Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 23.11.2010

OVG NRW (arbeitszeit, umfang, zeitpunkt, pflichtstundenzahl, medikamentöse behandlung, pflichtstunden, lehrer, klage auf zahlung, gutachten, verordnung)

Oberverwaltungsgericht NRW, 6 A 2270/07
Datum:
23.11.2010
Gericht:
Oberverwaltungsgericht NRW
Spruchkörper:
6. Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
6 A 2270/07
Schlagworte:
Lehrer Begrenzte Dienstfähigkeit Teildienstfähigkeit Dienstunfähigkeit
Amtsarzt Arbeitszeit Pflichtstunden Ermäßigungsstunden
Schwerbehinderung Teilstatus
Leitsätze:
Maßgeblicher Zeitpunkt für die gerichtliche Überprüfung eines
Bescheides, mit dem gemäß § 46 LBG NRW a.F. die Arbeitszeit wegen
begrenzter Dienstfähigkeit herabgesetzt worden ist, ist der Erlass der
letzten Verwaltungsentscheidung.
Der Umfang der begrenzten Dienstfähigkeit bestimmt sich bei Lehrern im
öffentlichen Schuldienst ausgehend von der wöchentlichen
Pflichtstundenzahl (§ 2 der Verordnung zur Ausführung des § 93 Abs. 2
SchulG); dabei sind generelle Ermäßigungen wegen Alters oder
Schwerbehinderung zu berücksichtigen.
Das Rechtsinstitut der begrenzten Dienstfähigkeit ist mit höherrangigem
Recht vereinbar.
Tenor:
Das angefochtene Urteil wird geändert.
Der Bescheid der Bezirksregierung E. vom 27. Juni 2006 in der Gestalt
des Wider-spruchsbescheides vom 8. August 2006 wird aufgehoben,
soweit darin eine 88 % unterschrei-tende begrenzte Dienstfähigkeit
festgestellt wird und soweit von der auf 22 Unterrichtsstunden
herabgesetzten wöchentlichen Pflichtstundenzahl noch
Er¬mäßigungsstunden wegen Alters und Schwerbe¬hinderung in Abzug
ge¬bracht werden sollen.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens tragen die Klägerin und das beklagte Land je
zur Hälfte.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige
Vollstreckungsgläubi¬ger darf die Vollstreckung durch
Sicherheitsleis¬tung oder Hinterlegung in Höhe von 110 v.H. des
beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige
Vollstreckungsschuldner vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von
110 v.H. des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
1
Die am 15. Dezember 1949 geborene, mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 50
schwerbehinderte Klägerin steht als Lehrerin im Dienst des beklagten Landes. Sie ist an
der Gemeinschaftsgrundschule S. -N. tätig. Bis zum Ende des Schuljahres
2002/2003 war sie teilzeitbeschäftigt, zuletzt mit einer Arbeitszeit von 21
Wochenstunden.
2
Mit Schreiben vom 9. und 12. Dezember 2002 teilte die Klägerin dem Schulamt mit, sie
sei an einer Verlängerung ihrer Teilzeitbeschäftigung nicht interessiert und werde zum
Schuljahr 2003/2004 ihren Dienst wieder mit voller Stundenzahl aufnehmen. Daraufhin
verfügte die Bezirksregierung E. , die Teilzeitbeschäftigung ende am 14.
September 2003. In einer Dienstbesprechung mit dem Schulleiter am 2. Juli 2003
äußerte die Klägerin, sie sehe sich psychisch nicht in der Lage, die volle Stundenzahl
zu erteilen und bat ihn, beim Schulamt für sie eine Teilzeitbeschäftigung im Umfang von
22 Stunden zu beantragen. Nach Weiterleitung an die Bezirksregierung E.
bewilligte diese unter dem 25. August 2003 eine entsprechende Teilzeitbeschäftigung.
Dieses Schreiben ist der Klägerin nach ihren Angaben nicht zugegangen. Unter dem
23. Oktober 2003 beantragte die Klägerin unter Hinweis auf ihre Vollzeitbeschäftigung
die Auszahlung der vollen Bezüge. Nach einem sich anschließenden Rechtsstreit hob
die Bezirksregierung ihre Verfügung vom 25. August 2003 auf und stellte fest, dass die
Klägerin sich ab dem 14. September 2003 in einer Vollzeitbeschäftigung befunden
habe.
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Vom 27. Juli 2003 bis 4. Oktober 2003 wurde die Klägerin stationär psychotherapeutisch
behandelt. Am 17. Oktober 2003 nahm sie ihren Dienst in der Schule wieder auf. Die
Arbeitszeit wurde zur Wiedereingliederung nach ärztlichem Attest des Dr. G. vom 14.
Oktober 2003 in der Zeit vom 18. Oktober 2003 bis 6. Januar 2004 auf 14
Unterrichtsstunden wöchentlich und in der Zeit vom 7. bis 31. Januar 2004 auf 20
Unterrichtsstunden wöchentlich ermäßigt. Vom 10. bis 21. November 2003 und seit dem
8. Januar 2004 war die Klägerin dienstunfähig erkrankt. Vom 22. Januar bis 31. März
2004 wurde sie stationär behandelt. Zur Wiedereingliederung ermäßigte das Schulamt
für den Kreis X. ihre Pflichtstundenzahl vom 3. Mai 2004 an zunächst auf 11, dann auf
15 Unterrichtsstunden wöchentlich. In einem Gutachten vom 27. September 2004 stellte
die Amtsärztin beim Kreis X. Dr. L. -U. fest, die Klägerin leide unter einer
manisch-depressiven Erkrankung; derzeit habe sie ein erkrankungsfreies Intervall unter
antidepressiver Medikation, sei aber schneller erschöpft als früher. Aus ärztlicher Sicht
solle die reduzierte Stundenzahl von 15 Unterrichtsstunden zunächst beibehalten
werden. Sie sei nicht dauernd dienstunfähig; es werde Teildienstfähigkeit mit 15
Unterrichtsstunden pro Woche empfohlen. Mit Schreiben vom 5. Oktober 2004 hörte die
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Bezirksregierung E. die Klägerin zur beabsichtigten Feststellung der begrenzten
Dienstunfähigkeit im Umfang von 53 % (15 von 28 Unterrichtsstunden) an. Auf ein
Schreiben der Klägerin vom 4. November 2004 setzte die Bezirksregierung E. die
Entscheidung über die Teildienstfähigkeit bis zum Abschluss der laufenden
Wiedereingliederungsmaßnahme am 23. Dezember 2004 aus. Nach den
Weihnachtsferien setzte die Klägerin aufgrund eines Attestes der behandelnden Ärztin
U1. vom 4. Januar 2005, die die volle Dienstfähigkeit nach einer weiteren
Wiedereingliederung in Aussicht stellte, die Wiedereingliederung fort; der Empfehlung
des Amtsarztes folgend legte das Schulamt X. den Umfang auf 15 Stunden fest.
Nach amtsärztlicher Untersuchung stellte die Ärztin für Psychotherapie und Psychiatrie
Dr. N1. in ihrem amtsärztlichen Gutachten vom 11. April 2005 fest, unter der
Medikation und einer ambulanten psychotherapeutischen Betreuung habe sich der
Zustand der Klägerin deutlich stabilisiert. Mit der Wiederherstellung der Dienstfähigkeit
innerhalb der nächsten sechs Monate sei zu rechnen. Es werde eine erneute Erhöhung
der Unterrichtsstundenzahl vorgeschlagen; nach den Sommerferien könne die Beamtin
dann voraussichtlich mit voller Stundenzahl eingesetzt werden. Die Bezirksregierung
erklärte sich mit dem Vorschlag der Klägerin einverstanden, dass sie vom 16. Mai 2005
an zunächst 19 und dann 23 Stunden pro Woche eingesetzt werde. Sollte sie erneut
erkranken oder die volle Dienstfähigkeit am 16. November 2005 nicht erreichen, werde
der Amtsarzt unverzüglich zu einer endgültigen Stellungnahme bezüglich dauernder
Dienstunfähigkeit bzw. Feststellung der dauernden Teildienstfähigkeit aufgefordert.
