Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 24.06.2004

OVG NRW: bebauungsplan, anwohner, gemeinde, versickerung, juristische person, subjektives recht, landrat, landschaftsplan, bach, acker

Oberverwaltungsgericht NRW, 7a D 61/03.NE
Datum:
24.06.2004
Gericht:
Oberverwaltungsgericht NRW
Spruchkörper:
7a Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
7a D 61/03.NE
Tenor:
Der Normenkontrollantrag wird abgelehnt.
Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens als
Gesamtschuldner.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
1
Die Antragsteller wenden sich gegen den Bebauungsplan Nr. 73 "Am B. Pfad" der
Antragsgegnerin. Sie sind Eigentümer eines nordwestlich an das Plangebiet
angrenzenden, mit einem Wohngebäude bebauten Grundstücks.
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Der angegriffene Bebauungsplan erfasst ein ca. 143.000 qm großes Areal im Osten des
Stadtgebiets von Q. . Die Grenze seines Geltungsbereichs verläuft im Nordwesten und
Nordosten parallel zur B. -L. -Straße, N. -N. -Straße, L. -L. -Straße und zu deren
gedachten Verlängerung Richtung Nordosten. Die Grundstücke zwischen den
genannten Straßen und dem Plangebiet liegen im angrenzenden Geltungsbereich des
Bebauungsplans Nr. 33 und sind im Wesentlichen bebaut. Der Geltungsbereich des
Bebauungsplans Nr. 73 erfasst im Osten die in diesem Bereich in einem leichten Bogen
von Nord nach Süd verlaufende Kreisstraße 9 (K 9) und endet im Süden am Q. Bach.
Die südwestliche Grenze des Plangebiets bilden die bebauten Grundstücke entlang der
östlich Straßenseite des P. ring . Etwa im Zentrum des Geltungsbereichs des
Bebauungsplans ist eine aufgeweitete öffentliche Verkehrsfläche festgesetzt. Das
Plangebiet wird in erster Linie nach Osten über eine zu errichtende Brücke über den L.
Randkanal mit Anschluss an die K 9 erschlossen. Im östlichen Teil, abgegrenzt von dem
westlichen Teil insbesondere durch festgesetzte Grünflächen und die genannte zentrale
Aufweitung der Verkehrsflächen, schließt eine Planstraße an die von Norden
kommende von-C. -Straße an. Außerdem sind Richtung Norden zwei (untergeordnete)
Anbindungen an die N. -N. -Straße und - im westlichen Teil des Plangebiets - an die N. -
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K. -Straße festgesetzt. Im westlichen Bereich des Bebauungsplans bilden die
festgesetzten Verkehrsflächen fünf aneinanderliegende Rechtecke, wobei die
südwestlichen Seiten des zweiten und des vierten Rechtecks durch Fußwege gebildet
werden. Beidseits der Verkehrsflächen sind durch Baugrenzen bestimmte überbaubare
Grundstücksflächen festgesetzt, auf denen Einzel- und Doppelhäuser bzw.
Doppelhäuser und Hausgruppen errichtet werden dürfen. Etwa zwei Drittel (ca. 200 m)
der von Südosten nach Nordwesten verlaufenden Verkehrsfläche, beginnend an der
oben genannten zentralen Aufweitung, sind - uneingeschränkt - als öffentliche
Verkehrsfläche ausgewiesen (Planstraßen II/A und III/A). Die restlichen Verkehrsflächen
im westlichen Teil des Bebauungsplans sind als öffentliche Verkehrsfläche besonderer
Zweckbestimmung (verkehrsberuhigter Bereich) festgesetzt. Eine direkte Verbindung für
den Kfz- Verkehr zum Ostring ist nicht vorgesehen. Als Art der baulichen Nutzung setzt
der Bebauungsplan im Wesentlichen allgemeine Wohngebiete sowie eine Fläche für
den Gemeinbedarf (Kindertagesstätte) fest. Entlang der K 9 und des L. Randkanals
sowie auf einigen Flächen im Innenbereich sind öffentliche Grünflächen ausgewiesen.
Im westlichen Teil des Bebauungsplans sind neben einer Kindertagesstätte nach den
Vorschlägen in der Planurkunde zur Grundstücksteilung ca. 100 "Hauseinheiten"
vorgesehen, in denen nach Ziffer 4.1 der textlichen Festsetzungen maximal je zwei
Wohneinheiten zulässig sind. Das Maß der baulichen Nutzung wird durch die
Festsetzung einer Grundflächenzahl von 0,4 und - in voneinander abgegrenzten
Bereichen - von ein oder (teilweise zwingend) zwei Vollgeschossen sowie von
Höchstmaßen der Trauf- und Firsthöhen bestimmt.
Die textlichen Festsetzungen regeln u.a. unter Nr. 9.10, dass im Rahmen der
Reduzierung der negativen ökologischen Folgen der Bebauung eine weitgehende
Versickerung des Regenwassers angestrebt wird. Die Nr. 9.10.1 bis 9.10.3 enthalten
hierzu getrennt nach den betroffenen Flächen einzelne Festsetzungen. Darüber hinaus
trifft der Bebauungsplan gestalterische Festsetzungen nach § 86 BauO NRW i.V.m. § 9
Abs. 4 BauGB.
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Das Aufstellungsverfahren nahm im Wesentlichen folgenden Verlauf:
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Der Stadtplanungsausschuss der Antragsgegnerin beschloss am 18. Oktober 2000 die
Aufstellung des Bebauungsplans. Zusammen mit einem privaten Investor führte die
Antragsgegnerin einen städtebaulichen und landschaftsplanerischen
Realisierungswettbewerb durch. Auf der Grundlage dessen Ergebnisses fand eine
frühzeitige Bürgerbeteiligung statt; hierbei wurden drei Varianten eines
Verkehrskonzepts dargelegt. Träger öffentlicher Belange wurden beteiligt. Der Landrat
des (damaligen) F. (heute: S. -F. ) wies u.a. darauf hin, dass der südliche Teil des
Bebauungsplans im Landschaftsplan 7 liege - dieser stellt in diesem Bereich das
Entwicklungsziel "Erhaltung einer im ganzen erhaltungswürdigen Landschaft mit
naturnahen Lebensräumen und mit gliedernden und belebenden Elementen" dar -; die
vorgesehene Erschließung zur K 9 stoße auf landschaftspflegerische Bedenken; daher
werde angeregt, das Baugebiet von Norden her über das angrenzende Gebiet des
Bebauungsplans Nr. 33 zu erschließen. Das Staatliche Umweltamt L. erhob
abwassertechnische Bedenken, weil das Niederschlagswasser in den Q. Bach geleitet
werden sollte. Die Anregungen und Einwendungen von Bürgern bezogen sich im
Wesentlichen auf die verschiedenen denkbaren Verkehrsanbindungen des Plangebiets
an die angrenzenden Wohngebiete. Der Stadtplanungsausschuss beschloss in einer
Sondersitzung, in der auch zahlreiche Anwohner zu Wort kamen, den Entwurf des
Bebauungsplans nebst Begründung öffentlich auszulegen. Nach Bekanntmachung am
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23. Dezember 2002 fand die Offenlage vom 7. Januar bis zum 7. Februar 2003 statt.
