Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 09.05.2007
OVG NRW: libanon, aufrechterhaltung der ordnung, achtung des privatlebens, integration, emrk, eltern, abschiebung, anfang, ausländer, familie
Oberverwaltungsgericht NRW, 3 B 247/02
Datum:
16.09.2003
Gericht:
Oberverwaltungsgericht NRW
Spruchkörper:
3. Senat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
3 B 247/02
Vorinstanz:
Verwaltungsgericht Arnsberg, 6 L 1187/01
Tenor:
Die Beschwerde wird auf Kosten des Antragsgegners zurückgewiesen.
Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 1.948,76 Euro
(3.811,45 DM) festgesetzt.
G r ü n d e :
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Die Beschwerde ist zulässig. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin ist die
Beschwerde insbesondere nicht wegen einer mit dem Antragsgegner getroffenen
Verfahrensabrede unzulässig, da der Senat die von der Antragstellerin behauptete
Verabredung, die einer Beschwerdeeinlegung entgegengehalten werden könnte, in
dem hierfür angegebenen Schriftwechsel vom 17./28. Mai 2001 nicht zu finden vermag.
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Die Beschwerde ist aber nicht begründet.
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Der Senat vermag zunächst nicht der Auffassung des Antragsgegners zu folgen, seine
Beschwerde müsse schon deswegen Erfolg haben, weil der beim Verwaltungsgericht
angebrachte Aussetzungsantrag mangels der nach § 80 Abs. 6 Satz 1 VwGO
erforderlichen Vorbefassung der Abgabenbehörde mit dem Aussetzungsbegehren
unzulässig wäre. Mit dem Verwaltungsgericht ist der Senat vielmehr der Auffassung,
dass die Antragstellerin vor der Anrufung des Gerichts keinen weiteren
Aussetzungsantrag beim Antragsgegner stellen musste, nachdem dieser zunächst dem
Aussetzungsantrag der Antragstellerin unter Wiederrufsvorbehalt entsprochen, die
Aussetzung aber dann im Widerspruchsbescheid vom 20. August 2001 rückwirkend
zum 23. März 2001 widerrufen hatte.
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Vgl. Redeker/von Oertzen, Komm. zur VwGO, 13. Aufl., § 80 Rn. 40; vgl. auch den in
einem Verfahren gleichen Rubrums ergangenen Beschluss des OVG Münster vom 13.
März 2002 - 15 B 155/02 - mit Hinweis auf dessen Beschluss vom 29. Dezember 1994 -
15 B 2084/94 -.
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Die Beschwerde ist auch nicht begründet, soweit sie sich in der Sache gegen die vom
Verwaltungsgericht getroffene Aussetzungsentscheidung richtet, weil die summarische
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Beurteilung des Verwaltungsgerichts durch die vom Antragsgegner vorgetragenen, vom
Senat allein zu prüfenden Gründe (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO) nicht erschüttert wird.
Das Verwaltungsgericht hat ausgeführt, die Annahme des Antragsgegners, auch das
hinten liegende Flurstück 1728 werde durch die Straße erschlossen i. S. v. § 131 Abs. 1
BauGB, begegne so erheblichen Bedenken, dass ernstliche Zweifel an der
Rechtmäßigkeit des Beitragsbescheides bestünden, soweit er sich auf das Flurstück
1728 bezieht. Zunächst hat es - entsprechend dem Vorbringen beider Beteiligter - die
Existenz einer Zufahrt von der Straße über das gleichfalls der Antragstellerin gehörende
Anliegerflurstück 1727 zum Flurstück 1728 und damit diesen denkbaren Fall einer
Hinterliegererschließung verneint. Sodann hat es die Bebauung beider Flurstücke mit
einem bzw. zwei Mehrfamilienhäusern in den Blick genommen und dabei insbesondere
darauf abgestellt, die Wohnnutzung jedes der beiden Flurstücke beschränke sich auf
das jeweilige Grundstück; die beiden Grundstücke stellten sich als gleichartig, jeweils
eigenständig genutzte Grundstücke dar, zumal die Antragstellerin unwidersprochen
vorgetragen habe, die Erschließung des Flurstücks 1728 erfolge ausschließlich von der
Straße aus, und gegenteilige Anhaltspunkte nicht aufgezeigt worden seien. Der
Antragsgegner setzt dem in seiner Beschwerdebegründung vom 15. Februar 2002
lediglich entgegen, eine einheitliche Grundstücksnutzung ergebe sich aus dem
Umstand, dass es sich um eine einheitliche Wohnbebauung handele ("Block III"), die
entsprechend der unter dem 25. Juli 1957 erteilten Genehmigung eines
Mehrfamilienhauses geschaffen worden sei, und dem weiteren Umstand, dass die
tatsächliche Erschließung des Wohnkomplexes von beiden Erschließungsanlagen aus
im vollen Umfang gleichwertig stattfinde, indem eine durchgehende
Fußwegeverbindung dies ermögliche.
