Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 27.04.2010

OVG NRW (bewertung, kläger, begründung, beurteilung, verwaltungsgericht, antrag, anpassung, abweichung, plausibilität, zulassung)

Oberverwaltungsgericht NRW, 6 A 1332/08
Datum:
27.04.2010
Gericht:
Oberverwaltungsgericht NRW
Spruchkörper:
6. Senat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
6 A 1332/08
Schlagworte:
Kriminalhauptkommissar Beurteilung Quervergleich Submerkmale
Leitsätze:
Erfolgloser Antrag eines Kriminalhauptkommissars auf Zulassung der
Berufung, der sich mit seiner Klage gegen eine dienstliche Beurteilung
wendet.
Ändert der Endbeurteiler nach einer aus Gründen des Quervergleichs
abgesenkten Bewertung der Hauptmerkmale im Einzelnen die
Bewertungen der zugehörigen Submerkmale, was nicht zwingend linear
erfolgen muss, bedarf es hierzu grundsätzlich keiner weiteren
Begründung.
Tenor:
Der Antrag wird abgelehnt.
Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfah-ren auf 5.000 Euro
festgesetzt.
Gründe:
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Der Antrag hat keinen Erfolg.
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Aus den im Zulassungsverfahren dargelegten Gründen ergeben sich keine ernstlichen
Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1
VwGO.
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Das Verwaltungsgericht hat angenommen, die vom Beurteilungsvorschlag
abweichende Bewertung des Endbeurteilers sei in einer den rechtlichen Anforderungen
genügenden Weise begründet worden. Der Endbeurteiler habe, ergänzt durch die
Ausführungen im Widerspruchs- und Gerichtsverfahren, ausreichend deutlich gemacht,
auf Grund der vergleichenden Betrachtung der Leistungen der der Vergleichsgruppe
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angehörenden Beamten dem Beurteilungsvorschlag nicht gefolgt zu sein. Dass der
Endbeurteiler den Beurteilungsvorschlag für das Hauptmerkmal "Leistungsverhalten"
mitgetragen habe, stehe dazu nicht im Widerspruch. Der Quervergleich sei für jedes
Merkmal gesondert vorzunehmen. Die Begründung genüge daher auch zur
Plausibilisierung der Absenkung des Hauptmerkmals "Sozialverhalten" um zwei
Punkte. Die dienstliche Beurteilung leide auch nicht deshalb an einer fehlenden
Plausibilität, weil zwischen den Bewertungen der Hauptmerkmale "Leistungsergebnis"
und "Sozialverhalten" und denjenigen der zugehörigen Submerkmale ein nicht
auflösbarer Widerspruch bestünde. Durch die mit dem Widerspruchsbescheid dem
Kläger eröffnete Absenkung der Submerkmale sei die zunächst fehlende Schlüssigkeit
herbeigeführt worden. Die auf den Quervergleich abstellende Begründung rechtfertige
neben der Änderung des Gesamturteils und der Hauptmerkmale "Leistungsergebnis"
und "Sozialverhalten" auf jeweils drei Punkte auch die Absenkung der zugehörigen
Submerkmale. Es sei nicht erforderlich, dass jede Änderung eines Einzelmerkmals
gesondert und individuell begründet werde.
Diese überzeugende Würdigung stellt der Kläger mit dem Antrag auf Zulassung der
Berufung, mit dem er im Wesentlichen sein Vorbringen aus dem Widerspruchs- und
Klageverfahren wiederholt, nicht durchgreifend in Zweifel.
