Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 23.06.2010

OVG NRW (steuer, vergnügungssteuer, einsatz, richtlinie, höhe, berechnung der steuer, aufwand, graben, zahl, spiel)

Oberverwaltungsgericht NRW, 14 A 718/09
Datum:
23.06.2010
Gericht:
Oberverwaltungsgericht NRW
Spruchkörper:
14. Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
14 A 718/09
Tenor:
Das angegriffene Urteil wird geändert.
Der Vergnügungssteuerbescheid des Beklagten vom 4. September 2007
(M.----graben 29, 1. Quartal 2007) in der Gestalt des
Wider¬spruchsbescheides vom 11. Oktober 2007 und des
Änderungsbescheides vom 7. Januar 2008 wird auf-gehoben.
Der Vergnügungssteuerbescheid des Beklagten vom 3. September 2007
(I.--------allee, 1. Quartal 2007) in der Gestalt des
Wider¬spruchsbeschei¬des vom 11. Oktober 2007 und des Änderungs-
bescheides vom 25. Februar 2008 wird auf¬gehoben.
Der Vergnügungssteuerbescheid des Beklagten vom 29. August 2007
(L.-----platz, 1. Quartal 2007) in der Gestalt des
Widerspruchsbeschei¬des vom 11. Oktober 2007 wird auf¬gehoben.
Der Vergnügungssteuerbescheid des Beklagten vom 28. November
2007 (L.-----platz, Nach-veranlagung 3. und 4. Quartal 2006) wird aufge-
hoben.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge tragen die Klägerin zu
2/3 und der Beklagte zu 1/3.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig voll-streckbar. Die jeweiligen
Vollstreckungsschuldner dürfen die Vollstreckung durch
Sicherheitsleis¬tung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden,
wenn nicht die jeweiligen Vollstre¬ckungsgläubiger vor der
Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leisten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
1
Die Klägerin betreibt in B. an den drei Standorten I.--------allee, M.----graben und L.-----
platz Spielhallen, in denen Spielautomaten mit Gewinnmöglichkeit aufgestellt sind.
2
Die Stadt B. erhebt für Benutzung der Geldspielgeräte Vergnügungssteuern, wobei seit
Inkrafttreten der Vergnügungssteuersatzung vom 22. Februar 2006 zum 1. April 2006
maßgebliche Bemessungsgrundlage hierfür der Spieleraufwand ist.
3
Mit Schreiben vom 31. Januar, 3. März und 1. April 2007 reichte die Klägerin
Steueranmeldungen für das 1. Quartal 2007 für die in ihren drei Spielhallen
aufgestellten Geldspielgeräten ein.
4
Mit Schreiben vom 17., 19. und 20. Juli 2007 wies der Beklagte die Klägerin darauf hin,
dass teilweise noch keine Druckprotokolle vorgelegt worden seien. In einem weiteren
Schreiben gab er an, dass bei Nichtvorlage der Druckprotokolle ein Spieleraufwand von
12.000 Euro je Gerät und Monat geschätzt werde.
5
Mit Bescheid vom 29. August 2007 zog der Beklagte die Klägerin für die in der
Spielhalle L1. aufgestellten Geldspielgeräte für die Zeit vom 31. Dezember 2006
bis 31. März 2007 zu einer Vergnügungssteuer in Höhe von 3.569,03 Euro heran. Für
die in der Spielhalle I.--------allee aufgestellten Spielgeräte mit Gewinnmöglichkeit erging
unter dem 3. September 2007 für den Zeitraum 31. Dezember 2006 bis 31. März 2007
ein Steuerbescheid über 4.895,54 Euro. Für die Gewinnspielgeräte in der Spielhalle M.-
---graben erfolgte für den gleichen Auslesezeitraum mit Vergnügungssteuerbescheid
vom 4. September 2007 eine Heranziehung zu Vergnügungssteuern in Höhe von
8.504,43 Euro. Die Heranziehung erfolgte teilweise auf der Grundlage der getätigten
Einsätze, teilweise nach der Anzahl der bezahlten Spiele und soweit keine
Zählwerkausdrucke vorgelegt worden waren auf Grund einer Schätzung.
6
Hinsichtlich des zweiten Quartals 2007 zog der Beklagte die Klägerin ebenfalls für die
Spielapparate mit Gewinnmöglichkeit zu einer Vergnügungssteuer heran. Für den
Aufstellort L1. erfolgte mit Bescheid vom 10. September 2007 eine Heranziehung
über 5.548,90 Euro; für die Spielhalle I.--------allee erging am 10. September 2007 ein
Bescheid über 4.517,59 Euro.
7
Die gegen diese genannten Heranziehungen eingelegten Widersprüche wies der
Beklagte mit Bescheiden vom 11. Oktober 2007 zurück.
8
Nachdem die Klägerin am 19. November 2007 Klage erhoben hatte, erging am
28. November 2007 ein Steuerbescheid, mit dem Vergnügungssteuer für die Spielhalle
M.----graben bezüglich des 2. Quartals 2007 auf 12.786,27 Euro festgesetzt wurde.
Ebenfalls unter dem 28. November 2007 erging ein Bescheid, mit dem
Vergnügungssteuer für die Spielhalle L.-----platz bezüglich des Zeitraums 31. Juli 2006
bis 31. Dezember 2006 in Höhe von 185,99 Euro nachveranlagt wurde.
9
Durch Änderungsbescheid vom 7. Januar 2008 ermäßigte der Beklagte die
Vergnügungssteuer für die Spielhalle M.----graben für das 1. und 2. Quartal 2007 um
5.592,94 Euro.
10
Mit einem weiteren Steuerbescheid vom 8. Januar 2008 setzt der Beklagte bezüglich
der Spielhalle I.--------allee Vergnügungssteuern für das 3. Quartal 2007 auf
5.161,06 Euro fest. Ein weiterer Steuerbescheid vom 20. Februar 2008 betraf die
Festsetzung der Vergnügungssteuer für die Spielhalle M.----graben für das 3. Quartal
2007 in Höhe von 10.721,18 Euro sowie eines Verspätungszuschlages in Höhe von
1.072,12 Euro.
11
Mit Bescheid vom 25. Februar 2008 wurde die Vergnügungssteuer für die Spielhalle I.---
-----allee für das 1. Quartal 2007 um 350,08 Euro vermindert.
12
Die Klägerin hat diese Bescheide in das Klageverfahren einbezogen. In der mündlichen
Verhandlung vor dem Senat hat sie dies bezüglich der Ermäßigungsbescheide vom 7.
Januar 2008 und 25. Februar 2008 klargestellt.
13
Zur Begründung ihrer Klagte hat sie geltend gemacht, der in der
Vergnügungssteuersatzung verwendete Steuermaßstab sei fehlerhaft, weil dieser den
Aufwand des Spielers nicht korrekt abbilde. Maßgeblich für den Aufwand sei der
Verlust, den ein Spieler erleide. Weiterhin sei bei der Festsetzung des Steuersatzes von
unzureichenden Ermittlungen und Annahmen ausgegangen worden. Es sei nicht
berücksichtigt worden, dass zwischen den einzelnen Geräten extreme Schwankungen
zu verzeichnen seien.
14
Die Klägerin hat unter sinngemäßer Einbeziehung der Ermäßigungsbescheide
beantragt,
15
den Vergnügungssteuerbescheid des Beklagten vom 4. September 2007
(M.----graben) und dessen Widerspruchsbescheid vom 11. Oktober 2007 in
der Gestalt des Änderungsbescheides vom 7. Januar 2008 aufzuheben,
16
den Vergnügungssteuerbescheid des Beklagten vom 3. September 2007 in
der Gestalt des Änderungsbescheides vom 25. Februar 2008 und den
Vergnügungssteuerbescheid vom 10. September 2007 (I.--------allee) und
den Widerspruchsbescheid vom 11. Oktober 2007 aufzuheben,
17
die Vergnügungssteuerbescheide des Beklagten vom 29. August und
10. September 2007 (L.-----platz) und dessen Widerspruchsbescheid vom
11. Oktober 2007 aufzuheben,
18
den Vergnügungssteuerbescheid des Beklagten vom 28. November 2007
(M.----graben) aufzuheben,
19
den Vergnügungssteuerbescheid des Beklagten vom 28. November 2007
(L.-----platz) aufzuheben,
20
den Vergnügungssteuerbescheid des Beklagten vom 8. Januar 2008 (I.-------
-allee) aufzuheben,
21
den Vergnügungssteuerbescheid des Beklagten vom 20. Februar 2008 (M.--
--graben) aufzuheben,
22
alle Bescheide, soweit in ihnen Vergnügungssteuer für Spielgeräte mit
Geldgewinnmöglichkeit festgesetzt ist, aufzuheben.
23
Der Beklagte hat beantragt,
24
die Klage abzuweisen.
25
Er hat vorgetragen, die Besteuerung des Spieleraufwandes erfülle die Forderung des
Bundesverwaltungsgerichts nach einer wirklichkeitsnahen Besteuerung. Alle
Spielgeräte könnten die erforderlichen Daten im Zählwerk ausweisen.
26
Durch das angefochtene Urteil, auf das Bezug genommen wird, hat das
Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Die Berufung hat es zugelassen.
