Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 27.10.2005

OVG NRW: bergbau, umweltverträglichkeitsprüfung, gewinnung, gefahr, veränderte verhältnisse, staatliche aufgabe, beschränkung, bergwerk, gewährleistung, eingriff

Oberverwaltungsgericht NRW, 11 A 1751/04
Datum:
27.10.2005
Gericht:
Oberverwaltungsgericht NRW
Spruchkörper:
11. Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
11 A 1751/04
Vorinstanz:
Verwaltungsgericht Düsseldorf, 3 K 4774/02
Tenor:
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich
der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf
die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils
beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die jeweilige
Vollstreckungsgläubigerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben
Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
1
Die Klägerin ist eine Stadt am Niederrhein mit ca. 35.000 Einwohnern. Sie begehrt die
Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses vom 7. Juni 2002, mit dem die Beklagte
den Rahmenbetriebsplan mit Umweltverträglichkeitsprüfung zur Gewinnung von
Steinkohle im Bergwerk X. für den Zeitraum 2002 bis 2019 der Beigeladenen
zugelassen hat.
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Auf der Grundlage des zugelassenen Rahmenbetriebsplans sollen Flözpartien
abgebaut werden, die in den Feldesteilen Rheinberger Staffel, Walsumer Horst und
Dinslakener Graben liegen und sich zum Teil unter dem Stadtgebiet der Klägerin
erstrecken. Da die Einbringung von Blasversatz nicht vorgesehen ist, sind für den
Zeitraum 1999 bis 2019 Senkungsschwerpunkte des Bergwerks X. im Bereich nördlich
N. von ca. 5 m und im Bereich W. von ca. 3 m prognostiziert.
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Im Rahmen der Trägerbeteiligung erhob die Klägerin gegen den Plan Einwendungen
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und machte geltend: Der Rahmenbetriebsplan verletze ihr verfassungsrechtlich durch
Art. 28 Abs. 2 GG verbürgtes Recht, die örtlichen Angelegenheiten in eigener
Verantwortung im Rahmen der Gesetze zu regeln. Wegen der Bergsenkungen und des
Überflutungsrisikos bei Deichbrüchen werde das Vorhaben ihre Planungs- und
Finanzhoheit einschränken sowie ihre kommunalen Einrichtungen und ihr
Selbstgestaltungsrecht beeinträchtigen. Daneben rügte sie Defizite bei der
Zusammenstellung des Abwägungsmaterials und der Alternativenprüfung.
Im anschließend durchgeführten Erörterungstermin vertiefte die Klägerin ihre
Einwendungen insbesondere zum Hochwasserschutz.
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Mit Planfeststellungsbeschluss vom 7. Juni 2002 - der Klägerin am 24. Juni 2002 mit
Postzustellungsurkunde zugestellt - wies die Beklagte die erhobenen Einwendungen
zurück und ließ den mit zahlreichen Nebenbestimmungen versehenen
Rahmenbetriebsplan zu.
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Die Klägerin hat am 19. Juli 2002 Klage erhoben. Sie hat im wesentlichen geltend
gemacht: Die Klage sei zulässig; insbesondere sei sie im Sinne von § 42 Abs. 2 VwGO
klagebefugt. Der Planfeststellungsbeschluss schränke das ihr zustehende, durch Art. 28
Abs. 2 GG und Art. 78 Abs. 1 LV NRW geschützte Recht der Selbstverwaltung ein. In
tatsächlicher Hinsicht werde das Gemeindegebiet von der Verwirklichung des
Vorhabens umfassend betroffen, dadurch werde jedenfalls ihre Planungshoheit
unzumutbar verletzt. Die Klage sei auch begründet. Sie - die Klägerin - sei an dem
Rahmenbetriebsplanverfahren nicht ordnungsgemäß beteiligt worden. Eine den
Anforderungen des Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG genügende Anhörung setze voraus, dass
der Gemeinde ein angemessener zeitlicher Rahmen zur Äußerung zugebilligt werde.
Eine umfassende Stellungnahme sei innerhalb der gesetzten Frist nicht möglich
gewesen, insbesondere sei eine Prüfung, ob und in welchem Umfang sich die
Planfeststellung nachteilig auf ihre geschützten Belange auswirke, durch die Vielzahl
fehlender Angaben im Planfeststellungsverfahren erschwert worden. Zu diesen
Angaben sei die Beklagte aber aus verfassungsrechtlichen Gründen verpflichtet
gewesen. Daneben werde ihr Selbstverwaltungsrecht dadurch verletzt, dass ihre
Belange nicht in die Abwägung eingestellt worden seien; auch sei eine
Alternativenprüfung unterblieben. Eine solche Pflicht ergebe sich aus dem
Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Der geplante Abbau verursache die konkrete Gefahr
eines Deichversagens und nachfolgend einer Zerstörung großer Teile der städtischen
Infrastruktur. Dieser kommunale Belang müsse über § 48 Abs. 2 BBergG mit dem ihm
zukommenden Gewicht in die Abwägung eingestellt werden. Gesichtspunkte der
Beeinträchtigung gemeindlicher Einrichtungen habe die Beklagte zwar im
Planfeststellungsbeschluss angesprochen, dort aber im wesentlichen nur auf
regelmäßige „Gespräche" mit der Beigeladenen verwiesen. Für das Vorliegen einer
Gefahr der Beschädigung bzw. Zerstörung der städtischen Infrastruktur komme es im
Wesentlichen auf das Schadensausmaß und die Eintrittswahrscheinlichkeit eines
derartigen Schadens an. Durch das Vorhaben der Beigeladenen würden große, dicht
besiedelte und mit hohen Sachwerten in Form von Gebäuden, betriebenen Anlagen
usw. bestandene Gebiete so abgesenkt, dass sie künftig im Falle eines Versagens des
Hochwasserschutzes im überfluteten Bereich lägen. Die Vervielfachung des
Schadenspotenzials im Hochwasserfall könne im Lichte der abwägenden Entscheidung
nach § 48 Abs. 2 BBergG nur zu einer Versagung oder zumindest Beschränkung des
Vorhabens führen. Notwendige Sicherheitsmaßnahmen seien in den rechtlich
verbindlichen Regelungen der Planfeststellung für die betroffenen Deiche nicht
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festgelegt worden. Vor dem Hintergrund der Gutachten der vom Staatlichen Umweltamt
beauftragten Gutachter Prof. Dres. C. und Kast und insbesondere der gutachterlichen
Aussagen von Prof. Schulz sowie den Stellungnahmen der Bezirksregierung Düsseldorf
im Planfeststellungsverfahren müsse davon ausgegangen werden, dass konkret die
Gefahr eines Deichbruchs gegeben sei und damit ein nicht hinnehmbarer Verlust der
städtischen Infrastruktur in den von Hochwassereinwirkungen betroffenen Bereichen
drohe. Sie - die Klägerin - verweise hinsichtlich der Sicherheitsbeurteilung der Deiche
und notwendiger Sicherheitsvorkehrungen auf die Beurteilung von Prof. Dr. T. vom 17.
Juli 2002. Das Nachtragsgutachten der Gutachter Prof. Dres. C. und L1. vom 20.
Februar 2002 zu den Ausführungen von Prof. T. im Erörterungstermin sei
demgegenüber nicht aussagekräftig. Das weitere Prüfgutachten der Prof. C. und L. vom
19. August 2002 gehe an der Rechtslage vorbei. Diese verwiesen zu Unrecht darauf,
notwendige Sicherheitsmaßnahmen könnten noch im nachhinein geregelt werden. Die
notwendigen Sicherheitsmaßnahmen seien aber schon auf der Ebene der
Planfeststellung verbindlich zu regeln. Am Beispiel des Deichabschnitts bei N. könne
aufgezeigt werden, welche Sicherheitsmaßnahmen bei den vorhandenen Deichen
fehlten. Die bergrechtliche und die wasserrechtliche Planfeststellung sei
notwendigerweise zusammenzufassen. Die Beklagte habe zu Unrecht die Auffassung
vertreten, deichrechtliche Fragen seien im bergrechtlichen Planfeststellungsverfahren
nicht mitzuregeln, weil Deichbaumaßnahmen zu den nach § 57b Abs. 3 Satz 3 BBergG
nicht konzentrationsfähigen Folgemaßnahmen gehörten und daher sämtliche
Deichbaumaßnahmen Gegenstand gesonderter planfeststellungspflichtiger
Zulassungsverfahren nach § 31 Abs. 2 Satz 2 WHG seien. Diese Rechtsauffassung
treffe nicht zu, da § 78 VwVfG ausdrücklich anordne, dass bei mehreren selbständigen
Vorhaben, für deren Durchführung Planfeststellungsverfahren vorgeschrieben seien, nur
eine einheitliche Entscheidung möglich sei. Daraus folge auch, dass die bergbaulichen
Einwirkungen auf die Deiche nicht lediglich auf der Grundlage einer
Machbarkeitsuntersuchung zu beurteilen gewesen seien. Im vorliegenden Verfahren
gehe es gerade nicht um Folgemaßnahmen, die Jahrzehnte später erfolgen müssten. In
erheblichem Umfang ergäben sich Einwirkungen auf die Deiche bereits durch den
schon angelaufenen oder durch den sich unmittelbar anschließenden Abbau. Dafür
spreche auch § 75 VwVfG. Diese Regelung solle nach der Rechtsprechung des
Bundesverwaltungsgerichts der Schonung der Planungskompetenzen verschiedener
Planungsträger dienen. Insoweit seien die mit einem Planfeststellungsverfahren
notwendig und untrennbar zusammenhängenden Dinge nicht als Folgemaßnahmen
anzusehen, wie z.B. die Anpassung eines Straßennetzes bei der Schließung eines
Bahnübergangs. Bezüglich der bergbaulichen Einwirkungen auf die Deiche gehe es
gerade darum, die bestehenden Deiche im Sinne einer notwendigen Folgemaßnahme
an die bergbaulichen Einwirkungen anzupassen. Selbst wenn es sich bei bestimmten
Deichbaumaßnahmen nicht um notwendige Folgemaßnahmen handelte, wäre eine
Zusammenfassung der Planungsentscheidungen trotzdem notwendig gewesen, da im
vorliegenden Fall aus materiellen Gründen ein zwingender Koordinierungsbedarf
gegeben sei. Auch aus den Vorgaben für die Umweltverträglichkeitsprüfung ergebe
sich, dass die Risikobetrachtung bereits auf Rahmenbetriebsplanebene vorzunehmen
sei. Für die Notwendigkeit der Zusammenfassung der bergrechtlichen und
wasserrechtlichen Planfeststellung spreche inhaltlich insbesondere auch die
Vergrößerung der Polderflächen und die Erhöhung des Risikopotenzials durch die
Senkungen, die im nachfolgenden deichrechtlichen Planfeststellungsverfahren nicht
mehr beeinflusst werden könnten. Der Verstoß gegen § 78 VwVfG habe dazu geführt,
dass eine ordnungsgemäße Risikoermittlung und Risikobewertung, die auch ihre
Rechte berühre, nicht vorgenommen worden sei. Insofern gehe es nicht um die
Einhaltung bloß formaler Ordnungsvorschriften. Das Bundesverwaltungsgericht bejahe
eine Verletzung gemeindlicher Rechte, soweit eine unzulässige Verfahrenstrennung
erfolge. Eine Problemverlagerung in nachfolgende Verfahren setze überdies voraus,
dass das Konfliktpotenzial, das verlagert werden solle, überhaupt ermittelt werde, denn
der verlagerte Konflikt müsse im nachfolgenden Verfahren auch lösbar sein. Die
Deichsicherheitsfragen dürften auch nicht in die Sonderbetriebsplanverfahren verlagert
werden. Gleiches gelte für die Schaffung neuer Überflutungsrisiken im Deichhinterland.
Hierbei handele es sich um grundsätzliche Fragen des Vorhabens, die entsprechend
dem Willen des Gesetzgebers auf Rahmenbetriebsplanebene zu beurteilen seien.
Durch die Verlagerung werde im Ergebnis ein unzulässiger Druck auf die
deichrechtlichen Genehmigungsbehörden erzeugt, nicht vertretbare Risiken in Kauf zu
nehmen, da der Bergbau sich immer darauf berufen könne, über eine bestandskräftige
Genehmigung zur Durchführung seines Vorhabens zu verfügen. Ihre Rechte würden
auch dadurch verletzt, dass die Regelungen im Planfeststellungsbeschluss zum Schutz
ihrer Sachgüter nicht hinreichend bestimmt seien. Zudem fehlten Störfallkonzepte für
den Fall eines Deichversagens. Auch der Schutz öffentlicher Einrichtungen vor direkten
Bergschäden sei nicht ausreichend in den Blick genommen worden. Das
Schadensrisiko für übertägige Objekte sei erheblich. Eine konkrete Schadensprognose
fehle. In einer Vielzahl von Bereichen sei mit hohen Zerrungsbeanspruchungen zu
rechnen, die mit vielen Gebäudeschäden bis hin zum Totalverlust verbunden seien. In
weiteren Bereichen sei eine Überlagerung von Zerrungsbereichen und damit eine
Verdoppelung der Zerrungswerte zu erwarten. Hiervon sei im besonderen Maße der
Ortsteil N. und das Rheindorf M. betroffen. Regelungen, die insofern einen
schadensmindernden Abbau vorsähen, enthalte der Rahmenbetriebsplan nicht. Vor
dem Hintergrund des gemeindlichen Selbstverwaltungsrechts ergebe sich der
gemeindliche Sachgüterschutz aus §§ 48 Abs. 2, 55 BBergG. Das folge aus der
amtlichen Begründung zum Bundesberggesetz. Es bestehe ein einfachgesetzlicher
Schutz des kommunalen Eigentums, insbesondere soweit es um Bergschäden durch
Bodenbewegungen gehe, auf der Grundlage des § 55 BBergG. Bei kommunalen
Einrichtungen, die konkret der Daseinsvorsorge dienten, könnten Gemeinden einen
Vollschutz beanspruchen. Ausreichende Regelungen zum Schutz kommunaler
Einrichtungen enthalte der Rahmenbetriebsplan nicht. Die diesbezüglichen
Nebenbestimmungen im Planfeststellungsbeschluss, die ihre Rechte angeblich
wirksam schützen würden, seien viel zu unbestimmt. Es werde gerade nicht konkret
festgelegt, dass vorrangig die Infrastruktureinrichtungen zu schützen seien. Mit dem
Vorhaben werde zudem massiv in ihre Bauleitplanung eingegriffen. Diese Eingriffe
beruhten einerseits auf der unmittelbaren Veränderung der Erdoberfläche durch
Senkungen, Pressungen und Zerrungen, ergäben sich darüber hinaus aber auch ganz
wesentlich aus der Vergrößerung der Hochwassergefahr für wesentliche Teile des
Stadtgebiets. Ihre Planungsabsichten würden durch die Hochwasserrisiken
eingeschränkt. Ein nicht förmlich als Überschwemmungsgebiet festgelegter Bereich sei
zwar nicht grundsätzlich einer gemeindlichen Bauleitplanung entzogen, es müsse
jedoch sehr sorgfältig ermittelt, gewichtet und abgewogen werden, ob eine
Bauleitplanung unter Inkaufnahme von Hochwassergefahren zulässig sei. Die
planerische Abwägung der Gefahrenquelle habe auch unter Berücksichtigung der
Tatsache zu erfolgen, dass an die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts um so
strengere Anforderungen zu stellen seien, je größer und folgenschwerer der
möglicherweise eintretende Schaden sei. Zu den durch die Planungshoheit geschützten
Belangen gehörten neben den konkreten Planungen auch die städtebaulichen
Entwicklungsabsichten, wie sie insbesondere in Flächennutzungsplänen aber auch im
Leitbild der Stadt für die städtebauliche Entwicklung zum Ausdruck gekommen seien.
Damit spreche auch die Tatsache, dass im Flächennutzungsplan als Baugebiete
dargestellte Bereiche neu in den Einflussbereich von Hochwasser gelangten bzw. von
der Höhe her wesentlich stärker überflutet würden, als öffentlicher Belang gegen die
Schaffung neuer Hochwasserrisiken. Wesentliches Planungsziel des Bebauungsplans
Nr. 46 sei die Erhaltung und Wiederherstellung des historischen Charakters des Dorfes
N. . In diesem Zusammenhang seien vier Objekte festgesetzt worden, die aus Gründen
des Ortsbildes bzw. aufgrund ihrer historischen Bedeutung nach § 172 BauGB erhalten
werden sollten. Zwei dieser Gebäude lägen in unmittelbarer Nähe bereits aufgetretener
Unstetigkeiten, zwei weitere in Zonen, in denen nach der markscheiderischen Literatur
gerade mit dem Auftreten von Unstetigkeiten aufgrund des Abbaus L/K 82 zu rechnen
sei. Schutzmaßnahmen seien im Planfeststellungsbeschluss nicht vorgesehen. Zehn
erhaltenswerte Gebäude seien aus ortsgeschichtlichen Gründen und aus Gründen der
Wahrung des Ortsbildes in den Bebauungsplänen Nr. 48 (M. ) und Nr. 47 (H. )
festgesetzt. Weitere Gebäude seien in anderen Bebauungsplänen, z.B. in der Ortslage
T1. oder auch im Innenstadtbereich, festgesetzt. Durch den Planfeststellungsbeschluss
verletzt werde auch ihr Selbstgestaltungsrecht. Einer Gemeinde stehe nämlich neben
der Planungshoheit ein in der Selbstverwaltungsgarantie wurzelndes Recht auf
Erhaltung des Ortsbildes sowie der Selbstgestaltung zu. Eine Konkretisierung sei
diesbezüglich insbesondere durch Gestaltungssatzungen bei einer Vielzahl von
Bebauungsplänen vorgenommen worden. Im besonderen Maße seien insofern die
Ortsteile H. und M. betroffen, deren durch die Gestaltungsfestsetzung des
Bebauungsplanes geschützter Charakter nicht nur durch die Zerstörung oder
Beschädigung von Bausubstanz, sondern auch durch die Errichtung einer Spundwand
auf der Deichkrone in der Ortslage H. massiv beeinträchtigt werde. Neben den bereits
genannten Gesichtspunkten gehöre zu den abwägungserheblichen Rechtspositionen
einer Gemeinde auch ganz allgemein ihre Selbstverwaltungsbefugnis. Darin werde
eingegriffen, weil in überflutungsgefährdeten Bereichen eine Vielzahl baulicher
Maßnahmen durchzuführen seien, um städtische Infrastruktureinrichtungen zu sichern.
Dies sei bei bestehenden Gebäuden im nachhinein kaum noch möglich. Soweit die
Beklagte und die Beigeladene immer wieder äußerten, nur die Planungshoheit sei im
Rahmenbetriebsplanverfahren zu berücksichtigen, werde die Reichweite des
gemeindlichen Selbstverwaltungsrechts verkannt. Im Rahmen der Interessenabwägung
nach § 48 Abs. 2 BBergG sei selbstverständlich auch die Finanzhoheit der betroffenen
Städte zu berücksichtigen. Sie - die Klägerin - sei ihrer Verpflichtung, eine nicht mehr zu
bewältigende Einengung des Finanzspielraums durch das Bergvorhaben darzulegen,
nachgekommen. Für die Reparatur von Bergschäden an Straßen und Kanälen würden
Landeszuschüsse nicht gewährt. Die finanziellen Auswirkungen von Schäden an einem
Großteil der Infrastruktur und insbesondere der Kanäle könne sie auch bei
Berücksichtigung des vom Bergbau zu ersetzenden Bergschadens finanziell nicht
verkraften. Ihr stehe es nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts auch
zu, Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft geltend zu machen, soweit die
planerische Konzeption zur Einbindung der Wohnbebauung in einem intakten
Naherholungsraum betroffen sei. Die innerstädtischen Grünflächen und Flächen der
Ortsranderholung würden erheblich betroffen. Insbesondere Grundwasserabsenkungen
schädigten die Wald- und Grünflächen.
