dies gilt insbesondere für die oben (S. 35) zitierte
Bescheinigung des südafrikanischen Innenministeriums, deren Inhalt sich mit der von
Prof. S. vorgenommenen Übersetzung lediglich bei einem behördlichen Irrtum
vereinbaren ließe, von dem mangels konkreter Anhaltspunkte nicht auszugehen ist.
172
Auch das Ausstellungsdatum der Einbürgerungsurkunde (26. Mai 1978) steht mit seiner
Auslegung nur in Einklang, wenn es sich dabei lediglich um die Notifikation, also die
amtliche Bekanntmachung der Bewilligung der Einbürgerung handelte, wie er in der
mündlichen Verhandlung ausgeführt hat. Dies ist indes angesichts des eindeutig mit
"Certificate of Naturalisation" überschriebenen Dokuments und des Ablaufs von deutlich
mehr als sechs Monaten bis zu der Zeremonie vom 8. März 1979 schwerlich denkbar.
Aus den Unterlagen über die Prozedur der Überreichung der
Staatsbürgerschaftsurkunden folgt auch nach Angaben des Sachverständigen, dass der
für die Einbürgerung konstitutive Eid schon vorher durch den Bewerber geleistet worden
sein musste, der anlässlich der Zeremonie lediglich in der Gruppe wiederholt werde. Da
die Zeremonie am 8. März 1979 stattgefunden hat, muss die individuelle, konstitutive
Eidesleistung durch den Kläger, die auch nach den Ausführungen des Gutachters das
wesentliche Element des Erwerbs der südafrikanischen Staatsangehörigkeit ist, nach
seinen Worten schon vorher stattgefunden haben. Die Förmlichkeit der Aushändigung
(in einem feierlichen Akt) sei jedenfalls mangels entsprechender Regelungen im
Citizenship Act kein zwingendes Indiz für den Staatsangehörigkeitserwerb.
Kann nach alledem dem Gutachten jedenfalls insoweit nicht gefolgt werden, als der
Staatsangehörigkeitserwerb von der Ausgabe der Urkunde an den
Einbürgerungsbewerber abhängen soll, bedurfte der Senat zur Lösung des Falles
keines weiteren Sachverständigengutachtens. Dies gilt schon deshalb, weil das in
einem anderen Staat geltende Recht nur beweisbedürftig ist, wenn es dem Gericht
unbekannt ist (§ 173 VwGO i.V.m. § 293 Satz 1 ZPO).
173
Vgl. dazu: BVerwG, Urteil vom 28. September 1993 - 1 C 25/92 -, NVwZ 1994, 387.
174
Das ist hier nicht der Fall. Dem Senat konnte sich die veröffentlichten südafrikanischen
Rechtsquellen ohne Inanspruchnahme des Sachverständigen erschließen. Aufgrund
eigener Sachkunde in englischer Sprache sowie der Übersetzung der Fachtermini mit
Hilfe der zitierten (Rechts-)Wörterbücher konnte er sich die Kenntnis der einschlägigen
Vorschriften ebenfalls selbst verschaffen. Schließlich konnte die Auslegung und
Anwendung der Vorschriften im Wesentlichen in eigener Sachkunde des Senats
erfolgen, zumal er die Erkenntnisse der südafrikanischen Behörden, auf die es nach der
Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts maßgeblich ankommt, ausgewertet
hat. Wo es erforderlich und das Sachverständigengutachten schlüssig war, hat der
Senat auch darauf zurückgegriffen, namentlich im Rahmen der historischen Auslegung
sowie bei der Frage der Auslegungsmethode. Von daher bedurfte es keiner, nach § 98
VwGO i.V.m. § 412 Abs. 1 ZPO im Ermessen des Gerichts liegenden neuen
Begutachtung des Sachverhalts. Sie drängte sich dem Senat auch nicht aus anderen
Gründen auf, zumal weder vorgetragen noch sonst erkennbar ist, dass ein anderer
Sachverständiger über neue oder überlegenere Erkenntnisse verfügen könnte.