27
Zur Begründung ihrer Berufung trägt die Klägerin vor: Das Bundesverfassungsgericht
habe zwar in seinem Beschluss vom 4. Februar 2009 1 BvL 8/05 den Spieleinsatz als
dem Vergnügungsaufwand besonders nah bezeichnet, das Gericht habe aber nur über
die Zulässigkeit der Erhebung einer pauschalen Steuer zu entscheiden gehabt. Dem
Beschluss sei nicht zu entnehmen, dass eine Besteuerung nach dem Spieleraufwand
grundsätzlich verfassungsrechtlich denkbar sei. Bei der konkreten Satzungsgestaltung
sei sicherlich der Lenkungszweck der Steuer, aber auch die wirtschaftliche
Belastungsfähigkeit der Aufstellunternehmer von Bedeutung. Diese Aspekte hätten bei
der Gestaltung der Vergnügungssteuersatzung keine Rolle gespielt. Maßgebend sei
allein der Finanzbedarf der Stadt B. gewesen. Finanzielle Begehrlichkeiten seien im
Zusammenhang mit der Gestaltung der Vergnügungssteuer aber zweitrangig. Über die
wirtschaftlichen Auswirkungen der Spielaufwandssteuer hätten keine gesicherten
Erkenntnisse vorgelegen. Die Geräte alter Bauartenzulassung erfassten keine Daten
hinsichtlich des Spieleraufwandes. Selbst wenn man der Auffassung sei, dass die
wenigen noch in Betrieb befindlichen Altgeräte im Hinblick auf den zu beachtenden
Gleichheitsgrundsatz unbeachtlich seien, gelte, dass der Spieleraufwand auch bei den
Geräten neuer Bauart nicht feststellbar sei. Erfasst werde von den Geräten neuer Bauart
zwar der Geldeinwurf, beim Bespielen der Geräte werde aber nicht Geld, sondern es
würden Punkte eingesetzt. Gewinne würden dem Punkteguthaben gutgeschrieben,
ohne dass ein Bezug zum Geldspeicher feststellbar wäre. Im Ergebnis werde nur ein
geringer Teil des Spieleraufwandes festgestellt. Eine doppelte Besteuerung erfolge,
wenn Beträge in den Geldspeicher zurückgebucht würden und dann vom Geldspeicher
wieder in den Punktespeicher umgebucht würden. Erkenntnisse über den Umfang
dieser Handlungsweise lägen nicht vor; dies ergebe sich allein aus dem
Spielerverhalten. Auch der Ersatzmaßstab in § 9a der Satzung sei kein Mittel, den
Spieleraufwand auch nur annähernd zu ermitteln. Dem liege die Überlegung zu Grunde,
dass die Auszahlungsquote durchschnittlich 70 % betrage. Tatsächlich würde von den
Geräten ein Gewinn von 60 bis 100 % ausgeworfen. Ein statistisch zuverlässiger
Mittelwert sei nicht feststellbar. Da § 9a der Vergnügungssteuersatzung rückwirkend
zum 1. April 2006 eingeführt worden sei, hätten die Aufsteller nicht einmal die
theoretische Möglichkeit gehabt, die Auszahlungsquote ihrer Geräte soweit technisch
überhaupt möglich an die Satzungsregelung anzupassen. Es bestehen kein noch
lockerer Bezug zwischen dem Spieleraufwand und der Gerätekasse. Das
Auszahlverhalten der Geräte variiere so sehr, dass Abweichungen um mehrere 100 %
28
feststellbar seien. Die Berechnung der Vergnügungssteuer habe wie die Berechnung
der Umsatzsteuer zu erfolgen. Berechnungsgrundlage wäre hier ein Bruttobetrag von
105 und nicht von 100 %. Wenn es sich um eine beim Spieler unmittelbar erhobene
Steuer handele, so sei sie auch gesondert zu erfassen. Eine separate Erfassung der
Steuer sei allerdings nicht gewährleistet.
Die Klägerin beantragt,
29
das angegriffene Urteil zu ändern und nach dem erstinstanzlichen
Klageantrag unter Berücksichtigung der zu Beginn der mündlichen
Verhandlung erfolgten Klarstellung zu erkennen.
30
Der Beklagte beantragt,
31
die Berufung zurückzuweisen.
32
Er macht unter Bezugnahme und Zitierung von Rechtsprechung geltend, bei der
Vergnügungssteuer handele es sich um eine Aufwandsteuer im Sinne des Art. 105
Abs. 2a GG. Die Voraussetzungen für die Erhebung dieser Steuer lägen auch bei einer
Besteuerung nach dem Maßstab des Spieleinsatzes vor. Die nach diesem Maßstab
erhobene Steuer sei auf den Spieler abwälzbar. Dies hätten sowohl das
Bundesverwaltungsgericht als auch der Bundesfinanzhof festgestellt. Das Finanzgericht
Hamburg habe entschieden, dass die Geräte in Einklang mit der Spielverordnung so
programmiert werden könnten, dass die Spielvergnügungssteuer separat erfasst und nur
die um die Steuer verminderten Einsätze zum Spielen verwendet werden könnten. In
B. habe sich seit dem Jahr 2005 die Zahl der Spielhallen und auch der
Geldspielgeräte insgesamt leicht erhöht, so dass eine erdrosselnde Wirkung der Steuer
nicht angenommen werden könne. Die Besteuerung der Geldspielautomaten mit oder
ohne Punktespeicher sei zwar unterschiedlich, dies führe aber nicht zu einem Verstoß
gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Richtig sei, dass die Steuerfestsetzung für Geldspielautomaten
mit Punktespeicher generell niedriger sei als für solche ohne Punktespeicher. Eine
Rechtsverletzung sei hierin nicht zu sehen. In der Rechtsprechung des
Bundesverwaltungsgerichts sei auch entschieden worden, dass eine Kommune nicht
gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoße, wenn in Spielbanken aufgestellte Geldspielgeräte
nicht besteuert würden. Der in der Satzung gewählte Ersatzmaßstab von 3,5 des
Einspielergebnisses entspreche einem als sachgerecht angesehenen
Durchschnittswert. Es sei wiederholt feststellt worden, dass die Erhebung der
Vergnügungssteuer nicht gegen Gemeinschaftsrecht verstoße. Die
Ermessenserwägungen des Satzungsgebers bei der Gestaltung der
Vergnügungssteuersatzung seien nicht zu beanstanden. Im Übrigen unterlägen
diesbezügliche Erwägungen ohnehin nicht der gerichtlichen Kontrolle.
33
Der Senat hat eine Stellungnahme des Beklagten zu der Anzahl der Spielhallen und der
in Spielhallen und an sonstigen Orten aufgestellten Geldspielgeräte eingeholt. Auf die
diesbezügliche Stellungnahme vom 12. Mai 2010 wird verwiesen. Ferner hat der Senat
die Physikalisch-Technische Bundesanstalt um eine Auskunft zur Funktionsweise der
Geldspielgeräte gebeten. Auf die Auskunft vom 20. Mai 2010 sowie auf die
Ausführungen des in der mündlichen Verhandlung vom 23. Juni 2010 informatorisch
gehörten Prof. Dr. S. von der Bundesanstalt wird ebenfalls verwiesen.
34
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der
35
Verfahrensakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
36
Die Berufung hat teilweise Erfolg.
37
Die in dem Tenor genannten Vergnügungssteuerbescheide des Beklagten sind
rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 der
Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -). Im Übrigen sind die
Vergnügungssteuerbescheide, so wie sie in dem im Tatbestand wiedergegebenen
Klageantrag erster Instanz aufgeführt sind, rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht
in ihren Rechten.
38
Die Bescheide haben insoweit ihre Rechtsgrundlage in der Vergnügungssteuersatzung
vom 22. Februar 2006 in der Fassung des 3. Nachtrags vom 28. Mai 2008 (VS), der
rückwirkend zum 1. April 2006 in Kraft getreten ist. Nach § 9 Abs. 1 VS bemisst sich die
Steuer nach der Summe der von den Spielern je Spielhalle/ sonstigen Ortes des
Veranstalters zur Erlangung des Spielvergnügens aufgewendeten Beträge
(Spieleraufwand). Die Steuer beträgt 5 v.H. des Spieleraufwandes. § 9a VS enthält eine
Vereinfachungsregelung der Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen. Danach gilt:
Erklärt der Anmeldeverpflichtete für einzelne oder mehrere Apparate im Sinne des § 9
Abs. 1 den Spieleraufwand in der Steueranmeldung nach § 14 Abs. 7 nicht, gilt als
Spieleraufwand nach § 9 Abs. 1 das Dreieinhalbfache des Einspielergebnisses.
Einspielergebnis ist der Betrag der elektronisch gezählten Bruttokasse. Dieser errechnet
sich aus der elektronisch gezählten Kasse zuzüglich Röhrenentnahme (sog.
Fehlbetrag), abzüglich Röhrenauffüllung, Falschgeld, Prüftestgeld und Fehlgeld. Hat der
Anmeldeverpflichtete mindestens einmal den Spieleraufwand in der Steueranmeldung
nach § 14 nicht erklärt und nachfolgend in einer Steueranmeldung nach § 14 den
Spieleraufwand im Sinne des § 9 Abs. 1 erklärt, ist der Anmeldeverpflichtete ab diesem
Zeitpunkt für den gesamten zukünftigen Zeitraum der Aufstellung des Apparates in
seinem Aufstellunternehmen verpflichtet, den Spieleraufwand zu erklären; eine
Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen nach Satz 1 ist dann dauerhaft
ausgeschlossen.
39
Diese Regelungen der Vergnügungssteuersatzung verstoßen nicht gegen
höherrangiges Recht.
40
Die Regelungen sind mit europäischem Gemeinschaftsrecht vereinbar. Sie stehen in
Einklang mit der Richtlinie 2006/112/EG vom 28. November 2006 über das gemeinsame
Mehrwertsteuersystem, die am 1. Januar 2007 in Kraft getreten ist und die 6. Richtlinie
77/388/EWG zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die
Umsatzsteuern abgelöst hat. Nach Art. 401 der Richtlinie 2006/112/EG hindert diese
unbeschadet anderer gemeinschaftsrechtlicher Vorschriften einen Mitgliedstaat nicht
daran, Abgaben auf Versicherungsverträge, Spiele und Wetten, Verbrauchsteuern,
Grunderwerbsteuern sowie ganz allgemein alle Steuern, Abgaben und Gebühren, die
nicht den Charakter von Umsatzsteuern haben, beizubehalten oder einzuführen, sofern
die Erhebung dieser Steuern, Abgaben und Gebühren im Verkehr zwischen den
Mitgliedstaaten nicht mit Formalitäten beim Grenzübertritt verbunden ist.
Das Bundesverwaltungs-gericht hat in seinem Urteil vom 7. Januar 1998,
41
8 B 228.97 , NVwZ-RR 1998, 672,
42
unter Zitierung weiterer Rechtsprechung ausgeführt, dass ein Verstoß der Erhebung der
Vergnügungssteuer gegen Art. 33 der Richtlinie 77/388/EWG (entspricht dem heutigen
Art. 401 der Richtlinie 2006/112/EG) bereits mehrfach durch das
Bundesverwaltungsgericht und das Bundesverfassungsgericht verneint worden ist.