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Nach Meinungsverschiedenheiten zwischen den Beteiligten über die Dauer und den
Umfang der Wiedereingliederung nach den Sommerferien 2005 ordnete die
Bezirksregierung E. am 25. Juli 2005 erneut eine amtsärztliche Untersuchung an.
Durch amtsärztliches Gutachten vom 7. September 2005 der Ärztin Dr. N1. wurde
festgestellt, im Vergleich zur Voruntersuchung habe sich keine wesentliche
Veränderung ergeben. Es werde dem vorliegenden Plan der behandelnden Ärztin
zugestimmt, wonach ab dem 19. September 2005 die Stundenzahl auf 23 Stunden und
zum 1. Januar 2006 auf die volle Stundenzahl erhöht werde.
6
Unter dem 19. Dezember 2005 übersandte die Klägerin ein Attest ihrer behandelnden
Ärztin U1. vom gleichen Tage, wonach sie im Rahmen einer verlängerten beruflichen
Wiedereingliederungsphase aus psychiatrischer Sicht die Grenze ihrer Belastbarkeit
erreicht habe. Um die Dienstfähigkeit auf Dauer nicht zu gefährden, werde empfohlen,
die Unterrichtsstundenzahl von derzeit 22 Stunden pro Woche nicht weiter zu erhöhen.
Nach einem weiteren amtsärztlichen Gutachten der Frau Dr. N1. vom 9. Januar 2006
haben sich im Vergleich zur Voruntersuchung keine wesentlichen Veränderungen
ergeben. Auch wenn sich die Beamtin in einem erkrankungsfreien Intervall befinde, sei
die Leistungsfähigkeit sowohl durch die Erkrankung selbst als auch durch die
regelmäßige medikamentöse Behandlung eingeschränkt. Nach mehrfachen
Wiedereingliederungsversuchen habe eine volle Leistungsfähigkeit nicht mehr erreicht
werden können, so dass zum jetzigen Zeitpunkt eine Teildienstfähigkeit von 22
Unterrichtsstunden nicht überschritten werden könne.
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Mit Schreiben vom 16. März 2006 hörte die Bezirksregierung N2. die Klägerin zur
beabsichtigten Feststellung der Teildienstfähigkeit im Umfang von 78,57 % (22 von 28
Unterrichtsstunden) an. Daraufhin erhob die Klägerin mit Schreiben vom 3. Mai 2006
Einwendungen und wies ferner darauf hin, dass sie beim Versorgungsamt E1.
(dortiges Zeichen 41S0117025-2-20) einen Antrag auf Anerkennung als
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Schwerbeschädigte gestellt habe.
Durch Bescheid vom 29. Mai 2006 erkannte das Versorgungsamt der Klägerin einen
GdB von 50 zu und gab damit ihren Einwendungen gegen den ursprünglichen Bescheid
vom 30. November 2005, der einen GdB von 30 festgesetzt hatte, teilweise statt.
Zugrundegelegt wurden folgende Beeinträchtigungen: Depressionen, degenerative
Wirbelsäulenveränderungen, Halswirbelsäulensyndrom, chronische Gastritis, Schulter-
Arm-Syndrom beidseits, Verschleiß der Daumengrundgelenke. Der mit Widerspruch
und Klage vor dem Sozialgericht angegriffene Bescheid ist noch nicht bestandskräftig.
9
Nach Zustimmung des Personalrats stellte die Bezirksregierung durch Bescheid vom
27. Juni 2006 fest, dass bei der Klägerin eine begrenzte Dienstfähigkeit im Umfang von
78,57 % vorliege. Diese beginne gem. § 50 Abs. 2 LBG NRW mit dem Ende des
Monats, in dem die Verfügung zugestellt worden sei. Ab diesem Zeitpunkt werde die zu
leistende Arbeitszeit auf 22 Unterrichtsstunden pro Woche herabgesetzt. Sie erhalte
mindestens ein Einkommen in der Höhe, als wenn sie zum maßgeblichen Zeitpunkt des
Beginns der begrenzten Dienstfähigkeit in den Ruhestand versetzt worden sei. Den
dagegen eingelegten Widerspruch wies die Bezirksregierung E. nach Beteiligung
der Schwerbehindertenvertretung durch Widerspruchsbescheid vom 8. August 2006
zurück. Nach dem amtsärztlichen Gutachten vom 9. Januar 2006 könne die Klägerin 22
Wochenstunden, also 78,57 % von 28 Wochenstunden, leisten. Das Gutachten gehe
nicht von einer wiederkehrenden vollen Dienstfähigkeit aus. Seit dem Jahr 2004 seien
drei erfolglose Wiedereingliederungsversuche wegen der gleichen Erkrankung
durchgeführt worden. Die Anwendung von Regelungen über Schwerbehinderte sei nicht
möglich, weil bisher keine Bescheinigung des zuständigen Versorgungsamtes vorliege.
Zudem werde eine Stundenermäßigung wegen Schwerbehinderung bei
Teildienstfähigkeit nicht auf die Regelarbeitszeit von 28 Wochenstunden, sondern auf
die nach Feststellung der Teildienstfähigkeit zu leistenden Stunden angerechnet. Das
Bundesverwaltungsgericht habe in seinem Urteil vom 28. April 2005 - 2 C 1.04 - die
Verfassungsmäßigkeit des Rechtsinstituts der begrenzten Dienstfähigkeit festgestellt.
10
Die Klägerin hat am 12. August 2006 Klage vor dem Verwaltungsgericht E.
erhoben. Das Verwaltungsgericht hat die im Wege der Klageerweiterung mit
Schriftsätzen vom 7. Dezember 2006 und 10. Mai 2007 erhobene Klage auf Zahlung
höherer Bezüge mit Beschluss vom 14. Mai 2007 abgetrennt (26 K 1994/07). Zur
Begründung ihrer Klage hat die Klägerin ausgeführt, eine Versetzung in die begrenzte
Dienstfähigkeit habe zu unterbleiben, wenn die schwerbehinderte Lehrkraft unter
Einbeziehung aller Ermäßigungstatbestände das vom Amtsarzt festgesetzte
Stundenmaß unterrichten könne. Nach den ärztlichen Gutachten dürfe und solle sie pro
Woche 22 Stunden tatsächlich in der Schule arbeiten; ihr zustehende
Ermäßigungsstunden seien bei den Sollstunden in Abzug zu bringen. Wegen des noch
laufenden schwerbehindertenrechtlichen Verfahrens sei der angefochtene Bescheid der
Bezirksregierung rechtswidrig. Zudem fehle es an der erforderlichen dauerhaften
begrenzten Dienstfähigkeit. Sie befinde sich in einer Phase der Rekonvaleszenz. Auch
die Amtsärztin halte es für möglich, dass die volle Dienstfähigkeit wieder hergestellt
werde. Es könne nicht durch eine gesetzliche Vorschrift die Wiedereingliederungsphase
für Beamte willkürlich auf einen Zeitraum von sechs Monaten begrenzt werden; für den
Erlass der Bestimmung gebe es auch keine Ermächtigungsgrundlage. Zudem sei § 46
LBG NRW wegen Verstoßes gegen Art. 33 und Art. 3 GG verfassungswidrig. Der
begrenzt dienstfähige Beamte stelle seine gesamte Leistungskraft in seinem Beruf dem
Staat zur Verfügung und habe deshalb auch einen Anspruch auf ein volles Gehalt. Es
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liege ferner eine Ungleichbehandlung gegenüber dem dienstunfähigen Beamten vor,
der krankheitsbedingt überhaupt nicht arbeite, aber ca. 70 % seines Gehalts bekomme.