175
Zu diesem Gesichtspunkt vgl.: BVerwG, Beschluss vom 26. Juni 1992 - 4 B 1-11/92 -,
NVwZ 1993, 572 (578); zur Erforderlichkeit der Einholung weiterer Gutachten vgl. auch:
BVerwG, Urteil vom 6. Oktober 1987 - 9 C 12.87 -, Buchholz 310, § 98 VwGO Nr. 31, S.
1 (2); BVerwG, Beschluss vom 21. September 1987 - 1 B 131.93 -, Buchholz 310, § 98
VwGO Nr. 46, S. 1 (2 ff.); BVerwG, Beschluss vom 30. März 1995 - 8 B 167.94 -,
Buchholz 310, § 98 VwGO Nr. 48, S. 5 (6).
176
b) Bei dieser Sachlage hat der Kläger seine deutsche Staatsangehörigkeit mit dem 26.
Mai 1978 verloren (§ 25 Abs. 1 RuStAG). Die erst am 15. Februar 1979 zugestellte
177
Genehmigung zur Beibehaltung der deutschen Staatsangehörigkeit ging ins Leere, weil
diese gemäß § 25 Abs. 2 Satz 1 RuStAG voraussetzt, dass er sie vor dem Erwerb der
ausländischen Staatsangehörigkeit erhalten hat. Angesichts dieses eindeutigen
Gesetzeswortlauts kann der Kläger mit seiner Auffassung nicht durchdringen, auf den
Zeitpunkt der Zustellung jener Genehmigung könne es nicht ankommen, weil sich die
für die Erteilung zuständige Regierung von Schwaben schon vorher für die
Beibehaltung ausgesprochen habe. Der allgemeine Grundsatz des
Verwaltungsverfahrensrechts, dass ein Verwaltungsakt erst im Zeitpunkt seiner
Bekanntgabe an den Betroffenen wirksam wird (vgl. § 43 Abs. 1 VwVfG), hat für die
Beibehaltungsgenehmigung in § 25 RuStAG einen konkreten Niederschlag erhalten.
Auf die interne Willensbildung der Behörde kommt es danach nicht an, sondern darauf,
dass der Betroffene den Bescheid erhalten hat. Damit wird der Zweck verfolgt, die zur
Vermeidung von Mehrstaatigkeit automatisch eintretende Folge des Verlusts der
deutschen bei Erwerb einer fremden Staatsbürgerschaft (§ 25 Abs. 1 RuStAG),
vgl. dazu Hailbronner/Renner, § 25 RuStAG Rn. 1,
178
erst und nur dann zu verhindern, wenn die Genehmigung in dieser Weise
Außenwirkung entfaltet hat. Erst dadurch besteht Rechtssicherheit für den Betroffenen,
aber auch für die inländischen deutschen und die Behörden des Aufnahmestaates, dass
Doppelstaatsbürgerschaft durch die deutschen Behörden ausnahmsweise
hingenommen wird. Hat die zuständige Behörde ihren internen Willensbildungsprozess
hingegen noch nicht abgeschlossen oder hat sie sich dem Antragsteller gegenüber
lediglich (mündlich) unverbindlich geäußert, tritt die Rechtsfolge des § 25 Abs. 1
RuStAG bei Einbürgerung in einen fremden Staatsverband ohne weiteres ein.
179
Eine nachträgliche Heilung des Verlusts der deutschen Staatsbürgerschaft kommt nicht
in Betracht. Die nach dem Wirksamwerden der Einbürgerung des Klägers in die
Republik Südafrika ausgehändigte Beibehaltungsgenehmigung konnte die verloren
gegangene deutsche Staatsbürgerschaft nicht wieder aufleben lassen. Eine solche
Annahme verbietet sich im Hinblick auf die Formulierung des § 25 Abs. 2 Satz 1
RuStAG von Vornherein. Die Ausstellung der streitbefangenen Pässe nach dem Verlust
der Staatsangehörigkeit führt ebenfalls nicht zu einer "Heilung" jenes Verlusts. Sie ist
ersichtlich unter dem Eindruck des laufenden Verwaltungsverfahrens vorgenommen
worden, in dem die Staatsangehörigkeit erst geklärt werden musste. Solange diese
Klärung nicht - rechtskräftig - erfolgt war, war die Ausstellung auch unter
rechtsstaatlichen Gesichtspunkten geboten. Überdies ist eine Passaustellung nicht
geeignet, die verlorene Staatsangehörigkeit wieder zu begründen, wie namentlich aus §
12 PassG abgeleitet werden kann, der die Einziehung bei einer solchermaßen (auch
von Beginn an) unzutreffenden Eintragung vorsieht.