Zur Begründung ihrer Hilfsanträge hat die Klägerin geltend gemacht: Aus dem Verlauf
der geologischen Störungen im Stadtgebiet ergebe sich, dass im Bereich der bebauten
Ortslagen besonders hohe Wahrscheinlichkeiten für das Auftreten gravierender
Bergschäden bestünden. Deshalb müssten entsprechende Abbaubeschränkungen
durch Nebenbestimmungen im Rahmenbetriebsplan festgelegt werden. Wegen des
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immensen Schadenspotentials bei einem Deichbruch sei der Abbau unter den Deichen
nicht zuzulassen. Die bestehenden Überflutungsbereiche dürften keinesfalls vergrößert
werden. Die überflutungsgefährdeten Bereiche des Stadtgebiets dürften nicht weiter
abgesenkt werden. Die Beigeladene habe zwingend sicherzustellen, dass die
Infrastruktureinrichtungen ertüchtigt würden. Sie könne auch beanspruchen, dass
Maßnahmen ergriffen würden, die vermeidbare Schäden ausschlössen. Da sich etwaige
Risse durch den ganzen Deichkörper ziehen könnten, reiche eine Ertüchtigung durch
Spundwände in der Deichkrone nicht aus. Bei einer Ausweitung der
Schadenspotenziale, die die Beigeladene verursache, seien höhere Deichhöhen
vorzusehen. Die Kanäle müssten vor Beginn der bergbaulichen Tätigkeiten ertüchtigt
werden, damit es nicht zum Austritt von Abwasser kommen könne.
Die Klägerin hat beantragt,
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den Planfeststellungsbeschluss der Beklagten für den Rahmenbetriebsplan mit
Umweltverträglichkeitsprüfung zur Gewinnung von Steinkohle im Bergwerk X. für den
Zeitraum 2002 bis 2019 der Beigeladenen vom 7. Juni 2002 aufzuheben,
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hilfsweise,
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die Beklagte zu verpflichten, den Planfeststellungsbeschluss um folgende Regelungen
zu ergänzen:
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1. Der Abbau unter den im Zusammenhang bebauten Ortsteilen und den in
Bebauungsplänen als Bauflächen festgesetzten Gebieten (insbesondere den Ortsteilen:
W. , N1. , M. , H. , N. , Ork und T1. ) sowie die Verursachung von Bergsenkungen in den
genannten Bereichen ist nicht zulässig.
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2. Abbau, der zum Eintritt von Senkungen, Zerrungen, Pressungen oder Schieflagen im
Bereich der Deiche führt, ist nicht zulässig.
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3. Die bestehenden Überflutungsbereiche (durch Deiche geschützte Polder) dürfen nicht
vergrößert werden.
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4. In durch Deiche geschützten Bereichen (Poldergebieten) dürfen - wegen der sich
ansonsten ergebenden Planungseinschränkungen - neu eintretende Senkungen nicht
dazu führen, dass Bewohner sich nicht aus dem Erdgeschoss in eines der höher
gelegenen Geschosse retten können (diese müssen also hochwasserfrei liegen).
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5. Bezüglich der städtischen Infrastruktureinrichtungen, insbesondere der Kindergärten,
Schulen, Schwimmbäder, Sportplätze sowie der Dienstgebäude (z.B. Feuerwehr,
Bauhof, Rathaus) ist ein Vollschutz vorzusehen, der sicherstellt, dass es nicht zu
Bergschäden, jedenfalls nicht zu mehr als geringfügigen Schäden, an der
Gebäudesubstanz kommt.
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6. Zur Reduzierung der Auswirkungen auf bebaute oder als Baugebiete planerisch
festgesetzte Bereiche ist in den Abbaubereichen, in denen die Einbringung von
Versatzmaterial technisch möglich ist, Versatzmaterial zur Reduzierung der durch den
Bergbau im Bereich der genannten Baugebiete verursachten Senkungen einzubringen.
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7. Zur Vermeidung von Schäden an der Oberfläche ist die Abbaugeschwindigkeit
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generell auf die Obergrenze (differenziert bezüglich einzelner Abbaubereiche) zu
begrenzen (m/Tag), die sicherstellt, dass an der Erdoberfläche keine vermeidbaren
Schäden auftreten.
8. Der Abbau ist so zu führen, dass es in bebauten Gebieten und an den Deichen nicht
zu einer Überlagerung von Zerrungsbereichen kommt, d.h. Bereiche, in denen bereits
Abbau stattgefunden hat, dürfen aus anderer Richtung nicht erneut unter den Einfluss
von Senkungen geraten.
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9. Im Bereich bekannter Unstetigkeitszonen darf unter den Deichen kein neuer Abbau
zugelassen werden.
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10. An den Deichen, die unter Bergbaueinwirkungen geraten, sind Dichtwände zu
errichten, die sicherstellen, dass es nicht zu einer Unterströmung der Deiche mit einer
Fließgeschwindigkeit kommen kann, die geeignet ist, einen Deichbruch herbeizuführen.
In den Deichen sind in den bergbaubeanspruchten Bereichen in der gesamten Länge
bis zur Deichkrone zerrungssichere Dichtelemente (unter gleichzeitiger Entfernung alter
Dichtelemente) einzubauen. Auch die übrigen von Prof. T. im Gutachten vom 17. Juli
2002 vorgeschlagenen Sicherheitsmaßnehmen sind zu verwirklichen.
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11. Die Deiche sind, soweit sie Polder schützen, in denen durch Bergbauabsenkungen
weitere Risiken geschaffen werden, so zu erhöhen, dass den zusätzlich geschaffenen
Risiken angemessen Rechnung getragen wird (mindestens 2m über dem bisher
festgelegten Bemessungshochwasser zuzüglich Sicherheitszuschlag). Soweit diesem
Antrag nicht stattgegeben wird, ist vorzusehen, dass Senkungen im Bereich der Deiche
nur verursacht werden dürfen, soweit Fehlmaße zum Bemessungshochwasser -
einschließlich der erforderlichen Sicherheitszuschläge insbesondere der Freibordhöhe -
zuvor ausgeglichen wurden.
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12. Die Deiche dürfen erst dann unter Bergbaueinwirkungen genommen werden, wenn
entsprechende Baugrunduntersuchungen vorliegen, die nachweisen, dass eine
ausreichend dichte Auelehmschicht auf der gesamten Deichlänge bis 400 m in das
Hinterland vorliegt.
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13. Es ist ein Sicherheitskonzept zum Gegenstand der Planfeststellung zu machen,
dass die im Falle eines auf Grund bergbaulicher Einwirkungen drohenden Deichbruchs
notwendigen Deichverteidigungsmaßnahmen festlegt und auch die Bereithaltung
entsprechender Materialien und Einsatzkräfte regelt.
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14. Die im Bereich aktuell laufenden Abbaus notwendigen Überwachungsmaßnahmen,
insbesondere automatische Zerrungsdetektionshilfen sowie die Zeitintervalle für
notwendige Begehungen sind konkret festzulegen (während des Hochwasserfalls
mindestens vier Mal tägliche Begehungen).
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15. Des Weiteren sind in der Planfeststellung Maßnahmen, die im Falle eines
Deichbruchs eine Schadensausbreitung verhindern (z.B. Schlafdeiche) verbindlich
vorzuschreiben. Der Verlauf der Schlafdeiche sollte zumindest eine Polderung
entsprechend der dem von der Beigeladenen vorgelegten Konzept der Ertüchtigung
bereits bestehender Bahndämme beinhalten.
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16.Soweit Abwasserleitungen insbesondere in Trinkwasserschutzgebieten verlaufen, ist
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der Vorhabenträger zu verpflichten, durch geeignete technische Maßnahmen
sicherzustellen, dass es nicht zu einer Grundwasserverunreinigung durch austretendes
Abwasser kommen kann.
äußerst hilfsweise,
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den Planfeststellungsbeschluss bis zur Behebung von Mängeln außer Vollzug zu
setzen.
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Die Beklagte hat beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Zur Begründung hat sie vorgetragen: Die Klage sei bereits unzulässig. Die Klägerin
könne sich allein auf eine Verletzung ihres Selbstverwaltungsrechts berufen; „andere
Abwehrrechte" stünden ihr nicht zur Verfügung. Im Rahmen des verfassungsrechtlich
geschützten Selbstverwaltungsrechts könnten Gemeinden insbesondere ihre
Planungshoheit verteidigen, sowie eine Beeinträchtigung kommunaler Einrichtungen
und eine Verletzung kommunalen Grundeigentums sowie gemeindlicher Sachgüter
rügen. Allerdings sei das Eigentum der Gemeinden grundrechtlich nicht über Art. 14 GG,
sondern nur im Rahmen der Gewährleistung der kommunalen Selbstverwaltung
geschützt. Die Gemeinden könnten sich nicht zum Sachverwalter allgemeiner
öffentlicher Interessen oder privater Interessen ihrer Bürger oder ihrer Mitarbeiter
machen. Ebenso wenig könnten sie sich auf die Verletzung von Vorschriften des
Umweltrechts oder des Bergrechts allgemein, etwa darauf berufen, dass eine an sich
erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung unterblieben oder dass der gebotene Stand
der Technik bei der Vorsorge nicht erreicht sei. Die Zulassungsvoraussetzungen des §
55 Abs. 1 BBergG dienten nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts
nicht dem Schutz des kommunalen Selbstverwaltungsrechts. Anknüpfungspunkt für den
Drittschutz der Kommunen seien im Bergrecht lediglich die §§ 54 Abs. 2 und 48 Abs. 2
BBergG. Die Kommunen könnten sich nicht etwa auf die Grundsätze berufen, die das
Bundesverwaltungsgericht für den Schutz des grundrechtlich geschützten
Oberflächeneigentums im Wege einer verfassungskonformen Auslegung des § 48 Abs.
2 BBergG entwickelt habe. Eine Ausdehnung dieser Rechtsprechung auf den Schutz
kommunaler Interessen sei ausdrücklich abgelehnt worden. Die Abwehrrechte der
Klägerin bezögen sich nicht auf die vorgetragenen Befürchtungen einer angeblich
unzureichenden Deichsicherheit, weil solche Fragen von vornherein nicht Gegenstand
einer Abwägung kommunaler Belange mit anderen öffentlichen und privaten Belangen,
die für ein Abbauvorhaben sprächen, sein könnten. Die Zulassung des Abbaus komme
nämlich auf der Grundlage der Zulassungsvoraussetzungen des § 55 Abs. 1 BBergG
nur in Betracht, wenn sichergestellt sei, dass der Abbau nicht zu einem Deichbruch
führe. Zu einer Abwägung nach § 48 Abs. 2 Satz 1 BBergG bestehe dagegen nur
Gelegenheit, wenn ein Vorhaben nach § 55 Abs. 1 BBergG zulassungsfähig sei und
gleichwohl wegen überwiegender Interessen, die nicht bereits im Rahmen der Prüfung
der Zulassungsvoraussetzungen des § 55 Abs. 1 BBergG zu berücksichtigen seien, zu
untersagen sei. Anknüpfungspunkte für eine Prüfung von Fragen der Deichsicherheit
seien die Zulassungsvoraussetzungen des § 55 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 3 und 9 BBergG.
Nach Nr. 9 der Vorschrift setze die Zulassung eines bergrechtlichen Betriebsplans
außerdem voraus, dass gemeinschädliche Einwirkungen der Aufsuchung oder
Gewinnung nicht zu erwarten seien. Wäre die Standsicherheit der Rheindeiche durch
den untertägigen Abbau gefährdet und ließen sich solche Standsicherheitsprobleme
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auch nicht durch Sicherungsmaßnahmen der Deichverbände an den Deichen
vermeiden, wäre wegen der Gefahr eines Deichbruchs eine gemeinschädliche
Einwirkung durch den Gewinnungsbetrieb nicht auszuschließen. Im Ergebnis seien
damit Fragen der Deichsicherheit, soweit sie überhaupt im bergrechtlichen
Betriebsplanzulassungsverfahren zu prüfen seien und nicht Gegenstand
wasserrechtlicher Planfeststellungs- und Plangenehmigungsverfahren seien, im
Rahmen der Zulassungsvoraussetzungen des § 55 Abs. 1 BBergG zu prüfen, die
gerade nicht dem Schutz des kommunalen Selbstverwaltungsrechts dienten. Die
Kommunen könnten die Abwehr eines Gemeinschadens auch nicht mit der Begründung
verlangen, im Falle des Eintritts eines solchen Schadens sei die Funktionsfähigkeit der
kommunalen Einrichtungen bedroht oder ihre Planungsabsichten oder die
Verwirklichung bereits verbindlicher Bauleitpläne werde erschwert oder gar vereitelt.
Die nach § 48 Abs. 2 Satz 1 BBergG gebotene Abwägung, die feststellen solle,
inwieweit überwiegende öffentliche Interessen dem Gewinnungsbetrieb
entgegenstünden, diente nicht dazu, die Gefahr eines befürchteten Deichbruchs mit den
öffentlichen Interessen an der Durchführung des Abbaubetriebes abzuwägen. Die
Sicherheit des Abbaubetriebes und der Rheindeiche sei Voraussetzung dafür, dass die
bergrechtlichen Betriebspläne zugelassen und die Deichertüchtigungsmaßnahmen
planfestgestellt werden könnten; sie seien deshalb nicht Teil der nach § 48 Abs. 2 Satz
1 BBergG gebotenen und das Selbstverwaltungsrecht der Kommune schützenden
Interessenabwägung. Die Klage sei aber jedenfalls unbegründet, weil es an einer
Rechtsverletzung der Klägerin fehle. Eine planerische Abwägung finde bei der
Zulassung des Rahmenbetriebsplanes nicht statt. Das Selbstverwaltungsrecht der
Klägerin könne deshalb nicht durch eine fehlerhafte Abwägung, durch eine mangelnde
Berücksichtigung kommunaler Belange innerhalb einer solchen planerischen
Abwägung oder durch vermeintlich fehlende Alternativenprüfungen verletzt sein. Einen
Anspruch einer Kommune auf eine einheitliche Entscheidung über das bergbauliche
Vorhaben und den Ausbau von Deichen gebe es nicht. Zudem sei auf der Grundlage
des spezielleren § 57b Abs. 3 BBergG davon auszugehen, dass Folgemaßnahmen an
den Deichen von der Konzentrationswirkung nicht erfasst würden. Unabhängig von
einer möglichen Rechtsverletzung scheitere der Erfolg der erhobenen Anfechtungsklage
aber auch daran, dass der von der Beklagten erteilte Planfeststellungsbeschluss auch
objektiv rechtmäßig sei. Ein Rechtsmangel könne sich auf der Grundlage des Vortrags
der Klägerin nur daraus ergeben, dass das Vorhaben die Anforderungen des § 55 Abs.
1 BBergG, die sich auf Fragen der Deichsicherheit beziehen ließen, nicht erfüllen
würde. Davon könne jedoch nicht ausgegangen werden, weil es keinen begründeten
Anlass gebe, an der Deichsicherheit zu zweifeln.
Die Beigeladene hat beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Sie hat vorgetragen: Die Klage sei mangels Klagebefugnis schon unzulässig, weil die
Klägerin nicht in eigenen, drittgeschützten Rechten verletzt werde. Eine Kommune - und
damit auch die Klägerin - könne sich allenfalls auf eine Verletzung ihrer Planungshoheit
aus Art. 28 Abs. 2 GG berufen. Sonstige drittgeschützte Rechte stünden einer Gemeinde
jedoch nicht zu. Der Schutz der gemeindlichen Planungshoheit im Bergrecht reiche
nicht weiter als allgemein und insbesondere im Fachplanungsrecht. Auch im
bergrechtlichen Bereich werde die Planungshoheit nur beeinträchtigt, wenn das
Vorhaben eine hinreichend bestimmte Planung nachhaltig störe, wesentliche Teile des
Gemeindegebiets einer durchsetzbaren Planung entziehe oder kommunale
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Einrichtungen erheblich beeinträchtige. Keiner dieser drei Aspekte läge hier vor. Zudem
sei die Situationsgebundenheit einer Gemeinde durch abbauwürdige Lagerstätten zu
berücksichtigen. Ein Abbau förderungswürdiger Steinkohle wirke sich zwangsläufig auf
die Erdoberfläche aus, sei es, dass in bebauten Gebieten Bergschäden an Gebäuden
eintreten könnten, sei es, dass in von Bebauung freien Gebieten ökologische Schäden
möglich seien. Der Gesetzgeber nehme solche Folgen des Bergbaus bis zur Grenze
des Gemeinschadens nach § 55 Abs. 1 Nr. 9 BBergG hin. Der bloße Umstand, dass es
aufgrund abbaubedingter Bodenbewegungen zu Oberflächenveränderungen komme,
habe auf die Planungshoheit keinerlei Einfluss. Auf Rechte ihrer Gemeindemitglieder
könne sich die Klägerin nicht mit Erfolg berufen. Sie sei nicht Sachwalterin des
öffentlichen Interesses in Form der Gesamtheit aller vermeintlichen
Gemeindemitgliederinteressen und könne auch nicht als Vertreterin des von ihr
interpretierten Wohls der öffentlichen Gemeinschaft auftreten. Selbst im Falle einer
planfeststellungspflichtigen obligatorischen Rahmenbetriebsplanzulassung mit
Konzentrationswirkung nach § 75 Abs. 1 VwVfG NRW seien nach § 57b Abs. 3 Satz 3
BBergG Folgemaßnahmen an anderen Anlagen, die nach anderen Vorschriften
planfestzustellen seien, von der Konzentrationswirkung des
Planfeststellungsbeschlusses ausgenommen; Deichbaumaßnahmen seien als
Gewässerausbaumaßnahmen nach § 31 Abs. 2 Satz 1 und 2 WHG
planfeststellungspflichtig. Weder sie - die Beigeladene - noch die Beklagte könnten über
Betriebspläne bzw. deren Zulassung Vorgaben hinsichtlich des Deichbaus, der
Deichunterhaltung und ggf. der Wiederherstellung von Deichen treffen. Das bedeute
allerdings nicht, dass sie und die Klägerin sich mit einer eventuellen Berührung der
Deichsicherheit durch untertägigen Abbau überhaupt nicht befassen würde. Der
bergrechtliche Anknüpfungspunkt für die Prüfung der Machbarkeit ggf. erforderlicher
Deichbaumaßnahmen aufgrund untertägigen Abbaus liege in § 48 Abs. 2 Satz 1
BBergG. Ein drittgeschützter Anspruch der Klägerin lasse sich aus der Vorschrift nicht
ableiten, weil sie ausdrücklich auf den Schutz öffentlicher Interessen abstelle. Auch über
andere Vorschriften könne keine Drittschutzfunktion des § 48 Abs. 2 Satz 1 BBergG
begründet werden. Ein drittgeschützter Anspruch folge auch nicht aus den
Spezialgesetzen - hier dem Wasserhaushaltsgesetz sowie dem Landeswassergesetz
NRW. Sämtliche Maßnahmen des Hochwasserschutzes seien im Bereich der
staatlichen Daseinsvorsorge für Wohl und Sicherheit der gesamten Bevölkerung
angesiedelt. Es bestehe auch kein drittgeschützter Anspruch auf Deichbaumaßnahmen.
Etwas anderes lasse sich auch nicht aus § 48 Abs. 2 Satz 2 BBergG schlussfolgern, der
der formellen Umsetzung der Moers-Kapellen- Entscheidung des
Bundesverwaltungsgerichts diene und sich daher auf die Rechte Dritter beziehe. Diese
Vorschrift betreffe nur unmittelbar abbaubedingte, d.h. durch die mit untertägigem
Tagebau zwingend einhergehenden Oberflächenauswirkungen herbeigeführten,
schweren Bergschäden am Oberflächeneigentum, die noch dazu mit erheblicher
Wahrscheinlichkeit zu erwarten sein müssten. Auch sonstige Belange der Klägerin
könnten Drittschutz nicht begründen. Auf kulturhistorische Erhaltungsaspekte könne
sich die Klägerin ebenso wenig als eigenen Belang berufen wie etwa auf Aspekte des
Denkmalschutzes. Das für kommunale Zwecke genutzte Eigentum werde allein über
Art. 28 Abs. 2 GG, nicht aber über Art. 14 GG geschützt. Es könnten deshalb
unverhältnismäßige Eingriffe in solches Eigentum geltend gemacht werden. Das setze
jedoch voraus, dass mindestens die Erfordernisse dargelegt würden, die das
Bundesverwaltungsgericht in der Moers- Kapellen-Entscheidung für eine
Berücksichtigungspflicht des grundgesetzlich über Art. 14 GG geschützten
Privateigentums aufgestellt habe, denn der Schutz des kommunalen Eigentums reiche
keinesfalls weiter als der Schutz privaten Eigentums. Jedenfalls aber seien die
kommunalen Belange durch die Nebenbestimmung 1.3.8.2 der
Rahmenbetriebsplanzulassung hinreichend gewahrt. Diese Bestimmung sei dahin zu
verstehen, dass in erster Linie die störungsfreie Benutzbarkeit kommunaler
Einrichtungen gewährleistet sein müsse und erst in zweiter Linie Ersatzmaßnahmen in
Betracht kämen. Damit sei eine unverhältnismäßige Betroffenheit der Klägerin in ihren
kommunalen Nutzungsbelangen ausgeschlossen. Hinsichtlich des von der Klägerin
angesprochenen Straßen- und Kanalnetzes regele die Planfeststellung in den
Nebenbestimmungen 1.3.10.1 bis 1.3.10.3 ausreichende Abstimmungsverpflichtungen
zwischen den Trägern bzw. Betreibern der Infrastruktureinrichtungen und der
Bergwerksunternehmerin, um unverhältnismäßige und unzumutbare Rückwirkungen
des Bergbaus auf die Einrichtungen zu vermeiden. Die Trinkwasserversorgung obliege
der Klägerin nicht. Dafür sei in W. die Wasserversorgung W. GmbH zuständig. Die
Trinkwassergewinnung erfolge in der Anlage Bucholtwelmen/Glückauf, die von der
NGW GmbH betrieben werde.
