Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 21.05.2010
OVG NRW (kläger, grundstück, verwaltungsgericht, wohnung, satzung, stadt, richtigkeit, zweifel, erstwohnung, erweiterung)
Oberverwaltungsgericht NRW, 14 A 794/07
Datum:
21.05.2010
Gericht:
Oberverwaltungsgericht NRW
Spruchkörper:
14. Senat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
14 A 794/07
Tenor:
Der Antrag wird abgelehnt.
Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfah-rens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auch für das
Zulas¬sungsverfahren auf 168,75 Euro festgesetzt.
G r ü n d e :
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Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg, weil die gesetzlichen
Voraussetzungen für eine Zulassung nicht erfüllt sind. Zulassungsgründe gemäß § 124
Abs. 2 Nr. 1 bis 5 VwGO liegen nicht vor oder sind innerhalb der
Zulassungsantragsbegründungsfrist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO nicht ausreichend
dargelegt worden.
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Normativ benannt hat der Kläger in der Zulassungsantragsbegründung allein den
Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit
des angefochtenen Urteils im Sinne dieser Bestimmung sind dann begründet, wenn ein
einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit
schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird.
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Vgl. BVerfG, Beschluss vom 23. Juni 2000
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- 1 BvR 830/00 -, NVwZ 2000, 1163 f.
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Das ist vorliegend nicht geschehen.
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Vom Ansatz her ungeeignet, Fehler der angefochtenen Entscheidung darzutun, sind -
wie etwa auf Seite 7 unten, Seite 8 oben der Antragsbegründung - die gegen
Ausführungen des Beklagten gerichteten Angriffe des Klägers. Die Kritik an der
Argumentation, "durch das reine Abstellen eines Wohnwagens auf einem eigenen
Grundstück oder einer Gargeneinfahrt (werde) keine Eigentumsverwendung betrieben",
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bzw. an der "Rechtsauffassung, dass ein Gegenstand, der nicht benutzt (werde), und
auch nicht benutzt werden (solle), nicht im Sinne der Zweitwohnungssteuersatzung
verwendet" werde, ist schon deshalb nicht geeignet, ernstliche Zweifel an der
Richtigkeit des angefochtenen Urteils zu wecken, weil diese Standpunkte weder in der
angefochtenen Entscheidung noch in dem darin in Bezug genommenen Urteil des
Verwaltungsgerichts vom 5. Juli 2004 - 25 K 8195/03 - oder dem zugehörigen Beschluss
des Senats vom 19. Oktober 2006 - 14 A 4021/04 - vertreten worden sind.
Soweit die Rügen des Klägers Bezugspunkte zu den Entscheidungsgründen des
Verwaltungsgerichts haben, sind sie weitgehend deckungsgleich mit denjenigen im
seinerzeitigen Verfahren 14 A 4021/04 gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 5.
Juli 2004 - 25 K 8195/03 -. Letztlich zielt der Vortrag des Klägers auch im vorliegenden
Verfahren darauf ab, geltend zu machen, das Verwaltungsgericht habe verkannt, dass
die Erhebung der Zweitwohnungssteuer in der Stadt Y. nicht satzungsgemäß erfolge
und im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. Urteil vom 27.
Juni 1991 - 2 BvR 1493/89 -, BVerfGE 84, 239) nicht gleichmäßig gesichert sei.
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a) Insoweit führt der Kläger zum einen an, die Interpretation der
Zweitwohnungssteuersatzung der Stadt Y. durch das Verwaltungsgericht habe zur
Konsequenz, "dass es sich bei der erweiterten Zweitwohnungssteuer ... um eine fast
ausschließliche 'Campingplatz-Steuer' für Mobilheime, Wohnmobile und Wohn- und
Campingwagen (vom Kläger zusammenfassend Wohnvehikel genannt) handele", was
mit dem Inhalt der Satzung der Stadt Y. nicht vereinbar sei. Insbesondere könne dem
Verwaltungsgericht nicht dahin gefolgt werden, "dass die Nutzung eines auf dem
eigenen Grundstück abgestellten Wohnwagens ... eine Ausdehnung der Erstwohnung
sei und nicht zu einer Zweitwohnungssteuerverpflichtung führe". Die Möglichkeit der
Heranziehung zur Zweitwohnungssteuer für das Innehaben eines "Wohnvehikels"
beruhe nach der Rechtsprechung ausschließlich auf der in der Satzung enthaltenen
Fiktionsregelung. Von einer "Wohnung" im steuerrechtlichen Sinne könne deshalb
gerade nicht ausgegangen werden. Dies verbiete es auch, ein "Wohnvehikel" als
"Ausdehnung der Erstwohnung" zu verstehen. Ein "Wohnvehikel" könne nicht einmal
als Bestandteil einer Wohnung angesehen werden und zum anderen Gegenstand einer
Fiktionsbesteuerung eigener Art sein. Ferner sei es nicht Aufgabe des Gerichts, eine
"unerwünschte Besteuerung von Bürgern mit Erstwohnsitz in Y. durch die Definition
von "Wohnvehikeln" als Zweitwohnung und (eine) zu weite Auslegung
einzuschränken".
