Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 13.02.2004

OVG NRW: bestattungskosten, verzicht auf leistungen, unbestimmter rechtsbegriff, bedürftigkeit, beerdigungskosten, tod, renteneinkommen, belastung, witwerrente, vergleich

Oberverwaltungsgericht NRW, 16 A 1160/02
Datum:
13.02.2004
Gericht:
Oberverwaltungsgericht NRW
Spruchkörper:
16. Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
16 A 1160/02
Vorinstanz:
Verwaltungsgericht Düsseldorf, 22 K 7670/99
Tenor:
Das angefochtene Urteil wird geändert. Die Beklagte wird unter
teilweiser Aufhebung ihres Bescheides vom 25. März 1999 und ihres
Widerspruchsbescheides vom 21. Oktober 1999 verpflichtet, zu Gunsten
des Klägers Kosten für die Bestattung seiner Ehefrau C. T. in Höhe von
716,15 DM (366,34 Euro) zu übernehmen. Die weitergehende Klage
wird abgewiesen.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens beider
Instanzen zu 3/10 und die Beklagte zu 7/10.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der
jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch
Sicherheitsleistung in Höhe des jeweiligen Vollstreckungsbetrages
abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der
Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
1
Die Beteiligten streiten darüber, ob die beklagte Sozialhilfeträgerin zur Übernahme von
Kosten verpflichtet ist, die dem Kläger durch die Bestattung seiner am 4. Januar 1999
verstorbenen Ehefrau entstanden sind.
2
Der mit seinem 1969 geborenen Sohn zusammenlebende Kläger beantragte am 6.
Januar 1999 beim Sozialamt Süd der Beklagten wegen des Todes seiner Frau eine
einmalige Beihilfe für die Anschaffung von Trauerkleidung, der am Folgetag abgelehnt
wurde, weil dem Kläger diese Anschaffung im Wege der Eigenleistung zumutbar sei.
3
Dabei ging die Beklagte davon aus, dass das aktuelle Einkommen des Klägers (eigene
Rente, vorerst weitergezahlte Rente der Ehefrau und Wohngeld) den laufenden
sozialhilferechtlichen Bedarf um 635,54 DM übersteige und er daher die auf 296 DM
veranschlagten Kosten für Trauerkleidung aufbringen könne. Ausweislich eines
Aktenvermerks vom 18. Januar 1999 sprach der Kläger an diesem Tag erneut auf dem
Sozialamt vor; wörtlich heißt es in dem Vermerk:
"Herr T. spricht heute vor und beantragt laufende HZL.
4
Er wird darauf hingewiesen, daß er über ein überst. EK i.H.v. 635,54 DM/mtl. verfügt, wie
ihm auch mit Bescheid vom 7.1.99 (Bl 1 222 d.A.) mitgeteilt wurde.
5
Er wird darauf hingewiesen, dass er die Beerdigungskosten hier beantragen kann;
jedoch die Übernahme der Kosten der Krankenkasse + Rechnung des
Beerdigungsinstitutes vorlegen muß, um hier eine Überprüfung durchführen zu können.
6
Herr T. . gibt an, daß er keine Beerdigungskosten beantragen will und auch keine
Nachweise vorlegen wird.
7
Der HE bittet um Übersendung eines Ablehnungsbescheides.
8
Unter Beschimpfungen verläßt er das Zimmer der Sachbearbeiterin."
9
Mit Bescheid vom selben Tage wurde der Antrag des Klägers auf Gewährung von Hilfe
zum Lebensunterhalt mangels Bedürftigkeit abgelehnt.
10
Mit anwaltlichem Schreiben vom 17. März 1999, bei der Beklagten eingegangen am 23.
März 1999, beantragte der Kläger unter Beifügung von Rechnungen die Übernahme der
auf insgesamt 4.702,15 DM bezifferten Kosten für die Beerdigung seiner Ehefrau. Er
beziehe lediglich eine monatliche Rente von 1.324,34 DM. Ihm sei es nicht möglich, die
Beerdigungskosten zu tragen, da in seinem Haushalt noch sein behinderter Sohn lebe,
der selbst Sozialhilfe beziehe. Die monatliche Miete belaufe sich auf 700 DM, die
Stromkosten auf 198 DM. Außerdem benötige er wegen seiner Behinderung eine
Haushaltshilfe, für die er monatlich 450 DM zu zahlen habe.
11
Mit Bescheid vom 25. März 1999 lehnte die Beklagte die Übernahme der
Beerdigungskosten ab, weil der Antrag nicht innerhalb eines Monats nach dem
Todesfall gestellt worden sei. Mit einem weiteren Bescheid vom selben Tag wurde auch
ein erneuter Antrag des Klägers auf laufende Hilfe zum Lebensunterhalt vom 22. März
1999 abgelehnt, weil dem sozialhilferechtlichen Bedarf von 1.050,03 DM jedenfalls bis
einschließlich April 1999 ein monatliches Renteneinkommen von 1.715,57 DM
gegenüberstehe; die Kosten für eine Haushaltshilfe seien bisher nicht nachgewiesen
worden und könnten daher nicht berücksichtigt werden.