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Dies gilt zunächst für seinen Einwand, angesichts der Beibehaltung der Bewertung des
Hauptmerkmals "Leistungsverhalten" mit vier Punkten sei die Abweichungsbegründung
des Erstbeurteilers, wonach der Erstbeurteiler einen zu wohlwollenden
Beurteilungsmaßstab angelegt habe, unzutreffend und nicht plausibel. Der
Erstbeurteiler hat die Absenkung der Bewertungen nicht allein mit einer insgesamt zu
wohlwollenden Bewertung begründet, sondern auch und vor allem auf die weitere
einzelfallübergreifende Erwägung des Quervergleichs abgestellt, die auch nur einzelne
Hauptmerkmale betreffen kann. Nach der ausführlichen Begründung im
Widerspruchsbescheid ist, wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat,
plausibel, dass der Endbeurteiler die Bewertungen der Hauptmerkmale
"Leistungsergebnis" und "Sozialverhalten" abweichend von dem Beurteilungsvorschlag
des Erstbeurteilers mit drei Punkten bewertet hat.
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Ebensowenig werden Richtigkeitszweifel mit der Rüge aufgezeigt, für die Absenkung
der Bewertung des Hauptmerkmals "Sozialverhalten" von fünf auf drei Punkte habe der
Beklagte nicht wie bei den übrigen Abweichungen auf den Quervergleich verweisen
dürfen, sondern eine differenzierte, "tiefgreifendere" Begründung abgeben müssen.
Woraus sich dieses besondere Begründungserfordernis ergeben soll und welche
weitergehenden Anforderungen hier gelten sollen, legt der Zulassungsantrag nicht dar.
Auch verhält sich der vom Kläger angeführte Senatsbeschluss vom 28. Juni 2006 - 6 B
618/06 -, ZBR 2006, 390, hierzu nicht, sondern erörtert lediglich die
Plausibilitätsanforderungen in einem – hier nach Ergehen des Widerspruchsbescheides
nicht mehr vorliegenden – Fall einer Widersprüchlichkeit zwischen den Bewertungen
eines Hauptmerkmals und der Bewertung zugehöriger Submerkmale. Es ist für den
Senat auch nicht ersichtlich, welche weitere Begründung allein der Umstand einer um
zwei Punkte höheren Bewertung eines Hauptmerkmals durch den Erstbeurteiler
erfordern soll, wenn sich – wie hier – für den Endbeurteiler aus dem Quervergleich
ergibt, dass dieses Hauptmerkmal mit drei Punkten angemessen und sachgerecht
bewertet ist. Die vom Kläger geforderten Feststellungen des Endbeurteilers dazu,
warum er nicht an der Spitzenbeurteilung des Erstbeurteilers festhalten könne, liegen
vor. Der Endbeurteiler hat hinreichend erläutert, warum er im Vergleich zu den anderen
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Beamten in der starken Vergleichsgruppe eine Absenkung der Bewertung
vorgenommen hat.
Das Zulassungsvorbringen, der Beklagte hätte eine weitere Begründung bezüglich der
Anpassung der entsprechenden Submerkmale geben müssen und nicht nur auf den
Quervergleich verweisen dürfen, verfängt ebenfalls nicht. Der Endbeurteiler hat im
Widerspruchsverfahren die Bewertung der Submerkmale geändert und damit die
Plausibilität der dienstlichen Beurteilung hergestellt. Nach der Rechtsprechung des
Senats hat der Endbeurteiler die Wahl, ob er – wie hier – die Bewertung der
Submerkmale im Einzelnen der von ihm vergebenen Bewertung des Hauptmerkmals
anpasst oder ob er die erforderliche Anpassung in einer sonstigen geeigneten Weise –
etwa durch entsprechende allgemeine Aussagen zu den Benotungen der
Einzelmerkmale in der Abweichungsbegründung – herbeiführt.
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Vgl. OVG NRW, Urteil vom 23. Juni 2006 - 6 A 1216/04 -, juris, sowie
Beschlüsse vom 28. Juni 2006 - 6 B 618/06 -, a.a.O., und vom 7. Dezember
2006 - 6 B 2045/06 -, juris.