43
Vgl. aus letzter Zeit BVerwG, Urteil vom 10. Dezember 2009 9 C 13.08 .
juris, Rn. 36 f.
44
Dieser Auffassung schließt sich der Senat an. Nach ständiger Rechtsprechung des
Europäischen Gerichtshofes belässt Art. 33 der 6. Richtlinie 77/388/EWG (Vorläufer der
jetzigen Richtlinie 2006/112/EG) den Mitgliedstaaten die Befugnis zur Beibehaltung
oder Einführung bestimmter indirekter Abgaben, sofern es sich dabei nicht um Abgaben
handelt, die den Charakter von Umsatzsteuern haben. Es soll verhindert werden, dass
das Funktionieren des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems durch steuerliche
Maßnahmen eines Mitgliedstaats beeinträchtigt wird, die den Waren- und
Dienstleistungsverkehr in einer mit der Mehrwertsteuer vergleichbaren Weise belaste.
Als solche Maßnahmen sind Steuern, Abgaben und Gebühren anzusehen, die die
wesentlichen Merkmale der Mehrwertsteuer aufweisen, selbst wenn sie ihr nicht in allen
Einzelheiten gleichen. Dabei handelt es sich um folgende Merkmale: Die
Mehrwertsteuer gilt ganz allgemein für alle sich auf Gegenstände und Dienstleistungen
beziehenden Geschäfte, sie ist, unabhängig von der Anzahl der getätigten Geschäfte,
proportional zum Preis dieser Gegenstände und Dienstleistungen, sie wird auf jeder
Stufe der Erzeugung und des Vertriebes erhoben, und sie bezieht sich schließlich auf
den Mehrwert der Gegenstände und Dienstleistungen, d.h., die bei einem Geschäft
fällige Steuer wird unter Abzug der Steuer berechnet, die bei dem vorhergehenden
Geschäft schon entrichtet worden ist.
45
Vgl. etwa EuGH, Urteil vom 29. April 2004 C308/01 , Slg. 2004, I4802, Rn.
33; Urteil vom 9. März 2000 C437/97 , Slg. 2000, I1189, Rn. 22.
46
Die Vergnügungssteuer für Geldspielgeräte, die nach dem Spieleraufwand bemessen
wird, berührt die Funktion des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems nicht. Die von dem
EuGH aufgezeigten Merkmale der Mehrwertsteuer liegen fast alle nicht vor. Es fehlt das
Kriterium, dass die Steuer allgemein für alle sich auf Gegenstände und Dienstleistungen
beziehende Geschäfte gilt. Die Vergnügungssteuer auch für die Benutzung der
Geldspielgeräte gilt nicht allgemein. Die Steuer wird nur für Spielgeräte und sonstige
Vergnügungen, örtlich unterschiedlich und nicht flächendeckend im gesamten
Bundesgebiet erhoben. Die Vergnügungssteuer wird ferner nicht auf jeder Stufe der
Erzeugung und des Vertriebes erhoben. Besteuert wird vielmehr nur der Aufwand für die
Benutzung durch den jeweiligen Spieler. Zudem bezieht sich die hier in Rede stehende
Steuer nicht auf den Mehrwert der Gegenstände und Dienstleistungen. Die Steuer wird
nicht nur zufällig, sondern von ihrem Konzept her nur einmal erhoben. Sie ist strukturell
nicht auf einen Vorsteuerabzug abgelegt.
47
Die hier erhobene Vergnügungssteuer ist auch mit Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie
92/12/EWG vom 25. Februar 1992 vereinbar. Danach können die Mitgliedstaaten
Steuern auf andere als die in Absatz 1 genannten Waren (Mineralöle, Alkohol,
Tabakwaren) einführen oder beibehalten, sofern diese Steuern im Handelsverkehr
zwischen Mitgliedstaaten keine mit dem Grenzübertritt verbundenen Formalitäten nach
sich ziehen. Unter der gleichen Voraussetzung ist es den Mitgliedstaaten ebenfalls
48
weiterhin freigestellt, Steuern auf Dienstleistungen, auch im Zusammenhang mit
verbrauchsteuerpflichtigen Waren, zu erheben, sofern es sich nicht um umsatzbezogene
Steuern handelt.
Die Richtlinie 92/12/EWG ist schon vom Ansatz her nicht einschlägig. Ihr
Regelungsgegenstand ist nämlich die Erhebung von Verbrauchsteuern und anderen
indirekten Steuern, die auf den Verbrauch von Waren erhoben werden (Art. 1 Abs. 1 der
Richtlinie). Es handelt sich also nicht etwa um eine Richtlinie, die allgemeine die
Besteuerung von Dienstleistungen betrifft. Eine Rechtfertigung, Dienstleistungen in die
Regelung einzubeziehen, liegt nur dann vor, wenn sie im Zusammenhang mit -
verbrauchsteuerpflichtigen oder nicht verbrauchsteuerpflichtigen - Waren erbracht
werden. Selbst wenn man in diesem Zusammenhang für die Vergnügungssteuer an das
Halten von Spielgeräten anknüpfen wollte, steht diese Dienstleistung in keinem
Zusammenhang mit dem Verbrauch von Waren.
49
Unabhängig davon handelt es sich bei der Vergnügungssteuer in Gestalt der
Spielautomatensteuer aber noch nicht einmal um eine Steuer auf Dienstleistungen.
Steuergegenstand ist keine Dienstleistung, die der Halter der Spielautomaten
gegenüber den Spielern erbringt, sondern der Vergnügungsaufwand des einzelnen
Spielers.
50
Vgl. BVerwG, Urteil vom 13. April 2005 10 C 5.04 , BVerwGE 123, 218, 220
m.w.N; Beschluss vom 26. Januar 2010 - 9 B 40.09 -, juris, Rn. 6.
51
Ferner ist eine "Steuer auf Dienstleistungen" im Sinne von Art. 3 Abs. 3 Unterabsatz 2
der Richtlinie 92/12/EWG dann keine umsatzbezogene Steuer, wenn sie nur für eine
bestimmte Warengruppe gilt.
52
Vgl. EuGH, Urteil vom 10. März 2005 C491/03 , Slg. 2005, I2025, Rn. 29.
53
In diesem Urteil vom 10. März 2005 verweist der EuGH auf seine Rechtsprechung zu
Art. 33 der Richtlinie 7/388/EWG, woraus deutlich wird, dass die Begriffe
"umsatzbezogene Steuer" und "Charakter von Umsatzsteuern" gleich zu verstehen sind.
Die hier erhobene Vergnügungssteuer ist damit weder eine Umsatzsteuer im Sinne des
Art. 33 der Richtlinie 7/388/EWG noch eine umsatzbezogene Steuer nach Art. 3 Abs. 3
Unterabsatz 2 der Richtlinie 92/12/EWG.
54
Da die Fragen, soweit sie hier entscheidungserheblich sind, nämlich dass die hier
erhobene Vergnügungssteuer weder den Charakter einer Umsatzsteuer hat noch eine
umsatzbezogene Steuer auf Dienstleistungen ist, in der Rechtsprechung des
Europäischen Gerichtshofs geklärt sind oder zweifelsfrei bejaht werden können, bedarf
es einer Vorlage an den Europäischen Gerichtshof nach Art. 267 der Vertrag, über die
Arbeitsweise der Europäischen Union nicht. Es besteht daher auch unter dem
Gesichtspunkt des gesetzlichen Richters nach Art. 101 Abs. 1 Satz 2 des
Grundgesetzes (GG) keine Veranlassung zur Vorlage an den Europäischen
Gerichtshof.
55
Vgl. Beschluss des Senats vom 18. März 2010 14 A 544/09 m.w.N.
56
Die hier in Rede stehende Besteuerung der Geldspielgeräte nach dem Spieleraufwand
ist auch mit Art. 105 Abs. 2a GG vereinbar. Danach haben die Länder die Befugnis zur
57
Gesetzgebung über die örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern, solange und soweit
sie nicht bundesgesetzlich geregelten Steuern gleichartig sind. Diese Befugnis hat das
Land Nordrhein-Westfalen gemäß § 3 des Kommunalabgabengesetzes für das Land
Nordrhein-Westfalen (KAG) auf die Kommunen übertragen. Das in Art. 105 Abs. 2a GG
enthaltene Verbot der Gleichartigkeit der Steuern wird seit jeher dahin ausgelegt, dass
es sich nicht auf die herkömmlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern erstreckt, zu
denen die Vergnügungssteuer zählt.
Vgl. BVerfG, Beschluss vom 26. Februar 1985 2 BvL 14/84 , BVerfGE 69,
174 (183); Beschluss vom 4. Juni 1975 - 2 BvL 16/73 -, BVerfGE 40, 52 (55);
Beschluss vom 4. Februar 2009 1 BvL 8/05 , NVwZ 2009, 968 (969).
58
Ob die Bemessungsgrundlage der Steuer dabei in jeder Beziehung
verfassungsrechtlich in Ordnung ist, ist keine Frage der Gesetzgebungskompetenz. Die
hier geltend gemachten Zweifel an der Tauglichkeit des Steuermaßstabes lassen den
Typus der Abgabe und damit ihren Charakter als Aufwandsteuer unberührt. Fragen der
materiellen Verfassungsgemäßheit der Steuer, insbesondere ihre Vereinbarkeit mit dem
Gleichheitssatz oder den Freiheitsgrundrechten, sind ohne Einfluss auf die Beurteilung
der Gesetzgebungskompetenz; denn die Kompetenznormen des Grundgesetzes
enthalten grundsätzlich keine Aussagen zu diesen materiellen Fragen.
59
Vgl. BVerfG, Beschluss vom 4. Februar 2009 1 BvL 8/05 , NVwZ 2009, 968
(970).
60
Gegen den in der Vergnügungssteuersatzung der Stadt B. für die Besteuerung der
Geldspielgeräte gewählten Steuermaßstab und die Bestimmung der Höhe des
Steuersatzes bestehen nicht deshalb Bedenken, weil der Rat der Stadt B. den
Steuermaßstab und den Steuersatz ermessensfehlerhaft bestimmt hätte. Es gibt keine
einfachgesetzliche oder verfassungsrechtliche Bestimmung, die es gebietet,
Datenmaterial dazu zu sammeln und in einem Abwägungsprozess zu gewichten.
