Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 13.07.2006
OVG NRW: gutachter, flughafen, start, europäische kommission, projekt, gefährdung, öffentliches interesse, europäische gemeinschaften, staatliches handeln, eingriff
Oberverwaltungsgericht NRW, 20 D 80/05.AK
Datum:
13.07.2006
Gericht:
Oberverwaltungsgericht NRW
Spruchkörper:
20. Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
20 D 80/05.AK
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der
außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf
die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils
beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige
Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung in gleicher Höhe
Sicherheit leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
1
Der Kläger wendet sich gegen den Planfeststellungsbeschluss für die Verlängerung der
Start- und Landebahn des Verkehrsflughafens Münster/Osnabrück.
2
Der von der Beigeladenen betriebene Flughafen gehört zum Kreis der internationalen
Flughäfen der Bundesrepublik Deutschland. Er entwickelte sich aus einem in den
1950er Jahren angelegten Verkehrslandeplatz. In den 1960er Jahren erhielt die
Beigeladene die Genehmigung, den Platz zu einem Verkehrsflughafen zu erweitern. Die
Planfeststellung für eine Verlängerung der Start- und Landebahn auf die heutige Länge
von 2170 m erfolgte mit Beschluss vom 21. Oktober 1976. Im Jahre 1989 wurde erstmals
eine befristete Nachtflugbeschränkung verfügt. Die letzte bis 2007 befristete
Beschränkung erging im Oktober 2002 (MBl. NRW vom 8. November 2002, Nr. 57).
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Das streitige Ausbauvorhaben geht auf eine bereits Mitte der 1990er Jahre begonnene
Planung zurück und knüpft u.a. an folgende Aussage im Landesentwicklungsplan
Nordrhein-Westfalen vom 11. Mai 1995 (GV NRW S. 532) unter der Überschrift -
4
internationale Verkehrsbeziehungen - (D.I.3.) an:
3.2.6 Der internationale Verkehrsflughafen Münster/Osnabrück ist langfristig zu einem
Verkehrsflughafen für den interkontinentalen Verkehr zu entwickeln. Er soll an die
Autobahn A 1 angebunden werden.
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Im Juni 1997 beantragte die Beigeladene den Erlass des Planfeststellungsbeschlusses
für die nunmehr streitige Verlängerung der Start- und Landebahn auf eine Länge von
3600 m in Richtung Westen. Die Beigeladene begründete ihr Vorhaben unter
Bezugnahme insbesondere auf das Gutachten zur verkehrswirtschaftlichen und
verkehrspolitischen Begründung des Ausbauvorhabens der Gesellschaft zur Förderung
der Verkehrswissenschaften an der Universität Münster e.V. aus September 1996 (Dr. B.
et al.) mit der geplanten Ausnutzung eines Marktpotentials für Interkontinentalflüge und
dem Interesse an einer restriktionsfreien Nutzung des Flughafens für den langen
Mittelstreckenverkehr. Der Flughafen weise überproportionale Wachstumsraten auf. Mit
dem bestehenden Ausbauzustand ließe sich das Fahrgastpotential im
Interkontinentalbereich des Einzugsgebietes des Flughafens nicht annähernd
ausschöpfen. Solle der Verkehrsflughafen seine Aufgaben entsprechend seiner
Verkehrsbedeutung, wie sie sich aus dem Widmungszweck ergebe, erfüllen, sei eine
Verlängerung der Start- und Landebahn notwendig. In die Zeit der Antragstellung fallen
auch erste planerische Überlegungen zur Entwicklung eines Gewerbegebietes südlich
des östlichen Flughafengeländes. Zielvorstellungen sind die Ansiedlung vorrangig
flughafenaffiner Dienstleistungs- und Gewerbebetriebe (AirportPark), die Verlegung der
Kreisstraße K9 sowie die direkte Anbindung an die Autobahn.
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Der streitige Ausbau der Start- und Landebahn des Flughafens macht u.a. die Querung
des Eltingmühlenbachs notwendig, der vor Kopf der gegenwärtigen Landebahn von
Süden nach Norden fließt, wo er nach einigen 100 m mit dem Ladberger Mühlenbach
zur Glane zusammenfließt. Er soll verschwenkt und über eine Länge von 390 m
übertunnelt werden. Vorgesehen ist eine nach unten offene Halbschale mit einer
Sohlbreite von ca. 16 m sowie einer Höhe von 7,50 m. Im Bereich, der nicht durch
Rollbahnen versiegelt wird, sind im Abstand von 6 m große Lichtschächte vorgesehen.
Der Eltingmühlenbach gehört zum Gewässersystem der Ems. Bereits seit Ende der
1990er Jahre stand in der Diskussion, weite Teile der Talauen des Ladberger
Mühlenbaches, der Glane und des Eltingmühlenbaches, einschließlich des
Ausbaugebietes, als sogenanntes FFH-Gebiet der Europäischen Union zu melden, d.h.
als Gebiet zur Aufnahme in die Liste der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung
gemäß der sog. Fauna-Flora-Habitat-Richtline - FFH- RL - (Richtlinie 92/43/EWG des
Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wild
lebenden Tiere und Pflanzen, zuletzt geändert durch Verordnung (EG) Nr. 1882/2003
des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 29. September 2003). Die
entsprechende Meldung erfolgte Ende 2000. Ausschlaggebend für die Meldung waren
u.a. die innerhalb des Gebietes befindlichen Bestände an dem in der FFH-RL als
prioritär eingestuften Lebensraumtyp Auenwälder mit Alnus glutinosa und Fraxinus
excelsior (Code 91E01), des Lebensraumtyps 3260 (Flüsse der planaren bis montanen
Stufe mit Vegetation des Ranunculion fluitantis und des callitricho-batrachion) sowie
das Vorkommen verschiedener Tierarten (u.a. Bachneunauge, Groppe, Steinbeißer und
Eisvogel). Das Gebiet wurde entsprechend der Meldung mit Entscheidung der
Kommission der Europäischen Gemeinschaften vom 7. Dezember 2004 in die Liste von
Gebieten von gemeinschaftlicher Bedeutung in der atlantischen biogeografischen
Region aufgenommen. Die Entscheidung der Kommission wurde der ständigen
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Vertretung Deutschlands bei der Europäischen Union per Fax am 8. Dezember 2004
übermittelt und am 29. Dezember 2004 in den Amtsblättern der EU veröffentlicht. Die
Darstellungen für die erfassten Flächen im Landschaftsplan I "Grevener Sande", der aus
dem Jahre 1982 stammt, sind mit der im Mai 2005 wirksam gewordenen 3. Änderung
insbesondere unter Festsetzung eines Landschaftsschutzgebietes "Eltingmühlenbach
(FFH-Gebiet)" angepasst worden.
Die Antragsunterlagen betreffend die streitige Verlängerung der Start- und Landebahn
wurden in der Zeit vom 22. April bis 22. Mai 1998 in verschiedenen Kommunen
ausgelegt. Mit Blick auf die angeführte FFH-Diskussion legte die Beigeladene u.a. eine
FFH-Verträglichkeitsuntersuchung für das Ausbauvorhaben des Büros G. & T. aus
Februar 1999 und ein ebenfalls von diesem Büro erarbeitetes Maßnahmenkonzept zum
Ausgleich der Beeinträchtigungen des FFH- Prüfgebietes "Eltingmühlenbach" vor. Die
Gutachter gelangen zum Ergebnis, dass eine erhebliche Beeinträchtigung des
potentiellen FFH-Gebietes mit Blick auf den Lebensraumtyp 3260 und die Art
Bachneunauge in Betracht komme. Der prioritäre Lebensraumtyp Auenwald sei
demgegenüber nicht betroffen. Eine ergänzende Stellungnahme zur Schutzwürdigkeit
des Eltingmühlenbachs unter Berücksichtigung des Maßnahmenkonzepts zum
Ausgleich der Beeinträchtigungen erfolgte unter dem 11. April 2003. Aus Anlass von
Änderungen der Flugrouten wurden des weiteren die Basisdaten für die Ermittlung des
Fluglärms und der Luftschadstoffimmissionen sowie das lärmphysikalische Gutachten
überarbeitet.
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Die FFH-Verträglichkeitsuntersuchung sowie das Maßnahmenkonzept wurden den
Trägern öffentlicher Belange und verschiedenen Naturschutzverbänden mit der
Einladung zu dem Erörterungstermin übersandt, der im November 1999 stattfand. Die
Erörterung mit den privaten Einwendern wurde im Februar 2000 durchgeführt. Im
Dezember 2000 erstellte die Bezirksregierung Münster einen Abschlussbericht über das
Planfeststellungsverfahren.
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Im März 2001 stellte die Beigeladene einen Antrag auf Erlass eines weiteren
Planfeststellungsbeschlusses betreffend die Erweiterung des Vorfeldes. Zur
Begründung machte sie in erster Linie geltend, dass sich die in den lärmtechnischen
Gutachten zum Ausbauvorhaben für das Jahr 2010 zugrunde gelegten Bewegungen mit
dem derzeitigen Vorfeld nicht abwickeln ließen. Eine Notwendigkeit zu einer
Vorfelderweiterung bestehe aber auch ohne Ausbau.
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Im Januar 2002 reichte die Beigeladene im Planfeststellungsverfahren betreffend den
streitigen Ausbau der Start- und Landebahn eine Aktualisierung des Gutachtens zur
verkehrswirtschaftlichen und verkehrspolitischen Begründung des Vorhabens von Dr. B.
aus Dezember 2001 nach. Des weiteren legte die Beigeladene eine
Flugleistungsberechnung aus August 2002 vor, die sich zu den erforderlichen
Startbahnlängen für verschiedenes Fluggerät, das im Mittelstreckenbereich zum Einsatz
gelangt, verhält. Im Auftrag des Beklagten erstellten die Gutachter Prof. Dr. X. und K. im
September 2003 ein Gutachten zur ergänzenden Ermittlung des Bedarfs (Passagier-
/Bewegungszahlen) für restriktionsfreie Nonstop-Flüge.
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Zur Begründung eines überwiegenden öffentlichen Interesses hat die Beigeladene im
weiteren im Einzelnen ergänzend ihr Ausbauvorhaben erläutert. Hierzu verwies sie
insbesondere auf die erwarteten Strukturverbesserungen und das vom Land Nordrhein-
Westfalen sowie von der Bundesregierung verfolgte Konzept der Stärkung eines
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dezentralen Interkontinentalverkehrs.
Mit Planfeststellungsbeschluss vom 28. Dezember 2004 stellte der Beklagte den Plan
für den Flughafen unter Abänderung des Planfeststellungsbeschlusses vom 21. Oktober
1976 antragsgemäß fest und verfügte weitergehende Nebenbestimmungen und
Auflagen, insbesondere Regelungen zum Lärmschutz und zu Ausgleichsleistungen für
betroffene Anwohner sowie zum Natur- und Landschaftsschutz. Unter anderem sind
nach V.3.1 die zur Sicherung des gemeldeten FFH-Gebietes Eltingmühlenbach
notwendigen Maßnahmen bereits vor Eingriffsbeginn abzuschließen. Des weiteren wird
der Beigeladenen aufgegeben, zur Überprüfung der Wirksamkeit der genannten
Maßnahmen ein Monitoring-Programm am Eltingmühlenbach unter Beachtung der FFH-
relevanten Arten zu entwickeln und über einen Zeitraum von 10 Jahren durchzuführen.
Für den Fall, dass das Programm zu dem Ergebnis kommt, dass die Maßnahmen nicht
oder nur unzureichend greifen, werden zusätzliche Maßnahmen vorbehalten. Die
Lärmschutzauflagen hat der Beklagte in der mündlichen Verhandlung durch
Protokollerklärung in Teilen ergänzt.
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Der der Beigeladenen am 28. Dezember 2004 bekanntgegebene
Planfeststellungsbeschluss wurde dem Kläger am 28. Juni 2005 zugestellt.
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Ende 2005 beschlossen Aufsichtsrat und Gesellschafterversammlung der
Beigeladenen, zunächst lediglich eine Verlängerung der Start- und Landebahn auf 3000
m zu realisieren. Hierzu wurde ein Rahmenbeschluss über eine Kapitalerhöhung in
Höhe von 60 Millionen Euro abzüglich des Zuschusses des Landes NRW gefasst. In der
Sitzung bzw. Versammlung am 8. Juni 2006 haben Aufsichtsrat und Gesellschafter
betont, dass es immer Ziel gewesen sei und auch bleibe, die Startbahn auf 3.600 m zu
verlängern. Es handele sich bei der im Dezember 2005 beschlossenen Verlängerung
nur um einen ersten Bauabschnitt. Sie fassten den Beschluss, sich nach dem für Ende
2006/Anfang 2007 vorgesehenen Baubeginn des ersten Bauabschnitts im
Frühjahr/Sommer 2007 mit den Fragen zur Durchführung des zweiten Bauabschnittes
zu beschäftigen.
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Bereits am 28. Juli 2005 hatte der Kläger die vorliegende Klage erhoben und sie
zugleich im wesentlichen wie folgt begründet und im weiteren vertieft:
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Der Planfeststellungsbeschluss verstoße gegen zwingendes europäisches Natur- und
Artenschutzrecht. Das Vorhaben sei verboten, weil es zu einer erheblichen
Beeinträchtigung des FFH-Gebietes Eltingmühlenbach führe und dieses einen
prioritären Lebensraum einschlösse. Es greife Art. 6 Abs. 4 Unterabsatz 2 FFH-RL,
wonach, wenn - wie hier - keiner der enumerativ aufgeführten Gründe vorläge, ein
Vorhaben nicht ohne Stellungnahme der Kommission zugelassen werden dürfe. Dabei
komme es nicht darauf an, ob das Vorhaben konkret Auswirkungen auf einen prioritären
Lebensraum haben könne. Im Übrigen sei der für das Gebiet ausgewiesene prioritäre
Lebensraumtyp tatsächlich relevant betroffen. Im Bereich des Flughafenausbaus
westlich der Kreisstraße K 9 kämen Ufergehölze aus Weiden, Erlen und Eschen vor, die
dem genannten prioritären Lebensraum zuzurechnen seien. Dies sei auch in den
Planungsunterlagen verschiedentlich festgestellt. Dass vorgesehene
Kompensationsmaßnahmen auf die Anlegung von Auenwäldern zielten, belege
ebenfalls eine Beeinträchtigung, da diese nur zielführend seien, wenn die
auszugleichende Beeinträchtigung tatsächlich gegeben und erheblich sei. Es fehle
auch nicht an einem intakten Wasserregime. Der fragliche Bereich werde vom
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Staatlichen Umweltamt als Überschwemmungsgebiet ausgewiesen. Die
Geländemorphologie lasse auf eine erhebliche Überschwemmungshäufigkeit
schließen, jedenfalls in einer Breite von 10 bis 20 m. Es stehe zu erwarten, dass sich
Auenwald ausbilde, wenn das Ufergehölz nicht mehr auf den Stock gesetzt werde. Die
geltenden Sicherheitsbestimmungen gestatteten eine Höhenentwicklung der Gehölze
bis 18 m Höhe. Eine Beeinträchtigung der Entwicklungsmöglichkeit stelle
gleichermaßen eine erhebliche Beeinträchtigung der Erhaltungsziele des Gebietes dar.
Es gelte das Wiederherstellungs- und Entwicklungsgebot. Jedenfalls bleibe ein
erheblicher Zerschneidungseffekt. Betroffen seien im Besonderen Insekten, die
typischerweise in dem prioritären Lebensraum vorkämen. Die verfügten
Ausgleichsmaßnahmen dürften bei der Bewertung, ob eine erhebliche Beeinträchtigung
der Erhaltungsziele vorliege, wie sie die FFH-Untersuchung für den Lebensraumtyp
3260 und die Art Bachneunauge ausweise, nicht einbezogen werden. Im Übrigen sei
eine FFH-Verträglichkeit nach Einschätzung der LÖBF aus September 1999 auch unter
Einbeziehung der Kompensationsmaßnahmen nicht gegeben. Erheblich betroffen seien
auch Groppe und Steinbeißer, weil sich im Bereich des überbauten Teilstücks des
Eltingmühlenbachs ein vegetationsfreier Gewässerabschnitt ergebe. Dies führe zu einer
Teilung der Steinbeißerpopulation. Beeinträchtigungen ergäben sich auch wegen
unzureichender Regelungen für den Ablauf kontaminierten Oberflächenwassers. Im
Rahmen der Verträglichkeitsstudie hätten zudem die kumulativen Auswirkungen des in
der Planung befindlichen sog. AirportParks auf das FFH-Gebiet geprüft werden müssen.
Eine solche Prüfung sei nachzuholen.
Es lägen keine zwingenden Gründe überwiegenden öffentlichen Interesses zur
Überwindung des Verbotes vor. Nur solche öffentlichen Interessen, die besondere
Qualifikationsmerkmale aufwiesen, seien geeignet, sich gegenüber den Schutzzielen
der FFH-Richtlinie durchzusetzen. Der Erhalt von Arbeitsplätzen sowie die
Verbesserung der Wirtschaftsleistung des Flughafens seien keine solchen Gründe.
Etwas anderes könne nur in einer besonders strukturschwachen Region gelten. Eine
realistische Chance, dass sich am Flughafen Interkontinentalverkehr entwickele,
bestehe nicht. Das Passagieraufkommen stagniere seit 6 Jahren bei ungefähr 1,5 Mio.
Passagieren im Jahr. Im Vergleich dazu sei bundesweit in dieser Zeit ein Zuwachs von
22 %, am Flughafen Dortmund sogar von 63 % zu verzeichnen gewesen. Der Flughafen
sei verkehrstechnisch schlecht angebunden. Das Bedarfsgutachten habe den
Einzugsbereich unzutreffend festgelegt bzw. die Konkurrenzsituation zu anderen
Flughäfen in Teilen des Einzugsbereichs ignoriert. Eine Änderung der Politik der
Fluggesellschaften sei unrealistisch. Bei Fehlen einer realistischen Geschäftserwartung
könnten Pläne der Raumordnung kein (besonderes) öffentliches Interesse begründen.
