Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 10.07.2007
OVG NRW: bebauungsplan, landschaft, gemeinde, mangel, grundstück, offene bauweise, schallschutz, wohnhaus, brauerei, deckung
Oberverwaltungsgericht NRW, 7 D 43/06.NE
Datum:
10.07.2007
Gericht:
Oberverwaltungsgericht NRW
Spruchkörper:
7. Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
7 D 43/06.NE
Tenor:
Der Bebauungsplan Nr. 311 "Ober dem G. " der Stadt T. ist unwirksam,
soweit die allgemeinen Wohngebiete, die für das Flurstück 552 und für
den Bereich zwischen dem Wohnhaus C.-------straße 18 und der
Fußgängerverbindung zwischen der Erschließungsstraße 1 und dem
T1.-------weg ausgewiesen sind, mit dem Zusatz "1" versehen sind.
Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
1
Der Antragsteller wendet sich gegen den Bebauungsplan Nr. 311 "Ober dem G1. " der
Antragsgegnerin, der eine Teilfläche des in seinem Eigentum stehenden Grundstücks
C.-------straße 15 als Straßenverkehrsfläche überplant.
2
Das Plangebiet des strittigen Bebauungsplans liegt am Nordrand des Ortsteils L. -N. der
Antragsgegnerin. Dieser östlich der Kernstadt von T. liegende Ortsteil wird in Tallage
entlang der X. von Südosten nach Nordwesten von der Bahnstrecke T. -X1. durchquert.
Nordöstlich der Bahnstrecke verläuft etwa parallel zu dieser der Straßenzug I.----straße
/C1.-----weg (L 719/K 4). Nordöstlich dieses Straßenzugs erstreckt sich die Bebauung
von L. -N. hangaufwärts zum H. und wird dabei über verschiedene Gemeindestraßen
erschlossen.
3
Der Bebauungsplan erfasst einen bereits bebauten Bereich, der sich am Hang des H1.
von der Straße T2. - diese führt vom C1.-----weg (K 4) zunächst nach Norden und
sodann nach Nordwesten - in Richtung Osten entlang der C2.------- straße erstreckt.
4
Letztere endet rd. 150 m östlich der Straße T2. in Höhe der Häuser C.-------straße 17 und
18. Etwa 100 m östlich der Straße T2. zweigt von der C2.-------straße die nach Norden -
hangaufwärts - führende Straße Ober dem G1. ab. Entlang der Ostseite dieser Straße,
die derzeit eine Breite von ca. 3 bis 4 m hat, stehen auf rd. 150 m Länge insgesamt 6
Wohnhäuser (Ober dem G1. 2, 2a, 4, 6, 8 und 10). An der Westseite der Straße Ober
dem G1. stehen nahe der Einmündung in die C2.-------straße das von der Mutter des
Antragstellers bewohnte Haus C.-------straße 15 sowie rd. 120 m nördlich hiervon die
Wohnhäuser Ober dem G1. 11 und 13; der dazwischen liegende Bereich westlich der
Straße Ober dem G1. ist unbebaut.
Nach den Festsetzungen des strittigen Bebauungsplans soll das östlich der Bebauung
Ober dem G1. gelegene Gelände weitgehend einer Neubebauung zugeführt werden.
Zur Anbindung dieser Bebauung an das weiterführende Straßennetz soll von der Straße
T2. aus unter Beseitigung des Wohnhauses T2. 6 ein kurzer neuer Straßenabschnitt
gebaut werden, der auf den nach Osten zur Straße Ober dem G1. führenden Abschnitt
der C2.-------straße führt; der nördlich hiervon vorhandene, von der Straße T2.
abzweigende enge und kurvige Abschnitt der C2.-------straße ist als Verkehrsfläche
besonderer Zweckbestimmung "Bereich mit Fußgänger- und Anliegerverkehr"
ausgewiesen. Die C2.-------straße soll sodann bis zur Straße Ober dem G1. auf 9 m
verbreitert werden. Auch die nach Norden führende Straße Ober dem G1. soll an ihrer
Westseite - unter Inanspruchnahme von Flächen aus dem Grundstück des
Antragstellers - auf insgesamt 9 m verbreitert werden. Nördlich des Hauses Ober dem
G1. 10 soll sie sodann in einen nach Osten führenden Verlauf verlängert werden, der
nach rd. 120 m in eine nach Süden führende Stichstraße (Erschließungsstraße 2)
übergeht. Gut 30 m östlich des bestehenden Abschnitts der Straße Ober dem G1. bzw.
knapp 90 m westlich der Erschließungsstraße 2 soll von der nach Osten verlängerten
Straße Ober dem G1. eine weitere nach Süden führende Stichstraße
(Erschließungsstraße 1) abzweigen. Die als Verkehrsflächen besonderer
Zweckbestimmung "verkehrsberuhigter Bereich" ausgewiesenen Erschließungsstraßen
1 und 2 haben jeweils eine Länge von gut 150 m und enden im Süden mit einem
Wendehammer. Von diesen Wendehämmern aus sind Fußgängerbereiche als
Verbindung zum T1.-------weg festgesetzt, der seinerseits der Erschließung der südlich
des Plangebiets bereits vorhandenen Bebauung dient. Letztere ist vom strittigen
Bebauungsplan nicht erfasst; ausgenommen ist das Grundstück T1.-------weg 16 mit der
für dieses Grundstück festgesetzten Anbindung an den T1.-------weg (Verkehrsfläche
besonderer Zweckbestimmung "Bereich mit Fußgänger- und Anliegerverkehr").
5
Für die vorhandene Bebauung an der Straße T2. und der C2.-------straße sind im
Wesentlichen allgemeine Wohngebiete festgesetzt, lediglich das Grundstück C.-------
straße 5 ist als Mischgebiet ausgewiesen. Dabei lassen die festgesetzten überbaubaren
Grundstücksflächen südlich der C2.-------straße im Bereich des Flurstücks 552 auch eine
Bebauung des bislang unbebauten Hintergeländes zwischen den Häusern C.-------
straße 10 und 12 (letzteres liegt weitgehend außerhalb der festgesetzten überbaubaren
Grundstücksflächen) sowie Am O. 21 zu. Beiderseits des nach Norden führenden
Abschnitts der Straße Ober dem G1. sowie beiderseits der Erschließungsstraßen 1 und
2 sind weitere allgemeine Wohngebiete ausgewiesen, in die verschiedene private und
öffentliche Grünflächen eingestreut sind. Zwischen die östlich der Erschließungsstraße
1 und westlich der Erschließungsstraße 2 ausgewiesenen Bauzeilen schiebt sich von
Norden ein rd. 150 m langer Streifen öffentliche Grünfläche, der vor dem für das
Grundstück T1.-------weg 16 ausgewiesenen allgemeinen Wohngebiet endet. Das
Plangebiet endet im Osten mit der östlich der Erschließungsstraße 2 ausgewiesenen
6
Bauzeile. Hier fällt das Gelände deutlich ab zur S.------straße , die in einem mehrfach
gewundenen Verlauf von der I.----straße hangaufwärts führt und östlich des Plangebiets
des strittigen Bebauungsplans endet. Die Bereiche beiderseits des nach Osten
führenden neuen Abschnitts der Straße Ober dem G1. sind weitgehend als öffentliche,
in einem kleineren Bereich als private Grünfläche ausgewiesen.
Im Einzelnen trifft der Bebauungsplan folgende weitere Festsetzungen:
7
Für die allgemeinen Wohngebiete sind Räume für freie Berufe im Sinne des § 13
BauNVO sowie die Ausnahmen nach § 4 Abs. 3 BauNVO für nicht zulässig erklärt.
Ferner sind für sie Festsetzungen zum Maß der baulichen Nutzung (Zahl der
Vollgeschosse maximal 1 oder 2; Grundflächenzahl 0,4; Geschossflächenzahl 0,6 oder
1,0; teilweise auch maximale Traufhöhe bzw. maximale Höhe baulicher Anlagen), zur
Bauweise (offene Bauweise, nur Einzel- und Doppelhäuser zulässig oder nur
Einzelhäuser zulässig) und zur Gebäudestellung (vorgegebene Firstrichtung) getroffen.
Die überbaubaren Grundstücksflächen sind durch Baugrenzen festgelegt. Die
höchstzulässige Zahl der Wohnungen ist in allen Wohngebieten auf 2 bzw. 3 je
Wohngebäude festgesetzt. Für die als "WA1" gekennzeichneten Gebiete, bei denen es
sich um die bislang unbebauten Bereiche handelt, sind als Ausgleich für Eingriffe in die
Natur und Landschaft Bepflanzungs- und Begrünungsvorgaben festgesetzt. Schließlich
sind für verschiedene Bereiche im Südwesten des Plangebiets Flächen für besondere
Vorkehrungen zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen ausgewiesen, für die
unterschiedliche Festsetzungen getroffen sind.
8
Die privaten und öffentlichen Grünflächen sind weit überwiegend zugleich als
Ausgleichsflächen für Eingriffe in die Natur und Landschaft durch Verkehrsflächen bzw.
durch Neubauflächen festgesetzt, ein Bereich auch als Spielplatz für Kleinkinder. Für
verschiedene der Grünflächen sind auch nähere Bepflanzungsvorgaben (Extensivrasen,
Obstwiese, Anpflanzung eines Laubbaums je angefangene 80m2 Fläche) getroffen.
Öffentliche Grünflächen im Nordwesten des Plangebiets sind als "Straßenbegleitgrün"
festgesetzt. Am äußersten Nordrand des Plangebiets ist ferner ein Streifen Fläche für
die Landwirtschaft ausgewiesen.
9
Das Verfahren zur Aufstellung des Bebauungsplans nahm folgenden Verlauf:
10
Am 13. Dezember 1999 beauftragte der Bauausschuss der Antragsgegnerin die
Verwaltung, das Bauleitplanverfahren für die Aufschließung des Bereichs "Ober dem
G1. " einzuleiten. Die Planunterlagen wurden gemäß Bekanntmachungen vom 15. Juni
2000 in der Zeit vom 23. Juni bis 7. Juli 2000 zur Einsicht ausgelegt. Am 18. Oktober
2000 fasste der Rat der Antragsgegnerin den Aufstellungsbeschluss für den
Bebauungsplan Nr. 311, der am 4. Dezember 2000 bekannt gemacht wurde. Die Träger
öffentlicher Belange wurden mit Anschreiben vom 15. Dezember 2000 beteiligt.