Soweit sich aus besonderen gesetzlichen Vorschriften (vgl. etwa für die Bauleitplanung
§§ 1 Abs. 7, 2 Abs. 3 des Baugesetzbuches oder im Rahmen einer
Gebührenkalkulation § 6 Abs. 2 KAG) Verpflichtungen zur Sammlung von
Abwägungsmaterial und zur Abwägung ergeben, können diese besonderen gesetzlich
normierten Anforderungen nicht allgemein auf den Erlass anderer Gemeindesatzungen
und speziell der hier in Rede stehenden Steuersatzung übertragen werden. Dem steht
gerade entgegen, dass der Gesetzgeber für einzelne durch Satzung zu regelnde
Rechtsbereiche besondere Sammlungs- und Abwägungsanforderungen stellt und für
andere nicht. Die Kontrolle satzungsrechtlicher Abgabenregelungen beschränkt sich mit
Blick auf das kommunale Selbstverwaltungsrecht aus Art. 28 Abs. 2 GG auf die
Vereinbarkeit der Festsetzungen mit höherrangigem Recht, umfasst aber nicht die
Überprüfung nach der Art von ermessensgeleiteten Verwaltungsakten (vgl. § 114
VwGO) mit der Folge, dass jeder vermeintliche Kalkulationsirrtum als
"Ermessensfehler" (vgl. § 12 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b KAG i.V.m. § 5 der Abgabenordnung
- AO -) angesehen werden kann.
61
Vgl. BVerwG, Urteil vom 10. Dezember 2009
62
- 9 C 13.08 -, juris, Rn. 40 m.w.N.; Beschluss des Senats vom 26. April 2010
14 A 629/09 .
63
Die Erhebung der Vergnügungssteuer für Geldspielgeräte in B. verstößt nicht
deshalb gegen den Gleichheitsgrundsatz aus Art. 3 Abs. 1 GG, weil entsprechende
Geräte, die in der in B. ansässigen Spielbank aufgestellt sind, nicht der
Vergnügungssteuer unterliegen. Gemäß § 4 Abs. 3 des Spielbankgesetzes NRW vom
19. März 1974 (GV.NRW S. 93) sind Spielbankunternehmer für den Betrieb der
Spielbank von denjenigen Landes- und Gemeindesteuern befreit, die in unmittelbarem
Zusammenhang mit dem Betrieb der Spielbank stehen. Eine entsprechende Regelung
findet sich in § 18 des Spielbankgesetzes NRW vom 30. November 2007 (GV.NRW. S
445).
64
Die Fallgruppen des Benutzens von Spielgeräten mit Gewinnmöglichkeit einerseits
außerhalb von und andererseits in Spielbanken sind nicht wesentlich gleich, so dass sie
wegen des darin liegenden sachlichen Grundes vergnügungssteuerrechtlich
unterschiedlich behandelt werden dürfen. Das Benutzen solcher Geräte unterliegt
nämlich nach dem Aufstellungsort deutlich unterschiedlichen Anforderungen. Die hier
besteuerten Spielgeräte unterliegen in ihrer technischen Zulassung bestimmten
Einschränkungen, die die Gefahr unangemessen hoher Verluste in kurzer Zeit
ausschließen sollen (vgl. § 33e der Gewerbeordnung GewO ). Das gewerbsmäßige
Aufstellen solcher Spielgeräte ist zwar erlaubnispflichtig, bei Vorliegen der
Voraussetzungen besteht jedoch auf die Erteilung der Erlaubnis ein Rechtsanspruch.
Die Spielgeräte in einer Spielbank demgegenüber sind uneingeschränkt zum
Glücksspiel geeignet. Für sie gelten die Einschränkungen der Gewerbeordnung nicht (§
33h Nr. 1 GewO). Das Veranstalten eines Glücksspiels ist aber nur aufgrund eigens
erteilter staatlicher Konzession erlaubt, und der Spielbankunternehmer hat eine eigene
Abgabe, die Spielbankabgabe, zu zahlen. Diese Unterschiede rechtfertigen eine
unterschiedliche Besteuerung.
65
Vgl. BVerwG, Beschluss vom 28. August 2007
66
- 9 B 13/07 -, NVwZ 2008, 89; Urteil vom 10. Dezember 2009 - 9 C 13.08 -,
juris, Rn. 31; Beschluss des Senats vom 28. April 2010 - 14 A 619/10 -.
67
Dem Umstand, dass möglicherweise in Spielbanken Geldspielgeräte aufgestellt sind,
die mit denen in Spielhallen oder an sonstigen Orten aufgestellten Geräten identisch
sind, kommt keine rechtserhebliche Bedeutung zu. Auch diese in einer Spielbank
aufgestellten Spielapparate unterliegen aus Rechtsgründen nicht den Beschränkungen,
die bei einer Aufstellung außerhalb der Spielbanken zu beachten wären. Es kommt
vielmehr darauf an, dass das Angebot zum Spielgerätegewinnspiel jeweils wesentlich
unterschiedlichen Regimetypen zuzuordnen ist, die zur wesentlichen Ungleichheit
dieser Fallgruppen führen.
68
Soweit der Europäische Gerichtshof eine Gleichbehandlung von Spielhallen und
Spielbanken bei der Erhebung der Umsatzsteuer fordert,
69
vgl. EuGH, Urteil vom 17. Februar 2005
70
- C-453/02 u.a. -, Slg. 2005, I-1151,
71
kann daraus kein Gleichheitsverstoß abgeleitet werden. Die Auffassung des
Europäischen Gerichtshofes ergibt sich nämlich aus dem Grundsatz der steuerlichen
Neutralität, auf dem das gemeinsame Mehrwertsteuersystem beruht.
72
Vgl. EuGH, Urteil vom 17. Februar 2005 - C-453/02 u.a. - Slg. 2005,
73
I - 1151, Rn. 24; Urteil vom 10. Juni 2010 - C-58/09 -, Rn. 23 ff.
74
Daher mag es unter dem Gesichtspunkt der Besteuerung der entgeltlichen Lieferung
von Gegenständen und der entgeltlichen Erbringung von Dienstleistungen gerechtfertigt
erscheinen, dieselbe mehrwertsteuerrechtliche Besteuerung zu fordern unabhängig von
der Identität des Herstellers oder Dienstleistungserbringers und der Rechtsform, in der
diese Tätigkeiten ausgeübt werden. Das gilt aber nicht für die Besteuerung des
Aufwandes für verschiedene Vergnügen an Spielautomaten, die mit Rücksicht auf die
von den jeweiligen Vergnügen ausgehenden Gefahren unterschiedlichen Regimetypen
zugeordnet sind. Hier gibt es keinen Grundsatz vergnügungssteuerlicher Neutralität.
75
Die Besteuerung des Spielaufwandes und der Ersatzmaßstab sind nicht zu
beanstanden. Sie entsprechen weitgehend dem Hamburgischen
Spielvergnügungssteuergesetz. Nach § 1 Abs. 1 dieses Gesetzes unterliegt der Steuer
der Aufwand für die Nutzung von Spielgeräten, die in Abs. 2 näher bezeichnet werden.
Nach § 4 Abs. 1 1. Halbs. beträgt die Steuer für die Nutzung von Spielgeräten 5 v. H.
des Spieleinsatzes. Spieleinsatz ist nach § 1 Abs. 3 des Hamburgischen
Spielvergnügungssteuergesetzes die Verwendung von Einkommen oder Vermögen
durch den Spieler zur Erlangung des Spielvergnügens. § 12 enthält eine
Vereinfachungsregelung der Ermittlungen der Besteuerungsgrundlage. Nach § 12 Abs.
1 und 2 gilt folgendes:
76
"(1) Erklärt der Anmeldeverpflichtete für einzelne oder mehrere
77
Spielgeräte im Sinne des § 1 Absatz 2 Nummer 1 den Spiel-
78
einsatz in der Steueranmeldung nach § 8 nicht, gilt als Spiel-
79
einsatz nach § 1 Absatz 3 das Vierfache des Einspielergebnisses. Hat der
Anmeldeverpflichtete mindestens einmal den Spieleinsatz in der Steueranmeldung
nach § 8 nicht erklärt und nachfolgend in einer Steueranmeldung nach § 8 den
Spieleinsatz im Sinne des § 1 Abs. 3 erklärt, ist der Anmeldeverpflichtete ab
diesem Zeitpunkt für den gesamten zukünftigen Zeitraum der Aufstellung des
Spielgerätes in seinem Aufstellunternehmen verpflichtet, den Spieleinsatz zu
erklärten; eine Ermittlung der Besteuerungsgrundlage nach Satz 1 ist dauerhaft
ausgeschlossen.
80
(2) Für Besteuerungszeiträume, für die bereits eine Anmeldung nach § 8 erfolgt ist,
kann für einzelne oder mehrere Spielgeräte unter Angabe der Zulassungsnummer
und des Datums der erstmaligen Aufstellung bis zum 31. Dezember 2006 schriftlich
bei der zuständigen Behörde beantragt werden, dass die Vereinfachungsregelung
des Absatzes 1 angewendet wird."
81
Die Verfassungsgemäßheit des Hamburgischen Spielvergnügungssteuergesetzes ist
vom Bundesfinanzhof im Grundsatz bejaht worden.
82
Vgl. BFH, Beschluss vom 1. Februar 2007
83
- II B 58/06 - juris; Beschluss vom 27. November
84
2009 - II B 75/09 - juris; Beschluss vom 19. Februar 2010 - II B 122/09 -,
juris.
85
Nach § 9 Abs. 1 VS, der rückwirkend zum 1. April 2006 in Kraft getreten ist, bemisst sich
die Steuer für die Benutzung von Apparaten nach § 1 Abs. 3 Nr. 4 mit
Gewinnmöglichkeit ebenfalls nach dem Spieleraufwand. Die in § 9a VS, der ebenfalls
rückwirkend zum 1. April 2006 in Kraft getreten ist, enthaltene Vereinfachungsregelung
entspricht weitgehend der Gesetzeslage in Hamburg.