Eine Verletzung der Finanzhoheit komme nur in Betracht, wenn bei unmittelbaren
Eingriffen die Gemeinde zur Kostentragung für ein Vorhaben herangezogen werde.
Diese Voraussetzungen erfülle ein bergbauliches Vorhaben mit allenfalls mittelbaren
Auswirkungen wegen Bergschäden von vornherein nicht. Davon unabhängig sei eine
Verletzung der Finanzhoheit auch nur dann in Betracht zu ziehen, wenn eine
nachhaltige, von einer Gemeinde nicht mehr zu bewältigende und hinzunehmende
Einengung ihrer Finanzspielräume dargelegt und nachgewiesen werde. Etwas
Derartiges könne die Klägerin nicht darlegen. Die Unterstellung einer erforderlichen
Kompletterneuerung des Kanalisationssystems sei völlig willkürlich. Unbeschadet der
fehlenden Drittbetroffenheit sei der Rahmenbetriebsplan aber auch objektiv rechtmäßig.
Die Forderung nach weiteren Ermittlungen gehe ins Leere. § 54 Abs. 2 BBergG sei nach
§ 57a Abs. 1 Satz 1 BBergG im bergrechtlichen Planfeststellungsverfahren gar nicht
anwendbar. Die Beteiligung einer Kommune richte sich nach § 73 Abs. 2 VwVfG NRW.
Das für das Planfeststellungsverfahren vorgeschriebene Beteiligungsverfahren nach
dieser Vorschrift genüge dem Anhörungserfordernis auch mit Blick auf die
Planungshoheit der von den Auswirkungen eines Vorhabens betroffenen Gemeinde. Im
Übrigen begründe eine Verletzung des gemeindlichen Beteiligungsrechts aus § 54 Abs.
2 BBergG sowie aus § 73 Abs. 2 VwVfG NRW ohne materielle Rechtsbeeinträchtigung
der Gemeinde keinen Aufhebungsanspruch. Einer von der Klägerin geforderten
Abwägungsentscheidung sei die bergrechtliche Rahmenbetriebsplanzulassung nicht
zugänglich. Die Zulassungsvoraussetzungen des § 55 Abs. 1 Satz 1 BBergG, die bis
auf Nr. 2 auch auf Rahmenbetriebspläne anzuwenden seien, eröffneten kein
Planungsermessen; es sei eine gebundene Entscheidung zu treffen. Die von der
Klägerin aufgeworfenen Fragen der Deichsicherheit begründeten die Rechtswidrigkeit
der Zulassungsentscheidung ebenfalls nicht. Durch die Belegenheit großer Teile des
Gemeindegebietes im Hochwassergebiet ergäben sich keine Rückwirkungen auf ihre
Planungshoheit. Die Gemeindefläche sei weiterhin beplanbar. Soweit die Klägerin die
Konzentration von Deichbaumaßnahmen durch die bergrechtliche Planfeststellung
fordere, verkenne sie die Spezialvorschrift des § 57b Abs. 3 Satz 3 BBergG. Bei der
letztgenannten Vorschrift handele es sich um eine Spezialregelung zu § 75 Abs. 1 Satz
1, 1. Halbsatz VwVfG NRW, wonach auch Folgemaßnahmen eines
planfeststellungspflichtigen Vorhabens von einem Planfeststellungsbeschluss
konzentriert würden. Die Spezialvorschrift des Bundesberggesetzes gehe der
allgemeinen Regelung vor, so dass planfeststellungspflichtige Folgemaßnahmen von
dem bergrechtlichen Planfeststellungsbeschluss nicht konzentriert werden könnten. Für
das von der Klägerin entwickelte Szenario einer Überflutung infolge eines Deichbruches
37
bestehe keine realistische Grundlage. Die Machbarkeit der Deichertüchtigung sei durch
zahlreiche Gutachten nachgewiesen.
Mit dem die Berufung zulassenden Urteil vom 27. Januar 2004, der Klägerin zugestellt
am 2. März 2004, wies das Verwaltungsgericht die Klage ab. Es hielt die Klage für
unzulässig, soweit die Klägerin die Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses nicht
nur auf die Auswirkungen des Steinkohleabbaus im eigenen Stadtgebiet beschränkt
habe. Im übrigen sei die Klage unbegründet.
38
Am 4. März 2004 hat die Klägerin Berufung eingelegt, mit der sie geltend macht: Die
Berufung sei zulässig und begründet. Das Verwaltungsgericht habe seine Entscheidung
in den tragenden Gründen auf unrichtige tatsächliche Annahmen gestützt. Bei
sachgerechter Auseinandersetzung mit ihren Argumenten bezüglich
Versagensmechanismen bei einem Deichbruch, hätte es zu dem Schluss kommen
müssen, dass die Deichsicherheit gefährdet und ein Sicherheitsnachweis für die
Gewährleistung der Deiche unter Bergbaueinwirkungen nicht ansatzweise erbracht
worden sei. Der Rahmenbetriebsplan wäre allein schon wegen des Fehlens eines
Nachweises der Gewährleistung der Deichsicherheit unter bergbaulichen Einwirkungen
bzw. zum Vorhandensein konkreter technischer Standardlösungen zur Bewältigung der
entsprechenden Probleme aufzuheben gewesen. Es sei die Vorlage eines
ausreichenden Sicherheitsnachweises bezüglich der Beherrschbarkeit technischer
Risiken notwendig. Insoweit sei durch ein Gutachten zu den Auswirkungen des Abbaus
L/K 82 eindringlich belegt, dass bestimmte Gefahren von der Beigeladenen nicht
beachtet worden seien. Es könne nicht bei der Vorgehensweise der Beigeladenen
verbleiben, auf jeden Fall den Bergbau voranzutreiben und sich mit den Konsequenzen
ihrer Tätigkeit allenfalls im Nachhinein zu befassen. Unter der Ortslage N. bestehe ein
Netz von Unstetigkeitszonen; dort sei es schon zu einer Vielzahl von Totalschäden an
Gebäuden gekommen. Einen weiteren Versagensmechanismus bilde das Entstehen
von Wasserwegigkeiten unterhalb des Deichkörpers mit der Konsequenz des
Aufbrechens des Deichhinterlandes und eines nachfolgenden Erosionsgrundbruches.
Dieser Versagensmechanismus dürfe nicht ausgeblendet werden, indem auf spätere
wasserrechtliche Verfahren verwiesen werde, in denen die erforderlichen
Gegenmaßnahmen, insbesondere die ausreichende Baugrunderkundung, erfolgen
könne. Hinsichtlich des Versagensmechanismus Erosionsgrundbruch könne eine
technische Sicherheit nicht vollständig gewährleistet werden; bergbaubedingte
Deicherhöhungen führten deshalb immer zu einer Erhöhung des Hochwasserrisikos. Es
komme hinzu, dass im Regelfall vor bergbaulichen Einwirkungen auf die Deiche oder
das Deichhinterland gar kein wasserrechtliches Planfeststellungsverfahren stattfinde, so
dass es auch an einer Baugrunduntersuchung fehle. Eine bloße Beobachtung der
Deiche sei selbstverständlich nicht geeignet, die rechtlichen Anforderungen an die
Bewältigung technischer Risiken zu erfüllen. Die Frage nach einem generellen
Sicherheitskonzept müsse schon auf der Ebene des Rahmenbetriebsplans geprüft
werden. Die Beklagte habe im vorliegenden Verfahren zum Ausdruck gebracht, dass sie
die Problemlösung der Wasserbehörde überlassen wolle und sich größtenteils mit den
Sicherheitsproblemen der Deiche überhaupt nicht beschäftigt. Eine solche Verlagerung
der Problembewältigung und die Aufnahme eines Entscheidungsvorbehaltes in den
Planfeststellungsbeschluss sei allerdings nur zulässig, wenn die zur Bewältigung eines
Einzelproblems notwendigen Kenntnisse im Zeitpunkt der Entscheidung nicht mit
vertretbarem Aufwand beschafft werden könnten, die regelungsbedürftige Konfliktlage
jedoch wenigstens in Umrissen eingeschätzt werden könne. Das sei nicht der Fall.
Neben der Gefahr der Überströmung der Deiche, den Gefahren durch Risse sowie der
39
Gefahr eines Erosionsgrundbruches bestünden noch eine Vielzahl weiterer
Versagensmechanismen, deren Risiko durch die bergbaulichen Einwirkungen auf die
Deiche drastisch erhöht würden. Im Zusammenhang mit der Gefahr eines Deichbruches
könne auch nicht argumentiert werden, sie - die Klägerin - könne insofern keinen Schutz
beanspruchen, da die Versagenswahrscheinlichkeit lediglich dem Bereich der Vorsorge
zuzuordnen sei. Auch könne sie beanspruchen, dass die auch zu ihrem Schutz
festgelegten Deichsicherheitsstandards eingehalten würden. Allein das Fehlen von
notwendigen Regelungen zur Deichhöhe und das Fehlen einer ordnungsgemäßen
Risikoermittlung und Risikobewertung sowohl der Risiken bezüglich der
Zerrungseinwirkungen auf die Deiche wie auch bezüglich der Risikovergrößerung im
Deichhinterland durch Ausweitung der Überflutungshöhen, begründeten einen
Aufhebungsanspruch gegen den angegriffenen Rahmenbetriebsplan. Ihre
Planungshoheit werde wegen der Vergrößerung der hochwassergefährdeten Gebiete
und der zu erwartenden bergbaubedingten Bodenbewegungen beeinträchtigt. Insoweit
habe das Verwaltungsgericht die von ihr - der Klägerin - eingeholten Gutachten gar nicht
zur Kenntnis genommen und deshalb außer acht gelassen, dass im Bereich von
Unstetigkeitszonen - jedenfalls bis zur Beendigung des Bergbaus in dem
entsprechenden Bereich - keine Bebauung mehr stattfinden werde. Zwar möge es
Möglichkeiten zur Sicherung von Gebäuden geben, davon mache die Beigeladene
tatsächlich aber keinen Gebrauch; die Kosten für entsprechende
Sicherungsmaßnahmen würden durch die Beigeladene nicht gegenfinanziert werden.
Sie habe eine Liste der Bebauungspläne erstellt, in der auf die für die einzelnen
Plangebiete zu erwartenden Risiken aus Unstetigkeiten hingewiesen werde. Ihre
Planungshoheit werde zudem durch die Verhinderung der Umsetzung des
städtebaulichen Leitbildes verletzt. Neben der Weiterentwicklung der Gewerbestruktur
und einem gewissen Wachstum der Wohnbebauung liege der Schwerpunkt ihres
städtebaulichen Konzepts auf der Erhaltung und Verbesserung der strukturellen,
landschaftlichen und klimatischen Gegebenheiten, die die Stadt zu einer günstigen
Wohnlage machten. Dieses Konzept sei nicht mehr umzusetzen. Die Nebenbestimmung
1.3.8.2 des Planfeststellungsbeschlusses gewährleiste keinen ausreichenden Schutz
öffentlicher Einrichtungen. Es komme praktisch nie zu prophylaktischen
Sicherungsmaßnahmen. Sie - die Klägerin - müsse deshalb damit rechnen, dass ihre
öffentlichen Einrichtungen, soweit sie im Bereich zu erwartender Unstetigkeiten lägen,
zunächst schwer geschädigt würden, bevor es zur Reparatur oder zur Erstellung von
Ersatzeinrichtungen komme. Die Prüfung ihrer Belange dürfe nicht auf die Ebene der
Sonderbetriebspläne verlagert werden. So habe der Europäische Gerichtshof in seiner
Entscheidung vom 7. Januar 2004 - C-201/02 - im Zusammenhang mit der Prüfung der
Umweltauswirkungen bei der bergrechtlichen Zulassung von Vorhaben eindeutig
entschieden, dass die Umweltauswirkungen, wozu selbstverständlich auch die
Auswirkungen auf Kultur- und Sachgüter zählten, zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu
ermitteln seien. Die fehlende Ermittlung der Bergschäden und Hochwasserrisiken
mache die Umweltverträglichkeitsprüfung derart unvollständig, dass ein
Verfahrensfehler vorliege, der nach Art. 10a der geänderten UVP-Richtlinie
unbeschadet einer materiell-rechtlichen Betroffenheit einen Anspruch auf Aufhebung
des Planfeststellungsbeschlusses begründe. Eine Aufsplitterung der Regelungsmaterie
in eine Vielzahl von Sonderbetriebsplänen und eine Auslagerung in wasserrechtliche
Planfeststellungsverfahren sei auch deshalb unzulässig, weil es an einer
Gesamtabwägung aller Belange, die gegen das Bergbauvorhaben sprächen, fehle. Da
bei der „Tieferlegung" des Deichhinterlandes und der „Höherlegung" des Rheins in die
originären Planungskompetenzen der wasserrechtlichen Planfeststellungsbehörde
eingegriffen werde, sei auf der Grundlage des § 78 VwVfG NRW eine
Zusammenfassung der wasserrechtlichen und der bergrechtlichen Planfeststellung
erforderlich gewesen. Für die Notwendigkeit der Zusammenfassung der bergrechtlichen
und wasserrechtlichen Planfeststellung spreche inhaltlich insbesondere auch die
Vergrößerung der Polderflächen und die Erhöhung des Risikopotentials durch die
Senkungen, die im nachfolgenden deichrechtlichen Planfeststellungsverfahren nicht
mehr beeinflusst werden könnten. Das Argument, den Belangen des Bergbaus sei
gegenüber den Belangen einer Gemeinde stets ein hohes Gewicht beizumessen, weil
der Bergbau standortgebunden sei, sei nicht zutreffend. Das Bundesverwaltungsgericht
gehe davon aus, dass bei konkurrierenden Planungsvorstellungen der
Prioritätsgrundsatz ein wichtiges Abwägungskriterium bilde. Das Argument der
Standortgebundenheit greife hier auch deshalb nicht, weil danach nur die üblichen
Auswirkungen des Bergbaus hinzunehmen seien. Dazu gehörten die Erhöhung von
Überflutungsrisiken oder die Gefährdung der Deichsicherheit nicht. Das
Selbstverwaltungsrecht werde auch deshalb verletzt, weil bei sämtlichen
Betriebsplänen eine Alternativenprüfung unterblieben sei. Schließlich greife der
Rahmenbetriebsplan auch in ihre Finanzhoheit als Ausprägung des
Selbstverwaltungsrechts unzulässig ein. Sie habe detaillierte Berechnungen bezüglich
der hohen Aufwendungen bei Kanalsanierungen vorgelegt. Letztlich sei noch zu rügen,
dass sich das Verwaltungsgericht mit den gestellten Hilfsanträgen überhaupt nicht
befasst habe. Das Argument, die Hilfsanträge stellten ein Minus zum Hauptantrag dar,
so dass bei der Unbegründetheit des Hauptantrages auf die Hilfsanträge nicht
einzugehen gewesen sei, trage nicht.
Die Klägerin beantragt,
40
den Rahmenbetriebsplan für das Bergwerk X. aufzuheben, soweit er Senkungen
zulässt, die sich auf ihr Stadtgebiet auswirken.
41
Für den Fall, dass das Gericht zu der Auffassung gelangt, dass die beantragte teilweise
Aufhebung der angegriffenen Rahmenbetriebsplanzulassung, soweit sie sich auf
Auswirkungen für ihr Stadtgebiet bezieht, nicht möglich ist, wird beantragt, den
Rahmenbetriebsplan insgesamt aufzuheben,
42
hilfsweise, den Planfeststellungsbeschluss aufzuheben, soweit er folgende
Auswirkungen zulässt:
43
1. Der Abbau unter den im Zusammenhang bebauten Ortsteilen und den in
Bebauungsplänen als Bauflächen festgesetzten Gebieten (insbesondere den Ortsteilen:
W. , N1. , M. , H1. , N. , P. und T1. ) sowie die Verursachung von Bergsenkungen in den
genannten Bereichen ist nicht zuzulassen.
44
2. Abbau, der zum Eintritt von Senkungen, Zerrungen, Pressungen oder Schieflagen im
Bereich der Deiche führt, ist nicht zuzulassen.
45
3. Die bestehenden Überflutungsbereiche (durch Deiche geschützte Polder) dürfen nicht
vergrößert werden.
46
4. In durch Deiche geschützten Bereichen (Poldergebieten) dürfen - wegen der sich
ansonsten ergebenden Planungseinschränkungen - neu eintretende Senkungen nicht
dazu führen, dass Bewohner sich nicht aus dem Erdgeschoss in eines der höher
gelegenen Geschosse retten könnten (diese müssen also hochwasserfrei liegen).
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Sollte den Hilfsanträgen zu 1) - 4) nicht stattgegeben werden, wird wiederum hilfsweise
beantragt, die Beklagte zu verpflichten, den Planfeststellungsbeschluss um folgende
Regelungen zu ergänzen:
48
5. Bezüglich der städtischen Infrastruktureinrichtungen, insbesondere der Kindergärten,
Schulen, Schwimmbäder, Sportplätze sowie der Dienstgebäude (z.B. Feuerwehr,
Bauhof, Rathaus) ist ein Vollschutz vorzusehen, der sicherstellt, dass es nicht zu
Bergschäden, jedenfalls nicht zu mehr als geringfügigen Schäden, an der
Gebäudesubstanz kommt.
49
6. Zur Reduzierung der Auswirkungen auf bebaute oder als Baugebiete planerisch
festgesetzte Bereiche ist in den Abbaubereichen, in denen die Einbringung von
Versatzmaterial technisch möglich ist, Versatzmaterial zur Reduzierung der durch den
Bergbau im Bereich der genannten Baugebiete verursachten Senkungen einzubringen.
50
7. Zur Vermeidung von Schäden an der Oberfläche ist die Abbaugeschwindigkeit
generell auf eine Obergrenze (differenziert bezüglich einzelner Abbaubereiche) zu
begrenzen (m/pro Tag), die sicherstellt, dass an der Erdoberfläche keine vermeidbaren
Schäden auftreten.
51
8. Der Abbau ist so zu führen, dass es in bebauten Gebieten und an den Deichen nicht
zu einer Überlagerung von Zerrungsbereichen kommt, d.h. Bereiche, in denen bereits
Abbau stattgefunden hat, dürfen aus anderer Richtung nicht erneut unter den Einfluss
von Senkungen geraten. Gleichzeitig ist durch ein stufenweises Zurückbleiben der
Bauhöhen untereinander zu gewährleisten, dass es nicht zu einer Addition der
Zerrungen der untereinanderliegenden Bauhöhen kommt.
52
9. Im Bereich bekannter Unstetigkeitszonen darf unter den Deichen kein neuer Abbau
zugelassen werden.
53
10. An den Deichen, die unter Bergbaueinwirkungen geraten, sind Dichtwände zu
errichten, die sicherstellen, dass es nicht zu einer Unterströmung der Deiche mit einer
Fliessgeschwindigkeit kommen kann, die geeignet ist, einen Eichbruch herbeizuführen.