Wieder gingen Anregungen und Bedenken von Bürgern insbesondere zu der
verkehrlichen Anbindung und der Behandlung des Abwassers ein. Die
Prozessbevollmächtigten der Antragsteller regten für mehrere Anwohner der B. - L. -
Straße und der N. -K. -Straße an, die Anbindung für den Kfz-Verkehr solle alternativ
über eine Verlängerung der B. -L. -Straße, von der P. straße kommend, in das
Neubaugebiet hergestellt werden; nach dem ersten nördlichen Quartier solle der Kfz-
Verkehr abgebunden werden. Träger öffentlicher Belange wurden erneut beteiligt. Der
Landrat des F. nahm mit Schreiben vom 6. Februar 2003 Stellung "aus der Sicht als
Baulastträger für die K 9", verwies wegen "der schutzwürdigen Böden und des Eingriffs"
auf seine frühere Stellungnahme und erhob aus Sicht des Naturschutzes und der
Landschaftspflege grundsätzliche Bedenken gegen die ökologische Bilanzierung,
insbesondere gegen die Bewertung der vorhandenen Ackerflächen. Als untere
Wasserbehörde stimmte er grundsätzlich der Zielsetzung zur Versickerung des
Regenwassers zu; allerdings sei die obligatorische Niederschlagswasserbeseitigung
auf den kleinen Baugrundstücken nicht angemessen. Die Stellungnahme endet wie
folgt: "Aus den o.g. Gründen stimme ich der vorgesehenen Planung nicht zu. Ich rege
an, die vorgesehene Niederschlagswasserbeseitigung angemessen zu korrigieren und
im Bebauungsplan ggf. entsprechend festzusetzen." Das Staatliche Umweltamt L. regte
schließlich mit Schreiben vom 18. März 2003 an, die befestigten Flächen auf den
Privatgrundstücken müssten versiegelt und das darauf anfallende Regenwasser zu den
Mulden mit belebter Bodenzone geleitet werden; eine Versickerung über diese Mulden
werde einer Einleitung in den Q. Bach vorgezogen.
Der Stadtplanungsausschuss befasste sich am 19. März 2003 mit den eingegangenen
Anregungen und Bedenken, soweit sie sich nicht zu der Entwässerung des
Oberflächenwassers verhielten. Im Übrigen leitete er den Entwurf des Bebauungsplans
ohne Beschlussempfehlung an den Rat weiter.
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Der Rat setzte sich am 3. Juni 2003 mit allen eingegangenen Eingaben der Träger
öffentlicher Belange und der Bürger auseinander und beschloss - ohne Änderung der
geplanten Niederschlagswasserbeseitigung - den mit einer Begründung versehenen
Bebauungsplan einschließlich der örtlichen Bauvorschriften als Satzung. Der
Satzungsbeschluss wurde am 30. Juni 2003 öffentlich bekannt gemacht.
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Die Antragsteller haben am 1. August 2003 den vorliegenden Normenkontrollantrag
gestellt.
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Zur Begründung tragen sie vor, die nächstgelegene Zufahrt vom Plangebiet ins
Stadtzentrum von Q. erfolge über die teilweise verkehrsberuhigte B. -L. - Straße und die
verkehrsberuhigte N. -K. -Straße. Ursprünglich sei diese Verbindung nur als Fuß- und
Radweg vorgesehen gewesen. Durch den zusätzlichen Verkehr werde der vorhandene
verkehrsberuhigte Bereich gefährdet. Es gebe alternative Verkehrsführungen, die
weitaus näher lägen, weit weniger belastend und deutlich kürzer seien. Damit würden
weit weniger Anwohner auch des Neubaugebiets belastet. Sie, die Antragsteller,
befürchteten eine Zunahme des Autoverkehrs und damit verbunden eine unzumutbare
Zunahme von Verkehrslärm. Die festgesetzte Verbindung der Planstraße I/B mit der N. -
K. -Straße mache diese und den westlichen Teil der B. -L. -Straße zu einer
Durchgangsstraße für die Anbindung des Plangebiets. Hierdurch werde die Wohnruhe
und die Sicherheit der Anwohner beeinträchtigt. Die von ihnen aufgezeigte
Planalternative biete sich nach Lage der Dinge an oder dränge sich sogar auf. Durch die
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vorgeschlagene Alternative werde das Neubaugebiet umwegfrei und verkehrsteilend
erschlossen; eine Verbindung zwischen P. straße und K 9 werde vermieden. Außerdem
würden weniger Anwohner von dem Verkehrslärm betroffen. Entgegen der Ansicht der
Antragsgegnerin bedeute die Alternative keine Abkürzung und sei nicht zu attraktiv.
Bereits die getroffenen Festsetzungen des Bebauungsplans veränderten die Hierarchie
der Wohn- und Sammelstraßen, wie sie ursprünglich vorgesehen gewesen sei. Die als
Wohnstraße konzipierte Planstraße I/B werde faktisch zu einer Sammelstraße.
Außerdem werde es an der Kreuzung B. -L. -Straße/von- C. -Straße zu unzumutbaren
Mehrbelastungen durch die festgesetzte Anbindung kommen. Ihre, der Antragsteller,
Wohnruhe sei nicht ausreichend in die Abwägung eingestellt worden. Die
Antragsgegnerin sei davon ausgegangen, durch die Öffnung der N. -K. -Straße hätten
nur 20 bis 30 Wohneinheiten verkehrliche Vorteile. Tatsächlich seien allein im
nördlichen der sechs neuen Quartiere 70 bis 90 Wohneinheiten festgesetzt. Entgegen
der Begründung des Bebauungsplans sei die Verbindung Richtung Stadtzentrum über
die K 9 nicht attraktiver als durch die verkehrsberuhigten Bereiche. Die Fahrt durch das
Plangebiet Nr. 33 sei kürzer und deshalb naheliegend. Auch finde keine Kompensation
des zusätzlichen Verkehrs dadurch statt, dass Bewohner des Plangebietes Nr. 33 die
Straßen des Plangebietes Nr. 73 benutzen würden. Die diesbezügliche Ansicht der
Antragsgegnerin werde der geographischen Lage der beiden Gebiete nicht gerecht. In
der Sitzung des Stadtplanungsausschusses am 11. Dezember 2002 sei der Anregung
des F. , das Plangebiet ausschließlich über den Bebauungsplan Nr. 33 anzubinden, u.
a. mit der Begründung entgegengetreten worden, die dortige Verkehrssituation sei
schon heute angespannt. Die Planungsleitlinie des § 1 Abs. 5 Nr. 2 (wohl gemeint: Satz
2 Nr. 1) BauGB sei nicht ausreichend berücksichtigt worden. Vorliegend gehe es auch
nicht um eine Anbindung von 5 bis 10 Wohneinheiten an die verkehrsberuhigte N. - K. -
Straße. Vielmehr sei für ca. 150 Wohneinheiten dieser Weg der kürzeste Weg zur
Innenstadt von Q. . Hierdurch werde es zu einer erheblichen Verkehrsvermehrung mit
Lärmbelastungen und Verkehrsgefährdungen kommen. Mit dieser Frage habe sich der
Gutachter nicht beschäftigt und im Übrigen nur den Verkehr zwischen 9.00 Uhr und
15.00 Uhr in seine Berechnung eingestellt. Ein von den Antragstellern eingeholtes
Sachverständigengutachten vom 5. Mai 2004 des Dr.- Ing. I. komme zum Ergebnis, die
Funktion der N. -K. -Straße und der sonstigen Straßen im Bebauungsplangebiet 33 sei
nicht ordnungsgemäß in die Abwägung eingestellt und die Zahlen für die
Verkehrsbelästigung seien zu niedrig angesetzt worden. Die Höchstgrenze für die
Belastbarkeit verkehrsberuhigter Bereiche werde um 87% überschritten. Die
Beschränkung der Erschließungsfunktion von verkehrsberuhigten Verkehrsflächen auf
Anlieger werde vorliegend gefährdet und auf den Kopf gestellt. Auch die Belange des §
1 a Abs. 2 Nr. 3 (gemeint: Nr. 2) BauGB seien im falschen Umfang in die Abwägung
eingestellt worden. Der Bebauungsplan sei schließlich fehlerhaft, soweit er eine
dezentrale Versickerung des Niederschlagswassers festsetze. Es sei offen, ob die
erforderliche Zustimmung des Staatlichen Umweltamtes vorliege.