Die Annahme des Beklagten, der sog. lange Mittelstreckenverkehr könne am Flughafen
Münster/Osnabrück nicht restriktionsfrei abgewickelt werden, sei nicht
nachzuvollziehen. Im Übrigen seien, weil allenfalls in extrem seltenen Fällen
Restriktionen zu erwarten seien, die damit verbundenen Nachteile zugunsten des
Landschafts- und Naturschutzes hinzunehmen. Der expandierende Low-Cost-
Luftverkehr begründe ebenfalls keinen überzeugenden Bedarf, weil weder ersichtlich
noch dargelegt sei, dass für dieses Marktsegment eine Startbahnverlängerung
erforderlich sei. Es spreche auch nichts dafür, dass sich am Flughafen ein zentraler
deutscher Luftfrachthub ergeben könne. Es seien zudem zumutbare Alternativen
vorhanden. Was die lange Mittelstrecke angehe, sei das Aufbringen eines neuen
Belages auf die Start- und Landebahn möglich. Des weiteren komme eine
weitergehende Bahnverlängerung in Richtung Osten in Betracht als im
Planfeststellungsbeschluss zugrundegelegt. Möglich sei eine Gesamtlänge von
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mindestens 2400 m ohne Inanspruchnahme des Eltingmühlenbachs. Dabei könne eine
eventuell erforderliche Einbeziehung des Ladberger Mühlenbachs hingenommen
werden. Zudem könne durch eine ökologisch noch vertretbare Verlegung des
Eltingmühlenbaches noch eine zusätzliche Verlängerung der Bahn nach Westen um
jedenfalls 250 Meter erreicht werden. Auch eine noch weitergehende Verlegung sei in
Betracht zu ziehen, bedürfe allerdings einer zusätzlichen Prüfung. Eine zu erreichende
Startbahnlänge von 2400 m bzw. 2800 m sei sogar für eine angemessene Durchführung
von Interkontinentalverkehr ausreichend. Die Übertunnelung des Eltinigmühlenbachs
sei unnötig lang. Schließlich komme als Alternative zur Abwicklung insbesondere des
Interkontinentalverkehrs, aber auch bestimmter Strecken des langen
Mittelstreckenverkehrs und des Frachtverkehrs die Abwicklung auf anderen Flughäfen
mit freien Kapazitäten in Betracht.
Wegen der Betroffenheit von Fledermäusen greife ferner das Verbot des Art. 12 Abs. 1
FFH-RL. Ausnahmen hiervon könnten nur unter den strengen - hier nicht vorliegenden -
Voraussetzungen des Art. 16 Abs. 1 FFH-RL erteilt werden. Der Umfang der
Betroffenheit von Fledermäusen hätte weiter untersucht werden müssen. Im September
2003 habe die Arbeitsgemeinschaft Fledertierschutz am Eltingmühlenbach in Höhe des
Naturfreundehauses, also unmittelbar südlich des Eingriffsbereiches, insgesamt drei
Fledermausarten nachgewiesen. Das Vorkommen weiterer Arten sei wahrscheinlich,
bleibe aber aufgrund der unterlassenen Untersuchung durch die
Planfeststellungsbehörde offen. Das Vorkommen der nachgewiesenen Arten werde
durch den Ausbau erheblich beeinträchtigt, vor allem durch Verlust von
Nahrungsgebieten und möglicherweise auch von Wochenstuben und
Sommerquartieren in höhlenreichen Altbäumen in den betroffenen Gehölzbeständen,
insbesondere im westlichen Bereich. Die Fledermäuse würden im Übrigen auch durch
die zu erwartenden Lärm- und Erschütterungsereignisse gestört. Es bestehe die Gefahr
von Kollisionen. Durch die Zerschneidung des Bachlaufs und der Ufervegetation
könnten insbesondere bestehende Austauschbeziehungen erheblich beeinträchtigt
sein. Für mehrere der gefundenen Feldermausarten seien die betroffenen Jagd- und
Nahrungshabitate zudem möglicherweise für die erfolgreiche Reproduktion einer
Teilpopulation erforderlich. Nähere Untersuchungen durch die Planfeststellungsbehörde
fehlten. Eine Ausnahme von dem artenschutzrechtlichen Verbot komme nicht in
Betracht, solange die für die Beurteilung, ob der Erhaltungszustand der Population i.S.d.
Art. 16 Abs. 1 FFH-RL ausreichend gewahrt sei, notwendigen Daten nicht ermittelt
worden seien. Schließlich sei für den fraglichen Bereich des Eltingmühlenbachs ein
Brutvorkommen des Eisvogels kartiert. Es stehe damit auch das Verbot aus Art. 5 der
Vogelschutzrichtlinie 79/409/EWG in Rede.
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Der Kläger beantragt,
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den Planfeststellungsbeschluss des Beklagten vom 28. Dezember 2004 in der Fassung
der Änderungen vom 6. Juli 2006 aufzuheben.
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Der Beklagte und die Beigeladene beantragen,
22
die Klage abzuweisen.
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Sie tragen im wesentlichen vor: Die Verwirklichung des Vorhabens wie planfestgestellt,
sei nach wie vor beabsichtigt. Es sei nicht zweifelhaft, dass der Ausbau auch über den
vorerst vorgesehenen ersten Bauabschnitt hinaus finanziert werden könne. Dem
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Vorhaben stünden keine zwingenden arten- und naturschutzrechtlichen Verbote
entgegen. Der geplante Ausbau betreffe keinen nach der FFH-Richtlinie besonderes
geschützten prioritären Lebensraumtyp. Im Ausbaugebiet sei kein Auenwaldbestand
vorhanden und lasse sich auch keiner entwickeln. Es fehle an einem intakten Boden-
und Wasserregime, das regelmäßige Überflutungen zulasse. Der Gewässerlauf sei im
Vorhabengebiet im Rahmen von Straßenbauarbeiten innerhalb und im unmittelbaren
Umfeld des eigentlichen Eingriffsraumes vollständig begradigt worden. Es bestehe
deshalb nur eine geringe Überflutungswahrscheinlichkeit. Die
Kompensationsmaßnahmen zielten auf einen Ausgleich für den betroffenen
Lebensraumtyp 3260 und die Art Bachneunauge. Dass sie teilweise auch als begünstigt
den Lebensraumtyp Auenwald beträfen, sei eine positive Begleiterscheinung. Eine
Beeinträchtigung der Art Steinbeißer liege nicht vor. Ein Vorkommen im Vorhabengebiet
sei nicht nachgewiesen. Nach den Feststellungen der FFH-Untersuchung könne die
Verbindungsstruktur für den genetischen Ausgleich im erforderlichen Maße
aufrechterhalten bleiben. Um dies sicherzustellen, sehe der landschaftspflegerische
Begleitplan eine entsprechende Gestaltung der Bachsohle vor. Der Lebensraumtyp
3260 und die Art Bachneunauge seien ebenfalls nicht im rechtlichen Sinne erheblich
beeinträchtigt. Bei dieser Betrachtung seien die durch die Begradigung des Baches
hervorgerufenen Vorschäden des Gebietes zu berücksichtigen, da die
Erheblichkeitsschwelle bei naturbelassenen Schutzgebieten geringer sei als bei
solchen mit Vorschäden. Zudem kompensierten die angeordneten
Kohärenzmaßnahmen die Wirkungen des Eingriffs vollständig. Die Wirkungen von
Verminderungs- und Ausgleichsmaßnahmen seien bereits bei der Beurteilung der
Frage, ob eine erhebliche Beeinträchtigung zu erwarten sei, zu berücksichtigen.
Jedenfalls lägen die Voraussetzungen für eine Ausnahme vom Zulassungsverbot nach
Art. 6 Abs. 4 Unterabsatz 1 FFH-Richtlinie vor. Die weitergehenden Anforderungen des
Art. 6 Abs. 4 Unterabsatz 2 FFH- Richtlinie griffen nicht, weil kein prioritärer Lebensraum
beeinträchtigt werde. Zumutbare Alternativen hätten nicht zur Verfügung gestanden. Bei
den vom Kläger vorgestellten Ausbauvarianten handele es sich jeweils um andere
Projekte, weil sie den verfolgten Planungszielen nicht entsprächen. Eine hinreichende
Verlängerung nach Osten sei nicht möglich. Ihr stehe zudem die
Lärmschutzvereinbarung entgegen, die bereits 1976 mit der Gemeinde Ladbergen für
den Norden des Gemeindegebietes getroffen worden sei. Eine Reduzierung der
geplanten Brückenbreite scheide, wie im Planfeststellungsbeschluss im Einzelnen
erläutert, aus. Die für das Vorhaben sprechenden öffentlichen Belange begründeten in
ihrer Gesamtheit zwingende überwiegende öffentlichen Interessen im Sinne
europarechtlicher Vorgaben. Für das Vorhaben sprächen Belange des Luftverkehrs.
Das Interesse ergäbe sich aus der Funktion des Verkehrsflughafens, die luftseitige
Anbindung der Region Westfalen für Flüge in allen Entfernungen und bei allen
Witterungsbedingungen sicherzustellen. Es gehe um die Stärkung der
Weiterentwicklung der Luftverkehrsinfrastruktur in Nordrhein-Westfalen. Die Bedeutung
dieses Anliegens sei durch die Aufnahme einer entsprechenden Zielsetzung in der
Verkehrs- und Landesplanung unterstrichen worden. Das Ziel sei ohne Querung des
Eltingmühlenbachs nicht zu erreichen. Die bestehende Start- und Landebahn sei für
restriktionsfreie lange Mittelstreckenflüge zu kurz. Ein Marktpotential für diese Flüge sei
durch das Gutachten Dr. X. aus 2003 belegt. Ein entwicklungsfähiges
Nachfragepotenzial für den Interkontinentalverkehr sei gutachterlich ebenfalls
abgesichert. Die Prognosezahlen seien durch die Inanspruchnahme des Flughafens
bestätigt worden. Das Passagieraufkommen habe sich in den Jahren 1993 bis 2003 fast
verdreifacht. Die Prognose für Kurz- und Mittelstreckenbereiche sei für das Jahr 2000
sogar übertroffen worden. Ebenfalls abgesichert sei, dass bei einem steigenden
Wachstum des Luftfrachtverkehrs sich die Antriebskräfte für eine Konzentration auf die
Verkehrsflughäfen Frankfurt/Main und Köln/Bonn relativierten. Die aus dem Vorhaben
resultierenden Arbeitsplatzeffekte und weiteren Standortvorteile, seien ebenfalls
gutachterlich abgesichert. Die Prognosen genügten den rechtlichen Anforderungen. Die
mit jeder Prognose verbundene Ungewissheit künftiger Entwicklung stehe im konkreten
Fall auch noch in einem angemessenen Verhältnis zu dem durch das Vorhaben
verursachten Eingriff. Die minimale Beeinträchtigung des FFH-Gebietes
Eltingmühlenbach habe hinter der luftverkehrsrechtlichen und verkehrswirtschaftlichen
Bedeutung des Vorhabens für die Erschließung des Landesteils Westfalen
zurückzustehen. Eine Gefährdung des Erhaltungszustandes von FFH-Arten oder FFH-
Lebensraumtypen werde durch das Vorhaben nicht verursacht. Weitergehende
Untersuchungen über mögliche kumulative Auswirkungen des Planvorhabens
"AirportPark" seien nicht erforderlich gewesen. Solche kämen nur bei entsprechender
Konkretisierung in Betracht. Regelungen für den Umgang mit kontaminiertem
Oberflächenwasser seien ebenfalls nicht erforderlich gewesen, weil diese Gegenstand
der einschlägigen wasserrechtlichen Genehmigungen seien. Zu den Auswirkungen der
Einleitung von Oberflächenwasser mittels Notüberläufen in den Eltingmühlenbach sei
zudem eine eigenständige FFH- Verträglichkeitsuntersuchung durchgeführt worden, die
zu dem Ergebnis gekommen sei, dass der Notüberlauf des Regenrückhaltebeckens V
des Flughafens zu keinen erheblichen Belastungen des Eltingmühlenbachs und der
Ems führe. Das Vorhaben verstoße auch nicht gegen Artenschutzrecht. Es greife auch
bezogen auf die angesprochenen Fledermäuse und den Eisvogel allein in
Nahrungsbereiche bzw. Jagdplätze ein. Sommerquartiere oder Wochenstuben von
Fledermäusen seien nicht betroffen. Eine Brutstätte des Eisvogels lasse sich allein
südlich des Ausbaugebietes feststellen. Weitergehende Untersuchungen seien nicht
erforderlich gewesen. Es habe ausgereicht, sich auf die Daten zu beziehen, die bei den
für solche Untersuchungen zuständigen Behörden vorhandenen seien und in
Absprache mit diesen Behörden die Auswirkungen des Vorhabens auf die bekannten
schutzwürdigen Naturgüter zu ermitteln und zu bewerten.
Im Verlaufe des Klageverfahrens haben die Beteiligten weitere Gutachten und
Stellungnahmen eingereicht. Der Kläger hat u.a. eine fachgutachterliche Stellungnahme
zu den Ufergehölzen am Eltingmühlenbach von Dr. I. und Q. aus Juli 2005 vorgelegt,
sowie eine weitere Stellungnahme von N. -Q1. aus Juni 2006 zu den vorliegenden
Verkehrsprognosen. Die Beigeladene hat verschiedene Stellungnahmen des Büros G.
& T. zum Vortrag des Klägers und weiter das "Teilgutachten Fledermaus" der Fa. F. vom
15. November 2005 vorgelegt, das im Rahmen der 119. Änderung des
Flächennutzungsplanes der Gemeinde Greven für die erste Realisierungsstufe des
AirportParks FMO sowie zur Linienbestimmung der K 9n im Auftrag der unteren
Landschaftsbehörde des Kreises T1. erstellt worden ist.
25
In der mündlichen Verhandlung sind weitere Unterlagen überreicht worden. Des
weiteren hat der Kläger Beweisanträge gestellt, die der Senat aus den in der
Sitzungsniederschrift niedergelegten Gründen, auf die Bezug genommen wird,
abgelehnt hat.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der
Gerichtsakte nebst den von den Beteiligten eingereichten Unterlagen sowie den Inhalt
der beigezogenen Verwaltungsvorgänge einschließlich derjenigen Vorgänge Bezug
genommen, die in den parallel verhandelten Verfahren 20 D 87/05.AK und 20 D
89/05.AK eingereicht worden sind.
27
Entscheidungsgründe
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Die Klage ist zulässig. Sie ist form- und fristgerecht erhoben und rechtzeitig begründet
worden. Mit ihr macht der Kläger im Rahmen seiner Befugnis aus § 12b LG NRW, § 61
BNatSchG ins Einzelne gehend eine Verletzung natur- und landschaftsrechtlicher
Anforderungen unter Einbeziehung europäischen Rechts geltend.
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Die Klage ist unbegründet. Der Planfeststellungsbeschluss lässt eine Verletzung
rechtlicher Vorgaben, zu deren Geltendmachung der Kläger berechtigt ist, nicht
erkennen. Insbesondere hat der Beklagte rechts- und abwägungsfehlerfrei die mit dem
Vorhaben verbundenen Eingriffe in Landschaft und Natur hinter die öffentlichen
Belangen zurücktreten lassen, die sich für die planfestgestellte Verlängerung der Start-
und Landebahn anführen lassen.
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Wie der Kläger zutreffend herausstellt, unterliegt das Vorhaben wegen der mit der
Übertunnelung des Eltingmühlenbachs verbundenen Eingriffe einem in
europarechtlichen Regelungen angelegten Verbot, von dem nur unter besonderen
rechtlichen Voraussetzungen abgewichen werden kann (I.). Diese liegen hier allerdings
vor (II.). Relevante Fehler bei der Abwägung der natur- und landschaftsrechtlichen
Belange im Übrigen sind nicht ersichtlich (III.).
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I.
32
1. Es greift das Verbot aus § 48d Abs. 4 LG NRW, wonach ein Projekt unzulässig ist,
wenn eine gemäß Absatz 1 durchzuführende Verträglichkeitsprüfung zu dem Ergebnis
kommt, dass es einzeln oder in Zusammenwirkung mit anderen Plänen und Projekten
zu erheblichen Beeinträchtigungen eines Gebietes von gemeinschaftlicher Bedeutung
in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen
führen kann. Ein solches Projekt darf nur ausnahmsweise zugelassen werden, wenn es
aus zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses einschließlich
solcher sozialer oder wirtschaftlicher Art notwendig ist und zumutbare Alternativen nicht
vorhanden sind. In diesem Fall sind die zur Sicherung des Zusammenhangs des
europäischen ökologischen Netzes "Natura 2000" notwendigen Maßnahmen dem
Projektträger aufzuerlegen und ist die Kommission zu unterrichten (§ 48d Abs. 7 LG
NRW). Befinden sich in dem vom Projekt betroffenen Gebiet prioritäre Biotope
(natürliche Lebensraumtypen) und/oder prioritäre Arten, so können nur die in § 48d Abs.
6 LG NRW enumerativ aufgeführten Erwägungen u. a. im Zusammenhang mit der
Gesundheit des Menschen geltend gemacht werden. Sonstige (zwingende) Gründe des
überwiegenden Interesses können nur nach Stellungnahme der Kommission
Berücksichtigung finden.
33
Der planfestgestellte Ausbau des Flughafens ist ein Projekt im Sinne dieser Vorschrift,
weil das Ausbauvorhaben einer behördlichen Entscheidung bedarf und z.T. innerhalb
eines Gebiets von gemeinschaftlicher Bedeutung liegt (§ 10 Abs. 1 Nr. 11 Buchstabe a)
BNatSchG). Der von der Übertunnelung betroffene Bereich ist Teil des FFH-Gebietes
"Eltingmühlenbach", das unter der Bezeichnung DE-3811-301 in der Liste von Gebieten
von gemeinschaftlicher Bedeutung der atlantisch- biogeographischen Region aufgeführt
ist, welche die Europäische Kommission mit Entscheidung vom 7. Dezember 2004
(2004/813/EWG) gemäß Art. 4 Abs. 2 Unterabsatz 3 FFH-RL festgelegt hat. Diese
Entscheidung ist gemäß Art. 254 Abs. 3 EGV mit der Bekanntgabe an die
34
Bundesrepublik Deutschland am 8. Dezember 2004 wirksam geworden, also vor Erlass
des Planfeststellungsbeschlusses.
Damit gilt für ihn § 48d LG NRW, der - soweit hier von Belang - die Vorgaben des Art. 6
FFH-RL in einer europarechtlich nicht zu beanstandenden Weise umsetzt. Eine weitere
Veröffentlichung oder Umsetzung der Entscheidung der Europäischen Kommission war
dazu nicht erforderlich, wie die einschlägige Begriffsbestimmung aus § 10 Abs. 1 Nr. 5
BNatSchG belegt. Das entspricht auch den europarechtlichen Vorgaben, wonach mit
Aufnahme in die Liste für das Gebiet unmittelbar die Anforderungen aus Art. 6 Abs. 2 bis
4 FFH-RL gelten.
35
Vgl. EuGH, Urteil vom 13. Januar 2005 - C-117/03 -, EuGHE I 2005, 167 = NVwZ 2005,
311.