Aufgrund der Auslegung vom 23. Juni bis 7. Juli 2000 gingen zahlreiche
Stellungnahmen von Privaten - auch des Antragstellers - ein. Auch verschiedene Träger
öffentlicher Belange gaben Stellungnahmen ab. Am 18. Juni 2003 befasste sich der Rat
der Antragsgegnerin mit den eingegangenen Stellungnahmen und beschloss, das
Plangebiet zu verändern sowie den überarbeiteten Planentwurf nebst Begründung
öffentlich auszulegen. Diese öffentliche Auslegung fand gemäß Bekanntmachungen
vom 27. Juni 2003 in der Zeit vom 8. Juli bis 8. August 2003 statt. Die Träger öffentlicher
Belange wurden mit Anschreiben vom 30. Juni 2003 beteiligt. Der Antragsteller wandte
sich - neben anderen Privaten - erneut gegen die Planung. Auch verschiedene Träger
11
öffentlicher Belange gaben Stellungnahmen ab. Am 31. März 2004 befasste sich der Rat
der Antragsgegnerin mit den eingegangenen Stellungnahmen und beschloss sodann
den Bebauungsplan als Satzung sowie die Begründung. Die Bekanntmachung des
Satzungsbeschlusses erfolgte am 26. April 2004.
Der Antragsteller hat am 21. April 2006 den vorliegenden Normenkontrollantrag gestellt.
Zur Begründung trägt er insbesondere vor:
12
Er sei antragsbefugt. Durch den Bebauungsplan werde ihm eine wesentliche Fläche
seines Grundstücks, das von seiner 82-jährigen Mutter bewohnt werde, entzogen.
Zudem werde die Nutzbarkeit des Grundstücks durch den Ausbau der
Erschließungsstraße und die damit einhergehende Erhöhung der Verkehrsimmissionen
eingeschränkt.
13
Sein Antrag sei auch begründet. Der Bebauungsplan verstoße in mehrfacher Hinsicht
gegen die Erfordernisse des Abwägungsgebots.
14
Durch die vorgesehene Verbreiterung der Straße Ober dem G1. verliere er etwa 20 %
der Grundstücksfläche, die mit Kfz-Abstellplätzen bebaut und mit einem natürlich
gewachsenen Lärm- und Sichtschutz versehen sei. Für diesen Eingriff lägen keine
hinreichend gerechtfertigten Gründe vor. Die Erschließung habe auch durch einen
weniger breiten Ausbau der am Grundstück vorbei führenden Straße erfolgen können.
Zudem hätten im Hinblick auf den Eingriff in sein privates Eigentum die alternativen
Erschließungsvarianten eine andere Gewichtung erfahren müssen. So hätte die im
Planverfahren geprüfte Erschließungsvariante 4 (Anbindung der neuen Bauflächen über
die S.------straße , Am O1. und den T1.-------weg ) eine komplette infrastrukturelle
Anbindung ohne weitere erhebliche Eingriffe in privates Eigentum gewährleistet. Die
von ihm vorgeschlagene "doppelte Erschließung" - Anbindung der Straße Ober dem G1.
an die alte C2.-------straße und der neuen Erschließungsstraßen an den T1.-------weg -
sei nicht geprüft worden. Bei dieser Variante wäre der Abriss des Hauses T2. 6 entfallen
und die Erschließungskosten würden wesentlich geringer ausfallen.
15
Die Anforderungen an gesunde Wohnverhältnisse seien gleichfalls nicht hinreichend
abgewogen worden. Die Antragsgegnerin habe sich zwar intensiv mit den
Lärmauswirkungen auf das Grundstück C.-------straße 12 befasst, nicht hingegen mit den
Auswirkungen auf sein Grundstück C.-------straße 15, das ebenfalls sehr nah am
Fahrbahnrand liege. Durch die Beschleunigungs- und Bremsvorgänge seien sogar
höhere Immissionen zu erwarten als am Grundstück C.- ------straße 12. Hinzu komme,
dass die Antragsgegnerin offensichtlich nur Wohnnutzungen berücksichtigt habe, nicht
aber die weiteren in den festgesetzten allgemeinen Wohngebieten zulässigen
Nutzungen.
16
Nicht ausreichend abgewogen seien ferner seine Belange als Gesellschafter der G2. J.
sen. KG. Diese betreibe in den nördlich bzw. nordöstlich an das Plangebiet
angrenzenden Bereichen Brunnenanlagen zur Wassergewinnung für ihre Brauerei. Das
zu den Auswirkungen der Planung auf die Wassergewinnungsanlagen eingeholte
Gutachten sei ihm nicht zugänglich gemacht worden. Es bestünden Bedenken, dass die
Bebauung nicht nur zu einer Einschränkung des Wasserzuflusses, sondern auch zu
einer Belastung der Wasserqualität führe.
17
Schließlich seien auch die Belange von Natur und Landschaft nicht hinreichend
18
berücksichtigt worden. Eine anderweitige Erschließung über den T1.-------weg hätte
keine Straßenverbindung zwischen der Straße Ober dem G1. und den neuen
Erschließungsstraßen im Norden erfordert. Fehlerhaft sei ferner, dass ein Ausgleich der
Eingriffe in Natur und Landschaft nur zu 87 % erfolge. Die Hinnahme des Defizits sei
nicht hinreichend abgewogen. Zudem sei nicht sichergestellt, dass der
Kompensationsgrad von 87 % unter Inanspruchnahme eines Grundstücks der
Waldgenossenschaft L. -N. überhaupt erreicht werde.
Der Antragsteller beantragt,
19
den Bebauungsplan Nr. 311 "Ober dem G1. " der Antragsgegnerin für unwirksam zu
erklären.
20
Die Antragsgegnerin beantragt,
21
den Antrag abzulehnen.
22
Sie trägt insbesondere vor, die Inanspruchnahme des Grundstücks des Antragstellers
belaufe sich auf etwa 12,5 %. Dies sei vertretbar und werde im Rahmen des
Umlegungsverfahrens angemessen entschädigt.
23
Hinsichtlich der Lärmbelastung würden die Orientierungswerte der DIN 18005 am
Wohnhaus des Antragstellers (C.-------straße 15) nicht überschritten; lediglich für einen
Bereich im Süden des Grundstücks seien Festsetzungen zum Schallschutz erforderlich
und auch getroffen. Das TÜV-Gutachten zu den Lärmimmissionen habe auch die in
einem allgemeinen Wohngebiet zulässigen wohnfremden Nutzungen berücksichtigt.
24
Das dem Bebauungsplan zugrunde liegende Erschließungssystem sei das Ergebnis
einer Prüfung mehrerer Varianten. In diese seien alle Faktoren eingeflossen und im
Rahmen der Abwägung berücksichtigt worden.
25
Hinsichtlich eventueller Beeinträchtigungen der Wassergewinnungsanlage der Brauerei
J. sei das im Planverfahren eingeholte Gutachten Dr. G3. zu dem Ergebnis gekommen,
dass eine zu erwartende Beeinträchtigung der Sickerung durch Reaktivierung eines
Tiefbrunnens kompensiert werden könne. Die Kosten zur Bestandssicherung des
Wassergewinnungssystems seien in der Planbegründung berücksichtigt worden. Über
das Gutachten sei im Übrigen der Geschäftsführer der Brauerei J. in Kenntnis gesetzt
worden.
26
Die Belange von Natur und Landschaft, namentlich auch die Hinnahme des
Ausgleichsdefizits, seien hinreichend abgewogen worden, wie aus den Planunterlagen
folge.
27
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der
Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der von der Antragsgegnerin
vorgelegten Aufstellungsvorgänge und Pläne ergänzend Bezug genommen.
28
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
29
Der Normenkontrollantrag ist zulässig.
30
Der Normenkontrollantrag ist innerhalb der hier gemäß § 195 Abs. 7 VwGO i.V.m. § 47
Abs. 2 Satz 1 VwGO a.F. noch einschlägigen Frist von zwei Jahren seit der am 26. April
2004 erfolgten Bekanntmachung des strittigen Bebauungsplans bei Gericht
eingegangen, nämlich am 21. April 2006.
31
Die nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO erforderliche Antragsbefugnis des Antragstellers
steht außer Streit. Sie folgt bereits daraus, dass sich der Antragsteller gegen die seiner
Meinung nach fehlerhafte Überplanung von Teilflächen seines Grundeigentums als
Straßenverkehrsfläche zwecks Verbreiterung der C2.------- straße und der Straße Ober
dem G1. einschließlich des Einmündungsbereichs beider Straßen wendet.
32
Der Normenkontrollantrag ist jedoch im Wesentlichen nicht begründet.
33
Formelle Mängel des Plans und Verfahrensmängel, die nur auf Rüge beachtlich sind,
wurden nicht fristgerecht gerügt. Auch ohne Rüge beachtliche Form- und
Verfahrensmängel liegen nicht vor.
34
Der strittige Bebauungsplan leidet auch nicht an materiellen Mängeln, die dazu führen,
dass er gemäß § 47 Abs. 5 Satz 2 VwGO insgesamt für unwirksam zu erklären wäre.
Lediglich die beiden im Tenor näher umschriebenen allgemeinen Wohngebiete sind zu
Unrecht mit dem Zusatz "1" versehen und demgemäß mit Bepflanzungsvorgaben als
Ausgleich für Eingriffe in Natur und Landschaft belegt worden, was jedoch lediglich zur
Unwirksamkeit des jeweiligen Zusatzes für diese beiden Wohngebiete führt.
35
Die Ausweisungen des Bebauungsplans sind im Sinne von § 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB
aus dem Flächennutzungsplan der Antragsgegnerin entwickelt. Dieser stellt den
Bereich beiderseits der Straße Ober dem G1. bis zu dem zur S.------straße abfallenden
Hang als allgemeines Wohngebiet sowie den Bereich des Grundstücks C.-------straße 5
als Mischgebiet dar. Soweit der Bebauungsplan für das im Flächennutzungsplan
dargestellte allgemeine Wohngebiet verschiedene Teilflächen als öffentliche bzw.
private Grünflächen, namentlich als Ausgleichsflächen für Eingriffe in Natur und
Landschaft, ausweist, wird dies den Anforderungen des Entwicklungsgebots des § 8
Abs. 2 Satz 1 BauGB gerecht.