Die Antragsteller beantragen,
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den Bebauungsplan Nr. 73 "Am B. Pfad" der Antragsgegnerin für nichtig zu erklären.
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Die Antragsgegnerin beantragt,
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den Antrag abzulehnen.
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Zur Begründung führt sie aus, es bestünden Zweifel an der Antragsbefugnis der
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Antragsteller, deren Vertrauen auf den Fortbestand einer bestimmten Verkehrslage nicht
schutzwürdig sei. Die von den Antragstellern geltend gemachten Abwägungsfehler
lägen nicht vor. Auf die Anregungen der Antragsteller zur alternativen
Verkehrserschließung sei ausführlich eingegangen worden. Das mit dieser Alternative
verbundene Ziel einer umwegfreien und verkehrsverteilenden Erschließung solle
gerade vermieden werden, um keine Schleichverkehre zu erzeugen. Die Anbindung
über die N. -K. -Straße stelle sich als beste Alternative dar, da sie für die nicht direkten
Anlieger keine sinnvolle Variante zur gedachten Verbindung über die K 9 darstelle.
Wegevorteile ergäben sich nur für ca. 20 bis 30 neue Wohneinheiten. Hinzu kämen die
Fahrtbeziehungen durch die neue Verbindung aus dem Bereich des Bebauungsplans
Nr. 33 nach Süden. Das von ihr, der Antragsgegnerin, eingeholte Verkehrsgutachten
belege, dass von einer Störung der Wohnruhe keine Rede sein könne. Im Rahmen der
Abwägung über die naturschutzrechtliche Eingriffs/Ausgleichsberechnung werde seit
vielen Jahren das Verfahren B. /O. /W. herangezogen. Die Genehmigung des
Staatlichen Umweltamtes L. für die Versickerung von Niederschlagswasser liege mit
dessen Schreiben vom 18. März 2003 vor. Die Grenzen der im Landschaftsplan 7
nachrichtlich dargestellten Wohnbauflächen seien im südlichen Bereich noch nicht dem
Bebauungsplan angepasst worden. Allerdings gebe es keine Festsetzungen des
Landschaftsplans, die einer Wohnbebauung entgegenstünden. Mit dem Schreiben vom
6. Februar 2003 habe der (damalige) F. als Träger der Landschaftsplanung dem
Bebauungsplan nicht widersprochen. Dies bestätige der Landrat des S. -F. -Kreis mit
dem vorgelegten Schreiben vom 25. Mai 2004.
Einen Antrag der Antragsteller auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 47
Abs. 6 VwGO hat der Senat mit Beschluss vom 10. Dezember 2003 abgelehnt - 7a B
2241/03.NE -.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der
Gerichtsakten des vorliegenden und des Verfahrens 7a B 2241/03.NE sowie der
vorliegenden Aufstellungsvorgänge und Pläne ergänzend Bezug genommen.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
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Der Normenkontrollantrag ist zulässig.
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Insbesondere sind die Antragsteller antragsbefugt. Nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO kann
den Normenkontrollantrag gegen einen Bebauungsplan jede natürliche oder juristische
Person stellen, die geltend macht, durch den Bebauungsplan oder dessen Anwendung
in ihren Rechten verletzt worden zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden.
Dabei sind an die Geltendmachung einer Rechtsverletzung nach § 47 Abs. 2 Satz 1
VwGO keine höheren Anforderungen zu stellen als nach § 42 Abs. 2 VwGO. Ein
Antragsteller genügt seiner Darlegungspflicht, wenn er hinreichend substanziiert
Tatsachen vorträgt, die es zumindest als möglich erscheinen lassen, dass er durch
Festsetzungen des Bebauungsplans in einem eigenen Recht verletzt wird. Als solches
Recht kommt auch das Recht auf Abwägung der eigenen Belange im Rahmen der
Abwägung nach § 1 Abs. 6 BauGB in Betracht, das dem Privaten ein subjektives Recht
darauf gibt, dass sein Belang in der Abwägung seinem Gewicht entsprechend
abgearbeitet wird.
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Vgl. BVerwG, Urteil vom 24. September 1998 - 4 CN 2.98 -, BRS 60 Nr. 46; Urteil vom
26. Februar 1999 - 4 CN 6.98 -, BRS 62 Nr. 48.
21
Dabei muss der Antragsteller allerdings einen eigenen Belang als verletzt benennen,
der für die Abwägung überhaupt zu beachten war, der also in der konkreten
Planungssituation einen städtebaulich relevanten Bezug hat. Nicht abwägungsrelevant
sind geringwertige Interessen sowie solche Interessenlagen, auf deren Beachtung kein
schutzwürdiges Vertrauen besteht, oder solche, die für die Gemeinde bei der
Entscheidung über den Plan nicht erkennbar waren.
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Vgl. BVerwG, Urteil vom 9. März 1999 - 4 CN 18.98 -, BRS 62 Nr. 54.
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Es richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles, ob eine planbedingte Zunahme
des Straßenverkehrslärms - aus der die Antragsteller vorliegend ihre Antragsbefugnis
ableiten - zum notwendigen Abwägungsmaterial gehört.
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Vgl. BVerwG, Urteil vom 17. September 1998 - 4 CN 1.97 -, BRS 60 Nr. 45; Beschluss
vom 9. Februar 1995 - 4 NB 17.94 -, BRS 57 Nr. 42.
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Nach Maßgabe dieser Kriterien haben die Antragsteller, deren Grundstück sowohl an
den Geltungsbereich des angegriffenen Bebauungsplans als auch an die N. - K. -Straße
und die B. -L. -Straße angrenzt, eine mögliche Verletzung eigener Rechte in
hinreichendem Umfang substanziiert geltend gemacht.
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Es erscheint nicht von vorneherein ausgeschlossen, dass die planbedingte Zunahme
des Verkehrs auf der N. -K. -Straße und dem westlichen Teil der B. -L. -Straße sich
nachteilig auf das bisher in einer Sackgasse gelegene Grundstück der Antragsteller
auswirkt und - wie die Antragsteller geltend machen - nur unzureichend in die
Abwägung eingestellt worden ist. Dies gilt auch dann, wenn - wie die Antragsgegnerin
vorträgt - nur für 20 bis 30 Wohneinheiten die Nutzung dieser Verbindung Vorteile bringt.
Im Übrigen können im nördlichsten "Quartier", nördlich der Planstraße I/D, mindestens
30 "Hauseinheiten" im Sinne von Nr. 4.1 der textlichen Festsetzungen mit jeweils bis zu
2 Wohneinheiten, mithin jedenfalls 60 Wohneinheiten errichtet werden.
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Der Normenkontrollantrag ist nicht begründet.
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Der Bebauungsplan leidet nicht an beachtlichen Form- oder Verfahrensfehlern. Von
Amts wegen zu berücksichtigende Fehler liegen nicht vor. Rügepflichtige Mängel sind
nicht geltend gemacht worden.