36
Eine Übergangsregelung für laufende Verfahren, d.h. Projekte, deren Zulassung schon
vor Aufnahme betroffener Gebiete in die Liste beantragt worden ist, sehen weder die
nationalen noch die europäischen Vorschriften vor. Dies entspricht ohne weiteres der
mit der Richtlinie verfolgten Interessenlage, die nach der genannten Rechtsprechung
des EuGH dazu führt, dass schon vor Aufnahme eines geeigneten und gemeldeten
Gebietes in die Liste nach Art. 4 FFH-RL besondere Schutzpflichten der Mitgliedstaaten
bestehen. Dabei stellt die Anlegung der Maßstäbe des Art. 6 Abs. 3 und 4 FFH-RL bei
Infrastrukturvorhaben regelmäßig eine Schutzvorkehrung dar, die im Hinblick auf das mit
der Richtlinie verfolgte Erhaltungsziel geeignet ist, die erhebliche ökologische
Bedeutung eines gemeldeten Gebietes zu wahren.
37
Vgl. BVerwG, Beschluss vom 7. September 2005 - 4 B 49.05 -, BVerwGE 124, 201 =
DVBl. 2005, 1594.
38
Gemessen an den Anforderungen des § 48d Abs. 4 LG NRW durfte das
Ausbauvorhaben nur ausnahmsweise unter den Voraussetzungen des § 48d Abs. 5 LG
NRW zugelassen werden und waren weitergehende Maßnahmen nach § 48d Abs. 7 LG
NRW zu treffen. Denn das Vorhaben kann im Sinne der genannten Vorschrift zu einer
erheblichen Beeinträchtigung des ausgewiesenen FFH-Gebietes "Eltingmühlenbach" in
für die Erhaltungsziele maßgeblichen Bestandteilen führen. Die Erhaltungsziele sind
vorliegend mangels ausdrücklicher Festlegungen unter Einbeziehung der
Zielsetzungen des Landschafts- bzw. Bundesnaturschutzgesetzes aus den für die
Meldung des Gebietes ausschlaggebenden Gründen abzuleiten, die sich aus den
Angaben im amtlichen Standard-Datenbogen des Gebietes DE-3811- 301 zur
Gebietsmeldung bei der Kommission der Europäischen Gemeinschaften ergeben. Die
Regelungen der 3. Änderung des Landschaftsplanes I des Kreises T1. "Grevener
Sande" führen auf keine weitergehenden Anforderungen. Zum einen sind sie erst nach
Erlass des Planfeststellungsbeschluss im Mai 2005 wirksam geworden. Zum anderen
erschließt sich auch unter Berücksichtigung der Ausführungen des Klägers in der
mündlichen Verhandlung nicht, dass der im Landschaftsplan für das Gebiet
ausgewiesene Schutzzweck auf der Grundlage des § 48d Abs. 1 Satz 2 LG NRW weiter
greift, zumal das planfestgestellte Vorhaben nach den Neuregelungen des
Landschaftsplanes ausdrücklich zu den ausgenommenen Tätigkeiten zählt.
39
Ausgehend von den für die Meldung und die Aufnahme des Gebietes in die Liste der
Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung maßgeblichen Gründe sieht der Senat auf
der Grundlage der vorliegenden Erkenntnisse und des Ergebnisses der mündlichen
40
Verhandlung eine erhebliche Beeinträchtigung des FFH-Gebietes Eltingmühlenbach in
seinen Erhaltungszielen als möglich an und zwar im Hinblick auf den Lebensraumtyp
Fließgewässer der planaren bis montanen Stufe mit Vegetation des Ranunculion
fluitantis (Code 3260 - Bezeichnung in NRW: Tieflandbach) und die Art Bachneunauge
(Code 1096). Tragfähige Anknüpfungspunkte für weitere Beeinträchtigungen des FFH-
Gebietes, insbesondere im Hinblick auf den prioritären Lebensraumtyp Erlen-,
Eschenwälder und Weichholz-Auenwälder (Code 91E0) - kurz Weichholz-Auenwald -
sowie die als bedeutend für das Gebiet ausgewiesenen Arten Steinbeißer (Code 1149),
Groppe (Code 1163) und Eisvogel fehlen.
Bei der Prüfung, ob der Verbotstatbestand des § 48d Abs. 4 LG NRW erfüllt ist, sind
sämtliche Gesichtspunkte des jeweiligen Projektes, die für sich oder mit anderen Plänen
und/oder Projekten die für dieses Gebiet festgelegten Erhaltungsziele beeinträchtigen
können, einzustellen. Dabei genügt die mögliche Beeinträchtigung der Erhaltungsziele
bezogen auf einen Lebensraumtyp oder eine Art. Unter Berücksichtigung des
Vorsorgeprinzips ist der notwendige Grad der Wahrscheinlichkeit, der zu weiteren
Anforderungen an die Zulassung des Projekts führt, schon dann erreicht, wenn anhand
der objektiven Umstände nicht ausgeschlossen werden kann, dass ein Plan oder das
Projekt das fragliche Gebiet in einem seiner Erhaltungsziele erheblich beeinträchtigt.
Eine erhebliche Beeinträchtigung ist auszuschließen, wenn aus wissenschaftlicher
Sicht kein vernünftiger Zweifel daran besteht, dass das Projekt keine solche
Auswirkungen haben wird.
41
Vgl. EuGH, Urteile vom 20. Oktober 2005 - C-6/04 - und vom 7. September 2004 - C-
127/02 -, EuGHE I 2004, 7405 = NuR 2004, 788.
42
Projektbezogene Minimierungs- und Minderungsmaßnahmen, die in ihrer Gesamtheit
darauf abzielen, mit dem Vorhaben möglicherweise verbundenen nachteiligen Folgen
zu begegnen, können dabei Berücksichtigung finden.
43
Vgl. BVerwG, Urteile vom 16. März 2006 - 4 A 1075.04 - und vom 27. Februar 2003 - 4 A
59.01 -, BVerwGE 118, 15, Beschluss vom 8. Oktober 2002, - 9 VR 16.02, 9 A 48.02 -;
OVG NRW, Beschluss vom 11. Mai 1999 - 20 B 1464/98.AK -, NuR 2000, 165.
44
Das betrifft vorliegend allerdings im wesentlichen nur die vorgesehenen Lichtschächte
im Tunnel sowie die besondere naturnahe Ausgestaltung des verlegten Bachbettes.
Demgegenüber sind die in § 48d Abs. 7 LG NRW aufgestellten Anforderungen, die
denen aus Art. 6 Abs. 4 FFH-RL entsprechen, d. h. insbesondere sonstige (notwendige)
Ausgleichsmaßnahmen, keine Aspekte, welche die Verträglichkeitsprüfung im Sinne
des § 48d Abs. 4 LG NRW betreffen. Allenfalls Maßnahmen, die den konkreten Eingriff
mindern, können auf dieser Ebene Berücksichtigung finden, nicht aber solche
Maßnahmen, die den Eingriff ausgleichen oder kompensieren. Denn § 48d LG NRW
regelt entsprechend Art. 6 FFH-RL ein gestuftes Verfahren. Die Prüfung der
Verträglichkeit eines Vorhabens nach § 48d Abs. 2 bis 4 LG NRW ist schon nach der
Systematik der Vorschrift von der Prüfung der Ausnahmetatbestände nach § 48d Abs. 5
und 6 LG NRW zu trennen. Allein ein solches Verständnis entspricht der Systematik des
Art. 6 FFH-RL und den Zielsetzungen der FFH-Richtlinie, aus Vorsorgegründen jede
aus fachwissenschaftlicher Sicht mögliche Gefährdung der Erhaltungsziele nur unter
besonderen Voraussetzungen zuzulassen. Elemente nach Art. 6 Abs. 4 FFH-RL sind
daher bei der Umsetzung von Art. 6 Abs. 3 FFH-RL auch nach der Rechtsprechung des
EuGH nicht zu berücksichtigen.
45
Vgl. Urteil vom 14. April 2005 - C-441/03 -, EuGHE I 2005, 3043 = NuR 2005, 450.
46
Davon ausgehend sind die von der Beigeladenen und dem Beklagten in diesem
Zusammenhang angeführten Maßnahmen zur Neu- und Umgestaltung sowie
Verbesserung der Gewässerdurchlässigkeit für die Frage, ob eine erhebliche
Beeinträchtigung i.S.d. § 48d Abs. 4 LG NRW vorliegt, ohne Relevanz. Sie lassen sich
auch in ihrer Wirkung nicht mit den projektbezogenen Schutzvorkehrungen im Sinne der
genannten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts vergleichen. Anders als
bei den Maßnahmen und Schutzanpflanzungen, über die das
Bundesverwaltungsgericht in den angeführten Entscheidungen entschieden hat, besteht
der Zweck der im Maßnahmenkonzept, das im Anschluss an die FFH-
Verträglichkeitsuntersuchung des Büros G. & T. erstellt wurde, aufgeführten "Gewässer-
Kompensationsflächen" gerade nicht darin, den durch das Vorhaben betroffenen
empfindlichen Lebensraum Code 3260 - Fließgewässer der planaren bis montanen
Stufe mit Vegetation des Ranunculion fluitantis - vor den schädlichen Einwirkungen
abzuschirmen, die von dem Projekt ausgehen; sie bieten allein einen zusätzlichen
Ausgleich. Nichts anderes gilt für die auf die Art Bachneunauge bezogene "Gewässer-
Kompensation zur Verbesserung der Durchgängigkeit". Dabei handelt es sich zwar um
Maßnahmen, die zu den für das Gebiet benannten wichtigsten übergreifenden
Schutzmaßnahmen gehören, die angestrebt werden, nämlich solche, die der Erhaltung
der lebensraumgestaltenden Fließdynamik dienen. Das ändert indes nichts daran, dass
sie die Einwirkungen des streitigen Projektes - Übertunnelung des Baches auf einer
Länge von 390 Metern - nicht einschränken, sondern ausgleichen. Die Auswirkungen
der Einschränkung der Durchgängigkeit des Baches im Bereich der Übertunnelung
sollen durch die Beseitigung der Einschränkungen der Durchgängigkeit andernorts
kompensiert werden. Die Vorgabe im Planfeststellungsbeschluss unter V.3.1 Satz 2,
wonach die zur Sicherung des gemeldeten FFH-Gebietes notwendigen Maßnahmen
bereits vor Eingriffsbeginn abzuschließen sind, führt auf keine andere Beurteilung.
47
Bei Maßnahmen dieser Art ist nach der eindeutigen gesetzlichen Systematik der
Ausgleich auf der Stufe der erforderlichen Würdigung des Projektes anhand der für eine
Ausnahme von dem Verbot maßgeblichen Vorgaben auszurichten.
48
Vgl. zur Systematik auch: EuGH, Urteil vom 14. April 2005 - C-441/03 -, a.a.O.
49
§ 48d Abs. 5 und 6 LG NRW zielen wie Art. 6 Abs. 4 Unterabsatz 1 und 2 FFH- RL mit
der gebotenen Betrachtung, ob zwingende überwiegende Gründe das Projekt
begründen, im Kern auf eine Gewichtung der entgegenstehenden Belange. Erforderlich
ist eine bewertende Betrachtung. Die Gegebenheiten des Einzelfalles sind näher zu
ermitteln und die tatsächlich zu erwartenden naturschutzrechtlichen Beeinträchtigungen
in das Verhältnis zu setzen mit den für das Vorhaben sprechenden Interessen.
50
Das zugrundegelegt sieht der Senat auf der Grundlage der vorliegenden Erkenntnisse
eine Beeinträchtigung des Gebietes in Bezug auf den Lebensraumtyp 3260 und die Art
Bachneunauge i.S.d. § 48d Abs. 4 LG NRW als möglich an. Eine Gefährdung des
Gebietes in anderen für die Erhaltungsziele maßgeblichen Bestandteilen scheidet
demgegenüber aus.
51
Nach den überzeugenden Feststellungen der FFH-Verträglichkeitsuntersuchung aus
Februar 1999 führt die Übertunnelung zu einem streckenweisen vollen Verlust und
52
Funktionsverlust des Lebensraumtyps 3260. Mit der Bachufervegetation geht innerhalb
des Tunnels eine für die Reinhaltung und die Lebensraumqualität der anderen
Strukturen (Bachbett, Kleinbiotope im Wasser) bedeutende Teilstruktur eines
naturnahen Tieflandfließgewässers verloren. Zwar ist der Lebensraumtyp 3260 nach
den Feststellungen der Gutachter auf der gesamten Wasserstrecke vorhanden, d.h. auf
einer Länge von ca. 15 km. Betroffen sind also weniger als 3 % des Gesamtbestandes.
Ein Eingriff unterhalb der Bagatellgrenze ist angesichts der Größenordnung der
Überbauung auf einer Länge von immerhin 390 Metern aber nicht anzunehmen. In dem
vom Kläger auszugsweise vorgelegten, vom Bundesamt für Naturschutz in Auftrag
gegebenen Bericht der Planungsgruppe Ökologie + Umwelt GmbH aus April 2004
"Ermittlung von erheblichen Beeinträchtigungen im Rahmen der FFH-
Verträglichkeitsuntersuchung" wird als Bagatellgrenze bei direktem Flächenentzug des
Lebensraumtyps 3260 eine Fläche von 10 qm vorgeschlagen. Neben dem
Flächenentzug ist - wie die Gutachter in der mündlichen Verhandlung bestätigt haben -
zudem auch die verbleibende Zerschneidungswirkung in Bezug auf die Ufervegetation
anzuführen. Die Gutachter haben ihre Feststellungen aus dem Ausgangsgutachten in
ihrer ergänzenden Stellungnahme vom 11. April 2003 zur Schutzwürdigkeit des
Eltingmühlenbaches unter Berücksichtigung des Maßnahmen- Konzeptes zum
Ausgleich der Beeinträchtigung allein unter wertender Einbeziehung der angeordneten
Gewässerausgleichsmaßnahmen relativiert, die indes - wie ausgeführt - im gegebenen
Zusammenhang keine Berücksichtigung finden.
Auch im Hinblick auf die Erhaltungsziele betreffend die Tierart Bachneunauge lassen
die vorliegenden Erkenntnisse eine hinreichende Gefährdung erkennen. Bei dem
Bachneunauge handelt es sich um keine echte Fischart, sondern um ein kieferloses
Rundmaul. Es ist gegenüber Wasserverschmutzung sehr empfindlich. Nach den
Feststellungen der FFH-Gutachter werden die erforderlichen Maßnahmen im
Gewässerbett (Verlegung, Teilbefestigung im Unterbau, dynamische Umlagerungen,
eingeschränkt fehlende vegetationsbeeinflusste Strukturen) als so gravierend eingestuft,
dass von einem Verlust des Habitats des Bachneunauges im Bereich der
Übertunnelung auszugehen ist. Unter Bezugnahme auf Untersuchungen im Bereich
einer anderweitigen Übertunnelung, wonach innerhalb der Tunnelstrecke keine
Bachneunaugen festgestellt wurden, obwohl sie unterhalb in größerer Anzahl zu finden
waren, gelangen die Gutachter nachvollziehbar zu dem Ergebnis, dass aufgrund der
bisher geringen Fundhäufigkeit und -dichte der Bachneunaugen eine Gefährdung des
Gesamtbestandes im Eltingmühlenbach nicht auszuschließen sei. Das ist unter
Einbeziehung der besonderen Empfindlichkeit dieser Tierart gegenüber Verschmutzung
und unter Berücksichtigung der Gefahren schon bei den Arbeiten zu der vorgesehenen
Verlegung des Bachbettes unmittelbar nachvollziehbar. Das Ergebnis wird gestützt
durch die Aussage der Gutachter, dass die vorhandenen wissenschaftlichen
Erkenntnisse gerade keine genaue Prognose zulassen, was die Fragestellung der
longitudinalen Passierbarkeit des überbauten Bachabschnitts angeht. Auch die
ergänzende Stellungnahme vom 11. April 2003 lässt allein den Schluss zu, dass erst
die Kohärenzmaßnahmen die Gefahr des Verlustes auf ein vertretbares Maß verringern.
Wenn es in der UVP heißt, dass eine natürliche Gewässersohle den überbauten
Abschnitt zum Lebensraum macht, trägt dies ebenfalls keine andere Bewertung, zumal
die Ausführungen die betreffende Tierart selbst nicht erfassen.
53
Eine erhebliche Beeinträchtigung des Gebietes in Bezug auf die den prioritären
Lebensraumtyp Weichholz-Auenwald (91E0) betreffenden Erhaltungsziele ist
demgegenüber auszuschließen. Auf der Grundlage vorliegender Erkenntnisse,
54
insbesondere der Ergebnisse der vorgelegten Untersuchungen und Stellungnahmen
sowie des vorhandenen Bildmaterials und der Erörterungen in der mündlichen
Verhandlung ist der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass anhand der objektiven
Umstände aus fachwissenschaftlicher Sicht kein vernünftiger Zweifel daran bestehen
kann, dass das Ausbauvorhaben bezogen auf den Lebensraumtyp Weichholz-
Auenwald keine relevanten Auswirkungen hat. Eine weitergehende sachverständige
Begutachtung, wie vom Kläger in der mündlichen Verhandlung beantragt, bedurfte es
nicht.
Nach den umfangreich sachverständig dargestellten Tatsachen und dem vorliegenden
Bildmaterial bietet der unmittelbare Eingriffsbereich auch ohne Berücksichtigung eines
fehlenden hohen Bewuchses, dessen Beseitigung der Kläger wiederholt als
rechtswidrig beanstandet hat, insbesondere nach der Geländestruktur und der damit
zusammenhängenden Überschwemmungsmöglichkeit keine Basis für die Annahme
eines Auenwaldbereichs.
55
Zwar mögen im Eingriffsbereich Pflanzen- und Tierarten vorhanden sein, die
typischerweise auch in einem Weichholz-Auenwald zu finden sind. Auch mag die
fehlende Vegetationsdichte und seitliche Ausdehnung die Zuordnung nicht zwingend
ausschließen. Eine Zuordnung von Flächen zum Lebensraumtyp Weichholz- Auenwald
setzt indes, wie auch in den Kartierungshinweisen des Bundesamtes für Naturschutz
hervorgehoben, ein noch weitgehend intaktes Wasserregime voraus. Erforderlich ist
eine mehr oder weniger regelmäßige Überflutung der Aue, d.h. des Uferbereichs in
entsprechender Breite, durch Überflutungs- und Druckwasser.
56
Vgl. Das europäische Schutzgebietssystem NATURA 2000 -BfN-Handbuch zur
Umsetzung der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie und der Vogelschutzrichtlinie, S. 361.
57
Episodische Überschwemmungen reichen demgegenüber nicht aus. Prof. Dr. T. hat
dazu in der mündlichen Verhandlung eine Überflutung an jedenfalls 40 - 120 Tagen des
Jahres angeführt. Der Verfasser des Landschaftspflegerischen Begleitplans L. hat das
Erfordernis einer Überflutungshäufigkeit diesen Umfangs bestätigt.