36
Das Entwicklungsgebot gestattet unter der Voraussetzung, dass die Grundzüge des
Flächennutzungsplans unangetastet bleiben, auch Abweichungen von den
Darstellungen des Flächennutzungsplans. Festsetzungen, die mit den Darstellungen
des Flächennutzungsplans nicht vollständig übereinstimmen, indizieren nicht ohne
weiteres einen Verstoß gegen das Entwicklungsgebot. Ob den Anforderungen des § 8
Abs. 2 Satz 1 BauGB genügt ist, hängt davon ab, ob die Konzeption, die dem
Flächennutzungsplan zugrunde liegt, in sich schlüssig bleibt. Welche Abweichung vom
Flächennutzungsplan den Grad eines unzulässigen Widerspruchs erreicht, kann nicht
generell, sondern nur angesichts der konkreten Umstände des Einzelfalls entschieden
werden.
37
Vgl.: BVerwG, Beschluss vom 11. Februar 2004 - 4 BN 1.04 -, BRS 67 Nr. 55 m.w.N..
38
Hiervon ausgehend kann es durchaus im Rahmen des Entwicklungsgebots liegen,
wenn im Flächennutzungsplan dargestellte Bereiche für Wohnbebauung in dem diese
Darstellung konkretisierenden Bebauungsplan nicht ausschließlich als Wohngebiete
festgesetzt werden, sondern teilweise auch als dieser Wohnbebauung nebst
39
zugehörigen Erschließungsanlagen zugeordnete Grünflächen, wie hier als
Ausgleichsflächen und als Spielplatz. Dies gilt namentlich dann, wenn die Grünflächen
der planerischen Bewältigung der naturschutzbezogenen und infrastrukturellen Folgen
der Wohngebietsausweisung dienen und nur einen Bruchteil der Gesamtfläche
einnehmen.
Vgl. hierzu bereits: OVG NRW, Urteil vom 30. Juni 1999 - 7a D 184/97.NE -, BRS 62 Nr.
35.
40
So liegt der Fall hier. Die festgesetzten Grünflächen sind wesentlicher Bestandteil des
Ausgleichskonzepts der Antragsgegnerin, die die eingriffsbedingten Folgen der neuen
Wohnbebauung und der für diese Nutzung erforderlichen Erschließungsanlagen in
wesentlichen Teilen im Plangebiet selbst ausgleichen möchte. Der Sache nach sind die
Grünflächen damit erforderlich, um das Plangebiet überhaupt der im
Flächennutzungsplan dargestellten Wohnnutzung zuführen zu können. Bezüglich ihrer
räumlichen Ausdehnung nehmen die Grünflächen auch lediglich einen deutlich
untergeordneten Bruchteil der Gesamtfläche des im Flächennutzungsplan dargestellten
Wohngebiets ein.
41
Dass der Bebauungsplan für die am Nordrand des Plangebiets im Flächennutzungsplan
dargestellte Fläche für die Landwirtschaft in kleineren Teilbereichen anderweitige
Nutzungen (Straßenverkehrsfläche; Straßenbegleitgrün) festsetzt, ist gleichfalls vom
Entwicklungsgebot gedeckt. Insoweit wird auf Seite 2 der Planbegründung zutreffend
ausgeführt, dass es sich nur um marginale Überschreitungen der Nutzungsgrenze des
Flächennutzungsplans handelt. Die Grundzüge des Flächennutzungsplans, nämlich
dass sich an die Wohnbauflächen im Norden ausgedehnte landwirtschaftliche
Nutzflächen anschließen sollen, werden hierdurch nicht in Frage gestellt.
42
Dem strittigen Bebauungsplan fehlt auch nicht die nach § 1 Abs. 3 BauGB erforderliche
städtebauliche Rechtfertigung.
43
Was im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB erforderlich ist, bestimmt sich maßgeblich nach der
jeweiligen Konzeption der planenden Gemeinde. Welche städtebaulichen Ziele sie sich
setzt, liegt in ihrem planerischen Ermessen. Der Gesetzgeber ermächtigt sie, die
"Städtebaupolitik" zu betreiben, die ihren städtebaulichen Ordnungsvorstellungen
entspricht. Hierzu gehört auch die Entscheidung, in welchem Umfang sie
Gemeindegebietsteile zur Unterbringung von weiteren Wohnungen zur Verfügung stellt.
Nicht erforderlich im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB sind nur solche Bauleitpläne, die
einer positiven Planungskonzeption entbehren und ersichtlich der Förderung von Zielen
dienen, für deren Verwirklichung die Planungsinstrumente des BauGB nicht bestimmt
sind.
44
Vgl. zu alledem: BVerwG, Beschluss vom 11. Mai 1999 - 4 NB 15.99 -, BRS 62 Nr. 19
m.w.N..
45
Diesen Anforderungen wird die strittige Planung gerecht. Sie ist nach den Ausführungen
auf Seite 3 der Planbegründung maßgeblich damit motiviert, mit dem Bebauungsplan
solle der großen Nachfrage in der Stadt nach Bauflächen für Einfamilienhäuser
entgegengekommen werden. Durch die Bebauung des Westhangs könne als
Abrundung der bebauten Ortslage von L. -N. ein citynahes Wohngebiet geschaffen
werden. In unmittelbarer Nähe seien wichtige Infrastruktureinrichtungen wie
46
Kindergarten, Grundschule und Nahversorgung vorhanden; weitergehende
Versorgungs- und Schuleinrichtungen seien über das vorhandene Verkehrsnetz - auch
mit dem ÖPNV - schnell zu erreichen. Damit verfolgt die Antragsgegnerin legitime
Planziele (vgl. § 1 Abs. 6 Nrn. 2 und 4 BauGB), die die strittige Planung hinreichend
städtebaulich rechtfertigen. Weiterer Ausführungen bedarf es nicht, zumal auch der
Antragsteller die städtebauliche Rechtfertigung der vorliegenden Planung nicht in Frage
stellt.
Die Planungsentscheidung der Antragsgegnerin unterliegt entgegen der Auffassung des
Antragstellers auch nicht durchgreifenden Bedenken im Hinblick auf die Anforderungen
des Abwägungsgebots nach § 1 Abs. 7 BauGB.
47
Das Gebot, die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander
gerecht abzuwägen, wird nach ständiger Rechtsprechung zunächst dann verletzt, wenn
eine sachgerechte Abwägung überhaupt nicht stattfindet. Es ist ferner dann verletzt,
wenn in die Abwägung an Belangen nicht eingestellt wird, was nach Lage der Dinge in
sie eingestellt werden muss. Schließlich liegt eine solche Verletzung auch dann vor,
wenn die Bedeutung der betroffenen Belange verkannt oder wenn der Ausgleich
zwischen den von der Planung berührten Belangen in einer Weise vorgenommen wird,
die zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht.
48
Diesen Anforderungen wird die Planungsentscheidung der Antragsgegnerin bezüglich
der im Vordergrund des Vortrags des Antragstellers stehenden Aspekte des der
Planung zugrunde liegenden Erschließungskonzepts (a), der Belange des
Immissionsschutzes (b), der Berücksichtigung der Eigentumsbelange insbesondere
auch des Antragstellers (c) und der Interessen der J. Brauerei an einer Sicherung ihrer
Wassergewinnungsanlage (d) gerecht. Die Berücksichtigung der Belange des
Naturschutzes und der Landschaftspflege leidet, soweit es um den Ausgleich der
planbedingten Eingriffsfolgen geht, zwar an einem Mangel bei der Gewichtung der
Belange, dieser ist jedoch nicht im Sinne von § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB erheblich (e);
Folge der Fehleinschätzung der Antragsgegnerin ist allerdings, dass diese die beiden
im Tenor näher beschriebenen allgemeinen Wohngebiete zu Unrecht mit Festsetzungen
zum Ausgleich für planbedingte Eingriffe in Natur und Landschaft belegt hat (f). Im
Einzelnen ist hierzu anzumerken:
49
Zu (a):
50
Der Planungsentscheidung der Antragsgegnerin liegt eine eingehende Prüfung und
Bewertung der verschiedenen für die Ausweisung der neuen Bauflächen in Betracht zu
ziehenden Erschließungsvarianten zugrunde. Im Einzelnen sind insoweit nach den
Darlegungen in der Anlage 5 zur Verwaltungsvorlage Nr. 3092/2003, die Gegenstand
der abschließenden Beschlussfassung des Rates am 31. März 2004 war, insgesamt 5
Varianten näher betrachtet worden. Zu ihnen gehört auch die Variante 4, nach der die
neuen Bauflächen nicht über die C2.-------straße /Ober dem G1. (vgl. hierzu die dem
Plan in modifizierter Form zugrunde liegende Variante 1 mit einer neuen Anbindung der
C2.-------straße an die Straße T2. sowie die weiteren Varianten 2 und 3 mit einer
Anbindung der neuen Baugebiete über unterschiedliche bestehende Abschnitte der
C2.-------straße ), sondern von der I.----straße aus über die S.------straße , die Straße Am
O1. und den T1.-------weg erschlossen werden sollen. Die Vor- und Nachteile dieser
Varianten sind in der genannten Anlage 5 näher angeführt. Letztlich hat sich die
Antragsgegnerin für die modifizierte Variante 1 entschieden, weil bei dieser
51
Erschließung am wenigsten Wohneinheiten durch Lärmpegelerhöhungen betroffen sind
und die Erhöhungen - wie auch bei der Variante 2 - den niedrigsten Wert erreichen. Die
Kosten der modifizierten Variante 1 unterschieden sich dabei wegen des vorgesehenen
Abbruchs des Hauses T2. 6 anstelle einer Überplanung des ökologisch wertvollen
Gartens mit altem Baumbestand und Bedeutung für Kleinklima nicht wesentlich von den
Kosten der anderen Varianten. Als Nachteil bei der Variante 4 wurde auch
berücksichtigt, dass diese Variante weitgehend nur über Kostenbeiträge nach dem KAG
mit hohem Eigenanteil der Antragsgegnerin und damit in erhöhtem Ausmaß zu Lasten
der Allgemeinheit zu finanzieren wäre. Berücksichtigt hatte die Antragsgegnerin weiter,
dass namentlich die Variante 4 den Weg vom Plangebiet zur Schule und zum
Kindergarten erfassen würde, wie aus den vorliegenden Plänen ohne weiteres ablesbar
ist und durch die im Aufstellungsverfahren abgegebenen Stellungnahmen der
Grundschule L. -N. und des Kindergarten L. -N. bestätigt wird. Den diesbezüglichen
Stellungnahmen hatte sich der Rat der Antragsgegnerin bereits bei seiner
Beschlussfassung vom 18. Juni 2003 auf Grund der Anlage 1 zur Vorlage 2583/2003
angeschlossen.