In den Deichen sind in den bergbaubeanspruchten Bereichen in der gesamten Länge
bis zur Deichkrone zerrungssichere Dichtelemente (unter gleichzeitiger Entfernung alter
Dichtelemente) einzubauen. Auch die übrigen von Prof. T. für notwendig erachteten
Sicherheitsmaßnahmen in seiner gutachterlichen Stellungnahme vom 17.07.2002
(Anlage zur Klagebegründung vom 18.07.2002) sind zu verwirklichen.
54
11. Die Deiche sind, soweit sie Polder schützen, in denen durch Bergbauabsenkungen
weitere Risiken geschaffen werden, so zu erhöhen, dass den zusätzlich geschaffenen
Risiken angemessen Rechnung getragen wird (mindestens 2 m über dem bisher
festgelegten Bemessungshoch wasser zuzüglich Sicherheitszuschlag). Soweit diesem
Antrag nicht stattgegeben wird, ist vorzusehen, dass Senkungen im Bereich der Deiche
nur verursacht werden dürfen, soweit Fehlmaße zum Bemessungshochwasser -
einschließlich der erforderlichen Sicherheitszuschläge insbesondere der Freibordhöhe -
zuvor ausgeglichen wurden.
55
12. Die Deiche dürfen erst dann unter Bergbaueinwirkungen genommen werden, wenn
entsprechende Baugrunduntersuchungen vorliegen, die nachweisen, dass eine
56
ausreichend dichte Auelehmschicht auf der gesamten Deichlänge bis 400 m in das
Hinterland vorliegt, um Erosionsgrundbrüche sicher ausschließen zu können.
13. Es ist ein Sicherheitskonzept zum Gegenstand der Planfeststellung zu machen,
dass die im Falle eines aufgrund bergbaulicher Einwirkungen drohenden Deichbruchs
notwendigen Deichverteidigungsmaßnahmen festlegt und auch die Bereithaltung
entsprechender Materialien und Einsatzkräfte regelt.
57
14. Die im Bereich aktuell laufenden Abbaus notwendigen Überwachungsmaßnahmen,
insbesondere automatische Zerrungsdetektionshilfen sowie die Zeitintervalle für
notwendige Begehungen sind konkret festzulegen (während des Hochwasserfalls
mindestens viermal tägliche Begehungen).
58
15. Des Weiteren sind in der Planfeststellung Maßnahmen, die im Falle eines
Deichbruchs eine Schadensausbreitung verhindern (z.B. Schlafdeiche) verbindlich
vorzuschreiben. Der Verlauf der Schlafdeiche sollte zumindest eine Polderung
entsprechend dem von der DSK vorgelegten Konzept der Ertüchtigung bereits
bestehender Bahndämme beinhalten.
59
16. Soweit Abwasserleitungen insbesondere in Trinkwasserschutzgebieten verlaufen,
ist der Vorhabenträger zu verpflichten, durch geeignete technische Maßnahmen
sicherzustellen, das es nicht zu einer Grundwasserverunreinigung durch austretendes
Abwasser kommen kann.
60
Die Beklagte beantragt,
61
die Berufung zurückzuweisen.
62
Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil und vertritt die Ansicht, das
Selbstverwaltungsrecht der Klägerin werde durch die Rahmenbetriebsplanzulassung
nicht verletzt. Der Planfeststellungsbeschluss sei rechtmäßig. Nach Ziff. 1.4.2. des
Planfeststellungsbeschlusses setze die Zulassung der planmäßig vorgesehenen
Bergsenkungen voraus, dass in den betroffenen Bereichen die deichbautechnischen
Sicherheitselemente in vollem Umfang realisierbar seien und auch zur Ausführung
gelangten. Die erforderlichen Sicherungsmaßnahmen seien so rechtzeitig auszuführen,
dass der Hochwasserschutz zu jeder Zeit gewährleistet sei (so S. 99 des Beschlusses).
Außerdem sei auf Seite 135 des Beschlusses klargestellt, dass die Rheindeiche gegen
das Bemessungshochwasser entsprechend den Vorgaben der Bezirksregierung E.
ausgelegt seien und auch zukünftig ausgelegt würden und dass ein Gemeinschaden im
Sinne von § 55 Abs. 1 Nr. 9 BBergG nicht zu erwarten sei, weil von der Sicherheit der
Deiche ausgegangen werden könne. Ein Abbau des Bergwerks X. mit einer
nachfolgenden Betriebsplanzulassung dürfe nur freigegeben werden, wenn
sichergestellt sei, dass die erforderlichen Deichertüchtigungs- bzw.
Deicherhöhungsmaßnahmen zuvor, das hieße vor Erreichen des diesbezüglichen
Einwirkungsbereichs eines Abbaus, tatsächlich durchgeführt worden seien. Die
Beklagte und das für die Zulassung der Haupt- und Sonderbetriebspläne zuständige
Bergamt stellten die Beachtung dieses „Zuvor- Grundsatzes" auf der Grundlage des
Planfeststellungsbeschlusses sicher. Der Hochwasserschutz am Rhein obliege jedoch
weder der Klägerin noch der Beklagten. Verantwortlich für den Ausbau, die
Unterhaltung und Instandhaltung der Hochwasserschutzanlagen seien vielmehr die
Deichverbände und für die Planfeststellung und Plangenehmigung der
63
Hochwasserschutzanlagen sowie für die Überwachung der Deichsicherheit die
Wasserbehörden. Der Katastrophenschutz sei schließlich Aufgabe der Kreise und
kreisfreien Städte. Im Rahmen des vorliegenden Verfahrens sei allein entscheidend, ob
der Planfeststellungsbeschluss das Selbstverwaltungsrecht der Klägerin beachte. Das
sei der Fall. Die Frage nach einem hinreichenden Hochwasserschutz beziehe sich auf
den Bereich der im öffentlichen Interesse liegenden Gefahrenvorsorge. Mit einer
schwerwiegenden Beeinträchtigung kommunaler Einrichtungen sei hier nicht zu
rechnen. Nach Nr. 1.3.8.2 des Planfeststellungsbeschlusses sei die Benutzbarkeit aller
öffentlichen und kirchlichen Einrichtungen im Bereich bergbaulicher Einwirkungen zu
gewährleisten und gegebenenfalls durch geeignete Ersatzmaßnahmen wieder-
herzustellen. Zudem seien regelmäßige Informationsgespräche vorgesehen. Im
Rahmen der Interessenabwägung des § 48 Abs. 2 Satz 1 BBergG könne angesichts
einer solchen Gewährleistungsverpflichtung nicht von einer Verletzung des
Selbstverwaltungsrechts ausgegangen werden. Die Planungshoheit der Klägerin werde
ebenfalls nicht verletzt. Durch die Zulassung des Rahmenbetriebsplans werde kein
Bereich des Stadtgebiets der städtischen Bauleitplanung entzogen, auch von einer
wesentlichen Beeinträchtigung konkreter Pläne oder Planabsichten könne keine Rede
sein. Die Klägerin müsse sich vielmehr angesichts der Situationsgebundenheit ihrer
Bauleitplanung auch planerisch auf den unter ihrem Gemeindegebiet umgehenden
Bergbau einstellen. Das Argument der Klägerin, der Beigeladenen obliege die
Beweislast für einen gefahrlosen Anlagenbetrieb, sei nicht zielführend. Sie - die
Beklagte - sei gehalten, die Einschätzungsprärogative der Wasserbehörden über das
gebotene Maß des Hochwasserschutzes zu beachten. Bei der Zulassung des
Rahmenbetriebsplans handele es sich auch weder um eine Planungs- noch um eine
Ermessensentscheidung. Da Fragen der Deichsicherheit und der Deichhöhe im
bergrechtlichen Zulassungsverfahren an den Voraussetzungen des § 55 Abs. 1 Satz 1
Nr. 3 und Nr. 9 BBergG zu messen seien, der Rechtsschutz der Gemeinden jedoch
ausschließlich aus §§ 54 Abs. 2, 48 Abs. 2 Satz 1 BBergG abgeleitet werde, könne sich
die Klägerin auf einen vermeintlich unzureichenden Hochwasserschutz nicht mit Erfolg
berufen. Die Kommunen könnten sich zum Schutz ihres Selbstverwaltungsrechts,
insbesondere ihrer kommunalen Einrichtungen, nicht auf die Grundsätze berufen, die
das Bundesverwaltungsgericht für das grundrechtlich geschützte Oberflächeneigentum
im Wege einer verfassungs-, d.h. grundrechtskonformen Auslegung des § 48 Abs. 2
BBergG entwickelt habe. Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss sei aber
jedenfalls objektiv rechtmäßig.
Die Beigeladene beantragt,
64
die Berufung zurückzuweisen.
65
Sie wiederholt und vertieft ihre Auffassung, dass die Rahmenbetriebsplanzulassung die
Klägerin nicht in drittgeschützten Rechten verletze. Deshalb sei die Klage bereits
unzulässig. Die Klage sei aber jedenfalls unbegründet. Die Klägerin verkenne die
Besonderheiten einer obligatorischen Rahmenbetriebszulassung als Rahmenzulassung
und die sich aus den spezifischen Regelungen der §§ 57a, 57b BBergG ergebenden
Anforderungen an eine obligatorische Rahmenbetriebsplanzulassung und deren
Rechtswirkungen vollständig. Nicht Gegenstand der obligatorischen
Rahmenbetriebsplanzulassung seien nach § 57b Abs. 3 Satz 3 BBergG
planfestsstellungspflichtige Folgemaßnahmen und damit Deichbaumaßnahmen. Die
Beklagte habe die Möglichkeit der Gewährleistung des Hochwasserschutzes unter
Berücksichtigung abbaubedingter Oberflächeneinwirkungen in der
66
Rahmenbetriebsplanzulassung einer Machbarkeitsprüfung unterzogen. Aus den
maximalen abbaubedingten Senkungen habe sie - die Beigeladene - die maximal
erforderlichen Deichaufhöhungen berechnet und ihre Machbarkeit geprüft. Die
notwendigen Deichaufhöhungen seien nach den vorgelegten Gutachten durchführbar.
Eine Durchströmung von Deichen könne verhindert werden. Standsicherheitsprobleme
seien ausweislich der vorgelegten Untersuchungen durch die Ausbildung von Rissen
nicht zu befürchten. Da eine rechnerische Ermittlung der Lage, der Erstreckung und des
Ausmaßes von Unstetigkeiten nicht möglich sei, sei eine empirische Ermittlung
potentieller Unstetigkeiten erforderlich. Die Rahmenbetriebsplanzulassung verursache
keinen unverhältnismäßigen Eingriff in die Planungshoheit der Klägerin. Der Eintritt von
Oberflächenschäden als typische Abbaufolge sei nicht auszuschließen, sondern im
Gegenteil als sicher vorauszusetzen. Beplanbar blieben auch die potentiell von
Zerrungen betroffenen Bereiche. Soweit im Zuge von Baumaßnahmen Anpassungen
oder Sicherungen erforderlich würden, habe sie - die Beigeladene - dafür nach § 110,
111 BBergG die Kosten zu tragen, soweit es sich nicht um bloß unerhebliche
Aufwendungen für Anpassungen handele. Es sei zwar zutreffend, dass es im Bereich N.
bislang fünf bauliche Totalschäden gegeben habe, die auf Unstetigkeiten beruhten. In
vier Fällen seien aber in unmittelbarer Nachbarlage zum Ursprungsgebäude
Ersatzgebäude errichtet worden. Nach Abklingen der bergbaulichen Einwirkungen
könnten auch diese Flächen wieder bebaut werden, auf denen sich die
Ursprungsgebäude befanden. Für die im Einwirkungsbereich gelegenen kommunalen
Einrichtungen der Klägerin könne mangels Detailbetrachtung nicht bereits auf der
Ebene der Rahmenbetriebsplanzulassung der Eintritt eines Bergschadens
ausgeschlossen werden. Dem Schutz der Planungshoheit diene insoweit aber die
Nebenbestimmung 1.3.8.2. Die Erfüllung dieser Nebenbestimmung sei
selbstverständlich auf der Ebene nachfolgender Sonderbetriebspläne unter dann
vorliegenden Detailerkenntnissen zu prüfen. Aus den Darlegungen der Klägerin zur
bergsenkungsbedingten Erhöhung des Überflutungspotenzials sei anzumerken, dass
sich daraus keine Rückwirkungen auf ihre Bauleitplanung ergeben könnten. Insoweit
könne auf die einschlägigen Vorschriften des WHG und des BauGB verwiesen werden.
Soweit die Klägerin vermeintliche Beteiligungsfehler rüge, handele es sich um den
Vorwurf materieller Mängel und nicht eines formellen Verfahrensfehlers. Das Erfordernis
einer Abwägungsentscheidung auf Rahmenbetriebsplanebene bestehe nicht. Auch die
hinsichtlich der UVP und der Alternativenprüfung erhobenen Rügen griffen nicht durch.
Einer über die Zulassungsvoraussetzungen des § 55 Abs. 1 BBergG hinausgehenden
Prüfung eines öffentlichen Interesses sei die Rahmenbetriebsplanzulassung nicht
zugänglich. Auch die Hilfsanträge der Klägerin seien zurückzuweisen, da es an einer
Rechtsverletzung fehle.
Unter dem 30. August 2005 haben die Landesregierung NRW und die Beigeladene die
sog. „Walsumer Verständigung" geschlossen. Darin einigten sich die Vertragsparteien
u.a. darauf, den Abbau im Bergwerk X. unter bestimmten Voraussetzungen spätestens
am 30. Juni 2008 zu beenden. Der bis dahin geplante Abbau soll so geführt werden,
dass keine abbaubedingten Erhöhungsmaßnahmen an den Rheindeichen mehr
erforderlich sind. Aus diesem Grund ist beabsichtigt, den Abbau bestimmter Bauhöhen
aufzugeben bzw. zu verkürzen.
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Mit Blick auf diese „Verständigung" hat die Beigeladene in der mündlichen Verhandlung
zu Protokoll erklärt, es werde kein Abbau mehr in den Bereichen erfolgen, die vom
Regelungsgegenstand der streitgegenständlichen Rahmenbetriebsplanzulassung
erfasst seien und auf das Stadtgebiet der Klägerin einwirkten, mit Ausnahme der in der
68
"Walsumer Verständigung" als noch abzubauen aufgeführten und auf das Stadtgebiet
der Klägerin einwirkenden Bauhöhen L/K 91, L/K 90, L/K 75, L/K 85, LK/87, B 83 und G
91. Diese Bauhöhen würden so zugeschnitten, dass keine Senkungen mehr verursacht
würden, die weitere Deichaufhöhungen erforderlich machen würden. Die vorgenannten
Bauhöhen lägen im Baufeld Walsumer Horst-Nordfeld. Der von der
Rahmenbetriebsplanzulassung erfasste Abbau in den Baufeldern E1. Graben Nordfeld
und E1. Graben Altfeld, der zu Auswirkungen auf das Stadtgebiet der Klägerin geführt
hätte, werde auf Grundlage der Rahmenbetriebsplanzulassung nicht stattfinden.
Zudem hat die Beklagte mit Zustimmung der Beigeladenen den
Planfeststellungsbeschluss in der mündlichen Verhandlung geändert und unter 1.3.13
als Nebenbestimmung aufgenommen, dass Voraussetzung für die Zulassung der
planmäßig vorgesehenen Bergsenkungen ist, dass in den betroffenen Bereichen die
deichbautechnischen Sicherheitselemente in vollem Umfang, soweit wasserrechtlich
erforderlich, wasserrechtlich zugelassen und durchgeführt sind, bevor das
Abbauvorhaben auf Hochwasserschutzeinrichtungen in den betroffenen Bereichen
einwirkt.
69
Dazu hat die Klägerin ausgeführt: Streitgegenstand bleibe der angegriffene
Planfeststellungsbeschluss in der ursprünglichen Fassung, denn die Beigeladene habe
auf die ihr erteilte Zulassung auch nicht teilweise verzichtet. Gegenstand der
Beurteilung seien weiterhin die Auswirkungen des rechtlich zugelassenen Vorhabens.
Sie stütze den geltend gemachten Aufhebungsanspruch nunmehr auch auf § 77 VwVfG
NRW. Trotz der Ergänzung des Planfeststellungsbeschlusses um die
Nebenbestimmung 1.3.13 werde sie weiter in ihren Rechten verletzt. Sie fordere
hinsichtlich des Hochwasserschutzes einen Sicherheitsnachweis.
70
Die Beklagte hat demgegenüber erklärt, es komme für den Ausgang des Prozesses
nicht darauf an, ob der angefochtene Planfeststellungsbeschluss - was derzeit geprüft
werde - den von der Beigeladenen in der „Walsumer Verständigung" geäußerten
geänderten Abbauansichten angepasst werde, weil die Beigeladene gegenüber der
Klägerin zu Protokoll den Abbau unter deren Stadtgebiet eingeschränkt habe.
71
Die Beigeladene hat die Auffassung vertreten, angesichts der abgegebenen
Protokollerklärung sei die Klage jedenfalls nunmehr unzulässig, weil von dem Abbau
jetzt nur noch ein weitaus geringerer Teil des Stadtgebiets betroffen werde und auch
weitere bergbaubedingte Deichaufhöhungen entbehrlich geworden seien.
72
Wegen des Sachverhalts im Übrigen wird Bezug genommen auf den Inhalt der
Gerichtsakten dieses Verfahrens, der Verfahren 11 A 1752/04, 11 A 306/05 und 21 B
2518/02 sowie der dazu beigezogenen Verwaltungsvorgänge, die Gegen-stand der
mündlichen Verhandlung waren.
73
Entscheidungsgründe:
74
Die zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet.
75
A. Hauptantrag
76
I. Der auf Aufhebung des angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses für den
Rahmenbetriebsplan mit Umweltverträglichkeitsprüfung zur Gewinnung von Steinkohle
77
im Bergwerk X. für den Zeitraum 2002 bis 2019 vom 7. Juni 2002 gerichtete Hauptantrag
ist zulässig.
1. Entgegen der Auffassung der Beklagten und der Beigeladenen ist der Klägerin die für
die erhobene Anfechtungsklage erforderliche Klagebefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO
nicht abzusprechen. Nach der genannten Bestimmung ist die Klägerin klagebefugt,
wenn sie geltend machen kann, durch den angefochtenen Verwaltungsakt in ihren
Rechten verletzt zu sein. Da die Anforderungen an diese
Sachentscheidungsvoraussetzung nicht überspannt werden dürfen, ist es in diesem
Zusammenhang ausreichend, Tatsachen vorzutragen, die es denkbar und möglich
erscheinen lassen, dass eine eigene rechtlich geschützte Position beeinträchtigt wird.
Daran fehlt es nur dann, wenn auf der Grundlage des Tatsachenvortrags der Klägerin
offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise die von ihr behaupteten
Rechtspositionen bestehen oder ihr zustehen oder - ihr Bestehen oder Zustehen
unterstellt - unter keinem Gesichtspunkt verletzt sein können.
78
Vgl. nur BVerwG, Urteil vom 26. November 2003 - 9 C 6.02 -, BVerwGE 119, 245 (249)
m.w.N. (std. Rspr.).
79
Das ist nach dem Vortrag der Klägerin nicht der Fall. Es ist keineswegs
ausgeschlossen, dass sie durch die Zulassung des Rahmenbetriebsplans der
Beigeladenen jedenfalls in ihrer durch Art. 28 Abs. 2 Satz 2 GG und Art. 78 Abs. 1 LV
NRW als Teil der Selbstverwaltungsgarantie geschützten Planungshoheit beeinträchtigt
wird. Eine solche mögliche Verletzung rügt die Klägerin auch, denn sie macht u.a.
geltend, bereits vorhandene, im einzelnen benannte Bauleitpläne für das
Gemeindegebiet ließen sich wegen zu befürchtender großflächiger Bergschäden nicht
verwirklichen und die bereits eingeleitete Umsetzung städtebaulicher Leitziele drohe
wegen des umgehenden Bergbaus zu scheitern.