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Der Senat kann offenlassen, ob in diesem Vorbringen eine ausreichende
Auseinandersetzung mit der angefochtenen Entscheidung und Darlegung der
Beschwerdegründe i.S.v. § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO zu sehen ist.
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Vgl. zur Auslegung dieser Norm VGH Mannheim, Beschluss vom 1. Juli 2002 - 11 S
1293/02 -, NVwZ 2002, 1388, und VGH München, Beschluss vom 16. Januar 2003 - 1
CS 02.1922 -, NVwZ 2003, 632 (jeweils m.w.N.).
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Denn jeder der beiden genannten Einwände des Antragsgegners erscheint nicht
geeignet, die Einschätzung des Verwaltungsgerichts zu erschüttern. Seine
Argumentation mit der Baugeschichte ist hierfür schon deshalb ungeeignet, weil es nach
der einschlägigen, vom Verwaltungsgericht angeführten Rechtsprechung auf die bei
Entstehung der Beitragspflicht gegebenen Verhältnisse und somit auf zurückliegende
Vorgänge nur insoweit ankommt, als sie in diesem Zeitpunkt noch fortwirken. Mit dem
Hinweis auf eine zwischen beiden Straßen durchgehende Fußwegeverbindung hat der
Antragsgegner zwar ein im vorliegenden Zusammenhang beachtliches
Gestaltungselement angesprochen. Ein solches Gestaltungselement ist aber in der
höchstrichterlichen Rechtsprechung lediglich als ein Element angesehen worden, das
im Zusammenwirken mit weiteren Elementen geeignet sein kann, die Grenze zwischen
zwei Grundstücken desselben Eigentümers zu verwischen und dadurch eine
Erschließung auch des Hinterliegergrundstücks herbeizuführen.
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Vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Mai 1997 - 8 C 27.96 -, HSGZ 1997, 462.
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Der Hinweis auf eine durchgehende Fußwegeverbindung vermag deshalb die
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summarische Beurteilung des Verwaltungsgerichts nicht zu erschüttern, zumal er nicht
von einer Auseinandersetzung mit den detaillierten Darlegungen des
Verwaltungsgerichts zur tatsächlichen Gestaltung der beiden Grundstücke der
Antragstellerin begleitet wird. Bei diesem Verfahrensstand kann der Frage, ob die
Flurstücke 1727 und 1728 der Antragstellerin einheitlich genutzt werden,
vgl. zu einer einheitlichen Nutzung mehrerer Grundstücke durch Mietwohnungen
BVerwG, Urteil vom 27. Mai 1981 - 8 C 9.81 -, Buchholz 406.11 § 131 BBauG Nr. 38,
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und der weiteren Frage, ob die vom Verwaltungsgericht angeführte Rechtsprechung zur
"einheitlichen Nutzung" möglicherweise durch Rechtsprechung des
Bundesverwaltungsgerichts modifiziert worden ist, die in anderem Zusammenhang
ergangen ist,
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vgl. Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 6. Aufl. § 17 Rn. 78, mit Hinweis auf
BVerwG, Urteil vom 26. Februar 1993 - 8 C 35.92 -, NVwZ 1993, 1206
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erst im Hauptsacheverfahren nachgegangen werden.
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Die Nebenentscheidungen beruhen auf § 154 Abs. 2 VwGO, §§ 13 Abs. 1, 14 Abs. 1, 20
Abs. 3 GKG.
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Dieser Beschluss ist unanfechtbar.
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