Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 24.10.2008

OVG NRW: wiedereinsetzung in den vorigen stand, anspruch auf rechtliches gehör, unverschuldetes hindernis, rüge, anhörung, gespräch, behandlung, verfügung, kritik, beweiswürdigung

Oberverwaltungsgericht NRW, 12 A 1723/07
Datum:
24.10.2008
Gericht:
Oberverwaltungsgericht NRW
Spruchkörper:
12. Senat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
12 A 1723/07
Vorinstanz:
Verwaltungsgericht Köln, 9 K 1299/04
Tenor:
Die Anhörungsrüge wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
G r ü n d e :
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Die Anhörungsrüge ist unbegründet, weil mit ihr keine tatsächlichen Umstände
dargelegt werden, aus denen sich ergeben könnte, dass der Senat in seinem Beschluss
vom 21. Mai 2007, mit dem der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung im
Verfahren 12 A 1718/05 abgelehnt worden ist, den Anspruch der Klägerin auf
Gewährung rechtlichen Gehörs in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat (§ 152a
Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 2 Satz 6 VwGO).
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Mit ihrer Rüge, sie sei mit ihrem „anfänglichen Berufungszulassungsschriftsatz" nicht
gehört worden, macht die Klägerin sinngemäß geltend, der Senat habe ihr Vorbringen
aus dem Schriftsatz vom 27. Mai 2005 insoweit nicht zur Kenntnis genommen bzw. nicht
in Erwägung gezogen, als dort das Vorliegen eines im Zulassungsverfahren
entstandenen Verfahrensfehlers geltend gemacht worden ist, der auf die Nichtvorlage
des Wortprotokolls der in der mündlichen Verhandlung erfolgten Anhörung der Klägerin
noch vor Ablauf der Begründungsfrist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO am 30. Mai 2005
zurückzuführen sei und zur Zulassung der Berufung zwingen soll. Diese Rüge greift
nicht durch. Denn mit dieser Rüge macht die Klägerin vor dem Hintergrund,
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- dass der Senat ihr mit dem angegriffenen Beschluss vom 21. Mai 2007 - 12 A 1718/05
- ausdrücklich Wiedereinsetzung in Bezug auf ihre nach Vorliegen des
Anhörungsprotokolls mit Schriftsatz vom 9. August 2006 erfolgte ergänzende, sich mit
dem Inhalt des Protokolls und den hieraus von dem Verwaltungsgericht gezogenen
Schlussfolgerungen auseinandersetzende Begründung des Zulassungsantrags gewährt
hat,
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- dass er diese ergänzende Begründung rechtlich gewürdigt hat und
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- dass er hierbei insbesondere auch ausgeführt hat, die Verfahrensrüge nach § 124 Abs.
2 Nr. 5 VwGO könne jedenfalls deshalb nicht zur Zulassung der Berufung führen, weil
die verwaltungsgerichtliche Entscheidung nicht auf dem - insoweit unterstellten, aber
erst nach der Zustellung der erstinstanzlichen Entscheidung aufgetretenen -
Verfahrensfehler beruhen könne und ein etwaiger Verfahrensfehler geheilt worden sei,
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allein geltend, der Senat hätte die Berufung - anders als geschehen - zwingend
zulassen müssen, und behauptet damit ungeachtet der Einkleidung der Einwendung als
Gehörsrüge das Vorliegen eines Rechtsanwendungsfehlers. Das Gebot rechtlichen
Gehörs verpflichtet das Gericht aber nur, die Ausführungen der Verfahrensbeteiligten zur
Kenntnis zu nehmen und bei seiner Entscheidung zu berücksichtigen, und die
Gehörsrüge dient deshalb nicht der Korrektur behaupteter Rechtsfehler durch das
entscheidende Gericht, sondern allein der Heilung von Gehörsverstößen durch
Nachholung einer unterbliebenen Kenntnisnahme und Berücksichtigung von
Vorbringen der Verfahrensbeteiligten.
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Vgl. BVerwG, Beschluss vom 22. Mai 2006
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- 5 B 89.05 -, Juris.