Die Klägerin hat beantragt,
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den Bescheid der Bezirksregierung E. vom 27. Juni 2006 in der Gestalt
des Widerspruchsbescheides vom 8. August 2006 aufzuheben,
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hilfsweise,
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Beweis zu erheben durch Vernehmung der Zeuginnen Dr. U1. und Dr.
N1. , dass sie in ihren Attesten mit den dort genannten 22
Unterrichtsstunden gemeint haben, dass es sich dabei um diejenigen
Stunden handelt, die die Klägerin aus ärztlicher Sicht erbringen kann und
soll und dass die sogenannten Ermäßigungsstunden darin noch nicht
berücksichtigt sind und dass sie dann in ihren Attesten eine Arbeitszeit von
25 Wochenstunden geschrieben hätten, was dann nach Abzug der derzeit
anerkannten drei Ermäßigungsstunden eine tatsächliche Arbeitszeit von 22
Wochenstunden bedeuten würde.
15
Das beklagte Land hat beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Zur Begründung hat es Bezug genommen auf die Gründe des Widerspruchsbescheides
und ergänzend darauf hingewiesen, die Ärztinnen hätten im Dezember 2005 bzw.
Januar 2006 von der Schwerbehinderung der Klägerin noch gar nichts wissen können,
da der GdB von 50 erst durch Bescheid des Versorgungsamts E1. vom 29. Mai 2006
festgestellt worden sei.
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Das Verwaltungsgericht E. hat durch Urteil vom 12. Juni 2007 die Klage
abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Entscheidung des beklagten
Landes, bei der Klägerin eine begrenzte Dienstfähigkeit im Umfang von 22 von 28
Wochenstunden festzustellen, sei rechtlich nicht zu beanstanden. Die Voraussetzungen
des § 46 LBG NRW seien erfüllt. Aus § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 der Verordnung zur
Ausführung des § 93 Abs. 2 Schulgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen ergebe sich
für Lehrer an Grundschulen eine wöchentliche Pflichtstundenzahl von 28 Stunden. Aus
dem amtsärztlichen Gutachten der Dr. N1. vom 9. Januar 2006 und der ärztlichen
Stellungnahme der Frau U1. vom 19. Dezember 2005 ergebe sich für die Klägerin
eine wöchentliche Pflichtstundenzahl von 22 Wochenstunden, so dass das beklagte
Land zu Recht von einer Verringerung der Zahl der dienstrechtlich geschuldeten
wöchentlichen Pflichtstunden von 28 auf 22 Wochenstunden ausgegangen sei. Aus
diesem Grund sei auch der in der mündlichen Verhandlung gestellte Hilfsbeweisantrag
abzulehnen. Soweit er darauf gerichtet sei, dass die Ärztinnen mit den in ihren Attesten
genannten 22 Unterrichtsstunden gemeint hätten, die Klägerin könne diese Stunden aus
ärztlicher Sicht erbringen, und die Ermäßigungsstunden seien darin noch nicht
berücksichtigt, sei er abzulehnen, weil die unter Beweis gestellte Behauptung für die
Entscheidung unbeachtlich und damit ohne Bedeutung sei. Der Hilfsbeweisantrag,
"dass sie dann in ihren Attesten eine Arbeitszeit von 25 Wochenstunden geschrieben
hätten, was dann nach Abzug der derzeit anerkannten drei Ermäßigungsstunden eine
tatsächliche Arbeitszeit von 22 Wochenstunden bedeuten würde" sei abzulehnen, da er
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nicht auf eine Tatsachenfeststellung, sondern eine rechtliche Wertung gerichtet sei. Die
Ermäßigungsstunden wegen Alters und Schwerbehinderung seien nach der rechtlich
nicht zu beanstandenden Verwaltungspraxis, die sich aus den Verwaltungsvorschriften
ergebe, bei der Feststellung des Umfangs der Teildienstfähigkeit nicht zu
berücksichtigen. Gegenstand der amtsärztlichen Untersuchung sei allein die
Feststellung, in welchem Umfang ein Beamter seinen Dienstpflichten noch
nachkommen könne. Die Gewährung von Ermäßigungsstunden könne ein Arzt dabei
bereits deshalb nicht berücksichtigen, weil sich das Unterrichtsdeputat ändern könne.
Seine Berechnung sei Aufgabe der zuständigen Verwaltung. Die Schwerbehinderung
habe bereits deshalb von der Amtsärztin nicht berücksichtigt werden können, weil sie
erst nach der Erstellung des amtsärztlichen Gutachtens festgesetzt worden sei.
Bedenken hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit des Rechtsinstituts der begrenzten
Dienstfähigkeit bestünden nicht. Das Verwaltungsgericht verwies auf das Urteil des
Bundesverwaltungsgerichts vom 28. April 2005. Die gegen die Höhe der Besoldung
gerichteten Einwendungen blieben dem KIageverfahren 26 K 1994/07 vorbehalten.
Im Schuljahr 2006/2007 wurde die Klägerin im Umfang von 22 Wochenstunden
eingesetzt. Die ihr zustehenden Ermäßigungsstunden wegen Alters (eine) und
Schwerbehinderung (zwei) sollten nach einem Schreiben der Schulleiterin vom 26. Juli
2007 im Schuljahr 2007/2008 ausgeglichen werden. Den daraufhin gestellten Antrag
der Klägerin, den Antragsgegner im Wege einer einstweiligen Anordnung zu
verpflichten, sie einstweilen 22 Unterrichtsstunden pro Woche als Lehrerin arbeiten zu
lassen, lehnte das Verwaltungsgericht E. durch Beschluss vom 17. August 2007 2
L 1343/07 - ab. Es sei unter keinem denkbaren Gesichtspunkt erkennbar, worin das
rechtsschutzwürdige Interesse der Antragstellerin daran liegen solle, 22
Unterrichtsstunden pro Woche unterrichten zu können. Die dagegen eingelegte
Beschwerde wies das OVG NRW durch Beschluss vom 31. Oktober 2007 - 6 B 1358/07
- zurück.
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Die Klägerin hat am 20. Juli 2007 die Zulassung der Berufung gegen das ihr am 22. Juni
2007 zugestellte Urteil beantragt und diesen Antrag am 9. August 2007 begründet. Der
Senat hat durch Beschluss vom 9. August 2010 die Berufung zugelassen, die die
Klägerin am 2. September 2010 begründet hat. Nach einem ärztlichen Attest der
Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie L1. vom 29. Juni 2010 befindet sie sich
in laufender ambulanter Behandlung. Aus psychiatrischer Sicht sei die Grenze der
Belastbarkeit mit 22 Unterrichtsstunden pro Woche erreicht.
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Die Klägerin vertritt die Ansicht, eine Feststellung der begrenzten Dienstfähigkeit habe
zu unterbleiben, wenn unter Einbeziehung aller Ermäßigungstatbestände nach § 2 Abs.
