Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 18.12.1997
OVG NRW (einstellung des verfahrens, 1995, anhörung, asylverfahren, bundesamt, verwaltungsverfahren, aufhebung, einstellung, vorinstanz, anfechtungsklage)
Oberverwaltungsgericht NRW, 21 A 5069/97.A
Datum:
18.12.1997
Gericht:
Oberverwaltungsgericht NRW
Spruchkörper:
21. Senat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
21 A 5069/97.A
Vorinstanz:
Verwaltungsgericht Arnsberg, 2 K 3396/96.A
Tenor:
Der Antrag wird auf Kosten des Klägers abgelehnt.
Gründe:
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Die allein erhobene Grundsatzrüge greift nicht. Ein Klärungsbedarf der Frage, ob ein
Anhörungsmangel in Bezug auf die Entscheidung zu § 53 AuslG und die
Abschiebungsandrohung im hier gegebenen Fall des § 39 AsylVfG zur Aufhebung der
Entscheidung des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge
(Bundesamt) im gerichtlichen Verfahren zwingt, ist - ungeachtet durchgreifender
Bedenken im Hinblick auf das Darlegungserfordernis - jedenfalls nicht gegeben.
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Die aufgeworfene Frage läßt sich anhand von § 113 VwGO und § 46 VwVfG sowie der
in der Rechtsprechung zum Ausdruck gelangten Grundsätze ohne weiteres im Sinne
der angefochtenen Entscheidung des Verwaltungsgerichts beantworten. Zum einen sind
Klagen gegen die negative Feststellung von Abschiebungshindernissen durch das
Bundesamtes als Verpflichtungsklagen zu führen -
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vgl. Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 29. März 1996 - 9 C 116.95 -,
DVBl. 1996, 1257 -,
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so daß nach § 113 Abs. 5 VwGO grundsätzlich die Spruchreife herbeizuführen ist, sich
das Gericht also nicht auf die Prüfung einer Fehlerhaftigkeit der negativen behördlichen
Entscheidung beschränken darf. Dieser Grundsatz beansprucht auch im Asylverfahren
Geltung -
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vgl. BVerwG, Urteil vom 7. März 1995, - 9 C 264.94 -, DVBl. 1995, 857 f., Beschluß vom
14. Mai 1982 - 9 B 179.82 -, Buchholz 402.24 § 31 AuslG Nr. 1; Oberverwaltungsgericht
für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluß vom 21. April 1997 - 23 A 2412/96.A -.
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Zum anderen steht einer Aufhebung der negativen Entscheidung zu § 53 AuslG
einschließlich der Abschiebungsandrohung wegen einer fehlerhaft unterbliebenen oder
sonst mängelbehafteten Anhörung im Verwaltungsverfahren § 46 VwVfG entgegen. Ein
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Anhörungsmangel im Asylverfahren (vgl. § 24 Abs. 1 Satz 2, § 25 Abs. 1 und 2 AsylVfG),
insbesondere ein solcher in der gegebenen Fallkonstellation einer nachgeholten
Entscheidung nach § 39 Abs. 2 AsylVfG, für die gegebenenfalls bei vor der
Entscheidung über das Asylbegehren unterbliebener Anhörung diese zu eventuellen
Abschiebungshindernissen (§ 25 Abs. 2 AsylVfG) - anders als für die unverzüglich zu
erlassenden Abschiebungsandrohung (§ 39 Abs. 1, § 34 Abs. 1 Satz 2 AsylVfG) -
nachzuholen ist, ist ein Verfahrensfehler im Sinne der genannten Vorschrift, der als
solcher auf die Beurteilung der inhaltlichen Richtigkeit der getroffenen Entscheidung
keine Auswirkung hat, da diese eine gebundene Entscheidung ist. Das
Asylverfahrensgesetz statuiert keinen selbständig durchsetzbaren Anspruch auf
(mündliche) Anhörung im Verwaltungsverfahren; diese dient keinem über die
gegebenenfalls vom Gericht nachzuholende Aufklärung des Sachverhalts
hinausgehenden Zweck. Die Fallgestaltung einer Entscheidung zum Vorliegen der
Voraussetzungen des § 53 AuslG im Verfahren nach § 39 Abs. 2 AsylVfG kann auch
keiner der in der Rechtsprechung entwickelten Ausnahmen von der Pflicht zur
Herbeiführung der Spruchreife zugerechnet werden.
vgl. die Nachweise in BVerwG, Beschluß vom 14. Mai 1982, a.a.O., S. 2f.
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Insbesondere ist die Rechtsprechung zur ausschließlichen Zulässigkeit einer
Anfechtungsklage bei versagter Sachentscheidung, etwa bei fehlerhafter Einstufung
eines Asylfolgeantrages als unbeachtlich durch die Ausländerbehörde nach § 14
AsylVfG a.F. oder Einstellung des Verfahrens nach fälschlicherweise fingierter
Rücknahme des Asylantrages nach § 33 AsylVfG -
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z.B. Bundesverfassungsgericht, Beschluß vom 13. März 1993 - 2 BvR 1988/92 -, DVBl.
1993, 601; BVerwG, Urteil vom 7. März 1995, a.a.O. -
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nicht einschlägig. Die Sach- und Interessenlagen sind nicht vergleichbar; denn die
danach maßgeblichen Aspekte des Vorrangs der Entscheidung durch eine sachkundige
Behörde, des Verlustes einer gegenüber dem gerichtlichen Verfahrensrecht günstiger
gestalteten Tatsacheninstanz und der besonderen Gestaltungsmöglichkeit des
Bundesamtes im Hinblick auf die Aufenthaltsbeendigung greifen nicht, wenn - wie hier -
das Bundesamt sich mit der Sache inhaltlich befaßt und zur Frage der
Abschiebungshindernisse auf der Grundlage der Kenntnisse über die Situation im
Zielstaat der angedrohten Abschiebung sowie des Vorbringens des Asylbewerbers im
gesamten bis dahin durchlaufenen Verfahren entschieden hat und auch keine
besondere Gestaltungsmöglichkeit des Bundesamtes unterlaufen sind.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
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