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Der Bebauungsplan weist keine materiellen Mängel auf.
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Der angegriffene Bebauungsplan ist städtebaulich gerechtfertigt im Sinne des § 1 Abs. 3
BauGB. Dies ergibt sich bereits aus seiner Begründung. Die Antragsgegnerin will zur
Schaffung von Wohnraum die bisher unbebauten Flächen im Wesentlichen einer
Wohnnutzung zuführen.
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§ 1 Abs. 3 BauGB ist nicht dadurch verletzt, dass der Bebauungsplan vollzugsunfähig
wäre. Insoweit stellen die Antragsteller die Frage, ob die für die Festsetzung der
dezentralen Versickerung des Niederschlagswassers erforderliche Zustimmung der
zuständigen Behörde vorliege. Zwar ist ein Bebauungsplan vollzugsunfähig, wenn
seiner Verwirklichung im Zeitpunkt seines Inkrafttretens dauerhafte Hindernisse
tatsächlicher oder rechtlicher Art entgegenstehen, beispielsweise wenn eine
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Verwirklichung an genehmigungsrechtlichen Anforderungen scheitern würde.
Vgl. BVerwG, Urteile vom 21. März 2002 - 4 CN 14.00 -, BRS 65 Nr. 17, und vom 12.
August 1999 - 4 CN 4.98 -, BRS 62 Nr. 1, sowie Beschluss vom 25. August 1997 - 4 NB
12.97 -, BRS 59 Nr. 29.
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Entgegen der Ansicht der Antragsteller bedurfte die Festsetzung der dezentralen
Versickerung des Niederschlagswassers, auch soweit sie auf § 51 a Abs. 3 des
Landeswassergesetzes NRW gestützt ist, bei Inkrafttreten der Satzung am 30. Juni 2003
allerdings bereits keiner Zustimmung der zuständigen Behörde. Der dieses Erfordernis
begründende Satz 4 der genannten Vorschrift ist mit Wirkung zum 15. Mai 2003
aufgehoben worden, vgl. Artikel 3 Buchstabe c des Gesetzes zur finanziellen Entlastung
der Kommunen in Nordrhein-Westfalen vom 29. April 2003, GV NRW Seite 254.
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Ebenso wenig steht der Landschaftsplan Nr. 7 der Verwirklichung des Bebauungsplans
entgegen. Zwar trifft die Ausführung in der Planbegründung unter Nr. 1.4 nicht zu, der
(gesamte) Bereich des Bebauungsplans, soweit ein allgemeines Wohngebiet
festgesetzt ist, sei in dem Landschaftsplan in der Fassung seiner 7. Änderung
nachrichtlich als Wohnbaufläche übernommen. Weder die 7. Änderung, die eine Fläche
östlich der K 9 erfasst, noch die 6. oder 8. Änderung des Landschaftplans betreffen den
südlichen Teil des Bebauungsplangebiets. Vielmehr gilt insoweit die im Tatbestand
wiedergegebene Darstellung, mit der die Festsetzung von allgemeinen Wohngebieten
nicht zu vereinbaren ist. Allerdings sind die dem Bebauungsplan widersprechenden
Darstellungen und Festsetzungen im Landschaftsplan für den Geltungsbereich des
Bebauungsplans mit dessen Rechtsverbindlichkeit gemäß § 29 Abs. 4 Satz 1 LG NRW
außer Kraft getreten sein. Der F. als Träger der Landschaftsplanung (vgl. § 16 Abs. 2 Nr.
1 LG NRW) hat im Beteiligungsverfahren dem Bebauungsplan nicht, jedenfalls nicht mit
der erforderlichen Eindeutigkeit widersprochen. In seinem Schreiben vom 6. Februar
2003 hat der Landrat des F. seine Stellungnahmen als Träger der Straßenbaulast, als
untere Landschaftsbehörde und als untere Wasserbehörde abgegeben. In letzterer
Funktion hat er Anregungen betreffend die Planung des Uferstreifens am Q. Bach
gegeben sowie geltend gemacht, eine Verrieselung auf den kleinen Baugrundstücken
sei nicht angemessen. Aus der objektivierten Sicht der Antragsgegnerin (vgl.
entsprechend §§ 133, 157 BGB) dürften sich die hieran anschließenden, im Tatbestand
wiedergegebenen Schlusssätze somit nur auf diese, die
Niederschlagswasserbeseitigung betreffenden Ausführungen des Landrats als unterer
Wasserbehörde bezogen haben. Ob dies auch aus der äußeren Gestaltung deshalb
folgt, weil sowohl die Anregung für die Planung des Uferstreifens an die zugehörige
Darstellung der Bedenken ohne Leerzeile angeschlossen ist wie die vorgenannten
Schlusssätze an die Ausführungen zum Niederschlagswasser, mag dahinstehen.
Jedenfalls dürfte die "Nichtzustimmung" nicht allgemein dahin zu verstehen gewesen
sein, der Landrat wende sich gegen die Planung unter jedem rechtlichen Gesichtspunkt,
der von ihm oder dem von ihm vertretenen F. als Träger öffentlicher Belange nach § 4
Abs. 2 Satz 2 BauGB zu berücksichtigen wäre. Dieses Verständnis dürfte im Nachhinein
durch das von der Antragsgegnerin vorgelegte Schreiben des Landrats des S. -F. vom
25. Mai 2004 bestätigt werden.
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Zweifel an dieser Auslegung könnten sich allenfalls daraus ergeben, dass der Landrat
wegen der "schutzwürdigen Böden und des Eingriffs" auf sein Schreiben vom 7.
Oktober 2002, in dem zunächst der Landschaftsplan 7 genannt ist, und zur Begründung
der verweigerten Zustimmung zur vorgesehen Bauplanung allgemein auf "die o.g.
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Gründe" verwiesen hat. Diese Zweifel gehen allerdings zulasten des Kreises und
zugunsten der planenden Gemeinde. Folgende Überlegungen rechtfertigten es, erhöhte
Anforderungen an Klarheit und Eindeutigkeit eines Widerspruchs nach § 29 Abs. 4 Satz
1 LG NRW zu stellen und im Zweifel der Auslegung, der Bebauungsplanung solle nicht
widersprochen werden, den Vorrang einzuräumen:
Der Gesetzgeber geht davon aus, dass bei Rechtsverbindlichkeit eines
Bebauungsplans gemäß § 29 Abs. 4 Satz 1 LG NRW die Darstellungen und
Festsetzungen eines entgegenstehenden Landschaftsplans grundsätzlich außer Kraft
treten, wenn nicht (ausnahmsweise) vom Träger der Landschaftsplanung widersprochen
wird. Um diese Rechtsfolge zu verhindern, obliegt es also dem Träger der
Landschaftsplanung, der Bebauungsplanung ausdrücklich zu widersprechen. Ein trotz
erklärtem Widerspruch beschlossener Bebauungsplan, der mit den Darstellungen und
Festsetzungen des Landschaftsplans nicht zu vereinbaren ist, ist unwirksam. Schon weil
demzufolge die Rechtswirksamkeit von Normen, nämlich sowohl des Bebauungsplans
als auch - soweit dessen Regelungen dem Bebauungsplan entgegenstehen - des
Landschaftsplans in Rede steht, bedarf die Erklärung des Trägers der
Landschaftsplanung einer unmissverständlichen Klarheit. Darüber hinaus hat ein
Widerspruch nach § 29 Abs. 4 Satz 1 LG NRW im Beteiligungsverfahren eine andere
Qualität als sonstige Stellungnahmen. Die Stellungnahmen der Träger öffentlicher
Belange sind von der Gemeinde gemäß § 4 Abs. 3 Satz 1 BauGB in ihre Abwägung
nach § 1 Abs. 6 BauGB einzustellen. Hierbei kann diese sich unter Wahrung der
Anforderungen an eine gerechte Abwägung in eigener Verantwortung grundsätzlich
über eventuelle Bedenken hinwegsetzen. Hingegen entfaltet ein Widerspruch nach § 29
Abs. 4 Satz 1 LG NRW eine Rechtswirkung, die von der Gemeinde im Rahmen ihrer
Bebauungsplanung nicht zu überwinden ist. Insbesondere ein Landrat hat in seinen
Stellungnahmen öffentliche Belange zu berücksichtigen, die in Aufgabenbereiche nach
§ 4 Abs. 2 Satz 2 BauGB fallen, die er in unterschiedlichen Funktionen wahrzunehmen
hat. Will ein Landrat über die in den anderen Funktionen abgegebenen Stellungnahmen
hinausgehen und (auch) als Vertreter des Kreises als Satzungsgeber für den
Landschaftsplan der Aufstellung, Änderung und Ergänzung eines Bebauungsplans
nach § 29 Abs. 4 Satz 1 LG NRW widersprechen und mithin für die Gemeinde eine
strikte Rechtsfolge setzen, hat er dies unmissverständlich klarzustellen.
