Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 26.08.1997

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Oberverwaltungsgericht NRW, 6 A 1137/96
Datum:
26.08.1997
Gericht:
Oberverwaltungsgericht NRW
Spruchkörper:
6. Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
6 A 1137/96
Vorinstanz:
Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, 1 K 3342/95
Tenor:
Die Berufung wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die
Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des
Vollstreckungsbetrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der
Vollstreckung in derselben Höhe Sicherheit leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
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Der Kläger steht als Beamter im Dienst des beklagten Landes. Seine Ehefrau nahm am
1. Januar 19.. eine Tätigkeit beim Berufsgenossenschaftlichen Arbeitsmedizinischen
Dienst e.V. auf, bei dem die Beteiligten übereinstimmend die Gleichstellungsregelung
des § 40 Abs. 7 Satz 3 des Bundesbesoldungsgesetzes in der Fassung der
Bekanntmachung vom 9. März 19.. (BGBl. I 409 - BBesG -) für einschlägig hielten.
Mitglieder des Vereins sind 23 gewerbliche Berufsgenossenschaften, die dem Verein
auf Dauer Darlehen zur Verfügung gestellt haben. Später wurde die ...
Gesundheitsvorsorge und Sicherheitstechnik GmbH gegründet, deren einziger
Gesellschafter der Verein ist. Die Ehefrau des Klägers trat mit Wirkung vom 1. Mai 19.. in
den Dienst der ...-GmbH über. Die ...-GmbH wendet einen Tarifvertrag an, der inhaltlich
mit dem BAT übereinstimmt. Die Ehefrau des Klägers erhält von der Arbeitgeberin den
Ehegattenbestandteil des Ortszuschlages zur Hälfte.
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Mit Schreiben vom 9. April 19.. beantragte der Kläger, ihm mit Wirkung vom 1. Mai 19..
den Ortszuschlag der Stufe 2 nicht mehr nur zur Hälfte, sondern in voller Höhe zu
zahlen, weil die Arbeitgeberin seiner Ehefrau nicht mehr dem öffentlichen Dienst
zuzurechnen sei. Das Landesamt für Besoldung und Versorgung (Landesamt) lehnte
den Antrag durch Bescheid vom 8. September 19.. ab, weil eine Beteiligung der
öffentlichen Hand im Sinne von § 40 Abs. 7 Satz 3 BBesG an der ...-GmbH vorliege.
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Der Kläger hat nach erfolglosem Vorverfahren (Widerspruchsbescheid vom 11. April
19.., abgesandt am 18. April 19..) am 15. Mai 19.. Klage erhoben und zu deren
Begründung vorgetragen, die Arbeitgeberin seiner Ehefrau sei nicht dem öffentlichen
Dienst gleichgestellt. Mit Schreiben vom 5. Mai 19.. habe die Arbeitgeberin dem
Landesamt gegenüber erklärt, eine Körperschaft des öffentlichen Rechts oder ein
Verband derartiger Körperschaften sei nicht durch Zahlungen von Beiträgen oder
Zuschüssen oder in anderer Weise beteiligt. Die ...-GmbH gehöre der
Zusatzversorgungskasse nicht an.
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Der Kläger hat beantragt,
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den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides des Landesamtes für Besoldung und
Versorgung Nordrhein-Westfalen vom 8. September 19.. und dessen
Widerspruchsbescheides vom 11. April 19.. zu verpflichten, ihm ab 1. Mai 19.. den
ungekürzten Ortszuschlag der Stufe 2 zu gewähren.
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Der Beklagte hat auf die Begründung der Bescheide Bezug genommen und beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Das Verwaltungsgericht hat eine Auskunft der ... Gesundheitsvorsorge und
Sicherheitstechnik GmbH eingeholt und die Klage mit der Begründung abgewiesen, das
Landesamt habe die Konkurrenzregelung des § 40 Abs. 5 Satz 1 BBesG auch für die
Zeit ab 1. Mai 19.. mit Recht zugrundegelegt. Die gewerblichen
Berufsgenossenschaften seien als Körperschaften des öffentlichen Rechts öffentlicher
Dienst. Sie hätten sich durch die Gewährung von Darlehen unmittelbar an dem
alleinigen Gesellschafter der ...-GmbH beteiligt.
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Der Kläger hat gegen das am 29. Januar 19.. zugestellte Urteil am 23. Februar 19..
Berufung eingelegt und trägt zu deren Begründung vor, das Tatbestandsmerkmal einer
Beteiligung im Sinne von § 40 Abs. 7 Satz 3 BBesG sei durch die Gewährung eines
Darlehens nicht erfüllt, weil der Darlehensgeber keine Rechte und Pflichten des
Darlehensnehmers übernehme. Schließlich betreffe die Darlehensgewährung einen
vorübergehenden Zustand.
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Der Kläger beantragt sinngemäß,
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das angefochtene Urteil zu ändern und nach dem erstinstanzlichen Klageantrag zu
erkennen.
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Der Beklagte tritt der Berufung mit der Begründung entgegen, der Darlehensgeber sei
der Natur der Sache nach als "beteiligt" anzusehen. Im übrigen müsse auch der
Gesamtzusammenhang der - zumindest mittelbaren - mitgliedschaftlichen Beteiligung
gesehen werden.
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Die Beteiligten haben übereinstimmend auf mündliche Verhandlung verzichtet.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der
Gerichtsakte und der vom Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten (2 Hefter) Bezug
genommen.
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Entscheidungsgründe:
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Der Senat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung
(§ 101 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -).