12
Am 30. März 1999 legte der Kläger Widerspruch gegen die Ablehnung der Übernahme
der Beerdigungskosten ein und trug vor, er habe sowohl am 8. Januar als auch am 14.
Januar 1999 einen entsprechenden Antrag gestellt; er sei aber jeweils mit dem
Bemerken wieder weggeschickt worden, er solle erst dann wiederkommen, wenn er alle
Unterlagen beisammen habe. Die letzten Rechnungen für die Beerdigung habe er erst
Ende Februar bzw. Anfang März 1999 erhalten, so dass ihm eine Fristversäumung nicht
entgegengehalten werden könne.
13
Nach Beteiligung sozial erfahrener Personen wies die Beklagte den Widerspruch des
Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 21. Oktober 1999 zurück und begründete dies
wie folgt: Wenngleich § 5 BSHG auf den besonderen Regeln folgenden Anspruch
gemäß § 15 BSHG nur eingeschränkt anwendbar sei, müsse doch der Antrag auf
Bewilligung solcher Leistungen innerhalb eines Monats nach dem Todesfall gestellt
werden. Diese Frist sei mit dem am 17. März 1999 gestellten Antrag nicht gewahrt.
Soweit noch jetzt offene Zahlungsverpflichtungen, etwa gegenüber dem
Bestattungsunternehmen, bestehen sollten, wäre darin auch keine neue, eigenständige
Notlage zu sehen. Abgesehen von der verspäteten Antragstellung lägen auch im
Übrigen die Voraussetzungen des § 15 BSHG nicht vor, weil dem Kläger die Tragung
der erforderlichen Bestattungskosten zugemutet werden könne. Als erforderlich seien
vorliegend Kosten im Umfang von lediglich 3.111,65 DM anzuerkennen, was nach
Abzug des gewährten Sterbegeldes der Krankenkasse von 2.100 DM zu einem
Restbedarf von 1.011,65 DM führe. Für die Zumutbarkeit komme es auf die
Gegenüberstellung des Einkommens und des anzuerkennenden Eigenbedarfs an. Das
monatliche Einkommen (eigene Erwerbsunfähigkeitsrente des Klägers sowie die
einstweilen - bis einschließlich März 1999 - weitergewährte Altersrente der Ehefrau)
habe 1.715,57 DM, der Eigenbedarf (sozialhilferechtlicher Regelsatz für den
Haushaltsvorstand, Aufschlag von 25% des Regelsatzes für einmalige Anschaffungen,
Mehrbedarf wegen Erwerbsunfähigkeit, Miete und Heizkosten abzüglich des
Wohngeldes und des auf den Sohn entfallenden hälftigen Mietanteils) 1.245,03 DM
betragen. Angesichts des demnach vorhandenen monatlichen Überschusses von
470,54 DM und der in analoger Anwendung von § 21 Abs. 2 BSHG angemessenen
Berücksichtigung des Einkommens dreier Monate - Januar bis März 1999 - übersteige
der in diesem Zeitraum erzielte Einkommensüberschuss von 1.411,62 DM den
anzuerkennenden Bestattungsbedarf, so dass eine Hilfeleistung nach § 15 BSHG nicht
in Betracht komme. Sonstige Gründe, wegen derer von der
Einkommensberücksichtigung abgesehen werden könne, seien nicht ersichtlich.
14
Der Kläger hat am 25. November 1999 Klage erhoben und zur Begründung vorgetragen:
Obgleich die Beklagte nicht dargelegt habe, warum sie nur einen Teil der tatsächlich
entstandenen Bestattungskosten anerkenne, solle doch die Klage auf diesen von der
Beklagten festgelegten Betrag beschränkt werden. Die von der Beklagten
zugrundegelegte Rente der Ehefrau belaufe sich lediglich auf 210,72 DM bzw. ab Juli
1999 auf 214,63 DM; nur im Monat Januar 1999 sei der von der Beklagten angeführte
Betrag von 391,23 DM gezahlt worden; in den Monaten Februar und März 1999 sei
keine Altersrente für die Ehefrau mehr geleistet worden. Die Berechnung des
Zuschlages für einmalige Anschaffungen und des Mehrbedarfszuschlags wegen
Erwerbsunfähigkeit sei unklar. Die Heizkosten beliefen sich auf 120 DM monatlich, die
Stromkosten zweimonatlich auf 357 DM; weitere 50 DM für Wasser, Müllabfuhr etc.
seien bei den Nebenkosten nicht berücksichtigt worden. Wohngeld habe er nicht
bezogen, sondern lediglich - bis einschließlich April 1999 - sein Sohn. Die Beklagte
habe auch nicht erläutert, wie der Mietanteil für den im Haushalt lebenden Sohn
berechnet worden sei; dieser führe jedenfalls von den von ihm bezogenen öffentlichen
Mitteln nichts an ihn, den Kläger, ab. Die Aufwendungen für die Haushaltshilfe seien
unberücksichtigt geblieben; Quittungen darüber könne er aber nicht vorlegen. Er habe
im Zeitraum vom 6. bis zum 18. Januar 1999 insgesamt fünfmal bei verschiedenen
Bediensteten des Bezirksamts Süd der Beklagten einen Antrag auf Übernahme der
Bestattungskosten gestellt; auch im Februar 1999 habe er 10 bis 12 Mal deswegen
vorgesprochen, zum Teil telefonisch. Er habe hingegen nie erklärt, er begehre keine
15
Kostenübernahme mehr; ein bloßer Aktenvermerk reiche für die Annahme einer
rechtswirksamen Verzichtserklärung nicht aus.