180
c) Der mit Wirkung vom 26. Mai 1978 eingetretene Verlust der deutschen
Staatsangehörigkeit ist auch nicht wegen Verstoßes gegen den ordre public der
Bundesrepublik Deutschland unbeachtlich. Hiermit ist es nicht unvereinbar, dass der
Kläger die südafrikanische Staatsbürgerschaft zeitlich bereits vor der Aushändigung der
Einbürgerungsurkunde erworben und dadurch die deutsche Staatsangehörigkeit
verloren hat. Da es, wie oben dargelegt, nach völkerrechtlichen Grundsätzen
grundsätzlich Sache jedes souveränen Staates ist, wie er sein Einbürgerungsverfahren
regelt, wäre von einem Verstoß gegen den innerstaatlichen ordre public allenfalls
auszugehen, wenn die Einbürgerung durch die Republik Südafrika in so
schwerwiegender Weise den Grundgedanken des in Deutschland geltenden
181
Einbürgerungsrechts widerspräche, dass sie aus der Sicht der Bundesrepublik
Deutschland untragbar erschiene.
Vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Dezember 1985 - 1 C 45.82 -, BVerwGE 72, 291 (296).
182
So verhält es sich hier jedoch nicht. Sowohl nach deutschem als auch nach
südafrikanischem Recht bedarf es für die in Rede stehende Individualeinbürgerung
eines Antrags des Betroffenen (§ 8 Abs. 1 StAG, § 10 Abs. 1 Citizenship Act).
183
Dazu, dass eine der Grenzen des Völkerrechts für die staatliche Einbürgerungsfreiheit
das Antragsprinzip ist, vgl.: Makarov/v. Mangoldt, Deutsches Staatsangehörigkeitsrecht,
12. Lieferung Juni 1998, § 8 RuStAG Rn. 56.
184
Nach der Rechtslage beider Staaten führt das durch die Antragstellung in Gang gesetzte
Verfahren noch nicht - automatisch - zum Erwerb der Staatsbürgerschaft; vielmehr ist
dazu noch ein weiterer durch den Einbürgerungsbewerber selbst vorzunehmender Akt
erforderlich. Im deutschen Recht ist dies die Aushändigung der Urkunde an den
Einbürgerungsbewerber (§ 16 Abs. 1 Satz 1 RuStAG alter und StAG neuer Fassung),
die seine Mitwirkung voraussetzt, während nach dem Recht Südafrikas die
Eidesleistung ausschlaggebend ist (§ 10 Abs. 11 und 11bis Citizenship Act). Es steht
nicht in erheblichem Widerspruch zu elementaren Grundsätzen des deutschen
Staatsangehörigkeitsrechts, wenn das südafrikanische Recht für den Zeitpunkt des
Wirksamwerdens der Einbürgerung auf einen anderen Umstand als den der
Aushändigung der Einbürgerungsurkunde abstellt. Die Wahl jenes Zeitpunkts liegt im
Ermessen des jeweiligen Gesetzgebers, dessen Regelungsfreiheit nur durch die
Verbote der Willkür und des Rechtsmissbrauchs, gegen die hier nicht verstoßen worden
ist, begrenzt wird. Entscheidend ist nur - worauf das Verwaltungsgericht hat zu Recht
hingewiesen hat -, dass der Betroffene selbst bestimmen kann, ob und wann er den zur
Einbürgerung führenden Treueeid ablegt, ähnlich wie er nach deutschem Recht selbst
entscheiden kann, ob und zu welchem Zeitpunkt er die Einbürgerungsurkunde annimmt.
