Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 13.02.2002

OVG NRW: politische verfolgung, religionsgemeinschaft, auskunft, wahrscheinlichkeit, abfall, islam, zugehörigkeit, unterlassen, erbe, christentum

Oberverwaltungsgericht NRW, 5 A 4412/01.A
Datum:
13.02.2002
Gericht:
Oberverwaltungsgericht NRW
Spruchkörper:
5. Senat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
5 A 4412/01.A
Vorinstanz:
Verwaltungsgericht Arnsberg, 12 K 3050/01.A
Tenor:
Der Antrag der Kläger auf Zulassung der Berufung gegen das auf Grund
der mündlichen Verhandlung vom 12. Oktober 2001 ergangene Urteil
des Verwaltungsgerichts Arnsberg wird zurückgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Antragsverfahrens, für das
Gerichtskosten nicht erhoben werden.
G r ü n d e :
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Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
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Der Rechtssache kommt die allein geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung (§ 78
Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG) nicht zu. In der Rechtsprechung des beschließenden Gerichts ist
geklärt, dass eine politische Verfolgung von moslemischen Asylsuchenden, die zum
christlichen Glauben übergetreten sind, grundsätzlich nur dann mit beachtlicher
Wahrscheinlichkeit in Betracht kommt, wenn die konvertierten Asylsuchenden über den
verfassungsrechtlich geschützten Bereich des religiösen Existenzminimums hinaus eine
missionarische Tätigkeit in herausgehobener Position entfalten, die nach außen
erkennbar und mit Erfolg ausgeübt wird.
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Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 29. Mai 1996 - 9 A 4428/95.A -, 22. August 1997 - 9 A
3289/97.A -, 3. August 1998 - 9 A 1496/98.A -, 11. März 1999 - 9 A 716/99.A -, 9.
Dezember 1999 - 9 A 2161/99.A -, 30. Juni 2000 - 6 A 3170/00.A -, 23. Oktober 2000 - 6
A 4899/00.A -, 6. August 2001 - 6 A 3082/01.A -, 5. September 2001 - 6 A 3293/01.A -,
14. September 2001 - 6 A 4823/00.A -, 15. Oktober 2001 - 6 A 3955/01.A - und 19.
November 2001 - 6 A 4276/01.A -; vgl. auch Nds. OVG, Urteil vom 26. Oktober 1999 - 5
L 3180/99 - .
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Diese Grundsätze gelten, wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, auf der
Grundlage der in dem angefochtenen Urteil zitierten Erkenntnisse (Lageberichte des
Auswärtigen Amtes vom 16. Mai 2000 und vom 18. April 2001, Auskünfte des
Deutschen Orientinstituts - DOI - vom 15. und 21. September 2000 an VG Koblenz) in
gleicher Weise für die Angehörigen der Religionsgemeinschaft der Zoroastrier, zumal
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diese vorislamische Religion, anders als etwa das Christentum, als nationales Erbe
Irans angesehen wird und die äußeren Erscheinungsformen der Religion, wie die
weißen Gewänder der Priester, das Feuer, das in den Tempeln der Zoroastrier brennt,
sowie die alt-persischen Gebete in der Sprache der Awesta, einer breiten Öffentlichkeit
z.B. durch Fernsehübertragungen zugänglich gemacht werden.
Vgl. DOI, Auskunft vom 15. Januar 2001 an VG Gelsenkirchen.
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Die von den Klägern beigebrachte Stellungnahme des Dr. Haeri gibt keinen Anlass zu
einer Überprüfung der Rechtsprechung. Die Stellungnahme benennt keinen einzigen
Referenzfall aus der iranischen Lebenswirklichkeit dafür, dass allein der Abfall vom
Islam mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit zu einer unmittelbaren oder mittelbaren
politischen Verfolgung geführt hat.
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Soweit die Kläger auf ihre missionierende Tätigkeit in der Bundesrepublik Deutschland
verwiesen haben, ist diese, wie das Verwaltungsgericht festgestellt hat, nicht Ausdruck
einer aus der Zugehörigkeit zu der Religionsgemeinschaft der Zoroastrier folgenden
unbedingten religiösen Verpflichtung. Die Religionsgemeinschaft der Zoroastrier im Iran
steht vielmehr der Aufnahme von Moslems aus Gründen des Selbsterhalts deutlich
ablehnend gegenüber.
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Vgl. DOI, Auskunft vom 15. September 2000 an VG Koblenz.
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Zudem beschränkt sich die Missionierung der Kläger im Wesentlichen auf Gespräche
über den Glauben. Sie gehört mithin nicht zu dem verfassungsrechtlich geschützten
Kernbereich des religiösen Existenzminimums, sodass den Klägern angesonnen
werden kann, derartige Gespräche im Iran zu unterlassen.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 83b Abs. 1 AsylVfG.
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Dieser Beschluss ist gemäß § 80 AsylVfG unanfechtbar.
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