2 und 3 Verordnung zu § 93 Abs. 2 SchulG der Lehrer das vom Amtsarzt festgesetzte
Stundenmaß unterrichten könne. Sei das Verfahren wegen der Schwerbehinderung wie
beantragt erfolgreich, könne sie danach ihr persönliches Unterrichtsdeputat von 22
Unterrichtsstunden unterrichten und damit weiterhin die volle Stelle behalten. Frau
U1. und Frau Dr. N1. gingen in ihren Attesten übereinstimmend von einem
möglichen persönlichen Unterrichtsdeputat von 22 Stunden aus. Gleichwohl habe die
Bezirksregierung die 22 Wochenstunden nicht als tatsächlich abzuleistende
Unterrichtsstunden aufgefasst, sondern als wöchentliche Pflichtstunden im Sinne von §
2 Abs. 1 Verordnung zu § 93 Abs. 2 SchulG. Behörde und Verwaltungsgericht hätten die
Begriffe "wöchentliche Pflichtstunden" und "Unterrichtsdeputat" (tatsächlich pro Woche
abgeleistete Unterrichtsstunden) verwechselt. Das Verwaltungsgericht habe daher auch
die Durchführung der beantragten Beweisaufnahme nicht ablehnen dürfen, die nicht auf
22
eine rechtliche Wertung durch die Zeuginnen, sondern auf Darstellung und Erläuterung
des Gesundheitszustandes und des Inhalts ihrer Atteste gerichtet gewesen seien. Die
Ärztinnen hätten dann auch ausgesagt, dass sie die 22 Unterrichtsstunden nicht nur
erbringen könne, sondern aus medizinischer Sicht auch erbringen solle, um sie
auszulasten. Die Verkürzung der tatsächlich zu erbringenden 22 Stunden gegen ihren
Willen auf 19 pro Woche sei keine rechtmäßige Folge der Anwendung von
Schutzvorschriften, sondern rechtswidrige Folge der Verwechslung von wöchentlichen
Pflichtstunden mit den tatsächlich erbrachten Unterrichtsstunden.
Das Verfahren beim Versorgungsamt sei präjudiziell; solange der Umfang der
Ermäßigungsstunden nicht rechtskräftig geklärt sei, könne über die Frage, ob und in
welchem Umfang eine Teildienstfähigkeit vorliege, nicht entschieden werden. Sie habe
die Bezirksregierung mit Schreiben vom 3. Mai 2006 von ihrem Antrag beim
Versorgungsamt und damit vor Erlass der streitgegenständlichen Bescheide in Kenntnis
gesetzt. Das Verwaltungsgericht habe diesen Sachverhalt übergangen. Da der
Teildienstfähigkeitsbescheid ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung sei, komme es
außerdem auf den Erkenntnisstand der Bezirksregierung im Zeitpunkt der letzten
mündlichen Verhandlung an.
23
Ferner rechtfertige nur eine dauernde begrenzte Dienstfähigkeit eine Statusänderung
nach § 46 LBG NRW, an der es hier fehle. Sie befinde sich in einer Phase der
Rekonvaleszenz. Es liege in der Natur des Genesungsprozesses dieser Krankheit, dass
die Gesundung allmählich über einen längeren Zeitraum stattfinde. Den behandelnden
Ärzten seien allerdings zeitliche Prognosen nicht möglich. Die Amtsärztin habe nicht die
Prognose gestellt, dass die volle Dienstfähigkeit nicht wiederhergestellt werde. Auch die
behandelnde Ärztin U1. gehe nicht von einer dauerhaft begrenzten Dienstfähigkeit
aus.
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Das mit § 46 LBG NRW eingeführte Institut der begrenzten Dienstfähigkeit sei wegen
Verstoßes gegen Art. 33 und Art. 3 GG verfassungswidrig. Der begrenzt dienstfähige
Beamte stelle seine gesamte Leistungskraft in seinem Beruf dem Staat zur Verfügung
und habe deshalb auch einen Anspruch auf ein volles Gehalt. Der Landesgesetzgeber
könne nicht die wirtschaftlichen Folgen einer krankheitsbedingten Minderleistung des
Beamten auf diesen abwälzen. Dies widerspreche der Fürsorgepflicht und dem
Sozialstaatsprinzip. § 46 LBG NRW hebe die Sozialisierung des Gesundheitsrisikos
auf. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts seien eine
Teilzeitbeschäftigung und entsprechende Teilvergütung eines Beamten gegen dessen
Willen unzulässig. Nur die Vollalimentation schaffe die Voraussetzungen dafür, dass der
Beamte sich ganz dem öffentlichen Dienst als Lebensberuf widmen und in rechtlicher
und wirtschaftlicher Unabhängigkeit dazu beitragen könne, die dem Berufsbeamtentum
vom Grundgesetz zugewiesenen Aufgaben zu erfüllen. Der gesundheitlich nicht in
vollem Besitz seiner Kräfte befindliche Beamte, der die ihm mögliche volle Leistung
erbringe, dürfe nicht zusätzlich zu den Belastungen durch die Krankheit auch noch mit
einer Bedrohung und Einschränkung seiner wirtschaftlichen Lebensgrundlagen belastet
werden. Die wirtschaftlichen Folgen seien schwerwiegend für sie. Sie könne
krankheitsbedingt ihre Einnahmeverluste nicht durch einen zweiten Beruf
kompensieren.
25
Die Klägerin beantragt,
26
das angefochtenen Urteil zu ändern und nach den in der ersten Instanz
27
zuletzt gestellten Anträgen zu erkennen.
Das beklagte Land beantragt,
28
die Berufung zurückzuweisen.
29
Zur Begründung trägt es vor, die "Vereinbarung zur Integration schwerbehinderter
Menschen im Schulbereich der Bezirksregierung E. " enthalte keine Regelung,
wonach eine Versetzung in die begrenzte Dienstfähigkeit zu unterbleiben habe, wenn
die schwerbehinderte Lehrkraft unter Einbeziehung aller Ermäßigungstatbestände das
vom Amtsarzt festgesetzte Stundenmaß unterrichten könne. Ein noch laufendes
Antragsverfahren über die Feststellung eines Schwerbehinderungsgrades vor dem
Versorgungsamt könne nicht dazu führen, dass personalrechtliche Maßnahmen, auf die
eine möglicherweise festzustellende Schwerbehinderung Auswirkungen haben
könnten, gehemmt würden. Entscheidungserheblicher Zeitpunkt sei hier der Erlass des
Widerspruchsbescheides. Ermäßigungsstunden würden aufgrund spezieller
Belastungen als Bonus gewährt. Die Berücksichtigung von Ermäßigungsstunden vor
der Feststellung einer Teildienstfähigkeit würde zu einer Benachteiligung älterer,
schwerbehinderter Lehrkräfte gegenüber jüngeren, nicht schwerbehinderten Lehrkräften
führen, da der Bonus auf diese Weise bereits im Rahmen der Feststellung der
Teildienstfähigkeit verbraucht würde. Die Berücksichtigung von Ermäßigungsstunden
vor der Feststellung einer Teildienstfähigkeit könne zudem dazu führen, dass Lehrkräfte
über ihre individuelle Pflichtstundenzahl hinaus arbeiten müssten, wenn beispielsweise
aufgrund einer geänderten Rechtslage Ermäßigungsstunden in geringerem Umfang
oder gar nicht mehr gewährt werden könnten. Die Festsetzung der Pflichtstundenzahl
stelle auch keine Regelung der Arbeitszeit dar, weil lediglich das Maß der
Unterrichtsverpflichtung als ein Teil der im Rahmen der regelmäßigen Arbeitszeit zu
erbringenden Dienstleistung bestimmt werde. Zu gewährende Ermäßigungsstunden
ließen die auch für Lehrer geltende Arbeitszeit im Grundsatz unberührt und stellten im
Kern eine Ermäßigung des Arbeitspensums dar.