Diese Erwägungen lassen beachtliche Mängel bei der Ermittlung und Bewertung der
Belange (vgl. hierzu § 2 Abs. 3 BauGB) nicht erkennen. Insbesondere ist es nicht
fehlerhaft, dass die Antragsgegnerin nicht auch noch die vom Antragsteller
angesprochene Variante einer "doppelten Erschließung" näher geprüft hat. Eine
Aufteilung der Erschließung auf den Straßenzug C2.-------straße /Ober dem G1.
einerseits (für die an diesen Straßen gelegene Bebauung) und den Straßenzug S.---- --
straße /Am O1. /T1.-------weg andererseits (für die von den beiden neuen
Erschließungsstraßen erschlossene Bebauung) drängte sich schon deshalb nicht auf,
weil sie die bereits angesprochenen Nachteile der Variante 4 nicht wesentlich geändert
hätte. Der weit überwiegende Teil des Verkehrsaufkommens der neuen Baugebiete
wäre auch dann über den Straßenzug S.------straße /Am O1. /T1.------ -weg abzuwickeln
gewesen.
52
Auch die an die genannte Ermittlung und Bewertung anknüpfende abwägende
Gewichtung der Antragsgegnerin mit dem Ergebnis, der - modifizierten - Variante 1 den
Vorzug zu geben, ist nicht zu beanstanden. Sie liegt ohne weiteres im zulässigen
Spektrum des der Antragsgegnerin stehenden Abwägungsspielraums. Es ist auch nicht
ansatzweise erkennbar, dass die Berücksichtigung der in der Tat gravierenden
Nachteile der anderen Varianten - namentlich auch der Variante 4 - mit Blick auf das
objektive Gewicht der insoweit betroffenen Belange unverhältnismäßig gewesen wäre.
53
Zu (b):
54
Hinsichtlich der Belange des Immissionsschutzes hat die Antragsgegnerin im
Planaufstellungsverfahren umfangreiche Begutachtungen durch den RWTÜV Essen
vom 30. Oktober 2000 (TÜV-Gutachten 2000) und vom 27. Februar 2001 (TÜV-
Gutachten 2001) eingeholt, die mit Schreiben vom 14. März 2001 und vom 18. April
2001 in einzelnen Punkten ergänzt wurden.
55
Anknüpfend an diese umfangreichen gutachterlichen Ermittlungen, die durch die
Einwände des Antragstellers im Wesentlichen nicht in Frage gestellt werden, ist die
Antragsgegnerin nach den Ausführungen auf Seite 6 der Planbegründung bei ihren
Erwägungen zum Immissionsschutz von Folgendem ausgegangen:
56
- Im Neubaugebiet selbst und in der schon bebauten Ortslage im Bereich der Straße
Ober dem G1. würden die Orientierungswerte der DIN 18005 unterschritten.
57
- Im östlichen Teil der C2.-------straße ergebe sich erst in einem Abstand von 12 m vom
linken und rechten Fahrbahnrand ein Lärmpegel, der dem Orientierungswert der DIN
18005 entspreche. Hinsichtlich des dort vorhandenen Wohnhauses C.-------straße 12 sei
zu erwarten, dass es im Zuge der Realisierung des Bebauungsplans mit dem Flurstück
552 einer Neubebauung zugeführt werde. Die überbaubare Fläche sei so weit vom
Straßenrand entfernt festgesetzt, dass sie nur in einer Tiefe von ca. 3 bis 4 m in einem
Bereich liege, in dem die Orientierungswerte bis zu 2 dB (A) überschritten würden;
Letzteres gelte auch für die gegenüberliegende Straßenseite.
58
- Im Bereich der (neuen) Verbindung der C2.-------straße zur Straße T2. würden die
Orientierungswerte der DIN 18005 unterschritten.
59
- Bei dem Teilstück der Straße T2. von der Einmündung der neuen Verbindung zur C2.--
-----straße bis zur Einmündung in den C1.-----weg würden die Orientierungswerte für die
angrenzenden Mischgebiete zwar überschritten; Schallschutz werde aber bereits durch
heutzutage übliche Fenster mit Doppelverglasung erreicht. Terrassen und ähnliche
Anlagen zum Aufenthalt im Freien lägen nicht im Bereich der Überschreitungen.
60
- Zur Berücksichtigung des Immissionsschutzes würden im Bebauungsplan die
Bereiche mit Überschreitungen der Orientierungswerte um bis zu 3 dB (A)
gekennzeichnet als Empfehlung an den Bauherrn, im eigenen Interesse für
ausreichenden Schallschutz zu sorgen.
61
Darüber hinaus hat die Antragsgegnerin Festsetzungen zum passiven Schallschutz in
den Bebauungsplan aufgenommen, die
62
- für näher gekennzeichnete Bereiche am Südwestrand des Plangebiets passiven
Schallschutz (Schallschutzklasse 2) bei Fensteröffnungen von Schlafräumen bzw.
Räumen, die auch zum Schlafen dienen, zum C1.-----weg bzw. zur I.----straße hin
vorgeben,
63
- für bestimmte Bereiche Wintergärten und ähnliche Anlagen zur Minderung des nachts
zu erwartenden Schienenverkehrslärms vorgeben und
64
- für bestimmte Bereiche beiderseits des Steigungsbereichs der Verbindung von der
Straße T2. zur Straße Ober dem G1. eine Abschirmung von Terrassen und Freisitzen
vorgibt.
65
Durchgreifende Mängel der in den TÜV-Gutachten dargelegten Berechnungen als
solchen sind nicht dargetan. Insbesondere greift der Einwand des Antragstellers nicht
durch, die Prämissen der Gutachten hinsichtlich der künftigen Verkehrsbelastung auf
dem Straßenzug C2.-------straße /Ober dem G1. seien verfehlt. Das TÜV-Gutachten geht
insoweit von folgenden Verkehrsbelastungen des östlichen Abschnitts der C2.-------
straße sowie der Straße Ober dem G1. aus:
66
- Vorhandene Verkehrsbelastung der Straße Ober dem G1. bei 14 Wohneinheiten mit je
6 Fahrten in der Tageszeit (6.00 bis 22.00 Uhr): 84 Kfz/16 h;
67
- vorhandene Verkehrsbelastung des östlichen Abschnitts der C2.-------straße bei 16
Wohneinheiten an diesem Straßenabschnitt mit je 6 Fahrten in der Tageszeit (= 96
Kfz/16 h) zuzüglich der vorhandenen Verkehrsbelastung der Straße Ober dem G1. (84
Kfz/16 h): 180 Kfz/16 h;
68
- Zusatzbelastung aus dem neuen Baugebiet bei 50 Wohneinheiten mit je 6 Fahrten in
der Tageszeit: 300 Kfz/16 h.
69
Ausgehend von diesen Belastungen kommt das Gutachten unter Ansatz einer
zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h und eines Lkw-Anteils von 5 % am Tag
zu dem Ergebnis, dass an der Straße Ober dem G1. in einem Abstand von 8 m zur
Achse der Straße ein Tagespegel von 52 dB (A) zu erwarten ist.
70
Dass die genannten Prämissen offensichtlich verfehlt wären und dass das Ergebnis
einer Unterschreitung der Orientierungswerte der DIN 18005 sich nicht auf das
Wohnhaus des Antragstellers übertragen ließe, ist - wie mit den Beteiligten in der
mündlichen Verhandlung vor dem Senat erörtert wurde - nicht erkennbar. Zwar ist die
Ostecke des Wohnhauses des Antragstellers etwas weniger als 8 m von der künftigen
Achse der Straße Ober dem G1. entfernt, nämlich ca. 6,5 m. Dass dieser Abstand
maßgeblich wäre, erscheint angesichts der Schräglage des Hauses zur Straße bereits
zweifelhaft. Im Übrigen würde eine entsprechende Verkürzung des Abstands von 8 auf
6,5 m lediglich eine Erhöhung des Lärmwerts um rd. 1 dB (A) zur Folge haben.
71
Vgl. hierzu Diagramm III des Anhangs zu den Richtlinien für den Lärmschutz an Straßen
(RLS-90).
72
Die Annahme, dass in dem neuen Baugebiet maximal etwa 50 neue Wohneinheiten
entstehen werden, liegt unter Berücksichtigung der Größe der Baufenster und der hier
maßgeblichen Vorgabe, dass lediglich 2 Wohnungen je Wohngebäude zulässig sind,
eher auf der sicheren Seite. Insbesondere musste die Antragsgegnerin nicht davon
ausgehen, dass sich im Plangebiet in nennenswertem Umfang auch wohnfremde
Nutzungen ansiedeln würden. Im Übrigen würde auch eine Erhöhung des durch das
neue Baugebiet verursachten Mehrverkehrs sogar um 100 oder gar 200 Kfz/24 h noch
nicht ohne weiteres zu einer Überschreitung des Orientierungswerts der DIN 18005
führen, da erst eine Verdoppelung der Schallenergie, mithin des Verkehrsaufkommens,
zu einer Erhöhung des Pegels um 3 dB (A) führt.
73
Vgl.: Kuschnerus, Der sachgerechte Bebauungsplan, 3. Auflage 2004, RdNr. 290.
74
Auch die Annahmen einer zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h und eines
Lkw-Anteils von maximal 5 % am Tag sind nicht zu beanstanden.