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Die zeichnerischen und textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 73 sind von
gesetzlichen Ermächtigungsgrundlagen gedeckt. Dies gilt insbesondere für die Ziffern
9.10 bis 9.10.3 der textlichen Festsetzungen, die u.a. die Versickerung von
Regenwasser auf und an Privatgrundstücken, der Fläche für den Gemeinbedarf und
öffentlichen Flächen regeln. Dies wird von den Antragstellern auch nicht in Zweifel
gezogen und bedarf deshalb keiner Vertiefung.
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Vgl. zu Festsetzungen für die dezentrale Versickerung von Niederschlagswasser nach
verschiedenen Ziffern von § 9 Abs. 1 BauGB: BVerwG, Urteil vom 30. August 2001 - 4
CN 9.00 -, BRS 64 Nr. 36; zu Festsetzungen nach § 51 a Abs. 3 LWG NRW iVm. § 9
Abs. 4 BauGB: OVG NRW, Urteil vom 30. Juni 1999 - 7a D 144/97.NE -, BRS 62 Nr. 225
(Seite 916).
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Der Bebauungsplan genügt den Anforderungen des Abwägungsgebots.
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Nach § 1 Abs. 6 BauGB sind bei der Aufstellung der Bauleitpläne die öffentlichen und
privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen. Dieses Gebot
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wird zunächst dann verletzt, wenn eine sachgerechte Abwägung überhaupt nicht
stattfindet. Es ist ferner dann verletzt, wenn in die Abwägung an Belangen nicht
eingestellt wird, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden muss. Schließlich
liegt eine Verletzung des Abwägungsgebots auch dann vor, wenn die Bedeutung der
betroffenen Belange verkannt oder wenn der Ausgleich zwischen den von der Planung
berührten Belangen in einer Weise vorgenommen wird, die zur objektiven Gewichtigkeit
einzelner Belange außer Verhältnis steht. Innerhalb des so gezogenen Rahmens ist
dem Abwägungsgebot jedoch genügt, wenn sich die zur Planung berufene Gemeinde
im Widerstreit verschiedener Belange für die Bevorzugung des einen und damit
notwendigerweise für die Zurückstellung des anderen Belangs entscheidet.
Vgl. BVerwG, Urteil vom 12. Dezember 1969 - IV C 105.66 -, BRS 22 Nr. 4.
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Die Antragsteller sehen einen Abwägungsmangel darin, dass die Antragsgegnerin die
u.a. von ihnen vorgeschlagene Alternative zur Verkehrsanbindung nicht beachtet habe.
Dem vermag der Senat nicht zu folgen.
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Gegen das Verkehrskonzept der Antragsgegnerin, wie es insbesondere in Nr. 3.6.1 der
Planbegründung in Übereinstimmung mit den planerischen Festsetzungen dargestellt
ist, ist nichts zu erinnern. Nach Ziffer 3.6.1 der Bebauungsplanbegründung ist die
Haupterschließung für den Kfz-Verkehr nach Osten zur K 9 vorgesehen. Durch die
insgesamt drei Anbindungen an den Geltungsbereich des Bebauungsplan Nr. 33 im
Norden soll eine Vernetzung und Verteilung des Verkehrsaufkommens der Bereiche der
beiden aneinandergrenzenden Bebauungspläne Nr. 73 und Nr. 33 erreicht werden.
Dabei sind auch der mögliche private Verkehr aus dem einen in den anderen
Bebauungsplanbereich und die öffentlichen Ansprüche aus den Bereichen Ver- und
Entsorgung sowie Rettungswesen berücksichtigt worden. Der Rat der Antragsgegnerin
hat die gemäß § 1 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 BauGB zu berücksichtigenden Anforderungen an
gesunde Wohnverhältnisse auch im Hinblick auf die Interessen der Anwohner u.a. der
N. -K. -Straße und der B. -L. - Straße, aber auch der anderen Straßen im
Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. 33, von Belastungen durch
Erschließungsverkehr verschont zu bleiben, erkannt und fehlerfrei abgewogen. Dies gilt
insbesondere für die Entscheidung, das Verkehrsaufkommen durch vier verschieden
ausgebaute Anbindungen des Plangebiets an das Straßennetz der Antragsgegnerin zu
verteilen. Gegen eine - untergeordnete - Anbindung des westlichen Teils des
Plangebiets nach Norden wenden sich die Antragsteller auch nicht. Vielmehr meinen
sie, die Antragsgegnerin habe nicht berücksichtigt, dass sich statt der Anbindung an die
N. -K. -Straße eine solche über eine Verlängerung der B. -L. -Straße aufdränge. Dies
trifft nicht zu.
44
Zwar ist der Abwägungsvorgang fehlerhaft, wenn ernsthaft in Betracht kommende
Planungsvarianten nicht beachtet werden. Dies setzt allerdings voraus, dass sich eine
bestimmte Alternativlösung nach Lage der Dinge anbietet oder gar aufdrängt.
45
Vgl. (zur Planfeststellung): BVerwG, Urteil vom 30. Mai 1984 - 4 C 58.81 -, BVerwGE 69,
Seite 256 (273).
46
Von einem solchen Abwägungsfehler kann aber vorliegend aus mehrfachen Gründen
keine Rede sein. Die Antragsgegnerin hat die u.a. von den Antragstellern aufgezeigte
Alternative sehr wohl gesehen und ausführlich in ihre Entscheidung eingestellt.