86
Der in der Vergnügungssteuersatzung der Stadt B. verwendeten
Besteuerungsmaßstab sowohl hinsichtlich des Spieleraufwandes als auch des
Ersatzmaßstabes ist verfassungsrechtlich unbedenklich, weil er eine hinreichende
Wirklichkeitsnähe zum Vergnügungsaufwand aufweist. In verfassungsrechtlicher
Hinsicht ist der Satzungsgeber nicht gehalten, die zweckmäßigste, vernünftigste oder
gerechteste Lösung zu wählen. Ihm steht vielmehr ein weiter Gestaltungsspielraum zu,
der erst dann überschritten wird, wenn ein einleuchtender Grund für eine
Ungleichbehandlung fehlt und die Steuererhebung daher willkürlich wäre.
87
Vgl. BVerfG, Beschluss vom 4. Februar 2009
88
1 BvL 8/05 , NVwZ 2009, 968 (971).
89
Der verwendete Steuermaßstab muss in einem zumindest lockeren Bezug zu dem
letztlich zu besteuernden Vergnügungsaufwand der Spieler stehen. Zu den
Spieleinsätzen im Sinne des individuellen wirklichen Vergnügungsaufwands zählen
nicht nur die in den Spielautomaten eingeworfenen Bargeldbeträge, sondern auch
Gewinne, die sich der Spieler nicht auszahlen lässt, obwohl er dies könnte, sondern
zum Weiterspielen verwendet.
90
Vgl. BFH, Beschluss vom 27. November 2009
91
- II B 75/09 - juris, Rn. 21.
92
Unzutreffend ist die Auffassung, der Begriff des Spieleraufwands umfasse notwendig
nur den Einsatz aller Spieler abzüglich der an die Spieler ausgeschütteten Gewinne, sei
also letztlich mit dem Einspielergebnis identisch. Der sachgerechteste Maßstab ist der
individuelle, wirkliche Vergnügungsaufwand.
93
Vgl. BVerfG, Beschluss vom 4. Februar 2009 1 BvL 8/05 -, NVwZ 2009, 968
(971); BVerwG, Urteil vom 10. Dezember 2009 - 9 C 13.08 -, juris, Rn. 22.
94
Jeder Spieler betreibt mit jedem Einsatz, durch den ein Spiel in Gang gesetzt wird,
individuellen Aufwand, und zwar unabhängig davon, ob das Spiel zufällig einen Gewinn
abwirft. Das Spielvergnügen besteht im Reiz des Ungewissen und Zufälligen während
des Spiels, nicht im Spielergebnis. Ansonsten hätte der Verlierer zwar Aufwand, aber
kein Vergnügen und der Gewinner zwar Vergnügen, aber keinen Aufwand. Die
Saldierung bewirkt, dass gerade nicht auf den individuellen Aufwand zur Erlangung des
Spielvergnügens für jeden Spiels abgestellt wird, sondern setzt an dessen Stelle einen
Vermögensvergleich für alle Spieler innerhalb der Abrechnungsperiode. Damit wird
95
nicht der Aufwand des individuellen Spielers zur Erlangung des Spielvergnügens,
sondern der Gesamtaufwand aller Spieler abzüglich von Gewinnen abgebildet. Dies ist
zwar auch ein zulässiger Maßstab, da das Einspielergebnis einen hinreichend
zuverlässigen Schluss auf den individuellen wirklichen Vergnügungsaufwand zulässt,
aber nicht der einzig zulässige. Vielmehr ist auch der Einsatzmaßstab zulässig.
Vgl. BVerfG, Beschluss vom 4. Februar 2009
96
- 1 BvL 8/05 -, NVwZ 2009, 968 (973); BVerwG, Urteil vom 10. Dezember
2009 - 9 C 13.08 -, juris, Rn. 24.
97
Der so definierte Aufwand wird durch die der konkreten Steuererhebung zugrunde
liegenden Auslesestreifen der Geräte allerdings nicht vollständig dokumentiert. Nach
der Auskunft der physikalisch-technischen Bundesanstalt vom 20. Mai 2010 und den
Erläuterungen von Prof. Dr. S. in der mündlichen Verhandlung gibt es
Geldspielgeräte mit und ohne Punktespeicher. Die Zahl der Geräte mit Punktespeicher
überwiegt dabei bei weitem. Nach Mitteilung des Beklagten verfügten in dem hier in
Rede stehenden Jahr 2007 lediglich 3,6 % der Geldspielgeräte in B. über keinen
Punktespeicher. In den Folgejahren sank dieser Prozentsatz weiter ab. Bei Geräten mit
Punktespeichern werden Gewinne, die als Punkte gespeichert und zum Weiterspiel
verwendet werden, nicht als Einsatz gewertet. Anders ist es bei Geräten, die nur über
einen Geldspeicher verfügen. Hierin ist eine Ungleichbehandlung zu sehen, wenn man
gewonnene Punkte und gewonnenes Geld als wesentlich gleich ansieht. Diese wirkt
sich aber zugunsten der Automatenaufsteller aus, weil bei den Punktespeichergeräten
nicht der vollständige Spieleraufwand erfasst wird.
98
Andererseits werden bei den Geräten mit Punktespeicher Aufbuchungen auf den
Punktespeicher als Einsatz besteuert, auch wenn der Spielgast diese nicht oder nur
teilweise für von ihm wahrnehmbare Spiele mit der Möglichkeit des Gewinns oder des
Verlustes einsetzt. Hier zahlt der Automatenaufsteller Steuer, obwohl der eigentliche
Steuerträger keinen Vergnügungsaufwand des Spielens realisiert hat. Der Spieler ist in
diesem Fall kein Gewinn- und Verlustrisiko eingegangen. Bei Geldspielgeräten ohne
Punktespeicher gibt es diese Konstellation nicht. Geld, das in den Geldspeicher
eingeworfen wurde und dann zum Spielen verwendet wird, kann von dem Spieler nicht
mehr "zurückgebucht" werden. Ein Gewinn wird dem Geldspeicher zugeordnet mit der
Folge, dass ein Weiterspielen mit diesem Gewinn als Vergnügungsaufwand
dokumentiert wird. Die Auslesestreifen der Spielgeräte mit Punktespeicher geben damit
in zweierlei Hinsicht (zum Weiterspielen verwendete Gewinne und Rückbuchungen aus
dem Punktespeicher ohne Spiel) nicht den wirklichen Spieleraufwand wieder.
99
Der Einsatzmaßstab ist deshalb aber nicht - wie der frühere Stückzahlmaßstab
strukturell - ungeeignet als Bemessungsgrundlage. Das wäre nur dann der Fall, wenn
zwischen dem durch den Auslesestreifen feststellbaren Einsatz mit den genannten
Defiziten und dem wirklichen Spieleraufwand ohne diese Defizite auch über längere
Zeiträume hinweg kein zumindest lockerer Zusammenhang mehr bestünde. Das ist zu
verneinen. Da die Auswirkungen der genannten Defizite vom zufälligen
Spielerverhalten abhängen, das sich statistisch gleich auf alle Punktespeichergeräte
verteilt, ist im Durchschnitt von dem durch den Auslesestreifen ermittelten Einsatz trotz
der Defizite ein hinreichend sicherer Schluss auf den wirklichen Spieleraufwand
möglich. Auch eine Besteuerung des Einspielergebnisses erfasst nicht den wirklichen
Vergnügungsaufwand. Bei einer Besteuerung des Kasseninhalts wird aus hohen
100
Einspielergebnissen auf einen hohen Aufwand des viel Spielenden geschlossen.
Vgl. BVerwG, Urteil vom 13. April 2005
101
- 10 C 5/04 - NVwZ 2005, 1316 (1319).
102
Die in der Stadt B. erfolgte Besteuerung ist dem vergleichbar, da hier aus einem
hohen dokumentierten Einsatz gefolgert werden kann, dass an einem Gerät auch ein
hoher Spieleraufwand verwirklicht wurde. Gegenüber einer Besteuerung des
Einspielergebnisses erweist sich die Einsatzbesteuerung nicht in einem solchen Maße
nachteilig und wirklichkeitsfremd, dass sie verfassungsrechtlichen Bedenken unterliegt.
103
Der Besteuerungsmaßstab ist auch mit Blick auf die wenigen Geräte ohne
Punktespeicher verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Da es einem typischen
Spielverhalten entspricht, Gewinne wieder zum Spielen einzusetzen, könnte sich im
Ergebnis eine höhere Steuer für diese Geräte ergeben. Das ist jedoch unter
Gleichheitsgesichtspunkten unbedenklich, da Geldspielgeräte ohne und mit
Punktespeicher nicht wesentlich ungleich sind, so dass sie einen unterschiedlichen
Maßstab oder Satz erforderten. Sie unterscheiden sich technisch zwar darin, dass bei
reinen Geldspeichergeräten in Übereinstimmung mit der Spielverordnung das
eingeworfene und das gewonnene Geld nach und nach "ins Spiel" gebracht und dies
als Einsatz dokumentiert wird, während bei Punktespeichergeräte ebenfalls in
Übereinstimmung mit der Spielverordnung Geld durch Umwandlung in Punkte "ins
Spiel" gebracht und nur dies als Einsatz dokumentiert wird, das Spiel mit den Punkten
aber vom dokumentierten Einsatz her nicht mehr erfasst wird. In dieser technisch
unterschiedlichen Konfiguration der Geräte liegt jedoch lediglich ein steuerrechtlicher,
kein verfassungsrechtlich relevanter Unterschied. Vom Satzungsgeber kann nicht
verlangt werden, seinen Steuermaßstab jedweder technischen Konfiguration
anzupassen, so dass für jede Konfiguration die niedrigste Steuer anfällt. Es ist Sache
des Unternehmers, die Geräte auszuwählen, die seinen wirtschaftlichen und
insbesondere steuerrechtlichen Anforderungen am besten entsprechen.