75
Dass auf dem östlichen Abschnitt der C2.-------straße wegen des dort etwas höheren
Verkehrsaufkommens und der dort 5 % übersteigenden Längsneigung der Straße mit
einem höheren Emissionspegel als auf der Straße Ober dem G1. zu rechnen ist,
gebietet gleichfalls keine andere Beurteilung. Von der Achse dieser Straße ist das
Wohnhaus des Antragstellers immerhin mindestens 20 m entfernt, was gegenüber dem
vom Gutachter für einen Abstand von 8 m ermittelten Wert mit einem Abschlag von rd. 4
dB (A) zu berücksichtigen ist.
76
Vgl. hierzu gleichfalls Diagramm III des Anhangs zu den Richtlinien für den Lärmschutz
77
an Straßen (RLS-90).
Hinzu kommt, dass das Verkehrsaufkommen auf der C2.-------straße nur zu einem Teil
auf das Wohnhaus des Antragstellers einwirkt, das schräg zu dieser Straße steht. Die
insoweit von der C2.-------straße allenfalls betroffenen Gebäudeseiten sind mithin
gegenüber dem von der Straße Ober dem G1. einwirkenden Verkehrslärm durch das
Haus selbst weitgehend abgeschirmt.
78
Insgesamt bleibt festzuhalten, dass kein hinreichender Anhalt dafür vorliegt, die von der
Antragsgegnerin aus dem TÜV-Gutachten abgeleitete Schlussfolgerung, auch am Haus
des Antragstellers würden die Orientierungswerte der DIN 18005 nicht überschritten,
wäre verfehlt.
79
Ergänzend ist anzumerken, dass es nicht im Sinne von § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB
auf das Ergebnis des Verfahrens von Einfluss gewesen wäre, wenn von einer gewissen
Überschreitung der Orientierungswerte der DIN 18005 am Wohnhaus des Antragstellers
und damit einem Mangel bei der Ermittlung und Bewertung der Belange ausgegangen
werden müsste.
80
Die Antragsgegnerin hat sich nach den bereits dargelegten Erwägungen bei ihrer
Planungsentscheidung zulässigerweise davon leiten lassen, dass selbst ein
Überschreiten der Orientierungswerte der DIN 18005 um bis zu 3 dB (A) noch nicht die
Vorgabe passiven Schallschutzes erfordere.
81
Zu den Möglichkeiten, im Rahmen der planerischen Abwägung gewisse
Überschreitungen der Orientierungswerte der DIN 18005 als hinnehmbar zu werten,
vgl.: BVerwG, Beschluss vom 18. Dezember 1990 - 4 N 6.88 -, BRS 50 Nr. 25 sowie
BVerwG, Urteil vom 22. März 2007
82
- 4 CN 2.06 -, JURIS-Dokumentation.
83
Sie hat dementsprechend für die Bereiche voraussichtlicher Überschreitungen um bis
zu 3 dB (A) lediglich einen Hinweis auf empfohlene Maßnahmen zum Schallschutz als
Kennzeichnung gemäß § 9 Abs. 5 BauGB in den Plan aufgenommen. Ob dieser
Hinweis zu korrigieren wäre oder nicht, ist für die Frage der Gültigkeit des Plans als
Satzung und damit als Rechtsnorm ohne Bedeutung. Passiven Schallschutz wegen
Überschreitungen der DIN 18005 hat die Antragsgegnerin nur zum Schutz gegenüber
den aus der Tallage auf das Plangebiet einwirkenden Verkehrswegen festgesetzt.
84
Zu (c):
85
Hinsichtlich der Belange der vom Ausbau der vorhandenen Straßen betroffenen
Eigentümer - namentlich des Antragstellers - lassen sich Fehler bei der Ermittlung und
Bewertung der Belange und ihrer abwägenden Gewichtung gleichfalls nicht feststellen.
86
Die Antragsgegnerin hat erkannt, dass das vorgesehene Erschließungssystem, das -
wie dargelegt - als solches nicht zu beanstanden ist, Eingriffe in privates Eigentum
bedingt. Zur konkreten Umsetzung dieses Erschließungssystems hat sie sich
entschlossen, die vorhandene C2.-------straße und die Straße Ober dem G1. zu
verbreitern, damit der künftig zu erwartende Verkehr - anders als bei dem bisherigen,
ersichtlich unzulänglichen Ausbauzustand der Straßen - sicher abgewickelt werden
87
kann. Der Planung liegt nach den Festsetzungen des Bebauungsplans eine
Gesamtbreite der Verkehrsfläche von 9 m zugrunde, die nach den Ausführungen auf
Seite 5 der Planbegründung in eine Fahrbahn von 5,50 m mit beidseitigem 1,50 m
breitem Gehweg aufgeteilt werden soll. Eine solche Gesamtbreite ist nicht - wie der
Antragsteller meint - ersichtlich überdimensioniert.
Bei der Ausgestaltung von Straßen ist es - wie gleichfalls mit den Beteiligten in der
mündlichen Verhandlung vor dem Senat erörtert wurde - regelmäßig sachgerecht, auf
die Anforderungen abzustellen, die sich aus dem einschlägigen straßenbautechnischen
Regelwerk - hier den Empfehlungen für die Anlage von Erschließungsstraßen (EAE
85/95) - ergeben. Dabei ist die Gemeinde allerdings nicht gehindert, abweichend von
den vorgeschlagenen Straßen- und Wegetypen individuelle Lösungen zu verwirklichen.
88
Vgl.: OVG NRW, Urteil vom 6. Juli 2001 - 7a D 20/99.NE -, BRS 64 Nr. 20.
89
Die hier gewählte Gesamtbreite der Verkehrsflächen der C2.-------straße und des die
Verkehre der Erschließungsstraßen 1 und 2 aufnehmenden Abschnitts der Straße Ober
dem G1. entspricht dem für Wohngebiete in Orts- oder Stadtrandlage nach Tabelle 17
der EAE 85/95 vorgesehenen Typ der Anliegerstraße AS 3, die eine Gesamtbreite von
rd. 9 m aufweist. Der Unterschied zu diesem Straßentyp besteht im vorliegenden Fall
darin, dass die Antragsgegnerin auf einen Parkstreifen verzichtet und stattdessen für die
Fahrbahn eine Breite von 5,50 m statt 4 m vorgesehen hat. Diese Fahrbahnbreite lässt
zum einen den Begegnungsverkehr auch von Lastkraftwagen untereinander zu und
erfordert damit nicht, zumindest in gewissen Abständen Aufweitungen für einen solchen
Begegnungsverkehr vorzusehen. Zugleich ermöglicht sie auch das Parken von
Kraftfahrzeugen auf der Fahrbahn und lässt damit den Verzicht auf einen
durchgehenden Parkstreifen gerechtfertigt erscheinen. Die vorgesehene Trennung von
Fußgängerverkehr und Kraftfahrzeugverkehr ist angesichts des Umstands, dass die
Straßen jedenfalls den Erschließungsverkehr eines größeren Baugebiets aufnehmen
sollen, der wie dargelegt ein Aufkommen von mindestens 300 Kfz/16 h oder - nach
Einschätzung des Antragstellers - auch mehr umfasst, durchaus sachgerecht.
90
Nicht zu beanstanden ist auch, dass die Eingriffe in privates Grundeigentum für die
Verbreiterung der Straße Ober dem G1. ausschließlich an der Westseite der Straße
vorgesehen wurden, mithin allein zu Lasten des Wohngrundstücks des Antragstellers
und der nördlichen Nachbargrundstücke gehen. Insoweit hat sich die Antragsgegnerin
ersichtlich davon leiten lassen, dass die Ostseite der Straße bereits durchgehend
bebaut ist, während an der Westseite der Straße mit Ausnahme des Wohnhauses des
Antragstellers bislang keine Bebauung vorhanden ist. Die rd. 120 m nördlich des
Hauses des Antragstellers vorhandenen Wohnhäuser Ober dem G1. 11 und 13 sind
deutlich von der Straße abgesetzt. Hinzu kommt, dass das Haus des Antragstellers
schräg zur Straße steht, so dass diese bei ihrer Verbreiterung nur an die Ostecke des
Hauses dicht heranrückt. In dieser Situation ist es nicht als unverhältnismäßig zu
werten, wenn die Antragsgegnerin gänzlich darauf verzichtet hat, in die östlich der
Straße gelegenen bebauten Grundstücke einzugreifen. Die dort durch eine
Verschiebung des Ausbaus um einen oder auch mehrere Meter nach Osten
eintretenden Nachteile stünden ersichtlich in keinem Verhältnis zu dem - letztlich nur
minimalen - Verlust an Beeinträchtigungen bei den an der Westseite der Straße
gegenüberliegenden Grundstücken.
91
Hinzu kommt, dass die vorgesehene Verbreiterung der bislang lediglich 3 bis 4 m
92
breiten Straße Oder dem G1. es erstmals ermöglicht, an der Westseite der Straße
zusätzliche Baumöglichkeiten zur weitgehenden Schließung der zwischen dem Haus
des Antragstellers und den Häusern Ober dem G1. 11 und 13 bestehenden Freifläche
auszuweisen.
Zu (d):
93
Mit den Auswirkungen der Planung auf die Wassergewinnungsanlage der Brauerei J.
hat sich die Antragsgegnerin gleichfalls eingehend befasst.
94
Sie hat hierzu das Gutachten des Geologischen Büros Dr. G3. vom 25. Juli 2002
(Gutachten G3. 2002) eingeholt. Dieses kommt zu dem Ergebnis, dass bei Realisierung
der Planung lediglich hinsichtlich der Sickerung 1 mit einer Beeinflussung des
Wasserzuflusses von 20 bis 25 % zu rechnen sei. Diese könne durch Aktivierung des
nicht genutzten Tiefbrunnens kompensiert werden. Zu Letzterem wird im weiteren
Gutachten des Geologischen Büros Dr. G3. vom 9. April 2003 (Gutachten G3. 2003)
ausgeführt, dass dieser Brunnen sanierbar ist. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass das
Gutachten G3. 2002, das am 28. September 2002 mit dem Geschäftsführer der Brauerei
J. erörtert wurde, und das Gutachten G3. 2003 fachlich verfehlt wären, sind weder
dargetan noch sonst ersichtlich. Nach den Ausführungen auf Seite 21 der
Planbegründung hat die Antragsgegnerin schließlich auch die Kosten für Maßnahmen
zur Bestandssicherung des vorhandenen Wassergewinnungssystems in ihre
Abschätzung der Kosten einer Umsetzung des Bebauungsplans eingestellt.