Insbesondere hat der Rat in seiner Sitzung am 3. Juni 2003 darauf abgehoben, dass die
47
getroffene Festsetzung die geringste Attraktivität für Fremdverkehre habe, während die
auch von den Antragstellern vorgeschlagene Alternative die gegenteilige Wirkung
erzeugen werde. Diese Einschätzung ist nachvollziehbar. Dabei kommt es insoweit
nicht darauf an, ob für 20 bis 30 - so die Antragsgegnerin - oder für 70 bis 90 oder gar
150 Wohneinheiten - so die Antragsteller - Vorteile aus einer wie auch immer
gestalteten Anbindung des westlichen Bereichs des angegriffenen Bebauungsplans
nach Norden an den Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. 33 resultieren. Nach
eigenem Vortrag der Antragsteller im gerichtlichen Verfahren wäre selbst die kürzere
und umwegfreie Anbindung an eine zu bauende nördliche und südliche Verlängerung
der B. - L. straße "aufgrund der Verkehrsberuhigung nur für das nördliche Quartier
attraktiv". Dies gilt erst Recht für die noch umständlichere Anbindung über die
verkehrsberuhigte N. -K. -Straße, den verkehrsberuhigten Teil der B. -L. - Straße und die
Kreuzung B. -L. -Straße/von-C. -Straße an die P. straße . Ein Fremd- oder
Durchgangsverkehr zwischen der K 9 und der P. straße ist angesichts dieser Art der
Anbindung und der sonstigen Ausgestaltung der inneren Erschließungsstraßen des
Plangebiets nicht zu erwarten.
Aus den vorstehenden Gründen drängt sich auch die von den Antragstellern
vorgeschlagene Anbindung des Plangebiets an die P. straße über eine Verlängerung
der B. -L. -Straße nicht auf. Dies gilt selbst in Kombination mit einer Abbindung des
nördlichsten Quartiers von dem sonstigen Plangebiet. Diese Alternative hätte zur Folge,
dass jeder Ziel- und Quellverkehr dieses Quartiers, auch der ansonsten über die
Anbindung an die von-C. -Straße oder die K 9 abfließende, zwingend über die
Verlängerung der B. -L. -Straße abgewickelt werden müsste. Dies würde mindestens für
die dortigen Anlieger zu höheren Belastungen führen, als sie die Anwohner der N. -K. -
Straße auf Grund der getroffenen Festsetzung zu erwarten haben.
48
Im Übrigen hat der Senat in seinem Beschluss vom 10. Dezember 2003 in dem
Verfahren der Antragsteller nach § 47 Abs. 6 VwGO zu den durch die festgesetzte
Anbindung des Plangebiets betroffenen Belangen der Antragsteller ausgeführt:
49
"Es ist auch nicht ersichtlich, dass der Kfz-Verkehr künftig Ausmaße annehmen wird, die
die Antragsteller unzumutbar belasten. Das Verkehrskonzept der Antragsgegnerin sieht
vor, dass das Bebauungsplangebiet Nr. 73 über Sammelstraßen in erster Linie an die
Kreisstraße 9 (K 9), daneben auch an die von-C. -Straße angeschlossen wird. Diese
Sammelstraßen werden ergänzt durch Erschließungsanlagen, die als verkehrsberuhigte
Bereiche die sechs Wohngebiete (die zugleich die Bauabschnitte darstellen) jeweils
ringförmig intern erschließen. In zweien dieser Wohngebiete, darunter dem den
Antragstellern unmittelbar benachbarten Wohngebiet 1 soll eine - gegenüber den
Sammelstraßen untergeordnete - Verknüpfung der verkehrsberuhigten internen
Erschließungsanlage mit den in den angrenzenden Baugebieten außerhalb des
Plangebiets liegenden - gleichfalls verkehrsberuhigten - Erschließungsanlagen auch für
den Kfz-Verkehr erfolgen. Nach den nachvollziehbaren Annahmen in der Begründung
des Bebauungsplans wird ein wesentlicher Teil des Kfz-Verkehrs aus dem Plangebiet
über die K 9 abfließen, ein weiterer erheblicher Teil über die Verbindung zur von-C. -
Straße. Die Attraktivität einer Strecke für den Kfz-Verkehr wird - anders als die
Antragsteller offenbar meinen - nicht allein durch die Weglänge, sondern u.a. auch
durch die Möglichkeit ungehinderten Fahrens und die mögliche Geschwindigkeit
bestimmt. Es leuchtet daher ohne Weiteres ein, dass gegenüber den beiden
Sammelstraßen, die bei Trennung der Verkehrsarten und Fahrbahnbreiten von 5,50 m
bis 6,50 m mit 30 km/h befahren werden dürfen, die am äußersten Plangebietsrand
50
gelegene, zudem nur über einen in Schrittgeschwindigkeit zu befahrenden
verkehrsberuhigten Bereich mit Verkehrsflächengesamtbreiten von 4,50 m bis 6,35 m
erreichbare Verbindung zur N. -K. -Straße erheblich unattraktiver ist und nur einen
geringen Kfz-Verkehr zu tragen haben wird. Dass sich durch den über diese Verbindung
fließenden Kfz-Verkehr auf den am Grundstück der Antragsteller vorbeiführenden
Straßen insgesamt ein Kfz-Verkehr ergeben wird, dessen Auswirkungen - insbesondere
der durch ihn verursachte Lärm - für die Antragsteller schwerwiegende
Beeinträchtigungen darstellen, ist nicht ersichtlich. Die von den Antragstellern
befürchteten Gefährdungen werden durch die Begrenzung der zulässigen
Geschwindigkeit auf Schrittgeschwindigkeit in einem zumutbaren Rahmen gehalten."
Diese Ausführungen gelten auch für die sonstigen betroffenen Anwohner der N. - K. -
Straße und des westlichen Teils der B. -L. -Straße. Lediglich ergänzend sei mit
folgender grober Abschätzung belegt, dass selbst bei unrealistisch hohen
Verkehrszahlen die für ein festgesetztes WA-Gebiet in dem Beiblatt 1 zur DIN 18005
enthaltenen Orientierungswerte von 55/45 dB (A) tags/nachts
51
- vgl. zur Geeignetheit dieser Orientierungswerte als "Orientierungshilfe" in der
Bauleitplanung: BVerwG, Beschluss vom 18. Dezember 1990 - 4 N 6.88 - BRS 50 Nr.
25 -
52
als auch die maßgeblichen Immissionsrichtwerte der Verkehrslärmverordnung - 16.
BImSchV - von 59/49 dB (A) offenkundig eingehalten werden.
53
Bei Wohnsammelstraßen mit einer durchschnittlichen täglichen Verkehrsstärke (DTV)
von 1000 Kfz, einem Lkw-Anteil von 0 % und einer zulässigen Höchstgeschwindigkeit
von 50 km/h werden nach dem Berechnungsverfahren der 16. BImSchV in einer
Entfernung von 10 m zur Mitte der Fahrbahn Immissionswerte von rund 54 dB (A) tags
und rund 47 dB(A) nachts erreicht.
54
Vgl. Kuschnerus, Der sachgerechte Bebauungsplan, 2. Auflage 2001, Seite 212.
55
Dabei bedeutet eine DTV von 1000 Kfz, dass pro Stunde am Tag durchschnittlich 60 Kfz
den Immissionsort passieren, vgl. Tabelle A in der Anlage 1 zur 16. BImSchV.
Vorliegend mag die - wenig nachvollziehbare - Ansicht der Antragsteller zugrunde
gelegt werden, für ca. 150 Wohneinheiten sei die Verbindung über die N. -K. - Straße
der "kürzeste Weg zur Innenstadt von Q. ". Selbst wenn pro Wohneinheit ein Kfz
vorhanden wäre und mit jedem Kfz in 24 Stunden zwei Mal eine "Versorgungsfahrt"
über diese Verbindung in die Innenstadt und zurück unternommen würde, ergäbe sich
eine DTV nur von 600 Kfz. Selbst das von den Antragstellern nunmehr vorgelegte
Gutachten des Dr.-Ing. I. nimmt eine tägliche Belastung dieses Bereichs mit 709 (evtl.
zuzüglich 106) PKW-Einheiten, mithin eine DTV von deutlich weniger als 1000 Kfz an.