185
d) Mit Rücksicht darauf kann der Kläger nicht mit Erfolg geltend machen, er habe sich im
Irrtum darüber befunden, dass die Einbürgerung anders als nach deutschem Recht nicht
erst mit der Aushändigung der dies belegenden Urkunde wirksam werde. Ein solcher
Rechtsirrtum über den Zeitpunkt der Einbürgerung ist nach südafrikanischem Recht
unerheblich. Es kommt lediglich darauf an, dass der Betroffene gegenüber den
zuständigen südafrikanischen Stellen seinen Willen zum Ausdruck gebracht hat, die
dortige Staatsangehörigkeit zu erwerben und sämtliche nach dortiger Rechtslage dazu
erforderlichen Voraussetzungen erfüllt hat. Ein Irrtum über Geltung und Reichweite der
diesbezüglichen Vorschriften Südafrikas hindert den Erwerb der beantragten
Staatsbürgerschaft nicht, die an objektive Umstände anknüpft und Willensmängel des
Betroffenen außer Betracht lässt. Der damit einhergehende Verlust der deutschen
Staatsangehörigkeit kann gleichfalls nicht deswegen unbeachtlich bleiben, weil der
Kläger diesen nicht gewünscht, insbesondere sich über diese Rechtsfolge geirrt hat.
Willensmängel sind im Rahmen des § 25 RuStAG nicht berücksichtigungsfähig.
186
Zu einem ähnlich gelagerten Fall vgl. BVerwG, Urteil vom 21. Mai 1985 - 1 C 12.84 -,
Buchholz 130, § 25 RuStAG Nr. 5, S. 9 (15); vgl. ferner: Senatsbeschluss vom 9.
Oktober 1997 - 25 A 854/94 -, S. 14 des Abdrucks.
187
e) Der Kläger hat seine deutsche Staatsangehörigkeit auch nicht aufgrund der Erklärung
188
des Generalkonsulats K. vom 21. September 1977 beibehalten. Es mag auf sich
beruhen, ob dieses Schreiben lediglich in Reaktion auf die Anhörung durch die für die
Erteilung der Beibehaltungsgenhmigung zuständige Behörde erfolgt ist, ihm also eher
verwaltungsinterner Charakter zukommt (vgl. § 25 Abs. 2 Satz 2 RuStAG). Eine die
Bundesrepublik Deutschland bindende Zusicherung liegt hierin nämlich jedenfalls
entgegen der Auffassung des Klägers nicht. Ungeachtet der bereits oben offen
gelassenen Frage der Anwendbarkeit des Verwaltungsverfahrensgesetzes kommt die
Annahme einer verbindlichen Selbstverpflichtung der Bundesrepublik Deutschland
auch unter Heranziehung allgemeiner verwaltungsverfahrensrechtlicher Grundsätze aus
folgenden Gründen nicht in Betracht: Das Schreiben des Generalkonsulats K., einer
Auslandsvertretung des Auswärtigen Amtes, die gemeinsam mit diesem eine
einheitliche Bundesbehörde bildet (vgl. §§ 2, 3 Abs. 1 des Gesetzes über den
Auswärtigen Dienst - GAD - vom 30. August 1990, BGBl. I S. 1842), stellt keine
Zusicherung der zuständigen Behörde dar. Für die Erteilung der Genehmigung nach §
25 Abs. 2 RuStAG ist mit Blick auf Art. 83 GG grundsätzlich eine Landesbehörde, in
Ausnahmefällen das Bundesverwaltungsamt, keinesfalls jedoch der Auswärtige Dienst,
zuständig (vgl. §§ 27, 17 StAngRegG). Eine verbindliche Festlegung über künftiges
Verhalten kann aber immer nur von der Behörde abgegeben werden, die auch für den
späteren Erlass des Verwaltungsaktes selbst zuständig ist. Das Schreiben des
Konsulats ist mithin nicht als eine solche Erklärung mit rechtlicher Bindungswirkung,
sondern lediglich als allgemeine rechtliche Auskunft zu der Frage zu werten, ob die
Bundesrepublik Deutschland (grundsätzlich) mit der Beibehaltung der deutschen
Staatsangehörigkeit des Klägers einverstanden ist. Entsprechend ist die Erklärung auch
formuliert: Es wird bestätigt, dass der Kläger seinen deutschen Pass "according to
German Citizen Regulations", also entsprechend den deutschen
staatsangehörigkeitsrechtlichen Bestimmungen behalten kann, wenn er die
südafrikanische Staatsbürgerschaft erhält. Damit wird als selbstverständlich
vorausgesetzt, dass sich das Verfahren nach den Vorschriften des
Staatsangehörigkeitsrechts der Bundesrepublik Deutschland, hier nach § 25 RuStAG,
vollziehen muss. Dem ist immanent, dass die Genehmigung zur Beibehaltung der
deutschen Staatsangehörigkeit auch nur dann erteilt werden kann, wenn die
Voraussetzungen jener Bestimmung erfüllt sind.
