Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 09.12.2008

OVG NRW: beförderung, schwellenwert, schule, nachhaltigkeit, betrug, stadt, unrichtigkeit, erheblichkeit, fürsorgepflicht, besoldung

Oberverwaltungsgericht NRW, 6 A 4075/05
Datum:
09.12.2008
Gericht:
Oberverwaltungsgericht NRW
Spruchkörper:
6. Senat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
6 A 4075/05
Vorinstanz:
Verwaltungsgericht Düsseldorf, 2 K 1083/05
Tenor:
Der Antrag wird abgelehnt.
Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf die Streitwertstufe
bis 30.000,00 Euro festgesetzt.
G r ü n d e :
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Der Antrag hat keinen Erfolg.
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Es bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils
(Zulassungsgrund gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
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Aus den im Zulassungsantrag dargelegten Gründen, die der Senat allein zu prüfen hat,
ergibt sich nicht, dass der Klägerin der behauptete Anspruch auf Beförderung in die
Besoldungsgruppe A 14 BBesO zusteht.
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Vorliegend steht allein eine Beförderung im Schuljahr 2004/2005 in Streit. Nur eine
solche war Gegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens. Streitgegenstand bei einer
Verpflichtungsklage ist die Rechtsbehauptung des Klägers, einen Anspruch auf Erlass
des Verwaltungsakts zu haben, den zu erlassen die Behörde zu Unrecht abgelehnt
habe. Die mit dem Bescheid der Bezirksregierung E. vom 28. Dezember 2004 in der
Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Februar 2005 getroffene Regelung
bezieht sich ausschließlich auf das Schuljahr 2004/2005. Der Widerspruchsbescheid
stellt klar, dass diese Regelung einer späteren Beförderung der Klägerin in die
Besoldungsgruppe A 14 BBesO nicht entgegensteht. Über eine Beförderung im
Schuljahr 2005/2006 hatte die Bezirksregierung auch im Zeitpunkt des erstinstanzlichen
Urteils noch nicht entschieden und konnte dies auch nicht. Die hierfür gemäß Nr. 1.2
Abs. 2 und 3 der Vorbemerkungen der Anlage 1 zum Landesbesoldungsgesetz -
Landesbesoldungsordnungen - maßgeblichen Ergebnisse der amtlichen Schulstatistik,
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die auf den in jedem Jahr zum Stichtag 15. Oktober erhobenen Schuldaten beruhen,
lagen nicht vor.
Für das Schuljahr 2004/2005 kann die Klägerin keine Beförderung beanspruchen. Es
spricht schon viel dafür, dass einem Anspruch bereits das Verbot rückwirkender
Statusänderung entgegensteht, denn die Beförderung in eine höhere
Besoldungsgruppe unter Beibehaltung der Amtsbezeichnung berührt den Status des
Beamtenverhältnisses.
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Vgl. Plog/Wiedow/Lemhöfer/Bayer, Kommentar zum Bundesbeamtengesetz, Stand
November 2008, § 19 BBesG Rdnr. 6.
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Dies bedarf aber keiner Vertiefung, denn unabhängig hiervon fehlt es für das
Klagebegehren an einer Anspruchsgrundlage.
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Richtet sich die Besoldungsgruppe wie hier nach der Schülerzahl einer Schule, kann
dem Beamten ein Anspruch auf Beförderung zustehen, wenn der in der
Besoldungsordnung bestimmte Schwellenwert mit einer gewissen Nachhaltigkeit
überschritten wird. Ob ein solcher Anspruch aus dem Gebot der funktionsgerechten
Besoldung gemäß den §§ 18 und 20 BBesG,
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vgl. Plog/Wiedow/Lemhöfer/Bayer, a.a.O., § 20 BBesG Erl. 1 und 2,
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oder aus der Fürsorgepflicht des Dienstherrn,
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vgl. Nds. OVG, Urteil vom 26. Februar 1991 - 2 A 37/86 -, ZBR 1992, 213,
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herzuleiten ist, kann offen bleiben, weil jedenfalls die Anspruchsvoraussetzungen nicht
erfüllt sind.
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Der Schwellenwert wurde im streitbetroffenen Schuljahr nicht überschritten. Mit dem
Zulassungsvorbringen ist nicht dargelegt, dass die Schülerzahl an der F. schule in L. -M.
in dem Schuljahr 2004/2005 entgegen der Annahme in dem angefochtenen Urteil
mindestens 361 betrug. Der Einwand der Klägerin, das Gericht habe die Entwicklung
der Schülerzahlen beobachten und den Durchschnittswert des Schuljahres bilden
müssen, ist angesichts der Maßgeblichkeit der amtlichen Schulstatistik unzutreffend.
