Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 18.05.2009

OVG NRW: hochschule, vergabeverfahren, chancengleichheit, verordnung, glaubhaftmachung, datum, unterliegen

Oberverwaltungsgericht NRW, 13 C 22/09
Datum:
18.05.2009
Gericht:
Oberverwaltungsgericht NRW
Spruchkörper:
13. Senat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
13 C 22/09
Vorinstanz:
Verwaltungsgericht Köln, 6 Nc 274/08
Tenor:
Die im Rubrum aufgeführten Verfahren werden zur gemeinsamen
Entscheidung verbunden.
Die Beschwerden der Antragsteller gegen die Beschlüsse des
Verwaltungsgerichts Köln vom 22. Januar 2009 werden auf Kosten der
jeweiligen Antragsteller zurückgewiesen.
Der Streitwert wird für die Beschwerdeverfahren auf jeweils 5.000,--
Euro festgesetzt.
G r ü n d e :
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Der Senat kann über die entscheidungsreifen Beschwerden entscheiden. Er muss nicht
den Eingang weiterer Stellungnahmen der Beteiligten abwarten.
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Die zulässigen Beschwerden, über die der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO - im
Grundsatz - nur im Rahmen der fristgerechten Darlegungen
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- vgl. BVerfG, Beschluss vom 3. März 2004 - 1 BvR 461/03 -, BVerfGE 110, 77 = NJW
2004, 2510, 2511; Bay. VGH, Beschluss vom 16. Januar 2003 - 1 CS 02.1922 - , NVwZ
2003, 632 -
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der Antragsteller befindet, sind unbegründet. Die angefochtenen Beschlüsse des
Verwaltungsgerichts sind bei Zugrundelegung dieses Prüfungsumfangs nicht zu
beanstanden.
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Das Vorbringen der Antragsteller zu dem von der RFWU C. durchgeführten
Losverfahren verhilft den Beschwerden nicht zum Erfolg. Die Antragsteller bemängeln,
dass nicht nur die Studienbewerber im gerichtlichen Eilverfahren an dem Losverfahren
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zur Verteilung der zusätzlich festgestellten 5 Studienplätze beteiligt worden seien,
sondern alle Studienplatzbewerber, die bis zum 5. Oktober 2008 bei der Hochschule die
Zulassung beantragt hätten.
Weder die Vergabe von Studienplätzen an Bewerber, die nur bei der Hochschule und
nicht auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren die Zulassung beantragt hatten, noch
das von der Hochschule gewählte Verfahren der Vergabe weiterer Studienplätze
unterliegen durchgreifenden rechtlichen Zweifeln
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Die Hochschule war nach § 10 Abs. 8 der Vergabeverordnung (VergabeVO) vom 15.
Mai 2008 (GVBl. NRW S. 386) in entsprechender Anwendung verpflichtet,
Studienplätze, die nach Abschluss der Nachrückverfahren "noch verfügbar sind oder
wieder verfügbar werden", im Losverfahren zu vergeben, da die Kapazität durch das
Vergabeverfahren der ZVS nicht ausgeschöpft wurde.
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Vgl. auch OVG NRW, Beschluss vom 25. April 2007 - 13 C 113/07 -.
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Mit dem Verwaltungsgericht geht der Senat daher davon aus, dass es sich bei den
festgestellten zusätzlichen Studienplätzen um solche innerhalb der Kapazität handelt.
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Die Studienplätze waren an Bewerber zu vergeben, die bei der Hochschule die
Zulassung beantragt haben (vgl. § 10 Abs. 8 Satz 1 VergabeVO). Dass einige Bewerber
zudem ein gerichtliches Eilverfahren mit dem Ziel der vorläufigen Zulassung zum
Studium eingeleitet hatten, steht der praktizierten Vergabe daher nicht entgegen. Das
von den Antragstellern bemühte sog. Entdeckerprinzip (vgl. § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO),
nach dem vom Gericht jeweils "aufgedeckte" freie Studienplätze nur an diejenigen
Antragsteller zu vergeben seien, die durch entsprechenden Sachvortrag im Rahmen der
Glaubhaftmachung des Anordnungsgrundes zu ihrer "Entdeckung" beigetragen haben,
führt deshalb hier nicht weiter.
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Zum Losverfahren nach § 26 Abs. 2 i. V. m § 10 Abs. 8 VergabeVO vgl. auch OVG
NRW, Beschluss vom 16. März 2009 - 13 C 1/09 -, juris.
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Das von der Hochschule gewählte Verlosungsverfahren begegnet gleichfalls keinen
rechtlichen Bedenken. Die Kapazität war durch das Vergabeverfahren der ZVS nicht
ausgeschöpft worden. Die Einführung des Studiengangs "Neurosciences" zum WS
2008/09 erfolgte entgegen der Planung der RFWU C. nicht, so dass der im Studiengang
Humanmedizin vorgesehene Dienstleistungsexport nicht in Anspruch zu nehmen war.
Als Folge ergab sich eine neue Kapazitätsgrenze der Zulassungszahlen, die zunächst
durch Verordnung vom 30. Juni 2008 (GVBl. NRW 2008, S. 492) auf 272 Studienplätze
festgesetzt worden waren. Nunmehr gab es gemäß der Mitteilung des MIWFT vom 19.
November 2008 eine Kapazität von 277 Studienplätzen. Sonach waren weitere 5 Plätze
zu verteilen.
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Eine Verteilung ausschließlich an Bewerber, die mit Hilfe eines gerichtlichen
Eilverfahrens die Zulassung zum Studium der Humanmedizin begehren, begegnet
andererseits verfassungsrechtlichen Bedenken, weil dies der gleichmäßigen Verteilung
aller freien Studienplätze unter Anwendung einheitlicher Auswahlkriterien
widersprechen könnte, die angesichts der Chancengleichheit der Bewerber
verfassungsrechtlich geboten ist.
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Vgl. BVerfG, 2. Kammer des Ersten Senats, Beschluss vom 29. September 2008 - 1 BvR
1464/07 -, juris.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
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Der Streitwert wird für die Beschwerdeverfahren entsprechend der geänderten
Rechtsprechung des Senats in Verfahren nach § 123 VwGO auf vorläufige Zulassung
zum Studium auf 5.000,-- Euro festgesetzt (§ 47 Abs. 1, § 53 Abs. 3 Nr. 1, § 52 Abs. 1, 2
GKG).
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Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 3. März 2009 - 13 C 264/08 u. a. - und vom 16. März
2009 - 13 C 1/09 -, jeweils juris.
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Von einer Änderung des Streitwerts für die erstinstanzlichen Verfahren hat der Senat vor
dem Hintergrund seiner bisherigen langjährigen Rechtsprechung abgesehen.
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Dieser Beschluss ist unanfechtbar.
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