Der Kläger hat beantragt,
16
die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 25. März 1999 und des
Widerspruchsbescheides vom 21. Oktober 1999 zu verpflichten, die Kosten der
Bestattung seiner, des Klägers, Ehefrau in Höhe eines Betrages von 1.011,65 DM (=
517,25 Euro) zu übernehmen.
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Die Beklagte hat beantragt,
18
die Klage abzuweisen.
19
Das Verwaltungsgericht hat fernmündlich Ermittlungen zur Rentenzahlung nach dem
Tod der Frau T. angestellt und auf die mündliche Verhandlung vom 22. Januar 2002 der
Klage stattgegeben; es hat ferner die Berufung zugelassen.
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Mit seiner Berufung macht die Beklagte im Wesentlichen geltend: Dem Kläger sei es -
anders als geschehen - möglich gewesen, bei seinen Vorsprachen auf dem Sozialamt
am 6. und 18. Januar 1999 auch die Übernahme der Bestattungskosten zu beantragen;
es gebe keinen überzeugenden Grund, für einen solchen Antrag eine Frist von mehr als
einem Monat seit dem Todesfall vorzusehen. Entgegen der Auffassung des
Verwaltungsgerichts müsse für die Frage der Zumutbarkeit der beim Kläger
verbleibenden Kostenbelastung auf die drei Monate seit dem Tod der Ehefrau des
Klägers und nicht auf den Monat der Widerspruchsentscheidung abgestellt werden. Die
Zumutbarkeit der Kostentragung sei auch nicht davon abhängig, dass das Einkommen
den nach sozialhilferechtlichen Gesichtspunkten ermittelten Eigenbedarf deutlich
übersteige; vielmehr seien insoweit auch geringere Einkommensüberschüsse relevant.
Es spreche auch nichts dagegen, dem Bedarf der Übernahme von Bestattungskosten
das überschießende Einkommen mehrerer Monate gegenüberzustellen; anders als bei
den einmaligen Leistungen gemäß § 21 BSHG handele es sich bei den
Bestattungskosten nicht um einen unaufschiebbaren und unvorhersehbaren Bedarf. Der
Besonderheit dieses Bedarfs werde bereits dadurch hinreichend Rechnung getragen,
dass ausnahmsweise Schulden als sozialhilferechtlicher Bedarf anerkannt würden.
21
Die Beklagte beantragt,
22
das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen.
23
Der Kläger beantragt,
24
die Berufung zurückzuweisen.
25
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die
Verfahrensakte sowie auf die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten
Bezug genommen.
26
Entscheidungsgründe:
27
Die Berufung hat teilweise Erfolg. Der Kläger kann von der Beklagten lediglich die
28
Übernahme von Bestattungskosten im Umfang von 366,34 Euro (716,15 DM)
beanspruchen; die weitergehende Klage ist unbegründet, die Berufung insoweit
begründet. Im Übrigen, das heißt hinsichtlich der Zuerkennung eines
Kostenübernahmeanspruchs in der genannten Höhe, ist die Berufung unbegründet.
Der Anspruch des Klägers beruht auf § 15 BSHG. Nach dieser Vorschrift hat der
Sozialhilfeträger die erforderlichen Kosten einer Bestattung zu übernehmen, soweit dem
hierzu Verpflichteten die Kostentragung nicht zugemutet werden kann. Es steht für den
Senat und auch für die Beteiligten nicht in Frage, dass der Kläger als Ehemann und
gesetzlicher (Mit-)Erbe (§§ 1922, 1931 Abs. 1 und 3 BGB) der am 4. Januar 1999
verstorbenen C. T. im Ausgangspunkt (mit-)verpflichtet war, die Kosten für deren
Bestattung zu tragen. Dass neben dem Kläger auch sein Sohn D. T. in diesem Sinne als
Verpflichteter anzusehen war, ändert angesichts der Sozialhilfebedürftigkeit des Sohnes
nichts daran, dass der Kläger zu Recht den gesamten Anspruch gemäß § 15 BSHG
geltend machen kann; die vom Verwaltungsgericht in Übereinstimmung mit der
Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen
29
vgl. Urteil vom 14. März 2000 - 22 A 3975/99 -, DVBl. 2000, 1704 (1705), bestätigt vom
BVerwG, Urteil vom 22. Februar 2001 - 5 C 8.00 -, BVerwGE 114, 57 (60) = FEVS 52,
441 = NVwZ 2001, 927 = NWVBl. 2002,344 = BayVBl. 2001, 601,
30
vertretene Auffassung, der Kläger dürfe nicht auf die teilweise Inanspruchnahme seines
Sohnes verwiesen werden, der dann seinerseits einen anteiligen Anspruch auf
Kostenübernahme gegen die Beklagte geltend zu machen hätte, wird vom Senat geteilt
und auch von den Beteiligten nicht in Zweifel gezogen. Da der Kläger seine
Klageforderung von vornherein auf den Betrag von 517,25 Euro (1.011,65 DM)
beschränkt hat, den die Beklagte in ständiger Praxis als sozialhilferechtlich
angemessen anerkennt, besteht schließlich auch kein Anlass, die Erforderlichkeit der in
Rede stehenden Bestattungskosten zu erörtern. Zu klären ist lediglich, ob dem Kläger
die (endgültige) Belastung mit den Bestattungskosten zugemutet werden kann und ob
die Beklagte vom Kläger rechtzeitig über seinen Kostenübernahmebedarf in Kenntnis
gesetzt worden ist. Die erste Frage ist überwiegend zu verneinen, die zweite hingegen
zu bejahen.