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Wählt der Endbeurteiler die erste Alternative und ändert nach einer aus Gründen des
Quervergleichs abgesenkten Bewertung der Hauptmerkmale im Einzelnen die
Bewertungen der zugehörigen Submerkmale, was nicht zwingend linear erfolgen muss,
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vgl. OVG NRW, Beschluss vom 7. Dezember 2006 - 6 B 2045/06 -, a.a.O.,
m.w.N.,
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bedarf es hierzu grundsätzlich keiner weiteren Begründung. Konkrete Einwände zu der
geänderten Bewertung einzelner Submerkmale hat der Kläger auch nicht geltend
gemacht. Die vom Kläger angeführte Äußerung des Senats in seinem Beschluss vom
28. Juni 2006 - 6 B 618/06 -, a.a.O., der Verweis auf den Quervergleich in der
Abweichungsbegründung reiche nicht aus, bezieht sich ersichtlich auf den Fall, dass
dem eine Anpassung der Bewertung der Submerkmale überhaupt nicht erfolgt und
daher ein Widerspruch zur Bewertung des zugehörigen Hauptmerkmals besteht.
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Schließlich ist mit dem Vorbringen, hinsichtlich des Hauptmerkmals "Sozialverhalten"
sei Gegenstand der direktionsübergreifenden Beurteilerbesprechung unter Verstoß
gegen die BRL Q. das Votum von LKD T. , nicht aber das Erstbeurteilervotum
gewesen, kein zur Rechtswidrigkeit der dienstlichen Beurteilung führender Fehler
dargetan. Nach Nr. 9.1 Abs. 5 BRL Q. erörtern die Vorgesetzten der Erstbeurteiler den
Beurteilungsvorschlag mit ihren Vorgesetzten und haben dabei zu berücksichtigen,
inwieweit der zu Beurteilende im Vergleich zu anderen ihnen unterstehenden Beamten
der Vergleichsgruppe den Anforderungen entsprochen hat. Hat der Vorgesetzte des
Klägers LKD T. in diesem Zusammenhang die Bewertung des Sozialverhaltens mit
fünf Punkten zu hoch und mit vier Punkten angemessen beurteilt gesehen, folgt daraus
kein Verfahrensfehler. Dafür, dass diese Einschätzung des Vorgesetzten T. im
weiteren Beurteilungsverfahren, insbesondere in der Beurteilerbesprechung, wie eine
solche eines Erstbeurteilers behandelt und an ihre Stelle gesetzt worden wäre, fehlen
jegliche Anhaltspunkte.
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Die Berufung ist auch nicht wegen einer Abweichung des angefochtenen Urteils von
den Beschlüssen des Senates vom 23. Juni 2006 (6 A 1216/04), vom 28. Juni 2006 (6 B
618/06) und vom 7. Dezember 2006 (6 B 2045/06) gem. § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO
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zuzulassen. Das Verwaltungsgericht hat im Zusammenhang mit den
Plausibilisierungsanforderungen bei einer Abweichung der Endbeurteilung vom
Beurteilungsvorschlag des Erstbeurteilers keinen seine Entscheidung tragenden
Rechtssatz aufgestellt, der mit den in den genannten Entscheidungen des Senats
enthaltenen Rechtssätzen nicht vereinbar wäre. Es hat im Gegenteil diese
Entscheidungen sogar zitiert und dessen Rechtssätze übernommen. Der Kläger rügt im
Kern lediglich – was er auf Seite 7 der Zulassungsbegründung auch abschließend
ausdrücklich formuliert –, dass das Verwaltungsgericht die Maßstäbe der
Rechtsprechung zur Plausibilisierung nicht richtig angewandt habe. Eine – aus Sicht
des Klägers – fehlerhafte Subsumtion des entscheidungserheblichen Sachverhaltes
unter einen mit der obergerichtlichen Rechtsprechung übereinstimmenden abstrakten
Rechtssatz stellt aber keine Abweichung von dieser Rechtsprechung im Sinne des
§ 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO dar.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht
auf den §§ 40, 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 2 GKG.
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Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des
Zulassungsantrags wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4
VwGO).
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