Die Verkehrsuntersuchung, die dem Stadtplanungsausschuss in seiner Sitzung vom 11.
Dezember 2002 vorgestellt wurde, ging sogar davon aus, dass das gesamte Baugebiet
mit angenommenen 260 Wohneinheiten allenfalls einen (Berufs- und Versorgungs-
)Verkehr von insgesamt 940 Fahrten (1880 Fahrbewegungen) in 24 Stunden erzeugt.
Ein möglicher Zuschlag auf die oben genannten Immissionswerte nach dem Diagramm
III der Anlage 1 zur 16. BImSchV wegen geringeren Abstands von Wohngebäuden zur
Fahrbahnmitte wird durch eine Korrektur nach Diagramm II der genannten Anlage
wegen der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von weniger als 30 km/h (hier: 7 km/h)
mehr als ausgeglichen. Selbst unter Berücksichtigung eines allenfalls geringen Lkw-
56
Aufkommens in diesem weiträumig verkehrsberuhigten Bereich werden damit die
genannten Immissionswerte und damit sowohl die Orientierungs- wie die
Immissionsgrenzwerte u.a. am Wohngebäude der Antragsteller mit Sicherheit deutlich
unterschritten werden, obwohl dieses lediglich einen Abstand von ca. 6 m zur
Fahrbahnmitte der N. -K. -Straße einhält.
Soweit die Antragsteller nunmehr unter Vorlage des Gutachtens des Dr.-Ing. I. vom 5.
Mai 2004 (im Folgenden: Gutachten I. ) einwenden, es bestehe eine "offensichtliche
Diskrepanz zwischen Funktion und Form" der Erschließung und die zugrunde gelegten
Verkehrszahlen seien zu gering, so dass die "Belastungsgrenzwerte" der Straße
deutlich überschritten würden, vermag dies einen Abwägungsmangel nicht zu
begründen. In der Sache machen die Antragsteller hiermit geltend, der tatsächliche
Ausbauzustand der N. -K. -Straße und des westlichen Teils der B. -L. -Straße sowie der
nördliche Teil der Planstraße I/C seien nicht geeignet, den zu erwartenden Verkehr zu
bewältigen. Es mag dahinstehen, ob diese Frage sich zum maßgeblichen Zeitpunkt der
Abwägungsentscheidung des Rats stellte, vgl. § 214 Abs. 3 Satz 1 BauGB.
57
Unabhängig von weiteren Bedenken an der Aussagekraft des Gutachtens I. sind die in
ihm zugrunde gelegten Verkehrszahlen nicht nachvollziehbar, so dass das Gutachten
nicht geeignet ist, die von der Antragsgegnerin in ihre Abwägungsentscheidung
eingestellten Verkehrszahlen oder die der Entscheidung stillschweigend zugrunde
gelegte Annahme im Nachhinein in Frage zu stellen, diese Anbindung sei für den
erwarteten Verkehr hinreichend leistungsfähig. Der Gutachter kommt zu dem Ergebnis,
die Erschließung sei mit den Empfehlungen für die Anlage von Erschließungsstraßen
EAE 85/95 nicht zu vereinbaren. Gleichzeitig zeigt er aber nicht ansatzweise auf, warum
die von ihm dem Gutachten zugrunde gelegten Annahmen, die erheblich von den in den
EAE 85/95 niedergelegten Werten abweichen, eher zutreffen sollen als die für eine
Prognose von der Rechtsprechung grundsätzlich als sachgerecht angesehenen
Ansätze der EAE 85/95. Insbesondere für einige der auf Seite 10 des Gutachtens I.
eingestellten Parameter sind plausible Gründe nicht dargelegt oder ersichtlich. Warum
pro Wohneinheit im Durchschnitt 3,5 Personen anzusetzen sein sollen, erschließt sich
auch unter Berücksichtigung von "eher jüngeren Paaren mit 1 bis 2 Kindern,
gelegentlich Großelternteil", nicht. Die EAE 85/95 geht für geplante Wohngebiete von 2
bis 2,5 Personen aus (Anhang 2 Nr. 1). Das Gleiche gilt für die Motorisierung. Statt 2 Kfz
pro Wohneinheit ist nach den Schätzwerten der EAE 85/95 an derselben Stelle von
einer zukünftigen Motorisierung von 2 bis 2,5 Personen pro Pkw bzw. 1 Pkw pro
Wohnung auszugehen. Die auf den vorgenannten Annahmen beruhende Zahl von
täglich 3,8 Wegen pro Einwohner einschließlich der Kinder ist demzufolge ebenfalls
nicht plausibel begründet. Zudem überschreitet der eingesetzte Anteil der Kfz-Nutzung
bei den Einwohnerfahrten von 66 % die entsprechenden "üblichen Werte" nach Tabelle
1 der EAE 85/95 von 30 - 50 % (werktags im Tagesdurchschnitt in Mittel- und
Kleinstädten) erheblich, ohne hierfür eine Begründung zu liefern.
58
Auf Seite 11, Nr. 2, bewegt sich das Gutachten I. mit einem Anteil der Arbeitsfahrten von
nur 30 % der Fahrten an der untersten Grenze der Schätzzahlen der EAE 85/95, wie sie
in Nr. 1 des Anhangs 2 für sachgerecht angesehen werden (30 - 50 %). Dies erscheint
vorliegend schon deshalb unplausibel, weil - wie in der Vorstellung der
Verkehrsuntersuchung in der Sitzung des Stadtplanungsausschusses am 11. Dezember
2002 dargestellt - der Berufsverkehr nach einer (dem Senat allerdings nicht
vorliegenden) Statistik der Stadt Q. ca. 60 % des Gesamtverkehrsaufkommens
ausmachen soll. Woraus der Gutachter Dr.- Ing. I. schließlich eine Wahrscheinlichkeit
59
von 40 % dafür ableiten will, dass der nicht beruflich bedingte Gesamtverkehr aus dem
gesamten Geltungsbereich des Bebauungsplan Nr. 73 durch diese untergeordnete und
verkehrsberuhigte Anbindung über die N. -K. -Straße abgewickelt werden soll, also nur
60 % über die anderen drei Anbindungen, nämlich die Hauptanbindung an die K 9, die
Sammelstraße zur von-C. -Straße und die verkehrsberuhigte Wohnstraße zur N. -N. -
Straße, bleibt unklar und erscheint unrealistisch.
Unabhängig von den vorstehenden Ausführungen vermag die vorgetragene angebliche
zukünftige Überlastung der genannten Anbindung auch deshalb keinen
Abwägungsmangel zu begründen, weil der tatsächliche Ausbau der 6 m breiten
Planstraße im Bebauungsplan nicht festgeschrieben ist. Sollten wider Erwarten wegen
mangelnder Leistungsfähigkeit der Straßen Konflikte in diesem Bereich auftreten, so
lassen sich diese in einem nachgelagerten Verfahren lösen. Die Planstraße könnte -
auch nachträglich - in ihrem Querschnitt auf der vorhandenen Länge dieses Abschnitts
von 22 m ohne weiteres so hergestellt werden, dass sie mindestens den Empfehlungen
an eine Anliegerstraße AS 4 im Sinne der EAE 85/95, Tabelle 17, gerecht würde. Das
Gleiche gilt für den südlichen Teil der N. - K. -Straße. Sie erfasst eine Gesamtbreite von
7 m, so dass der derzeitige Ausbauzustand mit Einengungen auf ca. 4,7 m bei
unzureichender Leistungsfähigkeit ebenfalls auf einer Länge von ca. 30 m bis zur
Aufweitung zur B. -L. -Straße angepasst werden könnte.