31
Der Begriff der Zumutbarkeit iSv § 15 BSHG ist ein der vollen verwaltungsgerichtlichen
Prüfung unterliegender unbestimmter Rechtsbegriff.
32
Vgl. OVG NRW, Urteile vom 30. Oktober 1997 - 8 A 3515/95 -, FEVS 48, 446 (449) =
NJW 1998, 2154 = FamRZ 1998, 1058, und vom 14. März 2000 - 22 A 3975/99 -, a.a.O.;
Kunz, in Oestreicher/Schelter/Kunz/Decker, Bundessozialhilfegesetz, Kommentar
(Loseblatt); Stand: Juni 2003, § 15 Rn. 6; Paul, ZfF 1996, 222 (224).
33
Der Begriff der Zumutbarkeit stimmt nicht mit dem ansonsten den Abschnitt 2 des BSHG
(Hilfe zum Lebensunterhalt, §§ 11 bis 26 BSHG) prägenden Begriff der Bedürftigkeit
überein,
34
vgl. BVerwG, Urteil vom 5. Juni 1997 - 5 C 13.96 -, BVerwGE 105, 51 (54) = FEVS 48, 1
= NJW 1998, 1329, und Beschluss vom 4. Februar 1999 - 5 B 133.98 -, FEVS 51, 5 (6),
35
während andererseits anzunehmen ist, dass allgemeine Prinzipien des
Sozialhilferechts, insbesondere die Orientierung an der Würde des Menschen (§ 1 Abs.
36
2 BSHG), der Nachranggrundsatz (§ 2 BSHG) und die Ausrichtung der Hilfe an den
Besonderheiten des Einzelfalles unter Einbeziehung auch der individuellen Wünsche
und Vorstellungen des Hilfesuchenden (§ 3 BSHG), auch bei der Anwendung des § 15
BSHG gelten.
Vgl. OVG NRW, Urteile vom 22. Juni 1976 - VIII A 1074/75 - FEVS 25, 33 (35), vom 30.
Oktober 1997 - 8 A 3515/95 -, a.a.O., und vom 14. März 2000 - 22 A 3975/99 -, a.a.O.;
Kunz, a.a.O.; Westermann, ZfF 2001, 105 (107); offengelassen in BVerwG, Urteil vom
22. Februar 2001 - 5 C 8.00 -, a.a.O.
37
Im Hinblick auf die dem iSv § 15 BSHG Verpflichteten nicht zumutbare Belastung ist
grundsätzlich ein im Vergleich zur sozialhilferechtlichen Bedürftigkeit weniger strenger
Maßstab anzulegen, was nicht zuletzt auf der Überlegung beruht, dass die
ordnungsgemäße, der Würde des Verstorbenen entsprechende Beisetzung auch ein
öffentliches Anliegen darstellt und in öffentlich-rechtlichen Vorschriften, namentlich in
kommunalen Friedhofssatzungen, nähere - auch die den Erstattungspflichtigen treffende
Kostenbelastung beeinflussende - Regelungen hierüber enthalten sind.