58
An einem solchen Wasserregime fehlt es hier. Für den betroffenen Bachabschnitt
stehen allenfalls episodische Überschwemmungen mit zudem geringer Ausdehnung in
Rede. Bereits in ihrer Stellungnahme vom 1. September 2005 haben die FFH- Gutachter
zur Antragsschrift des Klägers ausgeführt, dass bei der vorhandenen Geländestruktur
einschließlich des Bachlaufs regelmäßige und oft längere Überflutungen nicht einmal in
halber Baumkronenbreite stattfinden können. Sie haben zudem die Vermutung
geäußert, dass aufgrund der Veränderungen am Gewässerbett wahrscheinlich auch die
Bodenstrukturen überformt sind. Die Angaben zur Überflutungshäufigkeit und zum
Überflutungsumfang leuchten anhand der vorliegenden Karten und Fotos unmittelbar
ein. Sie zeigen im Bereich der geplanten Starbahnverlängerung einen begradigten
Bachabschnitt mit einer auf frühere bauliche Maßnahmen zurückgehenden
gleichförmigen und steilen Uferböschung von bis zu 3 m. In der mündlichen
Verhandlung ist im besonderen darauf hingewiesen worden, dass im Ausbaubereich
keine Mäanderbögen vorhanden und Bachbegradigungen in der Vergangenheit gerade
auch deshalb vorgenommen worden sind, um Überschwemmungen zu verhindern.
Hinreichend fundierte Anhaltspunkte dafür, dass dessen ungeachtet im Ausbaubereich
relevante Überschwemmungen auftreten, welche die Entwicklung eines Auenbereichs
erwarten lassen könnten, fehlen.
59
Die Ausweisung des Bachbereichs als Überschwemmungsgebiet durch die
Bezirksregierung Münster weist auf keine jährlichen mehrtägigen Überschwemmungen.
Sie knüpft an eine 100jährige Überschwemmungswahrscheinlichkeit an. Der Hinweis
des Gutachters Dr. I. in der mündlichen Verhandlung , dass keine Daten vorhanden
seien, in welcher Häufigkeit und in welchem Umfang in den vergangenen Jahren der
Bach über das Ufer getreten ist, gibt angesichts der aufgezeigten vorhandenen
Geländestrukturen und der dargelegten überzeugenden Ausführungen der FFH-
Gutachter keinen Anlass, den Sachverhalt diesbezüglich weiter aufzuklären.
Entsprechendes gilt für die Ausführungen, dass aus der Geländemorphologie auf eine
regelmäßige Überschwemmung jedenfalls in einer Breite von 10 bis 20 Metern
geschlossen werden könne. Schließlich sagt auch der Umstand, dass der Bach
unbeschadet der angeführten Überformungen in Teilen als naturnaher Bachlauf dem
Biotopschutz aus § 62 LG NRW unterliegt, über das Wasser- und Überflutungsregime in
diesem Abschnitt nichts aus; naturnahe Bachläufe sind nicht notwendig von
Auenbereichen begleitet.
60
Die Einschätzung der FFH-Gutachter, dass sich der Ausbaubereich nicht dem
Lebensraumtyp Weichholz-Auenwald zuordnen lasse, entspricht auch der Einschätzung
des TÜV-Rheinland in der vorgelegten UVP, wonach im Bereich der
Flughafenerweiterung prioritärer Lebensraum nicht vorhanden ist. Im Übrigen werden
die Ausführungen dadurch bestätigt, dass nach den unwidersprochenen Angaben der
FFH-Gutachter die aktuelle Kartierung der Landesanstalt für Ökologie, Bodenordnung
und Forsten Nordrhein-Westfalen (LÖBF) der FFH-Gebiete NRW für den betroffenen
Bereich allein den Lebensraumtyp 3260 ausweist.
61
Fehlt es an einem intakten Wasserregime, lässt sich eine Beeinträchtigung der
Erhaltungsziele des Gebietes in Bezug auf den prioritären Lebensraumtyp Weichholz-
Auenwald auch unter dem Aspekt des Erhalts von Wiederherstellungsflächen
ausschließen. Dabei ist dem Kläger zuzugeben, dass der Begriff der Erhaltung nach der
europäischen Begriffsbestimmung (Art. 1 Buchstabe a) FFH-RL) eine Wiederherstellung
einschließt. Erhaltung sind danach alle Maßnahmen, die erforderlich sind, um die
natürlichen Lebensräume und die Populationen wild lebender Tier- und Pflanzenarten
in einem günstigen Erhaltungszustand i.S.d. des Art. 1 Buchstaben e) bis i) zu erhalten
oder diesen wiederherzustellen. Die Wiederherstellung ist dabei auf den günstigen
Erhaltungszustand eines Lebensraums bezogen, nicht auf den Lebensraum selbst.
Indes stellt der Ausbaubereich derzeit wegen des Fehlens eines intakten
Wasserregimes keinen entsprechenden Lebensraum dar, im Übrigen noch nicht einmal
einen geeigneten Standort zur (Wieder-)Herstellung bzw. zur Entwicklung des
genannten Lebensraumtyps. Von einer bestehenden Entwicklungsmöglichkeit kann
keine Rede sein. Es wären vielmehr einschneidende Eingriffe in das vorhandene
Gelände, den Bachlauf und den Verlauf der Kreisstraße erforderlich. Zudem gilt es zu
berücksichtigen, dass sich der Bereich auf diese Weise auch in andere
Lebensraumtypen wandeln ließe und bei der gegebenen Situation schon einem
anderen schützenswerten Lebensraum, nämlich dem Lebensraumtyp 3260,
zugerechnet werden kann. Jedenfalls wäre unter dem Aspekt der Wiederherstellung
eines nicht (mehr) vorhandenen Lebensraumtyps regelmäßig eine entsprechende
konkretisierende Regelung zu fordern, zumal wenn wie hier eine Konkurrenz von
Entwicklungsmöglichkeiten besteht und die Herstellung des Lebensraumtyps
umfangreiche weitergehende Eingriffe in das Gelände erfordern würde. An einer
solchen Konkretisierung fehlt es hier, selbst unter Einbeziehung der Neuregelungen des
62
Landschaftsplanes "Grevener Sande", zumal diese den Ausbau des Flughafens
ausdrücklich ausnehmen.
Auch unter dem vom Kläger in der mündlichen Verhandlung besonders betonten Aspekt
des Zerschneidungseffekts ergibt sich keine Beeinträchtigung der Erhaltungsziele des
Gebietes im Hinblick auf den Lebensraumtyp Weichholz- Auenwald. Die
nächstgelegenen Bestände - die FFH-Gutachter nennen Erlenufergehölze, Eschenwald
sowie einen bruchwaldartigen Erlenbestand im Überschwemmungsbereich des
Eltingmühlenbachs - befinden sich nördlich und südlich des Eingriffsbereichs in einigen
hundert Metern Entfernung. Diesen Feststellungen ist auch der Kläger nicht
entgegengetreten. Die in der mündlichen Verhandlung zur Dokumentation des
Bestandes von Auenwäldern in der Nähe des Eingriffsbereichs vorgelegten Fotos
betreffen diese Bereiche. Demgegenüber lässt sich die Ufervegetation im weiteren
Bachverlauf bis zum bzw. ab dem Eingriffsbereich dem Lebensraumtyp nicht zuordnen.
Der Eingriffsbereich steht damit aber weder in unmittelbarem noch in Ansehung des
Bachverlaufs mittelbarem Kontakt mit den genannten Auenwaldbeständen. Dem
Überbauungsbereich kann deshalb auch keine besondere - gerade auf jene Bestände
bezogene - Verbindungsfunktion beigemessen werden. Die Zerschneidungswirkung
bleibt allein in Zusammenhang mit der Beeinträchtigung des Lebensraumtyps 3260 -
Tieflandbach - relevant. Hierauf bezogen wird sie auch im weiteren zu gewichten sein.
63
Die Feststellungen der weiteren Gutachten und Stellungnahmen zum Landschafts- und
Naturschutz bieten keinen Anhalt für eine abweichende Bewertung. Die von dem Kläger
angeführten Aussagen in der Ergänzung LBP 1 (Brutvogel- und Vegetationskartierung
1998) beziehen sich allgemein auf die Bestände im gesamten Untersuchungsraum. Die
Rede ist etwa auf Seite 38 von "Anklängen an einen Weiden-Auwald". Zugleich wird
bestätigt, dass die Standortverhältnisse weitgehend nicht denen eines typischen
Auenwaldes entsprechen. Aus der Tabelle 1 der Ergänzung LBP 2
(Kompensationsmaßnahmen) ergibt sich ebenfalls nichts anderes. Eine Abweichung zu
den Feststellungen der FFH-Verträglichkeitsuntersuchung erschließt sich nicht und lässt
sich auf der Grundlage der Erläuterungen des Verfassers, des Gutachters L. , in der
mündlichen Verhandlung, dass es für die Zuordnung des Bereichs zum Lebensraumtyp
Weichholz-Auenwald an einem intakten Wasserregime fehlt, ausschließen. Die Tabelle
erfasst nur allgemeine Betroffenheiten und nicht die Frage der Erheblichkeit. Die
Feststellungen im Übrigen knüpfen an die Feststellungen der FFH-
Verträglichkeitsuntersuchung an und gehen über diese nicht hinaus. Aus den
Kompensationsmaßnahmen, welche die Entwicklung von Auenwaldbeständen
betreffen, lässt sich ebenfalls nichts zugunsten der Ansicht des Klägers herleiten. Die
Wirkungen von Kompensationsmaßnahmen korrespondieren nicht notwendig mit den
Eingriffswirkungen. Sie haben für die Frage, welche Lebensräume und Arten als
erheblich beeinträchtigt eingestuft werden, allenfalls eine sehr eingeschränkte indizielle
Wirkung. So zielen die angeführten Maßnahmen vorliegend in erster Linie ausgleichend
auf die Verbesserung der Gewässerqualität und Unterwasservegetation durch
Aufwertung der Ufervegetation, gehen aber in ihrer Wirkung insoweit über den Eingriff
hinaus, als auch eine hochwertigere Ufervegetation initiiert werden soll.
64
Nach den vorliegenden gutachterlichen Stellungnahmen ist des weiteren
auszuschließen, dass die außerhalb des Bereichs der Übertunnelung festgestellten
Weichholz-Auenwald-Bestände in sonstiger Weise beeinträchtigt werden. In Rede
stehen betriebsbedingte Beeinträchtigungen durch Schadstoffe aller innerhalb eines
Abstands von 500 m liegenden Bestände. Der Umfang der potentiellen Schädigung
65
lässt sich nach den Feststellungen der FFH-Gutachter zwar auf der Basis der
vorhandenen Unterlagen und wegen des Fehlens zureichender wissenschaftlicher
Grundlagen nicht abschließend einschätzen. Nach den überzeugenden Ausführungen
der FFH-Gutachter, denen auch der Kläger nicht weiter entgegengetreten ist, lässt sich
eine nennenswerte Relevanz für die Erhaltungsziele des Gebietes insgesamt indes
ausschließen. Zum einen gehört der in Rede stehende Lebensraumtyp bezüglich seiner
Nährstoffversorgung nicht zum besonders empfindlichen Spektrum. Entsprechendes gilt
für den Bach, weil Schadstoffeinträge mit der fließenden Welle ausgetragen werden.
Empfindlich sind die Buchen- und Eichenwälder gegenüber Stoffen, die die
Versauerung fördern. Der Anteil dieses Waldtypes im Prüfungsgebiet, der sich in
unmittelbarer Flughafennähe befindet, ist aber nach den plausiblen Feststellungen der
Gutachter, namentlich den Feststellungen in der UVP, gering. Danach sind empfindliche
Waldbestände durch die Gesamt- SO 2 Belastung voraussichtlich nicht betroffen.
Auch bezogen auf die vom Kläger als ebenfalls gefährdet angesehenen nicht prioritären
Arten Groppe und Steinbeißer ergibt sich keine Beeinträchtigung des Gebietes.
66
Nach den Auswertungen der FFH-Gutachter kommt die Groppe im Ausbaubereich nicht
vor. Bestände sind im flughafennahen Unterlauf sowie in oberhalb liegenden
Abschnitten nachgewiesen worden. Eine wesentliche Beeinträchtigung der Bestände
schließen die FFH-Gutachter aus und führen überzeugend u.a. an, dass die Groppe als
nachtaktiver, standorttreuer Grundfisch in einer Untersuchung die einzige Fischart war,
bei der keine negativen Bestandsveränderungen innerhalb einer Tunnelstrecke zu
verzeichnen war. Anknüpfungspunkte für eine andere Bewertung bietet weder der
Vortrag des Klägers noch sind sie sonst ersichtlich.
67
Entsprechendes gilt für die Fischart Steinbeißer. Auch bezogen auf diese Art haben die
FFH-Gutachter überzeugend unter Hinweis auf anderweitige Erhebungen in dem
Ausgangsgutachten angeführt und in ihrer Stellungnahme vom 1. September 2005 in
Auseinandersetzung mit den Ausführungen des Klägers erläutert, dass davon
ausgegangen werden könne, dass Austauschbeziehungen im erforderlichen Maße
erhalten blieben. Diese Annahme ist nachvollziehbar daraus abgeleitet, dass der
Steinbeißer zu den zum großen Teil nachtaktiven Arten gehört und deshalb als nicht
besonders empfindlich gegenüber der Trennung durch den Tunnel beurteilt wird, wenn -
wie hier - gewährleistet wird, dass dem Bachbett ausreichend Raum und dem
Bodensubstrat eine naturnahe Vielfalt in der Tunnelstrecke erhalten bleibt. In der
mündlichen Verhandlung wurde weiter erläutert, dass die Lichtschächte im
Tunnelbauwerk gerade auch der Orientierung querender Fischarten dienen sollen. Da
ein Bestand nur oberhalb der Eltingmühle in einer Entfernung von etwa 4 km vom
Ausbaubereich nachgewiesen werden konnte, lässt sich insbesondere ausschließen,
dass der betroffene Bachbereich dem Steinbeißer als Laichhabitat dient. Veranlassung
zu einer erneuten oder weitergehenden Begutachtung besteht nicht.
68
Auch in Bezug auf den als für das Gebiet bedeutsam benannten Eisvogel sind nach den
Feststellungen der FFH-Gutachter die Erhaltungsziele nicht gefährdet. Denn danach
fehlen Hinweise für eine Betroffenheit einer signifikanten Zahl von Eisvögeln. Zudem
begründen das Artenspektrum und die anzusetzenden Populationskriterien keine
besondere Bedeutung des Gebietes als potentielles Vogelschutzgebietes gemäß der
europäischen Vogelschutzrichtlinie. Die Kartierung einer einzelnen Brutröhre im
Ausbaubereich Mitte der 1990er Jahre führt auf keine andere Beurteilung. Im Übrigen
weist schon die Brutvogelvegetationskarte 1998 ein Brutpaar nur noch außerhalb des
69
Untersuchungsgebietes aus und sind auch neuerlich keine Brutröhren im
Ausbaubereich gefunden worden.
Weitergehende Beeinträchtigungen des FFH-Gebietes scheiden aus. Insbesondere
wird keine Fledermausart von den Erhaltungszielen des FFH-Gebietes erfasst.
70
Dahingehende Bedenken ergeben sich auch nicht, soweit der Kläger die fehlende
Einbeziehung der Auswirkungen des in Planung befindlichen sog. AirportParks im
Rahmen der Prüfung anmahnt. Dabei bedarf es keiner Entscheidung, ob der
Planfeststellungsbeschluss das diesbezügliche Vorbringen des Klägers zu Recht als
präkludiert bezeichnet hat. Des weiteren mag auch dahinstehen, ob im Hinblick auf das
Gewerbegebiet überhaupt schon von einem Projekt im Sinne des § 48d Abs. 3 LG NRW
gesprochen werden kann, das im Rahmen der FFH-Verträglichkeitsprüfung zu
berücksichtigen gewesen wäre. Auch war es im Zeitpunkt des Erlasses des
Planfeststellungsbeschlusses (wohl) noch nicht Gegenstand eines konkreten Plans im
Sinne dieser Vorschrift. Solche Pläne befanden sich vielmehr zum Zeitpunkt des
Erlasses des Planfeststellungsbeschlusses erst in Aufstellung. Jedenfalls haben die
FFH- Gutachter die Planungen in ihre Betrachtungen eingestellt. Bei der Beschreibung
des Untersuchungsumfangs ist ausdrücklich hervorgehoben, dass bei der
Auswirkungsprognose sowohl die Verlängerung der Start- bzw. Landebahn als auch der
geplante Neubau der Kreisstraße 9, der 6-spurige Ausbau der A 1 und die vorgesehene
Gewerbegebietserweiterung südöstlich sowie südwestlich des Flughafengeländes zu
beurteilen seien. Die Gutachter halten fest, dass die Gewerbegebiete nicht unmittelbar
Flächen des Prüfungsgebietes beanspruchen und wegen der zu erwartenden
Ansiedlung von Firmen aus dem Dienstleistungsbereich auch keine gewerblich-
industriellen Immissions- oder Abwasserbelastungen zu erwarten seien. Die geplante K
9 überquere den Ladberger Mühlbach an einer relativ unempfindlichen Stelle. Ebenso
sei in einem Ortstermin unter Beteiligung der LÖBF für die Verbreiterung der
Eltingmühlenbachüberbrückung der A 1 eine erhebliche Beeinträchtigung des
Prüfgebietes verneint worden. Durchgreifende Bedenken gegen die im Ergebnis
getroffene Bewertung, dass durch diese Planungen in Kumulation mit den
Auswirkungen des Ausbauvorhabens keine weitergehenden Beeinträchtigungen zu
befürchten seien, sind weder vom Kläger näher erläutert noch sonst ersichtlich. Im
Übrigen führt die bloße Möglichkeit, dass bei einem Hinzutreten eines erst in Planung
befindlichen Vorhabens erstmals relevante Beeinträchtigungen entstehen oder sich
solche erheblich verstärken können, regelmäßig nur dann zu weitergehenden
Anforderungen an die Zulassung, wenn sich absehen lässt, dass die aufgeworfene
Problematik sich im Rahmen jener Planung nicht bewältigen lässt.
71
Nach alledem ist das Vorhaben nur ausnahmsweise und unter den qualifizierten
Voraussetzungen des § 48d Abs. 5 LG NRW zulässig. Den weitergehenden
Anforderungen aus Absatz 6 unterliegt das Vorhaben demgegenüber nicht, weil die
Erhaltungsziele des Gebietes bezogen auf den prioritären Lebensraumtyp Weichholz-
Auenwald nicht beeinträchtigt sind.