95
Aus alledem lässt sich weder ein Mangel bei der Ermittlung und Bewertung der Belange
herleiten, noch ist die Entscheidung der Antragsgegnerin zu beanstanden, die
Beeinträchtigungen der Wassergewinnungsanlage seien im Interesse einer Umsetzung
des Plans hinzunehmen und - soweit relevante Nachteile eintreten - durch von der
Gemeinde zu finanzierende Maßnahmen zu beheben.
96
Zu (e):
97
Die von der Antragsgegnerin vorgenommene Berücksichtigung der Belange des
Naturschutzes und der Landschaftspflege leidet zwar - bezogen auf das
Kompensationsinteresse von Natur und Landschaft - an einem Mangel bei der
Gewichtung der Belange untereinander und ist damit als Mangel im Abwägungsvorgang
gemäß § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB zu qualifizieren. Dieser wirkt sich jedoch nicht auf
die Gültigkeit des Plans aus, weil er jedenfalls nicht im Sinne der genannten Vorschrift
auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen ist.
98
Die Belange von Natur und Landschaft waren im vorliegenden Fall im Rahmen der
durch § 1 Abs. 7 BauGB der Bauleitplanung vorgegebenen Abwägung nach Maßgabe
der besonderen Anforderungen zu berücksichtigen, die sich insbesondere aus § 1a Abs.
3 BauGB ergeben. Hiernach ist die Gemeinde verpflichtet, bei planerischen Eingriffen in
Natur und Landschaft ein gesetzlich vorgeprägtes Entscheidungsprogramm
abzuarbeiten und über ein Folgenbewältigungsprogramm abwägend zu entscheiden.
Dabei belässt es der Gesetzgeber bei der Struktur des Abwägungsgebots, dass das
Gewicht der von der Planung berührten und in sie einzustellenden Belange in der
konkreten Planungssituation zu ermitteln und zu bewerten ist und der abwägende
Ausgleich zwischen den Belangen sachgerecht vorzunehmen ist, ohne dass die
Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege einen abstrakten Vorrang vor
99
den weiteren in der Bauleitplanung zu berücksichtigenden Belangen haben oder dass
sie unabhängig von ihrem Gewicht in der konkreten Situation und dem (Gegen-)Gewicht
der anderen Belange zu optimieren sind.
Hiernach sind die in der Abwägung zu berücksichtigenden Belange des Naturschutzes
und der Landschaftspflege entsprechend ihrem konkret gegebenen Gewicht nicht nur
abwägend dahin zu prüfen, ob sich die vom Bebauungsplan ermöglichten Eingriffe in
Natur und Landschaft im Planbereich überhaupt rechtfertigen lassen und damit das
"Integritätsinteresse" von Natur und Landschaft an einem Schutz vor eingriffsbedingten
Beeinträchtigungen aus gewichtigen Gründen zurückgestellt werden kann. Vielmehr ist,
wie aus § 1a Abs. 3 Satz 1 BauGB folgt, auch abwägend darüber zu befinden, ob und in
welchem Umfang für - angesichts etwa vorrangiger städtebaulicher Erfordernisse -
unvermeidbare Beeinträchtigungen Ausgleich im Sinne von § 1a Abs. 3 Satz 1 BauGB
zu leisten und damit dem "Kompensationsinteresse" von Natur und Landschaft
Rechnung zu tragen ist. Dabei ist es nicht dem planerischen Belieben der Gemeinde
überlassen, ob die Gebote zur Vermeidung und zum Ausgleich voraussichtlich
erheblicher Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes sowie der Leistungs- und
Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts im Rahmen der Abwägung zur Geltung kommen.
Eine Zurückstellung der Belange von Natur und Landschaft kommt nur zugunsten
entsprechend gewichtiger anderer Belange in Betracht, die von der Gemeinde - wenn
sie diese für vorzugswürdig hält - präzise zu benennen sind.
100
In diesem Sinne bereits zu § 8a BNatSchG a.F.: BVerwG, Beschluss vom 31. Januar
1997 - 4 NB 27.96 -, BRS 59 Nr. 8.
101
Diesen Anforderungen wird die vom Rat der Antragsgegnerin vorgenommene
Abwägung hinsichtlich der Berücksichtigung des Integritätsinteresses von Natur und
Landschaft ersichtlich gerecht. Das Neubaugebiet besteht nach der auf den Seiten 8 ff.
der Planbegründung dargelegten Bestandsaufnahme im Wesentlichen aus einer
Glatthaferwiese sowie Feldgehölzen, die teilweise als Wald zu qualifizieren waren. Die
Überplanung dieser Flächen wurde im Hinblick auf die aus den natürlichen
Gegebenheiten folgenden Auswirkungen der Freifläche auf die lokalklimatischen
Verhältnisse unter Berücksichtigung des im Planaufstellungsverfahren eingeholten
Gutachtens des Deutschen Wetterdienstes so konzipiert, dass durch die geplante
Bebauung der Freifläche das gesamte Kaltluftproduktions- und Abflusssystem des
Hangs unterhalb des H1. nicht in erheblichem Umfang beeinflusst wird und die
Auswirkungen der Bebauung auf das lokale Klima minimiert werden. Wenn sich die
Antragsgegnerin bei der konzeptionellen Ausgestaltung der nachteilig auf Natur und
Landschaft auswirkenden Planung für die vorrangige Berücksichtigung dieser
Wohlfahrtwirkungen der natürlichen Gegebenheiten entschieden hat, ist das unter
Abwägungsgesichtspunkten nicht zu beanstanden.
102
Im Hinblick auf die abwägende Berücksichtigung des Kompensationsinteresses von
Natur und Landschaft hat die Antragsgegnerin die gebotene Ermittlung der
Eingriffsfolgen und des daraus folgenden Ausgleichsbedarfs vorgenommen. Dabei war
sie keineswegs gehalten, ein bestimmtes ihr vorgegebenes Bewertungsverfahren
anzuwenden. Aus dem Fehlen eines gesetzlich vorgeschriebenen
Bewertungsverfahrens folgt, dass eine Bindung der Gemeinde an ein bestimmtes
standardisiertes Bewertungsverfahren nicht besteht, es vielmehr Aufgabe der Gemeinde
ist, in eigener Verantwortung (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 1 BauGB) die zu erwartenden
Eingriffe in Natur und Landschaft zu ermitteln und zu bewerten und über Vermeidung
103
und Ausgleich abwägend zu entscheiden.
Vgl.: BVerwG, Beschluss vom 23. April 1997 - 4 NB 13.97 -, BRS 59 Nr. 10.
104
Dass die von der Antragsgegnerin insoweit letztlich berücksichtigte Bewertung der
Eingriffsfolgen - abgesehen von der im Nachfolgenden noch anzusprechenden
Fehleinschätzung bei der Quantifizierung des Ausgleichsbedarfs - ihren Grundsätzen
nach gravierende Mängel aufweist, die ihrer Verwertung im Rahmen der Abwägung
entgegenstehen, ist nicht dargetan oder sonst ersichtlich. Insbesondere ist nicht zu
beanstanden, dass die Antragsgegnerin insoweit auf eine mit dem Kreis T. - X2.
abgestimmte Biotoptypenwertliste abgestellt hat, die ersichtlich auf die spezifischen
Verhältnisse des hier betroffenen Raums ausgerichtet ist. Ebenso wenig unterliegt es
durchgreifenden Bedenken, wenn sich die Antragsgegnerin bei der Bewertung der
vorgesehenen Ausgleichsmaßnahmen an demselben Bewertungssystem orientiert hat.
105
Nicht zu beanstanden ist auch, dass die Antragsgegnerin die von ihr vorgesehenen
externen Kompensationsmaßnahmen berücksichtigt hat. Im Einzelnen handelt es sich
dabei um eine Maßnahme auf einem stadteigenen Grundstück sowie eine weitere
Maßnahme auf einem Grundstück der Waldgenossenschaft L. - N. . Beide Maßnahmen
sind geeignet, den durch sie beabsichtigten Ausgleich hinreichend dauerhaft zu sichern.
Hinsichtlich der Maßnahme auf dem stadteigenen Grundstück folgt dies bereits daraus,
dass § 1a Abs. 3 Satz 4 BauGB ausdrücklich einen Ausgleich "auf von der Gemeinde
bereitgestellten Flächen" zulässt. Diese Maßnahme ist durch ihre nähere Umschreibung
in der Planbegründung auch hinreichend bestimmt. Hinsichtlich der Maßnahme auf dem
Grundstück der Waldgenossenschaft geht der Einwand des Antragstellers fehl, deren
Realisierung sei nicht hinreichend dauerhaft gesichert. Die betroffene Maßnahme auf
dem Grundstück Gemarkung L. -N. Flur 18 Flurstück 68 ist Gegenstand des von der
Antragsgegnerin mit der Waldgenossenschaft am 16. März 2004 - mithin noch vor dem
Satzungsbeschluss über den strittigen Bebauungsplan - abgeschlossenen
städtebaulichen Vertrags. In § 2 dieses Vertrags hat sich die Waldgenossenschaft
verpflichtet, den Laub-Nadel-Mischwald auch nach Ablauf der fünfjährigen
Aufzuchtphase dauerhaft zu pflegen. In § 4 des Vertrags hat die Waldgenossenschaft
ferner eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit bewilligt, die u.a. zum Inhalt hat, dass
die Waldgenossenschaft die dauerhafte Erhaltung der Laub-Nadel-Mischwald-Struktur
auf dem belasteten Grundstück duldet.
106
Bedenken unterliegen allerdings die in der Planbegründung verlautbarten Erwägungen
der Antragsgegnerin, die die Hinnahme des von ihr rechnerisch ermittelten
Ausgleichsdefizits von 13 % abwägend rechtfertigen sollen. Ob das Gebot zum
Ausgleich verbleibender Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft im Rahmen der
Abwägung zur Geltung kommt, ist - wie bereits angesprochen - nicht dem planerischen
Belieben der Gemeinde überlassen.
107
Vgl.: BVerwG, Beschluss vom 31. Januar 1997 - 4 NB 27.96 -, BRS 59 Nr. 8.