30
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der
Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des beklagten Landes Bezug
genommen.
31
Entscheidungsgründe:
32
Die Berufung, über die im Einverständnis der Beteiligten die Berichterstatterin ohne
mündliche Verhandlung entscheidet (vgl. § 87a Abs. 2, 3, § 101 Abs. 2 VwGO), hat im
aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.
33
Die dem angegriffenen Urteil zugrunde liegende Anfechtungsklage ist zulässig und
teilweise begründet. Der Bescheid der Bezirksregierung E. vom 27. Juni 2006 in
der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. August 2006 ist insoweit rechtswidrig
und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO), als darin
eine 88 % unterschreitende Teildienstfähigkeit festgestellt wird und von der auf 22
Unterrichtsstunden pro Woche herabgesetzten Pflichtstundenzahl noch
Ermäßigungsstunden wegen Alters und Schwerbehinderung in Abzug gebracht werden
sollen.
34
Rechtsgrundlage für die Feststellung der begrenzten Dienstfähigkeit ist § 46 LBG NRW
35
a.F. Lässt sich eine Versetzung in den Ruhestand nicht bereits nach § 45 Abs. 3
vermeiden, soll nach § 46 Abs. 1 Satz 1 LBG NRW a.F. von ihr abgesehen werden,
wenn der Beamte unter Beibehaltung seines Amtes seine Dienstpflichten noch während
mindestens der Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit erfüllen kann (begrenzte
Dienstfähigkeit). Die Arbeitszeit ist dabei im Verhältnis zum Umfang der begrenzten
Dienstfähigkeit herabzusetzen (§ 46 Abs. 1 Satz 2 LBG NRW a.F.).
Maßgeblicher Zeitpunkt für die gerichtliche Überprüfung ist der Erlass des
Widerspruchsbescheides. Das materielle Recht gebietet hier keine Abweichung von der
Regel, dass für die gerichtliche Überprüfung bei einer Anfechtungsklage der Zeitpunkt
der letzten Verwaltungsentscheidung maßgeblich ist. Der Hinweis der Klägerin auf die
Dauerwirkung der angegriffenen Verfügung greift nicht durch. Für den statusrechtlichen
Bescheid über die begrenzte Dienstfähigkeit gilt nichts anderes als für die Versetzung in
den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit (vgl. § 45 LBG NRW a.F.), deren
Rechtmäßigkeit sich nach dem möglichen Erkenntnisstand der Behörde im Zeitpunkt
der letzten Verwaltungsentscheidung beurteilt. Letzteres ergibt sich aus der Systematik
sowie dem Sinn und Zweck der Vorschriften über die Versetzung in den Ruhestand
wegen Dienstunfähigkeit einschließlich der Möglichkeit, den Beamten bei
Wiederherstellung seiner Dienstfähigkeit erneut in das Beamtenverhältnis zu berufen.
Ein in erster Linie den Beamten schützendes formalisiertes Verwaltungsverfahren, die
Möglichkeit des Dienstherrn, seiner Entscheidung bestimmte, fest umrissene Zeiträume
zugrunde zu legen sowie die Option einer Reaktivierung erfordern im Interesse einer
abschließenden Entscheidung für den Beamten und die öffentliche Verwaltung, dass
die Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit ohne seinen Antrag
jedenfalls im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung rechtmäßig ist. Danach
eingetretene Veränderungen sind nicht zu berücksichtigen.
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St. Rspr., vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Oktober 1997 - 2 C 7.97 -, BVerwGE
105, 267, OVG NRW, Beschluss vom 12. Januar 2009 - 6 A 639/07 -, juris.
37
Diese Erwägungen gelten auch für einen Bescheid auf der Grundlage des § 46 LBG
NRW a.F., mit dem nicht nur die Arbeitszeit herabgesetzt, sondern mit der Bestimmung
des Umfangs der begrenzten Dienstfähigkeit zugleich eine Teildienstunfähigkeit
entsprechenden Umfangs festgestellt wird. Die Verfahrensbestimmungen zur
Zurruhesetzung gelten hier gem. § 46 Abs. 1 Satz 3 LBG NRW a.F. entsprechend; auch
die Reaktivierungsoption ist anwendbar (vgl. § 48 Abs. 2 LBG NRW a.F.).
38
Dies zugrundegelegt, stellt der angegriffene Bescheid der Bezirksregierung E. vom
27. Juni 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. August 2006 zwar
zutreffend eine begrenzte Dienstfähigkeit im Sinne des § 46 Abs. 1 LBG NRW a.F. fest
und setzt die wöchentliche Pflichtstundenzahl auf 22 Unterrichtsstunden herab. Er geht
aber zu Unrecht davon aus, bei der Klägerin bestehe eine begrenzte Dienstfähigkeit im
Umfang von 78,57 %, von den 22 Unterrichtsstunden seien noch Ermäßigungsstunden
wegen Alters und Schwerbehinderung in Abzug zu bringen. Im
entscheidungserheblichen Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides war die
Klägerin vielmehr in einem Umfang von 88 % begrenzt dienstfähig und die wöchentliche
Unterrichtsverpflichtung auf tatsächlich 22 Pflichtstunden herabzusetzen.
39
Der Anwendungsbereich des § 46 Abs. 1 Satz 1 LBG NRW a.F. ist im Grundsatz
eröffnet, weil die Klägerin im Sinne des § 45 Abs. 1 LBG NRW a.F. aus
gesundheitlichen Gründen ihre Dienstpflichten dauernd nicht mehr voll erfüllen kann. Im
40
Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides war sie nach übereinstimmenden
Einschätzungen der Amtsärztin und ihrer behandelnden Ärztin, die die Beteiligten nicht
in Zweifel gezogen haben, gesundheitlich nicht mehr in der Lage, in vollem Umfang
ihren Dienstpflichten nachzukommen. Nach dem Attest ihrer behandelnden Ärztin U1.
vom 19. Dezember 2005 hat sie nach einer verlängerten beruflichen
Wiedereingliederungsphase "aus psychiatrischer Sicht die Grenze ihrer Belastbarkeit
erreicht". Die Ärztin empfahl, die Unterrichtsstundenzahl von 22 Stunden pro Woche
nicht weiter zu erhöhen. Dem hat sich die Amtsärztin Dr. N1. angeschlossen, die in
vorherigen Gutachten – ebenfalls in Übereinstimmung mit privatärztlichen
Einschätzungen – noch von einer Wiederherstellung der vollen Dienstfähigkeit
ausgegangen war und daher weitere Wiedereingliederungsmaßnahmen befürwortet
hatte. Auch wenn sie in ihrer formularmäßigen Stellungnahme vom 9. Januar 2006 –
offenbar versehentlich – die Option angekreuzt hat, es werde nicht für aussichtslos
gehalten, dass innerhalb von sechs Monaten die volle Dienstfähigkeit wieder hergestellt
werde, ergibt sich in der Zusammenschau mit den früheren Gutachten sowie aus den
Freitexten, dass die Amtsärztin nicht mehr damit rechnete, die Klägerin werde in
absehbarer Zeit wieder voll dienstfähig sein. So führt sie etwa aus, die
Leistungsfähigkeit sei – auch im derzeit erkrankungsfreien Intervall – durch die
Erkrankung selbst sowie die regelmäßige medikamentöse Behandlung eingeschränkt.
Weiter heißt es, nach mehrfachen Wiedereingliederungsversuchen habe eine volle
Leistungsfähigkeit nicht mehr erreicht werden können.