72
Der Ansicht des Klägers, dass es auf die konkrete Betroffenheit eines prioritären
Lebensraumtyps oder einer prioritären Art nicht ankomme, sondern maßgeblich sei,
dass in dem Gebiet von gemeinschaftlicher Bedeutung überhaupt prioritäre Biotope
oder Arten vorkämen, ist nicht zu folgen. Sie findet nicht etwa schon im Wortlaut des §
48d Abs. 6 LG NRW eine Stütze. Denn gerade unter Einbeziehung der Stufung des
Prüfungsverfahrens und des für das Verbot maßgeblichen Vorsorgegedankens
73
erschließt sich der Regelungsgehalt eben nicht eindeutig aus dem Wortlaut. Die
Regelung ist vielmehr im Zusammenhang mit dem weiteren Normgefüge
auslegungsfähig und auslegungsbedürftig. Sie führt ersichtlich eine weitere Abstufung
im Verfahren auf Zulassung von Projekten ein, die nach dem Ergebnis der FFH-
Verträglichkeitsprüfung ein schutzwürdiges Gebiet möglicherweise im Sinne des
Absatzes 4 beeinträchtigen. Sie zielt dabei ebenso wie Art. 6 Abs. 4 Unterabsatz 2 FFH-
RL ersichtlich auf die besondere Schutzbedürftigkeit prioritärer Lebensräume und Arten.
Der Schutz prioritärer Lebensräume und Arten soll gegenüber anderen
Lebensraumtypen und Arten verstärkt werden. Dafür ist aber nur Raum und Anlass,
soweit die diese Lebensraumtypen und Arten betreffenden Erhaltungsziele eines
Gebietes von gemeinschaftlicher Bedeutung beeinträchtigt werden können. Lässt sich
eine Betroffenheit der entsprechenden Erhaltungsziele des Gebietes nach erfolgter
Verträglichkeitsprüfung ausschließen, können selbst Vorsorgegesichtspunkte nicht
greifen und ist das Vorhaben, gemessen an den Erhaltungszielen, schon nicht verboten.
Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 11. Mai 1999 - 20 B 1464/98.AK -, a.a.O.
74
Dem entspricht auch das Verständnis der EU-Kommission von Art. 6 Abs. 4 Unterabsatz
2 FFH-RL.
75
Vgl. Europäische Kommission, NATURA 2000 - Gebietsmanagement - Die Vorgaben
des Artikel 6 der Habitat-Richtlinie 92/43/EWG, 2000 Nr. 5.5.1.
76
Danach kann die Vorschrift so verstanden werden, dass sie für alle Gebiete Anwendung
findet, in denen prioritäre Lebensräume bestehen und /oder prioritäre Arten vorkommen,
sobald diese Lebensräume und Arten in Mitleidenschaft gezogen werden.
77
Sonstige Verbote, die relevante weitergehende Anforderungen an die Überwindung der
betroffenen natur- und landschaftsschutzrechtlichen Belange stellen würden, greifen
nicht. Dabei ist allerdings zu beachten, dass der Ausnahmetatbestand des § 48d Abs. 5
LG NRW auf eine fallbezogene Bewertung zielt und eine Gewichtung der sich
gegenüberstehenden Belange erfordert. Ob die für das Projekt angeführten Belange
überwiegen, ist anhand der Integritätsinteressen, deren Wahrung § 48d LG NRW dient,
zu messen.
78
2. Der Eltingmühlenbach unterfällt, da er unbeschadet der bestehenden Vorbelastungen
in dem betroffenen Teilabschnitt noch als ein (hinreichend) naturnaher Bereich eines
fließenden Binnengewässers einzustufen ist, tatbestandlich zugleich dem Verbot aus §
62 Abs. 1 Nr. 1 LG NRW. Nach Absatz 2 können Ausnahmen nur zugelassen werden,
soweit dies aus überwiegenden Gründen des Gemeinwohls erforderlich ist. Dies
erfordert neben der Atypik des Vorhabens, die bei Infrastrukturvorhaben vorliegender Art
ohne weiteres anzunehmen ist, dass das Vorhaben durch Gründe des öffentlichen
Interesses von besonderem Gewicht gerechtfertigt ist. Diese Anforderungen gehen
insgesamt - auch in ihren Einzelaspekten - nicht über dasjenige hinaus, was vorliegend
in Bezug auf die Betroffenheit des Baches nach § 48d Abs. 5 LG NRW für die Zulassung
des Vorhabens zu fordern ist. Es verbleibt bei der - abdeckenden - Anwendung der
Regelungen aus § 48d LG NRW (vgl. § 48e Abs. 1 LG NRW).
79
3. Entgegen der Ansicht des Klägers ergeben sich auch aus Gründen des
Artenschutzes keine weitergehenden Einschränkungen für das Vorhaben.
Rechtserhebliche Beeinträchtigungen gefährdeter Arten stehen nicht zu erwarten. Die
80
Bedenken des Klägers, die er zuletzt im Grunde nurmehr im Hinblick auf Fledermäuse
geltend gemacht hat, teilt der Senat nicht.
Nach nationalem Recht ist in erster Linie an § 4a Abs. 4 LG NRW zu denken, der in
Umsetzung der europarechtlichen Vorgaben aus Art. 12 FFH-RL und Art. 5 der
Richtlinie des Rates vom 2. April 1979 über die Erhaltung der wild lebenden Vogelarten
(79/409/EWG) - Vogelschutzrichtlinie - zum Schutz von Tieren und Pflanzen der streng
geschützten Arten gegen die Folgen von Eingriffen in Biotope besondere
Anforderungen aufstellt. Dabei mag die Vorschrift zugunsten des Klägers für anwendbar
gehalten werden, auch wenn sie erst mit Gesetz zur Änderung des Landschaftsgesetzes
vom 3. Mai 2005 (GV NRW 2005, 522) in das Landschaftsgesetz eingefügt worden ist,
d.h. nach Bekanntgabe des Planfeststellungsbeschlusses an die Beigeladene. Denn
die Regelung zielt auf die Umsetzung von Vorgaben aus der FFH-Richtlinie und der
Vogelschutzrichtlinie, die im entsprechenden Umfang ansonsten unmittelbare Geltung
beanspruchen würden; sie entspricht zudem dem bereits bei Erlass des
Planfeststellungsbeschlusses im Bundesrecht geltenden § 19 Abs. 3 Satz 2 BNatSchG,
und der Planfeststellungsbeschluss war zum Zeitpunkt der Einfügung der Vorschrift
weder dem Kläger noch sonst betroffenen Dritten bekanntgegeben worden. Jedenfalls
greift aber schon der Tatbestand nicht.
81
Nach § 4a Abs. 4 Satz 2 LG NRW darf ein Eingriff in Natur und Landschaft dann nur aus
zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses zugelassen werden,
wenn als Folge des Eingriffs in Natur und Landschaft Biotope (d. h. Lebensstätten und
Lebensräume wild lebender Tiere und Pflanzen (§ 10 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG) zerstört
werden, die für die dort wild lebenden Tiere der streng geschützten Arten nicht ersetzbar
sind; zu diesen Arten gehören insbesondere die in Anhang IV der FFH-RL genannten,
d. h. unter anderem auch alle Fledermausarten (§ 10 Abs. 2 Nr. 11 BNatSchG).
82
Daran fehlt es hier. Die Zerstörung, d.h. der Verlust oder ein Funktionsverlust von
unersetzbaren Biotopen, steht weder in Bezug auf das von dem Kläger in diesem
Zusammenhang ursprünglich ebenfalls genannte Eisvogelvorkommen noch in Bezug
auf einzelne Fledermausarten in Rede. Unersetzbar ist ein Biotop (nur), wenn es für
eine Art unentbehrlich ist und gleichartige bzw. die Funktion des zerstörten Biotops
übernehmende Ausgleichsflächen nicht vorhanden sind oder nicht rechtzeitig
geschaffen werden können. Erfasst wird damit die Gefährdung der Population im
Einwirkungsbereich, der unter dem Gesichtspunkt von Vernetzungselementen freilich
nicht auf den Ausbaubereich beschränkt ist. Die Beeinträchtigung einzelner Exemplare
reicht regelmäßig nicht aus.
83
Die Gefährdung eines Eisvogelvorkommens ist - wie schon oben ausgeführt - nicht zu
befürchten. Mitte der 1990er Jahre war im Ausbaubereich ein einzelnes nistendes
Eisvogelpaar kartiert worden. Neuerlich sind Brutröhren nur außerhalb der
Eingriffsflächen festgestellt worden. Damit ist zugleich auch eine Ausweichmöglichkeit
belegt. Steigende Lärmeinwirkungen an möglichen Ausweichplätzen führen auf keine
andere Bewertung. Weitergehende Beeinträchtigungen des Eisvogelvorkommens durch
den Verlust des Bachbereichs auf einer Länge von (nur) 390 m und die Eingriffe im
weiteren Ausbaubereich werden auch von dem Kläger nicht ernsthaft behauptet.
84
Auch im Hinblick auf Fledermäuse ist das Gericht überzeugt, dass eine Gefährdung von
Arten nicht zu befürchten steht. Dabei ist festzuhalten, dass ihr Auftreten im
Eingriffsbereich schon früh - namentlich auch in der FFH- Verträglichkeitsuntersuchung -
85
erörtert und erwogen worden ist. Wenn nur wenige konkrete Untersuchungen angestellt
worden sind, ist das - im Übrigen auch in abwägungsrechtlicher Hinsicht - unschädlich.
Das Gebiet ist wiederholt von sachverständiger Seite - sowohl im Auftrage der
Beigeladenen als auch von Seiten des Klägers - begangen und überprüft worden, ohne
dass sich relevante Fakten für mögliche Betroffenheiten ergeben hätten. Sachlich
fundierte Anknüpfungspunkte für ein relevantes Vorhandensein bestimmter Arten, die
Anlass zu weiteren Untersuchungen hätten geben können und müssen, fehlten und
fehlen.
Bezogen auf die Fledermausarten, welche die FFH-Gutachter im Mai 2006 und die
Arbeitsgemeinschaft Fledertierschutz des Klägers im September 2003 jagend
beobachtet und nachgewiesen haben, führt der in erster Linie in Rede stehende Verlust
eines Jagdhabitates zu keiner Gefährdung einer bestehenden Population. Es ist schon
nichts dafür ersichtlich, warum ein Ausweichen auf andere Flächen nicht möglich sein
wird, geschweige denn, dass dies einen relevanten Bestand von Tieren einer
bestimmten Art betreffen könnte. Die Feststellungen des Büros F. in seinem
Teilgutachten Fledermäuse vom 15. November 2005 über weitere Arten und deren
mögliche Betroffenheit durch das Vorhaben "AirportPark" lassen sich nur bedingt auf
den hier zu betrachtenden Eingriffsbereich übertragen. Jenes Untersuchungsgebiet ist
von anderer Beschaffenheit; es handelt sich um einen waldreichen Standort mit vielen
höhlenreichen Bäumen. Bezüglich der dort weiter aufgeführten Arten fehlt es auch an
Anhaltspunkten dafür, dass eine signifikante Anzahl von Exemplaren dieser Arten durch
die Verlängerung der Start- und Landebahn betroffenen wäre, es insbesondere nicht
möglich wäre, den Verlust des Jagdhabitats auszugleichen.
86
Auch unter dem von dem Kläger in der mündlichen Verhandlung besonders betonten
Aspekt einer Gefährdung von Fortpflanzungsgemeinschaften und der Unterbrechung
möglicher Austauschbeziehungen zwischen Teilpopulationen fehlen im Tatsächlichen
konkrete Hinweise, die weitergehende Untersuchungen hätten nahe legen müssen. Für
ein relevantes Vorkommen der von Dr. U. in der mündlichen Verhandlung
angesprochenen und als besonders empfindlich dargestellten Bechstein- und
Mopsfledermaus in den an die Übertunnelungsstrecke angrenzenden Flächen werden
hinreichend konkrete Anknüpfungspunkte nicht genannt. Die Arten sind nicht einmal für
den Bereich, in dem der AirportPark geplant ist, nachgewiesen worden. Der Kläger
beschränkt sich auf bloße Vermutungen oder Spekulationen, denen mangels sachlich
fundierter Anknüpfungspunkte nicht nachzugehen ist.
87
Dass sich weder aus der einschlägigen Literatur noch aus Hinweisen der Fachkreise
Indizien für bedeutsame Fledermausvorkommen im Ausbaubereich ergeben, haben die
FFH-Gutachter bereits in ihrem Ausgangsgutachten hervorgehoben. Selbst bei der
Meldung des FFH-Gebietes Eltingmühlenbach wurde die Nennung von
Fledermausarten des Anhangs II der FFH-RL, zu denen die oben genannten Arten
gehören, nicht diskutiert. Die Erkenntnislage hat sich nicht verändert, und zwar
unbeschadet der in der Folge von sachverständiger Seite durchgeführten weiteren
Begehungen und Untersuchungen des Gebietes. Da jeweils fundierte Kenntnis auch
über tatsächliche Anhaltspunkte und Hinweise auf ein Vorhandensein relevanter Arten
und Betroffenheiten anzunehmen ist, ist davon auszugehen, dass, wenn Umstände von
indizieller Bedeutung zu finden gewesen wären, diese aufgegriffen und vertieft
untersucht worden wären.
88
Die Annahmen des Klägers zur möglichen Betroffenheit von Fledermäusen bleiben
89
auch insoweit ohne Substanz, als es um ein relevantes Vorkommen weiterer in diesem
Zusammenhang besonders schutzbedürftiger Arten geht, die das Büro F. in seiner in der
mündlichen Verhandlung überreichten Stellungnahme aus Juni 2006 aufgeführt hat (u.a.
Teichfledermaus und Mausohr). Deshalb ist auch der Frage, ob diese Arten in ihrem
Verhalten tatsächlich, was die Relevanz möglicher Zerschneidungseffekte angeht, mit
den zuvor genannten Arten vergleichbar sind, wogegen Prof. Dr. T. Bedenken erhoben
hat, nicht weiter nachzugehen. Der Kläger beschränkt sich darauf, auf Baumbestände in
der nördlichen und südlichen Verlängerung des betroffenen Bachlaufs und den
Umstand hinzuweisen, dass weitergehende Untersuchungen, die sicheres
Ausschließen erlauben würden, nicht vorgenommen worden seien. Das reicht
angesichts des aufgezeigten Erkenntnisstandes in Literatur und Fachkreisen und der
negativen Ergebnisse der im Planfeststellungsverfahren durchgeführten weiteren
Begehungen und Untersuchungen indes nicht aus. Insoweit trifft den Naturschutzbund
als einen gerade im Hinblick auf seine Fachkenntnis mit Klagebefugnis ausgestatteten
Verein eine besondere Darlegungslast, über den Hinweis auf fehlende intensive
Untersuchungen hinaus im Einzelnen darzutun, welche konkreten Umstände im
Tatsächlichen Anlass zu den vermissten Untersuchungen hätten geben müssen.
Entsprechendes gilt für die befürchtete unmittelbare Beeinträchtigung von
Wochenstuben und Ruhestätten, die zuletzt auch vom Kläger nur noch für das abseits
des eigentlichen Eltingmühlenbachbereichs liegende Wäldchen und dessen Rodung
geltend gemacht wird. Der Bereich ist in der Vegetationskarte 1998 als Birken-
Eichenwald ausgewiesen, und nur für ihn sind Baumbestände mit als Quartierstandorte
geeigneten Höhlen und Spalten - anders als nach den Feststellungen der FFH-
Gutachter für den übrigen Ausbaubereich - nicht auszuschließen. Das Vorbringen des
Klägers in Bezug auf das Wäldchen beschränkt sich indes ebenfalls auf eine nicht
näher sachlich fundierte Äußerung der Möglichkeit entsprechender Betroffenheiten.
Weitergehende Hinweise im Tatsächlichen, dass die Baumbestände als
Quartierstandorte genutzt werden, fehlen. Es wird auch nicht näher erläutert, was
angesichts der örtlichen Verhältnisse auf das Vorkommen einer in Bezug auf den
Verlust von Quartierstandorten besonderes empfindlichen Art schließen ließe. Dabei
kann nicht übersehen werden, dass das Wäldchen im Bereich der vorgesehenen
Lande- und Startbahn nicht sonderlich groß, mehr oder weniger isoliert sowie von
Ackerflächen umgeben ist, die ausweislich des genannten Teilgutachtens Fledermaus
des Büros F. als Jagdhabitate weniger geeignet sind. Im Übrigen ist weder erläutert
noch sonst ersichtlich, warum den betroffenen Exemplaren ein Ausweichen auf andere
Waldbereiche in der Umgebung nicht möglich sein sollte und zudem eine signifikante
Anzahl betroffen sein könnte, welche den Bestand der Art im weiteren Ausbaubereich
gefährden würde.
90
4. Aus bundesrechtlichen Vorgaben zum Artenschutz ergeben sich ebenfalls keine
Besonderheiten. Ernsthaft in Betracht zu ziehen ist allenfalls das gemäß § 11 BNatSchG
unmittelbar anwendbare Verbot aus § 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG, wonach es u.a.
verboten ist, Entwicklungsformen wild lebender Tiere der besonders geschützten Arten
oder ihre Nist-, Brut-, Wohn- oder Zufluchtstätten der Natur zu entnehmen, zu
beschädigen oder zu zerstören. Das Vorhaben ist von dem Verbot zwar nicht schon mit
Blick auf § 43 Abs. 4 BNatSchG ausgenommen, wonach eine Ausnahme u.a. bei
Ausführung eines nach § 19 BNatSchG zugelassenen Eingriffs gilt, soweit hierbei Tiere
einschließlich ihrer Nist-, Brut-, Wohn- und Zufluchtstätten und Pflanzen der besonders
geschützten Art nicht absichtlich beeinträchtigt werden. Denn damit sind die
europäischen Vorgaben des Artenschutzes, insbesondere diejenigen aus Art. 12 und
91
Art. 16 FFH-RL, nur unzureichend umgesetzt.
Vgl. EuGH, Urteil vom 10. Januar 2006 - C-98/03 -, NVwZ 2006, 319.
92
Indes ist der Verbotstatbestand schon nicht gegeben. Eine Betroffenheit entsprechender
Schutzgegenstände ist nach den vorstehenden Ausführungen nicht anzunehmen. Die
nicht auszuschließende mögliche grundsätzliche Eignung einzelner Bäume des
betroffenen Wäldchens als Quartierstandorte für Fledermäuse reicht hierzu jedenfalls
nicht aus.
93
Sollte das anders zu sehen sein, führt dies zu keinen ergebnisrelevanten
Konsequenzen. Das Verbot des § 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG führt auf die
Befreiungsvoraussetzungen des § 62 BNatSchG, die vorliegend, auch soweit sie auf
Art. 16 FFH-RL verweisen, keine entscheidenden weitergehenden Anforderungen an
die Zulassung des Vorhabens stellen, als sie oben schon in Bezug auf den FFH-
Schutzstandard aufgezeigt worden sind.