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Ein Rechtsanwendungsfehler liegt im Übrigen nicht vor. Denn eine Zulassung der
Berufung wegen eines erst im Zulassungsverfahrens entstandenen (etwaigen)
Verfahrensfehlers sieht § 124 Abs. 2 VwGO ersichtlich nicht vor, und die dargestellte
Verfahrensweise des Senats nach Vorlage des Protokolls hat, wie sich auch aus dem
folgenden ergibt, gerade sichergestellt, dass der Klägerin das erforderliche rechtliche
Gehör gewährt worden ist.
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Gehörsverstöße liegen auch in Bezug auf den Vortrag aus dem Schriftsatz vom 9.
August 2006 nicht vor.
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Die möglicherweise mit den (unklaren) Ausführungen auf Seite 1, letzter Absatz, und
Seite 2, erster Absatz, der Anhörungsrügeschrift erhobene Rüge eines Gehörsverstoßes
in Bezug auf den Hinweis im Schriftsatz vom 9. August 2006, nach welchem nicht
eindeutig ersichtlich sei, „ob es sich ausschließlich um das Gespräch in der mündlichen
Verhandlung handelt oder nicht", greift nicht durch. Denn dieser Hinweis stellte kein
entscheidungserhebliches Vorbringen dar, weil er bereits unverständlich war. Nichts
anderes ergibt sich im übrigen dann, wenn man den Hinweis mit der
Anhörungsrügeschrift als die Behauptung verstehen können sollte, es lasse sich nicht
feststellen, ob die auf Mini-Disc erfolgte Aufzeichnung der Anhörung mit dem
vorgelegten Text vollständig wiedergegeben sei. Denn eine solche Behauptung wäre
jedenfalls als unsubstantiiert und deshalb ebenfalls als nicht entscheidungserheblich zu
qualifizieren gewesen. Eine substantiierte Rüge hätte nämlich mit Blick darauf, dass das
gesamte Anhörungsgespräch (vgl. insoweit das Protokoll der mündlichen Verhandlung,
in welchem zur Art der Protokollierung der Anhörung ausgeführt wird, sie sei „geeignet
und sinnvoll, um den Sprachfluss und die Aussprache sowie den Verlauf des Gesprächs
umfassend und nachvollziehbar zu dokumentieren") im Einverständnis mit der Klägerin
und dem für sie in dem Termin aufgetretenen Bevollmächtigten aufgezeichnet worden
ist und der ausdrücklich und uneingeschränkt als „Abschrift der Mini-Disc" bezeichnete
Text keine Hinweise auf Auslassungen enthält, die dezidierte Behauptung erfordert,
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dass und aus welchen Gründen die Anhörung nur unvollständig wiedergegeben worden
sein soll.
Die weitere Rüge der Klägerin, die „vom Senat vorgenommene Beweiswürdigung des
Protokolls" sei „zunächst nicht überzeugend und in dieser Phase des Prozesses auch
nicht zulässig, denn dafür" sei „das Berufungsverfahren als Tatsachenverfahren
vorgesehen, so dass auch hierdurch der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs
verletzt" werde, kann keinen Erfolg haben, weil insoweit der Sache nach wiederum kein
Gehörsverstoß, sondern das Vorliegen von Rechtsanwendungsfehlern behauptet wird.
Abgesehen davon verkennt die Klägerin mit diesem Vorbringen grundlegend, dass der
Senat in dem angegriffenen Beschluss keine Beweiswürdigung vorgenommen, sondern
nach Maßgabe der §§ 124a Abs. 5 Sätze 1 und 2, 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO und deshalb
in Auseinandersetzung mit dem Zulassungsvorbringen der Klägerin in den Schriftsätzen
vom 27. Mai 2005 und vom 9. August 2006 entschieden hat, dass die Richtigkeit der
Bewertung des Verwaltungsgerichts, die Klägerin sei nicht in der Lage, ein einfaches
Gespräch auf Deutsch zu führen, auch im Lichte des Zulassungsvorbringens keinen
ernstlichen Zweifeln ausgesetzt ist. Hierbei war eine ins einzelne gehende Auswertung
des Anhörungsprotokolls unverzichtbar, um das Zulassungsvorbringen zu würdigen, die
Klägerin habe auf „alle" ihr gestellten Fragen „in ganzen und verständlichen Sätzen"
geantwortet bzw. bei ihren Antworten „überwiegend ganze und einfache Sätze
gebraucht" und zu einzelnen Themenbereichen (besonders) gelungene Antworten
gegeben.