Die darauf beruhende Prognose der Bezirksregierung, es liege insoweit eine dauernde
Dienstunfähigkeit vor, stellt die Klägerin mit ihrem Vorbringen nicht in Frage, sie befinde
sich in einer Phase der Rekonvaleszenz, die bei ihrer Erkrankung sehr lange dauern
könne; es dürfe nicht allein ein Zeitraum von sechs Monaten in den Blick genommen
werden. Das Abstellen auf diesen festen Zeitraum im Rahmen der
Prognoseentscheidung entspricht der Wertung in § 45 Abs. 1 Satz 2 LBG NRW a.F. und
verstößt im Hinblick auf das Gebot ordnungsgemäßer staatlicher Aufgabenerfüllung
(hier: der Gewährleistung eines ordnungsgemäßen Schulbetriebes) und unter
Berücksichtigung der Reaktivierungsoption nicht gegen höherrangiges Recht,
insbesondere nicht gegen das von der Klägerin angeführte Willkürverbot. Insoweit ist
auch zu berücksichtigen, dass der Feststellung der (teilweisen) Dienstunfähigkeit
längere krankheitsbedingte Fehlzeiten vorausgegangen sind. Die Klägerin war rund drei
Jahre aufgrund ihrer psychischen Erkrankung entweder gar nicht dienstfähig oder im
Rahmen von mehreren Wiedereingliederungsmaßnahmen nur zeitlich eingeschränkt als
Lehrerin tätig. Keine der Wiedereingliederungsmaßnahmen hat zur Wiederaufnahme
des vollen Dienstes geführt. Unabhängig davon hat die Klägerin – die sich nach ihren
Angaben im Übrigen derzeit noch immer in der Phase der Rekonvaleszenz bei einer auf
22 Unterrichtsstunden begrenzten Belastbarkeit befindet – selbst vorgetragen, die
Wiederherstellung der vollen Dienstfähigkeit sei nicht absehbar.
41
Die Klägerin kann, was weitere Voraussetzung des § 46 Abs. 1 Satz 1 LBG NRW a.F.
ist, nach dem amtsärztlichen Zeugnis ihre Dienstpflichten noch während mindestens der
Hälfte der Arbeitszeit erfüllen. Aus der von der Amtsärztin in Übereinstimmung mit der
Privatärztin angenommenen Fähigkeit der Klägerin, wöchentlich 22 Unterrichtsstunden
zu unterrichten, ergibt sich im entscheidungserheblichen Zeitpunkt der letzten
Verwaltungsentscheidung im Sinne des § 46 Abs. 1 Satz 2 LBG NRW a.F. ein Umfang
der begrenzten Dienstfähigkeit von 88 %.
42
Der Umfang der begrenzten Dienstfähigkeit bestimmt sich gem. § 46 Abs. 1 Satz 1 LBG
43
NRW a.F. ausgehend von der regelmäßigen Arbeitszeit. Für Beamte des beklagten
Landes darf die regelmäßige Arbeitszeit gemäß § 78 Abs. 1 Satz 1 LBG NRW a.F. im
Jahresdurchschnitt 41 Stunden in der Woche nicht überschreiten. Im Übrigen ergibt sich
die Arbeitszeit aus der Verordnung über die Arbeitszeit der Beamtinnen und Beamten im
Lande Nordrhein-Westfalen (Arbeitszeitverordnung – AZVO) vom 4. Juli 2006, GV.
NRW. S. 333, die aber gem. § 1 Abs. 2 AZVO nicht für Lehrer an öffentlichen Schulen
gilt. Bei Lehrern bestimmt die Regelung der wöchentlichen Pflichtstundenzahl (mittelbar)
die Gesamtarbeitszeit. Die außerhalb des Unterrichts liegende Arbeitszeit kann
entsprechend ihrer pädagogischen Aufgabe nicht in hinreichend messbarer und
überprüfbarer Form zeitlich festgelegt, sondern nur grob pauschalierend geschätzt
werden. Die allgemeine beamtenrechtliche Arbeitszeitregelung bildet den Rahmen für
die Pflichtstundenregelung, mit der der Dienstherr im Rahmen seines
Gestaltungsspielraums die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit für Lehrer
konkretisiert.
Vgl. BVerwG, Urteile vom 15. Juni 1971 - II C 17.70 -, BVerwGE 38, 191,
vom 13. Juli 1977 - VI C 85.75 -, ZBR 1978, 69, vom 1. Juni 1978 - 2 C
20.76 -, ZBR 1978, 373, vom 29. November 1979 - II C 40.77 -, BVerwGE
59, 142, und vom 28. Oktober 1982 - 2 C 88.81-, ZBR 1983, 187, ferner
Beschluss vom 14. Dezember 1989 - 2 NB 2.89 -, NVwZ 1990, 771; OVG
NRW, Beschlüsse vom 14. Juli 2003 - 6 A 2040/01 -, juris, und vom 24.
Februar 2005 – 6 A 4527/02 -, juris; OVG Rh.-Pf., Urteil vom 13. September
1996 - 2 A 12980/95 -, DVBl. 1997, 382.
44
Hiervon ausgehend ist die gemäß § 93 Abs. 2 Nr. 2 Schulgesetz vom Ministerium durch
Rechtsverordnung zu bestimmende Pflichtstundenzahl grundsätzlich maßgeblich für die
Bestimmung des Umfangs der Teildienstfähigkeit von Lehrern. Davon ist im Übrigen
auch die Bezirksregierung in den angegriffenen Bescheiden selbst ausgegangen,
indem sie die "zu leistende Arbeitszeit auf 22,00 Unterrichtsstunden/ Woche
herabgesetzt" hat. Bestimmen sich die Arbeitszeit der Lehrer und damit der Umfang der
Teildienstfähigkeit nach der wöchentlichen Pflichtstundenzahl, sind hierbei die
generellen Ermäßigungen der Pflichtstundenzahl wegen Alters oder
Schwerbehinderung zu berücksichtigen.
45
Dies ergibt sich aus der Konzeption der Regelung der wöchentlichen Pflichtstunden der
Lehrer in § 2 der Verordnung zur Ausführung des § 93 Abs. 2 Schulgesetz vom 18. März
2005 (GV. NRW S. 218; im Folgenden: VO zu § 93 Abs. 2 SchulG). Nach Absatz 1
dieser Vorschrift beträgt die Zahl der wöchentlichen Pflichtstunden der Lehrer an
Grundschulen 28. Die Zahl der wöchentlichen Pflichtstunden nach Absatz 1 wird nach
Absatz 2 Satz 1 Nr. 1 a) der Vorschrift aus Altersgründen bei Vollzeitbeschäftigung vom
Beginn des Schuljahres an, das auf die Vollendung des 55. Lebensjahres folgt, um eine
Stunde, nach Absatz 2 Satz 1 Nr. 2 a) vom Beginn des Schuljahres an, das auf die
Vollendung des 60. Lebensjahres folgt, um drei Stunden ermäßigt. Nach § 2 Abs. 3 Satz
1 Nr. 1. a), Nr. 2. a), Nr. 3. a) VO zu § 93 Abs. 2 SchulG wird die Zahl der wöchentlichen
Pflichtstunden für schwerbehinderte vollzeitbeschäftigte Lehrer mit einem GdB von 50
um zwei Stunden, mit einem GdB von 70 um drei Stunden und mit einem GdB von 90
oder mehr um vier Stunden ermäßigt. Mit diesen Bestimmungen wird – anders als etwa
bei individuellen Sonderregelungen zu Pflichtstundenreduzierungen durch den
Dienstvorgesetzen oder den Schulleiter (vgl. § 2 Abs. 3 Satz 2, Abs. 4, § 3 VO zu § 93
Abs. 2 SchulG) – die regelmäßige Arbeitszeit durch den Verordnungsgeber abstrakt-
generell festgelegt. Die Ermäßigungstatbestände des § 2 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 Satz
46
1 VO zu § 93 Abs. 2 SchulG reduzieren die unterrichtliche Arbeitszeit und bestimmen
damit mittelbar die Arbeitszeit der Lehrer. Sie dienen dem Zweck, die durch
zunehmendes Alter und die Schwerbehinderung gefährdete Arbeitskraft zu erhalten,
indem die Gesamtarbeitszeit um einen Teil der zu leistenden Pflichtstunden ermäßigt
wird.
Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 27. Januar 2010 - 6 A 3545/07 -, ZBR 2010,
275.
47
Dass die unterrichtliche und damit mittelbar auch die außerunterrichtliche Arbeitszeit
sich aus Altersgründen sowie wegen Schwerbehinderung reduziert, entspricht auch der
Konzeption des § 2 Abs. 1 AZVO. Nach dieser Vorschrift beträgt die regelmäßige
wöchentliche Arbeitszeit der Beamten a) mit Beginn des Monats, in dem das 60.
Lebensjahr vollendet oder ein GdB von mindestens 80 festgestellt wird, 39 Stunden, b)
mit Beginn des Monats, in dem das 55. Lebensjahr vollendet oder ein GdB von
mindestens 50 festgestellt wird, 40 Stunden sowie c) im Übrigen 41 Stunden. Älteren
und Schwerbehinderten wird damit nicht ein bloßer Bonus gewährt, sondern für sie wird
wegen der alters- und behinderungsbedingten Einschränkungen der Leistungsfähigkeit
allgemein eine geringere Arbeitszeit festgelegt. Dass die Ermäßigungen in der VO zu §
93 Abs. 2 SchulG zum Teil darüber hinausgehen, begründet jedenfalls keine
Rechtsverletzung der Klägerin.
48
Schließlich zeigt folgende Kontrollüberlegung, dass der Umfang der Teildienstfähigkeit
unter Berücksichtigung der Ermäßigungstatbestände des § 2 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3
Satz 1 VO zu § 93 Abs. 2 SchulG zu berechnen ist: Wäre ein mit einem GdB von 50
schwerbehinderter, 57jähriger Grundschullehrer gesundheitlich (nur) noch zur
Dienstleistung von 25 Unterrichtsstunden wöchentlich in der Lage, wäre für die
Feststellung einer begrenzten Dienstfähigkeit kein Raum, da er seiner Dienstpflicht im
geschuldeten Umfang nachkommen könnte. Insoweit stellte es eine nicht gerechtfertigte
Ungleichbehandlung dar, wenn ein vergleichbarer Lehrer, der nicht das
Unterrichtsdeputat von 25, sondern in geringfügig geringerem Umfang von 24 Stunden
seine Dienstpflichten erfüllen könnte, nach der Lesart des beklagten Landes zu 85,71 %
teildienstfähig wäre.
49
Für die vom beklagten Land geltend gemachte Benachteiligung älterer,
schwerbehinderter Lehrer ist demgegenüber nichts ersichtlich. Seiner Auffassung, die
Berücksichtigung von Ermäßigungsstunden bei der Berechnung der Teildienstfähigkeit
führe zu ihrer Benachteiligung gegenüber jüngeren, nicht schwerbehinderten
Lehrkräften, da der Bonus auf diese Weise bereits im Rahmen der Feststellung der
Teildienstfähigkeit verbraucht würde, ist nicht zu folgen. Der Verordnungsgeber gewährt
diesen Personenkreisen schon keinen bloßen Bonus, sondern ermäßigt mit der
Reduktion der wöchentlichen Pflichtstundenzahl ihre Arbeitsbelastung, um so ihre
Dienstfähigkeit weiter zu erhalten. Bei seiner Einschätzung, in welchem Umfang der
Beamte zum Beurteilungszeitpunkt gesundheitlich noch zur Dienstleistung in der Lage
ist, hat der Amtsarzt überdies sämtliche Einschränkungen der Leistungsfähigkeit zu
berücksichtigen. Beeinträchtigungen der physischen und psychischen
Leistungsfähigkeit, die zur Bejahung einer nur noch eingeschränkten Dienstfähigkeit
führen, umfassen alters- und behinderungsbedingte Einschränkungen. Änderte der
Verordnungsgeber die Gewährung von Ermäßigungsstunden, führte dies entgegen der
Auffassung des beklagten Landes ferner nicht dazu, dass begrenzt dienstfähige
Lehrkräfte über ihre individuelle Pflichtstundenzahl hinaus arbeiten müssten, sondern
50
erforderte vielmehr eine Neuregelung ihrer begrenzten Dienstfähigkeit. Das beklagte
Land kann sich schließlich nicht auf Nr. 2.2 Abs. 2 der Verwaltungsvorschriften zur
Verordnung zu § 93 Abs. 2 SchulG (RdErl. des Ministeriums für Schule, Jugend und
Kinder vom 1. Juni 2005, ABl. NRW S. 194) berufen. Die das Gericht ohnehin nicht
bindende Vorgabe, bei begrenzter Dienstfähigkeit führe die Altersermäßigung nicht zu
einer Änderung der dienstrechtlich geschuldeten Zahl der wöchentlichen Pflichtstunden,
ist schon mit der Konzeption der Verordnung nicht vereinbar und nach den obigen
Ausführungen rechtswidrig.
Ausgehend von den vorstehenden Maßgaben beträgt die wöchentliche
Pflichtstundenzahl der Klägerin im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung 25
Unterrichtsstunden. Von den für sie als Grundschullehrerin nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 VO zu
§ 93 Abs. 2 SchulG maßgeblichen 28 Pflichtstunden ist gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1.
a) VO zu § 93 Abs. 2 SchulG eine Ermäßigungsstunde wegen Alters in Abzug zu
bringen. Dass sie inzwischen das 60. Lebensjahr vollendet hat, was nach § 2 Abs. 2
Satz 1 Nr. 2. a) VO zu § 93 Abs. 2 SchulG zu einer Ermäßigung von drei Pflichtstunden
führt, muss in diesem Verfahren, für das allein die Sach- und Rechtslage bei Erlass des
Widerspruchsbescheides maßgeblich ist, außer Betracht bleiben.
51
Hinzu kommen gemäß § 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 a) VO zu § 93 Abs. 2 SchulG zwei
Ermäßigungsstunden wegen einer Schwerbehinderung mit einem Grad von 50. Die
Unkenntnis der Bezirksregierung vom Bescheid des Versorgungsamtes vom 29. Mai
2006, mit dem ein GdB von 50 festgestellt worden ist, steht dem nicht entgegen. Im
maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides am 8. August 2006
war dieser Bescheid ergangen und daher berücksichtigungsfähig. Dass die materielle
Rechtmäßigkeit der Feststellung der begrenzten Dienstfähigkeit regelmäßig von den
Erkenntnissen abhängt, die der zuständigen Behörde im maßgeblichen Zeitpunkt zur
Verfügung stehen, bedeutet nicht, dass bei der Behörde nicht vorhandene, bei
hinreichender Sachverhaltsermittlung aber verfügbare Tatsachen außer Betracht zu
bleiben hätten. Die Klägerin hat die Bezirksregierung im Rahmen der Anhörung von
ihrem Antrag beim Versorgungsamt und dem entsprechenden Aktenzeichen in Kenntnis
gesetzt. Sie hat damit in ausreichender Weise zu erkennen gegeben, dass sie den
gesetzlichen Schutz der schwerbehinderten Menschen in Anspruch nehmen möchte,
der nicht von Amts wegen zu gewähren ist.