38
Im Ausgangspunkt steht zunächst außer Frage, dass dem Verpflichteten iSv § 15 BSHG
- gleichsam als anspruchsspezifische Ausprägung des Nachranggrundsatzes -
finanzielle Vorteile oder Ausgleichansprüche, die aus dem Todesfall oder der
(vorläufigen) Übernahme der Bestattungskosten erwachsen, anspruchsmindernd und
gegebenenfalls anspruchsausschließend entgegenzuhalten sind. Insoweit ist - ohne
dass die Beteiligten hierüber streiten - zu Recht das krankenversicherungsrechtliche
Sterbegeld in Höhe von 2.100 DM, das dem Kläger nach dem Tod seiner Frau
zugeflossen ist, von vornherein von den als angemessen angesehenen
Bestattungskosten abgezogen worden. Da nichts dafür spricht, dass der Kläger im
Erbgang nennenswerte wirtschaftliche Positionen erworben haben könnte, kommt es im
Hinblick auf etwaige kompensierende finanzielle Leistungen des Weiteren allein darauf
an, ob der ihm - offensichtlich auf der rechtlichen Grundlage des § 7 Abs. 1 und 2 der
Postrentendienstverordnung (PostRDV) vom 28. Juli 1994, BGBl. I S.1867 - gewährte
Sterbequartalsvorschuss (die sog. Gnadenrente) gleichfalls den Anspruch gemäß § 15
BSHG ausschließt oder einschränkt. Das ist - im Sinne einer Anspruchbeschränkung -
zu bejahen. Derartige Zuschüsse haben im wesentlichen den Zweck, die Umstellung
des hinterbliebenen Ehegatten auf die neuen Lebensverhältnisse finanziell zu
erleichtern, insbesondere ihm die mit der letzten Krankheit des Verstorbenen und dem
Todesfall verbundenen Aufwendungen zu einem Teil abzunehmen.
39
Vgl. BVerfG, Beschluss vom 8. März 1972 - 1 BvR 674/70 -, BVerfGE 32, 365 (369) =
NJW 1972, 899; BSG, Urteil vom 11. Januar 1990 - 7 RAr 128/88 -, BSGE 66, 134.
40
Der Senat hält es im Rahmen der letztlich nach Billigkeitsgesichtspunkten zu treffenden
Entscheidung über die iSv § 15 BSHG zumutbare Kostenbelastung für angemessen, die
Hälfte der Differenz zwischen der dem Kläger nach dem Tod seiner Ehefrau
zustehenden Witwerrente, wie sie im Zeitraum Februar bis April 1999 geleistet worden
wäre, und des für die Monate Februar bis April 1999 tatsächlich - anstelle der
Witwerrente - gezahlten - höheren - Sterbequartalsvorschusses, mithin einen Betrag von
(1.201,51 DM - 632,16 DM : 2 =) 284,68 DM (145,55 Euro), auf einen Anspruch gemäß §
15 BSHG anzurechnen. Die Halbierung des Differenzbetrages beruht insbesondere
darauf, dass die Bestattungskosten im engeren Sinne zwar einen wesentlichen, aber
nicht den gesamten mit dem Todesfall einhergehenden und vom Sinn und Zweck des
41
Sterbequartalvorschusses erfassten Bedarf des Hinterbliebenen ausmachen; vielmehr
ist zu bedenken, dass nach dem Ableben eines nahen Angehörigen üblicherweise auch
Aufwendungen für Trauerkleidung und für sonstige - nicht von § 15 BSHG erfasste -
bestattungsbedingte Kosten, etwa wegen der Bewirtung von Trauergästen, sowie für
Aufmerksamkeiten zugunsten von Personen, die zuletzt der verstorbenen Person
beigestanden haben, bestritten werden müssen.
Darüber hinaus ist dem Kläger nur in einem relativ geringen Umfang zuzumuten, auch
aus seinem laufenden Einkommen (dauerhaft) zu den erforderlichen Bestattungskosten
beizutragen. Hinsichtlich der Einkommensanrechnung im Rahmen des § 15 BSHG kann
weder aus den oben genannten allgemeinen Prinzipien des Sozialhilferechts ein
handhabbarer Maßstab für die zumutbare Belastung gewonnen werden, noch erscheint
es im Hinblick auf die eigenständige, nicht am sozialhilferechtlichen Bedarf ansetzende
Zumutbarkeitsregelung angebracht, die allgemeinen Bestimmungen über den Einsatz
des Einkommens (§§ 76 bis 78 BSHG) unbesehen anzuwenden. Da einerseits schon
aus Gründen der Gleichbehandlung ein Bedürfnis nach verlässlichen Grundlagen für
die Bestimmung der zumutbaren Einkommensanrechnung besteht,
42
vgl. OVG Lüneburg, Urteil vom 8. Mai 1995 - 12 L 6679/93 -, NVwZ-RR 1996, 400 (401),
43
andererseits im Hinblick auf Unterschiede der Einzelfälle, insbesondere im Hinblick auf
die persönliche Nähe der jeweils iSv § 15 BSHG verpflichteten Person zum Bestatteten,
44