104
Der vorgenannte Gesichtspunkt verfassungsrechtlicher Irrelevanz der unterschiedlichen
technischen Konfiguration, die bei zum Weiterspielen verwendeter Gewinne zugunsten
der Punktespeichergeräte ausfällt, gilt entsprechend in der für Punktespeichergeräte
ungünstigen Konstellation, dass nach dem Einwurf aufgebuchte Punkte aus welchen
Gründen auch immer nicht zum Spielen verwendet, sondern in Geld zurückgewandelt
und ausgezahlt werden. Im Übrigen besteht unter Gleichheitsgesichtspunkten auch
deshalb keine Notwendigkeit jeweils gesonderter Maßstäbe oder Sätze für reine
Geldspeichergeräte einerseits und Punktespeichergeräte andererseits, weil die erstere
Geräteart ohnehin zahlenmäßig drastisch zurückgegangen ist.
105
Die Vereinfachungsregelung für die Besteuerung gemäß § 9 a VS ist ebenfalls nicht zu
beanstanden. Geldspielgeräte können grundsätzlich nach dem Maßstab des
Einspielergebnisses besteuert werden.
106
Vgl. BVerfG, Beschluss vom 4. Februar 2009
107
- 1 BvL 8/05 -, NVwZ 2009, 968 (973); BVerwG, Urteil vom 10. Dezember
2009 - 9 C 13.08 -, juris, Rn. 24.Urteil des Senats vom 6. März 2007 - 14 A
608/05 -, KStZ 2007, 94.
108
Der Multiplikator von 3,5 des Einspielergebnisses als bei der Steuererhebung zu
berücksichtigender Spieleraufwand hält sich im Rahmen der verfassungsrechtlichen
Vorgaben. Das Verwaltungsgericht hat hierzu wiedergegeben, dass der Satzungsgeber
bei diesem Multiplikator von der Annahme einer durchschnittlichen Auszahlungsquote
von rund 70 % ausgegangen ist. Diese Annahme liegt im Rahmen des dem
Ortsgesetzgeber zustehenden Ermessens. Aus der Spielverordnung ergibt sich, wie der
zu Auskunftszwecken in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat herangezogene
Prof. Dr. S. von der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt erläutert hat, keine
Minimalauszahlungsquote, da sich aus dem durchschnittliche Maximalkasseninhalt pro
Stunde von 33 Euro gemäß § 12 Abs. 2 Buchst. a der Spielverordnung erst im
Zusammenspiel mit dem jeweiligen Spielprogramm eine Auszahlungsquote ergibt.
Außerdem wird von den Geräteherstellern, wie Prof. Dr. S. ebenfalls erläutert hat, im
Regelfall ein geringerer Durchschnittskassenbestand gewählt. Somit kann, wenn der
Ersatzmaßstab "Einspielergebnis" zu einer der Bemessungsgrundlage
"Spieleraufwand" möglichst angenäherten Steuer führen soll, der Multiplikator für das
Einspielergebnis nur auf der Basis einer Schätzung der durchschnittlichen
Auszahlungsquote festgelegt werden, für die dem Satzungsgeber ein breiter Spielraum
zur Verfügung steht.
109
Hier kommt hinzu, dass der Satzungsgeber den Ersatzmaßstab nach dem
Einspielergebnis festlegen musste, weil Geräte, die nach der vor 2006 gültigen
Spielverordnung zugelassen wurden und die noch bis 2013 aufgestellt werden dürfen,
nicht notwendigerweise den Einsatz für steuerliche Zwecke dokumentierten, während
dies heute § 12 Abs. 2 Buchst. d der Spielverordnung vorschreibt. Der Satzungsgeber
musste damit die Ersatzmaßstabsregelung auf notwendigerweise ungewisser
tatsächlicher Grundlage und somit gewissermaßen experimentell treffen. Unter diesen
Umständen erweist sich der gewählte Multiplikator von 3,5 für den hier in Rede
stehenden Besteuerungszeitraum erst recht als unbedenklich. Allerdings besteht eine
Pflicht des Satzungsgebers zur Überprüfung einer getroffenen Regelung, wenn neues
Erfahrungsmaterial für eine sachgerechtere Lösung einer bislang nur grob typisierenden
und generalisierenden, in gewisser Weise "experimentellen" Regelung vorliegt.
110
Vgl. BVerwG, Urteil vom 19. Januar 2000 - 11 C 8.99 -, BVerwGE 110, 265
(276).
111
Der Normgeber trägt zur Vermeidung der Unwirksamkeit der Norm die Verantwortung
dafür, dass eine auf ungewisser Tatsachengrundlage getroffene Regelung auch im
Lichte neuerer Erkenntnisse mit höherrangigem Recht vereinbar bleibt, und muss
insofern die getroffene Regelung "unter Kontrolle halten".
112
Vgl. BVerwG, Beschluss vom 28. Juli 2005
113
- 10 B 34.05 -, NVwZ 2005, 1325.
114
Sollten daher Erkenntnisse vorliegen, dass der Multiplikator des Einspielergebnisses
über längere Zeiträume zu einer systematisch deutlich höheren oder niedrigeren Steuer
als auf der Basis des Einsatzes führt, könnte dies zur Unwirksamkeit der
Ersatzmaßstabsregelung und damit zur Notwendigkeit der Anpassung des Multiplikators
führen. Mit Rücksicht darauf, dass nach 2013 ohnehin alle Geräte den Einsatz nach der
ab 2006 gültigen Spielverordnung dokumentieren müssen, hat der Satzungsgeber hier
115
bereits durch den neu gefassten § 9a der Vergnügungssteuersatzung in der Fassung
der 4. Nachtragssatzung vom 10. Dezember 2008 dahin reagiert, dass bei allen
Geräten, die die Spieleinsätze dokumentieren können müssen, kein Ersatzmaßstab
nach dem Einspielergebnis angewandt werden darf.
Durch die Optionsmöglichkeit wird auch nicht deshalb ein unzulässiges Wahlrecht
eingeräumt, weil es durch Ausübung des Wahlrechts zur ungleichen Zuteilung
steuerlicher Lasten kommen könnte. Im Hinblick auf die Einschränkungen bei der Wahl
einer Besteuerung nach dem Einspielergebnis ist ein Hin- und Herspringen zwischen
beiden Berechnungsarten ausgeschlossen. Namentlich ist nicht zu befürchten, dass
durch die Nutzung der Optionsmöglichkeit besonders einsatzstarke Geräte gegenüber
einsatzschwachen Geräten prozentual niedriger besteuert werden können.
116
Vgl. Urteil des Senats vom 28. Februar 2009
117
- 14 A 1882/07 -, zu einem Wahlmaßstab nach der Stückzahl bei einem
allgemeinen Maßstab nach dem Einspielergebnis.
118
Die in der Vergnügungssteuersatzung der Stadt B. vorgenommene Besteuerung der
Geldspielgeräte ist auch nicht deshalb verfassungsrechtlich bedenklich, weil bei der
Berechnung der Vergnügungssteuer an den gesamten Spieleinsatz und nicht an den
Spieleinsatz abzüglich der Steuer angeknüpft wird. Hierbei handelt es sich um eine
Frage der Berechnung der Steuer. Einen verfassungsrechtlichen Grundsatz, dass eine
Steuer gesondert nur nach dem Nettobetrag erhoben werden kann, besteht nicht.
119
Vgl. BFH, Beschluss vom 19. Februar 2010
120
II B 122/09 -, juris, Rn. 20.
121
Die Höhe der Steuer von 5 % des Spieleraufwandes verstößt (auch hinsichtlich des
Ersatzmaßstabes) nicht gegen Art. 12 Abs. 1 GG. Eine Steuer stellt dann einen
grundsätzlich unzulässigen Eingriff in die Berufsfreiheit dar, wenn sie dazu führt, dass
die betroffenen Berufsangehörigen in aller Regel und nicht nur in Ausnahmefällen
wirtschaftlich nicht mehr in der Lage wären, den gewählten Beruf ganz oder teilweise
zur Grundlage ihrer Lebensführung zu machen.
122
Vgl. BVerfG, Beschluss vom 1. April 1971 1 BvL 22/67 -, BVerfGE 31, 8
(29); Urteil vom 22. Mai 1963 1 BvR 78/56 -, BVerfGE 16, 147 (175);
BVerwG, Urteil vom 10. Dezember 2009 - 9 C 13.08 -, Rn. 44; OVG NRW,
Urteil vom 6. März 2007 - 14 A 608/05 -, KStZ 2007, 94 (96).
123
Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Dies ergibt sich aus der Bestandsentwicklung
von Spielgeräten vor und nach Einführung der Steuer mit dem hier in Rede stehenden
neuen Maßstab und Satz. Auf Anfrage des Senats hat der Beklagte mit Schriftsätzen
vom 12. Mai und 21. Juni 2010 Angaben zur Zahl der Spielhallen, Geldspielgeräte in
Spielhallen und Geldspielgeräte an sonstigen Orten gemacht. Danach stellt sich die
Entwicklung wie folgt dar:
124
Jahr Spielhallen Geldspielgeräte in Spielhallen Geldspielgeräte an sonstigen Orten
125
2005 25
250
228
2006 25
250
202
2007 26
276
211
2008 26
297
218
2009 26
306
208
2010 29
333
200
Die Entwicklung ist dadurch gekennzeichnet, dass - ausgehend vom Jahr vor der
Einführung des neuen Steuermaßstabs, also 2005 - sowohl bei der Zahl der Spielhallen
als auch bei der Zahl der dort aufgestellten Geldspielgeräte bis heute ein
kontinuierlicher, zum Teil sogar drastischer Anstieg zu verzeichnen ist. Bei den an
sonstigen Orten aufgestellten Geldspielgeräten war die Zahl ab dem Jahre 2006 leicht
rückläufig, um dann in einer Wellenbewegung zu stagnieren. Diese tatsächliche
Entwicklung schließt es aus, dass der neue Steuermaßstab und -satz zu einer Steuer
mit Erdrosselungswirkung geführt hat. Wäre dem so, müssten jedenfalls vier Jahre nach
der Änderung wirtschaftliche Auswirkungen dadurch feststellbar sein, dass die
schwächsten Anbieter aus dem Markt scheiden, ohne dass neue ihren Platz einnehmen.