52
Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 15. März 2010 - 6 A 4435/06 -, ZBR 2010,
316, vom 4. Januar 2010 - 6 B 1482/09 -, ZBR 2010, 384, und vom 19. Juni
2007 - 6 B 383/07 -, ZBR 2008, 106.
53
Dass die Klägerin im weiteren Verlauf des Verwaltungsverfahrens das Ergehen eines
entsprechenden Bescheides nicht mitgeteilt hat, mag sich damit erklären und daher
nicht vorwerfbar sein, dass sie dessen Inhalt nicht akzeptierte und mit Rechtsmitteln für
einen höheren GdB kämpfte. Sieht man im Verhalten der Klägerin eine
Obliegenheitsverletzung, hilft diese jedenfalls nicht über den Umstand hinweg, dass die
Bezirksregierung, hätte sie ihren Amtsermittlungspflichten in einem nicht durch einen
Antrag der Klägerin veranlassten Verwaltungsverfahren genügt, den
Feststellungsbescheid des Versorgungsamtes als Tatsachengrundlage hätte
berücksichtigen können. Unerheblich ist demgegenüber, dass, worauf das
Verwaltungsgericht abgestellt hat, die Amtsärztin bei ihrer Gutachtenerstellung wegen
des zeitlichen Ablaufs die Feststellung der Schwerbehinderung nicht berücksichtigen
konnte. Sie hat ihrer Einschätzung der Dienstfähigkeit der Klägerin deren physischen
54
und psychischen Zustand zugrundezulegen; welche Schlüsse das Versorgungsamt aus
diesem Zustand gezogen hat, ist insoweit nicht von Bedeutung.
Dass im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung der Grad der
Schwerbehinderung noch nicht bestandskräftig festgestellt war, steht der
Berücksichtigung des Bescheides des Versorgungsamtes vom 29. Mai 2006 nicht
entgegen. Die Feststellung des GdB ist entgegen der Auffassung der Klägerin nicht in
diesem Sinne präjudiziell. Es verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, dass zu ihren
Gunsten die Feststellung der Behinderung, der zwar nur deklaratorische Bedeutung
zukommt (vgl. § 2 Abs. 2 SGB IX), die aber Voraussetzung ist für die Ermäßigung,
55
vgl. BVerwG, Urteil vom 2. April 1981 – 2 C 1.81 -, ZBR 1981, 317,
56
mit der Folge einer Ermäßigung der Pflichtstundenzahl berücksichtigt wird, auch wenn
Bestandskraft noch nicht eingetreten ist. Ein noch anhängiges
schwerbehindertenrechtliches Verfahren kann hingegen nicht dazu führen, dass im
öffentlichen Interesse eines geordneten Schulbetriebs erforderliche
Personalmaßnahmen bis zum – ggf. mehrere Jahre in Anspruch nehmenden -
rechtskräftigen Abschluss eines Klageverfahrens überhaupt nicht getroffen werden
können.
57
Ausgehend von der danach für die Klägerin im Zeitpunkt des Erlasses des
Widerspruchsbescheides geltenden wöchentlichen Pflichtstundenzahl von 25
Unterrichtsstunden und der ärztlich attestierten Leistungsfähigkeit im Umfang von 22
Unterrichtsstunden ergibt sich eine begrenzte Dienstfähigkeit von 88 %.
58
Das Rechtsinstitut der begrenzten Dienstfähigkeit ist auch mit höherrangigem Recht,
insbesondere mit dem von der Klägerin angeführten Art. 33 Abs. 5 GG vereinbar. Anders
als die unfreiwillige (Einstellungs-)Teilzeit ist das Institut Ausdruck des hergebrachten
Grundsatzes des Berufsbeamtentums, dass der Beamte seine gesamte Persönlichkeit
für den Dienstherrn einsetzen und diesem seine volle Arbeitskraft zur Verfügung stellen
muss.
59
Vgl. BVerwG, Urteil vom 28. April 2005 - 2 C 1.04 -, BVerwGE 123, 308; zu
dem verfassungsrechtlichen Grundsatz vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 19.
September 2007 - 2 BvF 3/02 -, NVwZ 2007, 1396, und vom 30. Januar
2008 - 2 BvR 398/07 -, DVBl. 2008, 448, m.w.N., BVerwG, Urteil vom 2.
März 2000 - 2 C 1.99 -, BVerwGE 110, 363.
60
Es widerspräche diesem Grundsatz der hauptberuflichen vollen Dienstleistungspflicht
des Beamten, dem die Pflicht des Dienstherrn zur Gewährung des amtsangemessenen
Unterhalts gegenübersteht, noch in erheblichem Umfang dienstfähige Beamte zur Ruhe
zu setzen. Denn es liegt in ihrem und im Interesse des Dienstherrn, dass sie im Rahmen
des Möglichen weiterhin Dienst leisten. Der Dienstherr macht sich die verbliebene
Arbeitskraft nutzbar und mindert dadurch die Versorgungslasten, der Beamte kann
weiterhin am Arbeitsleben teilnehmen.
61
Vgl. die Gesetzesbegründungen BT-Drs. 13/9527, S. 29, LT-Drs. 12/3186,
S. 40; vgl. dazu auch BVerfG, Beschluss vom 27. Juli 2006 - 2 BvL 13/04 -,
juris.
62
Die im Kern allein gegen die verringerte Alimentation (vgl. § 72a BBesG) gerichteten
Einwände der Klägerin betreffen nicht den hier streitgegenständlichen Bescheid, durch
den die begrenzte Dienstfähigkeit festgestellt und die Arbeitszeit reduziert wird, sondern
allein die besoldungsrechtlichen Konsequenzen dieser Statusregelung.
Regelungsgegenstand des Bescheids ist gem. § 46 Abs. 1 Satz 2 LBG NRW a.F. die
Herabsetzung der Arbeitszeit im Hinblick auf eine nur noch teilweise verbliebene
Arbeitskraft des Beamten. Der Dienstherr will in seinem und im Interesse des Beamten
die weitere dienstliche Verwendung sichern. Davon trennbar ist die Frage, wie die
erbrachte Dienstleistung besoldet wird. Die aufgrund des § 46 LBG NRW a.F. getroffene
Verfügung und die Herabsetzung der Dienstbezüge als besoldungsrechtliche
Folgeregelung sind gesondert gerichtlich überprüfbar. So kann der Beamte – ohne
vorher gegen den statusrechtlichen Bescheid vorgehen zu müssen – isoliert die
Besoldung angreifen, wenn er sie für verfassungswidrig hält und eine volle oder
jedenfalls höhere als nach § 72a BBesG (i.V.m. der ggf. rückwirkend anwendbaren
Verordnung über die Gewährung eines Zuschlags zu den Dienstbezügen bei begrenzter
Dienstfähigkeit vom 9. Oktober 2007, GV. NRW., S. 407) vorgesehene Besoldung
erstreiten möchte.
63
Vgl. BayVGH, Urteil vom 30. November 2009 – 14 B 06.2477 -, juris; Nds.
OVG, Beschluss vom 9. November 2004 – 5 LC 415/03 -, NVwZ-RR 2006,
133.
64
Im Übrigen wirkte sich eine etwaige verfassungswidrige Besoldung auf die mit der
Feststellung der begrenzten Dienstfähigkeit beabsichtigte Festsetzung der geänderten
Arbeitszeit nicht aus.
65
Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung bezüglich der
vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
66
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO
und des § 127 BRRG nicht erfüllt sind.
67