Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 16.03.2004

OVG NRW: duldung, abschiebung, unmöglichkeit, lebensgemeinschaft, ausländer, eltern, datum, aufenthalt

Oberverwaltungsgericht NRW, 18 B 555/04
Datum:
16.03.2004
Gericht:
Oberverwaltungsgericht NRW
Spruchkörper:
18. Senat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
18 B 555/04
Vorinstanz:
Verwaltungsgericht Düsseldorf, 8 L 579/04
Tenor:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 2.000,-- EUR
festgesetzt.
G r ü n d e :
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Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat den von den
Antragstellern begehrten Abschiebungsschutz mit zutreffenden Gründen, die durch das
vom Senat nur zu prüfende Beschwerdevorbringen (vgl. § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO)
nicht entkräftet werden, abgelehnt.
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Die Beschwerde richtet sich allein gegen die Feststellung des Verwaltungsgerichts,
wonach der Wunsch der Antragsteller, weiter die ihnen von ihrem/ihren in Deutschland
lebenden Sohn/Söhnen geleistete Lebenshilfe in Anspruch nehmen zu können, nicht
auf einen Duldungsgrund führe. Die Antragsteller haben mit ihren diesbezüglichen
Darlegungen indes (weiterhin) einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht. Es
ist nach wie vor nicht ersichtlich, dass die Antragsteller wegen ihrer engen familiären
Bindungen zu ihren in Deutschland lebenden Söhnen Abschiebungsschutz
beanspruchen könnten.
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Als Anspruchsgrundlage kommt insoweit allein § 55 Abs. 4 Satz 1 AuslG wegen einer
rechtlichen Unmöglichkeit der Abschiebung in Betracht. Die rechtliche Unmöglichkeit
kann sich hier nur aus übergeordnetem Recht ergeben. Dabei gilt es zwar zu beachten,
dass den Schutzgewährungen des Art. 6 Abs. 1 GG in Anbetracht der familiären
Bindungen zwischen den Antragstellern und ihren Söhnen erhebliches Gewicht
zukommen. Es entspricht aber der in den §§ 17 ff. AuslG zum Ausdruck kommenden
gesetzlichen Wertung, dass den Eltern von Ausländern der Zuzug zum Zwecke der
Familienzusammenführung grundsätzlich nicht ermöglicht wird.
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Vgl. die Senatsbeschlüsse vom 2. März 2001 - 18 B 1657/00 - und vom 8. Mai 2003 - 18
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B 542/02 - .
Diese für die Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung aufgestellten Voraussetzungen
sind bereits im Rahmen des Abschiebungsschutzes zu berücksichtigen (und damit
entgegen der Auffassung der Antragsteller auch zu Recht vom Verwaltungsgericht
herangezogen worden), weil die Antragsteller letztlich einen Daueraufenthalt in
Deutschland erstreben, ein solcher aber nicht im Wege einer Duldung nach § 55 AuslG
ermöglicht werden kann.
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Vgl. BVerwG, Urteil vom 7. September 1999 - 1 C 6.99 -, InfAuslR 2000, 16 = DVBl.
2000, 417 = NVwZ 2000, 204 sowie den Senatsbeschluss vom 8. Mai 2003 a. a. O. mit
weiteren Nachweisen.
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Von dem Vorstehenden ausgehend erweist sich die Abschiebung der Antragsteller nicht
als rechtlich unmöglich. Auf der Grundlage der Rechtsprechung des
Bundesverfassungsgerichts zu den ausländerrechtlichen Schutzwirkungen, die Art. 6
GG in solchen Fällen entfaltet, in denen der einen (weiteren) Aufenthalt begehrende
Ausländer familiäre Bindungen an berechtigterweise in Deutschland lebende Personen
- namentlich wie hier ein Angewiesensein auf die Lebenshilfe des anderen
Familienmitgliedes - geltend macht,
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vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 14. Dezember1989 - 2 BvR 377/88 -, NJW 1990, 895 =
InfAuslR 1990, 74 = FamRZ 1990, 363, vom 31. August 1999 - 2 BvR 1523/99 -, NVwZ
2000, 59 = InfAuslR 2000, 67 = FamRZ 1999, 1577 und vom 30. Januar 2002 - 2 BvR
231/00 -, NVwZ 2002, 849 = DVBl. 2002, 693 = InfAuslR 2002, 171 = FamRZ 2002, 601,
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und der dabei gebotenen Betrachtung des Einzelfalles
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Vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 31. August 1999 und vom 30. Januar 2002, jeweils a.a.O.
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ist nämlich - in Übereinstimmung mit den Ausführungen des Verwaltungsgerichts -
festzustellen, dass es vorliegend nicht allein um die Zurückdrängung
einwanderungspolitischer Belange zugunsten des Familienschutzes geht, sondern dass
vielmehr der Umstand, dass den Antragstellern eine gesicherte wirtschaftliche Existenz
fehlt, ein gewichtiges öffentliches, gegen die Duldung der familiären
Lebensgemeinschaft in Deutschland sprechendes Interesse darstellt, welches einen
Duldungsanspruch der Antragsteller ausschließt.
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Vgl. hierzu die Senatsbeschlüsse vom 8. Dezember 2003 - 18 B 2337/02 - und vom 19.
Februar 2004 - 18 522/03 -.
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Abschließend merkt der Senat an, dass es den Antragstellern unbenommen bleibt, beim
Verwaltungsgericht einen erneuten Antrag auf Abschiebungsschutz zu stellen, wenn sie
dabei in geeigneter Weise glaubhaft machen, dass ihr Lebensunterhalt einschließlich
ausreichenden Krankenversicherungsschutzes in der in § 17 Abs. 2 Nr. 3 zweiter
Halbsatz AuslG beschriebenen Weise gesichert ist.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des
Streitwertes beruht auf § 14 Abs. 1 iVm §§ 20 Abs. 3, 13 Abs. 1 GKG.
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Dieser Beschluss ist gemäß § 152 Abs. 1 VwGO, § 25 Abs. 3 Satz 2 GKG unanfechtbar.
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