vgl. zum Kreis der möglichen Verpflichteten etwa Kunz, a.a.O., Rn. 4; Paul, ZfF 1996,
222; Westermann, a.a.O. (S. 106 f.); Widmann, ZFSH/SGB 2003, 214,
45
eine starre, schematisierende Berechnungsweise auf Bedenken stößt,
46
vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 27. März 1992 - 6 S 1736/90 -, FEVS 42, 380
(384); Paul, a.a.O. (S. 224),
47
ist anstelle des von der Beklagten angewandten und letztlich auf die
sozialhilferechtliche Bedürftigkeit iSd Regelungen über die Hilfe zum Lebensunterhalt
abstellenden Maßstabes auf den Schonbetrag iSv § 79 Abs. 1 BSHG zurückzugreifen,
wobei die notwendigen Differenzierungen in der Weise vorgenommen werden können,
dass je nach der Enge der familiären oder persönlichen Verbindung zwischen dem
Verpflichteten und dem Verstorbenen der gemäß § 79 Abs. 1 BSHG ermittelte
Einkommensüberschuss in unterschiedlichem Umfang auf den möglichen Anspruch aus
§ 15 BSHG anzurechnen ist. Der Rückgriff auf den Maßstab des § 79 Abs. 1 BSHG
bietet sich im Hinblick auf die Übernahme von Bestattungskosten schon deshalb an,
weil in dieser Vorschrift wie auch in § 15 BSHG der Begriff der Zumutbarkeit verwendet
wird; außerdem erscheint der in § 79 Abs. 1 Nr. 1 BSHG genannte und nach Maßgabe
von § 82 BSHG festgelegte Schonbetrag, der im maßgeblichen Zeitraum 1.050 DM
betrug und zu dem nach § 79 Abs. 1 Nr. 2 BSHG die (angemessenen)
Unterkunftskosten hinzutreten, als sachgerecht, weil einerseits durch die erhöhten
Freibeträge eine Besserstellung der Hilfesuchenden im Vergleich zu einer auf die bloße
sozialhilferechtliche Bedürftigkeit Bedacht nehmenden Berechnungsweise erreicht wird,
andererseits aber eine - im Hinblick auf den Umstand, dass es sich letztlich doch um
einen Anspruch auf Sozialhilfe handelt - zu weitgehende und gegebenenfalls selbst die
Bezieher durchschnittlicher oder gar überdurchschnittlicher Einkommen erfassende
Begünstigung vermieden wird.
48
Des Weiteren ist jedenfalls im Ansatz der Auffassung des Verwaltungsgerichts
beizutreten, - entsprechend dem Regelfall bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit von
Verwaltungsakten in sozialhilferechtlichen Verpflichtungssituationen - hinsichtlich des
Einkommens die Verhältnisse zur Zeit der abschließenden Verwaltungsentscheidung,
hier also im Oktober 1999, zugrunde zu legen.
49
Vgl. allgemein BVerwG, Urteile vom 29. September 1971 - V C 110.70 -, BVerwGE 38,
299 = FEVS 19, 81, vom 16. November 1978 - 5 C 19.77 -, FEVS 27, 265 (273), und
vom 23. Juni 1994 - 5 C 26.92 -, BVerwGE 96, 152 (154) = FEVS 45, 138; speziell für §
15 BSHG: OVG NRW, Urteil vom 30. Oktober 1997 - 8 A 3515/95 -, a.a.O. (S. 450 und
452).
50
Die von der Beklagten für richtig gehaltene Betrachtung der Einkommenslage bei bzw.
unmittelbar nach dem Todesfall oder der Bestattung lehnt sich an die Bestimmungen
über die Gewährung laufender Hilfe zum Lebensunterhalt bzw. über die Gewährung
dauerhafter Hilfe in besonderen Lebenslagen (§ 79 Abs. 1 BSHG) an und trägt den
Besonderheiten des hier in Rede stehenden, tendenziell eher der Gewährung
einmaliger Beihilfen
51
- zum insoweit grundsätzlich maßgebenden Beurteilungszeitpunkt vgl. OVG NRW, Urteil
vom 15. November 1999 - 22 A 5573/97 -, Juris -
52
vergleichbaren Sozialhilfeanspruchs aus § 15 BSHG nicht hinreichend Rechnung.
Insbesondere der Umstand, dass der Anspruch aus § 15 BSHG nicht einem aktuellen
und unaufschiebbaren Bedarf des Hilfesuchenden, sondern einer der Billigkeit
entsprechenden Lastenverteilung dient, die gegebenenfalls auch noch geraume Zeit
nach der Bestattung bzw. der Begleichung der diesbezüglichen Verbindlichkeiten
herbeigeführt werden kann, ist hier anders als bei der laufenden Hilfe zum
Lebensunterhalt oder einer dauerhaft benötigten Hilfe in besonderen Lebenslagen kein
überzeugender Grund dafür erkennbar, von der grundsätzlichen Betrachtung der
Sachlage zum Abschluss des behördlichen Verfahrens abzuweichen.
53
Im Ergebnis möglicherweise anders OVG NRW, Urteil vom 22. Juni 1976 - VIII A
1074/75 -, a.a.O. (S. 36).