108
Insbesondere kann sie die Behebung der nachteiligen Eingriffsfolgen im Rahmen der
abwägenden Entscheidung über den Inhalt des Bebauungsplans und die dort zu
treffenden Festsetzungen nicht ohne weiteres gleichsam "wegwägen".
109
Vgl.: OVG NRW, Urteil vom 28. Juni 1995 - 7a D 44/94.NE -, BRS 57 Nr. 276.
110
Dabei kommt dem Umstand, dass zur Deckung des Ausgleichsbedarfs gemäß § 1a Abs.
3 Sätze 2 und 3, § 9 Abs. 1a BauGB auch auf Bereiche außerhalb des Plangebiets
zurückgegriffen werden darf, besondere Bedeutung zu. Demgemäß bedarf es in den
Fällen, in denen der Ausgleich beeinträchtigter Belange von Natur und Landschaft auch
nur teilweise zurückgestellt werden soll, regelmäßig auch Erwägungen darüber, ob ein
Ausgleich außerhalb des Plangebiets in Betracht zu ziehen ist.
111
Vgl.: OVG NRW, Beschlüsse vom 13. März 1998 - 7a B 374/98.NE -, BRS 60 Nr. 4 und
vom 3. August 1998 - 7a D 22/97.NE - sowie Urteil vom 7. Mai 2003 - 7a D 17/01.NE -.
112
Diesen Anforderungen wird die Entscheidung der Antragsgegnerin zur Hinnahme des
von ihr rechnerisch ermittelten Ausgleichsdefizits von 13 % nicht mehr gerecht.
113
Tragend ist diese Abwägungsentscheidung darauf gestützt, dass es bisher kein
wissenschaftlich bzw. rechtlich abgesichertes Öko-Bewertungsmodell gebe und dass
die vom Bebauungsplan ermöglichten Funktionsstörungen im Wirkungsgefüge des
Naturhaushalts grundsätzlich nicht vollständig - auch nicht wertgleich - behebbar seien.
Deshalb seien mit der Hinnahme des Ausgleichsdefizits unter dem
abwägungsrelevanten Gesichtspunkt der dringend notwendigen Bereitstellung von
neuen Wohnbauflächen die Belange von Natur und Landschaft in ausreichender Weise
gewürdigt. Ergänzend hat die Antragsgegnerin ausgeführt, dass bei Realisierung des
Bebauungsplans Maßnahmen wie Dach- und Fassadenbegrünungen und
Einfriedungen durch standortgerechte Hecken zum Tragen kämen, die zu einer
Erhöhung des Kompensationsgrads führten, und dass bei der Eingriffsbewertung von
einer höchstmöglichen Versiegelung mit 50 % ausgegangen worden sei.
114
Dieser wertenden Gewichtung ist entgegen zu halten, dass die Hinnahme eines
Ausgleichsdefizits von deutlich über 10 % nicht etwa bereits generell mit den
Unzulänglichkeiten jedes rechnerischen Bewertungsverfahrens bei der Ermittlung des
Ausgleichsbedarfs und seiner Deckung gerechtfertigt werden kann. Aus den im
Vorstehenden angesprochenen Freiheiten der Gemeinde bei der Auswahl
sachgerechter Bewertungsverfahren folgt vielmehr zugleich, dass sich die Gemeinde -
wenn sie sich für die Anwendung eines bestimmten Bewertungsverfahrens entscheidet -
grundsätzlich auch an dieses Verfahren zu halten hat. Ebenso wenig kann die
Gemeinde im Rahmen der Anwendung des von ihr zulässigerweise gewählten
Bewertungsverfahrens etwa einerseits einen bestimmten zu erwartenden
Versiegelungsgrad der neuen Bauflächen zugrunde legen und andererseits diesen
Bewertungsansatz in ihrer abwägenden Gewichtung wiederum dadurch relativieren,
dass sie ihn als eher zu hoch gegriffen einschätzt. Ferner ist im vorliegenden Fall nichts
dafür dargetan, dass eventuelle zusätzliche externe Flächen für einen sachgerechten
Ausgleich nicht zur Verfügung stehen bzw. ihre Umsetzung andere gewichtige Belange
negativ berühren würde.
115
Zu einer solchen Fallgestaltung vgl. etwa: OVG NRW, Urteil vom 7. Mai 2003 - 7a D
17/01.NE -.
116
Der hiernach zu bejahende Mangel bei der Gewichtung der Belange führt gleichwohl
nicht zu einem beachtlichen Mangel des Plans. Gemäß § 214 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 2
BauGB sind Mängel im Abwägungsvorgang nur erheblich, wenn sie offensichtlich und
auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind. Zwar ist der Mangel
"offensichtlich", er ist jedoch nicht "auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen".
117
Das Merkmal "offensichtlich" bezieht sich auf alles das, was zur äußeren Seite des
Abwägungsvorgangs derart gehört, dass es auf objektiv erfassbaren Sachumständen
beruht, nicht hingegen das, was zur inneren Seite des Abwägungsvorgangs gehört, wie
etwa die Motive und Vorstellungen der am Abwägungsprozess Beteiligten.
118
Vgl.: BVerwG, Urteil vom 21. August 1981 - 4 C 57.80 -, BRS 38 Nr. 37.
119
Dabei darf ein objektiver Mangel im Abwägungsvorgang aber nur angenommen werden,
wenn konkrete Umstände positiv und klar auf einen solchen Mangel hindeuten. Es
genügt dagegen nicht, wenn - negativ - lediglich nicht ausgeschlossen werden kann,
dass der Abwägungsvorgang an einem Mangel leidet, etwa wenn die
Aufstellungsvorgänge keinen Hinweis darauf enthalten, dass der Plangeber sich mit
konkreten Umständen ausdrücklich abwägend befasst hat. Nicht alles das, was nicht
nachweislich erwogen wurde, muss deshalb als Abwägungsausfall gewertet werden.
120
Vgl.: BVerwG, Beschluss vom 29. Januar 1992 - 4 NB 22.90 -, BRS 54 Nr. 15 m.w.N..
121
Gemessen an diesen Maßstäben ist der Gewichtungsmangel - zu Unrecht
angenommene Rechtfertigung eines Ausgleichsdefizits von 13 % - hier offensichtlich,
weil er ausdrücklich in der Planbegründung verlautbart worden und auch Gegenstand
der Vorlage Nr. 3092/2003 war, die ihrerseits Grundlage des abschließenden
Beschlusses des Rates der Antragsgegnerin über den strittigen Bebauungsplan war.
122
Ob ein Mangel auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen ist, hängt gleichfalls
von einer konkreten Betrachtung ab. Eine abstrakt angestellte bloße Vermutung, die
Vermeidung des Fehlers hätte zu einem anderen Ergebnis führen können, reicht nicht
aus. Es muss vielmehr nach den Umständen des Einzelfalls die konkrete Möglichkeit
bestehen, dass die Planung ohne den Mangel im Ergebnis anders ausgefallen wäre.
123
Vgl.: BVerwG, Beschluss vom 29. Januar 1992 - 4 NB 22.90 -, BRS 54 Nr. 15 m.w.N..
124
Davon kann hier nicht ausgegangen werden.
125
Das von der Antragsgegnerin als noch hinnehmbar bezeichnete Ausgleichsdefizit von
13 % liegt bei richtiger Wertung der seitens der Antragsgegnerin angestellten
Ermittlungen nicht vor. Die Antragsgegnerin hat nämlich den Ausgleichsbedarf - wie mit
den Beteiligten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erörtert wurde -
ersichtlich zu hoch angesetzt, so dass bei richtiger Anwendung des von der
Antragsgegnerin zulässigerweise zugrunde gelegten Bewertungsverfahrens in Wahrheit
nur von einem Ausgleichsdefizit auszugehen ist, das deutlich unter 10 % liegt. Dies
ergibt sich aus Folgendem:
126
Die Antragsgegnerin ist bei ihrer Bewertung der Eingriffsfolgen davon ausgegangen,
dass alle als "WA1" festgesetzten Wohngebiete Flächen sind, auf denen Eingriffe
erfolgen, für die ein Ausgleich vorzusehen ist. Nach § 1a Abs. 3 Satz 5 BauGB ist ein
Ausgleich jedoch nicht erforderlich, soweit die Eingriffe bereits vor der planerischen
Entscheidung erfolgt sind oder zulässig waren. Die Antragsgegnerin hat mithin zu
Unrecht allgemeine Wohngebiete mit dem Zusatz "1" versehen und damit als bei der
Ermittlung des Ausgleichsbedarfs zu berücksichtigende Eingriffsflächen qualifiziert,
wenn diese Bereiche bereits vor der Planungsentscheidung der Antragsgegnerin dem
127
nicht beplanten Innenbereich im Sinne von § 34 BauGB zuzuordnen und in einem den
Festsetzungen des Plans entsprechenden Ausmaß bebaubar waren. Dies trifft für die im
Tenor bezeichneten beiden Baugebiete zu, nämlich das allgemeine Wohngebiet, das
für das Flurstück 552 - südöstlich des bereits vorhandenen Wohnhauses C.-------straße
12 und westlich des bereits vorhandenen Wohnhauses Am O. 21 - ausgewiesen worden
ist, sowie das allgemeine Wohngebiet, das den Bereich zwischen dem bereits
bestehenden Wohnhaus C.-------straße 18 und der östlich hiervon festgesetzten
Fußgängerverbindung zwischen der im Plan festgesetzten Erschließungsstraße 1 und
dem T1.-------weg erfasst. Beide Bereiche waren, wie sich dem vorliegenden
Kartenmaterial ohne weiteres ablesen lässt, wegen ihrer Einfassung durch die bereits
vorhandene Bebauung dem im Zusammenhang bebauten Ortsteil von L. -N. zuzuordnen
und als solche entsprechend den im Plan getroffenen Festsetzungen bereits vor Erlass
des Plans bebaubar.