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Ein Gehörsverstoß liegt ferner nicht darin, dass der Senat in dem angegriffenen
Beschluss ausgeführt hat, es falle auf, dass die Klägerin sich nicht in der Lage gezeigt
habe, die zur Schilderung ihrer Aktivitäten verwendeten Verben zu konjugieren, sondern
sich immer wieder auf den Gebrauch der Infinitive beschränkt habe, der auf einen
fremdsprachlichen Spracherwerb hindeute. Insoweit kann schon deshalb nicht von einer
„überraschenden" Entscheidung des Senats die Rede sein, weil es sich bei dieser
Bemerkung des Senats ganz offensichtlich nicht, wie von der Klägerin indes behauptet,
um eine die Ablehnung des Zulassungsantrages tragende Begründung handelt. Das
ergibt sich zunächst schon daraus, dass der Senat ausweislich der verwendeten
Formulierung („hindeutet") insoweit keineswegs einen fremdsprachlichen, gar die
Annahme einer hinreichenden familiären Vermittlung ausschließenden Spracherwerb
festgestellt, sondern diese Frage offen gelassen hat. Der nicht tragende Charakter der
als überraschend gerügten Bemerkung folgt ferner daraus, dass der Senat sie ohne
weiteres erkennbar in seine Ausführungen dazu eingeflochten hat, dass sich aus dem
Zulassungsvorbringen keine ernstlichen Zweifel in Bezug auf die Annahme des
Verwaltungsgerichts ergeben, die Klägerin sei (mangels hinreichender aktiver
Deutschkenntnisse) nicht in der Lage, ein einfaches Gespräch auf Deutsch zu führen.
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Ein Verstoß gegen den Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs ergibt sich auch
nicht daraus, dass der Senat in dem angegriffenen Beschluss ohne vorherige Anhörung
der Klägerin ausgeführt hat, als letztes Beispiel für die gezeigten unzureichenden
aktiven Deutschkenntnisse der Klägerin möge genügen, dass die Klägerin auf die Frage
ihres Prozessbevollmächtigten, weshalb sich ihr Schwiegersohn K. und ihr Ehemann
nicht so gut verstünden, auch nach einer längeren Pause und nach der ergänzenden
Frage, ob sie sich stritten, keinerlei Antwort gegeben habe. Denn auch diese
Ausführungen waren nicht tragend, sondern ergänzten lediglich das bereits gefundene
Ergebnis. Das ergibt sich bereits aus dem Satz, mit welchem der Senat jenen Passus
eingeleitet hat, zu dem auch die als überraschend gerügte Feststellung eines
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Beispielsfalles zählt. Der Senat hat mit dem erwähnten Satz (Seite 5 der
Beschlussausfertigung, Zeilen 15 bis 17) nämlich ausdrücklich ausgeführt, dass das
„bereits mit den vorstehenden Ausführungen belegte Bild insgesamt mangelhafter, zur
Führung eines einfachen Gesprächs nicht hinreichender aktiver Deutschkenntnisse ...
ohne weiteres durch weitere Beispiele abgerundet werden" könne. Abgesehen davon
hätte der Senat die Klägerin in Bezug auf die in Rede stehende Feststellung auch dann
nicht zuvor anhören müssen, wenn sie entscheidungstragend gewesen wäre. Denn die
Klägerin mußte angesichts ihres bereits wiedergegebenen Zulassungsvorbringens zu
ihren Deutschkenntnissen ohne weiteres damit rechnen, dass der Senat diesem
Vorbringen Erkenntnisse aus dem auch der Klägerin vorliegenden Anhörungsprotokoll
entgegensetzt, die in eine gänzlich andere Richtung weisen und deshalb zu begründen
geeignet sind, dass sich aus dem Zulassungsvorbringen eben nicht die behaupteten
ernstlichen Zweifel i. S. v. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ergeben. Die Behauptung
schließlich, die gestellte Frage gehe offensichtlich über das hinaus, was für ein
einfaches Gespräch gefordert werden dürfe, stellt wiederum die bloße Rüge eines
Rechtsanwendungsfehlers dar. Insoweit sei deshalb lediglich ergänzend darauf
hingewiesen, dass sich die Richtigkeit dieser Rechtsbehauptung nicht einmal
ansatzweise erschließt und dass die Frage im übrigen von dem
Prozessbevollmächtigten der Klägerin gestellt worden ist.
