Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 25.08.2010
OVG NRW (bebauungsplan, kläger, festsetzung, breite, herstellung, geltungsbereich, ziel, anlass, antrag, verwaltungsgericht)
Oberverwaltungsgericht NRW, 7 A 1348/09
Datum:
25.08.2010
Gericht:
Oberverwaltungsgericht NRW
Spruchkörper:
7. Senat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
7 A 1348/09
Tenor:
Der Antrag wird abgelehnt.
Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf 30.000,- Euro
festgesetzt.
G r ü n d e :
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Der zulässige Antrag ist unbegründet.
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Aus den mit dem Zulassungsantrag dargelegten Gründen ergeben sich nicht die geltend
gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils
(Zulassungsgrund gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
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Das Verwaltungsgericht hat die auf Erteilung einer Baugenehmigung für die Errichtung
von zwei freistehenden Einfamilienhäusern mit Garagen im südlichen Bereich des
Grundstücks Gemarkung S. -M. , Flur 15, Flurstück 329, in L. gerichtete Klage mit
der Begründung abgewiesen, es fehle an der gemäß § 30 Abs. 1 BauGB erforderlichen
Sicherung der Erschließung. Erschließung im Sinne dieser Vorschrift sei nur die
plangemäße Erschließung. Nach dem maßgeblichen Bebauungsplan Nr. 69370/02 der
Stadt L. solle die Vorhabenfläche über die Q.---straße 2 erschlossen werden, deren
Herstellung nicht absehbar sei. Die vom Kläger beabsichtigte Erschließung des
Vorhabens über die nördlich an die Parzelle 329 grenzende Straße V. den C. und
einen auf diesem Grundstück zu errichtenden Privatweg sei unzulässig, weil sie von der
festgesetzten Erschließung abweiche.
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Der Kläger wendet hiergegen ein, die Ausweisung der Q.---straße 2 im Bebauungsplan
biete lediglich einen Anhalt dafür, wie eine Erschließung erfolgen könne; eine
zwingende Beschränkung auf diese Möglichkeit ergebe sich hieraus nicht. Einzelne
Baufelder, aus denen sich ein solcher Zwang ableiten ließe, würden mit dem
Bebauungsplan nicht festgesetzt. Die Planbegründung enthalte lediglich die Aussage,
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dass die "Q.---straße 2 ausschließlich der Erschließung des Mischgebiets und der
Ortslage I. " diene; damit sei gerade nicht vorgegeben worden, dass sämtliche
Vorhaben im westlich der Q.---straße festgesetzten Mischgebiet auch ausschließlich in
östlicher Richtung über diese erschlossen werden dürften. Diese Argumentation greift
nicht durch.
In der Rechtsprechung namentlich des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass die
Erschließung rückwärtiger Grundstücksteile nicht im Sinne von § 30 Abs. 1 BauGB
gesichert ist, wenn die Erschließung in einem qualifizierten Bebauungsplan in
bestimmter Weise festgesetzt und mit ihrer Herstellung in absehbarer Zeit nicht zu
rechnen ist. Eine bestimmte Festsetzung der Erschließung im vorstehenden Sinne liegt
vor, wenn eine Straße mit dem Ziel festgesetzt wird, rückwärtige Teile eines
Grundstücks selbständig zu erschließen und dadurch baureif zu machen. Von einer
derartigen Festsetzung abweichende, von einem einzelnen Grundstückseigentümer so
gewünschte Erschließungsvarianten können im räumlichen Geltungsbereich des
Bebauungsplans nicht zur plangemäßen Erschließung führen.
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Vgl. BVerwG, Urteile vom 21. Februar 1986 - 4 C 10.83 -, BauR 1986, 305 =
BRS 46 Nr. 106, und vom 17. Juni 1993 - 4 C 7.91 -, BRS 55 Nr. 34; VGH
Bad.-Württ., Urteil vom 15. Juni 1992 - 8 S 204/91 -, juris.
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So liegt der Fall hier. Der Satzungsgeber hat die Q.---straße 2 in dem Bebauungsplan
Nr. 69370/02 mit dem Ziel festgesetzt, u.a. den streitbetroffenen rückwärtigen
Grundstücksbereich der Parzelle 329 selbständig zu erschließen. Das folgt
insbesondere aus der vom Kläger zitierten Aussage der Planbegründung, die Q.---
straße diene ausschließlich der Erschließung des Mischgebiets und der Ortslage I. .