Der Kläger kann aus dieser Erklärung zu seinen Gunsten auch nicht herleiten, so
gestellt werden zu müssen, als hätte er die deutsche Staatsangehörigkeit behalten. Eine
im Zusammenhang mit der Erteilung einer Beibehaltungsgenehmigung abgegebene
und nicht im Sinne einer Zusicherung verbindliche Erklärung einer Behörde kann bei
der Frage, ob jemand die deutsche Staatsangehörigkeit verloren hat, nicht entgegen
den zwingenden gesetzlichen Vorgaben des § 25 RuStAG zu dessen Gunsten
berücksichtigt werden. Denn da der Verlust der Staatsangehörigkeit nach § 25 Abs. 1
RuStAG infolge Vorliegens der tatbestandlichen Voraussetzungen ohne behördliches
Ermessen eintritt, kann eine solche Erklärung nicht als ermessensbindender
Gesichtspunkt etwa bei der Frage der Feststellung der deutschen Staatsangehörigkeit
auf der Rechtsfolgenseite Berücksichtigung finden. Eine andere, unten (II.1.) zu
beantwortende Frage ist die, ob jene Mitteilung das der Behörde bei der
Passeinziehung zustehende Ermessen beschränkt.
189
II. War mithin die Angabe über die Staatsangehörigkeit in den beiden Reisepässen des
Klägers von deren Ausstellung an unzutreffend, weil er seine ursprünglich deutsche
Staatsangehörigkeit bereits verloren hatte, ist die Betätigung des dem Generalkonsulat
Kapstadt eingeräumten Ermessens dahingehend, die unrichtigen Pässe einzuziehen,
190
nicht zu beanstanden. Das Generalkonsulat hat weder die gesetzlichen Grenzen des
Ermessen überschritten noch von dem Ermessen in zweckwidriger Weise Gebrauch
gemacht (§ 114 Satz 1 VwGO).
1. Von einer Ermessensüberschreitung kann nicht deshalb ausgegangen werden, weil
die Einziehung der Pässe des Klägers gegen rechtsstaatliche Prinzipien, insbesondere
den Grundsatz des Vertrauensschutzes, verstoßen würde. Der Kläger kann sich weder
erfolgreich darauf berufen, vom Zeitpunkt des Erwerbs der südafrikanischen
Staatsangehörigkeit an jahrelang stets weiter als deutscher Staatsangehöriger
behandelt worden zu sein, noch rechtfertigen Zusagen oder mangelnde Aufklärung über
die zutreffende Rechtslage die Anerkennung eines schutz- würdigen Vertrauens des
Klägers darauf, seine deutschen Pässe behalten zu dürfen.
191
Der Grundsatz des Vertrauensschutzes konnte nicht dazu führen, dass dem Kläger
Rechte erhalten blieben, die sich daraus ergeben, dass er ungeachtet einer tatsächlich
fehlenden deutschen Staatsangehörigkeit zwischen 1978 und dem Ablauf der
Gültigkeitsdauer der streitbefangenen Pässe Inhaber deutscher Ausweispapiere
gewesen ist. Zwar kann die ständige Behandlung eines Ausländers als Deutschen ein
schutzwürdiges Vertrauen selbst dann auslösen, wenn keine die Staatsangehörigkeit
belegenden begünstigenden Verwaltungsakte ergangen sind.
192
BVerwG, Urteil vom 21. Mai 1985 - 1 C 52.82 -, Buchholz 130, § 25 RuStAG Nr. 4, S. 1
(8); Urteil vom 14. Dezem- ber 1972 - 1 C 32.71 -, Buchholz 130, § 3 RuStAG Nr. 1, S. 1
(2 ff.).