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b) Zum anderen wendet sich der Kläger unter Rüge einer Verletzung des
Gleichbehandlungsgebots aus Art. 3 Abs. 1 GG erneut gegen die "fehlende
Gleichmäßigkeit der Besteuerungserhebung" infolge unzureichender
Erhebungsanstrengungen und Kontrollen des Beklagten.
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Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils hat der Kläger indes auf
beiden Kritikfeldern nicht dargetan. Die angefochtene Entscheidung steht insoweit im
Einklang mit der Rechtsprechung des beschließenden Senats. An verschiedenen
Stellen der Zulassungsantragsbegründung wird deutlich, dass sich darüber auch der
Kläger im Klaren ist. Er hat im Ergebnis dennoch nichts vorgetragen, was dazu nötigen
würde, die im Beschluss des Senats vom 19. Oktober 2006 - 14 A 4021/04 -
eingenommenen Standpunkte aufzugeben.
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Zwar trifft es zu, dass es sich nach der Rechtsprechung insbesondere des
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beschließenden Gerichts bei Campingwagen, Wohnwagen, Wohnmobilen und
Mobilheimen grundsätzlich nicht um "Wohnungen" im Sinne des
Zweitwohnungssteuerrechts handelt, selbst, wenn sie nicht nur vorübergehend zu
Zwecken des persönlichen Lebensbedarfs aufgestellt sind, und dass eine
Heranziehung zur Zweitwohnungssteuer nur in Betracht kommt, wenn eine
Satzungsregelung fiktiv bestimmt, dass diese "Wohnvehikel" als Zweitwohnungen im
Sinne der Satzung behandelt werden sollen.
Vgl. OVG NRW, Urteil vom 29. November 1995
13
- 22 A 210/95 -, OVGE MüLü 45, 151 = juris, dort Rn. 10 und 18.
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In der Rechtsprechung des beschließenden Gerichts ist indes auch seit langem
anerkannt, dass Wohnungen einerseits und "Wohnvehikel" andererseits nicht nur eine
gemeinsame "Schnittmenge" aufweisen, nämlich die mobilen Unterkünfte, die dem
Wohnungsbegriff des Zweitwohnungssteuerrechts genügen, sondern dass beide
jedenfalls einem Wohnen im weiteren Sinne dienen.
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Vgl. OVG NRW, Urteil vom 15. März 1999
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- 22 A 391/98 -, NVwZ 2000, 223 = juris, dort Rn. 17.
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Die Ausführungen des Klägers zur vermeintlich ungleichen Besteuerung, weil von
Einwohnern Y. auf eigenen Grundstücken aufgestellte Wohnvehikel nicht besteuert
würden, gehen nach der Satzungslage fehl, weil gemäß § 2 Abs. 4 der
Zweitwohnungssteuersatzung auch das Abstellen dieser Gefährte auf eigenem
Grundstück erfasst wird. Ob das weiter erforderliche Merkmal gegeben ist, dass es sich
bei solchen fiktiv als Wohnungen behandelten Vehikeln auch um Zweitwohnungen
handelt und nicht um einen bloßen Annex der Wohnnutzung auf dem Grundstück, ist
eine Frage des Einzelfalls, mit der eine ungleiche satzungsrechtliche Besteuerung nicht
begründet werden kann. Regelmäßig dürfte es sich bei einem auf dem eigenen
Wohngrundstück abgestellten Wohnvehikel nicht um eine Zweitwohnung handeln: In
den Fällen, in denen das Gefährt nur zum Zwecke seiner Unterbringung, also zu
Parkzwecken abgestellt wird, fehlt es bereits am Merkmal des Abstellens "zu Zwecken
des persönlichen Lebensbedarfs" nach § 2 Abs. 4 der Satzung.