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Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu
Recht abgewiesen, weil die Konkurrenzregelung des § 40 Abs. 5 Satz 1 BBesG in der
bisherigen Fassung einschlägig ist. Nach dieser Vorschrift erhält ein Beamter den
Unterschiedsbetrag zwischen der Stufe 1 und der Stufe 2 des für ihn maßgebenden
Ortszuschlages nur zur Hälfte, wenn sein Ehegatte (unter anderem) als Angestellter im
öffentlichen Dienst steht und ihm ebenfalls der Ortszuschlag der Stufe 2 oder eine
entsprechende Leistung in Höhe von mindestens der Hälfte des Unterschiedsbetrages
zwischen der Stufe 1 und der Stufe 2 des Ortszuschlages der höchsten Tarifklasse
zustünde. Diese Regelung hat durch das Reformgesetz vom 24. Februar 19.. (BGBl. I
322) im Ansatz keine Änderung erfahren, allerdings handelt es sich jetzt um Absatz 4.
Soweit das Bundesbesoldungsgesetz durch das Reformgesetz geändert worden ist,
beschränkt sich die Bedeutung der Änderungen in dem hier interessierenden
Zusammenhang darauf, daß der frühere Ortszuschlag der Stufe 1 in das Grundgehalt
integriert worden ist und an die Stelle des Ortszuschlages der Stufe 2 der
Familienzuschlag der Stufe 1 getreten ist.
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Die Ehefrau des Klägers ist über den 30. April 19.. hinaus im öffentlichen Dienst als
Angestellte tätig, weil die Gleichstellungsvorschrift des § 40 Abs. 7 Satz 3 BBesG/§ 40
Abs. 6 Satz 3 BBesG Fassung 1997 einschlägig ist. Danach steht dem öffentlichen
Dienst die Tätigkeit im Dienst eines sonstigen Arbeitgebers gleich, der die für den
öffentlichen Dienst geltenden Tarifverträge oder Tarifverträge wesentlich gleichen
Inhalts anwendet, wenn der Bund oder eine der in Satz 1 bezeichneten Körperschaften
oder Verbände durch Zahlung von Beiträgen oder Zuschüssen oder in anderer Weise
beteiligt ist. Anlaß zur Erörterungen bietet im vorliegenden Fall das
Tatbestandsmerkmal einer Beteiligung "durch Zahlung von Beiträgen oder Zuschüssen
oder in anderer Weise". Dieses Tatbestandsmerkmal ist nach der Rechtsprechung des
Bundesverwaltungsgerichts nach dem Wortlaut weit gefaßt und auch weit auszulegen.
So können auch Kapitalbeteiligungen, einmalige oder laufende Leistungen die
Voraussetzungen dieser Regelung erfüllen. Die Beteiligung kann auch in der
Bereitstellung einer Einrichtung ohne Berechnung der ortsüblichen Miete bestehen.
Auch auf diese Weise fließen dem Arbeitgeber aus öffentlichen Kassen Mittel zu, die
dessen Kosten zu decken bestimmt sind.
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Bundesverwaltungsgericht, Beschluß vom 24. Februar 1983 - 2 B 22.83 -, Zeitschrift für
Beamtenrecht 1983, 184.
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Bei gebotener wirtschaftlicher Betrachtungsweise kommt die Gewährung von Darlehen
im vorliegenden Fall der vom Bundesverwaltungsgericht angesprochenen
Kapitalbeteiligung gleich.
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Nach der vom Verwaltungsgericht eingeholten Auskunft der ... Gesundheitsvorsorge und
Sicherheitstechnik GmbH vom 17. Januar 19.. ist der zur Erbringung der Stammeinlage
verpflichtete Gesellschafter ein Verein, dessen Mitglieder 23 gewerbliche
Berufsgenossenschaften - öffentlicher Dienst im Sinne von § 40 Abs. 7 Satz 1 BBesG/§
40 Abs. 6 Satz 1 BBesG Fassung 1997 - sind. Zur Erbringung der Stammeinlage war
der Verein unter anderem auch deshalb in der Lage, weil die Berufsgenossenschaften
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ihm auf Dauer Darlehen zur Verfügung gestellt haben. Mit der Bereitstellung der
Darlehen ist bis zur deren Rückzahlung zu Lasten öffentlicher Haushalte Kapital
gebunden. Der Gedanke der Konkurrenzregelung in § 40 Abs. 5 Satz 1 BBesG/§ 40
Abs. 4 Satz 1 BBesG Fassung 1997, daß nicht aus unterschiedlichen öffentlichen
Kassen doppelt Mittel zur Bestreitung des ehegattenbezogenen Anteils aufgebracht
werden sollen, trifft auf den vorliegenden Fall zu. Nach der Rechtsprechung des
Bundesverwaltungsgerichts hängt das Tatbestandsmerkmal der Beteiligung nicht davon
ab, daß der Bund oder eine der in § 40 Abs. 7 Satz 1 BBesG/§ 40 Abs. 6 Satz 1 BBesG
Fassung 1997 bezeichneten Körperschaften oder Verbände gerade
personalkostengebundene Mittel gewähren.
Beschluß vom 24. Februar 1983 aaO.
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Es ist im übrigen nichts dafür dargelegt oder sonst ersichtlich, daß die
Berufsgenossenschaften für die dauerhaft vergebenen Darlehen einen marktüblichen
Zins verlangt hätten und deshalb eine dem Darlehensnehmer vorteilhafte Beteiligung
durch "Zahlung von Beiträgen oder Zuschüssen oder in anderer Weise" in Frage gestellt
sein könnte.
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Vgl. dazu Schwegmann/Summer, Bundesbesoldungsgesetz, Loseblattkommentar, § 40
S. 90.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Entscheidung über die
vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 167 VwGO, 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozeßordnung.
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Die Revision wird nicht zugelassen, weil weder die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2
VwGO noch die des § 127 des Beamtenrechtsrahmengesetzes gegeben sind.
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