80
2. Der Klägerin fehlt es auch nicht am notwendigen Rechtsschutzinteresse, obwohl auf
der Grundlage der angefochtenen Zulassungsentscheidung zum Teil bereits Haupt- und
Sonderbetriebspläne erlassen und ausgenutzt worden sind bzw. zur Zeit ausgenutzt
werden. Der tatsächliche Umstand des fortschreitenden Abbaus bewirkt keinen
schleichenden Wegfall der Regelungswirkung des Rahmenbetriebsplans entsprechend
dem Abbaufortschritt. Denn im Unterschied zu den nur auf den Abbau einzelner
Bauhöhen bezogenen Sonderbetriebsplänen stellt der Rahmenbetriebsplan mit
Umweltverträglichkeitsprüfung fest, dass das einheitliche Abbaukonzept des
Gesamtvorhabens mit allen darauf fußenden Folgewirkungen die gesetzlichen
Zulassungsvoraussetzungen des Bergrechts erfüllt. In funktionaler Hinsicht stellt ein
Bergwerk stets einen betriebsorganisatorischen Gesamtkomplex dar, weil jedenfalls
beim Untertagebau die Ausübung bergbaulicher Tätigkeiten eines vielfältig
verbundenen, in sich geschlossenen Systems bedarf, aus dem einzelne
Lagerstättenteile nicht beliebig ausgegliedert werden können.
81
Vgl. BVerwG, Urteil vom 9. November 1995 - 4 C 25.94 -, BVerwGE 100, 31 (42).
82
Dem entsprechend kann der Abbau einer Bauhöhe auf der Ebene der Planfeststellung
nicht isoliert betrachtet werden, sondern bildet - insbesondere unter dem Blickwinkel der
Auswirkungen des Vorhabens insgesamt - einen untrennbaren Teil eines Ganzen.
Allenfalls wenn der Abbau auf dem Gebiet der Klägerin insgesamt abgeschlossen wäre
und keinerlei zukünftige Auswirkungen auf das Gemeindegebiet mehr zu erwarten
83
wären, könnte ein Wegfall des Rechtsschutzinteresses in Betracht zu ziehen sein, weil
in einem solchen Fall eine Beschwer nicht mehr zu erkennen wäre. Das ist hier aber
schon deshalb nicht der Fall, weil - wie die Beigeladene unter Berücksichtigung der sog.
„Walsumer Verständigung" in der mündlichen Verhandlung im Einzelnen dargelegt hat -
der Abbau weiterer Bauhöhen auf dem Gemeindegebiet beabsichtigt ist.
II. Die Klage ist jedoch unbegründet. Die Rechtsauffassung der Klägerin, wegen der
zwischen der Landesregierung NRW und der Beigeladenen geschlossenen „Walsumer
Verständigung" zur Zukunft des Steinkohleabbaus im Bergwerk X. folge der geltend
gemachte Aufhebungsanspruch schon aus § 77 Satz 1 VwVfG NRW, greift nicht durch
(1.). Die Klägerin wird auch nicht durch die von ihr angegriffene Zulassung des
Rahmenbetriebsplans in ihren subjektiven Rechten verletzt (2.)
84
1. Nach § 77 Satz 1 VwVfG NRW hat die Planfeststellungsbehörde den
Planfeststellungsbeschluss aufzuheben, wenn ein Vorhaben, mit dessen Durchführung
begonnen worden ist, endgültig aufgegeben wird. Unterstellt, ein solcher grundsätzlich
auf Verpflichtung gerichteter Anspruch wäre schon im Rahmen einer Anfechtungsklage
gegen einen Planfeststellungsbeschluss unmittelbar durchsetzbar,
85
dafür OVG Lüneburg, Urteil vom 11. Dezember 2000 - 12 K 3200/99 -, Jurisdokument,
unter Berufung auf das Urteil des BVerwG vom 11. April 1986 - 4 C 53.82 -, NVwZ 1986,
834 (836), zu § 18d FStrG a.F.,
86
und die Klägerin würde durch den Fortbestand der bergrechtlichen Planfeststellung in
einer wehrfähigen Rechtsposition betroffen, liegen jedenfalls die
Tatbestandsvoraussetzungen dieser Norm nicht vor.
87
Von einer endgültigen Aufgabe des streitgegenständlichen Vorhabens im Sinne der
genannten Norm kann zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht ausgegangen werden, obwohl
die Beigeladene als Vorhabenträgerin in der „Walsumer Verständigung" die Absicht
bekundet hat, den Abbaubetrieb schon vor Ablauf der Geltungsdauer des
Rahmenbetriebsplans einzustellen. Nach der gebotenen objektiven Betrachtungsweise
regelt die von den Parteien ausdrücklich als „Verständigung" und „Vereinbarung zum
Interessenausgleich" bezeichnete Absprache das weitere Schicksal des Vorhabens
nämlich weder rechtlich bindend noch hinreichend konkret, um schon jetzt vom Gericht
die Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses verlangen zu können. Als öffentlich-
rechtlicher Vertrag kann die „Verständigung" während der Laufzeit des
Rahmenbetriebsplans abhängig vom Willen und der Interessenlage der
Vertragsparteien jederzeit einvernehmlich an veränderte Verhältnisse angepasst, aus
anderen Gründen geändert oder gänzlich aufgehoben werden. Zudem sieht sie
wechselseitig keine konkreten, gerichtlich durchsetzbaren und anschließend
vollstreckbaren Ansprüche oder Sanktionen vor. Inhaltlich bleiben die getroffenen
Absprachen vage und ähneln einer bloßen politischen Absichtserklärung. Die für sich
gesehen konkrete zeitliche Vorgabe der Einstellung des Bergwerks X. „spätestens am
30.06.2008" wird durch die Formulierung „unter der Voraussetzung eines künftigen
planmäßigen Abbaus" wieder relativiert. Der Zeitpunkt der Einstellung des Abbaus ist
damit aus heutiger Sicht nicht bestimmbar, weil die Vertragsparteien das Abbauende
von den Ungewissheiten eines reibungslosen betrieblichen Ablaufs abhängig gemacht
haben. In räumlicher Hinsicht benennen die Vertragsparteien zwar konkrete Bauhöhen,
die entweder gar nicht mehr oder nur noch eingeschränkt abgebaut werden sollen, die
konkreten Abbaulängen werden indessen nicht festgelegt. Aus der Formulierung „bis
88
zum Ufer" lässt sich eine solche Längenbegrenzung jedenfalls nicht mit der
notwendigen Genauigkeit ableiten. Wie die Beigeladene in der mündlichen
Verhandlung hat erkennen lassen, hat sie bislang zur Umsetzung der „Walsumer
Verständigung" auch noch keinen Antrag auf Änderung oder Aufhebung des
Planfeststellungsbeschlusses gestellt, mit dessen Hilfe sich der Wille der
Vertragsparteien konkretisieren ließe.
Unbeschadet der Frage der Teilbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses kann der
Senat auch nicht von sich aus einen Teil aus dem gesetzten Rahmen herausnehmen.
Angesichts der Komplexität des Vorhabens bedarf es zunächst der behördlichen
Bestandsaufnahme der mit dem Absehen vom Abbau bestimmter Bauhöhen
verbundenen tatsächlichen Folgen und der Prüfung, wie sich die „Walsumer
Verständigung" insgesamt hinsichtlich der Ansprüche Dritter auswirkt. Denn der
Rahmenbetriebsplan ist nur die Grundlage für viele Einzelmaßnahmen, zu deren
Umsetzung es weiterer Betriebspläne bedarf.
89
Überdies macht die Klägerin den auf § 77 VwVfG gestützten Anspruch auf Aufhebung
aber auch deshalb verfrüht geltend, weil die Beklagte - wie schriftsätzlich ausgeführt und
in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich betont - als zuständige Behörde derzeit
noch prüft, wie sie auf die unter dem 28. August 2005 geschlossene - mithin erst wenige
Wochen alte - „Walsumer Verständigung" reagieren soll. Angesichts des
Rahmencharakters des Planfeststellungsbeschlusses und der Komplexität des
bergrechtlichen Betriebsplanverfahrens ist der Behörde, die ein Bergbauvorhaben
wegen dessen dynamischen Charakters ständig unter Kontrolle zu halten hat, ein
angemessener Prüfungszeitraum zuzubilligen. Da die von dem Plan Betroffenen nicht
auf unabsehbare Zeit durch die Rechtswirkungen des Beschlusses gebunden werden
dürfen,
90
vgl. BVerwG, Urteil vom 11. April 1986 - 4 C 53.82 -, a.a.O.; s.a. Bonk/Neumann, in:
Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, Kommentar, 2001, § 77 Rdnrn. 2 ff. und 9,
91
wird die Bergbehörde aber alsbald tätig werden müssen und die Beigeladene ggfs. zur
Vorlage eines geänderten Rahmenbetriebsplans aufzufordern haben, um den
Planbetroffenen Rechtsklarheit zu verschaffen.
92
Der Rechtsschutz wird durch die Verneinung eines Aufhebungsanspruchs zum jetzigen
Zeitpunkt auch nicht unzumutbar verkürzt, denn wegen der Protokollerklärung in der
mündlichen Verhandlung ist für die Klägerin hinreichend deutlich, inwieweit unter ihrem
Gemeindegebiet zukünftig noch abgebaut wird. Deshalb ist ihr für eine Übergangszeit
zuzumuten, die notwendige und der Beklagten im Zusammenwirken mit der
Beigeladenen obliegende Anpassung abzuwarten.
93
2. Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss verletzt die Klägerin nicht in ihren
subjektiven Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Bei der umstrittenen
Verwaltungsentscheidung handelt es sich um einen die Beigeladene begünstigenden
Verwaltungsakt mit Drittwirkung. Da die Klageverfahren der
Verwaltungsgerichtsordnung auf die Gewährleistung von Individualrechtsschutz
abzielen und weder dem einzelnen Bürger noch den Gemeinden die Rolle eines
Sachwalters öffentlicher Interessen zuweisen, ist ein solcher Verwaltungsakt auf die
Anfechtung eines von ihm betroffenen Dritten hin nicht umfassend darauf zu überprüfen,
ob er mit der objektiven Rechtsordnung, das heißt auch mit ausschließlich im
94
öffentlichen Interesse bestehenden Normen, übereinstimmt. Die gerichtliche Kontrolle
beschränkt sich vielmehr auf die Frage, ob die angegriffene Verwaltungsentscheidung
zum Nachteil des Dritten gegen auch seinen Schutz bezweckende Vorschriften des
öffentlichen Rechts verstößt und - wenn ja - ob dieser den Rechtsverstoß erfolgreich
geltend machen kann.
BVerwG, Beschluss vom 6. Juni 1997 - 4 B 167.96 -, NVwZ-RR 1998, 457 (458).
95
Allerdings gilt in bergrechtlichen Verfahren die Besonderheit, dass bei der Anwendung
der vorgenannten Schutznormlehre die besonderen Sachgesetzlichkeiten des Bergbaus
angemessen zu berücksichtigen sind. Dazu gehört, dass Bergbau unausweichlich an
den Standort der Lagerstätte der zu gewinnenden Bodenschätze gebunden ist, dass
innerhalb der Lagerstätte die bergbaulichen Aktivitäten mit fortschreitendem Abbau
relativ zügig ihren Ort wechseln und dass es insbesondere beim unterirdischen Abbau
von Bodenschätzen mit mehr oder weniger großer Wahrscheinlichkeit notwendig zu
Beeinträchtigungen von Gebäuden oder anderen Anlagen an der Oberfläche kommt,
ohne dass sich dies nach Ort, Art und Ausmaß der zu erwartenden Schäden sicher im
voraus bestimmen ließe. Soweit es - wie hier beim Abbau von Steinkohle - um die
Gewinnung sog. bergfreier Bodenschätze geht, kommt hinzu, dass die Befugnis, diese
Bodenschätze auszubeuten, herkömmlicherweise nicht zum Inhalt des
Oberflächeneigentums gehört, sondern stets Gegenstand einer eigenständigen
Rechtsordnung war und ist.
96
BVerwG, Urteile vom 16. März 1989 - 4 C 36.85 -, BVerwGE 81, 329 (334) und - 4 C
25.86 -, Buchholz 406.27 § 48 BBergG Nr. 3.
97
Daran gemessen verletzt die angefochtene Rahmenbetriebsplanzulassung, die ihre
Rechtsgrundlage in den §§ 52 Abs. 2a, 48 Abs. 2, 55 und 56 BBergG findet, keine
subjektiv-öffentlichen Rechte der Klägerin.
98
a) Die Zulassung des Rahmenbetriebsplans ist nicht in einer Weise verfahrensfehlerhaft
zustande gekommen, dass dadurch Rechte der Klägerin verletzt werden, die zur
Aufhebung der Zulassungsentscheidung führen.
99
aa) Die von der Klägerin gerügte Verletzung ihres Beteiligungsrechtes dürfte schon von
der Rechtsfolge her den geltend gemachten Aufhebungsanspruch nicht tragen. Dabei
lässt sich ihr Beteiligungsrecht zunächst - entgegen der Auffassung der Klägerin - nicht
aus § 54 Abs. 2 Satz 1 BBergG herleiten, denn diese Vorschrift ist in dem hier zu
untersuchenden bergrechtlichen Planfeststellungsverfahren nach der speziellen
Regelung in § 57a Abs. 1 Satz 1 BBergG nicht anzuwenden. Die Beteiligung von
Gemeinden richtet sich vielmehr in Ermangelung sonstiger bergrechtlicher
Beteiligungsvorschriften nach den allgemeinen Regelungen der
Verwaltungsverfahrensgesetze zur Mitwirkungslast der Behörden bzw. der Betroffenen
(§§ 52 Abs. 2a Satz 1 BBergG, 5 BBergG, 1 Abs. 3 VwVfG, 1 Abs. 1 VwVfG NRW, 73
Abs. 2 und 4 VwVfG NRW). Danach ist die Behörde verpflichtet, vor der Zulassung
eines Betriebsplans die Gemeinden zu beteiligen, wenn durch die vorgesehenen
Maßnahmen deren Aufgabenbereich als Planungsträger berührt wird. Hierdurch sollen
die Gemeinden über ein lediglich formelles Beteiligungsrecht hinaus in die Lage
versetzt werden, etwaige dem Vorhaben entgegenstehende kommunale Interessen und
Planungen möglichst frühzeitig vorzubringen, um so auf den Entscheidungsvorgang
Einfluss zu nehmen. Es findet sich indessen im Gesetz kein Anhaltspunkt dafür, dass
100
das Recht aus § 73 VwVfG NRW, das unmittelbar nur das Interesse der Gemeinde an
einer angemessenen Beteiligung im Zulassungsverfahren erfasst, unabhängig von der
materiell-rechtlichen Betroffenheit überhaupt einen eigenen, selbständig durchsetzbaren
Aufhebungsanspruch begründen kann.
Auch nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts vermitteln
Verfahrensvorschriften grundsätzlich keine selbständig durchsetzbaren
Rechtspositionen, selbst wenn das Verfahrensrecht - wie z.B. die
Umweltverträglichkeitsprüfung - auf gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben beruht. Somit
bleibt ein Verfahrensfehler prozessual folgenlos, wenn er nicht zugleich kausal für eine
Verletzung materieller Rechtspositionen ist, so dass die Nichteinhaltung von
Verfahrensbestimmungen für sich genommen nicht zur Aufhebung eines
Planfeststellungsbeschlusses führen kann.
101
Vgl. BVerwG, Beschluss vom 5. November 2002 - 9 VR 14.02 -, NVwZ 2003, 207 (209),
m.w.N.; zum Bergrecht siehe OVG NRW, Beschluss vom 28. Juli 1995 - 21 B 985/95 -,
ZfB 136 (1995), 315, Leitsatz.
102
Auch eine am Verfahren zu beteiligende Kommune kann die getroffene
Planungsentscheidung deshalb nicht allein wegen der Verletzung der sie betreffenden
Verfahrensvorschriften angreifen. Vielmehr kann ein Verfahrensfehler nur dann rechtlich
relevant werden, wenn nach den Umständen des Einzelfalls die konkrete Möglichkeit
besteht, dass sich der gerügte Fehler auf gemeindliche Abwehrrechte ausgewirkt hat.
Das ist - wie noch auszuführen sein wird - schon aus materiell-rechtlichen Gründen nicht
der Fall, weil der streitgegenständliche Planfeststellungsbeschluss das
Selbstverwaltungsrecht der Klägerin nicht beeinträchtigt und die Beklagte die Frage der
Machbarkeit wasserrechtlicher Folgemaßnahmen zum Hochwasserschutz zutreffend
beantwortet hat.
103
Es kommt hinzu, dass es sich bei der bergrechtlichen Betriebsplanzulassung, auf die
nach §§ 55, 48 Abs. 2 BBergG ein Rechtsanspruch besteht, um eine gebundene, nicht
aber um eine fachplanerische Entscheidung mit Gestaltungsspielraum handelt,
104
so das BVerwG in std. Rspr.; siehe Urteile vom 14. April 2005 - 7 C 26.03 -, NVwZ 2005,
954, (955), vom 14. Dezember 1990 - 7 C 18.90 -, Buchholz 406.27 § 55 BBergG Nr. 3,
und vom 4. Juli 1986 - 4 C 31.84 -, BVerwGE 74, 315 (322); kritisch Durner, Konflikte
räumlicher Planungen, 2004, S. 376,
105
so dass - unbeschadet einer möglichen Heilung nach § 45 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG NRW -
ein etwaiger Verfahrensfehler für sich gesehen mangels Kausalität nach § 46 VwVfG
NRW, der über § 5 BBergG anwendbar ist, unbeachtlich wäre.
106
Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 13. Juni 2003 - 21 B 1050/03 -, S. 12; Sächs. OVG,
Beschluss vom 18. Mai 1998 - 1 S 766/97 -, ZfB 139 (1998), 202, und Urteil vom 18.
September 1997 - 1 S 354/96 -, ZfB 138 (1997), 314 (325); zu weiteren Einzelheiten
siehe Schoch, Die Rechtsstellung der Gemeinden bei der bergbaulichen
Betriebsplanzulassung, in: Planung, Festschrift für Werner Hoppe zum 70. Geburtstag,
München 2000, 711 (715) m.w.N.
107
Davon abgesehen ist eine fehlerhafte Beteiligung der Klägerin im
Planfeststellungsverfahren aber auch nicht erkennbar. Das hat bereits der vormals für
108
das Bergrecht zuständige Senat des erkennenden Gerichts im Beschluss vom 15.
August 2003 - 21 B 2518/02 - unter Auseinandersetzung mit der von der Klägerin im
Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes vorgetragenen und im Klageverfahren
lediglich wiederholten Argumentation dargelegt. Danach ist die Planauslegung in einer
Weise erfolgt, die geeignet war, der Klägerin ihr Interesse an Information und
Beteiligung durch Anregungen und Bedenken bewusst zu machen und dadurch ihrer
sog. Anstoßfunktion hinreichend gerecht zu werden. Auch besteht kein Anhalt dafür,
dass die Beklagte konkrete Stellungnahmen der Klägerin im Planfeststellungsverfahren
nicht zur Kenntnis genommen und bei der Entscheidung nicht in Erwägung gezogen
hat. Auf die Ausführungen des Vorgängersenats zum Beteiligungsrecht nach § 73
VwVfG NRW und zu den aus der sog. Wittstock- Entscheidung des
Bundesverwaltungsgerichts (Urteil v. 14. Dezember 2000 - 4 C 13.99 -, BVerwGE 112,
274) zu ziehenden Schlussfolgerungen für das vorliegende Verfahren kann deshalb zur
Vermeidung von Wiederholungen verwiesen werden, zumal die Klägerin ihr
umfangreiches Vorbringen zur aus ihrer Sicht unangemessen kurzen Einwendungsfrist
in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich aufgegeben hat. Die in diesem
Zusammenhang erhobene weitere Rüge, bereits auf der Ebene des
Rahmenbetriebsplans hätten wesentlich detailliertere Informationen über das Vorhaben
hinsichtlich Zerrungen, Pressungen und Schieflagen vorgelegt werden können und
müssen, betrifft der Sache nach nicht die Frage ihrer verfahrensrechtlich
ordnungsgemäßen Beteiligung, sondern wirft das materiellrechtliche Problem auf, ob
und ggfs. auf welcher Planebene des gestuften bergrechtlichen Betriebsplanverfahrens
Einzelheiten und konkrete Auswirkungen des Vorhabens zu prüfen sind.
bb) Der weitere Vortrag der Klägerin, die Beklagte habe mangels ausreichender
Prüfungstiefe das hohe Schadenspotential im Hinterland der Deiche auf
Rahmenbetriebsplanebene nicht betrachtet, darin liege ein zur Aufhebung führender
Verstoß gegen das auf gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben beruhende Recht der
Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP), vermag der Klage ebenfalls nicht zum Erfolg zu
verhelfen. Aus den schon unter aa) genannten Erwägungen scheidet auch ein auf das
UVP-Recht gestützter Aufhebungsantrag aus. Die Klägerin hat nach bislang ständiger
Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts keinen Anspruch auf Überprüfung, ob
die im Rahmen des Verfahrens durchgeführte UVP mit der erforderlichen Prüfungstiefe
vorgenommen wurde, weil es sich auch bei den einschlägigen
gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben um Verfahrensvorschriften handelt, deren
Einhaltung grundsätzlich nicht unabhängig von der Verletzung materieller Rechte
erzwungen werden kann.