94
Der Senat hat keine Zweifel, dass die Population eventueller betroffener Arten in ihrem
natürlichen Verbreitungsgebiet im Sinne der Ausnahmeregelung des Art. 16 FFH-RL
ohne Beeinträchtigung in einem günstigen Erhaltungszustand verweilen kann. Denn es
fehlt, auch entsprechende Quartiere im besagten Wäldchen unterstellt, angesichts
durchgeführter Untersuchungen und des dennoch zu konstatierenden Fehlens jeglicher
konkreter Erkenntnisse jedenfalls an Anknüpfungspunkten für ein bedeutsames
Vorkommen und die mögliche Betroffenheit einer signifikanten Anzahl von Exemplaren.
Ansonsten ist eine Ausnahme - entsprechend den Vorgaben aus § 48d Abs. 5 und 6 LG
NRW - auch nach Art. 16 FFH-RL (nur) davon abhängig, dass keine anderweitigen
zufriedenstellenden Lösungen gegeben sind und einer der in Buchstabe a) bis e)
genannten Ausnahmetatbestände greift. Der vorliegend alleine in Betracht zu ziehende
Tatbestand des Art. 16 Abs. 1 Buchstabe c) 2. Alternative FFH-RL - im Interesse anderer
zwingender Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses, einschließlich solcher
sozialer oder wirtschaftlicher Art - stellt keine weiteren Anforderungen als § 48d Abs. 5
LG NRW. Er führt auf eine entsprechende abwägende Bewertung der
entgegenstehenden Belange unter Einbeziehung der unterstellten Betroffenheit von
Fledermäusen.
95
Der Umstand, dass es an der förmlichen Erteilung einer Befreiung fehlt, ist angesichts
der Konzentrationswirkung der Planungsentscheidung unerheblich, wenn die
Voraussetzungen hierfür vorliegen.
96
Vgl. BVerwG, Urteil vom 26. März 1998 - 4 A 7.97 -, UPR 1998, 383.
97
5. Soweit der Kläger in Frage stellt, dass das nationale Recht die europarechtlichen
Vorgaben hinreichend umsetzt, ergibt sich ebenfalls kein gravierenderes Hindernis für
das Vorhaben der Beigeladenen.
98
Denn auch der insofern in Bezug auf die behaupteten Betroffenheiten von
Fledermäusen allenfalls noch in Rede stehende Schutz für Tiere der besonders
geschützten Arten aus Art. 12 Abs. 1 Buchstabe b) FFH-RL erfasst nicht schon eine
vereinzelte Störung einzelner Exemplare. Es geht vielmehr um die Störung der Art. Es
sind nur solche Eingriffe zu unterbinden, die sich im Hinblick auf die Ziele des
Artenschutzes erheblich auswirken. Es muss sich also um die Störung einer
99
signifikanten Anzahl von Exemplaren handeln, sodass - etwa durch Abnahme des
natürlichen Verbreitungsgebietes - der Erhaltungszustand beeinträchtigt werden kann.
Dafür fehlt - wie ausgeführt - jeder Anhalt. Dies gilt zugleich für die Frage der
Lärmempfindlichkeit und die zuletzt vom Kläger angeführte Gefahr eines
Fledermausschlages, zu denen weitere Erkenntnisse und Erläuterungen, die Anlass zu
einer weiteren Aufklärung hätten geben können, fehlen.
6. Entsprechendes gilt letztlich auch für den Eisvogel im Hinblick auf den Tatbestand
des Art. 5 Buchstabe d) der Vogelschutzrichtlinie.
100
II. Die Anforderungen, die nach den vorstehenden Ausführungen an die Zulassung des
Vorhabens zu stellen sind, sind erfüllt.
101
1. Das Ausbauvorhaben ist i.S.d. § 48d Abs. 5 Nr. 1 LG NRW aus zwingenden Gründen
des überwiegenden öffentlichen Interesses, einschließlich solcher wirtschaftlicher oder
sozialer Art, notwendig. Der Ausnahmetatbestand zielt auf eine fallbezogene
Bewertung. Dabei sind zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses
nicht erst bei Sachzwängen anzunehmen, denen niemand ausweichen kann. Gemeint
ist vielmehr ein durch Vernunft und Verantwortungsbewusstsein geleitetes staatliches
Handeln, und zwar gemessen an den für das Vorhaben angeführten Gründen. Wie nicht
zuletzt Art. 2 Abs. 3 FFH-RL belegt, gebührt dem Naturschutz insbesondere kein
einseitiger Vorzug. Er ist u.a. mit den wirtschaftlichen Erfordernissen in Einklang zu
bringen. Ein Vorhaben, das im Sinne der Planrechtfertigung den Zielsetzungen des
Luftverkehrsgesetzes entspricht und Zwecken der Zivilluftfahrt im Sinne des § 28 Abs. 1
LuftVG dient, ist deshalb grundsätzlich auch geeignet, entgegenstehende FFH-Belange
zu überwinden.
102
Vgl. BVerwG, Urteile vom 16. März 2006 - 4 C 1075.04 - und vom 15. Januar 2004 - 4 A
11.02 -, BVerwGE 120, 1.
103
Ob dies im Einzelfall zutrifft, hängt von dem Ergebnis der im weiteren erforderlichen
Einzelabwägung der Eingriffsintensität mit den für das Vorhaben anzuführenden
öffentlichen Interessen ab. Dabei sind wegen der im Gesetz vorgegebenen
Berücksichtigung auch von wirtschaftlichen Interessen und der gegebenen Einbindung
des von der Beigeladenen betriebenen Flughafens in das öffentliche
Verkehrsgeschehen und damit in die Infrastruktur auch die diesbezüglichen Interessen
der Beigeladenen einzubeziehen. Das Gewicht der beeinträchtigten
Integritätsinteressen, deren Wahrung § 48d LG NRW dient, hängt wiederum maßgeblich
vom Umfang der konkret verbleibenden Beeinträchtigung des FFH-Gebietes
einschließlich seiner Vernetzungsfunktion ab. In diesem Rahmen können namentlich
auch Aspekte der Vorschädigung des betroffenen Gebietes Berücksichtigung finden.
Ebenso sind - wie bereits dargestellt - wertend die Wirkungen möglicher Ausgleichs-
und Kompensationsmaßnahmen einzustellen.
104
Davon ausgehend liegen die Anforderungen zur Überwindung des Verbotes vor. Denn
es spricht Gewichtiges und Erhebliches für die Ausbaumaßnahme (1.1.).
Demgegenüber tritt die Bedeutung der betroffenen Erhaltungsziele im FFH-Gebiet
angesichts des gegebenen Zustandes des Eingriffsbereiches, der
Minimierungsmaßnahmen - auch wenn insoweit nicht von einer gesicherten Wirkung
ausgegangen werden kann - und der Möglichkeit zur Aufwertung der Landschaft durch
Kompensationsmaßnahmen zurück (1.2).
105
1.1. Das Vorhaben der Beigeladenen zielt darauf, den Flughafen in seiner gesamten
Gestalt und Erscheinung dem Charakter eines internationalen Verkehrsflughafens
entsprechend herzurichten. Er soll in seiner Ausstattung vor allem auch mit Blick auf den
Passagierverkehr grundsätzlich mit den beiden weiteren im Lande Nordrhein-Westfalen
vorhandenen internationalen Verkehrsflughäfen (Düsseldorf und Köln/Bonn)
vergleichbar werden und die entsprechenden Aufgaben für Westfalen übernehmen. Die
vorgestellte volle Funktion reicht dabei bis hin zum Interkontinentalverkehr. Diese
Planung knüpft ausdrücklich an die bereits bestehende Widmung des Flughafens als
internationaler Verkehrsflughafen und die Zielsetzungen des Landesentwicklungsplans
Nordrhein-Westfalen (LEP NRW) vom 11. Mai 1995 (GV NRW S. 532) an. Danach ist
der internationale Verkehrsflughafen Münster/Osnabrück langfristig zu einem
Verkehrsflughafen für den interkontinentalen Verkehr zu entwickeln (D.I.3.2.6 LEP
NRW). Diese bereits in der Begründung des Ausbauvorhabens zum Ausdruck
kommende Zielsetzung liegt auch dem Planfeststellungsbeschluss zugrunde.
106
Dem steht nicht entgegen, dass der Beklagte im Verlaufe des
Planfeststellungsverfahrens die Entwicklungsmöglichkeiten im Bereich der langen
Mittelstrecke einer weitergehenden Begutachtung unterzogen und der bestätigten
steigenden Nachfrage in diesem Segment ein besonderes Gewicht im Rahmen der
Abwägung mit den entgegenstehenden Belangen beigemessen hat. Das gilt namentlich
für die Ausführungen im Planfeststellungsbeschluss, dass ausweislich der
Flugleistungsberechnung von N1. aus August 2002 eine beschränkungsfreie
Abwicklung des derzeitigen Luftverkehrs einen Ausbau auf 3100 m und damit auch die
Überwindung des Eltingmühlenbachs erfordert.
107
Ausweislich des Gangs des Verwaltungsverfahrens und der erläuternden Ausführungen
seitens der Beklagten diente die zusätzliche Begutachtung nicht etwa der Vorbereitung
einer Änderung des Vorhabens, sondern der Absicherung der Geschäftserwartungen in
jenem Bereich, weil diese in dem vom Ausgangsgutachten zur verkehrswirtschaftlichen
Begründung des Vorhabens von Dr. B. et al. als nicht hinreichend erfasst erschienen.
Abgeklärt wurde die Validität des Gesamtkonzeptes, das wegen der von Dr. B. et al. für
die Entwicklung eines direkten Interkontinentalverkehrs prognostizierten Vorlaufs von
sechs Jahren eine entsprechende solide Entwicklung im langen Mittelstreckenverkehr
voraussetzt. Es ging also nicht darum, einen quantifizierbaren Bedarf für den Ausbau
der Bahn auf eine zur Bedienung der langen Mittelstrecke als unbedingt notwendig
angesehenen Länge nachzuweisen. Das wird bereits durch den Gutachtenauftrag
bestätigt, der keine bestimmte Längenvorgabe für die bei der Prognose in den Blick zu
nehmende Bahn enthält. Dem entspricht, dass der Flughafen auch aus Sicht des
Beklagten und der Beigeladenen bereits mit der vorhandenen Start- und
Landebahnlänge ein voll funktionsfähiger Mittelstreckenflughafen ist und die
Beigeladene die Ausbaunotwendigkeit nicht etwa darin sieht, dass sie in jenem Bereich
ohne Ausbau einen verlässlich quantifizierbaren Geschäftsverlust zu erwarten hätte.
Dem steht auch nicht entgegen, dass der Prozessbevollmächtigte der Beigeladenen in
einem Besprechungstermin im Dezember 2001 Überlegungen dazu angestellt hat, dass
es zur Überwindung der Beschränkungen aus dem Landschaftsgesetz, die an den
Charakter des betroffenen Bereichs als eines Gebietes von gemeinschaftlicher
Bedeutung anknüpfen, ausreiche, wenn sich für einen Ausbau unter Einschluss des
Eltingmühlenbachs überwiegende öffentliche Interessen ergäben; für eine Erweiterung
des Vorhabens reichten dann die allgemeinen Interessen nach § 8 Abs. 1 LuftVG. Diese
Überlegungen betreffen Einzelfragen der Problemlösung, ändern indes nichts daran,
108
dass es insgesamt weiterhin (nur) darum ging, für Westfalen einen vergleichbar
restriktionsfreien Verkehr anzubieten, wie er bereits auf den anderen internationalen
Flughäfen in Nordrhein-Westfalen angeboten wird, und das gerade auch unter
Einschluss eines Angebotes für einen direkten Interkontinentalverkehr.
Die danach das Projekt der Beigeladenen maßgeblich bestimmende Zielrichtung
schließt es schon im Ansatz aus, in der weiteren Betrachtung den Fragen der
Dimensionierung und möglicher Alternativen abschnittsweise und mit jeweiligem Blick
auf konkrete Funktionen nachzugehen. Denn dabei würden jeweils hypothetisch andere
Vorhaben in den Blick genommen, die so nicht zur Planfeststellung gestellt worden sind.
Die darauf abzielenden Beweisanträge waren abzulehnen. Denn entscheidend ist, ob
das Gesamtvorhaben der Beigeladenen, das sich eben nicht in der Schaffung eines -
wie immer verstandenen - restriktionsfreien Mittelstreckenverkehrs erschöpft, sondern
einen weitergehenden Ausbau bis hin zur Ermöglichung der Abwicklung von
Interkontinentalverkehr umfasst, in seiner wesentlichen Prägung tragfähig und geeignet
ist, entgegenstehende Belange zu überwinden. Andernfalls wäre es Sache der
Beigeladenen, eventuell ein anderes Vorhaben zur Planfeststellung zu stellen.
109
Nach dem Akteninhalt und dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung ist das Gericht
davon überzeugt, dass die Beigeladene das Ausbauziel wie planfestgestellt nach wie
vor verfolgt. Gewisse Bedenken, die verschiedene publizierte Äußerungen im
Zusammenhang mit der Entscheidung hervorrufen, die Start- und Landebahn zunächst
in einer ersten Ausbaustufe bis 3000 m auszubauen, sind ausgeräumt. Aufsichtsrat und
Gesellschafter der Beigeladenen habe am 8. Juni 2006 die Zielsetzung ausdrücklich
betont und sich nur die Konkretisierung der weiteren zeitlichen Abläufe einer späteren
Entscheidung vorbehalten, die für Anfang nächsten Jahres vorgesehen ist. Eine
bestätigende indizielle Wirkung ist insoweit auch dem Umstand beizumessen, dass sich
die Beigeladene - so die Angaben ihres Prozessbevollmächtigten in der mündlichen
Verhandlung - weiterhin um Grunderwerb im zweiten Bauabschnitt bemüht.
110
Das Vorhaben steht im Sinne der Planrechtfertigung als Grundvoraussetzung für jede
Abwägungsentscheidung über die Zulassung eines Eingriffs in Natur- und Landschaft
mit den Zielen des Luftverkehrsgesetzes im Einklang. Damit liegt die Zulassung
zugleich im Allgemeininteresse. Es geht um eine Weiterentwicklung des Angebots des
Flughafens, die bereits in seiner Widmung zu einem Flughafen des internationalen
Luftverkehrs angelegt ist, nämlich hin zu einem direkten interkontinentalen Flugverkehr
unter gleichzeitiger besserer Positionierung in Bezug auf eine restriktionsfreiere
Nutzung im Bereich des langen Mittelstreckenverkehrs.
111
Das Vorhaben ist landesplanerisch vorgesehen und zugleich raumordnungsrechtlich
abgesichert. Das gilt namentlich, soweit es von der Vorstellung getragen ist, die
Dezentralisierung des Luftverkehrs zu fördern und eine Wettbewerbsstärkung für die
Region Münsterland zu erreichen. Es entspricht in seiner konkreten Dimensionierung
der Handlungsoption in der NRW- Luftverkehrskonzeption 2010 aus Dezember 2000
des damaligen Ministeriums für Wirtschaft und Mittelstand, Energie und Verkehr des
Landes Nordrhein-Westfalen (dort Ziffer 6.1.2.3). Ausgeglichen werden soll ein Nachteil
Westfalens im internationalen Standortwettbewerb, der darin gesehen wird, dass die
Start- und Landebahn des Flughafens nicht für Starts zu Interkontinentalflügen ausreicht.
Die Handlungsoption entspricht der Zweckbestimmung von internationalen Flughäfen,
wie sie § 28 Abs. 4 Buchstabe a) LEPro vorsieht. Danach sollen die im Lande
vorhandenen internationalen Flughäfen vornehmlich dem innereuropäischen und
112
interkontinentalen Verkehr dienen. Das Vorhaben hält sich zugleich innerhalb der
Entwicklungsziele des Landesentwicklungsplanes und der Vorgaben des
Gebietsentwicklungsplanes des Regierungsbezirks Münster - Teilabschnitt Münsterland
-, jetzt: Regionalplan. Die vom Beklagten herangezogene Zielsetzung des
Regionalplans, den Flughafen bedarfs- und funktionsgerecht der technischen
Entwicklung und der wachsenden Bedeutung des Flugverkehrs anzupassen, wurde im
Rahmen der 4. Änderung des GEP (Bekanntmachung der Genehmigung GV NRW
2001, 80) aufgenommen.
Bedenken gegen die Wirksamkeit der Änderung des Regionalplanes, wie sie von
einigen Privatklägern gegen das Ausbauvorhaben geltend gemacht werden, bestehen
nicht. Jenseits der Frage der Relevanz des diesbezüglichen Vorbringens fehlt jeder
Anhalt, dass die Formulierung des Ziels auf unzutreffender Tatsachengrundlage erfolgt
wäre. Die Verwaltungsvorgänge lassen erkennen, dass die Haupteinwände der
Flughafengegner gegen die Bedarfsanalyse für den Ausbau des Flughafens den
Entscheidungsträgern hinlänglich bekannt waren. Für eine (bewusste) Täuschung gibt
es erst recht keinerlei Anhaltspunkte. Eine angeführte inhaltliche Einschränkung dahin,
dass eine funktions- und bedarfsgerechte Entwicklung nur für den Passagierverkehr
eröffnet werden und eine Entwicklungsmöglichkeit im Frachtverkehr insgesamt oder in
zeitlicher Hinsicht nur beschränkt erfolgen solle, ist den textlichen Aussagen des
Regionalplans nicht zu entnehmen. Sie lässt sich auch nicht im Wege der Auslegung
ermitteln. Es geht um Entwicklungsmöglichkeiten des Flughafens in seiner gesamten
bisherigen Angebotsbreite, d. h. auch im Rahmen des Angebotes von Frachtflügen. Im
Übrigen hat der Regionalrat inzwischen die Neudarstellung eines interkommunalen
Gewerbe- und Industrieansiedlungsbereichs für standortgebundene Anlagen für den
Bereich südlich vom Flughafen beschlossen. Nach den (vorgesehenen) textlichen
Erläuterungen sind Dienstleistungs- und Gewerbebetriebe zulässig, die auf eine
unmittelbare räumliche Nähe zum Flughafen für ihre Leistungs- bzw.
Produktionserbringung angewiesen sind und die ohne den Standort am Flughafen nicht
in der Region zu halten wären. Letzteres betrifft aber gerade auch Aspekte der Logistik
des Vertriebs. Schließlich sah auch der Regionalplan schon vor seiner 4. Änderung
eine nicht auf einen bestimmten Luftverkehr eingeschränkte Entwicklungsmöglichkeit
vor. Unter der Randnummer 762 hieß es in den Erläuterungen zu Nr. 6.5 Luftverkehr
bereits, dass auf Dauer eine Verlängerung der Start- und Landebahn erforderlich
werden und wegen der örtlichen Gegebenheiten nur nach Westen erfolgen könne; dies
dürfe nicht unmöglich gemacht oder erschwert werden.