Es müsste eine Tendenz zum Absterben der Spielgeräteaufstellerbranche in B.
erkennbar werden. Bezüglich der Spielhallen und der dort aufgestellten Geldspielgeräte
ist das Gegenteil der Fall. Die Entwicklung stützt vielmehr die Annahme, dass noch
nicht einmal eine legitime - Lenkungswirkung zur erwünschten Verminderung des
Bestands eingetreten ist.
126
Dem kann nicht mit Erfolg entgegen gehalten werden, die Automatenaufsteller seien an
langfristige Mietverträge gebunden und würden nur durch Querfinanzierungen ihre
wirtschaftliche Lebensgrundlage sichern können. Angesichts der Bestandsentwicklung
sind das vorgeschobene Gründe. Zum einen würde ein wirtschaftlich denkender
Unternehmer seinen Betrieb nicht fortführen, wenn er nicht die Erwartung hätte,
Gewinne zu erzielen. Zum anderen wären die Schwächsten gar nicht in der Lage, diese
Art der Finanzierung jahrelang durchzustehen. Eine im Regelfall ausgeschlossene
Gewinnmöglichkeit müsste sich schließlich in der Zahl der Spielhallen niederschlagen.
Die Tatsache, dass angesichts einer Marktsituation, die durch eine "erdrosselnde"
Steuer gekennzeichnet sein soll, noch weitere Spielhallen eröffnet werden, beweist die
fehlende Erdrosselungswirkung. Es wäre eine zu den wirtschaftlichen Gegebenheiten
widersprüchliche Annahme, dass sich Unternehmer zur Eröffnung neuer Spielhallen
entscheiden in dem Bewusstsein, dass damit im Regelfall Gewinne nicht erzielt werden
können.
127
Der zu verzeichnende Rückgang von an anderen Orten, also im Wesentlichen
Gaststätten, aufgestellten Geldspielgeräten steht dem vorbezeichneten Befund
fehlender Erdrosselungswirkung nicht entgegen. Das gilt schon von der Zahl her,
wonach bei uneinheitlichem Verlauf in der Zwischenzeit der Bestand nunmehr etwa 12
% unter dem Niveau des Jahres 2005 liegt. Schon diese Zahlen belegen noch keine
erdrosselnde Wirkung. Der Rückgang kann im übrigen viele Ursachen jenseits der
Vergnügungssteuer haben, etwa das "Kneipensterben", Veränderungen im
Publikumstypus durch das Rauchverbot, die Tendenz zur Veränderung der
Kneipenszene von "klassischen" Thekenkneipen zu bistroähnlichen Gaststätten. Diese
128
Veränderungen in der Gaststättenbranche sind angesichts des ungebremsten
Wachstums der Geldspielgeräte in Spielhallen die viel wahrscheinlichere Ursache des
leichten Rückgangs der Geldspielgeräte außerhalb von Spielhallen als die
Vergnügungssteuer mit neuem Maßstab und Satz.
Der Senat hat entsprechend verschiedener Anregungen von Seiten der Aufsteller
erwogen, die Frage einer erdrosselnden Wirkung einer sachverständigen Begutachtung
zu unterziehen. Er hat davon abgesehen, weil die tatsächlichen Feststellungen zur
Bestandsentwicklung einen derartig eindeutigen Schluss auf die genannte Frage
zulässt, dass ein Sachverständigengutachten nicht erforderlich ist. Im Übrigen wäre ein
Sachverständigengutachten für die Frage der Erdrosselungswirkung nur dann
hinreichender zuverlässig, wenn diese Wirkung eindeutig vorliegt oder nicht vorliegt: Da
es nicht auf die wirtschaftlichen Verhältnisse einzelner Aufsteller, sondern auf den
Regelfall ankommt, müsste ein Sachverständiger ein fiktives Unternehmen mit einer
bestimmten erforderlichen Kostenstruktur und Betriebsweise entwerfen und dann die
Möglichkeit der Gewinnerzielung am Markt untersuchen.
129
Vgl. zu den bei einem Gutachten zugrunde zu legenden Annahmen
BVerwG, Urteil vom 10. Dezember 2009 - 9 C 13.08 -, Rn. 45:
"durchschnittlicher" Bruttoumsatz, "durchschnittliche" Kosten,
"angemessener" Betrag für Eigenkapitalverzinsung und Unternehmerlohn,
"kostensparende markt-gerechte Betriebsführung", "erforderliche" Kosten;
dazu, dass die Zugrundelegung eines "durchschnittlichen Betriebs" eine
realitätsfremde Fiktion ist, vgl. BFH, Urteil vom 29. März 2006 - II R 59/04 -,
juris, Rn. 21.
130
Damit hängt das Ergebnis von einer solchen Vielzahl unsicherer Annahmen ab, dass
ein Gutachten nur dann zuverlässig die wirtschaftlich erdrosselnde Wirkung mit der
Folge der Nichtigkeit der Steuersatzung feststellen könnte, wenn die Annahmen auf das
unanfechtbare Mindestmaß zurückgeschraubt werden. In einer solchen Situation wären
aber schon längst Erdrosselungsauswirkungen in der Bestandsentwicklung zu
verzeichnen. Angesichts einer sogar noch steigenden Zahl von Spielhallen und
Geldspielgeräte insgesamt über einen längeren Zeitraum besteht für den Senat daher
kein Anlass, zur Frage der Erdrosselungswirkung der Vergnügungssteuer ein
Sachverständigengutachten einzuholen.
131
Die Höhe der Steuer ist auch nicht deshalb zu beanstanden, weil sie für die Aufstellorte
in Spielhallen und an sonstigen Orten (damit namentlich in Gaststätten) vom Maßstab
und Satz her gleich ist. Eine nach Art. 3 Abs. 1 GG unzulässige Gleichbehandlung läge
dann vor, wenn Ungleiches nicht seiner Eigenart entsprechend verschieden behandelt
würde. Der Normgeber muss tatsächliche Ungleichheiten des zu ordnenden
Lebenssachverhalts berücksichtigen, die so bedeutsam sind, dass sie bei einer am
Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise beachtet werden müssen.
132
Vgl. BVerfG, Urteil vom 16. März 2004 - 1 BvR 1778/01 -, BVerfGE 110, 141
(167).
133
Unter Geltung des alten Stückzahlmaßstabs war dies so, da es unvertretbar war, Geräte
in Gaststätten, die nicht so intensiv bespielt werden wie solche in Spielhallen, gleich zu
besteuern.
134
Vgl. BVerwG. Beschluss vom 25. Januar 1995
135
- 8 N 2.93 -, Buchholz 401.68 Vergnügungs-steuer, Nr. 28, S. 12 ff.
136
Bei dem hier in Rede stehende Einsatzmaßstab bzw. dem Ersatzmaßstab nach dem
Einspielergebnis ist das nicht so. Eine geringere Spielintensität in Gaststätten mit der
Folge eines geringeren Spieleraufwandes oder Einspielergebnisses schlägt sich in
einer entsprechend geringeren Steuer nieder. Wenn darauf hingewiesen wird, dass es
keine weniger teuren Geräte für eine Gaststättenaufstellung gibt als bei einer
Aufstellung in Spielhallen, so ist dies ein Gesichtspunkt, der die Kostenstruktur seines
unternehmerischen Betätigungsfelds betrifft. Der Satzungsgeber muss individuellen
Besonderheiten in der Kostenstruktur einzelner Unternehmer nicht durch ermäßigte
Steuersätze Rechnung tragen. Es handelt sich also bei Spielgeräten in Gaststätten und
solchen in Spielhallen nicht um wesentlich ungleiche Sachverhalte, die ungleich
behandelt werden müssten.
137
Allerdings steht es dem Normgeber frei, im Rahmen der Sachgerechtigkeit diejenigen
Sachverhalte auszuwählen, an die er dieselbe Rechtsfolge knüpft, die er also im
Rechtssinne als gleich ansehen will. Der allgemeine Gleichheitssatz ist nicht schon
dann verletzt, wenn der Normgeber Unterscheidungen, die er vornehmen darf, nicht
vornimmt.
138
Vgl. BVerfG, Beschluss vom 23. Mai 2006
139
- 1 BvR 1484/99 -, BVerfGE 115, 381 (389).
140
Hier stünde es dem Satzungsgeber frei, zur "Eindämmung der Spielhallenflut"
Spielgeräte dort höher zu besteuern als solche in Gaststätten.
141
Vgl. BVerwG, Beschluss vom 28. April 1992 - 8 B 163/91 -, juris Rn. 4;
OVG NRW, Beschluss vom 18. Juli 2008 - 14 B 492/08 -, S. 5 des amtl.
Umdrucks.
142
Da eine erdrosselnde Wirkung der Vergnügungssteuer nicht festgestellt werden kann,
ist auch von ihrer Abwälzbarkeit auszugehen. Insoweit genügt die Möglichkeit einer
kalkulatorischen Überwälzung in dem Sinne, dass der Steuerpflichtige den von ihm
gezahlten Betrag in die Kalkulation seiner Selbstkosten einsetzten und hiernach die zur
Aufrechterhaltung der Wirtschaftlichkeit seines Unternehmens geeigneten Maßnahmen
treffen kann. Die rechtliche Gewähr, dass er den von ihm entrichteten Betrag immer von
demjenigen erhält, der nach der Konzeption des Gesetzgebers letztlich die Steuer
tragen soll, muss dem Steuerschuldner nicht geboten werden. Es reicht aus, wenn die
Steuer auf eine Überwälzung der Steuerlast vom Steuerschuldner auf den Steuerträger
angelegt ist, auch wenn eine Überwälzung nicht in jedem Einzelfall gelingt.
143
Vgl. BVerfG, Beschluss vom 4. Februar 2009
144
- 1 BcvL 8/05 -, NVwZ 2009, 968 (972); Urteil vom 20. April 2004 1 BvR
1748/99, 1 BvR 900/00 -, DVBl. 2004, 705, 708.