109
Vgl. BVerwG, Urteil vom 19. März 2003 - 9 A 33.02 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr.
173, mit umfangreichen Nachweisen.
110
Entgegen der Auffassung der Klägerin ergibt sich Abweichendes auch nicht aus der
Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften. Die von ihr in
diesem Zusammenhang angeführte sog. Wells-Entscheidung,
111
Urteil vom 7. Januar 2004 - C-201/02 -,
112
Slg. 2004, I - 723,
113
betrifft einen nicht vergleichbaren Fall, denn dort war eine UVP völlig unterblieben.
Davon kann selbst vor dem Hintergrund der von der Klägerin behaupteten
114
Unzulänglichkeiten der Prüfung hier keine Rede sein.
Der Senat sieht derzeit auch (noch) keine Veranlassung, die Rechtsprechung des
Bundesverwaltungsgerichts zum Drittschutz des UVP-Rechts (s.o.) angesichts der
Aufnahme des Artikels 10a in die Richtlinie 85/337/EWG des Rates vom 27. Juni 1985
über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten
Projekten (UVP-Richtlinie) durch die Richtlinie 2003/35/EG vom 26. Mai 2003 (Amtsblatt
EU L156/17) in Frage zu stellen.
115
Zwar wird inzwischen durch die im Zusammenhang mit der Umsetzung der Aarhus-
Konvention erfolgten sowie konkret geplanten europarechtlichen Änderungen mit
beachtlichen Argumenten zunehmend eine abweichende Auffassung vertreten. So hat
die Kommission nicht nur die sog. dritte (und letzte) Säule der Konvention in Angriff
genommen und den Entwurf einer Richtlinie über den Zugang zu Gerichten in
Umweltangelegenheiten vorgelegt (Vorschlag vom 24.10.2003 KOM (2003) 624 endg.).
Vielmehr wurde durch die Richtlinie 2003/35/EG vom 26. Mai 2003 u.a. bereits die
Richtlinie 85/337/EWG (UVP-Richtlinie) durch Einfügung des Art. 10a geändert (künftig
UVP-RL n.F.), wobei die bis zum 25. Juni 2005 laufende Umsetzungsfrist (vgl. Art. 6
Richtlinie 2003/35/EG) inzwischen abgelaufen ist.
116
Nach dieser neu eingefügten Bestimmung des Art. 10a stellen die Mitgliedstaaten
sicher, dass Mitglieder der betroffenen Öffentlichkeit, die ein ausreichendes Interesse
haben oder eine Rechtsverletzung geltend machen, Zugang zu einer Überprüfung vor
einem Gericht haben, um die materiell-rechtliche und verfahrensrechtliche
Rechtmäßigkeit von Entscheidungen, Handlungen oder Unterlassungen anzufechten,
für die die Bestimmungen dieser Richtlinie über die Öffentlichkeitsbeteiligung gelten.
Aus dieser Regelung, die Art. 9 Abs. 2 Unterabsatz 1 der Aarhus-Konvention Rechnung
trägt, wird zum Teil gefolgert, dass die bisherige prozessuale Behandlung von
Verfahrensfehlern nicht länger aufrecht erhalten werden kann. Vielmehr müsse, da die
Anfechtung gerade aus verfahrensrechtlichen Gründen ausdrücklich vorgesehen sei,
nunmehr für das Gericht auch die Möglichkeit einer Kassation wegen eines
Verfahrensfehlers bestehen.
117
Vgl. nur Ziekow, NVwZ 2005, 263 (265), und Schink, EurUP 2003, 27 (36); a. A.: von
Danwitz, NVwZ 2004, 272 (278, 281): beide Systemalternativen seien gleichrangig
nebeneinander gestellt.
118
Der Senat kann die Frage letztlich offen lassen, denn er hält aus den nachfolgenden
Gründen jedenfalls derzeit an der bislang vertretenen Auffassung zum Drittschutz von
Verfahrensrechten fest.
119
Der UVP-RL n.F. kommt trotz des inzwischen erfolgten Ablaufs der Umsetzungsfrist
(Juni 2005) mangels hinreichender Bestimmtheit keine unmittelbare Geltung zu.
120
Vgl. auch Walter, EuR 2005, 302 (334, 336).
121
An der Bestimmtheit fehlt es, weil die Richtlinie dem nationalen Gesetzgeber
verschiedene Gestaltungsmöglichkeiten eröffnet. So könnte der deutsche Gesetzgeber,
um den Richtlinienauftrag einer Stärkung des Verfahrensrechts zu erfüllen,
beispielsweise mit einer Änderung oder völligen Abschaffung
verwaltungsverfahrensrechtlicher Vorschriften reagieren (insbesondere §§ 44a VwGO,
122
46 VwVfG) oder die bislang das deutsche Prozessrecht prägende Schutznormlehre
modifizieren oder gar aufgeben.
Vgl. hierzu auch den Referentenentwurf eines Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes vom 21.
Februar 2005.
123
Damit ist das Gericht zwar nicht gehindert, sich bei der Auslegung nationalen Rechts an
den Bestimmungen der Richtlinie zu orientieren und vor diesem Hintergrund die
bisherige nationale Rechtsprechung zu überdenken. Der Senat ist aber nicht der
Auffassung, dass die bisherige obergerichtliche Rechtsprechung zur UVP als „nicht
drittschützendes, reines Verfahrensrecht" anlässlich der aufgezeigten europarechtlichen
Entwicklungen nunmehr umgehend - sozusagen vorauseilend - geändert werden sollte.
124
A.A. OVG Rheinl.-Pfalz, Beschluss vom 25. Januar 2005 - 7 B 12114/04 -, DÖV 2005,
436 (437).
125
Zwar lässt sich die Außerachtlassung der europarechtlich neuen Erwägungen im
vorliegenden Verfahren wohl nicht allein unter Hinweis auf den maßgeblichen
Entscheidungszeitpunkt für die gerichtliche Entscheidung (hier: Erlass des
Planfeststellungsbeschlusses am 7. Juni 2002) begründen, denn die materiellen
Voraussetzungen der UVP-Richtlinie galten unstreitig schon zu diesem Zeitpunkt; sie
wurden nach Auffassung der Beklagten und der Beigeladenen auch eingehalten. Es
wäre deshalb wohl auch unter Rückwirkungsgesichtspunkten zulässig, wenn der
Gesetzgeber der Klägerin als „Öffentlichkeit" im Sinne der genannten Richtlinie
nunmehr einen Rechtsanspruch auf Überprüfung der Einhaltung der UVP-
Bestimmungen zubilligen würde, wie es z.B. in vergleichbarer Weise durch § 69 Abs. 5
BNatSchG bei der Verbandsklage für bereits anhängige Gerichtsverfahren geschehen
ist. Angesichts der oben beschriebenen gesetzgeberischen Reaktionsmöglichkeiten,
insbesondere auch im Hinblick auf die geschilderte Rückwirkungsfrage, hält es der
Senat jedoch für verfehlt, für eine Übergangszeit - nämlich bis zur konkreten Umsetzung
durch den deutschen Gesetzgeber - einen der verschiedenen Wege zu beschreiten,
ohne dass hierfür eine verfassungs- oder europarechtliche Notwendigkeit besteht.
126
b) Aus den für die angefochtene Zulassungsentscheidung maßgeblichen materiell-
rechtlichen Vorschriften des Bergrechts - hier §§ 55 und 48 Abs. 2 - ergibt sich ebenfalls
keine Rechtsverletzung der Klägerin.
127
aa) Mit Blick auf § 55 BBergG kann sie die Aufhebung des
Planfeststellungsbeschlusses nicht mit der Begründung verlangen, das zugelassene
Vorhaben beschneide unzulässig ihr Selbstverwaltungsrecht und die damit
verbundenen Rechte auf Selbstgestaltung, Schutz ihrer kommunalen Einrichtungen
sowie Durchsetzung der Planungs- und Finanzhoheit, denn aus der Vorschrift lässt sich
nicht entnehmen, dass sie dem Schutz des gemeindlichen Selbstverwaltungsrechts
dient.
128
BVerwG, Beschluss vom 15. Juli 1994 - 4 B 102.94 -, Buchholz 406.27 § 48 BBergG Nr.
4 (3).
129
Gleiches gilt hinsichtlich sonstiger, von der Klägerin geltend gemachter Gründe im
Zusammenhang mit der Deichsicherheit. Die bezüglich dieses Themenkreises
überhaupt nur in Betracht zu ziehenden Zulassungsvoraussetzungen der Nrn. 3 und 9
130
des § 55 BBergG vermitteln der Klägerin ebenfalls kein subjektiv-öffentliches
Abwehrrecht.
Nach § 55 Abs. 1 Nr. 3 BBergG ist die Zulassung zu erteilen, wenn die erforderliche
Vorsorge gegen Gefahren für Leben, Gesundheit und zum Schutz von Sachgütern,
Beschäftigter und Dritter im Betrieb eingehalten werden. Nach der Rechtsprechung des
Bundesverwaltungsgerichts kommt dieser Norm zwar Drittschutz zu. Dies gilt allerdings
nur, soweit es um Leben und Gesundheit geht; Sachgüter Dritter werden als solche nicht
geschützt, soweit sie außerhalb des Betriebes des Bergbauunternehmers liegen.
131
BVerwG, Urteile vom 14. April 2005 - 7 C 26.03 -, NVwZ 2005, 954 (955), und vom 16.
März 1989 - 4 C 36.85 -, BVerwGE 81, 329 (336); offen gelassen allerdings im sog.
Gasspeicher-Urteil, vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 1991 - 7 C 25.90 -, BVerwGE
89, 246 (249).
132
Auch unter Berücksichtigung der von der Klägerin geschilderten verheerenden Folgen
eines bergbaubedingten Bruchs der Rheindeiche für ihre Einwohner und deren
Sachgüter werden kommunale Belange insoweit nicht berührt. Eine Gemeinde kann
nicht losgelöst von ihrer Stellung als Selbstverwaltungskörperschaft Rechte aus
gesetzlichen Anforderungen an den Schutz von Leib, Leben und Gesundheit von
Menschen geltend machen. Sie ist nicht Sachwalterin der Allgemeinheit oder einzelner
Privatpersonen, denen es freisteht, sich vor rechtswidrigen Eingriffen selbst zu schützen,
und kann sich insbesondere nicht über die Anrufung der Verwaltungsgerichte als
Kontrolleur der zur Wahrung öffentlicher Belange jeweils berufenen staatlichen
Behörden betätigen.
133
BVerwG, Beschluss vom 30. August 1995 - 4 B 86.95 -, Buchholz 406.13 § 6a ROG Nr.
1 (6).
134
Nach § 55 Abs. 1 Nr. 9 BBergG ist die Zulassung zu erteilen, wenn gemeinschädliche
Einwirkungen der Aufsuchung und Gewinnung nicht zu erwarten sind. Der Begriff der
Gemeinschädlichkeit, den das Bundesberggesetz aus dem Allgemeinen Berggesetz
von 1865 übernommen hat, setzt voraus, dass der Betrieb eine ganz erhebliche
Gefahrenschwelle überschreitet; es muss ein Schaden in solchem Umfang drohen, dass
er sich auf das Allgemeinwohl auswirkt. Der Maßstab der Gemeinschädlichkeit ist somit
nicht als Einfallstor für alle öffentlich-rechtlichen Belange, die der Bergbau berühren
kann, in das Betriebsplanzulassungsverfahren zu verstehen.
135
BVerwG, Urteile vom 14. April 2005 - 7 C 26.03 -, NVwZ 2005, 954 (955), und vom 4.
Juli 1986 - 4 C 31.84 -, BVerwGE 74, 315 (321).
136
Zwar dürften die von der Klägerin erwarteten Auswirkungen des Abbaus - insbesondere
die etwaigen Folgen eines Deichbruchs - trotz dieser hohen Schwelle die
Voraussetzungen eines Gemeinschadens objektiv-rechtlich erfüllen. Die Vorschrift dient
allerdings nicht den individuellen Interessen Einzelner, sondern hat das objektive
Gemeinwohlinteresse im Auge; sie gewährt deshalb aus sich heraus keinen Drittschutz.
137
BVerwG, Urteil vom 16. März 1989 - 4 C 36.85 -, BVerwGE 81, 329 (337).
138
Die Behauptung, die betreffende Behörde komme im konkreten Fall der Aufgabe, die
Gemeinwohlbelange zu wahren, nicht oder nicht ausreichend nach, verleiht den
139
Verwaltungsgerichten nicht die Befugnis, ihre Prüfungskompetenz auf allein im
öffentlichen Interesse bestehende Vorschriften auszudehnen.
OVG Saarland, Beschluss vom 22. August 2001 - 2 W 1/01 -, ZfB 142 (2001), 283 (289).
140
bb) Schließlich kann die Klägerin auch aus § 48 Abs. 2 BBergG keine Rechte herleiten,
die den geltend gemachten Aufhebungsanspruch stützen. Zwar kann die Norm i.V.m.
Art. 28 Abs. 2 GG den Gemeinden eine wehrfähige Rechtsposition vermitteln (1). Dem
hier streitgegenständlichen Vorhaben standen im maßgeblichen Zeitpunkt der
Zulassungsentscheidung indessen keine überwiegenden öffentlichen Interessen aus
Gründen des Schutzes des Selbstverwaltungsrechtes der Klägerin entgegen, die die
Beklagte zur Beschränkung oder Untersagung des Vorhabens berechtigten (2).
141
(1) Nach seinem Wortlaut enthält § 48 Abs. 2 BBergG nur die Ermächtigung der
Bergbehörde, eine Aufsuchung oder Gewinnung zu beschränken oder zu untersagen,
soweit ihr überwiegende öffentliche Interessen entgegenstehen. Die Vorschrift ist dabei
eine die Befugnisse der Bergbehörde im Betriebsplanzulassungsverfahren erweiternde
Norm und begründet nicht nur eine eigenständige, dem Betriebsplan neben- und
nachgeordnete Anordnungsbefugnis der Bergbehörde, sondern ergänzt und erweitert
die in § 55 Abs. 1 BBergG aufgeführten Versagensgründe um außerbergrechtliche
Gründe. Liegen bereits bei der Entscheidung der Bergbehörde über die Zulassung
eines eingereichten Betriebsplans Umstände vor, die der Bergbehörde Anlass geben,
die Aufsuchung oder Gewinnung gemäß § 48 Abs. 2 Satz 1 BBergG zu beschränken
oder zu untersagen, so hat sie dies bei ihrer Entscheidung durch Beschränkung oder
Versagung der Zulassung zu berücksichtigen. Denn nach dem sog. Altenberg-Urteil des
Bundesverwaltungsgerichts macht es keinen Sinn, wenn die Bergbehörde einen
Betriebsplan zunächst ohne Einschränkungen zuzulassen hat und anschließend die
Aufsuchung und Gewinnung sofort beschränken oder untersagen kann.
142
BVerwG, Urteil vom 4. Juli 1986 - 4 C 31.84 -, BVerwGE 74, 315 (323).
143
Dennoch kommt § 48 Abs. 2 BBergG aufgrund verfassungskonformer Auslegung
jedenfalls insoweit drittschützende Wirkung zu, als die zuständige Behörde die
Betriebsplanzulassung einschränken oder untersagen muss, wenn nur dadurch
unverhältnismäßige Beeinträchtigungen des durch Art. 14 GG geschützten
Oberflächeneigentums Privater,
144
BVerwG, Urteil vom 16. März 1989 - 4 C 36.85 -, BVerwGE 81, 329 (345),
145
oder des über Art. 28 Abs. 2 GG geschützten Selbstverwaltungsrechts der Gemeinden
vermieden werden können. Zwar hat das Bundesverwaltungsgericht in den benannten
Entscheidungen ausdrücklich bislang nur dem privaten Oberflächeneigentümer wegen
des Eigentumsschutzes nach Art. 14 GG über § 48 Abs. 2 BBergG Drittschutz
zugebilligt. Indessen sind die dort entwickelten Grundsätze vom Ansatz her auf das
Verhältnis zwischen Bergbehörde, Unternehmer und Kommune ohne weiteres
übertragbar. In beiden Fällen geht es um den Ausgleich widerstreitender Interessen, die
jeweils unter dem besonderen Schutz des Grundgesetzes stehen. Auch ansonsten lässt
sich kein Grund erkennen, warum dem kommunalen Selbstverwaltungsrecht ein
geringeres Gewicht bei der Abwehr bergbaubedingter Einflüsse zukommen sollte als
dem Privateigentum der Oberflächeneigentümer.
146
Vom BVerwG bislang allerdings offen gelassen, vgl. Beschluss vom 15. Juli 1994 - 4 B
102.94 -, Buchholz 406.27 § 48 BBergG Nr. 4 (4); bejahend OVG NRW, Urteil vom 15.
Mai 1998 - 21 A 7553/95 -, ZfB 139 (1998), 146 (153).
147
Die von der Beklagten und der Beigeladenen in diesem Zusammenhang vertretene
Rechtsauffassung, aus der anerkannten Ergänzungsfunktion des § 48 Abs. 2 BBergG
folge zwingend die Einschränkung, dass solche überwiegenden öffentlichen Interessen
nicht erfasst seien, die bereits zu den in § 55 Abs. 1 BBergG aufgeführten
Zulassungsvoraussetzungen gehören,
148
dazu Boldt/Weller, BBergG, Ergänzungsband 1992, § 48 Rdnr. 5 a.E.; VG Weimar, Urteil
vom 5. Juni 1996 - 7 K 697/93 -, ZfB 137 (1996), 321 (328); s.a. Frenz,
Unternehmerverantwortung im Bergbau, 2003, S. 58,
149
deshalb sei die Klägerin unter dem Gesichtspunkt des Drittschutzes mit ihrem
Vorbringen zur Deichsicherheit ausgeschlossen, weil sie damit die Frage eines
Gemeinschadens nach § 55 Abs. 1 Nr. 9 BBergG aufwerfe, hält der Senat zumindest für
zweifelhaft. Ein solche Einschränkung hätte nämlich zur Folge, dass eine Gemeinde
ausgerechnet dann keinen verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutz in Anspruch nehmen
könnte, wenn ihre kommunalen Belange - insbesondere ihre kommunalen
Einrichtungen - in besonderem Maße gefährdet sind, während unterhalb der Schwelle
des Gemeinschadens die verfassungsrechtliche Absicherung des kommunalen
Selbstverwaltungsrechts über § 48 Abs. 2 BBergG, Art 28 Abs. 2 GG fortbestünde.
Letztlich muss diese Frage hier jedoch nicht abschließend geklärt werden, weil sie nicht
entscheidungserheblich ist.
150
(2) Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss greift in das verfassungsrechtlich
geschützte Selbstverwaltungsrecht der Klägerin auch unter Einbeziehung der
„Deichbruchproblematik" nämlich nicht unverhältnismäßig ein. Das Vorhaben verletzt
weder die unter dem Schutz des kommunalen Selbstverwaltungsrechts stehende
Planungshoheit (a), noch das Recht auf Schutz der eigenen kommunalen Einrichtungen
(b), das Selbstgestaltungsrecht (c) oder die Finanzhoheit (d) der Klägerin. Die weiteren
von der Klägerin geltend gemachten Beeinträchtigungen kommunaler Angelegenheiten
- wie Wirtschafts- und Sozialstruktur, Denkmalschutz und ortsgeschichtliches
Erhaltungsinteresse - begründen bereits keine wehrfähigen Rechtspositionen (e).
151
(a) Die Klägerin beruft sich zu Unrecht darauf, dass der Planfeststellungsbeschluss ihre
Planungshoheit beeinträchtigt.