113
Das Vorhaben stimmt auch mit den Zielen überein, die seitens der Bundesrepublik
Deutschland und der Europäischen Gemeinschaften im Hinblick auf den Luftverkehr
verfolgt werden. Danach ist eine Dezentralisierung des Flugverkehrs und ein Ausbau
der vorhandenen Infrastrukturen nicht zuletzt aus Gründen der Wettbewerbsstärkung
gewünscht. Es geht dabei darum, bestmöglich der den Markt abschottenden Wirkung
einer begrenzten Flughafeninfrastruktur entgegenzutreten, die den nachgelagerten
Markt für Transportdienstleistungen im Luftverkehr beeinflusst.
114
Vgl. Europäische Gemeinschaften , Weissbuch - Die europäische Verkehrspolitik bis
2010: Weichenstellungen für die Zukunft, 2001, S. 40 ff; zur Förderung des Ausbaus der
Infrastruktur: Begründungselement Nr. 17 der Richtlinie 2002/30/EG des Europäischen
Parlaments und des Rates vom 26. März 2002 über Regeln und Verfahren für
lärmbedingte Betriebsbeschränkungen auf Flughäfen der Gemeinschaft, Abl. L 2002,
85/40.
115
Ferner ist in diesem Zusammenhang die im Flughafenkonzept der Bundesregierung
vom 30. August 2000 zum Ausdruck kommende Förderung der jeweiligen
Wirtschaftsstandorte zu nennen. Danach sieht die Bundesregierung in der
Weiterentwicklung des multizentralen Flugplatzsystems mit dem dahinter stehenden
Wettbewerb deutscher Regionen die geeignete Möglichkeit, Luftverkehr bedarfsgerecht
zu fördern und Kapazitäten auszunutzen. Dieser Ansatzpunkt ist ohne weiteres
nachvollziehbar und greift auch vorliegend. Eine leistungsfähige Verkehrsanbindung
stellt einen wesentlichen Standortfaktor dar, der geeignet ist, positive
regionalwirtschaftliche Effekte auszulösen. Maßgeblich ist die jeweilige Attraktivität des
Flughafens. Im Übrigen haben die Gutachter Dr. B. et al. überzeugend einen gewissen
Förderbedarf der Region insbesondere für den Bereich der Dienstleistungen gesehen.
Diesbezüglich weist die Wirtschaftsregion nach den Feststellungen der Gutachter
Defizite im Vergleich zur allgemeinen Entwicklung im Bundesgebiet auf. Dass die
eröffneten Möglichkeiten auch Arbeitsplatzeffekte erwarten lassen, liegt ebenso auf der
Hand wie die Schwierigkeit von deren Quantifizierung. Auf eine bestimmte
Größenordnung kommt es im vorliegenden Zusammenhang allerdings auch nicht an, so
dass es einer hierauf bezogenen Beweisaufnahme nicht bedurfte.
116
Das Vorhaben korrespondiert schließlich auch mit der im Flughafennahbereich
ebenfalls aus Gründen der Strukturförderung geplanten Anlegung eines Gewerbeparks,
die auf die Ansiedlung sog. flughafenaffinen Gewerbes zielt. Dabei erschließt sich ohne
weiteres, dass die Projekte wechselseitige Wirkungen entfalten; mit der Attraktivität des
Flughafens und dessen möglicher Angebotsbreite steigt die Attraktivität des
Gewerbestandortes, mit zunehmender Annahme des Gewerbestandortes stehen
wiederum positive Nachfrageeffekte im Hinblick auf den Flughafen in Rede.
117
Die angeführten Aspekte haben bereits für sich ein erhebliches Gewicht. Der
anderweitig angebrachte Einwand, dass es sich im wesentlichen um politisch gewollte
Zielsetzungen handle, greift zu kurz. Politische Zielsetzungen und
Grundentscheidungen sind aufgrund der demokratischen Legitimierung ihrer
Entscheidungsträger die Konkretisierung von Vorstellungen über eine anzustrebende
gesamtgesellschaftliche Entwicklung und umreißen damit das öffentliche Interesse und
zwar mit um so größerem Gewicht, je weiter sie sich in entsprechenden Programmen
und Plänen mit rechtstatsächlichen Auswirkungen auf die Raumplanung verdichtet
haben.
118
Das Vorhaben ist auch insgesamt vernünftigerweise geboten; es handelt sich
insbesondere nicht um eine greifbare Fehlplanung.
119
Dies gilt zunächst im Hinblick auf die Frage der Finanzierbarkeit. Zur Begründung kann
hier zwar nicht auf eine gesetzliche Bedarfsfeststellung verwiesen werden, die eine
nachfolgende Bereitstellung der Mittel im Haushalt erwarten lässt. Mit der
Handlungsoption in der NRW-Luftverkehrskonzeption 2010, den Zielvorgaben des
Landesentwicklungsplanes und den entsprechenden Ausweisungen im Regionalplan
sowie mit der neuerlichen Entschließung der Gesellschafter der Beigeladenen, Anfang
2007 den weiteren zeitlichen Rahmen für den Ausbau abzustecken, sind aber
hinreichende Anknüpfungspunkte gegeben, die in vergleichbarer Weise die Annahme
rechtfertigen, dass der planfestgestellte Flughafenausbau nicht aus finanziellen
Gründen scheitern wird. Der Umstand, dass mit der Kapitaldecke der Gesellschaft
derzeit ein Ausbau auf 3600 m nicht abgesichert ist, sondern nur ein erster Bauabschnitt
120
auf eine Länge von 3000 m, indiziert nichts Gegenteiliges. Vor allem in Ansehung der
aufgezeigten politischen Zielsetzungen, die dem Ausbauvorhaben zugrunde liegen, der
Einbindung der Hauptgesellschafter in kommunale Körperschaften bzw. ihrer
Verbindungen zu solchen sowie der kurzfristig erfolgten Kapitalerhöhung von 60 Mio
EUR zur Finanzierung des ersten Bauabschnitts, hat das Gericht keinen Anlass, daran
zu zweifeln, dass auf der Grundlage des Willens, wie er schon im
Planfeststellungsantrag zum Ausdruck gekommen und im Weiteren beibehalten worden
ist, eine Finanzierung auch über das jetzt gesicherte Ausbauvolumen hinaus erfolgen
kann. Ein aktueller Beleg, dass das Geld zur Verfügung steht, ist zur Bejahung einer
hinreichenden Realisierungschance nicht zu fordern.
Dem Vorhaben liegt auch ein insgesamt tragfähiges Konzept der zukünftigen Nutzung
des Flughafens zugrunde. Nach den im Planfeststellungsverfahren vorgelegten
sachverständigen Betrachtungen, insbesondere durch die auch in der mündlichen
Verhandlung anwesend gewesenen Dr. B. und Prof. Dr. X. , steht zur Überzeugung des
Gerichts fest, dass für den Flughafen eine realistische Entwicklungschance als
internationaler Flughafen auch bis hin zur Nutzung der vollen Länge der projektierten
Bahn von 3600 m besteht. Einen Bedarf für eine weitergehende sachverständige
Begutachtung sieht der Senat mangels Feststellbarkeit von Unzulänglichkeiten der
vorliegenden prognostischen Einschätzungen nicht. Die hierauf gerichteten
Beweisanträge waren abzulehnen.
121
Das Ausgangsgutachten zur verkehrswirtschaftlichen und verkehrspolitischen
Begründung des Ausbauvorhabens aus September 1996 und seine Ergänzung aus
Dezember 2001 zeichnen nachvollziehbar eine Entwicklungsmöglichkeit in Bezug auf
den Interkontinentalverkehr als Punkt-zu-Punkt-Verbindung auf. Weder das klägerische
Vorbringen noch die eingereichten Stellungnahmen von N. -Q1. lassen
ergebnisrelevante methodisch-fachliche Fehler bei der Prognoseerstellung erkennen.
Das betrifft namentlich die gebildeten Einzugsbereiche einer möglichen Nachfrage. Das
gewählte Kriterium - Pkw-Zeit-Entfernung - stellt, wie Dr. B. et al. in ihrem
Ausgangsgutachten diskutieren, ein Kriterium unter anderen fachlich ebenfalls
vertretbaren Kriterien dar. Nachvollziehbar führen sie aus, dass das auf
Fahrgastbefragungen beruhende deskriptive Element, wie es ausgehend von einer
Fahrgastbefragung 1998 etwa Prof. Dr. X. zur Analyse der Entwicklungschancen des
Flughafens im langen Mittelstreckenbereich gewählt hat, zwar als Kontrollinstrument für
ökonomisch ausgerichtete Verfahren geeignet sei. Als Grundlage für eine die Markt- und
Gesellschaftsdynamik integrierende - also zukunftsorientierte - Entscheidung könne der
Ansatz demgegenüber nicht fungieren. Um eine solche Entscheidung gehe es aber bei
der Frage, ob ein Angebot für den direkten Interkontinentalverkehr eine realistische
Markterwartung habe. Weitergehend hat Dr. B. in der mündlichen Verhandlung erläutert,
welche Unzuverlässigkeiten sich bei der Auswertung von Fahrgastbefragungen in
Bezug auf den Interkontinentalverkehr dadurch ergäben, dass die Endziele nicht
ausreichend sicher erfasst seien. Ferner geht das Gutachten auch nicht etwa von einem
bloßen Radiuseinzugsbereich aus. Eingestellt worden ist vielmehr zugleich eine
Zeitkomponente. Auch der erhobene Einwand, dass es in den Grenzräumen eine
abgeschwächte Bindungsintensität gebe, trifft den Kern nicht; bei Gleichwertigkeit
konkurrierender Flughäfen heben sich Zuordnungsfehler auf. Zur Bestimmung des
Umfangs, in dem sich das vorhandene Nachfragepotential voraussichtlich abschöpfen
lassen wird, sind das Nachfrageverhalten und die hierfür als maßgeblich erachteten
Parameter im Einzelnen diskutiert. Die ländliche Struktur des unmittelbaren Umfeldes
des Flughafens lässt danach auf keine ergebnisrelevanten, von den gutachterlich
122
zugrunde gelegten Prämissen abweichenden Besonderheiten im Nachfrageverhalten
der im Einzugsbereich des Flughafens wohnenden Bevölkerung schließen, vor allem
weil das Reiseverhalten als Prognosegegenstand - worauf im Grunde auch N. -Q1.
hinweist - vielfältigen Beziehungen unterliegt. Es kann, wie Prof. Dr. X. und K. in ihrem
Gutachten aus September 2003 hervorheben, bisher auch nur unzulänglich beschrieben
werden. Verhaltensänderungen mit der Zeit sind noch weitgehend unerforscht.
Die weiteren Ableitungen der gutachterlichen Stellungnahmen, insbesondere auch zu
den Randbedingungen und Voraussetzungen, unter denen im Chartertouristikverkehr
interkontinentale Direktverbindungen zu erwarten stehen, sind ebenfalls plausibel.
Erwartet wird mit Blick auf die Hub-Strategie der großen inländischen
Luftverkehrsunternehmer, dass zunächst eher wenig etablierte und/oder ausländische
Luftfahrtunternehmen mit Zielen im Chartertouristikverkehr akquiriert werden können.
Soweit das Ausgangsgutachten wegen der fehlerhaften Annahme einer begrenzten
Kapazität für den Flughafen Düsseldorf und bestehender Restriktionen für Frankfurt und
München Ungereimtheiten aufwies, sind diese durch die Ergänzung aus Dezember
2001 ausgeräumt, die sich zugleich mit den möglichen Auswirkungen der Ereignisse am
11. September 2001 befasst. Dem ist auch klägerseits nichts Erhebliches entgegensetzt
worden. Zur angeführten publizierten Äußerung von Prof. Dr. X. , dass die von Dr. B. et
al. begründeten Geschäftserwartungen im Interkontinentalverkehr unrealistisch seien,
hat dieser in der mündlichen Verhandlung klargestellt, dass seine Erklärung auf einer
unterschiedlichen Einschätzung der Frage beruhte, inwieweit sich die an einigen
Großflughäfen mit sog. Hub-Funktion erfolgte Konzentration der großen
Luftfahrtunternehmer aufbrechen lasse. Für eine Nachfrageänderung dieser
Luftfahrtunternehmer sehe er im Linien- und Geschäftsverkehr kaum Möglichkeiten. Im
Charterbereich könne sich demgegenüber angesichts des bestehenden
Nachfragepotentials anderes ergeben; dazu könne er aber ohne eigene Analyse nichts
Verlässliches sagen.
123
Die Kritik von N. -Q1. an dem von Dr. B. et al. zur Begründung einer realistischen
Verkehrserwartung aufgestellten Zahlenwerk greift nicht durch. Relevante
Widersprüchlichkeiten, die einen unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten unrealistischen
Planungsansatz belegen würden, werden nicht aufgezeigt. Im Grunde werden nur
eigene Ableitungen erstellt, wobei - ohne die Plausibilität und fachlich-methodische
Vertretbarkeit des Ansatzes von Dr. B. durchgreifend in Frage zu stellen - ein anderer
Ansatz gewählt und ohne zwingende Begründung mit der IATA-Prognose für 2010
sowie kaum plausibel gemachten Annahmen zur Auslastung sowie zur Bedeutung des
Einzugsbereichs des Flughafens Hannover gearbeitet wird.
124
Eine Realisierungschance für die Geschäftserwartung wird auch nicht dadurch in Frage
gestellt, dass sich die Marktstrategie großer inländischer Luftfahrtunternehmer trotz
entsprechender Angebote auf anderen Flughäfen, die bereits eine Bahnlänge von 3600
m und mehr haben, in Bezug auf die Abschöpfung des Nachfragepotentials in der
Fläche nicht verändert hat. Hierzu hat Dr. B. in der mündlichen Verhandlung
überzeugend erläutert, dass im Charterbereich durchaus eine Entwicklung auch abseits
der Großflughäfen wahrzunehmen sei, und letztlich erst mit dem Ausbau die verstärkte
Akquise und der prognostizierte Vorlauf von sechs Jahren beginnen könnten.
Einleuchtend ist schließlich auch der Hinweis, dass sich in der Vergangenheit sog. Low-
Cost-Carrier abseits der großen Flughäfen gegen bestehende Marktstrategien haben
durchsetzen können.
125
Dabei bieten die insbesondere von Prof. Dr. X. und K. in ihrem Gutachten aus
September 2003 nachvollziehbar belegten soliden und günstigen Entwicklungschancen
im Mittelstreckenbereich eine gute Basis, die für den Interkontinentalverkehr
prognostizierte Anlaufphase zu gestalten. Die Gutachter gelangen zu dem Ergebnis,
dass der Schwellenwert der Nachfrage, ab dem direkte Flüge realisierbar sind, im
Bereich des Geschäftsverkehrs zu den Linienzielen der weiten Mittelstrecke zwar nicht
erreicht werde, dass hingegen die Untersuchungsergebnisse für den touristischen
Verkehr bis zum Jahre 2015 ein Wachstum der Nachfrage in diesem Segment zeigten.
Dass der Touristikverkehr im Bereich der langen Mittelstrecke wächst, wird auch
klägerseits letztlich nicht durchgreifend in Frage gestellt. Bezweifelt wird im Grunde nur,
ob der Flughafen in der prognostizierten Weise daran teilhaben wird. Die als Beleg
angeführte mehrjährige Stagnation der Passagierzahlen liegt indes bei
Berücksichtigung der gegebenen Erläuterungen anhand konkreter, die
Inanspruchnahme des Flughafens der Beigeladenen beeinflussender Umstände noch
im Bereich der Bandbreite gegebener Prognoseunsicherheiten, ohne die
Fehlerhaftigkeit der Prognose zu belegen. Als bedeutsame Faktoren sind
nachvollziehbar insbesondere dargetan ein allgemeiner Rückgang des Flugverkehrs
nach den Attentaten vom September 2001, von dem sich die kleineren Flughäfen
langsamer erholt haben als die Großflughäfen, und der Aufschwung des Flughafens
Dortmund nach der Inbetriebnahme der 2000 m-Bahn. Vor diesem Hintergrund leuchtet
auch die zeitliche Verschiebung des zunächst für 2010 prognostizierten Verkehrs auf
das Jahr 2015 hinreichend ein. Die Prognose von Prof. Dr. X. und K. weist auch im
Übrigen keine relevanten Defizite auf. Insbesondere ist zutreffend zugrunde gelegt, dass
für Düsseldorf die Zweibahnkapazität erhöht werden kann und Dortmund ebenfalls nicht
alsbald an seine Kapazitätsgrenzen stößt, und ist in den Blick genommen, dass sich
nach Fertigstellung der Bahntrasse zum Flughafen Köln/Bonn eine Bahnreise dorthin
lohnen könnte. Die Einschätzung von N. -Q1. , dass Linienflüge im weiten
Mittelstreckenverkehr auch 2015 nicht realisiert würden, liegt demgegenüber schon
deshalb neben der Sache, weil es in Bezug auf diese Entfernungen in erster Linie um
Touristikflugverkehr geht, der durchaus auch heute schon mit Zielen der langen
Mittelstrecke am Flughafen der Beigeladenen bedient wird.
126
Die verbleibenden Prognoseunsicherheiten zum Verkehrsgeschehen am Flughafen im
Bereich des Interkontinentalverkehrs bleiben im Rahmen dessen, was im Grunde jeder
langfristigen Verkehrsprognose mehr oder weniger immanent ist. Eine solche Prognose
ist selbst bei Ausschöpfung aller Erkenntnisse nach wie vor nur unvollkommen möglich.
Das betrifft vorliegend insbesondere die Prämissen, von denen die Akzeptanz des
beabsichtigten Angebots für den Interkontinentalverkehr abhängt. Das sind hier neben
den verschiedenen Präferenzen der nachfragenden potentiellen Fluggäste komplexe
Kosten- und Nutzenentscheidungen der anbietenden Luftfahrtunternehmer. Die
Unsicherheiten mögen deshalb hier - wie der Klägerseite zuzugeben ist - weiter reichen
als in anderen Fällen. Gleichwohl mindern sie im Rahmen der Abwägung das Gewicht
der dargestellten Gründe für das Vorhaben, insbesondere der möglichen Effekte in
Bezug auf eine Dezentralisierung des Luftverkehrs und eine Wettbewerbsstärkung, in
Bezug auf die vorliegend zu überwindenden entgegenstehenden FFH-Belange
angesichts der im weiteren noch auszuführenden geringen Eingriffsintensität nicht
entscheidend.