Auch die Rüge, die Bewertung der erst mit Schriftsatz vom 9. August 2006 erhobenen
Divergenzrüge durch den Senat als unbeachtlich stelle einen Gehörsverstoß dar, kann
keinen Erfolg haben. Zwar führt die Behandlung eines Vorbringens als unbeachtlich
dann zu einem Gehörsverstoß, wenn sie zu Unrecht erfolgt ist; diese Voraussetzung ist
hier aber nicht erfüllt. Der Senat hat der Klägerin ausweislich der Ausführungen in dem
angegriffenen Beschluss und entsprechend der Verfügung vom 19. Juli 2006
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in Bezug auf eine ergänzende Begründung des
Zulassungsantrags nur insoweit gewährt, als die Klägerin gerade wegen des Fehlens
des Anhörungsprotokolls bis zum Ablauf der Begründungsfrist an einer Begründung
gehindert gewesen war; die ergänzende Begründung konnte damit nur in einer
Auseinandersetzung mit dem Wortprotokoll der Anhörung und den hieraus von dem
Verwaltungsgericht gezogenen Schlussfolgerungen sowie der Zuordnung dieses
Vorbringens zu einem oder mehreren Zulassungsgründen i. S. d. § 124 Abs. 2 VwGO
bestehen. Die vorgenannte Beschränkung rechtfertigt sich dadurch, dass eine (analoge)
Anwendung des § 60 VwGO zugunsten der Klägerin mit Blick auf den Sinn und Zweck
der Vorschrift nur insoweit überhaupt in Frage kommen konnte, als ein unverschuldetes
Hindernis bestanden hat. Hinsichtlich der mit dem Wiedereinsetzungsantrag erhobenen
Divergenzrüge war dies indes nicht der Fall. Wie der Senat bereits in dem angegriffenen
Beschluss ausgeführt hat, war die Klägerin durch das zwischenzeitliche Fehlen eines
schriftlichen Wortprotokolls nämlich nicht gehindert, die erst mit Schriftsatz vom 9.
August 2006 formulierte Divergenzrüge schon innerhalb der am 30. Mai 2005
abgelaufenen Begründungsfrist zu erheben, weil diese Rüge nur die Kenntnis des - ihr
vorliegenden - erstinstanzlichen Urteils und der von ihr zitierten Rechtsprechung des
Bundesverwaltungsgerichts, aber nicht des Anhörungsprotokolls vorausgesetzt hat. Die
mit der Anhörungsrüge vorgebrachte gegenteilige Behauptung, die Divergenzrüge habe
nicht ohne Kenntnis des Protokolls erhoben werden können, weil das Protokolls
erforderlich gewesen sei, „um den Umfang der Sprachkenntnisse an den Maßstäben
des Bundesverwaltungsgerichts zu messen", verkennt offensichtlich die bei einer
solchen Abweichensrüge nach § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO an die Darlegung eines
Zulassungsgrundes zu stellenden Anforderungen. Diese Darlegung verlangt nämlich
(nur) die Bezeichnung eines inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung
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tragenden abstrakten Rechtssatzes, mit dem das Verwaltungsgericht einem in der
Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aufgestellten ebensolchen, die
Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts tragenden Rechtssatz in Anwendung
derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat, nicht aber Vortrag dazu, dass das
Verwaltungsgericht den abstrakten Rechtssatz des Bundesverwaltungsgerichts
fehlerhaft angewendet hat.
Vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 19. August 1997 - 7 B 261/97 -, NJW 1997, 3328, m.
w. N.
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Der Senat war auch nicht etwa gehalten, die Klägerin vor der Behandlung der
Divergenzrüge als unbeachtlich anzuhören. Denn angesichts dessen, dass ein
unverschuldetes Hindernis i. S. d. § 60 VwGO hier nur in Bezug auf Vortrag zu dem
Inhalt des Anhörungsprotokolls und den hieraus von dem Verwaltungsgericht
gezogenen Schlüssen vorliegen konnte und dies auch mit der Verfügung vom 19. Juli
2006 klargestellt worden war, musste die Klägerin mit einer solchen Entscheidung des
Senats ohne weiteres rechnen.
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Unabhängig von dem Vorstehenden kann die auf die Behandlung der Divergenzrüge
als unbeachtlich bezogene Anhörungsrüge auch deshalb nicht zum Erfolg führen, weil
der Senat sich ausweislich des angegriffenen Beschlusses (Beschlussausfertigung,
Seite 7, erster Absatz) auch inhaltlich mit der Divergenzrüge auseinandergesetzt hat.