152
Die gemeindliche Planungshoheit genießt den Schutz des Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG. Sie
umfasst die Befugnis, für das eigene Gebiet die Grundlagen der Bodennutzung durch
Bebauungs- und Flächennutzungsplan festzulegen, und vermittelt eine wehrfähige
Position gegenüber der Ausführung von Vorhaben Dritter auf dem Gemeindegebiet,
wenn hierdurch nachhaltig eine hinreichend bestimmte gemeindliche Planung gestört
oder wegen dessen Großräumigkeit wesentliche Teile des Gemeindegebiets einer
durchsetzbaren eigenen Planung entzogen werden und der entsprechende Eingriff
unverhältnismäßig ist. Im Prozess ist die Gemeinde hinsichtlich ihrer
Planungsvorstellungen und deren Konkretisierungsstadium darlegungspflichtig. Ebenso
ist es ihre Sache darzutun, worin die möglichen Konflikte liegen und warum trotz
Abstimmung der Bauleitplanung auf die vorgegebene Situation bauleitplanerische Mittel
nicht ausreichen, die Konflikte zu lösen.
153
Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 5. November 2002 - 9 VR 14.02 -, NVwZ 2003, 207, und
vom 15. Oktober 1998 - 4 B 94.98 -, Buchholz 406.27 § 15 BBergG Nr. 1, (3); Urteil vom
30. August 1993 - 7 A 14.93 -, NVwZ 1994, 371 ff.; VerfGH NRW, Urteil vom 9. Juni
1997 - 20/95 u.a. -, OVGE 46, 295 (303 ff.).
154
An diesen Maßstäben gemessen führt die bergrechtliche Planfeststellung schon nicht zu
negativen Wirkungen des beschriebenen Ausmaßes (aa); der Eingriff wäre aber
jedenfalls verhältnismäßig (bb). Das gilt sowohl hinsichtlich der in diesem
Zusammenhang von der Klägerin vorgetragenen senkungsbedingten Ausweitung der
Polderflächen als auch der befürchteten Bergschäden durch Zerrungen und
Pressungen.
155
(aa) Das untertägige Abbauvorhaben führt weder tatsächlich noch rechtlich zu einer
wesentlichen Beschränkung der Bauleitplanung der Klägerin.
156
Der Senat lässt offen, ob § 38 Satz 1 BauGB, wonach die Bestimmungen der §§ 29 bis
37 BauGB auf bauliche Maßnahmen von überörtlicher Bedeutung auf Grund von
Planfeststellungsverfahren nicht anzuwenden sind, auch für bergrechtliche
Planfeststellungsbeschlüsse gelten,
157
so allerdings die einhellige Kommentarliteratur, vgl. nur Roeser, in: Berliner Kommentar
zum BauGB, 2. Aufl. 1999, § 38 Rdnr. 27; Runkel, in: Ernst/Zinkhahn/Bielenberg,
BauGB, Kommentar, § 38 Rdrn.159 ff.; vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 16. März 2001
- 4 BN 15.01 -, ZfBR 2001, 347 ff.,
158
obwohl es sich hierbei um ein atypisches und gerade nicht durch eine planerische
Abwägungsentscheidung geprägtes Verfahren handelt,
159
kritisch deshalb OVG Saarland, Urteil vom 27. März 2001 - 2 N 9/99 -, ZfB 143 (2002),
171 (175),
160
und ob sich hieraus Einschränkungen der Gemeinde im Gebrauch ihrer Planungshoheit
ergeben
161
so BVerwG, Urteil vom 16. Dezember 1988 - 4 C 48.86 -, DVBl. 1989, 458 (459); zum
Streitstand siehe Schoch, Die Rechtsstellung der Gemeinden bei der bergbaulichen
Betriebsplanzulassung, in: Planung, Festschrift für Werner Hoppe zum 70. Geburtstag,
München 2000, 711 (719), m.w.N.
162
Jedenfalls vermag der Senat im Ergebnis eine nachhaltige Planungsstörung mit
unmittelbaren Auswirkungen gewichtiger Art auf die schon erfolgte und die zukünftige
Bauleitplanung nicht festzustellen. Mit der Übersendung der bisher aufgestellten
Bauleitpläne und der Schilderung der städtebaulichen Leitziele hat die Klägerin ihre
Planungsvorstellungen zwar hinreichend konkret umschrieben. Nicht erkennbar ist aber,
dass der Planfeststellungsbeschluss die Verwirklichung dieser Ziele wesentlich stört.
Da bei dem hier vorgesehenen unterirdischen Abbau von Steinkohle die großflächige
Errichtung oberirdischer baulicher Anlagen nicht vorgesehen ist, wird die Klägerin an
der Umsetzung ihrer Planungsvorstellungen durch Flächenverbrauch nicht gehindert.
Zukünftig unter Bergbaueinwirkung stehende Flächen werden durch den Gesetzgeber,
dessen materielle planungsrechtliche Regelungen Umfang und Schranken der
163
Planungshoheit bestimmen (vgl. Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GG „alle örtlichen
Angelegenheiten im Rahmen der Gesetze") auch nicht generell einer gestalterischen
Bauleitplanung entzogen.
Vgl. OVG NRW, Urteil vom 14. September 1981 - 12 A 2479/80 -, Städte- und
Gemeinderat 1982, 112 (113).
164
Vielmehr gibt das Baugesetzbuch den Gemeinden lediglich auf, bei der Aufstellung von
Bauleitplänen auch den Belang der Sicherung von Rohstoffvorkommen (§ 1 Abs. 6 Nr. 8
BauGB) zu berücksichtigen und in Bebauungsplänen die Flächen zu kennzeichnen,
unter denen der Bergbau umgeht oder die für den Abbau von Mineralien bestimmt sind
(§ 9 Abs. 5 Nr. 2 BauGB). Wie sich dem Planfeststellungsbeschluss (S. 139) und den zu
den Akten gereichten Bebauungsplänen entnehmen lässt, ist die Klägerin diesen
Anforderungen im Wesentlichen nachgekommen.
165
Die Klägerin hat auch in der mündlichen Verhandlung nicht deutlich machen können,
warum trotz Abstimmung der Bauleitplanung auf die vorgegebene Situation
bauleitplanerische Mittel nicht ausreichen, die etwaig auftretenden Konflikte zu
bewältigen. Insoweit beschränkt sich der Vortrag wegen der Protokollerklärung der
Beigeladenen zur Beschränkung des Abbauumfangs nunmehr auf die Behauptung,
insbesondere in den Ortsteilen N. und T1. werde es wegen vorhandener
Unstetigkeitszonen zu schweren Bergschäden kommen. Das Auftreten von
Bergschäden für sich gesehen kann einen Eingriff in die Planungshoheit aber nicht
begründen, weil davon unmittelbar nur die Substanz einzelner baulicher Anlagen und
die Eigentumsrechte ihrer Eigentümer betroffen werden. In diesem Zusammenhang hat
die Beigeladene in der mündlichen Verhandlung zu Recht darauf hingewiesen, dass
selbst unmittelbar über einer Störungszone liegende Flächen trotz bergbaulicher
Einwirkungen auf Dauer bebaubar und damit auch beplanbar bleiben.
166
Eine andere Bewertung ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass sich wegen der
Bergsenkungen die Polderflächen und die Überflutungshöhen vergrößern. Diese
tatsächlichen Folgewirkungen des Bergbaus führen zwar unstreitig zu einer
Risikoerhöhung, weil damit das Schadenspotential im Fall eines Deichversagens steigt,
jedoch nicht zu gravierenden, die gemeindliche Planungshoheit verletzenden
Planungseinschränkungen. Denn die davon zukünftig betroffenen Bereiche werden -
wie schon die bestehenden Polderflächen - durch Hochwasserschutzanlagen geschützt
und bleiben damit grundsätzlich beplanbar (vgl. auch § 31b WHG n.F.). Die Vorsorge für
den Katastrophenfall ist trotz des hohen Schadenspotentials nicht Gegenstand der
Selbstverwaltungsgarantie, sondern wegen des überörtlichen Bezugs eine rein
staatliche Aufgabe.
167
(bb) Ein (erheblicher) Eingriff des Planfeststellungsbeschlusses in die Planungshoheit
der Klägerin wäre aber auch nicht im Rechtssinne unverhältnismäßig. Die Klägerin
kann nicht jede ihr unliebsame Beeinträchtigung ihrer Planungshoheit abwehren.
168
Das Gewicht des Eingriffs wird durch die örtlichen Gegebenheiten bestimmt, auf welche
die überörtliche Planung zugreift; auch die Klägerin kann sie bei ihrer örtlichen Planung
nicht schlechthin außer Acht lassen. Der planfestgestellte Rahmenbetriebsplan nimmt
ein Gebiet in Anspruch, unter dem sich eine abbauwürdige Lagerstätte befindet.
Gemeinden mit derartigen Bodenschätzen auf ihrem Gebiet unterliegen schon von ihrer
geographischen Lage her einer gewissen Situationsgebundenheit. Eine Gemeinde in
169
landschaftlich wertvollem Gebiet kann durch diese Lage ebenso an weiterer Planung
gehindert sein, wie eine andere Kommune, die sich in der Nähe eines Flughafens oder
eines großen Industriebetriebs befindet. Je stärker eine Gemeinde schon von ihrer
geographischen Lage oder ihrem sonstigen Ausstattungspotential her einer solchen
Situationsgebundenheit unterliegt, desto eher sind ihr Eingriffe, die an dieses Merkmal
anknüpfen, zumutbar.
BVerwG, Urteil vom 11. Januar 2001 - 4 A 12.99 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 161
(77).
170
Gegenüber Bergbauvorhaben müssen die kommunalen Interessen wegen dieser
Situationsgebundenheit grundsätzlich zurückstehen, d.h., die Kommunen müssen sich
mit ihren Vorstellungen über die künftige Entwicklung des Gemeindegebiets dem
umgehenden Bergbau anpassen, soweit dessen Auswirkungen auf die
Weiterentwicklung des Gemeindegebiets sich im Rahmen des Üblichen halten. Das ist
hier schon deshalb der Fall, weil weder großflächige Anlagen errichtet werden, noch -
wie beispielsweise im Braunkohletagebau - in sonstiger Weise ein oberirdischer
Flächenverbrauch stattfindet. Unmittelbare Folge des hier vorgesehenen unterirdischen
Abbaus werden allein senkungsbedingte Bodenbewegungen sein, die die
Erdoberfläche allmählich verändern und zu Bergschäden führen. Solche Folgen des
Bergbaus nimmt der Gesetzgeber - wie § 55 Abs. 1 Nr. 9 BBergG zeigt - auf der Ebene
der Zulassung sogar bis zur Grenze des Gemeinschadens hin. Zu berücksichtigen ist
aber auch der Umstand, dass sich der Bergbau nicht auf das gesamte Gemeindegebiet
erstreckt. Wegen der von der Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung zu Protokoll
erklärten geringeren Ausnutzung des Rahmenbetriebsplans werden sich die
bergbaubedingten Belastungen der Klägerin ganz erheblich verringern und nunmehr
nur noch einen Teilbereich des Gemeindegebietes betreffen.
171
(b) Neben der Planungshoheit kann sich die Klägerin im Rahmen ihres
Selbstverwaltungsrechts auch auf ihr Eigentum berufen. Anknüpfungspunkt für eine
subjektiv-rechtliche Betroffenheit ist allerdings nicht die Eigentumsgarantie des Art. 14
Abs. 1 Satz 1 GG, weil Gemeinden wegen ihrer Stellung als juristische Personen des
öffentlichen Rechts auch im Rahmen der Wahrnehmung fiskalischer Aufgaben nicht
über eine dem Grundrechtsschutz des Art. 14 Abs. 1 GG unterliegende Rechtsposition
verfügen. Verfassungsrechtlich ist das Eigentum von Gemeinden vielmehr nur im
Rahmen der Gewährleistung der kommunalen Selbstverwaltung (Art. 28 Abs. 2 Satz 1
GG) geschützt, also insoweit, als es Gegenstand und Grundlage kommunaler
Betätigung ist.
172
BVerwG, Urteile vom 24. November 1994 - 7 C 25.93 -, BVerwGE 97, 143 (151), und
vom 12. August 1999 - 4 C 3.98 -, Buchholz 316 § 75 VwVfG Nr. 18 (3).
173
Inhaltlich vermittelt die gemeindliche Selbstverwaltungsbefugnis grundsätzlich ein
Abwehrrecht gegenüber erheblichen Beeinträchtigungen gemeindlicher Einrichtungen.
Dabei kommt es nicht darauf an, ob durch das Vorhaben in die bauliche Anlage von
Einrichtungen selbst eingegriffen oder ob diese nur in ihrer Funktionsfähigkeit zerstört
oder erheblich beeinträchtigt werden. Allerdings gilt im Bergrecht die Besonderheit,
dass zunächst die Wahrscheinlichkeit schwerwiegender Oberflächenschäden
festgestellt werden muss. Denn das Bundesverwaltungsgericht hat nach den sog.
Moers-Kapellen-Entscheidungen eine Berücksichtigungspflicht des grundgesetzlich
über Art. 14 GG geschützten Privateigentums nur für den Fall verlangt, dass die
174
Schäden insgesamt das Ausmaß eines Gemeinschadens erreichen. Bei kleinen oder
mittleren Bergschäden verbleibt es hingegen beim Vorrang des Bergrechts, das die
Betroffenen auf den späteren Ersatz von Bergschäden über §§ 110 ff. und §§ 114 ff.
BBergG verweist.
BVerwG, Urteile vom 16. März 1989 - 4 C 36.85 -, BVerwGE 81, 329 (344 ff.), und - 4 C
25.86 -, Buchholz 406.27 § 48 BBergG Nr. 3.
175
Da der Schutz des kommunalen Eigentums keinesfalls weiter reichen kann als der
Schutz privaten Eigentums, müssen diese Grundsätze auch für die kommunalen
Einrichtungen gelten.
176
Mit Blick auf diese bergrechtlichen Besonderheiten greift der angefochtene
Planfeststellungsbeschluss in die gemeindlichen Einrichtungen der Klägerin nicht
erheblich ein. Das Vorbringen der Klägerin, ihre kommunalen Infrastruktureinrichtungen
wie öffentliche Gebäude, Kanalisation und Straßen würden (aa) wegen der
Bergsenkungen und (bb) wegen der bergbaubedingten Unsicherheit der Deiche
gefährdet, kann der Klage nicht zum Erfolg verhelfen.
177
(aa) Nach den oben genannten Grundsätzen setzt ein Klageerfolg jedenfalls eine
erhebliche Wahrscheinlichkeit voraus, dass an den kommunalen Einrichtungen der
Klägerin senkungsbedingt Oberflächenschäden entstehen, die das typische Maß
überschreiten, deren Funktionsfähigkeit erheblich einschränken und in der Summe an
der Schwelle zum Gemeinschaden liegen. Eine solche Wahrscheinlichkeit des Eintritts
von Beeinträchtigungen, die über das übliche Maß deutlich hinausgehen, konnte die
Klägerin nicht dartun. Der Hinweis auf bereits eingetretene schwere Bergschäden an
Gebäuden und der Totalaufgabe von 5 Objekten in der Ortslage N. bzw. „in einem der
Rheindörfer" nach dem Abbau von zwei Flözebenen liegt neben der Sache, da sich
diese Schäden nicht auf kommunale Einrichtungen beziehen. Nicht zielführend ist auch
der Hinweis der Klägerin, trotz der Protokollerklärung der Beigeladenen lägen mit dem
Dorfgemeinschaftshaus in N. und dem Sportplatz in T1. immer noch zwei kommunale
Einrichtungen unter Bergbaueinfluss, bei denen schon jetzt Bergschäden aufgetreten
seien; in beiden Orten sei auch die Kanalisation gefährdet. Denn die Klägerin hat damit
schon keine über das typische Maß hinausgehenden Bergschäden, geschweige denn
eine erhebliche Einschränkung der Funktionsfähigkeit behauptet. Im Gegenteil hat die
Beigeladene in der mündlichen Verhandlung unwidersprochen vorgetragen, die
Funktionsfähigkeit dieser kommunalen Einrichtungen sei niemals gefährdet gewesen.
Bei dem Dorfgemeinschaftshaus handele es sich um eine ehemalige kleine Dorfschule,
die seit Beginn des Abbaus zwar immer wieder beschädigt worden sei, sie sei aber stets
funktionsfähig geblieben, weil die Schäden jeweils im Einvernehmen mit der Klägerin
beseitigt worden seien. Am Sportplatz in T1. seien bislang nur kleinere Schäden
entstanden, die ebenfalls unverzüglich reguliert worden seien. Die Kanäle in N. seien
schon vor zehn Jahren gegen etwaige Bergbauschäden ertüchtigt worden; hinsichtlich
der Kanalisation in Süd-T1. habe sie sich mit der Klägerin vertraglich auf eine
Neuverlegung geeinigt.
178
Darüber hinaus sind die kommunalen Belange aber auch durch die Nebenbestimmung
1.3.8.2 des Planfeststellungsbeschlusses hinreichend gewahrt. Nach dieser
Bestimmung wird der Beigeladenen aufgegeben, die Benutzbarkeit aller kommunalen
Einrichtungen im Bereich bergbaulicher Einwirkungen zu gewährleisten und ggfs. durch
geeignete Ersatzmaßnahmen sicherzustellen. Das Vorbringen der Klägerin, diese
179
Nebenbestimmung sei zu unbestimmt, trifft nicht zu. Schon aus dem Wortlaut der
Bestimmung wird hinreichend deutlich, dass die Beigeladene in erster Linie durch
geeignete Maßnahmen eine störungsfreie Benutzbarkeit der gefährdeten kommunalen
Einrichtungen an ihrem gegebenen Standort gewährleisten muss und - sollte der
Standort nicht gesichert werden können - geeignete Ersatzmaßnahmen zu ergreifen hat.
Der Vertreter der Beigeladenen hat dieses gestufte Vorgehen in der mündlichen
Verhandlung näher erläutert und hierzu ausgeführt, dass eine Einigung mit der Klägerin
vor dem Hintergrund des Bergschadensrechts angestrebt werde. Damit ist eine
unverhältnismäßige Betroffenheit der Klägerin in ihren kommunalen Nutzungsbelangen
ausgeschlossen.
Hinsichtlich des von der Klägerin angesprochenen Straßen- und Kanalnetzes regelt der
Planfeststellungsbeschluss in den Nebenbestimmungen 1.3.10.1 bis 1.3.10.3 zusätzlich
regelmäßige Abstimmungsverpflichtungen zwischen den Trägern bzw. Betreibern der
Infrastruktureinrichtungen und der Bergwerksunternehmerin, um unverhältnismäßige
und unzumutbare Rückwirkungen des Bergbaus auf diese Einrichtungen zu vermeiden.
Da zudem die Protokolle dieser Gespräche der Beklagten und den
Überwachungsbehörden jeweils kurzfristig einzureichen sind, besteht überdies
hinreichend Gelegenheit, gegebenenfalls notwendig werdende zusätzliche
Vorsorgemaßnahmen rechtzeitig zu ermitteln und umzusetzen (siehe Begründung Seite
156 des Planfeststellungsbeschlusses; siehe auch Seite 221, 2. Absatz). Damit wird
auch die Funktionsfähigkeit dieser kommunalen Einrichtungen mit Blick auf zukünftige
Schäden durch Bergsenkungen angemessen gesichert.
180
(bb) Die von der Klägerin behauptete bergbaubedingte Unsicherheit der
Hochwasserschutzanlagen vermag eine wehrfähige Rechtsposition ebenfalls nicht zu
begründen, obwohl nicht auszuschließen ist, dass der von der Klägerin befürchtete
Bruch der Rheindeiche bei den im Rahmenbetriebsplanverfahren ermittelten
Überflutungsflächen und -höhen auch die Funktionsfähigkeit ihrer kommunalen
Einrichtungen erheblich beeinträchtigen würde.
181
Insoweit kann der Senat für seine weiteren Überlegungen unterstellen, dass den von der
Klägerin aufgeworfenen deichrechtlichen Fragen Drittschutz zukommt, obgleich eine
Gemeinde bei den in Rede stehenden, lediglich mittelbar hervorgerufenen Gefahren -
wie generell in Katastrophenfällen - wohl eher als Teil der Allgemeinheit betroffen wird.