Entgegen der mit dem Zulassungsvorbringen vertretenen Auffassung handelt es sich
hierbei um ein Erschließungskonzept, das abweichende Erschließungsvarianten
ausschließt. Einer entsprechenden Klarstellung in der Planbegründung bedurfte es
nicht, weil sich dieser abschließende Charakter der im Bebauungsplan vorgesehenen
Erschließung unmittelbar aus den planerischen Festsetzungen ergibt. Denn danach
verläuft die Q.---straße 2 nicht nur im Osten, sondern auch im Norden entlang des
festgesetzten Mischgebiets. Vorgesehen ist mithin, dass das Mischgebiet insgesamt
unabhängig davon, welche Flächen im Einzelnen als überbaubar ausgewiesen sind -
ausschließlich über die Q.---straße 2 an das Verkehrsnetz angebunden wird. Der
Plangeber hat die Straße V. den C. nicht etwa als vorhandene (zusätzliche)
Erschließung vom Geltungsbereich des Bebauungsplans ausgenommen, sondern im
hier in Rede stehenden Bereich zwischen dem K.----pfad und der vom Kläger
beabsichtigten Zufahrt gerade mit der Festsetzung der Q.---straße 2 überplant.
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Vor diesem Hintergrund bedarf keiner Entscheidung, ob die plangemäße Erschließung
entsprechend den Ausführungen des Verwaltungsgerichts weitergehend vor-aussetzt,
dass die Vorhabenfläche gerade in östlicher Richtung an die Q.---straße 2
angeschlossen wird. Unabhängig davon weicht die vom Kläger beabsichtigte
Erschließung über die vorhandene Straße V. den C. von der festgesetzten
Erschließung ab, weil diese Straße den mit der Festsetzung der Q.---straße 2
verbundenen Anforderungen des Plangebers an die Erschließung nicht genügt. Denn
die Straße V. den C. weist nach den Angaben der Beteiligten lediglich eine Breite
von 6 bis 7 m auf, während die Q.---straße 2 nach den Vorgaben des Bebauungsplans
eine durchgehende Breite von 10 m erhalten soll. Ob der vorhandene Ausbauzustand
der Straße V. den C. faktisch ausreichend ist, um eine gefahrlose Erreichbarkeit
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der geplanten Wohnhäuser zu gewährleisten, kann dahin stehen. Wie das
Verwaltungsgericht zutreffend zugrunde gelegt hat, ist insoweit der Wille des
Satzungsgebers maßgeblich, der hier die Errichtung der Q.---straße in der im
Bebauungsplan festgesetzten Breite zur Erschließung der durch den Bebauungsplan
erst möglich gewordenen Bebauung der rückwärtigen Grundstücksteile des Klägers für
erforderlich erachtet hat.
Entgegen dem Zulassungsvortrag unterscheidet sich der vorliegende Fall in dem
hiernach entscheidenden Punkt nicht von dem Sachverhalt, der dem genannten Urteil
des Bundesverwaltungsgerichts vom 21. Februar 1986 zugrunde gelegen hat. Der
Kläger verweist darauf, dass der Bebauungsplan in jenem Fall eine die rückwärtigen
Grundstücksteile erschließende Stichstraße festgesetzt habe, während eine solche
"verästelte" Erschließung vorliegend nicht vorgesehen sei. Auf die konkrete
Ausgestaltung der festgesetzten Erschließung kommt es jedoch für sich gesehen nicht
an. Ausschlaggebend ist nach den dargelegten Maßstäben, ob die von dem betroffenen
Grundstückseigentümer gewünschte Erschließung von der Festsetzung mit ihrem
jeweiligen Regelungsgehalt abweicht. Dies ist hier aus den oben genannten Gründen
ebenso zu bejahen wie in der Fallgestaltung, über die das Bundesverwaltungsgericht in
der angesprochenen Entscheidung zu befinden hatte.
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Die Rechtssache weist auch keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen
Schwierigkeiten auf (Zulassungsgrund gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO)
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Dies wäre nur dann der Fall, wenn die Angriffe des Klägers gegen die
Tatsachenfeststellungen oder rechtlichen Würdigungen, auf denen das angefochtene
Urteil beruht, begründeten Anlass zu Zweifeln an der Richtigkeit der erstinstanzlichen
Entscheidung gäben, die sich nicht ohne weiteres im Zulassungsverfahren klären
ließen, sondern die Durchführung eines Berufungsverfahrens erfordern würden.
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Wie sich aus den vorstehenden Ausführungen ergibt, geben die von dem Kläger gegen
die erstinstanzliche Entscheidung vorgetragenen Einwände keinen Anlass zu derartigen
Zweifeln.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 152 Abs. 2 VwGO.
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Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 GKG.
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Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das angefochtene Urteil rechtskräftig.
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