Hiervon unabhängig hat die Klägerin auch nicht dargetan, dass die durchschnittliche
Schülerzahl im Schuljahr 2004/2005 über dem Schwellenwert von 360 lag. Der
Schulentwicklungsplan der Stadt L. -M. gibt hierfür nichts her, weil er die Schülerzahl
lediglich prognostiziert. Dass diese Prognose im Schuljahr 2004/2005 unterschritten
wurde, bestreitet die Klägerin nicht.
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Ob die Schülerzahl im Schuljahr 2005/2006 den Schwellenwert überschritten hat, ist
unerheblich. Bei der Entscheidung über die Beförderung der Klägerin in die
Besoldungsgruppe A 14 BBesO im Schuljahr 2004/2005 wäre die spätere Entwicklung
der Schülerzahlen nur im Rahmen von § 3 Abs. 2 LBesG zu berücksichtigen gewesen.
Diese Vorschrift schließt es aus, statusberührende Maßnahmen aufgrund von
Änderungen der Schülerzahl vorzunehmen, die absehbar nicht länger als für die Dauer
eines Schuljahres Bestand haben werden. Sie konkretisiert damit das Erfordernis einer
gewissen Nachhaltigkeit der Überschreitung des Schwellenwertes. Fehlt es wie hier im
streitbetroffenen Schuljahr schon an einer Überschreitung, kommt es auf die
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Entwicklung der Schülerzahl in dem folgenden Schuljahr nicht an.
Die Rechtssache weist keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen
Schwierigkeiten auf (Zulassungsgrund gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO).
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Dies wäre anzunehmen, wenn die Angriffe der Klägerin gegen die
Tatsachenfeststellungen oder die rechtlichen Würdigungen, auf denen das
angefochtene Urteil beruht, begründeten Anlass zu Zweifeln an der Richtigkeit der
erstinstanzlichen Entscheidung gäben, die sich nicht ohne weiteres im
Zulassungsverfahren klären ließen, sondern die Durchführung eines
Berufungsverfahrens erfordern würden.
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Dies ist hier nicht der Fall. Die Klägerin benennt - wie oben ausgeführt - keine
durchgreifenden Gründe für die Unrichtigkeit des Urteils.
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Die Berufung ist schließlich nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache
zuzulassen (Zulassungsgrund gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).
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Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine im Berufungsverfahren
klärungsbedürftige und für die Entscheidung dieses Verfahrens erhebliche Rechts- oder
Tatsachenfrage aufwirft, deren Beantwortung über den konkreten Fall hinaus
wesentliche Bedeutung für die einheitliche Anwendung oder Weiterentwicklung des
Rechts hat. Dabei ist zur Darlegung dieses Zulassungsgrundes die Frage
auszuformulieren und substantiiert auszuführen, warum sie für entscheidungserheblich
gehalten und aus welchen Gründen ihr Bedeutung über den Einzelfall hinaus
zugemessen wird.
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Die Klägerin hat mit dem Vortrag, es sei zu klären,
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„wie es sich verhält, wenn Schülerzahlen schwanken und mal unter magische Zahlen
wie 360 oder 380 sinken",
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„ob ein einmaliges Unterschreiten eines Schwellenwertes eine Herabstufung der
Stellenbewertung rechtfertigt",
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„ob punktuell auf einen Tag abgehoben werden kann oder ob ein Durchschnittswert
eines Schuljahres gebildet werden muss",
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„in welchem Umfang ein Unterschreiten des Schwellenwertes bedeutsam ist",
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und
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„ ab wann von Erheblichkeit auszugehen ist",
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schon keine hinreichend konkreten, einer Klärung im Berufungsverfahren zugänglichen
Rechtsfragen aufgeworfen. Unabhängig davon hat sie nicht aufgezeigt, weshalb die
aufgeworfenen Fragen für klärungsbedürftig und entscheidungserheblich gehalten
werden und aus welchen Gründen ihnen Bedeutung über den Einzelfall hinaus
zukommen soll.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
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Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 40, 47 Abs. 1 und 3 sowie auf § 52 Abs. 5
Satz 2 GKG in entsprechender Anwendung. Das Interesse an der Zuordnung eines
Amtes zu einer höheren Besoldungsgruppe entspricht dem Interesse an der Verleihung
eines anderen Amtes.
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Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des
Zulassungsantrags wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4
VwGO).
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