145
Bei der Kalkulation seiner Selbstkosten sind dem Automatenaufsteller zwar durch die
Vorgaben in der Spielverordnung Grenzen gesetzt. Dies bedeutet aber nicht, dass ihm
146
keine anderen Maßnahmen bleiben, um die Wirtschaftlichkeit seines Unternehmens
aufrecht zu erhalten. Für eine kalkulatorische Überwälzung ist dabei nicht die absolute
Höhe der Steuer ausschlaggebend, sondern die Möglichkeit, die Steuer in die Kosten
einzubeziehen. Es handelt sich hierbei um einen wirtschaftlichen Vorgang, wobei das
Gesetz es dem Steuerschuldner überlässt, die Wirtschaftlichkeit seines Unternehmens
auch unter Berücksichtigung des Steuerbetrages zu wahren.
Vgl. Urteil des Senats vom 6. März 2007
147
- 14 A 608/05 -, KStZ 2007, 94 (96).
148
Zu Unrecht wird geltend gemacht, dass die Grenze fehlender Abwälzbarkeit der Steuer
vor der Erdrosselung liegen müsse. Zwar haben Abwälzbarkeit und
Erdrosselungsverbot unterschiedliche verfassungsrechtliche Ausgangspunkte: Während
das Erfordernis der Abwälzbarkeit aus der Einstufung der Steuer als Aufwandsteuer
folgt (Art. 105 Abs. 2a GG), stellt das Erdrosselungsverbot eine berufsrechtliche
Grundrechtsschranke dar (Art. 12 Abs. 1 GG). Sie decken sich aber in dem
wirtschaftlichen Punkt, dass die Vergnügungssteuer einerseits für den Unternehmer
eine bloße Kostenposition sein darf, die er auf den Spieler überwälzen können muss,
wie sie andererseits Teil der sonstigen erforderlichen Kosten des Betriebs sind, die
insgesamt im Regelfall durch das Entgelt der Spieler erwirtschaftet werden können
müssen. Deshalb sind diese unterschiedlichen Schranken in diesem wirtschaftlichen
Punkt identisch.
149
Darüberhinaus erfordert die Abwälzbarkeit auch die Möglichkeit, dass der Unternehmer
die abzuführende Steuer anhand langfristiger Erfahrungs- und Durchschnittswerte
verlässlich kalkulieren kann,
150
vgl. BVerwG, Urteil vom 10. Dezember 2009
151
- 9 C 13.08 -, Rn. 30,
152
um danach die zur Aufrechterhaltung der Wirtschaftlichkeit des Unternehmens
erforderlichen Maßnahmen treffen zu können.
153
Dazu wird im Kern von den Aufstellern geltend gemacht, dass der Einsatz keine
Korrelation mehr zum Einspielergebnis aufweise und deshalb nicht mehr kalkuliert
werden könne, ob die vom Einsatz abhängige Steuer aus dem Einspielergebnis
beglichen werden kann. Dieser Einwand trifft nicht zu. Die Zufälligkeit des Spiels steht
der Kalkulierbarkeit der Steuer nicht entgegen. Zufällig ist nämlich nur das einzelne
Spiel, nicht aber das Verhalten des Gerätes dahin, welcher Prozentsatz des Einsatzes
durchschnittlich als Gewinn ausgekehrt wird und damit umgekehrt als Einspielergebnis
in der Kasse verbleibt. Schon § 12 Abs. 2 Buchst a SpielV mit seiner Vorgabe, Gewinne
in einer solchen Höhe auszuzahlen, dass bei langfristiger Betrachtung kein höherer
Betrag als 33 Euro je Stunde als Kasseninhalt verbleibt, in Verbindung mit den weiteren
Vorgaben zu Einsatz und Gewinn in § 13 Abs. 1 SpielV schließt eine so verstandene
Zufälligkeit aus. Da das Einspielergebnis nur aus den Einsätzen generiert werden kann,
muss schon zur Sicherstellung der Deckung der sonstigen Kosten ein Zusammenhang
zwischen Einsätzen und Einspielergebnis bestehen, denn nur aus diesem werden die
Kosten bestritten. Im Übrigen ist es Sache der Spielgeräteaufsteller, nur solche
Spielgeräte aufzustellen, die es ermöglichen, trotz der Entrichtung der
154
Vergnügungssteuer im Regelfall Gewinne zu erzielen. Da vor diesem Problem alle
Geräteaufsteller stehen, die sich einer Einsatzbesteuerung ausgesetzt sehen, zum
Beispiel in Hamburg, ist davon auszugehen, dass solche Geräte auch von den
Herstellern angeboten werden.
So zu Recht BFH, Beschluss vom 27. November 2009 - II B 75/09 -, Rn. 42.
155
Sollten die Unternehmer Geräte aufstellen, bei denen kein statistischer Zusammenhang
zwischen Einsätzen und Einspielergebnis besteht, und sie deshalb nicht in der Lage
sein, die Vergnügungssteuer aus dem Einspielergebnis zu zahlen, läge die Ursache
dafür nicht in der Steuer, sondern in unverantwortlichem Handeln, das kein
unternehmerisches Verhalten, sondern selbst Glücksspiel wäre. Der Annahme
kalkulatorischer Abwälzbarkeit stehen die im Parallelverfahren 14 A 717/09
eingereichten Übersichten über den vermeintlich fehlenden Zusammenhang zwischen
Einsatz und Einspielergebnis nicht entgegen. Sie zeigen vielmehr lediglich die
Zufälligkeit des Einspielergebnisses in Abhängigkeit von Abrechnungszeitraum. Über
längere Zeiträume betrachtet besteht ein statistischer Zusammenhang zwischen Einsatz
und Einspielergebnis, wie das Verwaltungsgericht im Verfahren 14 A 717/09 aufgezeigt
hat. Es steht damit fest, dass auch bei einer am Einsatz orientierten Steuer die
Begleichung der Steuer aus dem Einspielergebnis kalkuliert werden kann.
156
Die im Tenor genannten Bescheide, die die Vergnügungssteuererhebung für das Jahr
2006 und das 1. Quartal 2007 betreffen, sind allerdings rechtswidrig, da sie nicht auf
einer gültigen Satzungsregelung beruhen.
157
Die Vergnügungssteuersatzung vom 22. Februar 2006 in der Fassung sowohl des 2.
Nachtrags vom 6. Juni 2007 als auch des 3. Nachtrags vom 28. Mai 2008 ist nämlich
insoweit nichtig, als sie die Besteuerung der Geldspielgeräte für das Jahr 2006 und das
erste Quartal 2007 betrifft. Durch Art. 6 des 2. Nachtrags zur Vergnügungssteuersatzung
vom 6. Juni 2007 erhielt § 14 Abs. 7 der Vergnügungssteuersatzung die Fassung, dass
der Spieleraufwand bzw. das Einspielergebnis vierteljährlich jeweils bis zum 15.4.,
15.7., 15.9. und 15.1. für das vorherige Kalendervierteljahr auf amtlichen Vordruck unter
Beifügung entsprechender Belege einzureichen sind. Da dieser Nachtrag rückwirkend
zum 1. April 2006 in Kraft trat, konnten diese Fristen für den Zeitraum April 2006 bis
einschließlich März 2007 nicht eingehalten werden. Die Satzung ist insoweit nichtig,
weil sie etwas tatsächlich Unmögliches verlangt. Artikel 2 des 3. Nachtrags zur
Vergnügungssteuersatzung vom 28. Mai 2008 enthält hinsichtlich der Mitteilung des
Spieleraufwandes bzw. des Einspielergebnisses eine andere Formulierung, durch die
der Sache aber keine anderen Fristen gesetzt werden. Da auch dieser Nachtrag
rückwirkend zum 1. April 2006 in Kraft trat, ändert sich an der tatsächlichen
Unmöglichkeit der fristgerechten Mitteilung des Spieleraufwandes/des
Einspielergebnisses für den Zeitraum des Jahres 2006 und des 1. Quartals 2007 nichts.
Die Vergnügungssteuersatzung vom 22. Februar 2006 sah in der Ursprungsfassung in
§ 14 Abs. 7 eine Steueranmeldung auf amtlichen Vordruck bis zum 15. Tag nach Ablauf
eines Kalenderjahres vor. Nach § 12 Abs. 8 der Satzung in der Ursprungsfassung
konnte auch eine monatliche Abrechnung nach Verlangen der Stadt erfolgen. Die
Anzeige- und Erklärungspflichten wurden somit durch den 2. und 3. Nachtrag zur
Vergnügungssteuersatzung inhaltlich geändert und nicht nur sprachlich neu gefasst.
158
Die oben beschriebene Nichtigkeit der Regelung über das Besteuerungsverfahren führt
dazu, dass ein gleichmäßiger Belastungserfolg durch die Steuer für den Zeitraum April
159
2006 bis einschließlich März 2007 nicht gewährleistet wird. Es stand im Belieben des
Steuerpflichtigen, ob er eine Steuererklärung abgeben wollte oder nicht. Eventuell
ergehende Schätzungsbescheide nach § 12 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b KAG i.V.m. § 162 AO
sind bereits deshalb aufzuheben, weil eine Verletzung von Mitwirkungspflichten nicht
vorliegt. Ein "Steuererhebungs-verfahren", das allein auf der Erklärungsbereitschaft des
Steuerpflichtigen beruht, gewährleistet keine rechtlich und tatsächlich gleiche
Steuerbelastung. Diese Ungleichbehandlung hat dabei ihre Grundlage in der
Vergnügungssteuersatzung selbst und beruht nicht (nur) auf einer unzureichenden
Kontrolle im Veranlagungsverfahren.
Vgl. zur Gleichheit bei der Durchsetzung in der Steuererhebung BVerfG,
Urteil vom 27. Juni 1991 - 2 BvR 1493/89 -, BVerfGE 84, 239, 271.
160
Diese Mängel im Steuererhebungsverfahren betreffen allerdings nicht mehr die
Zeiträume ab dem 2. Quartal 2007. Ab diesem Zeitpunkt konnte die Klägerin den
Anzeigen- und Erklärungspflichten nach Art. 6 des 2. Nachtrags zur
Vergnügungssteuersatzung vom 6. Juni 2007, die am 13. Juni 2007 bekannt gemacht
worden ist, nachkommen. Maßgebendes Erklärungsdatum für dieses Quartal war der
15. Juli 2007.
161
Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs.1 Satz 1 VwGO. Die Entscheidung über
die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10, 711
der Zivilprozessordnung.
162
Die Revision ist nicht zuzulassen da die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht
vorliegen.
163