Die Behauptung, diese von der Klägerin als „Alternativbegründung" bezeichneten
Ausführungen setzten sich „mit dem Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten nur am
Rande" auseinander und führten deshalb selbst zu einer Verletzung des Anspruches
auf Gewährung rechtlichen Gehörs, hat die Klägerin nicht begründet und ist auch nicht
nachvollziehbar. Außerdem macht die Klägerin insoweit wiederum nur
Rechtsanwendungsfehler geltend, die - es wurde bereits gesagt - eine
Gehörsverletzung nicht zu begründen geeignet sind. Letzteres gilt auch für die - mit Blick
auf §§ 124a Abs. 5 Sätze 1 und 2, 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO ersichtlich ohne weiteres
fehlgehende - Rüge, der Senat habe eine Gehörsverletzung auch dadurch begangen,
dass er über das Vorbringen zu der behaupteten Divergenz bereits im
Zulassungsverfahren entschieden habe.
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Die weitere Rüge, der Senat habe mit seiner „Argumentation zu § 124 Abs. 2 Nr. 5
VwGO" den „Anspruch auf rechtliches Gehör der Klägerin vollständig außer Acht
gelassen", wendet sich erneut nur gegen die erfolgte Rechtsanwendung durch den
Senat und belegt damit nicht die insoweit behauptete Gehörsverletzung. Weder
dargelegt noch sonst erkennbar ist ferner, aus welchen Gründen der Senat verpflichtet
gewesen sein könnte, die Klägerin vor Ergehen des angegriffenen Beschlusses zu
seiner sich ohne weiteres aus dem Gesetz ergebenden Rechtsauffassung zu hören,
auch die Verfahrensrüge führe nicht zur Zulassung der Berufung, weil die
erstinstanzliche Entscheidung auf dem gerügten - als gegeben unterstellten -
Verfahrensfehler nicht beruhen könne. Da die erfolgte Gewährung von
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand offensichtlich gerade dazu gedient hat, einen
etwaigen, erst im Zulassungsverfahren aufgetretenen Verfahrensfehler zu heilen, ist
auch insoweit nicht einmal ansatzweise erkennbar, weshalb eine Anhörung der
Klägerin vor Ergehen des angegriffenen Beschlusses erforderlich gewesen sein könnte.
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Schließlich geht auch die Rüge fehl, die rechtliche Würdigung in dem Senatsbeschluss
zu § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO stelle einen Gehörsverstoß dar. Es trifft schon nicht zu,
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dass der Senat das diesbezügliche Vorbringen aus dem Schriftsatz vom 9. August 2006
als „unbeachtlich" bewertet hat. Der Senat hat insoweit vielmehr eine Zulassung der
Berufung wegen der behaupteten grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache deshalb
verneint, weil die als grundsätzlich bedeutsam behauptete, erst nach der
erstinstanzlichen Entscheidung und unabhängig von ihr aufgetauchte Rechtsfrage für
die Entscheidung der Vorinstanz bereits nicht, wie es erforderlich wäre, von Bedeutung
gewesen sein könne. Die an dieser Rechtsauffassung in der Anhörungsrüge geübte
Kritik beinhaltet erneut lediglich die Behauptung von Rechtsanwendungsfehlern, die der
Anhörungsrüge von vornherein nicht zum Erfolg verhelfen können. Unabhängig davon
ist die Kritik auch nicht berechtigt. Denn eine Rechtssache hat nur dann grundsätzliche
Bedeutung i. S. d. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO, wenn eine grundsätzliche, bisher in der
Rechtsprechung noch nicht geklärte Rechts- oder Tatsachenfrage für die Entscheidung
der Vorinstanz von Bedeutung war, d. h. in dieser Entscheidung zum
entscheidungstragenden Begründungsteil gehört hat, die auch für die Entscheidung im
Berufungsverfahren erheblich wäre und deren Klärung im Interesse der einheitlichen
Rechtsanwendung oder der Fortbildung des Rechts geboten erscheint.
Vgl. etwa Seibert, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 2. Aufl. 2006, § 124 Rn. 127 und 152, m. w.
N.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
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Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152a Abs. 4 Satz 3 VwGO).
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