127
Zusammenfassend ist nach alldem festzuhalten: Die gutachterlich aufgezeigten
Möglichkeiten im Interkontinentalverkehr und die Erwartungen im langen
Mittelstreckenverkehr erhalten ihre Bedeutung nicht wegen jeweils gewünschter
128
spezifischer Funktionen, sondern vor dem Hintergrund, dass das Ausbauvorhaben auf
eine Gesamtgestaltung des Flughafens zielt, die anderen internationalen
Verkehrsflughäfen vergleichbar und voll funktionstüchtig für jedes Fluggerät ist. Die
erwarteten Entwicklungen im Mittelstreckenbereich und das Gesamtausbauvorhaben
bedingen sich dabei zwar auch nach der Vorstellung der Beigeladenen nur
eingeschränkt. Einerseits bieten die erwarteten Entwicklungen die notwendige Basis,
die Aufbauphase für den prognostizierten direkten Interkontinentalverkehr zu gestalten;
andererseits führt der Ausbau im Bereich der langen Mittelstrecke durchaus zu einer
Steigerung der Attraktivität, wenngleich sich dies nicht in Bewegungszahlen
quantifizieren lässt. Aber auch wenn der Flughafen schon heute die Funktion eines
Mittelstreckenflughafens erfüllt, machen die konträren Aussagen der insofern in der
mündlichen Verhandlung zu Wort gekommenen, von Kläger- und Beigeladenenseite
gestellten Sachverständigen jedenfalls deutlich, dass der Verkehr mit dem in Betracht
zu ziehenden Fluggerät nicht ohne Betrachtung und genauere Kalkulation der jeweils
konkreten Flugbedingungen auch und gerade im Hinblick auf die Bahnlänge
abgewickelt werden kann.
Deshalb ist auch der Frage nicht weiter nachzugehen, ob und welcher Verkehr
unterhalb des Interkontinentalverkehrs auf dem Flughafen abgewickelt werden könnte,
ohne dass der kritische Bereich des Eltingmühlenbachs berührt werden müsste. Das gilt
unabhängig davon, ob in Bezug auf die aufgeführten Einschränkungen von echten
Restriktionen gesprochen werden kann sowie ob und unter welchen weiteren
Randbedingungen sich bei einer entsprechend geringeren Bahnlänge unter
Berücksichtigung gesetzlicher oder sonstiger normativer Maßstäbe
Interkontinentalverkehr noch wirtschaftlich abwickeln ließe. Klägerseits sind insoweit
Längen von 2400 m und 2800 m angegeben. Denn die vom klägerischen
Sachverständigen vorgestellte Minimalbetrachtung entspricht von vornherein nicht dem
Vorstellungsbild des Planfeststellungsbeschlusses von einem - keinen weitergehenden
Restriktionen unterliegenden - internationalen Flughafen.
129
Die zugelassene Bahnlänge von 3600 m liegt jedenfalls innerhalb der Spannbreite der
Bahnlängen, die in der Bundesrepublik Deutschland bei anderen internationalen
Flughäfen vorhanden oder genehmigt sind, die eine vergleichbare Funktion im
Verkehrsgeschehen erfüllen, wie sie nunmehr dem Flughafen der Beigeladenen
zukommen soll. Zu nennen sind insbesondere Köln/Bonn (3800 m), Düsseldorf (3000
m), Hamburg (3600 m), Stuttgart (3.345 m), Leipzig (3600 m). Den im Zusammenhang
mit Fragen der Bahnlänge gestellten Beweisanträgen war danach nicht nachzugehen.
130
1.2. Bei der gegebenen Sachlage tritt die Bedeutung der betroffenen Erhaltungsziele im
FFH-Gebiet zurück und zwar unbeschadet der für den Interkontinentalbereich
verbleibenden Planungsunsicherheiten. Das Gewicht der Gründe, die sich für das
Vorhaben, insbesondere im Hinblick auf den Wunsch nach Dezentralisierung des
Luftverkehrs und der Wettbewerbsstärkung nicht zuletzt der Region anbringen lassen,
überwiegt angesichts des geringen Umfangs der verbleibenden Betroffenheiten die
Integritätsinteressen, deren Schutz § 48d Abs. 5 LG NRW zu dienen bestimmt ist.
131
Ein minderes Gewicht der öffentlichen Interessen ist insbesondere nicht wegen der etwa
von dem Sachverständigen G1. da D. aufgezeigten Gestaltungsmöglichkeiten eines
kürzeren Ausbaus, festzustellen. Denn dazu wären erhebliche Abstriche von den
Planungszielen, die im Grundsatz einen Eingriff zu rechtfertigen vermögen, erforderlich,
die nur in Betracht zu ziehen wären, wenn die Eingriffsintensität besonders hoch wäre.
132
Entsprechendes gilt für die klägerseits skizzierte Lösung einer Verlegung des
Eltingmühlenbachs, die in jedem Fall mit einer nachhaltig verkürzten Bahnlänge
verbunden wäre. Eine solche zugespitzte Situation sieht der Senat noch nicht als
gegeben an. Deshalb besteht auch kein Anlass, die Frage, ob und bis zu welcher
maximalen Grenze eine Verlegung des Baches unter ökologischen Gesichtspunkten in
Betracht kommt, sachverständig klären zu lassen. Im Übrigen wäre bei der vorgestellten
Lösung, wenn es denn auf sie ankäme, weiter abzuklären, ob die Verlegung trotz der
damit verbundenen Eingriffe in die Natur und der Veränderungen des FFH-Gebietes
unter ökologischen Gesichtspunkten einerseits und aus Gründen der
Verhältnismäßigkeit andererseits tatsächlich gegenüber der gewählten Tunnellösung
vorzuziehen wäre.
Die verbleibenden Betroffenheiten der Erhaltungsziele des FFH-Gebietes sind als eher
gering einzustufen. Der unmittelbare Eingriffsbereich ist bereits durch frühere
Baumaßnahmen überformt. Neben dem Ausbau der Kreisstraße finden sich im
Bildmaterial des Landschaftspflegerischen Begleitplans Hinweise auf eine ehemalige
Nutzung des Bereichs nordwestlich der Kreisstraße als Deponie. Die Ufervegetation ist
infolge länger zurückliegender Eingriffe bereits nachhaltig unterbrochen. Der Bach weist
in dem fraglichen Bereich keinen nennenswerten natürlichen Verlauf mehr auf. Der
Bereich der Übertunnelung stellt sich damit insgesamt unter landschafts- und
naturschutzrechtlichen Gesichtspunkten als nur gemindert schutzwürdig dar. Die
Übertunnelung mit den Lichtschächten bietet zudem zumindest eine Chance,
charakteristische Element des Fließgewässers in spürbarem Umfange aufrecht zu
erhalten und in Verbindung mit den Kompensationsmaßnahmen zur Verbesserung des
Gewässerqualität und der Gewässerdurchgängigkeit einen vertretbaren Zustand des
FFH-Gebietes in seiner Gesamtheit zu belassen. So führen die FFH-Gutachter im
Hinblick auf die Gefährdung des Bachneunauges in ihrer Stellungnahme vom 11. April
2003 nachvollziehbar aus, dass die Kohärenzmaßnahmen einen funktionalen Ausgleich
des Eingriffs schaffen, der einen Gesamtausfall der Population unwahrscheinlich macht.
Zudem ist mit der Anordnung, über 10 Jahre ein Monitoring-Programm unter Beachtung
der FFH-relevanten Arten durchzuführen, eine Überwachung der Wirksamkeit der
Minderungs- und Kompensationsmaßnahmen gewährleistet und erlaubt der
Auflagenvorbehalt V.3.2, gegebenenfalls zeitnah zusätzliche Maßnahmen anzuordnen.
Schließlich werden mit den Ausgleichsmaßnahmen zur Entwicklung von Auenwald
zugleich nicht betroffene Erhaltungsziele gefördert.
133
2. Zumutbare Alternativen i.S.d. § 48d Abs. 5 Nr. 2 LG NRW, den mit dem Projekt
verfolgten Zweck an anderer Stelle ohne oder mit geringeren Beeinträchtigungen zu
erreichen, sind nicht gegeben. Die Vorschrift zielt in ihrem Wortlaut in erster Linie auf
eine Standortalternativenprüfung. Mit Blick auf das Schutzziel des Art. 6 FFH-RL ist die
Prüfung allerdings in Fällen, in denen es um die flächenmäßige Ausdehnung einer
vorhandenen Anlage geht, letztlich weiter zu sehen und sind auch andere Alternativen
in die Betrachtung einzustellen. Dabei sind mit Blick auf den Ausnahmecharakter des
Art. 6 Abs. 4 FFH-RL gewisse Abstriche am Grad der Zielvollkommenheit als typische
Folgen des Gebots, Alternativen zu nutzen, hinnehmbar. Gestaltungen, die nur
geänderten Zielsetzungen genügen, scheiden demgegenüber aus.
134
Vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Mai 2002 - 4 A 28.01 -, BVerwGE 116, 263.
135
Damit entfallen schon im Ansatz vorliegend diejenigen Ausbaukonzepte, die bloß auf
die Verbesserung der Bedingungen für den Mittelstreckenverkehr zielen. Das gilt etwa
136
für den Vorschlag, es beim Auftrag eines neuen Belages zu belassen. Gleiches gilt für
die in der mündlichen Verhandlung im einzelnen erörterten Ausbauvarianten, die
jeweils eine nachhaltige Verkürzung der Bahn implizieren. Schließlich gilt das auch für
die als möglich vorgestellte Verlegung des Eltingmühlenbaches. Die damit
verbundenen Abstriche von den Planungsvorstellungen laufen auf ein anderes Konzept
und Ziel hinaus. Im Übrigen ließen sie sich selbst bei unterstellter Vorhabenidentität
angesichts der aufgezeigten geringen Eingriffintensität nicht rechtfertigen.
Entsprechendes gilt auch für die auch von den FFH-Gutachtern durchaus mit ins Auge
gefasste sog. Nulllösung. Der Verweis, dass sich die Nachfrage potentieller Fluggäste
nach Interkontinentalverbindungen und Verbindungen der langen Mittelstrecke auf
anderen Flughäfen abwickeln lasse, geht indes schon im Ansatz fehl. Schließlich erhält
das Vorhaben sein besonderes Gewicht gerade mit Blick auf die damit verbundende
Erwartung einer weiteren Dezentralisierung des Luftverkehrs und einer
Wettbewerbsstärkung sowie eines Gleichziehens des westfälischen Landesteils mit
dem rheinischen im Hinblick auf die Luftverkehrsinfrastruktur. Es geht gerade darum,
dass das Nachfragepotential für Leistungen des Luftverkehrs vor Ort abgeschöpft wird.
137
Die Verlagerung des Baches bei einer Bahnverlängerung von 3600 m ist schon wegen
der zu erwartenden verringerten Fließgeschwindigkeit keine ernstlich zu verfolgende
Alternative. Entsprechendes gilt für einen Teilabschlag des Eltingmühlenbaches in die
Ems. Ein bloßer Brückenbau wird auch vom Kläger nicht als ernsthaft mögliche Variante
angenommen; es ergäben sich erhebliche Sicherheitsbedenken.
138
Die Entscheidung, den Eltingmühlenbach auf einer Länge von 390 m zu überbauen,
unterliegt ebenfalls keinen Bedenken. Die auf Bl. 114 des Planfeststellungsbeschlusses
angeführten Sicherheitserwägungen, auf die hier Bezug genommen wird, sind
unmittelbar nachvollziehbar und überzeugend. Es leuchtet ein, dass etwa im Fall des
Abdriftens von der Bahn Vertiefungen das Schadensrisiko erhöhen. Das Ergebnis des
vorgelegten Sicherheitsgutachtens aus September 1997 steht dem nicht entgegen. Es
beschränkt sich auf die Feststellung, dass sich bei einer Reduzierung der Breite eines
eingeebneten Sicherheitsstreifens auf den Bereich bis 105 m beiderseits der
Bahnachse, wie es nach J. ausreicht, das Unfallrisiko nicht signifikant erhöht.
Vorliegend geht es indes um die Entscheidung, ob das verbleibende Risiko um den
Preis des Verzichts darauf, dass auch im weiteren Bereich bis 150 m keine
wesentlichen Vertiefungen auftreten, hingenommen werden muss. Dafür, dass die J. im
Hinblick auf die Frage nach Vertiefungen im Bereich über 105 m hinaus eine andere
und abschließende Ansicht vertreten würde, als sie dem Planfeststellungsbeschluss
zugrunde liegt, ist nichts ersichtlich. Wie das Sicherheitsgutachten hervorhebt, hat die J.
bisher keine expliziten Richtlinien für Brückenkonstruktionen bei Start- und
Landebahnen erarbeitet.
139
3. Mit den angeordneten Kompensationsmaßnahmen ist den Anforderungen des § 48d
Abs. 7 LG NRW genügt. Danach müssen Ausgleichsmaßnahmen sicherstellen, dass
der Beitrag des Gebietes zur Erhaltung eines günstigen Zustandes eines oder mehrerer
natürlicher Lebensräume innerhalb der betroffenen biogeografischen Region gewahrt
bleibt. Der Kohärenzausgleich soll den Verlust bzw. die Minderfunktion eines
bestimmten FFH-Gebietes ausgleichen. Dem wird hier hinreichend Rechnung getragen.
Insbesondere ist die Kohärenz nicht so kleinräumig zu verstehen, dass der
Zerschneidungseffekt hinsichtlich der Ufer- und Bachvegetation im überbauten Bereich
Gewicht erlangt. Die Einschätzung der FFH- Gutachter, dass eine ausreichende
140
Kohärenz gewährleistet wird, ist überzeugend und wird auch von dem Kläger letztlich
nicht durchgreifend in Frage gestellt. Für ein Verbleiben von in sich funktionslosen
Teilen spricht nichts. Zusätzlich wird durch die Auflage V.3.1 sichergestellt, dass der
Eingriff erst zu einem Zeitpunkt erfolgt, in dem die für das FFH-Gebiet notwendigen
Maßnahmen bereits abgeschlossen sind. Ein noch weitergehendes Abwarten vor
Baubeginn, etwa der weiteren Entwicklung der zur Verbesserung der Gewässerqualität
geforderten Uferbepflanzungen, ist nicht zu fordern. Denn die Wirkungen jener
Maßnahmen stehen letztlich nicht in Zweifel. Zudem ist mit der Installierung eines
Monitoring-Programms im Tunnelbereich und dem Vorbehalt weiterer Maßnahmen
(V.3.2) dem bei jeder fachlichen Prognose verbleibenden Risiko, dass sich die
Einschätzung über das Greifen der geforderten Minderungs- und
Kompensationsmaßnahmen nachträglich als unzutreffend erweist, hinreichend
begegnet.
4. Soweit vorstehend unter I.4. hilfsweise in Bezug auf das im Ausbaubereich der Start-
und Landebahn befindliche Wäldchen das Vorhandensein von Quartierstandorten von
Fledermäusen unterstellt worden ist, liegen die Voraussetzungen für ein Überwinden
des dann einschlägigen Verbotes aus § 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG ebenfalls vor.
Insbesondere sprechen auch unter Berücksichtigung der unterstellten Betroffenheit von
Fledermausquartieren für das Vorhaben zwingende Gründe des überwiegenden
öffentliche Interessen i.S.d. Art. 16 Abs. 1 Buchstabe c) FFH-RL und damit zugleich im
Übrigen auch überwiegende Gründe des Gemeinwohls, die nach § 62 Abs. 1 Nr. 2
BNatSchG für eine Befreiung geforderten werden. Denn die aufgezeigten öffentlichen
Belange, die für das Vorhaben sprechen, lassen in ihrer Gewichtung zugleich den
Schutz - hier allenfalls betroffener - einzelner Exemplare, dem das Verbot dient,
ausnahmsweise zurücktreten.
141
III. Schließlich sind auch keine relevanten Fehler bei der Abwägung der natur- und
landschaftsrechtlichen Belange im Übrigen auf der Grundlage der allgemeinen
Eingriffsregelung des Landschaftsgesetzes festzustellen.
142
Defizite bei der Ermittlung der einzustellenden naturschutzrechtlichen Belange liegen
nicht vor. Die obigen Gründe erschließen, dass der Beklagte bei dem gegebenen
Erkenntnisstand insbesondere nicht gehalten war, weitergehende Ermittlung über
Fledermäuse anzustellen. Entsprechendes gilt für andere Arten. Der Kläger hatte in
diesem Zusammenhang ursprünglich insbesondere die Libellen und den Steinbeißer
angeführt. Indes boten auch insoweit die vorliegenden Erhebungen, insbesondere die
Feststellungen im FFH-Gutachten eine
143
hinreichende Grundlage für die nach § 4 Abs. 4 und 5, § 5 LG NRW a.F. (§ 4a LG NRW
n.F.) erforderliche Abwägungsentscheidung.
144
Es ist schließlich auch nichts dafür ersichtlich, dass der Beklagte die mit einer
Entwässerung der befestigten Flächen aufgeworfene Problematik einer Einleitung von
kontaminiertem Wasser einer weitergehenden Gefahrenabschätzung hätte unterziehen
müssen. Die Einleitung in den Eltingmühlenbach erfolgt über eine Drosseleinrichtung
mit nachgeschaltetem Benzinabscheider als Sicherheitselement bei eventuellen
Unfällen. Es sind Schieber vorgesehen, die bei Unfällen den Übertritt von
Leichtflüssigkeiten und Löschwasser in den Vorfluter verhindern und von der
Flughafenfeuerwehr im Einsatzleitstand zentral bedient werden können. Beim Einsatz
von Enteisungsmitteln auf der Start- und Landebahn sind ebenfalls technische
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Vorkehrungen vorgesehen, die gewährleisten, dass eine Entwässerung über die
kommunale Kläranlage Greven erfolgt, soweit bestimmte Grenzwerte überschritten
werden. Im Übrigen erfolgt mit dem Planfeststellungsbeschluss keine Entscheidung
hinsichtlich der erforderlichen wasserrechtlichen Befugnisse; hierüber ist in getrennten
Verfahren zu entscheiden. Bis zum Erlass des Planfeststellungsbeschlusses waren in
jenen Verfahren zudem bereits entsprechende Gefahrenabschätzungen für den
Eltingmühlenbach durchgeführt worden. Insbesondere war im September 2001 eine
FFH-Untersuchung vorgelegt worden zu möglichen Auswirkungen von
Oberflächeneinleitungen vom Flughafen auf den Eltingmühlenbach, Ladberger
Mühlenbach und die Ems. Anlass für Weitergehendes bestand danach nicht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3 VwGO, die Entscheidung
über die Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO, § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.
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Gründe gemäß § 132 Abs. 2 VwGO, die Revision zuzulassen, sind nicht gegeben.
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