Sind die beiden genannten WA1-Gebiete hiernach nicht als Eingriffsflächen zu
berücksichtigen, ist die auf Seite 11 der Planbegründung angeführte Bewertung des Ist-
Zustands um die hierfür angesetzten Flächenpunkte zu reduzieren; gleichermaßen sind
auch für die betreffenden Bereiche in der Bewertung des Planzustands (Seite 12 der
Planbegründung) angesetzten Flächenpunkte zu streichen. Hiernach ergibt sich für die
Bewertung des WA1-Gebiets, das für das Flurstück 552 festgesetzt worden ist:
128
- Ist-Bewertung: 12.035 Flächenpunkte
129
- Bewertung des Planzustands: 5.120 Flächenpunkte
130
- Ausgleichsbedarf 6.915 Flächenpunkte
131
Hinsichtlich der Bewertung des WA1-Gebiets östlich des Hauses C.-------straße 18 ist
von einer Fläche von rd. 650 qm auszugehen, die nach der Ist-Bewertung eine
Wertigkeit von mindestens 3 Wertpunkten hatte, nach der Bewertung des Planzustands
hingegen nur noch eine mittlere Wertigkeit von 2 Wertpunkten (50 % versiegelt mit der
Wertigkeit von 0 Punkten und 50 % nicht versiegelt mit der Wertigkeit von 4 Punkten), so
dass der diesbezügliche Ausgleichsbedarf mindestens 650 Flächenpunkte beträgt.
Insgesamt ergibt sich damit eine Reduzierung des Ausgleichsbedarfs um mindestens
deutlich über 7.500 Wertpunkte, d.h. mindestens 4,5 %. Das Ausgleichsdefizit beträgt
damit bei richtiger Betrachtung nicht 13 %, sondern liegt beachtlich unter 10 %, wobei
der exakte Prozentsatz letztlich dahinstehen kann.
132
Geht man von einem solchen Ausgleichsdefizit aus, das sich eindeutig nur im
einstelligen Prozentbereich bewegt, bestehen gegen eine abwägende Hinnahme
dieses Defizits keine Bedenken mehr. Mit einem bestimmten mathematisierten
Bewertungsverfahren kann in der Tat nicht die objektiv verlässliche Aussage getroffen
werden, dass der Ausgleichsbedarf zu einem rechnerisch exakten Prozentsatz gedeckt
ist. Mathematisierte Bewertungsverfahren sind lediglich geeignete Hilfsmittel zur
annäherungsweisen Quantifizierung der Beeinträchtigungen und ihres Ausgleichs. Liegt
das rechnerisch ermittelte Ausgleichsdefizit - wie hier - deutlich unter 10 %, kann es
auch unter Berücksichtigung des Umstands, dass theoretisch eine Deckung des Defizits
durch externe Ausgleichsmaßnahmen in der Regel nicht ausgeschlossen erscheint,
gerechtfertigt sein, die von der Antragsgegnerin zutreffend angesprochenen Schwächen
mathematisierter Bewertungsverfahren zum Anlass zu nehmen, das der Sache nach
eher marginale Defizit abwägend als (noch) hinnehmbar zu werten. Dies gilt namentlich
133
dann, wenn für die Planung gewichtige öffentliche Belange sprechen. Als solche hat die
Antragsgegnerin hier vornehmlich den Bedarf nach Bauflächen für eine
Einfamilienhausbebauung angeführt, der im hier in Rede stehenden Bereich - wie auf
Seite 3 der Planbegründung zutreffend angeführt ist - in der Tat citynah und unter
Ausnutzung bereits vorhandener Infrastruktureinrichtungen gedeckt werden kann. Hinzu
kommt, dass der mit neuen Bauflächen überplante Bereich, wie in der bereits erwähnten
Vorlage Nr. 3092/2003 zutreffend angeführt worden ist, bereits seit langem im
Flächennutzungsplan als Baugebiet dargestellt ist und lediglich bis zur Erschließung
landwirtschaftlich zwischengenutzt wird. Bei dem betroffenen Bereich handelt sich
ferner, wie aus der in der Planbegründung dargelegten Ist-Bewertung folgt, lediglich in
kleineren Teilbereichen um ökologisch höherwertige Flächen. Schließlich konnte die
Antragsgegnerin sachgerechterweise auch in Rechnung stellen, dass auf den
ersichtlich großzügigen Baugrundstücken in attraktiver Ortsrandlage am Hang jedenfalls
in gewissem Umfang tatsächlich mit zusätzlichen, in die Eingriff-Ausgleich-Bewertung
nicht eingeflossenen ökologischen Aufwertungen im Plangebiet (etwa
Heckenpflanzungen gemäß § 5 Abs. 2 der Gestaltungssatzung für den Bereich des
strittigen Bebauungsplans) zu rechnen ist.
Erweist sich nach alledem, dass - ausgehend von einem deutlich unter 10 % liegenden
und damit eher marginalen rechnerischen Ausgleichsdefizit - die Hinnahme dieses
Defizits durchaus noch im Spektrum des der Gemeinde auch bei der Deckung des
Ausgleichsbedarfs zustehenden Abwägungsspielraums liegt, ist auf Grund der bereits
angesprochenen Verlautbarungen in den Aufstellungsvorgängen konkret davon
auszugehen, dass der Rat der Antragsgegnerin eine solche Wertung auch
vorgenommen und damit kein anderes als das von ihm beschlossene Ergebnis der
Abwägung - Hinnahme des Ausgleichsdefizits - getroffen hätte. Der Mangel bei der
Gewichtung ist damit nicht auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen.
134
Zu (f):
135
Aus den vorstehenden Darlegungen folgt allerdings, dass die Antragsgegnerin die
beiden im Tenor bezeichneten allgemeinen Wohngebiete zu Unrecht als bei der
Ermittlung des Ausgleichsbedarfs zu berücksichtigende Eingriffsflächen qualifiziert hat.
Damit sind diese beiden Wohngebiete zugleich zu Unrecht mit dem Zusatz "1" versehen
worden. Dieser Zusatz hat zur Folge, dass für die genannten Wohngebiete nach den
textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans "als Ausgleich für Eingriffe in Natur und
Landschaft" näher bestimmte Bepflanzungsmaßnahmen vorzunehmen sind. Liegen für
diese Flächen - wie dargelegt - die Voraussetzungen des § 1a Abs. 3 Satz 5 BauGB vor,
bedarf es für sie einer verbindlichen Vorgabe von Festsetzungen zum Ausgleich nicht.
136
Dieser Mangel, dass die genannten Wohngebiete durch den Zusatz "1" zu Unrecht mit
einer Festsetzung zur Durchführung von Ausgleichsmaßnahmen belegt worden sind,
hat allerdings lediglich die Unwirksamkeit dieses Zusatzes zur Folge.
137
Die Unwirksamkeit einzelner Festsetzungen eines Bebauungsplans führt nur dann zur
Unwirksamkeit des Gesamtplans, wenn die übrigen Festsetzungen für sich betrachtet
noch eine den Anforderungen des § 1 BauGB gerecht werdende, sinnvolle
städtebauliche Ordnung bewirken können und wenn zusätzlich die Gemeinde nach
ihrem im Planungsverfahren zum Ausdruck gekommenen Willen im Zweifel auch einen
Plan dieses eingeschränkten Inhalts beschlossen hätte.
138
Vgl.: BVerwG, Beschluss vom 29. März 1993 - 4 NB 10.91 -, BRS 55 Nr. 30.
139
Diese Voraussetzungen sind hier bei einer Gesamtbetrachtung der übrigen für das
Plangebiet getroffenen Festsetzungen zu bejahen.
140
Der Plan kann eine sinnvolle städtebauliche Ordnung auch dann noch bewirken, wenn
die genannten Baugebiete - bei Streichung des Zusatzes "1" - lediglich als allgemeine
Wohngebiete mit den generell hierfür festgesetzten Modifikationen ausgewiesen sind.
Es ist auch ohne weiteres davon auszugehen, dass der Rat der Antragsgegnerin - hätte
er erkannt, dass es des Zusatzes "1" bei den genannten Wohngebieten nicht bedarf, auf
diesen Zusatz ohne weiteres verzichtet hätte.
141
Sonstige Mängel bei der Ermittlung und Bewertung der Belange und ihrer abwägenden
Gewichtung sind nicht erkennbar. Die Antragsgegnerin hat sich insbesondere auch
eingehend mit den Auswirkungen der Planung auf die lokalklimatischen Verhältnisse
befasst und hierzu das bereits angesprochene Gutachten des Deutschen
Wetterdienstes vom 9. Mai 2000 eingeholt. Die dort ausgesprochenen Empfehlungen
sind in der Detailplanung im Einzelnen umgesetzt worden, wie aus den Ausführungen
auf den Seiten 15 f. der Planbegründung folgt.
142
Nicht zu beanstanden ist schließlich, dass sich der Rat der Antragsgegnerin nach dem
Inhalt der vorliegenden Aufstellungsvorgänge keine näheren Gedanken darüber
gemacht hat, dass der Antragsteller bzw. seine Familie auf eine Erhaltung der
landwirtschaftlichen Nutzungsmöglichkeiten im hier betroffenen Raum angewiesen sein
sollen, wie der Antragsteller in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erstmals
angesprochen hat. Einer näheren Berücksichtigung dieses Aspekts bedurfte es schon
deshalb nicht, weil er - wie der Antragsteller in der mündlichen Verhandlung selbst
eingeräumt hat - im Planaufstellungsverfahren nicht ausdrücklich verlautbart wurde und
daher nicht abwägungsrelevant war.
143
Zur fehlenden Abwägungsrelevanz von Betroffenheiten, die für die Gemeinde nicht als
abwägungsbeachtlich erkennbar waren, vgl.: BVerwG, Beschluss vom 9. November
1979 - 4 N 1.78 u.a. -, BRS 35 Nr. 24.
144
Der strittige Bebauungsplan war nach alledem nur hinsichtlich der im Tenor
aufgeführten Regelungen für unwirksam zu erklären. Im Übrigen war der
Normenkontrollantrag abzulehnen.
145
Bei der auf § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO beruhenden Kostenentscheidung hat der Senat
berücksichtigt, dass die unwirksamen Festsetzungen nur marginale Regelungen des
Plans betreffen, die weder den Antragsteller berühren noch Auswirkungen auf das von
ihm aus zahlreichen anderen Gründen beanstandete Regelungsgeflecht des Plans
haben. Die Antragsgegnerin ist damit nur zu einem geringen Teil unterlegen.
146
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit stützt sich auf § 167 VwGO iVm §§
708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
147
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO
nicht gegeben sind.
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