60
Nach alledem ist die Abwägungsentscheidung der Antragsgegnerin, die u.a. von den
Antragstellern vorgeschlagene Alternative zu verwerfen und das Bebauungsplangebiet
(untergeordnet) auch an die N. -K. -Straße anzubinden, aus rechtlichen Gesichtspunkten
nicht zu beanstanden.
61
Aus den vorstehenden Gründen ergibt sich des weiteren, dass die Antragsgegnerin in
ihrer Abwägungsentscheidung den Belang der "Wohnruhe" der Anlieger der südlichen
N. -K. -Straße hinreichend berücksichtigt hat. Soweit die Antragsteller darauf verweisen,
durch ihren Alternativvorschlag werde die (eigene) Wohnruhe erheblich besser
gewährleistet, da weniger Anwohner von dem Verkehrslärm betroffen seien, wollen sie
anderen Anliegern eine - gegenüber der festgesetzten - attraktivere Anbindung mit
demzufolge erhöhtem Verkehrsaufkommen zumuten. Es liegt auf der Hand, dass die
Entscheidung der Antragsgegnerin, diese Möglichkeit im Rahmen ihres
Verkehrskonzepts nicht in dem Bebauungsplan festzusetzen, auch mit Blick auf die
Wohnruhe der betroffenen Anlieger abwägungsgerecht ist.
62
Die Antragsgegnerin hat die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege
fehlerfrei abgewogen. Insoweit verweisen die Antragsteller auf das Schreiben des
Landrats des F. vom 6. Februar 2003, wonach in dem landschaftspflegerischen
Fachbeitrag die Ackerflächen zu gering bewertet worden seien. Dies vermag einen
Abwägungsfehler nicht zu begründen.
63
Die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege sind im Rahmen der durch §
1 Abs. 6 BauGB der Bauleitplanung vorgegebenen Abwägung nach Maßgabe der sich
aus § 1a BauGB ergebenden besonderen Anforderungen zu berücksichtigen. Die
Gemeinde ist danach verpflichtet, bei planerischen Eingriffen in Natur und Landschaft
ein gesetzlich vorgeprägtes Entscheidungsprogramm abzuarbeiten und über ein
Folgenbewältigungsprogramm abwägend zu entscheiden. Dabei belässt es der
Gesetzgeber bei der Struktur des Abwägungsgebots, dass das Gewicht der von der
Planung berührten und in sie einzustellenden Belange in der konkreten
64
Planungssituation zu ermitteln ist, ohne dass die Belange des Naturschutzes und der
Landschaftspflege einen abstrakten Vorrang vor den weiteren in der Bauleitplanung zu
berücksichtigenden Belangen haben und ohne dass sie unabhängig von ihrem Gewicht
in der konkreten Situation und dem Gewicht der anderen Belange zu optimieren sind.
Vgl. hierzu und zu weiteren Anforderungen: BVerwG, Beschluss vom 31. Januar 1997 -
4 NB 27.96 -, BRS 59 Nr. 8; OVG NRW, Urteile vom 7. September 2001 - 7a D
134/99.NE -, und vom 6. Januar 2003 - 7a D 46/01.NE -.
65
Aus dem Fehlen eines gesetzlich vorgeschriebenen Bewertungsverfahrens folgt, dass
eine Bindung der Gemeinde an ein bestimmtes standardisiertes Bewertungsverfahren
nicht besteht, es vielmehr Aufgabe der Gemeinde ist, in eigener Verantwortung (vgl. § 2
Abs. 1 Satz 1 BauGB) die zu erwartenden Eingriffe in Natur und Landschaft zu bewerten
und über Vermeidung und Ausgleich abwägend zu entscheiden.
66
Vgl. BVerwG, Beschluss vom 23. April 1997 - 4 NB 13.97 -, BRS 59 Nr. 10.
67
Nach diesen Maßstäben ist die Bewertung der Antragsgegnerin, die in Nr. 5.3 der
Planbegründung zusammengefasst ist, nicht zu beanstanden. Der Rat hat in seiner
Sitzung am 3. Juni 2003 seine Abwägungsentscheidung, die Ackerflächen lediglich mit
der Wertzahl 1 zu bewerten, ausführlich und nachvollziehbar begründet (vgl. TOP I.19,
T1 Buchstabe b der Niederschrift). Insbesondere ist plausibel, dass die intensiv
genutzten Ackerflächen eine andere, geringere ökologische Bewertung rechtfertigen als
extensiv genutzte Flächen oder Grenzertragsböden. Diese Bewertung lässt das von der
Antragsgegnerin angewandte Verfahren ausdrücklich zu.
68
Vgl. Arbeitsgemeinschaft B. /O. /W. 1986 ("Naturschutz und Landschaftspflege in
Nordrhein- Westfalen, Bewertungsgrundlagen für Kompensationsmaßnahmen bei
Eingriffen in die Landschaft", herausgegeben 1987 vom Ministerium für Umwelt,
Raumordnung und Landwirtschaft des Landes Nordrhein-Westfalen; 3. Auflage 1992)
69
In Kapitel 6, Seite 87, wird betont, dass bei der Bewertung von Eingriffen je nach
Betrachtungsraum der Bewertungsmaßstab zu variieren und anzupassen ist. Bei 9 oder
10 zu bewertenden Kriterien (Seite 290 bzw. 292) ist beispielsweise bezogen nur auf
das Merkmal "Natürlichkeit" eine Bestandsbewertung von Ackerflächen mit "1"
grundsätzlich vorgesehen (Seite 107). Das Beispiel auf Seite 292 setzt für "Acker" im
Durchschnitt der zehn Wertkriterien eine "2" und für dessen Entwicklungstendenz eine
"1" an, so dass es - weil ganze Zahlen zu bilden sind - insgesamt zu einer Bewertung
von "2" gelangt. Allerdings kann im Einzelfall im konkreten Betrachtungsraum bei der
vorzunehmenden Bewertung sowohl des Bestands wie auch der Neuanlage
(Kompensation) nach diesem Verfahren zwischen "Acker - intensiv (Mais, Hackfrucht)"
und "Acker (Korn, Leguminosen)" unterschieden werden; im ersteren Falle soll ein Wert
von "1", im zweiteren von "2" gerechtfertigt sein (Seite 296). Es ist weder ersichtlich
noch vorgetragen, dass es sich bei den ehemaligen Ackerflächen nicht um in diesem
Sinne intensiv genutzte Ackerflächen gehandelt hat. Folgerichtig sind demgegenüber
die Ackerraine in der Bestandsaufnahme mit dem Wert 2 eingestuft. Im Übrigen sind in
die Bilanzierung nicht die mindestens 160 geplanten Baumpflanzungen im Straßenraum
(vgl. Nr. 9.3 der textlichen Festsetzungen) eingestellt worden. Nach alledem hält sich die
Bewertung der Antragsgegnerin, der Eingriff in Natur und Landschaft werde vollständig
kompensiert, im Rahmen des ihr zustehenden Bewertungsrahmens.
70
Sonstige Umstände, die zur Unwirksamkeit des angegriffenen Bebauungsplan führen
könnten, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
71
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, § 159 Satz 2 VwGO.
72
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in
Verbindung mit §§ 708 Nr. 10, 711 und 713 ZPO.
73
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO
nicht gegeben sind.
74