Der Rahmenbetriebsplan ist in diesem Punkt jedenfalls nicht rechtswidrig, obwohl die
Beklagte die konkreten Einzelheiten des bergbaubedingten Hochwasserschutzes
unstreitig nicht geregelt und damit entgegen dem allgemein im Planfeststellungsrecht
geltenden Grundsatz der Konfliktbewältigung nicht alle mit dem Vorhaben verbundenen
notwendigen Folgemaßnahmen (hier: wasserrechtliche Fragen) auf der Ebene des
Rahmenbetriebsplans abschließend geklärt hat. Das ist allerdings nicht allein Folge des
dynamischen Charakters des auf die besonderen Bedürfnisse des Bergbaus
abgestimmten abgestuften Betriebsplansystems und einer von der Klägerin unter dem
Gesichtspunkt des effektiven Rechtsschutzes beklagten Problemverlagerung in künftige
Haupt- und Sonderbetriebspläne. Die Verfahrenstrennung beruht vielmehr in erster Linie
auf § 57b Abs. 3 Satz 3 BBergG, wonach „das Verfahren nach den anderen Vorschriften
durchzuführen" ist, wenn „für Folgemaßnahmen nach anderen Vorschriften
Planfeststellungsverfahren vorgesehen sind". Bei den hier in Rede stehenden
bergbaubedingten Deichertüchtigungen - wie beispielsweise Erhöhungen der
Deichkrone, der Einbringung von Spundwänden, dem Einbau von dränfähigen Auflagen
usw. (siehe S. 24 des Beschlusses) - handelt es sich um Folgemaßnahmen an anderen
182
Anlagen, die nicht bergbautypisch sind und für die nach § 31 Abs. 2 Satz 2 WHG in der
zum Zeitpunkt des Planfeststellungsbeschlusses maßgeblichen Fassung eine
eigenständige wasserrechtliche Planfeststellung vorgesehen ist. Insoweit kommt es
auch nicht darauf an, ob die für den Deichausbau zuständige Fachbehörde tatsächlich
ein Planfeststellungsverfahren durchführt oder sich - wie zum Teil geschehen - bei
Einzelmaßnahmen, die keine Umweltverträglichkeitsprüfung erfordern, stattdessen auf
die Erteilung einer Plangenehmigung nach § 31 Abs. 3 WHG beschränkt. Denn wie sich
aus dem Wortlaut des § 57b Abs. 3 BBergG („ … Planfeststellungsverfahren vorgesehen
…") ergibt, kommt es allein auf die Planfeststellungsfähigkeit der Maßnahme an.
Aus den von der Klägerin schriftsätzlich vorgetragenen und in der mündlichen
Verhandlung nochmals eindringlich geschilderten Gründen (bergbaubedingte
Risikoerhöhung eines Deichbruchs, immenses Schadenspotential, Erschwerung des
Rechtsschutzes) mag es zwar wünschenswert sein, die Fragen des
Hochwasserschutzes schon auf der Ebene des Rahmenbetriebsplans umfassend zu
ermitteln und abschließend zu beantworten. Auch hat die Klägerin zutreffend darauf
hingewiesen, dass notwendige Folgemaßnahmen, um die es hier unstreitig geht, im
Planfeststellungsrecht in der Regel von der Konzentrationswirkung des § 75 VwVfG
NRW erfasst werden. Das BBergG ordnet indes ausdrücklich eine Durchbrechung
dieser allgemeinen Grundsätze an. Der Wortlaut der Vorschrift ist eindeutig und nicht
auslegungsfähig. Sinn und Zweck dieser (Spezial-)Regelung ist es, abweichend von
den Konzentrationsregeln des allgemeinen Verfahrensrechts die Entscheidung über das
Ob und das Wie von Maßnahmen, deren Verwirklichung zwar Voraussetzung für den
konkreten Abbau ist, den Bergbau als solchen allerdings nicht betreffen, bei den
entsprechenden Fachbehörden zu belassen. Eine andere Sichtweise ergibt sich auch
nicht aus der Entstehungsgeschichte der Vorschrift. Im Gegenteil sollte nach der
Beschlussempfehlung und dem Bericht des Ausschusses für Wirtschaft vom 8.
November 1989 zur Änderung des Berggesetzes für „derartige aus dem spezifisch
bergrechtlichen Bereich herausfallende Folgemaßnahmen [der] Vorrang des jeweiligen
fachgesetzlichen Planfeststellungsverfahrens" angeordnet werden (Hervorhebung durch
den Senat). In diesem Zusammenhang werden als Beispiel gerade „durch
bergbaubedingte Senkungen notwendige Deichaufschüttungen" benannt.
183
Vgl. BT-Drucks. 11/5601, S. 14.
184
Soweit die Klägerin hierzu vorgebracht hat, hiermit könnten allenfalls „marginale
Deichaufschüttungen", die erst „Jahrzehnte später anfielen", gemeint sein, vermag der
Senat dem nicht zu folgen. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber
zwischen verschiedenen Folgemaßnahmen unterscheiden wollte, etwa im Hinblick
darauf, wann sie anfallen, ob sie besonders folgenschwer sind, ein besonders hohes
Risikopotential in sich bergen oder Ähnliches.
185
Das bedeutet allerdings nicht, dass das bergrechtliche und das wasserrechtliche
Planfeststellungsverfahren losgelöst nebeneinander stehen, so dass die zuständige
Bergbehörde alle mit den notwendigen Folgemaßnahmen zusammenhängenden
Problemen unbeachtet lassen darf. Eine solche Vorgehensweise würde gegen den
Grundsatz der Konfliktbewältigung verstoßen, der durch den Gesetzgeber mit § 57 b
Absatz 3 Satz 3 BBergG in Bezug auf Folgemaßnahmen zwar modifiziert, nicht aber
völlig aufgegeben worden ist. Davon ist die Beklagte auch zutreffenderweise
ausgegangen. Denn sie hat im bergrechtlichen Zulassungsverfahren den
Hochwasserschutz aus ihrer Betrachtung nicht gänzlich ausgeblendet, vielmehr hat sie
186
die beiden - rechtlich grundsätzlich selbständigen - Planfeststellungsverfahren über die
Prüfung der Machbarkeit (aaa) und die Aufnahme einer Zuvor-Klausel als
Nebenbestimmung (bbb) hinreichend miteinander verknüpft.
(aaa) Die Beklagte hat - wie sowohl der Inhalt des Planfeststellungsbeschlusses (siehe
dort S. 143) als auch die im Verfahren eingeholten Fachgutachten (siehe
Gliederungspunkt "1.2.2 Antragsunterlagen") zeigen - zunächst geprüft, ob das
Vorhaben trotz der Problematik des Hochwasserschutzes im Sinne der Machbarkeit und
Beherrschbarkeit überhaupt verwirklicht werden kann. Diese Frage hat sie im Ergebnis
bejaht; dagegen ist nichts zu erinnern.
187
Soweit die Klägerin gegen die Machbarkeitsuntersuchung eingewandt hat, es würden
stets dieselben Prüfgutachter beauftragt, deren Stellungnahmen wegen ihres eigenen
wirtschaftlichen Interesses an weiteren Aufträgen nicht objektiv seien, bleiben diese
Vorwürfe pauschal und werden durch nichts Konkretes belegt. In der Sache wird die
Machbarkeitsuntersuchung jedenfalls nicht nachhaltig in Frage gestellt. Denn das
positive Ergebnis der - nach dem Grundsatz der Konfliktbewältigung gebotenen (s.o.) -
Prognose zur Machbarkeit ist selbst nach den Ausführungen des klägerischen
Gutachters in der mündlichen Verhandlung nicht zu beanstanden. Wie zuvor schon der
Mitarbeiter des Staatlichen Umweltamtes L2. , C1. , und der Prüfgutachter Dr. L. in
Zusammenfassung ihrer jeweiligen schriftlichen Stellungnahmen erläutert haben, hat
nämlich auch Prof. T. als von der Klägerin beauftragter Sachverständiger auf Befragen
ausdrücklich bestätigt, dass nach den anerkannten Regeln der Technik bei den unter
Bergbaueinwirkung geratenden Deichen das bisherige Schutzniveau erhalten werden
kann und sich die bergbaubedingt erhöhte Versagenswahrscheinlichkeit mit
technischen Mitteln ausgleichen lässt. Er hat des weiteren ausdrücklich zugestanden,
dass seine - zu den Akten gereichten - umfangreichen Ausführungen zur
Standsicherheit von Deichen neben der Versagenswahrscheinlichkeit auch die
Risikoerhöhung durch die Vergrößerung der Polderflächen berücksichtigen, diese
Betrachtungsweise indessen zwar dem Stand der Wissenschaft, nicht aber dem -
rechtlich maßgeblichen - derzeitigen Stand der Technik entspricht. Angesichts der
mithin im Ergebnis übereinstimmenden Auffassungen der Gutachter steht zur
Überzeugung des Senats fest, dass die von der Beklagten getroffene, als behördliche
Prognoseentscheidung gerichtlich ohnehin nur eingeschränkt überprüfbare Beurteilung
der Beherrschbarkeit der Deichproblematik nicht zu beanstanden ist. Danach stehen der
Verwirklichung des Vorhabens keine von vornherein unüberwindlichen Hindernisse
entgegen. Deshalb war der Senat auch nicht gehalten, den von der Klägerin in
zahlreichen Schriftsätzen erhobenen Bedenken hinsichtlich wasserbautechnischer
Einzelfragen wie Rissbildungen, mögliche Erosion bei Durchströmung, Belastbarkeit
des Deichkörpers, Aufbruchsicherheit, Piping usw. nachzugehen. Sie betreffen letztlich
nicht Fragen der Machbarkeit, sondern der konkreten technischen Umsetzung
wasserbaulicher Maßnahmen im Einzelfall und sind - wie es § 57b Abs. 3 Satz 3
BBergG ausdrücklich vorsieht - als solche der selbständigen Prüfung im Rahmen der
notwendigen wasserrechtlichen Verfahren vorbehalten.
188
(bbb) Überdies hat die Beklagte in der mündlichen Verhandlung den
Planfeststellungsbeschluss mit Billigung der Beigeladenen geändert und nunmehr in
Form der Nebenbestimmung 1.3.13 ausdrücklich geregelt, dass der Beginn des Abbaus
die Verwirklichung der wasserrechtlich notwendigen Maßnahmen voraussetzt. Zuvor
war dieser Passus nur als Hinweis (vgl. 1.4.2) aufgenommen. Diese verbindliche
Verkoppelung des Bergrechts mit dem Wasserrecht hält der Senat - wie dargelegt -
189
unter dem Gesichtspunkt der Konfliktbewältigung für angezeigt. Die Notwendigkeit folgt
im Übrigen auch aus der Funktion des Rahmenbetriebsplans als Kontrollinstrument der
Bergbehörde. Insbesondere angesichts seiner langen Laufzeit von hier immerhin
siebzehn Jahren, aber auch wegen der bergbautypischen Unsicherheiten des
Abbauverlaufs muss es ihr möglich sein, auf Veränderungen nachträglich reagieren zu
können, d.h., das Bergamt muss trotz der Zuständigkeit der Wasserbehörden für den
ausgelagerten Teil das Gesamtvorhaben einschließlich der abbaubedingten
Folgemaßnahmen auf den nachfolgenden Ebenen des Betriebsplanverfahrens
weiterhin federführend unter Kontrolle behalten. Dem dagegen in der mündlichen
Verhandlung von der Klägerin erhobenen Einwand, erfahrungsgemäß nehme die
Bergbehörde ihre diesbezügliche Verantwortung auf den dem Rahmenbetriebsplan
nachfolgenden Ebenen rein tatsächlich nicht war, dazu fehle es schon an ausreichender
Verwaltungskapazität, sind die Beklagte und die Beigeladene unter Nennung
verschiedener Beispiele substantiiert entgegengetreten. Ohnedies ist zu beachten, dass
die Einzelheiten der konkreten Umsetzung der Vorgaben des Rahmenbetriebsplans in
den zukünftigen, den Abbau erst gestattenden Betriebsplänen nicht Streitgegen-stand
dieses Verfahrens sind, weil sich die feststellende Wirkung des
Planfeststellungsbeschlusses auf die rechtlich verbindliche Verkoppelung des
Bergrechts mit dem Wasserrecht beschränkt.
(c) Die Klägerin macht in der Sache weiterhin geltend, durch das Vorhaben in ihrem so
genannten Selbstgestaltungsrecht beeinträchtigt zu sein. In der Rechtsprechung des
Bundesverwaltungsgerichts ist anerkannt, dass dieses Recht in den Schutzbereich der
Selbstverwaltungsgarantie des Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG fällt. Abwehransprüche
erwachsen aus ihm aber allenfalls dann, wenn die Gemeinde durch Maßnahmen
betroffen wird, die das Ortsbild entscheidend prägen und hierdurch nachhaltig auf das
Gemeindegebiet und die Entwicklung der Gemeinde einwirken,
190
BVerwG, Beschluss vom 15. April 1999 - 4 VR 18.98 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr.
151, m.w.N.,
191
wobei zusätzlich die oben genannten Einschränkungen zu berücksichtigen sind, die
sich aus den bergrechtlichen Besonderheiten - insbesondere unter dem Gesichtspunkt
der Situationsgebundenheit - ergeben.
192
Dass die Klägerin danach von Folgen des unterirdischen Steinkohlebergbaus betroffen
wird, die über das übliche Maß hinausgehen, ist nicht substantiiert vorgetragen. Insoweit
beschränkt sich ihr Vortrag auf die Behauptung, das Rheindorf N. sei von
ortsgeschichtlicher Bedeutung, deshalb sähe der einschlägige Bebauungsplan eine
Entwicklung des Ortsbildes vor, ohne hinreichend deutlich zu machen, aus welchen
über die Entstehung von situationsgebundenen Bergschäden hinausgehenden Gründen
nachhaltig auf das Gemeindegebiet eingewirkt wird. Die Klägerin hat auch weiterhin die
Möglichkeit, das Ortsbild nach ihren planerischen Vorstellungen zu gestalten.
193
(d) Auch die von der Klägerin geltend gemachte Beeinträchtigung ihrer Finanzhoheit mit
der Begründung, durch Bergsenkungen würden Infrastruktureinrichtungen wie Kanäle
und Straßen zerstört, fällt in den Schutzbereich des Selbstverwaltungsrechts.
194
Für das Fachplanungsrecht hat das Bundesverwaltungsgericht für einen Eingriff in die
verfassungsrechtlich geschützte kommunale Finanzhoheit jedenfalls die Darlegung und
den Nachweis gefordert, dass der finanzielle Spielraum der Gemeinde nachhaltig in
195
nicht mehr zu bewältigender und hinzunehmender Weise eingeengt wird.
BVerwG, Beschluss vom 30. Juli 2004 - 5 B 68.04 -, Jurisdokument, sowie Urteil vom
18. Juni 1997 - 11 A 65.95 -, Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 27 (141).
196
Als Mindestvoraussetzung für die Möglichkeit einer Rechtsverletzung ist damit geklärt,
dass ein qualifizierter Ursachenzusammenhang im Sinne einer notwendigen Folge
zwischen der anzugreifenden, Dritte betreffenden Maßnahme und den finanziellen
Interessen des Selbstverwaltungsträgers bestehen muss und die möglichen finanziellen
Auswirkungen ein nicht mehr zu bewältigendes Maß erreichen müssen.
197
Vgl. Vallendar, UPR 2003, 41 (44), m.w.N.
198
Daran fehlt es bereits deshalb, weil die Klägerin unter dem Gesichtspunkt der
Finanzhoheit auf die Art und Weise der Regulierung bergbaubedingter Schäden abstellt
und damit die Frage der Bergschadenshaftung (§§ 114 ff. BBergG) aufwirft. Zur Frage
der Bergschadenshaftung werden nach § 57a Abs. 4 Satz 2 erster Halbsatz BBergG mit
dem Planfeststellungsbeschluss aber gerade keine Regelungen getroffen. Die
Gestaltungswirkung der Planfeststellung nach § 75 Abs. 1 Satz 2 VwVfG (NRW) entfällt
insoweit.
199
Vgl. Gaentzsch, Die bergrechtliche Planfeststellung, in: Festschrift Sendler, München
1991, S. 403 (416), unter Hinweis auf BT-Drucks. 11/4015, S. 12.
200
Abgesehen davon hat die Klägerin auch nicht substantiiert dargetan, dass ihre
Finanzhoheit durch das planfestgestellte Vorhaben im Sinne der oben genannten
strengen Kriterien beeinträchtigt wird. Sie hat zwar eine Aufstellung über die aus ihrer
Sicht durch Bergsenkungen betroffenen Kanäle und Straßen vorgelegt, sie aber nicht an
die durch die Protokollerklärung der Beigeladenen veränderten Verhältnisse angepasst.
Mit der Verringerung der Abbautätigkeit unter dem Gemeindegebiet ist zwangsläufig
eine erhebliche Verringerung des Gefahrenpotentials und der möglichen
Instandsetzungskosten verbunden. Die Unterstellung, das Kanalisationssystem müsse
bergbaubedingt komplett erneuert werden, ist damit schon aus tatsächlichen Gründen
überholt.
201
(e) Die sonstigen von der Klägerin geltend gemachten Belange werden durch den
Schutzbereich des Selbstverwaltungsrechts nicht erfasst und verschaffen ihr deshalb
keine wehrfähige Rechtsposition.
202
(aa) Die von der Klägerin kritisierte Beeinträchtigung ihrer Wirtschafts- und
Sozialstruktur ist nicht geeignet, ihrer Klage zum Erfolg zu verhelfen. Nach der
Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist eine Gemeinde nicht befugt, die
allgemeinen Auswirkungen eines Vorhabens auf die gemeindliche Wirtschaftsstruktur
als eigene Rechtsbeeinträchtigung geltend zu machen. Denn die Wirtschaftsstruktur
einer Gemeinde wird von vielfältigen Faktoren bestimmt und beeinflusst, die jedoch
nicht sämtlich speziell dem Selbstverwaltungsrecht der Gemeinde zugeordnet sind. Nur
soweit eine Maßnahme der Fachplanung, die nennenswerte Auswirkungen auf die
Wirtschaftsstruktur einer Gemeinde hat, zugleich auch rechtserhebliche Auswirkungen
auf die dem Selbstverwaltungsrecht zugeordnete Planungshoheit der Gemeinde hat,
kann sich diese unter diesem Gesichtspunkt gegen eine Fachplanung auf ihrem Gebiet
wehren.
203
BVerwG, Urteil vom 12. Dezember 1996 - 4 C 14.95 -, Buchholz 11 Art. 28 GG Nr. 107.
204
Das ist aber - wie oben bereits ausgeführt - nicht der Fall.
205
(bb) Belange des Denkmalschutzes und des ortsgeschichtlichen Erhaltungsinteresses
unterliegen ebenfalls nicht dem Schutz des Selbstverwaltungsrechts. Die Klägerin ist
zwar als untere Denkmalbehörde für den Denkmalschutz zuständig. Dabei handelt es
sich aber allein um eine staatliche, nicht um eine Aufgabe der Daseinsvorsorge.
206
B. Hilfsanträge
207
Die Hilfsanträge waren ebenfalls abzulehnen. Ein Anspruch auf die mit den
Hilfsanträgen begehrte Beschränkung des Abbaus und die Regelung konkreter
Vorgaben hinsichtlich der Abbauführung bzw. des Hochwasserschutzes bereits auf
Rahmenbetriebsplanebene ist schon deshalb ausgeschlossen, weil die Klägerin - wie
unter A. ausgeführt - weder durch die Zulassung des Abbaus noch wegen der auf die
Machbarkeit beschränkten Prüfung des erforderlichen Hochwasserschutzes in eigenen
Rechten verletzt ist.
208
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, die
Erstattungsfähigkeit der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen auszusprechen,
weil sie sich mit der Antragstellung einem Kostenrisiko ausgesetzt hat (vgl. §§ 154 Abs.
3, 162 Abs. 3 VwGO). Die weiteren Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 167
VwGO, 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
209
Die Revision ist wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen (§ 132
Abs. 2 Nr. 1 VwGO), um über den Fall hinaus zu klären, ob die Rechtsprechung des
Bundesverwaltungsgerichts zum Rechtsschutz bei Verstößen gegen das
Verfahrensrecht wegen der geänderten gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben zu
modifizieren ist und ob bei Folgemaßnahmen nach § 57b Abs. 3 Satz 3 BBergG eine
Beschränkung des behördlichen Prüfungsumfangs auf die Machbarkeit unter dem
Gesichtspunkt der Konfliktbewältigung zulässig ist.
210