193
Jedoch ist bei der Abwägung zwischen dem schutzwürdigen Vertrauen des Betroffenen
einerseits und dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung andererseits (Art. 20
Abs. 3 GG) zu beachten, dass die Herstellung gesetzmäßiger Zustände auf dem Gebiet
des Staatsangehörigkeitsrechts besonders gewichtig ist.
194
BVerwG, Urteil vom 14. Dezember 1972 - 1 C 32.71 -, Buchholz 130, § 3 RuStAG Nr. 1,
S. 1 (3).
195
In Anbetracht der Möglichkeit, unzumutbaren Auswirkungen der Wiederherstellung des
rechtmäßigen Zustandes durch eine (Wieder-)Einbürgerung zu begegnen, wird dem
Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung in aller Regel der Vorrang einzuräumen
sein.
196
BVerwG, Urteil vom 14. Dezember 1972 - 1 C 32.71 -, Buchholz 130, § 3 RuStAG Nr. 1,
S. 1 (3 f.); Urteil vom 21. Mai 1985 - 1 C 52.82 -, Buchholz 130, § 25 RuStAG Nr. 4, S. 1
(8).
197
So liegt es auch hier: Das Vertrauen des Klägers darauf, infolge des Irrtums des
Generalkonsulats K. über seine deutsche Staatsangehörigkeit von einer
Passeinziehung verschont zu bleiben und weiterhin die aus der Inhaberschaft deutscher
Pässe resultierenden Rechte ausüben zu dürfen, ist nicht höher zu gewichten als das
Interesse der Bundesrepublik Deutschland an der Wiederherstellung des
gesetzmäßigen Zustandes. Zwar verkennt der Senat nicht, dass die jahrelange
Weiterbehandlung des Klägers als deutscher Staatsangehöriger durch die Unkenntnis
der zuständigen Behörden über den Zeitpunkt der Einbürgerung in die Republik
Südafrika mitverursacht worden ist und der Kläger deshalb mit einer Einziehung seiner
198
Pässe im Jahr 1993 nicht ohne weiteres rechnen konnte. Vielmehr ging er - ebenso wie
die beteiligten Behörden - davon aus, die deutsche Staatsangehörigkeit beibehalten zu
haben. Dieser Umstand allein rechtfertigt es aber nicht, den Kläger weiterhin so zu
behandeln, als wenn er die deutsche Staatsbürgerschaft noch inne hätte. Dies gilt schon
mit Blick darauf, dass durch die Passausstellung dem Kläger nicht förmlich bescheinigt
worden ist, deutscher Staatsangehöriger zu sein.
Vgl. OVG NRW, Urteil vom 19. August 1980 - 18 A 1987/79 -, S. 12 UA.
199
Vielmehr ist dies nur als Vorfrage geprüft und hier, wie aus den vorstehenden
Erwägungen folgt (S. 41), noch nicht einmal uneingeschränkt bejaht worden. Der Kläger
hat auch sonst keine Umstände vorgetragen, aus denen sich ergäbe, dass den
Auswirkungen des Verlusts der deutschen Staatsangehörigkeit nicht ebenso durch eine
rasche Wiedereinbürgerung begegnet werden könnte.
200
Abweichendes folgt nicht aus der Mitteilung des Generalkonsulats K. vom 21.
September 1977, ausweislich derer dem Kläger erlaubt wurde, seinen deutschen Pass
entsprechend den deutschen staatsangehörigkeitsrechtlichen Vorschriften behalten zu
dürfen, nachdem er die südafrikanische Staatsbürgerschaft erhalten habe. Weil diese
Erklärung nach den vorstehenden Ausführungen unter dem Vorbehalt der Einhaltung
der Vorschriften des RuStAG ergangen ist, durfte der Kläger auf sie nur mit dieser
Einschränkung vertrauen. Er durfte nicht davon ausgehen, seinen deutschen Pass
selbst dann in jedem Fall behalten zu dürfen, wenn er die deutsche Staatsangehörigkeit
verloren hätte, auch wenn ein solcher Verlust von keiner der beteiligten Behörden
beabsichtigt war. Dies gilt umso mehr, als er selbst, um dessen Staatsangehörigkeit es
ging, gehalten gewesen wäre, sich - gegebenenfalls mit anwaltlicher Hilfe - die
erforderliche Kenntnis der entsprechenden Normen des deutschen und des
südafrikanischen Rechts zu verschaffen. Hingegen waren die Auslandsvertretungen der
Bundesrepublik Deutschland in Südafrika, namentlich das Generalkonsulat K., zur
Erteilung rechtlich verbindlicher Auskünfte über den genauen Ablauf des Erwerbs der
südafrikanischen Staatsbürgerschaft und dessen Auswirkungen auf den Verlust der
deutschen Staatsangehörigkeit entgegen der Auffassung des Klägers nicht verpflichtet.
