Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 02.02.2006
OVG NRW: verwaltungsakt, behörde, zustand, verordnung, bauherr, garantie, abnahme, ermessen, gefahr, fristablauf
Oberverwaltungsgericht NRW, 7 A 2902/05
Datum:
02.02.2006
Gericht:
Oberverwaltungsgericht NRW
Spruchkörper:
7. Senat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
7 A 2902/05
Vorinstanz:
Verwaltungsgericht Minden, 9 K 59/05
Tenor:
Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf 1.000 Euro
festgesetzt.
G r ü n d e :
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Der zulässige Antrag ist unbegründet.
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Aus den im Zulassungsantrag dargelegten Gründen ergeben sich die behaupteten
ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (Zulassungsgrund
gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) nicht.
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Mit Bauordnungsverfügung des Beklagten vom 16. Juli 2004 ist dem Kläger gestützt auf
§ 61 Abs. 1 BauO NRW aufgegeben worden, eine § 43 Abs. 7 BauO NRW
entsprechende Abnahmebescheinigung des zuständigen
Bezirksschornsteinfegermeisters vorzulegen. Der Kläger meint, das Verwaltungsgericht
sei zu Unrecht davon ausgegangen, es handele sich bei dieser Ordnungsverfügung um
einen Verwaltungsakt, denn bei der Anordnung, eine Bescheinigung vorzulegen,
handele es sich nicht um einen Verwaltungsakt. Dem Kläger ist vom rechtlichen Ansatz
zu folgen, dass die Bauordnungsverfügung des Beklagten vom 16. Juli 2004 nur dann
als Verwaltungsakt anzusehen ist, wenn sie die in § 35 VwVfG NRW benannten
Merkmale eines Verwaltungsaktes erfüllt, wenn der Beklagte also auf dem Gebiet des
öffentlichen Rechts zur Regelung eines Einzelfalls eine hoheitliche Maßnahme
getroffen hat, die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Der Kläger
bestreitet die Regelungswirkung der Ordnungsverfügung des Beklagten zu Unrecht.
Zunächst irrt er im rechtlichen Ausgangspunkt, wenn er sich lediglich auf den Wortlaut
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des § 43 Abs. 7 BauO NRW für seine Ansicht stützt, denn die Ordnungsverfügung des
Beklagten beruht auf § 61 Abs. 1 BauO NRW. Gemäß § 61 Abs. 1 Satz 2 BauO NRW
kann die Bauaufsichtsbehörde in Wahrnehmung ihrer Aufgaben nach pflichtgemäßem
Ermessen die erforderlichen Maßnahmen treffen. Der Zulassungsantrag gibt zu
vertiefenden Ausführungen keine Veranlassung, dass der Beklagte dem Kläger danach
durch Ordnungsverfügung das Erforderliche abverlangen durfte, um den aus § 43 Abs. 7
BauO NRW zu ziehenden Folgerungen Genüge zu tun. Es handelt sich hierbei nicht
etwa um eine bloße Maßnahme der "Sachverhaltsaufklärung", sondern darum, eine
Verpflichtung des Bauherrn wirksam umzusetzen, die unter den in § 43 Abs. 7 BauO
NRW genannten Voraussetzungen besteht, ohne dass ein weitergehender Sachverhalt
(etwa zur Frage einer konkreten Gefahr) zu klären wäre. Die vom Kläger vermisste
Regelungswirkung der Ordnungsverfügung liegt daher schon darin, dass ihm die
Vorlage der in § 43 Abs. 7 BauO NRW genannten Bescheinigung eines
Bezirksschornsteinfegermeisters binnen einer bestimmten Frist aufgegeben worden ist
und an den Fristablauf Zwangsmaßnahmen angeknüpft sind.
Der Kläger meint ferner, ihm gegenüber sei eine Duldungsverfügung mit dem Ziel
ausreichend gewesen, die Abnahme der Anlage durch den
Bezirksschornsteinfegermeister zu dulden. Der Sache nach geht es insoweit nicht um
die Frage, ob der Beklagte durch Verwaltungsakt gehandelt hat, sondern um die Frage,
ob die Maßnahme des Beklagten verhältnismäßig ist. Auch an der Verhältnismäßigkeit
der Ordnungsverfügung des Beklagten besteht jedoch kein Zweifel. Der Kläger ist
bereits kraft Gesetzes verpflichtet, unaufgefordert und auf seine Kosten, die in § 43 Abs.
7 BauO NRW genannte Bescheinigung des Bezirksschornsteinfegermeisters
einzuholen. Unterlässt er dies, wird eine Duldungsverfügung dem gesetzlichen
Anliegen schon deshalb nicht gerecht und ist deshalb nicht gleichermaßen geeignet wie
die streitige Ordnungsverfügung, weil eine Duldungsverfügung mit dem vom Kläger für
sinnvoll gehaltenen Ziel die Kostenlast zu Lasten der Bauaufsichtsbehörde entgegen
der gesetzlichen Lastenverteilung verschieben würde.
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Der Kläger meint schließlich, das Gesetz sehe in § 43 Abs. 7 BauO NRW anders als §
77 Abs. 4 BauO NRW 1984 nicht mehr vor, dass der Bauherr die Bescheinigung des
Bezirksschornsteinfegermeisters der Behörde vorlegen müsse; es sei daher seine
Sache, was er mit der Bescheinigung tue. Dies ist so nicht zutreffend. Die Einholung der
Bescheinigung des Bezirksschornsteinfegermeisters ist kein Selbstzweck, sondern soll
den Nachweis erbringen, dass sich die Abgasanlage in einem ordnungsgemäßen
Zustand befindet und für die angeschlossene Feuerstätte geeignet ist. Dass die
Bescheinigung der Bauaufsichtsbehörde nicht mehr von vornherein vorzulegen ist, dient
der Verfahrenserleichterung, macht den Nachweis jedoch nicht entbehrlich. Dass der
Beklagte im vorliegenden Fall Veranlassung hatte, die Vorlage des Nachweises zu
fordern, stellt der Kläger mit dem Zulassungsantrag zu Recht nicht substantiiert in Frage.
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Aus den vom Kläger zitierten Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts, Urteil
vom 28. November 1969 - VII C 18.69 -, BVerwGE 34, 248 (zu § 3 Abs. 2 StVZO a. F.)
und des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 22.
Januar 2001 - 19 B 1757/00 -, NJW 2001, 3427 (zu §§ 11, 13, 14 FeV) folgt entgegen
der Annahme des Klägers nicht, dass keine Regelung durch Verwaltungsakt möglich
und zulässig ist, wenn die Erteilung irgendeiner Bescheinigung in Rede steht. Vielmehr
sind der jeweilige Einzelfall und die dort maßgebenden Rechtsgrundlagen im Hinblick
auf die Frage zu prüfen, ob die Forderung, eine Bescheinigung vorzulegen,
Verwaltungsakt ist oder nicht.
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Vgl. zu Bescheinigungen mit Verwaltungsaktcharakter beispielhaft: BVerwG, Urteil vom
18. Dezember 2003 - 3 C 48.02 -, Buchholz 451.512 MGVO Nr. 138 zur Bescheinigung
nach § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Milchmengen-Garantie-Verordnung; Urteil vom 17. Februar
1993 - 11 C 47.92 -, BVerwGE 92, 81 zur Investitionszulagenbescheinigung im Sinne
des § 2 InvZulG.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
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Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 GKG.
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Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das angefochtene Urteil rechtskräftig.
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