54
Der Senat hält es allerdings im Sinne eines möglichen Korrektivs für denkbar, dem
Hilfesuchenden den Anspruch wegen deutlich überschießender Einkünfte zu versagen,
wenn sich seine Einkommenssituation zur Zeit der Bestattung deutlich besser
dargestellt hat als zu der nach dem oben Gesagten grundsätzlich maßgebenden Zeit
des Erlasses des Widerspruchsbescheides; denn in diesem Falle wäre es ihm ohne
weiteres zuzumuten, sogleich endgültig die Bestattungskosten zu tragen. Diese
Überlegungen bedürfen indes vorliegend keiner Vertiefung, weil ein solcher Fall hier
ersichtlich nicht gegeben ist; insbesondere würde sich nicht zu Lasten des Klägers
auswirken, dass er seinerzeit noch über ein höheres Renteneinkommen verfügt hat, weil
diese Besserstellung bereits im Rahmen der todesfallbedingten finanziellen Vorteile zu
berücksichtigen war.
55
Vorliegend geht der Senat auf der Grundlage der Feststellungen im angefochtenen
Urteil, denen die Beteiligten nicht widersprochen haben, davon aus, dass der Kläger zur
Zeit des Erlasses des Widerspruchsbescheides über ein Renteneinkommen von
56
1.556,75 DM verfügte und sich sein davon gemäß § 79 Abs.1 Nr. 2 BSHG
abzuziehender Anteil an den Unterkunfts- und Heizungskosten auf 496,28 DM belief.
Nach dem Abzug auch des Grundbetrages gemäß § 79 Abs. 1 Nr. 1 BSHG in Höhe von
1.050 DM verbleibt mithin ein monatlicher Einkommensüberschuss von 10,47 DM (5,35
Euro). Angesichts des engen familiären Bandes ist es angebracht, diesen
Einkommensüberschuss in vollem Umfang und nicht lediglich zu einem Bruchteil auf
den Anspruch aus § 15 BSHG anzurechnen.
Anders - Anrechnung "in der Regel" lediglich in Höhe von 50% des
Einkommensüberschusses bei Kindern und Ehegatten -: OVG Lüneburg, Urteil vom 8.
Mai 1995 - 12 L 6679/93 -, a.a.O., und Westermann, a.a.O. (S. 107).
57
Andererseits spricht nichts Durchgreifendes dafür, den Einkommensüberschuss gleich
für mehrere Monate anzurechnen. Soweit die Beklagte § 21 Abs.2 BSHG entsprechend
angewandt wissen möchte, dürfte dem schon die darin liegende Orientierung an der
sozialhilferechtlichen Bedürftigkeit - anstatt an dem tendenziell großzügigeren Maßstab
der Zumutbarkeit - entgegenstehen. Ebenso wenig ist § 84 Abs. 3 BSHG einschlägig,
der einen Einkommenseinsatz für einen Zeitraum von bis zu drei Monaten nach Ablauf
des Monats ermöglicht, in dem über die Hilfe entschieden worden ist. Denn vorliegend
handelt es sich weder um eine einmalige Beihilfe für (langlebige) Bedarfsgegenstände
noch um eine Hilfeart, die unter wertenden Gesichtspunkten mit einer solchen
einmaligen Beihilfe vergleichbar wäre; vielmehr ist auch in diesem Zusammenhang
darauf Bedacht zu nehmen, dass es sich bei den Bestattungskosten nicht ausschließlich
um Aufwendungen im privaten Nutzen, sondern daneben auch zur Herbeiführung eines
öffentlich gebotenen und erwünschten Zustandes handelt.
58
Zusammenfassend sind demzufolge (zusätzlich zum Sterbegeld) von den erforderlichen
Bestattungskosten der durch die Gewährung des im Vergleich zur Witwerrente erhöhten
Sterbequartalsvorschusses erlangte finanzielle Vorteil im Umfang von 284,68 DM
(145,55 Euro) und der im Oktober 1999 erzielte Einkommensüberschuss von 10,47 DM
(5,35 Euro), insgesamt mithin ein Betrag von 295,15 DM (150,91 Euro) abzuziehen, so
dass dem Kläger gemäß § 15 BSHG die Kostenbelastung im Umfang von (1.011,65 DM
- 295,15 DM =) 716,50 DM (366,34 Euro) nicht zugemutet werden kann.
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Dem Anspruch des Klägers in der zuletzt genannten Höhe steht nicht entgegen, dass
der Beklagten der entsprechende Bedarf des Klägers nicht rechtzeitig iSv § 5 Abs. 1
BSHG bekannt geworden wäre.
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Es kann dahinstehen, ob die Sonderstellung des Kostenerstattungsanspruches nach §
15 BSHG innerhalb der Regelungen über die Hilfe zum Lebensunterhalt
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vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 5. Juni 1997 - 5 C 13.96 -, a.a.O.