Eine solche Rechtspflicht lässt sich den einschlägigen Vorschriften nicht entnehmen.
Sie folgt insbesondere nicht aus §§ 1 Abs. 2 Spiegelstrich 5 GAD, 1 Spiegelstrich 2 des
Gesetzes über die Konsularbeamten, ihre Aufgaben und Befugnisse (Konsulargesetz)
vom 11. September 1974 (BGBl. I S. 2317). Hiernach gehört es zu den Aufgaben des
Auswärtigen Dienstes, Deutschen im Ausland nach pflichtgemäßem Ermessen Rat und
Beistand zu gewähren. Diese Bestimmungen enthalten indessen keine Aussage zu
einer Beratungspflicht in dem vom Kläger gewünschten weiten Sinne. Sie sind zunächst
vor dem Hintergrund der im Konsulargesetz näher beschriebenen Aufgaben der
Konsularbeamten zu sehen (§§ 2, 5 ff. jenes Gesetzes). Danach gehören
Staatsangehörigkeitsangelegenheiten insoweit zu den Aufgaben der Konsularbeamten,
als sie ihnen durch das Konsulargesetz oder andere Vorschriften übertragen sind (§ 2
Spiegelstrich 1 Konsulargesetz). Regelungen über eine konkrete Mitwirkung der
Konsularbeamten bei der Einbürgerung Deutscher in einen ausländischen
Staatsverband ergeben sich weder aus dem Konsulargesetz noch aus den Vorschriften
des Staatsangehörigkeitsrechts. Soweit die Konsularbeamten generell zur Hilfe
Deutschen gegenüber berufen sind, lässt sich daraus - ebenso wenig wie aus der
allgemeinen Bestimmung des § 25 VwVfG - keine Rechtspflicht ableiten, in einem
konkreten Fall umfassenden rechtlichen Rat über die anzuwendenden Rechtsnormen
und die Rechte und Pflichten der Beteiligten zu erteilen. Ein solches weitgehendes
201
Verständnis der vorgenannten Bestimmungen ist umso weniger geboten, als es - wie
ausgeführt - zunächst Sache des Klägers war, sich angesichts der weitreichenden
Bedeutung eines Wechsels der Staatsbürgerschaft mit den einschlägigen Vorschriften
vertraut zu machen, und zwar gerade deshalb, weil eine Rechtsunkenntnis
Auswirkungen auf seine Staatsangehörigkeit als Deutscher haben konnte. Mit Blick
darauf kann eine Beratungsverpflichtung des Generalkonsulats K. mit der Folge einer
Begrenzung des ihr im Rahmen des § 12 PassG zustehenden Ermessens nicht
angenommen werden.
2. Sonstige Ermessensfehler sind nicht erkennbar, zumal weitere Erwägungen, die das
Konsulat hätten veranlassen dürfen, dem Kläger die deutschen Reisepässe zu
belassen, angesichts des Verlusts der deutschen Staatsangehörigkeit schwerlich
denkbar sind.
202
Vgl. hierzu: OVG NRW, Urteil vom 10. Dezember 1985 - 18 A 10/85 -, NVwZ 1986, 936.
203
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Entscheidung über die
vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO, §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
204
IV. Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2
VwGO nicht vorliegen. Abgesehen davon, dass es maßgeblich auf die Auslegung und
Anwendung ausländischen, nicht aber deutschen Rechts ankam, hat die Rechtssache
namentlich deshalb keine grundsätzliche Bedeutung i.S.v. § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO,
weil die zu klärenden Rechtsfragen einzelfallbezogen und damit keiner
fallübergreifenden Klärung zugänglich sind.
205