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Vgl. dazu, dass dieses Merkmal den Lebensbedarf "Wohnen" betrifft,
OVG NRW, Beschluss vom 8. Juni 2000 - 14 B 2135/99 -, NWVBl. 2000,
466 (467).
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Die - ohnehin wohl kaum vorkommenden - Fälle, in denen der Einwohner Y. tatsächlich
das auf dem eigenen Wohngrundstück abgestellte Vehikel auch dort zu Wohnzwecken
nutzt, etwa als "Gästezimmer", können im Sinne der angegriffenen Entscheidung als
Erweiterung der Wohnnutzung angesehen werden, die nicht zu einer
Zweitwohnungssteuerpflicht führt. Wenn der Kläger sich darauf beruft, dass "im
Steuerrecht ... der Begriff des erweiterten Wohnraums lediglich zur Abgrenzung genutzt
(werde), ob An-, Umbauten oder Erweiterungen an einer Wohnung eine neue oder
zusätzliche eigenständige Wohnung schaffen oder es sich lediglich um 'erweiterten
Wohnraum' handel(e)", so fällt auch die Würdigung des Verwaltungsgerichts nicht aus
diesem begrifflichen Rahmen.
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Durch die Bezugnahme auf den Beschluss des Senats vom 19. Oktober 2006 - 14 A
4021/04 - hat sich das Verwaltungsgericht auch die seinerzeitigen am Melderecht
orientierten Ausführungen des Senats am Ende des Beschlusses zu eigen gemacht. Mit
diesen Ausführungen setzt sich der Kläger an keiner Stelle seiner
Zulassungsantragsbegründung auseinander, so dass insoweit schon die
Darlegungsanforderungen des § 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO nicht erfüllt sind.
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Dafür, dass das Verwaltungsgericht - wie es auf Seite 6 unten der
Zulassungsantragsbegründung anklingt - die für die Auslegung satzungsrechtlicher
Regelungen geltenden Grundsätze außer Acht gelassen hätte, um eine "unerwünschte
Besteuerung von Bürgern mit Erstwohnsitz in Y. ... einzuschränken", besteht kein
Anhaltspunkt. Es ist schon nicht ersichtlich, warum dem Verwaltungsgericht eine
Besteuerung von Bürgern mit Erstwohnsitz in Y. unerwünscht sein sollte.
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Auch mit seinen oben unter b) beschriebenen Einwendungen hat der Kläger ernstliche
Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung nicht dargetan. Lässt sich -
wie oben erörtert - eine eventuelle Nutzung eines "Wohnvehikels" auf dem Grundstück
der Wohnung zumindest in der Regel als Erweiterung dieser Wohnnutzung verstehen,
so verbleiben die Fälle des Aufstellens auf einem Campingplatz, auf einem sonstigen
fremden Grundstück oder auf einem anderen Grundstück des Wohnvehikelbesitzers als
dem der Erstwohnung. In den letztgenannten Fällen ist die Abgleichung von
Melderegister, Wasserverbrauch und Mülltonnen nicht von vornherein lebensfremd oder
ein stumpfes Schwert. Im Übrigen sind der Beschluss des Senats vom 19. Oktober 2006
- 14 A 4021/04 - und damit die darauf Bezug nehmende angefochtene Entscheidung
auch darauf gestützt, dass die vom Kläger so bezeichneten "Wohnvehikel" in der Regel
so aufgestellt werden, dass sie von der Umgebung und von Kontrolleuren
wahrgenommen werden können. Insoweit hatte der Beklagte mit Schreiben vom 9.
November 2004 vorgetragen, dass auch der städtische Vollziehungsbeamte, dessen
Tätigkeitsgebiet die ganze Stadt umfasst, angewiesen ist, dem Steueramt über mögliche
Fälle von Zweitwohnungen im Stadtgebiet Mitteilung zu machen. Darauf geht der Kläger
nicht ein.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, die Festsetzung des Streitwertes
beruht auf §§ 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 3 GKG.
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Dieser Beschluss ist gem. § 152 Abs. 1 VwGO und - hinsichtlich der
Streitwertfestsetzung - §§ 66 Abs. 3 Satz 3, 68 Abs. 1 Satz 5 GKG unanfechtbar. Das
Urteil des Verwaltungsgerichts ist nunmehr rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).
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