62
lediglich zu einer modifizierten Anwendung des § 5 Abs. 1 BSHG in der Weise führt,
dass die Durchführung der Bestattung vor der Kenntniserlangung durch den
Sozialhilfeträger ausnahmsweise nicht den Anspruchsverlust nach sich zieht, das
allgemeine Gebot einer (rechtzeitigen) Kenntnisverschaffung aber unberührt bleibt, oder
ob § 5 BSHG im Rahmen des § 15 BSHG generell unanwendbar ist. Denn auch wenn §
5 BSHG abgesehen von der dargestellten Modifizierung im Grundsatz für den Anspruch
auf Übernahme von Bestattungskosten gilt und entsprechend der Rechtsauffassung des
Beklagten eine Antragstellung beim Sozialhilfeträger oder dessen Kenntniserlangung
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jedenfalls binnen eines Monats nach dem Todesfall bzw. der Bestattung zu fordern sein
sollte,
so auch Paul, a.a.O. (224), und Hammel, ZFSH/SGB 1998, 606 (616) und 643 (652);
ähnlich Birk in LPK-BSHG, 6. Aufl. (2003), § 15 Rn. 4, unter Bezugnahme auf die
Bayerischen Sozialhilferichtlinien ("im Allgemeinen bis zu zwei Monaten nach dem
Todesfall") sowie OVG Lüneburg, Urteil vom 8. Mai 1995 - 12 L 6679/93 -, a.a.O. (401),
und Kunz in Oestreicher/Schelter/Kunz/ Decker, BSHG, Loseblatt-Kommentar, Stand:
Juni 2003, § 15 Rn. 10 ("binnen angemessener Frist nach der Bestattung"),
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käme vorliegend ein Anspruchsausschluss nicht zum Tragen, weil die Beklagte
frühzeitig vom Hilfebedarf Kenntnis erlangt hat. Aus dem im Sozialamt gefertigten
Vermerk vom 18. Januar 1999 - genau zwei Wochen nach dem Tod der Frau T. - geht
hervor, dass über die Frage der Übernahme von Bestattungskosten gesprochen worden
ist; aus dem Umstand, dass der Kläger zu jener Zeit sogar wegen Mittellosigkeit die
Gewährung laufender Hilfe zum Lebensunterhalt begehrte, wird auch hinreichend
deutlich erkennbar, dass neben der Gewissheit über die Notwendigkeit einer Bestattung
der Ehefrau des Klägers auch Anhaltspunkte für eine wenn schon nicht zur Bedürftigkeit
im Hinblick auf die Gewährung von Hilfe zum Lebensunterhalt, dann doch jedenfalls zur
Unzumutbarkeit der Tragung der Bestattungskosten führende wirtschaftliche Lage des
Klägers bestanden. Aus dem Bemerken des Klägers bei seiner Vorsprache auf dem
Sozialamt, er wolle keine Beerdigungskosten beantragen und auch keine Nachweise
vorlegen, folgt nichts anderes. Wenngleich der Beklagten keine Verpflichtung zur
Hilfeleistung bzw. weiteren Prüfung des Bedarfs oblag, nachdem und solange der
Kläger ausdrücklich keine derartige Hilfe wünschte - Sozialhilfeleistungen dürfen dem
Bürger nicht gleichsam aufgedrängt werden -, konnte das Verhalten des Klägers
jedenfalls nicht dazu führen, dass die zunächst vermittelte Kenntnis des
Sozialhilfeträgers vom Bedarf nachträglich wieder entfallen wäre; dafür spricht
insbesondere, dass der aus dem Aktenvermerk hervorgehende "Verzicht" auf
Leistungen nach § 15 BSHG allem Anschein nach auf einer spontanen Verärgerung des
Klägers beruhte und keine Hinweise auf anderweitige Möglichkeiten des Klägers zur
Vermeidung oder Weitergabe der bestattungsbedingten Kosten vorlagen. Es kann auch
dahinstehen, ob ein längeres nachfolgendes Schweigen des Klägers zu der Übernahme
der Bestattungskosten von einem bestimmten Zeitpunkt an die zuvor gegebene
Kenntnis des Sozialhilfeträgers vom Hilfebedarf hätte entfallen lassen können.
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Zur generellen Möglichkeit eines nachträglichen Wegfalls der Kenntnis iSv § 5 Abs. 1
BSHG vgl. OVG NRW, Urteil vom 17. Oktober 2000 - 22 A 387/97 -.
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Denn ein im genannten Sinne "längeres" Schweigen kann nicht angenommen werden,
wenn wie vorliegend der Hilfesuchende binnen weniger Wochen nach Erhalt aller die
Bestattung betreffenden Rechnungen beim Sozialhilfeträger unter Vorlage dieser
Rechnungen einen Antrag auf Leistungen gemäß § 15 BSHG stellt.
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Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 155 Abs. 1 Satz 1 und 188 Satz 2 VwGO,
der Ausspruch über ihre vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO iVm den §§ 708
Nr. 10 und 711 ZPO.
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Die Revision ist zuzulassen, weil die Fragen, nach welchen Vorgaben sich die
Zumutbarkeit der Kostentragung iSv § 15 BSHG im Hinblick auf das Einkommen des
Hilfesuchenden bemisst und ob bzw. in welchem Umfang die in § 7 PostRDV - und
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gegebenenfalls in vergleichbarer Form auch in anderen Vorschriften - vorgesehene
Gewährung von Sterbequartalsvorschüssen bzw. "Gnadenrenten" die Zumutbarkeit iSv
§ 15 BSHG beeinflusst, grundsätzliche Bedeutung haben (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).